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Betreuungsbericht Greifswalder Bodden 2019

Maßnahme Betreuung des FFH-Gebietes DE 1747-301 „Greifswalder Bodden, Teile des Strelasunds und Nordspitze

Berichtszeitraum 01.01.2019 – 31.12.2019

Auftraggeber Staatliches Amt für Landwirtschaft und Umwelt Vorpommern, Badenstraße 18, 18439

Auftragnehmer WWF Deutschland, Reinhardtstr. 18, 10117 Berlin

Schutzgebietsbetreuer Dipl.-Biol. Florian Hoffmann

Förderung Europäischer Landwirtschaftsfonds für die Entwicklung des ländlichen Raums: Hier investiert Europa in die ländlichen Gebiete.

Florian Hoffmann, WWF-Büro Ostsee Stralsund, 31.01.2020

1 Betreuungsbericht Greifswalder Bodden 2019

Inhaltsverzeichnis

1 Öffentlichkeitsarbeit ...... 3 2 Monitoring ...... 9 2.1 Bootmonitoring der Freiwilligen Vereinbarung ...... 9 2.2 Monitoring von Zielarten des Schutzgebietes ...... 11 3 Berichte zu den Saisonauswertungen ...... 11 4 Erfolge und Probleme bei der Umsetzung der Freiwilligen Vereinbarung ...... 13 4.1 Erfolge ...... 13 4.2 Probleme ...... 15 5 Anhang ...... 18 5.1 Übersicht Bootmonitoring ...... 18 5.2 Verteilerliste Faltblatt und Angelbroschüre Greifswalder Bodden ...... 21 5.3 Pressespiegel ...... 22

Tabellenverzeichnis

Tab. 1 Veröffentlichungen ...... 3 Tab. 2 Führungen ...... 8 Tab. 3 Einhaltung Freiwillige Vereinbarung 2006 bis 2019 ...... 9 Tab. 4Einhaltung Freiwillige Vereinbarung nach Nutzergruppen ...... 10 Tab. 5 Einhaltung Freiwillige Vereinbarung in den Teilgebieten ...... 10 Tab. 6 Anzahl der Datenpunkte im Jahresvergleich 2006 bis 2019 ...... 10 Tab. 7Einhaltung Vereinbarung Schoritzer Wiek ...... 15 Tab. 8 Einhaltung Vereinbarung Puddeminer Wiek...... 16 Tab. 9 Einhaltung Vereinbarung Wamper Wiek ...... 16 Tab. 10 Übersicht Bootmonitoring (inkl. ohne Bootsichtungen) ...... 18 Tab. 11 Verteilerliste „Greifswalder Bodden in deiner Hand“ ...... 21

Abbildungsverzeichnis

Abb. 1 Tafel „Wintergäste auf dem Greifswalder Bodden“ ...... 4 Abb. 2 Tafel „Heringe im Greifswalder Bodden“ ...... 4 Abb. 3 Tafel „Gustower Wiek“ ...... 5 Abb. 4 Tafel „Puddeminer Wiek“ ...... 5 Abb. 5 Tafel „Schatzküste – Hinweise zum Befahren der Boddengewässer“ ...... 6 Abb. 6 Poster „Kegelrobbe“ ...... 6 Abb. 7 Poster „Halbinsel Zudar“ ...... 7 Abb. 8 Poster „Insel Koos“ ...... 7 Abb. 9 Felix Bügler (FÖJ) auf der Fishing Masters Show ...... 13 Abb. 10 Naturschutzgebiet-Schilder Ufer Groß Schoritz und Silmenitzer Heide ...... 14 Abb. 11 Naturschutzgebiet-Schilder Ufer Heidekaten und Sandhaken ...... 14 Abb. 12 Hinweis-Schild für Angler der Schoritzer Wiek ...... 14 Abb. 13 Angler im NSG Schoritzer Wiek ...... 15 Abb. 14 Angler auf der Puddeminer Wiek ...... 16 Abb. 15 Ufer Rosengarten in park4night.com ...... 17 Abb. 16 Campingbusse am Strand von Neu Reddevitz ...... 17

