Helmut BaUmann: Schafweiden und Weinberge Vom Wandel der Kulturlandschaft in Glems- und Leudelsbachtal ...

Seit vielen Jahrhunderten prägen zwei Nut­ mit dem Begriff "Heiden". An Stellen, an de­ zungsarten ganz besonders die Talzüge von nen es die Bodenverhältnisse ermöglichten, Glems und Leudelsbach. Dort, wo es wegen schufen unsere Vorfahren in mühevoller Ar­ der Kargheit der Böden und der Steilheit der beit die durch Trockenmauern terrassierte Hänge nicht möglich war, eine andere Nutzung Weinberglandschaft. Im Gefolge dieser Nut­ zu betreiben, wurden die Flächen jahrhunder­ zungsfarmen entstand in unseren Talland­ telang mit Schafen oder Ziegen beweidet. Es schaften eine Vielzahl von Lebensräumen für entstanden vor allem an den südwest- und wildlebende Pflanzen- und Tierarten westexponierten Hängen die großflächigen (=Biotope). Schafweiden mit ihrer bemerkenswerten Trok­ Beide Nutzungsformen sind heute weitestge­ kenrasenvegetation. Im Volksmund bezeich­ hend aus Glems- und Leudelsbachtal ver­ net man die Schafweiden in unserem Raum schwunden. Wirtschaftliche Gründe haben zur

Der "Obere Wannenberg" im Mai 1985. Nur noch wenige Weinberge werden genutzt; andere liegen schon seit vielen Jahren brach und sind verwachsen. Die ehemalige Schafweide ist mit Kie­ fern aufgeforstet. Durch Pflegemaß• nahmen im Naturschutzgebiet sollen ehemalige Wein bergflächen und kleine Heidereste vor dem Verwachsen be­ wahrt werden. 23 Aufgabe der Wauderschäferei auf Markgrönin• Markgröningen war zu dieser Zeit bereits ein ger Gemarkung geführt; wirtschaftliche Grün• bedeutender regionaler Wollmarkt. Der Schä• de sind auch ausschlaggebend für den Rück• ferlauf selbst, das älteste württembergische gang des Weinbaus in den Steillagen um Mark­ Volksfest, wird bereits 1443 erstmals urkund­ gröningen. Verbunden mit dieser Nutzungs­ lich erwähnt. Dieses Fest geht in seinen Ur­ aufgabe ist ein Verlust an Lebensräumen, die sprüngen auf ein Zunfttreffen der württem• mit Schafbeweidung und Steillagenweinbau bergischen Schäfer zurück. aufs engste verbunden sind. Die jahrhundertelange Schafbeweidung Seit mehr als zehn Jahren bemühen sich blieb natürlich nicht ohne Auswirkungen auf Stadtverwaltung, Naturschutzverbände und das Landschaftsbild. Beweidet wurden nicht viele Bürger um den Schutz und die Pflege der nur die Steilhänge unserer Täler, sondern auch noch verbliebenen Lebensräume. Die Erhal­ ebene Flächen, die wegen des Gesteinsunter­ tung alter Nutzungsformen und damit der grundes nicht für den Ackerbau oder andere Schutz einer großartigen Kulturlandschaft be­ Nutzungen geeignet waren. Auf Markgrönin• deutet gleichzeitig Naturschutz. Im folgenden ger Gemarkung sind dies vor allem Gebiete, sollen die Lebensräume in unseren Tälern, ihre wo auf den anstehenden Lettenkeupergestei­ Entstehung und ihre Gefährdung beschrieben nen die fruchtbare Lößauflage fehlt. Die städti• werden, nicht nur, um zum Verständnis für die schen Obstbaumwiesen im Gewann "Ruxart" vielfältigen Bemühungen zur ~rhaltung der waren einstmals Schafweide. Die Bodenver­ Kulturlandschaft unserer:f{eimat ·beizu tragen, hältnisse lassen dort auch heute noch keinen sondern auch um für die Mithilfe bei dieser Ackerbau zu. Die Graslandschaften der typi­ ökologischen Zukunftsaufgabe zu werben. schen Schafweiden bildeten jedoch zu allen. Zeiten nur einen kleinen Teil der vom Schäfer mit seiner "Herde" befahrenen Flächen. Viel­ mehr bestand, eingebunden in das System der Die Schafhaltung in unserem Dreifelderwirtschaft, über Jahrhunderte hin­ Raum- ein kleiner geschichtlicher weg ein enges Abhängigkeitsverhältnis zwi­ Rückblick schen Ackerbauer und Schäfer, das Reinhard Wolf so beschreibt: "Es ist sicher falsch, die Besonders eng ist natürlich die Beziehung zwi­ Schafweide als ,Ausschußland' und die Schä• schen der Geschichte der alten Schäferlauf• ferei als eigenständige Nutzungsweise anzuse­ stadt Markgröningen und der Schafhaltung, hen. .. Der Schäfer brauchte neben ausrei­ obwohl hier in der fruchtbaren Gäulandschaft chend großer Weide Pferchäcker und die Trie­ die Schafhaltung niemals eine so große Bedeu­ be durch die Feldflur; für den Bauern anderer­ tung hatte, wie etwa auf den Juraflächen der seits bedeutete Schafdung lange Zeit die wich­ 1 Schwäbischen Alb, so wurde sie doch auf tigste Düngung der Äcker." ) Mit der Einfüh• Grund ihrer ehemals großen wirtschaftlichen rung der verbesserten Dreifelderwirtschaft zu Bedeutung (Fleisch, Wolle) zum landschafts­ Beginn des 19. Jahrhunderts und der damit prägenden Faktor. Insbesondere ab dem 13. verbundenen Einführung der Stallfütterung Jahrhundert wurde die Schafhaltung durch wandelte sich das bisherige Verhältnis zwi­ die jeweiligen Landesherren stark gefördert. schen Schäfer und Bauer grundlegend. Die 24 Brache wurde nunmehr "angeblümt"; das hebung der Sommerweiden fortwährend hin­ Brachfeld stand dem Schäfer nicht mehr als gewirkt".3) Bis heute hat sich der Rückgang Weidefläche zur Verfügung. Dünger lieferten der Schäferei in unserem Raum fortgesetzt. die in den Ställen gehaltenen Tiere. Ab diesem Gab es um 1860 noch rund 31000 Schafe, so Zeitpunkt war der Schäfer nur noch Gedulde­ sind es heute im Kreisgebiet nur noch etwa ter auf der Gemarkung, ein Zustand, der sich 700. Durch billige Importe aus Übersee und die 2 bis heute so erhalten hat ) . Der Wandel in der weite Verbreitung synthetischer Fasern hat die Einschätzung der Schäferei innerhalb weniger einheimische Wolle schon lange ihre Bedeu­ Jahrzehnte wird in einigen Passagen der Ober­ tung verloren. Der Bedarf an Schaffleisch ist amtsbeschreibung von 1859 besonders deut­ erst in den letzten Jahren geringfügig gestie­ lich "Die Schafzucht nimmt im Allgemeinen gen, so daß das Schaf in unserem Raum prak­ wegen der Beschränkung der Weiden ab .. . tisch keine wirtschaftliche Bedeutung mehr Die Gemeindeschäfereien werden verpachtet. hat. Schließlich hat die immer intensivere Nut­ Obgleich das Schafweidegeld und der Pferch­ zung unserer Kulturlandschaft durch Sied­ erlös den Gemeinden eine jährliche namhafte lung, Verkehr und Landwirtschaft die Wander­ Rente gewähren, so wird doch von Seiten der schäferei im Kreis verdrängt. letzteren, wegen der vielen Beschädigungen Stadtschäfer Ott zieht mit seiner Herde in den und der Übergriffe. der Schäfer, besonders im Sommermonaten auf die Schwäbische Alb. Vorsommer, auf die Beschränkung oder Auf- Die noch vorhandenen Schafweiden sind für

EhemaLiger Jiemminger Weg". Dieser Weg war aLs Schaftrieb breit abge­ markt. Zur Wegfläche gehören auch die auf dem B iLd erkennbaren und mit Obstbäumen bepflanzten TeiLe der ,,HohLe". SchneLLbahnstrecke und FLur­ bereinigung werden von dieser uraL­ ten Wegverbindung nichts mehr übrig• Lassen! 25 Abb.l

~RRIEXI NGEN

• <:: 1 0 ar 10 bis 99 ar •• >1 Hektar I'~'

die heute notwendige Herdengröße von 600 bis Schafweiden. Von den einst vorhandenen rund 700 Tieren zu klein; die Schaftriebe über die 70 Hektar Schafweiden sind heute nur noch 19 Feldflur sind an vielen Stellen unter dem Pflug Hektar vorhanden (vgl. Abb. 1). verschwunden. Zudem bieten die kargen Wei­ den der Muschelkalkhänge eigentlich nur in den Monaten Mai und Juni ausreichend Nah­ Der Weinbau - eine ehemals land­ rung für die Herde, in den restlichen Sommer­ schaftsprägende Nutzung verliert monaten fehlen die notwendigen Ausweichflä• ihre Bedeutung chen für den Schäfer. Ohne regelmäßige Be­ weidung beginnt jedoch durch die natürliche Eine ganz besondere Umgestaltung wurde den Sukzession der Wiederbewaldungsprozeß. Tälern von , und Glems durch die Bäume und Sträucher verdrängen die Trok­ Ausweitung des Weinbaus zuteil. Mit der plan­ ken- und Halbtrockenrasenvegetation der mäßigen Kultur der Rebe in unserem Raum 26 8 wurde zwar bereits im 6. Jahrhundert begon­ bis 1856 berichtet ), die einen ganz besonderen nen, doch beschränkte sich der Anbau über Rückschlag für den Weinbau darstellten. Bis mehrere Jahrhunderte hinweg zunächst auf heute konnte dieser Bedeutungsverlust nicht ebene Lagen. Im 11. und 12. Jahrhundert dehn­ mehr ausgeglichen werden. Der Wein hat nie ten unsere Vorfahren den Weinbau auf die fla­ mehr die Bedeutung als Getränk erlangt wie cheren Keuperhänge aus. Ab dem 12. Jahrhun­ im 17. Jahrhundert. dert wurden schließlich die klimatisch günsti• Den Rückzug des Weinbaus aus den Steilla­ gen Muschelkalkhänge mit der Rebe bestockt. gen des Glemstales hat Konoid in einer Unter­ Die großartige Landschaft mit ihren durch suchung am Markgröninger "Talhäuser Berg" Trockenmauern gestalteten Terrassen, mit ih­ festgehalten (vgl. Abb. 2). Ähnlich wie im ren Steinriegeln aus Lesesteinen und den Glemstal gingen im Laufe der Jahrhunderte kunstvoll errichteten "Wengerterunterstän• fast alle Markgröninger Steillagenweinberge den" entstand in jahrhundertelanger mühevol• verloren, und es ist anzunehmen, daß den heu­ 4 ler Arbeit ). Der große Bedarf an Wein und die te noch bewirtschafteten Lagen am "Mühl• Förderung des Weinbaus durch Klöster und berg" sowie in kleinerem Umfang an einigen Händler sorgten bis ins 17. Jahrhundert für anderen Plätzen das gleiche Schicksal droht. eine enorme Ausweitung der Weinbauflächen. Am "Sonnenberg" und am "Oberen Wannen­ Dabei wurden auch Bereiche in den Weinbau berg", den ehemals besten Markgröninger einbezogen, die den klimatischen Anforderun­ Weinlagen mit ihren kunstvollen, einem Am­ gen der Rebe niemals gerecht wurden. Um den phitheater gleichenden Terrassenlandschaften Wein überhaupt genießbar zu machen, wurden