2 WWF Deutschland – Ostseebüro Stralsund Betreuungsbericht Greifswalder Bodden 2019 1 Öffentlichkeitsarbeit

Presse

2019 erschienen 11 Print-, Online- und Radio-Veröffentlichungen im Zusammenhang mit der Schutzgebietsbetreu- ung. Die Titel sind in der Tabelle 1 und die vollständigen Artikel im Pressespiegel im Anhang zu finden. 2019 über- wiegten Artikel zu Kegelrobben und ein ausführlicher Bericht zur Kormorankolonie Niederhof, zur Veröffentlichung des Betreuungsberichtes sowie zu neuen Hinweisschildern. Ein Interview zu den Kegelrobben wurde im Radiopro- gramm des MDR ausgestrahlt.

Tab. 1 Veröffentlichungen

Nr. Titel Zeitung/Magazin Datum 1 Kegelrobben sind zurück an der Ostsee MDR aktuell (Radio) 08.01.2019 2 Die Robben sind wieder da Südkurier 17.01.2019 3 Fischer im Konflikt mit den Robben Ostsee Zeitung 04.02.2019 4 Neuer Konflikt um Greifswalder Bodden Ostsee Zeitung 20.02.2019 Das größte Raubtier Mitteleuropas kehrt an die Ostseeküste 5 Tagesspiegel 24.02.2019 zurück 6 Sie ist wieder da DIE ZEIT 17.04.2019 7 Umweltbericht für Greifswalder Bodden vorgestellt Ostsee Zeitung 24.04.2019 8 Der Kormoran-Urwald von Vorpommern Ostsee Zeitung 20.06.2019 WELT, Hamburger Abend- 9 Neue Hinweisschilder an der Darß-Zingster Boddenkette 11.07.2019 blatt, t-online.de, n-tv.de 10 WWF stellt Befahrensempfehlungen für Bodden auf Ostsee Zeitung 12.07.2019 11 WWF: Surfer und Angler sollen Bodden schützen Ostsee Zeitung 23.07.2019

Faltblatt

2019 wurde eine polnische Übersetzung des Faltblattes „Der Greifswalder Bodden in deiner Hand“ erarbeitet und 2.000 Exemplare auf 100% Recyclingpapier gedruckt und mit der Ver- teilung im Gebiet begonnen. Die polnische Übersetzung wurde auf Anregung der Wasser- schutzpolizei in durchgeführt. Eine englische Ausgabe wurde 2018 produziert. Vereinsmitglieder haben bei der Saisonauswertung die deutsche Fassung der Faltblätter für ihre Vereine mitgenommen. Während des Monitorings wird das Faltblatt an die Nutzer zur Erläuterung der Regelungen vor Ort ausgegeben. Die englischen und polnischen Ausgaben werden insbesondere an den großen Marinas ausgelegt und auch vom Biosphärenreservats- amt Südost-Rügen im Reservatsgebiet und an die Kurverwaltungen verteilt. Alle Versionen des Faltblattes stehen auf der Projektwebseite als Download zur Verfügung.

Tafel Seekarte

2019 wurden zehn DIN A2 Tafeln aus stabilem Verbundmaterial mit der Seekarte inklusive Befahrensregelung der Freiwilligen Vereinbarung an die Vereine in der Projektregion auf den Saisonauswertungen und über das Biosphä- renreservat verteilt. Die Tafeln wurden den Nutzern zur selbstständigen Montage, z.B. an in den Bootshallen der Vereine, kostenlos zur Verfügung gestellt.

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Informationstafeln

2019 wurden die Druckfassungen für die DIN A0 Tafel „Wintergäste auf dem Greifswalder Bodden“ erstellt. Darin werden exemplarisch vier häufig anzutreffende Wasservogelarten (Eis-, Schell-, Bergente und Singschwan) des Boddens vorgestellt. Karten des Verbreitungsgebietes und Fotos ihrer entlegenen Brutgebiete informieren über die großen Distanzen, die diese Vögel alljährlich zurücklegen.