sind die Weinbauflächen in den letzten Jahren schnell viele Möglichkeiten des Süßens, Wür• immer kleiner geworden. Die Bewirtschaftung zensund Weinverfälschens entwickelt. Konoid der Steillagenweinberge ist im Gegensatz zu stellt fest, daß in der Praxis der Weinverfäl• den ebenen Lagen des "Sankt J ohännser" schung mit teilweise hochgiftigen Substanzen wesentlich arbeits- und zeitaufwendiger; Ma­ bereits der Untergang des Weinbaus angelegt schineneinsatz ist auf den kleinen und steilen war und der Dreißigjährige Krieg eine ziemlich "Schrannen" fast unmöglich. Nach Frostjahren heruntergekommene Weinwirtschaft nur noch wie 1985 überlegt sich so mancher "Wenger­ 5 physisch zerstörte ). Weitere Ursachen für den ter", ob er seine abgefrorenen Rebstöcke erset­ Rückgang des Weinbaus waren das Nachlas­ zen soll. Auf einigen Parzellen ist dies nicht sen der Qualität durch den Anbau von Massen­ geschehen, dann dauert es meist nicht mehr trägern, die zunehmende und ab Ende des 18. sehr lange, bis die Terrassenlandschaft vom Jahrhunderts auch geförderte Verbreitung des schnell zurückkehrenden Wald überwuchert Obstmostes, der steigende Bierverbrauch und ist. schließlich mit dem Kolonialismus auch die 6 Gewöhnung an andere Getränke: Kaffee, Tee ) . Im 19. und 20. Jahrhundert wirkten sich ge­ häuft auftretende Mißjahre und das Auftreten neuer Krankheiten und Schädlinge auf die 7 Weinbaufläche aus ). In der Oberamtsbeschrei­ bung wird von Mißernten in den Jahren 1850 27 Abb.2 1. : 'I I . . ,I;, ,. I I ·• I . II ~.. / .: .:r· .. n I·· '\i 1 ·• · .r .::· _ . :- ".·~-·:\\'\ I\\\ .I )-~ .. / ...... - .· > ·:::<"\\ :.\\ 1 \ \ \! /- .. Abb. Links: .~. .J .L _\ um 1680 (QueUe: Kiesersehe Karte)

Abb. rechts: um 1830 (QueUe: Karte der ersten Landvermessung)

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Abb. ~inks: um 1950 (QueUe: F~urkarten)

Abb. rechts: 1977178 (nach der Erhebung von KONOLD, W.)

ausKONOLD, W. (1980): Zum Schutz anthropogener Öko• systeme am B eispie~ . ·:, .. : _:~;: ._, ~ ­ aufge~assener Wein­ . - .. · ...... - -\ .. berge. Verh. der Ges. f. Öko~ogie, Bd. 8, Göttingen, Seite '·:: / ...... ;~- . I -· •. : .'/, ' / i ;·,• ···.• f.··· 175-184. c ·;i·, :~ --~( tflill 28 i?OTC:,-\I·­ .--1C~'E.-< Nutzungswandel im }!.,..; ,•.y..,Ei_- R-iiN ...,....._b Leudelsbachtal ../'(Jf>4T• I"'~ oosr T~VE8 1~"('; Drei Profilskizzen (Abb. 3-5) aus dem unter­ sten Leudelsbachtal sollen die Auswirkungen des Nutzungswandels und besonders die Fol­ gen der Aufgabe von Schafbew eidung und Weinbau für die Landschaft exemplarisch auf­ zeigen. Arbeitsgrundlagen für diese Profilskiz­ zen sind verschiedene ältere Kartierungen. 1832 zeigt die Karte der ersten Landvermes­ sung durch die jeweiligen Einträge die damali­ ge Nutzung der Parzellen sehr genau. Um 1940 8 hat Schlenker ) die Umgebung Markgrönin• gens pflanzensoziologisch kartiert; diese Kar­ tierung und Rückschlüsse aus heutigen Beob­ achtungen ermöglichen eine relativ genaue Wiedergabe des ehemaligen Landschaftsbildes und der Veränderungen in den letzten 50 Jahren.