Abb. 1 Tafel „Wintergäste auf dem Greifswalder Bodden“

Die DIN A0 Tafel „Heringe im Greifswalder Bodden“ informiert über das Verbreitungsgebiet und die Bestandssitu- ation des frühjahrslaichenden Herings der westlichen Ostsee, der jedes Frühjahr zum Laichen den Greifswalder Bodden aufsucht. Der Text erläutert die prägende Rolle des Herings für die Fischerei in der Region und traditionelle Fangmethoden der Heringsfischerei.

Abb. 2 Tafel „Heringe im Greifswalder Bodden“

Die Tafel „Gustower Wiek - Kernzone des EU-Vogelschutzgebietes Greifswalder Bodden und südlicher Strelasund“ informiert über einen Teilbereich der „Freiwillige Vereinbarung Naturschutz, Wassersport und Angeln im Greif- walder Bodden und Strelasund“. Ein Kartenausschnitt stellt die Befahrensregelung dar. Das Brutgebiet „Vogelinsel Gustower Werder“ wird vorgestellt und erläutert, warum die Einhaltung der Freiwilligen Vereinbarung wichtig für den Schutz der Küstenvögel ist. Die Tafel ist zweisprachig in deutscher und englischer Sprache verfasst.

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Abb. 3 Tafel „Gustower Wiek“

Die Tafel „Puddeminer Wiek - Kernzone des EU-Vogelschutzgebietes Greifswalder Bodden und südlicher Strela- sund“ entspricht der Tafel zur Gustower Wiek und informiert insbesondere über das „Naturschutzgebiet Vogelha- ken Glewitz“, das ein wichtiges Brutgebiet für Küstenvögel in der Projektregion ist. Es wird darauf hingewiesen, dass das Anlanden am Vogelhaken eine Störung darstellt und Stress bei den seltenen Vögeln erzeugt.

Abb. 4 Tafel „Puddeminer Wiek“

Alle Drucklayouts liegen vor und eine Standort-Abfrage für potenzielle Tafelstandorte wurde durchgeführt. Die Re- sonanz der Hafenbetreiber, zwei Tafeln zweiseitig mit einem Eichenaufsteller oder eine Tafel an einer bestehenden Wand zu installieren, ist positiv. Die Aufsteller können nach der Entscheidung über die geförderte Anzahl produ- ziert und in Absprachen mit den Hafenbetreibern aufgestellt werden.

Zur Information: Tafel des BfN Hotspot Projektes „Schatz an der Küste“

Im Rahmen des Projektes Schatzküste (www.schatzküste.com/projekt/331befahrung/) wurde 2019 durch den WWF eine DIN A0 Tafel und ein DIN A2 Faltblatt mit dem Titel „Schatzküste“ entworfen. Die Tafel zeigt eine See- karte mit Hinweisen für das Befahren der Boddengewässer im Hotspot-Projektgebiet von Stralsund bis Hiddensee und der Darß-Zingster-Boddenkette. Die Karte der Freiwilligen Vereinbarung des Greifswalder Boddens diente hier als Vorbild. Auch die Farbgebung der Befahrenshinweise wurde entsprechend ausgewählt - mit dem Ziel, eine hohe Nutzerfreundlichkeit zu erreichen.

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Für die Gewässer außerhalb des Nationalparks ohne amtliche Befahrensregelung wurde mittels einer Studie eine Befahrensempfehlung erarbeitet. Um Störungen großer Ansammlungen von Wasservögeln zu vermeiden, wurde in der südlichen Grabow und im südöstlichen Barther Bodden eine Fläche ausgewiesen, die von Oktober bis März nicht befahren werden soll. Insgesamt wurden 25 Tafeln im Projektgebiet aufgestellt und 20.000 Faltblätter mit einer überarbeiteten Seekarte des Bundesamtes für Seeschifffahrt und Hydrographie (BSH) für die kostenlose Aus- gabe produziert.