1832 Zu dieser Zeit war das unterste Leudelsbachtal eine noch weitgehend "offene" Landschaft. Der westexponierte Hang des "Hammelrains" war vollkommen kahlgeweidet Nur ganz ver­

J.IE.rTEN einzelt dürfte aufkleinen Felsvorsprüngen und <:- auf Steinriegeln etwas Strauchbewuchs vor­ handen gewesen sein. Die Talwiesen waren da­ mals intensiv genutzt und konnten im unter­ sten Leudelsbachtal auch zur Dün gung bew äs• sert werden. Für die Wiesenbew ässerung wa­ ren verschiedene Grabensysteme angelegt worden. Auf Teilabschnitten wurde der Bach selbst von der tiefsten Stelle des Tales weg an den Hang verlegt. Diese, auch heute noch an verschiedenen Stellen zu beobachtende Bach­ verlegung ist eine Ursache für die häufigen Nutzungen im Leude~sbachta~ um 1832, 1940 und heute (unmaßstäb~iche Überschw emmungen des Talbereichs in den Profi~skizze vom Hörn~e zum Rotenackerwa ~ d). Quellen: Karten der ersten letzten 20 Jahren. Sehr interessant sind die Landvermessung, SCHLENKER, G. (1940) und eigene Erhebungen. Einträge in der Karte der ersten Landvermes- 29 sung für das Gewann "Hörnle". Wir finden dort dert. Dagegen hatte das "Hörnle" seine alte . 1832 verschiedentlich mit Reben bestockte Nutzung "Weinbau" inzwischen völlig einge­ Parzellen. Auch im heutigen Landschaftsbild büßt, Obstbau fand nur noch auf kleinen Rest­ ist diese alte Nutzung am ostexponierten Hang flächen an der oberen Hangkante P latz. Die zu erkennen. Im Winter, wenn etwas Schnee Entwicklung zum Laubwald war deutlich vor­ gefallen ist, fallen die hangparallelen dunklen gezeichnet. Bänder der größtenteils noch vorhandenen Trockenmauern der ehemaligen Weinbauflä• Heute chen im Hochwald auf. Bereits 1832 muß sich Die Wiederbewaldung des untersten Leudels­ der Weinbau allerdings auf dem doch klima­ bachtales ist in den letzten fünfzig Jahre~ un­ tisch völlig ungeeigneten Standort auf dem gebremst fortgeschritten. Dem vollkommen Rückzug befunden haben. Zwischen den Reh­ mit Laubwald bewachsenen "Hörnle" ist wäh• parzellen finden wir viele Flurstücke, die mit rend der Sommermonate die frühere Nutzung Obstbäumen bepflanzt sind. Andere weisen nicht mehr anzusehen. Inzwischen werden hingegen bereits den Eintrag für Buschwerk auch Talwiesen, die nicht mit großen Trakto­ und Bäume auf; die Nutzung war wohl beson­ ren zu befahren sind, sich selbst überlassen ders in den durch Spätfröste gefährdeten unte­ und beginnen zu verbuschen. Der gelegentli­ ren Lagen schon einige Jahre aufgegeben. che Umbruch der Wiesen in Äcker scheint we­ gen des Klimas im tief eingeschnittenen Tal 1940 und wegen der gelegentlichen Überschwem­ Etwa hundert Jahre später hatte sich das Land­ mungen nicht den gewünschten Erfolg zu schaftsbild bereits nachhaltig verändert. Der bringen. Bedeutungsverlust der Schäferei drückte sich Auch der "Hammelrain" wäre ohne die seit nicht nur am Rückgang der Beweidung aus, rund zehn Jahren dort durchgeführten Pflege­ sondern es wurde für die Schafweiden eine und Ausholzungsmaßnahmen heute ein voll­ wirtschaftlichere Nutzung gesucht. Für man­ ständig geschlossenes Waldgebiet Wegen sei­ che Gebiete um Markgröningen bedeutete dies ner Vielfalt an seltenen Pflanzen und Tierarten die Anpflanzung von Obst- und Nußbäumen; wird jedoch auf etwa einem Drittel der Fläche am Hammelrain hieß "wirtschaftlichere Nut­ versucht, eine offene Heidefläche zu erhalten. zung" für unsere Vorfahren Aufforstung der Ohne diesen Eingriff in die natürliche Ent­ Flächen. Der inzwischen rund achtzigjährige wicklung hätte sich das Leudelsbachtal inner­ Wald entlang der oberen, etwas flacheren halb von rund hundertfünfzig Jahren in einen Hangbereiche und der etwa sechzigjährige Zustand wie vor Beginn der menschlichen Wald in den unteren Hangbereichen zeugen Nutzung zurückverwandelt Verbunden mit von diesen Aufforstungsversuchen. Aufgefor­ dieser Wandlung ist jedoch ein Rückgang der stet wurde vor allem mit der Kiefer, andere Pflanzen - und Tierarten, die auf extensive Waldbäume konnten sich in den Aufforstungs­ m enschliche Nutzungsformen angewiesen flächen ansiedeln und ausbreiten. 1940 waren sind. von der einstmals offenen Heide bereits große Teile verwachsen. In der Talaue hatte sich in den über hundert Jahren kaum etwas verän- 30 Fast vöLLig verwachsene Heidefläche am ehemaLigen Schaftrieb entLang des Rotenackers. Neben zahLreichen Straucharten (SchLehe, WiLdrose, Hart­ riegeL, SchneebaLL) finden sich Eichen, ZitterpappeLn und Kiefern ein. Die Gräser und Kräuter der Heide werden verdrängt.

Sträucher konnten dem Verbiß der Weidetiere Trocken- und Ha~btrockenrasen­ auf Dauer nicht widerstehen. Zusätzlich wurde schützenswerte Lebensräume in auf den Weideflächen in Gemeindediensten unseren Tä~ern der aufkommende Strauchbewuchs immer wieder entfernt. Und schließlich dient die Als Trocken- und Halbtrockenrasen bezeich­ Schäferschippe nicht nur zum Fangen von net der Biologe die Pflanzengesellschaften der Schafen oder gar zum Auflehnen, sondern ehemaligen Schafweiden an den steilen Mu­ wurde immer auch dazu benutzt, um Strauch­ schelkalkhängen von Glems- und Leudels­ und Baumkeimlinge in den Schafweiden aus­ bachtal. Die ursprüngliche Vegetation dieser zustechen. Steilhänge ist eine wärmeliebende Waldgesell­ In die durch die Beweidung und Rodung schaft (wie übrigens unsere gesamte Land­ immer weiter ausgelichteten Standorte konn­ schaft im Mittleren Neckarraum ohne mensch­ ten im Laufe der Jahrhunderte zahlreiche liches Zutun fast vollständig mit Wald bedeckt Pflanzenarten eindringen, die zuvor in der ur­ wäre). Diese Waldgesellschaft wurde durch die sprünglichen Waldlandschaft nur auf den we­ jahrhundertelange Beweidung der Steilhänge nigen waldfreien Standorten (auf Felsvor­ mit Schafen und Ziegen verdrängt. Bäume u nd sprüngen, in durch Sturm oder Waldbrand ent- 31 ,...... : haben als Verdunstungsschutz einen Wachs­ 50 , / ', Trockenrasen überzug (Hasenohr), wieder andere schützen sich vor der Erwärmung durch ein Verringern ", / \ Maxima r· \/ • 40 \ ",, I \ der Blattoberfläche oder die grasartige Ausbil­ \ / \ I ', dung von Blättern (Graslilien). Viele weitere v"' .... / \ / Variationen des Verdunstungsschutzes, Spei­ 30 \ . / cherorgane und vor allem ein weitverzweigtes \ i \1 Wurzelsystem ermöglichen das Überdauern 20 der Pflanzen auch bei WassermangeL Schließ• lich helfen sich die Schmetterlingsblütler ge­ 10 gen den Stickstoffmangel auf den Trocken­ oder Halbtrockenrasen durch die sogenannten 1966 1967 1968 Knöllchenbakterien, die freien Luftstickstoff 9 V VII IX XI 111 V VII IX XI 111 V binden können ).

Verg~eich der Tem­ starrdenen Waldlichtungen) gedeihen konnten. Während die Trockenrasen bei uns nur we­ peraturmaxima Durch die Auslichtung der Steilhänge wurden nige, besonders steinige und trockene Stand­ (MonatsmitteO der Standortbedingungen geschaffen, durch die orte besiedeln und durch ihre sehr lückenhafte Bodentemperatur in sich diese Pflanzenarten nun der Konkurrenz Vegetationsdecke auffallen, vermitteln die einem Trockenrasen der früher dort vorkommenden Arten über• Halbtrockenrasen besonders in den Monaten und einem Wa~d legen zeigten : Wärme, Licht, karge, humus­ Mai und Juni den Eindruck einer bunten und nach ELLENBERG arme und nährstoffarme Böden, Trockenheit. farbenprächtigen Wiese. Ellenberg beschreibt (1978), verändert. Schließlich kam als besonders wichtiger das Leben im Halbtrockenrasen besonders ein­ Aus: Deutscher Standortfaktor das Schaf hinzu, das wegen sei­ drucksvoll: "Doch wirkt das Grün des Halb­ Naturschutzring ner Preßgewohnheiten bestimmte Pflanzenar­ trockenrasens niemals frisch, stets spielt es ein (1980): Trockenra­ ten bevorzugt, andere hingegen verschmäht. wenig ins Gelbe, Braune oder Graue. Um so sen, Gefährdung Wie sich die Standortfaktoren durch die Auf­ bunter sind die vielgestaltigen Blüten der und Schutz. lichtung des Waldes änderten, zeigt anschau­ Kräuter, die einander mit leuchtend gelben, lich die Abbildung 6. Die extremen Tempera­ blauen, violetten, roten oder weißen Farbtönen turwerte nehmen zu; auf den Rasenflächen der bis in den Sommer hinein überbieten und ablö• Trocken- und Halbtrockenrasen ist es während sen. Wie sie wechselt die fast unübersehbare des Tages wesentlich wärmer als im benach­ Schar von Hummeln, Raupen, kleiner Schmet­ barten Wald. Nachts kühlt die offene Rasen­ terlinge, Käfer, Spinnen und anderer Insekten. fläche durch die erhöhte Ausstrahlung viel Selbst Schnecken leben in dieser steppenähn• schneller ab. Die Pflanzen der Trocken- und lichen Lebensgemeinschaft in großer Arten­ Halbtrockenrasen sind diesen extremen zahl. Im Hochsommer läßt das Blühen nach Standortbedingungen sehr gut angepaßt. Viele und viele Blätter dürren aus. Nur der würzige Pflanzen zeigen eine verstärkte "ledrige" Blatt­ Duft des Thymians und anderer Kräuter, deren oberhaut (z. B . Gamander), um eine übermä• ätherische Öle in der Sommerhitze ver­ ßige Erwärmung des Blattinneren und damit strömen, bleibt auch jetzt noch an den Händen 10 überhöhte Verdunstung zu vermeiden. Andere und Kleidern haften." ) 32 Obwohl sich die Trocken- und Halbtrocken­ rasen unseres Raumes in puncto Artenvielfalt sicherlich nicht mit vielen Naturschutzgebie­ ten der Alb oder des Tauberlandes messen können, meint man als Spaziergänger beim Be­ trachten des Blühens und der umherschwir­ renden Insekten, sich irgendwo in südlichen Gefilden zu befinden. Tatsächlich entsprechen die Standortbedingungen zu vielen Jahreszei­ ten denjenigen des Mittelmeergebietes. Nicht zuletzt deshalb gedeihen auf unseren ehemali­ gen Schafweiden eine Vielzahl von P flanzenar­ ten, deren Hauptverbreitungsgebiet im Mittel­ meerraum liegt. Dazu gehören mit mehreren· Orchideenarten einige der schönsten P flanzen unserer Heimat. Dazu gehört ebenfalls die Weinraute, eine Pflanze, die im Mittelalter bei Im Mai bestimmt das HeLmknabenkraut (Orchis mihtaris), eine der wenigen uns in der Gegend eingeführt wurde und ver­ aufunserer Gemarkung zu findenden Orchideenarten, das Vegetationsbüd schiedene Zusatzstoffe für den Wein lieferte. der ehemaLigen Schafweiden. Im Laufe der Zeit "verwilderte" die Raute aus den Weinbergen auf die benachbarten Schaf­ FeLsbank des oberen MuscheLkaLkes mit typischer Vegetation. Das KaLk-BLau­ w eiden. Ein für die weite Umgebung einmali­ gras besiedeLt vor aLLem soLche PLätze, wo sich auf den treppenartig hervortTe­ ges Vorkommen hat sich auf unserer Gemar­ tenden KaLkbänken kaum eine Bodenkrume ausbiLden konnte. kung bis heute erhalten.