Abb. 5 Tafel „Schatzküste – Hinweise zum Befahren der Boddengewässer“

Poster

In diesem Jahr wurden drei unterschiedliche DIN A2 Poster entworfen. Ein Poster informiert über die Rückkehr der Kegelrobben und zeigt die Tiere in ihrem natürlichen Habitat im zentralen Greifswalder Bodden. Es wurden 500 DIN A2 Poster gedruckt. Mit dem Verteilen der Poster ist begonnen worden und es können bei Interesse Exemplare im WWF-Büro in Stralsund kostenlos abgeholt werden.

Abb. 6 Poster „Kegelrobbe“

Zwei weitere Poster sollen die strukturelle Vielfalt und Schönheit der Küstengebiete des Boddens im Natura 2000 Gebiet darstellen. Für die Poster „Halbinsel Zudar“ und „Insel Koos“ wurden Luftfotos von dem Fotografen Rolf Reinicke ausgewählt. Das Drucklayout ist fertig und der Druck wird organisiert.

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Abb. 7 Poster „Halbinsel Zudar“

Abb. 8 Poster „Insel Koos“

Angelbroschüre

Die letzten Exemplare der 2017 produzierten Broschüre „Angeln und Naturschutz im Greifswalder Bodden und Strelasund“ wurden 2019 verteilt. Die Resonanz von u.a. Vereinen, Behörden und Gäs- ten war weiterhin durchweg positiv und die Nachfrage an der Broschüre war über das ganze Jahr gegeben. Die restlichen Exemplare wurden an die Ausgabestellen der Angelerlaubnis geliefert, die im Anhang aufgeführt sind (s. Tab. 11). Verbesserungshinweise von Anglern sind für eine Überarbeitung der 2. Auflage sehr hilfreich und können gerne an den WWF gerichtet werden.

Seekarten-App

Ein Förderantrag für die Entwicklung einer Seekarten Applikation „Seekarten App – Freiwillige Vereinbarung Greifswalder Bodden“ wurde im Frühjahr 2019 bei der Norddeutsche Stiftung für Umwelt und Entwicklung (NUE) eingereicht und Ende Juni bewilligt. Die Ausschreibung für die App-Entwicklung wurde durchgeführt und im Dezember 2019 ein Büro beauftragt. Mit der Programmierung der App ist begonnen worden. Die dynamische Verwendung der elektronischen ENC

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(Electronic Navigational Chart) Seekarten des BSH stellen alle Beteiligten vor spannende Herausforderungen. Die inhaltliche und graphische Gestaltung der App für die Smartphone-Anwendung läuft parallel. Sobald die erste Testversion fertig entwickelt ist, werden wir direkt bei Anglern und Wassersportlern anfragen und bitten, die App ausgiebig auf dem Wasser zu testen. Wir wollen die Stärken und Schwächen der Version herausfin- den und Verbesserungshinweise sammeln, um diese beim finalen Entwicklungsschritt mit berücksichtigen zu kön- nen. Mithilfe dieser Seekarten-App soll der Bootsführer jederzeit sehen, wo er sich auf dem Gewässer befindet und wie nah er sich zur Grenze eines geschützten Bereiches befindet. Zudem sollen Informationen zu Schutzgebieten und Regelungen für Angler nutzerfreundlich angezeigt werden. Ziel ist es, durch die verbesserte Orientierung auf dem Wasser und Informationsvermittlung den Nutzungsdruck auf die zu schützenden Rast- und Zuggebiete der Was- servögel des EU-Vogelschutzgebietes zu verringern.

Webseite

Die Internetseite des Projektes www.wwf.de/greifswalder-bodden wurde 2019 überarbeitet und aktualisiert. Dort stehen alle genannten Publikationen und Entwürfe des Projektes als Download zur Verfügung. Zusätzlich wird über unterschiedliche Schutzkategorien im Projektgebiet informiert. Alle Naturschutzgebietsverordnungen, bzw. die noch gültigen Behandlungsrichtlinien nach DDR-Recht, der Naturschutzgebiete (NSG) im Projektgebiet sind hier als PDF-Dateien zum Download zusammengestellt.