Aber nicht nur "Einwanderer" aus dem Mit­ telmeerraum gehören zur Flora der Schafwei­ den. Relikte aus den Eiszeiten sind zwei Pflan­ zenarten, deren Hauptverbreitungsgebiet in den Mattenregionen der Alpen liegt: das Kalk ­ Blaugras (Sesleria varia) finden wir vereinzelt an felsigen Stellen des Leudelsbachtales, und das weißblühende Berghellerkraut (Thlaspi montanum), das als eine ganz besondere bota­ nische Rarität mit Vorliebe an den Gebüsch­ säumen und auf Steinriegeln im Naturschutz­ gebiet Hammelrain wächst. Es hat hier seinen nördlichsten Standort in Baden-Württemberg. Einen Überblick über schützenswerte Pflan­ zenarten der Markgröninger Schafweiden und ihre Gefährdung gibt Tabelle 1: 33 Schützenswerte Kalk-Blaugras (Sesleria varia) selten, an wenigen Stellen im Glems- und Leudelsbachtal. Pflanzen der Ästige Graslilie bestandsbildend im Juni/Juli auffast allen Schafweiden. Markgröninger ( A nthericum ramosum) Schafweiden Großes Zweiblatt (Listera ovata) zerstreut, am Gebüschsaum der Heiden. Grünliche Kuckucksblume nur an einem Standort im lichten Kiefernwald. (Platanthera Chlorantha) Große Händelwurz breitet sich nach Pflegemaßnahmen wieder aus, 4 Standorte, durch Aus­ (Gymnadenia conopsea) graben stark gefährdet. Fliegenragwurz nach SEYBOLD (1969) früher vorgekommen, kein Standort bekannt. (Ophrys insectifera) Bienenragwurz (Ophrys apifera) stark gefährdet, 3 Standorte mit wenigen Exemplaren. Helmknabenkraut zerstreut, erscheint momentan nicht gefährdet. (01·chis militaris) Akelei (Aquilegia vulgaris) aufverschiedenen Heiden sowohl im Glems- als auch im Leudelsbachtal. Küchenschelle früher verbreitet, heute nur noch 5 Standorte, Zunahme durch Pflegemaß• (Pulsatilla vulgaris) nahmen, Gefährdung durch Ausgraben vor allem der kleinen Bestände. Berghellerkraut Rarität im Leudelsbachtal am Saum der Gebüsche und auf Steinriegeln, (Thlaspi montanum) z. Zt. nicht gefährdet. Feinblättriger Lein selten, an wenigen Plätzen, durch Verwachsen der Heiden gefährdet. (Linum tenuifolium) Weinraute (Ruta graveolens) vor allem im Leudelsbachtal unter Kiefern und auf Steinriegeln. Kreuzenzian (Gentiana cruciata) nur noch eine Pflanze, vom Aussterben bedroht. Frühlingsenzian nach SEYBOLD (1969) noch 1964 vorgekommen, kein Standort bekannt. (Gentiana verna) Gefranster Enzian aufverschiedenen Heiden, leidet unter fehlender Beweidung. (Gentianella ciliata) Anmerkung: Deutscher Enzian seltener als G. ciliata, fehlt aufjahrzehntelang nicht beweideten Flächen. In dieser Tabelle (Gentianella germanica) sind nur einige be­ sonders auffallende I?eutscher Ziest selten am Rand verschiedener Heiden, gefährdet. Pflanzen erfaßt. (Stachys germanica) Schützenswert sind Ackerwachtelweizen zerstreut, vor allem im Bereich zwischen und Aichholzhof. nicht nur diese Ar­ (Melampyrum arvense) ten, sondern ist die ganze L ebensge­ Weidenalant (Inula salicina) vereinzelt im Leudelsbachtal, selten im Glemstal. meinschaft mit einer Silberdistel (Carlina acaulis) vor allem im Glemstal, geht wegen fehlender Beweidung zurück. Vielzahl auchweni­ (Carlina vulgaris) ger schöner und viel­ Golddistel häufig, auch auf allen seitJahrzehntennicht mehr beweideten Heiden. leicht auch häufi­ Wollkratzdistel zerstreut, vor allem im Glemstal. gerer Arten. (Cirsium eriophorum) 34 maligen Schafweiden zumindest einmal ge­ mäht werden. Beteiligt waren an diesen Maß• nahmen über 300 Helfer von Naturschutzver­ bänden (Deutscher Bund für Vogelschutz, Schwäbischer Albverein, Bund für Umwelt und Naturschutz, Naturfreunde), Vereine und ihre Jugendgruppen, Schulklassen und viele interessierte Bürger. Allein im Zeitraum von 1982 bis 1986 wurden in ca. 50 Pflegeaktionen rund 3500 Arbeitsstunden von freiwilligen Hel­ fern abgeleistet. Der durch die zunehmende Anzahl der Pfle­ gemaßnahmen ständig steigende Arbeitsauf­ wand einerseits und der durch Erfolge der Maßnahmen ausgelöste Wunsch nach Pt1ege der noch vorhandenen 19 Hektar Schafweiden andererseits, machte eine neue Organisations­ form notwendig. Die Übernahme verschiede­ ner Aufgaben (Koordination der Maßnahmen der Verbände, Erstellung von Pflegeplänen, Reste des Schaf­ Das ,,Markgröninger Modell" - Organisation aller Maßnahmen, Erfolgskon­ triebs am Roten­ ein Konzept zum Schutz von trolle) durch die Stadtverwaltung war die Ge­ acker. Nur durch in­ Lebensräumen burtsstunde des "Markgröninger Modells", das tensive Pflege konn­ am Beispiel der Schafweiden wichtige Finger­ te das vöUige Ver­ Das zunehmende Verwachsen der Schafwei­ zeige dafür liefern soll, wie durch kommunale wachsen verhindert den und der damit verbundene Rückgang ver­ Maßnahmen die Erhaltung wertvoller Kultur­ werden. schiedener Pflanzen- und Tierarten bildeten landschaftselemente ermöglicht werden kann. den Ausgangspunkt für Überlegungen, wie die Grundlagen für die Pflegemaßnahmen bil­ ökologisch und kulturhistorisch wertvollen den Pflegepläne. Neben den Maßnahmen zur "Heiden" erhalten werden können. Bereits Erhaltung der ökologischen Vielfalt spielen bei 1977 begannen die Naturschutzbehörden (Be­ der Erarbeitung der Pflegekonzepte auch land­ z;irksstelle für Naturschutz und Landschafts­ schaftsästhetische Gesichtspunkte eine we­ pflege, Untere Naturschutzbehörde beim sentliche Rolle. Die ehemaligen Schafweiden Landratsamt) in Zusammenarbeit mit der mit ihrem Wechsel von offenen "Heideflä­ Stadtverwaltung Markgröningen und der örtli­ chen", Feldgehölzen, markanten Einzelbäu• chen Vereine Pflegemaßnahmen im heutigen men, Steinriegeln und Felsvorsprüngen sind Naturschutzgebiet "Hammelrain" durchzu­ nicht nur als Lebensraum für Pflanzen und führen. Tiere von Bedeutung. Sie sind vielmehr land­ Das P flegeprogramm wurde im Laufe der schaftsprägende Glieder der Naherholungs­ Jahre ständig ausgeweitet. Bis 1986 konnten landschaften in unmittelbarer Nähe des dicht etwa zwei Drittel der noch vorhandenen ehe- besiedelten Mittleren N eckarraums. 35 Besonders berücksichtigt werden bei der Er­ stellung der Pflegepläne die Biotopansprüche schützenswerter Pflanzen- und Tierarten. Für die seltene Weinraute ist beispielsweise die Er­ haltung leicht beschatteter Standorte unter Kiefern notwendig, während die Küchenschel• le an Stellen am häufigsten vorkommt, die den ganzen Tag der Sonneneinstrahlung ausgesetzt sind. Großflächige Feldgehölze bleiben als wertvolle Vogelgehölze ebenso unangetastet wie einzelne, schwachwüchsige Schlehenbü• sche als Nahrungspflanze für verschiedene Schmetterlingsraupen. Exponierte Steinriegel und Felsvorsprünge werden als beliebte Auf­ Ehemahge Schafweiden im Siegenta~ . Diese Heideflächen gehören zu den wärmplätze für verschiedene Insektenarten wertvoLLsten Lebensräumen im Kreis Ludwigsburg. Die Gefährdung wird und die einheimischen Reptilien freigesetzt. sichtbar. Baum und Strauchaufwuchs dringen vor. Durch die intensive Land­ Natürlich kommt den Randbereichen der "Hei­ wirtschaftLiche Nutzung in der Umgebung werden Pestizide und Dünger deflächen" bei der Erstellung von Pflegeplä• eingetragen; Einflüsse, die zum Rückgan g verschiedener Pflanzen und Tier­ nen besondere Bedeutung zu. Einflüsse durch arten in diesen Heiden geführt haben. intensive landwirtschaftliche Nutzung in der Umgebung (Nährstoffeintrag und Pestizide) KLeiner Heiderest am Wegrand. Diese k~einen nächen waren aufunserer sollen möglichst gering gehalten werden. Des­ Gemarkung weit verbreitet. Maschinen und DüngemitteL haben eine Um ­ halb werden in Randbereichen meist Feldge­ wand~ung in Ackerflächen ermögLicht. Gerade sokhe FLächen sind aber a~s hölze erhalten. An anderer Stelle war es sogar Rückzugs- und Ausbreitun gsgebietefür Pflanzen und Tiere von großer Bedeu­ möglich, in Zusammenarbeit mit verschiede­ tung. Diese F~äche am Raiserhaus soLL a~s NaturdenkmaL geschützt werden. nen Landwirten ein kleines Feldflorareservat einzurichten. Im dort eingesäten Dinkel und Roggen wachsen Kornblumen, Klatschmohn, Rittersporn und Kornrade. Neben den Schafweiden werden in den nächsten Jahren verschiedene Weinberge in das Pflegekonzept einbezogen. Rund zwei Hektar brachgefallener Weinberge konnten vom Staatlichen Liegenschaftsamt in den letz­ ten Jahren für Naturschutzzwecke aufgekauft werden. Diese Flächen liegen vorwiegend im oder am Rande des Naturschutzgebietes. Gro­ ße Teilflächen dieser Weinberge sind natürlich nicht offenzuhalten.· An besonders markanten Stellen und vor allem dort, wo die Trocken­ mauern noch gut erhalten sind , werden die 36 "Schrannen" in den nächsten Jahren mehr­ Mag dies auch zum Rückgang verschiedener mals gemäht und der aufkommende Holzauf­ Orchideenarten führen, so kann doch nur wuchs entfernt. Eventuell kann auf einer klei­ durch Wiederbelebung der alten Nutzung die­ nen Fläche sogar ein kleines Freiland-Museum ser einmalige und für Markgröningens Umge­ für Weinbergsunkräuter und typische Zier­ bung typische Lebensraum für die Zukunft und Gewürzpflanzen angelegt werden. gesichert werden.