Führungen

Im Rahmen der Schutzgebietsbetreuung wurden unterschiedliche thematische Führungen und Vorträge durchge- führt. Die Veranstaltungen wurden überwiegend von Einheimischen besucht, die sich über aktuelle Entwicklungen im Naturschutzgebiet und allgemein im Naturschutz informieren wollten. Im Juni hat eine Ausfahrt ab Hafen Lau- terbach mit einer Schulklasse zum Großen Stubber im Greifswalder Bodden stattgefunden. Auf Anfrage wurde ein Vortrag zur aktuellen Situation der Eutrophierung im Bodden und der Ostsee erstellt und präsentiert.

Tab. 2 Führungen

Nr. Datum Ort Thema Führer

1 11.04.2019 Lauterbach Kegelrobben Hoffmann 2 22.05.2019 NSG Devin Freiwillige Vereinbarung Hoffmann 3 12.06.2019 NSG Niederhof Kormorankolonie Baier & Hoffmann

4 18.06.2019 Stubber Kegelrobben Ausfahrt Hoffmann

5 19.06.2019 Having Freiwillige Vereinbarung Hoffmann 6 13.11.2019 Bergen Eutrophierung der Bodden Hoffmann

8 WWF Deutschland – Ostseebüro Stralsund Betreuungsbericht Greifswalder Bodden 2019 2 Monitoring

2.1 Bootmonitoring der Freiwilligen Vereinbarung

In der Saison 2019 wurde über 120-mal das Bootmonitoring gemäß der „Freiwilligen Vereinbarung Naturschutz, Wassersport und Angeln im Greifswalder Bodden und Strelasund“ (s. Seekarte) rund um den Greifswalder Bodden durchgeführt (s. Anhang Übersicht Bootmonitoring). Davon wurden bei 96 (= 79%) Bootmonitorings Wasserfahr- zeuge erfasst und bei 25 (=21%) keine Nutzung der Wasserfläche beobachtet. 2019 wurden mit insgesamt 2172 Datenpunkten die zweitmeisten Daten seit Beginn des Monitorings erhoben (s. Tab. 6). 91% aller beobachteten Nutzer im FFH-Gebiet Greifswalder Bodden hielten sich an die Grenzen der Befahrensre- gelung der Freiwilligen Vereinbarung. 9% aller erfassten Nutzer verstießen in dieser Saison gegen die Regelungen. Im Vorjahr hielten sich 75% an die Vereinbarung und 25% der erfassten Nutzer fuhren in die vereinbarten be- schränkten Bereiche des Boddens. Somit wurden in diesem Jahr insgesamt 16% weniger Verstöße als im Vorjahr ermittelt. Mit der Abnahme der Verstöße befinden wir uns ca. 3% unter dem Jahresmittel von 12% des gesamten Monitoring-Zeitraumes 2006 bis 2018 (s. dazu 4.1 Erfolge und 4.2 Probleme). In der Tabelle 3 sind die Ergebnisse des Monitorings der letzten 14 Jahre in einer Darstellung zusammengefasst. In den folgenden Tabellen werden die Ergebnisse nach Nutzergruppen (Tab. 4) und Teilgebieten (Tab. 5) getrennt dargestellt. Hierbei bestätigt sich die Beobachtung der letzten Jahre, dass die Angler für einen Großteil der erfassten Verstöße verantwortlich waren: 2019 waren mit 62% mehr als die Hälfte aller Verstöße durch Angler verursacht worden. Das Ergebnis des Bootmonitorings 2019 wird zudem detailliert je Monitoring-Gebiet bei der Saisonauswertung im Frühjahr 2020 und die konfliktreichen Gebiete unter 4.2 dargestellt. Im Rahmen der Schutzgebietsbetreuung wird der direkte Kontakt mit den Wassersport- und Angelvereinen der Boddennutzer gesucht, insbesondere auch mit den Vereinen, die in der Umgebung der ermittelten konfliktreichen Bereiche ansässig sind. Das Bootmonitoring wurde 2019 durch Ranger des Biosphärenreservates Südost-Rügen (Having), den Natur- schutzgebietsbetreuer Ralf Birk (Schoritzer Wiek) und Bundesfreiwilligendienstleistende der Succow Stiftung (Koos) unterstützt.

Tab. 3 Einhaltung Freiwillige Vereinbarung 2006 bis 2019

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Tab. 4Einhaltung Freiwillige Vereinbarung nach Nutzergruppen

Tab. 5 Einhaltung Freiwillige Vereinbarung in den Teilgebieten

Tab. 6 Anzahl der Datenpunkte im Jahresvergleich 2006 bis 2019

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2.2 Monitoring von Zielarten des Schutzgebietes

Projekt Boddenhecht

2019 wurde das Projekt Boddenhecht initiiert. Das übergeordnete Projektziel ist, die Hechte in den Boddengewäs- sern Mecklenburg-Vorpommerns besser zu verstehen und künftig besser zu fördern. Wissenschaftliche Daten und Fakten zum Hecht und zur Hechtfischerei sollen zusammengetragen und Akteure - Fischer, Angler und Guides - ins Gespräch gebracht werden, um gemeinsam Wege zu finden, die Hechtbestände langfristig zu erhalten und zu entwickeln. Das Projekt wird vom Berliner Leibniz-Institut für Gewässerökologie und Binnenfischerei (IGB) in der Arbeits- gruppe Integratives Fischereimanagement von Prof. Dr. Robert Arlinghaus geleitet. Weiterer Forschungspartner ist das Institut für Fischerei der Landesforschungsanstalt für Landwirtschaft und Fischerei Mecklenburg-Vorpom- mern, Bearbeiter Carsten Kühn, in Rostock. Eine Arbeitsgruppe aus verschiedenen Interessenvertretern zur Entwicklung von Vorschlägen für die künftige Be- wirtschaftung der Boddenhechte ist im November 2019 gebildet worden. Ziel ist die gemeinsame Arbeit an der Zukunft des Boddenhechts und seiner fischereilichen Nutzung.

Weitere Informationen: https://www.ifishman.de/projekte/boddenhecht/uebersicht-boddenhecht/

Kegelrobben

2019 setzte sich der Trend der zunehmenden Kegelrobben-Sichtungen der letzten Jahre fort. Viele Kegelrobben wurden rund um die Greifswalder Oie und die Untiefe Großer Stubber beobachtet. 56 Individuen sind der maximal erfasste Wert auf dem Stubber am 01.03.2019 und 22.03.2019. Mehr als 100 Kegelrobben wurden um die Greifs- walder Oie gezählt (08.02.2019). Die Robben waren somit wesentlich früher im und vor dem Bodden als in den vergangenen Jahren. Mindestens 7 Jungtiere wurden 2019 an den Küsten M-Vs beobachtet. Das Deutsche Meeres- museum verzeichnete einen deutlichen Anstieg der Kegelrobbentotfunde im Vergleich zum Vorjahr. Im Januar 2019 nahm der WWF an Sektionen von Kegelrobben und Schweinswalen teil. Bei den Sektionen des Deutschen Meeresmuseums auf dem Dänholm werden alle eingesammelten Totfunde von Meeressäugetieren sys- tematisch untersucht. 3 Berichte zu den Saisonauswertungen

Die Saisonauswertungen der „Freiwilligen Vereinbarung Naturschutz, Wassersport und Angeln im Greifswalder Bodden und Strelasund“ betrachten jeweils das vergangene Kalenderjahr und werden jährlich nach Beendigung der Wassersport- und Angelsaison durchgeführt. Dazu lädt der WWF Vereine, Behörden, Marinas, Angel-Guides und Interessierte ein, um mit vielen Nutzern des Greifswalder Boddens ins Gespräch zu kommen und die Monito- ring-Ergebnisse des Bootmonitorings im Detail vorzustellen. Die Saisonauswertung wird jeweils an zwei Orten durchgeführt, damit die Teilnehmer eine kurze Anreise haben. 2019 wurde die Saisonauswertung der Saison 2018 zur freiwilligen Vereinbarung am 09.04.2019 in Lauterbach auf Rügen im Seminarraum der Marina „im jaich“ und am 10.04.2019 in Ortsteil Wieck im „Schilf- haus“ des Greifswalder Yachtclubs, jeweils um 18:00 Uhr durchgeführt. Teilgenommen haben Vertreter der