Anmerkungen Bilanz 11 ) S. Wolf, 1985, S. 383-406. 12 Rund zwei Drittel der 19 Hektar umfassenden ) Vgl. Wolf, 1985, S . 383-406. 13 Schafweiden wurden zwischen 1977 und 1986 ) Vgl. Oberamtsbeschr. Ludwigsburg. 14 ) Vgl. Unck, 1954. zumindest einmal gemäht. Zahlreichen be­ 15 ) Vgl. Konoid, 1979, S. 175-184. drohten Pflanzen- und Tierarten konnte so der 16 ) Ebenda. Lebensraum erhalten werden; einige fast 17 ) Vgl. Unck, 1954. 18 schon verschwundene Pflanzen- und Tierarten ) Vgl. Oberamtsbeschreibung Ludwigsburg. 19 haben sich in diesem Zeitraum bereits erfreu­ ) V gl. Schlenker, 1940. 10 lich vermehrt. Ein Beispiel: die Küchenschelle, ) Vgl. Unck, 1954. 11 von der es im Landkreis Ludwigsburg nur ) V gl. Ellenberg, 1978. noch dreizehn Standorte gibt (davon in Mark­ Literatur gröningen allein fünf!), war in einem Natur­ Beschreibung des Oberamts Ludwigsburg. Stuttgart denkmal auf einen Bestand von etwa dreißig 1859 (Neuauflage 1972). Pflanzen im Jahre 1976 geschrumpft. Durch ELLENBERG, H.: Vegetation Mitteleuropas mit den intensive, fast jährlich durchgeführte Pflege­ Alpen. Stuttgart 1978. maßnahmen hat sich der Bestand sehr schnell KoNOLD, W.: Zum Schutz anthropogener Ökosyste• erholt. 1984 blühten dort schon rund 5000 Ex­ me am Beispiel aufgelassener Weinberge. Verh. d. emplare. Aber nicht nur bei Pflanzen läßt sich Ges. f. Ökologie (Freising-Weihenstephan 1979), Band VII, 1980, S . 175- 184. diese positive Entwicklung beobachten. Zuge­ SCHLENKER, G.: Erläuterungen zum pflanzensoziolo­ nommen haben auch Insektenarten, insbeson­ gischen Kartenblatt Bietigheim. Tübingen 1940. dere viele farbenprächtige Schmetterlinge. Der SEYBOLD, S.: Flora von Stuttgart. Stuttgart 1969. aufmerksame Wanderer oder Spaziergänger UNCK, 0 .: Der Weinberg als Lebensraum. Öhringen kann mit etwas Glück sogar die scheue 1954. Schlingnatter entdecken, eine bedrohte und in WOLF, R.: Heiden im Kreis Ludwigsburg. Bilanz vielen Gebieten bereits verschwunden ge­ 1984. Schutzbemühungen, Verwachsungspro­ glaubte einheimische Schlange. bleme, Pflege. Beihefte z. d. Veröff. f. Naturschutz Allerdings dürfen diese Erfolge nicht den u . Landschaftspflege Baden-Württemberg, Bd. 35. Blick für die Tatsachen trüben. Denn allein mit WOLF, R.: Auswirkungen des Niedergangs der Schä• ferei auf die Kulturlandschaft - am Beispiel der mechanischer Pflege und dem Einsatz freiwil­ Heiden des Landkreises Ludwigsburg. In: B ei­ liger Helfer sind die verbliebenen 19 Hektar träge zur Allgewandten Geographie an Beispielen Heideflächen nicht zu retten. Anzustreben ist aus dem südwestdeutschen Raum. Ch. Borcherdt in den nächsten Jahren die unbedingt notwen­ zum 60. Geburtstag. Hrsg. v. Ch. J entsch, K. Kuli­ dige regelmäßige Beweidung mit Schafen. nat u. P. Moll. Mannheim 1985. 37