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Angel-, Kanu- und Segelvereine, der Kiter, der Fischereiaufsicht, der Wasserschutzpolizei und der Naturschutzbe- hörden. In Lauterbach informierte Thomas Heinicke vom Verein Naturschutzgesellschaft Küstenregion Vorpommern vorab über „Aktuelles aus den Küstenvogelbrutgebieten Süd-Rügens“ und präsentierte die Ergebnisse der Brutvo- gelerfassung vom Gustower Werder, Vogelhaken Glewitz und der Schoritzer Wiek. In Greifswald berichtete Dr. Nina Seifert von der Succow Stiftung vorab über „Aktuelles aus dem Küstenvogelbrutgebiet Karrendorfer Wiesen und der Insel Koos“. Im Anschluss wurden die Ergebnisse des Monitorings präsentiert (s. Betreuungsbericht 2018) und die erfassten Verstöße der Saison analysiert. Die Daten der Einzelgebiete wurden im Detail dargestellt und mit den Teilneh- mern diskutiert, wobei je Standort auf regionale Schwerpunkte eingegangen wird.

Folgende Themen wurden besprochen:

 Eine alljährliche Problematik wird angesprochen: viele Angler von „weit her“ kennen die Regeln der Frei- willigen Vereinbarung nicht, befassen sich auch nicht damit, obwohl es ihre gesetzliche Aufgabe wäre die Schutzgebiete zu kennen. Die Ausgabepraxis des Touristenfischereischein im M-V wird stark in Frage gestellt. Zukünftig soll die App helfen, auch Ortsfremde, einfacher über das Gebiet und die Regelungen zu informieren.  Es wird berichtet, dass „Sit on Top“ (SOT) Angelkajaks im Bereich Schaprode/Suhrendorf stark zuneh- men und als kritisch betrachtet werden. Beim Monitoring des Greifswalder Boddens sind die Angelka- jaks bisher noch nicht aufgefallen.  Bei der Information zur FFH-Managementplanung Greifswalder Oie wird der Nutzen eines fischerei- freien Gebietes rund um die Greifswalder Oie kontrovers diskutiert.  Die Angler berichten, dass zum Schutze des Hechtes die Schonzeit früher im Jahr beginnen sollte. Ham- burg habe die Schonzeiten angepasst und ein sogenanntes „Küchenfenster“ eingerichtet, d.h. Hechte un- ter 50cm und über 80cm müssen wieder frei gelassen werden. Der Landesanglerverband M-V könnte evtl. eine Umfrage unter den Mitgliedern durchführen. Anmerkung: Auf dem ersten Treffen der Arbeitsgruppe des Boddenhecht Projektes (s. 2.2) wurde der Vorschlag mit eingebracht.  Das Thema neue Winterlager wurde diskutiert. Aus Sicht der Fischereiaufsicht sei der Hafen Lauterbach sehr klein. Martinshafen, Hafen , Hafen Breege seien wichtige Standorte mit größerer Bedeu- tung und Handlungsbedarf. Es wäre anzustreben, die wichtigsten Häfen der Region in Betracht zu ziehen und eine einheitliche Winterlager-Regelung anzustreben.  In der Schoritzer Wiek wurde von der Unteren Naturschutzbehörde (UNB) ein Naturschutzgebiet-Schild mit einer Eule am südöstlichen Ufer aufgestellt, die zu sehen ist, wenn die Wiek mit dem Boot angefah- ren wird. Am Nordufer und den Westufern des Naturschutzgebietes fehlen noch Schilder.  Es wurde angemerkt, dass die Kontrollen und Bußgelder für Angler zu gering sind. Die Wasserschutzpo- lizei informiert über Personalmangel und die Priorität ihrer Aufgaben. Zudem wissen viele Angler und Jet-Ski Fahrer, wann die Polizei kontrolliert. Es würde begrüßt werden, wenn es mehr ehrenamtliche Fi- schereiaufseher gäbe und die Angler sich gegenseitig kontrollieren würden. Zudem müssten Natur- schutzgebiete wasserseitig besser ausgeschildert werden. Jedoch ist eine Betonnung der Gebiete aus Kos- tengründen nicht umsetzbar.  Auf der Insel Koos wurden neue Naturschutzgebiets-Schilder aufgestellt.  Information zum Hafen Ruden: Eine Sondergenehmigungs-Regelung für die Ausflugsschiffe für das An- legen im Hafen wird von der Eigentümerin Deutsche Bundesstiftung Umwelt (DBU) favorisiert, Sport- boote sollen zukünftig an dem geplanten Schwimmsteg nicht anlegen dürfen.  Hinweise von den Teilnehmern zu Themen, die in der App enthalten sein sollte: Zeichnung der Drop Shot Montage, aktuelle Gesetzgebungen, Ausgabestellen für Angelscheine, Informationen für auswärtige Angler. Käufer des Touristenfischereischeins sollten über die App informiert werden.

Wie im Vorjahr hat der Buchtranger der Wismarbucht 2019 an der Saisonauswertung in Greifswald und dem Treffen der Robbenschutz AG in Stralsund teilgenommen. Der Schutzgebietsbetreuer des Greifswalder Boddens hat an Treffen der Projektgruppe Wismarbucht in Wismar teilgenommen.

12 WWF Deutschland – Ostseebüro Stralsund Betreuungsbericht Greifswalder Bodden 2019 4 Erfolge und Probleme bei der Umsetzung der Freiwilligen Vereinbarung

4.1 Erfolge

Weniger Verstöße 2019

Insgesamt wurden 2019 mit 9% Verstößen insgesamt 16% weniger Verstöße als im Vorjahr erfasst. Dieser Wert ist auch 3 % unter dem Jahresmittel von 12 %. Jedoch ist bei diesen Daten zu berücksichtigen, dass eine größere Se- gelregatta mit ca. 80 Booten auf der Dänischen Wiek über zwei Tagen mit 1275 Datenpunkten und nur einem Ver- stoß enthalten ist. Wird diese Regatta herausgerechnet liegen die Verstöße insgesamt bei 22 % und somit mit 10 % deutlich über dem Jahresmittel. Daher ist der Rückgang der Verstöße größtenteils auf dieses Großereignis zurück- zuführen. Es sollte daher in Betracht gezogen werden, dass ohne dieses Großereignis, die Verstöße insgesamt wei- terhin weit über dem Jahresdurchschnitt der letzten 14 Jahre lagen und dieser Erfolg nur ein scheinbarer Erfolg ist. Unter 4.2 Probleme wird auf die Teilgebiete mit den meisten Verstößen eingegangen.

Robbenschutz Arbeitsgruppe M-V

Am 30.04.2019 organisierte das Deutsche Meeresmuseum (DMM) zusammen mit dem WWF das jährliche Treffen der Robbenschutz Arbeitsgruppe Mecklenburg-Vorpommern. Ein Rückblick auf das Robbenjahr wurde vom DMM vorgestellt (s. 2.2.). Ein Thema war die Modifizierung von Bügel- und Schwimmreusen mit einem nicht dehnbaren Ring, damit keine Robben mit den Reusen gefangen werden können. Die FIUM GmbH & Co KG informierte über den Stand der „Analyse der Ostsee-Kegelrobbenschäden und ihr Ein- fluss auf die Erträge der Kleinen Küstenfischerei des Landes M-V im Greifswalder Bodden“. Zudem wurde darüber informiert, dass nach langjähriger Vorarbeit nun durch das Umweltministerium in M-V ein Fachbeirat “Konfliktmanagement Fischerei und Kegelrobbe“ gebildet wurde, der zukünftig die Herausforderungen bearbeiten wird, die im Zusammenhang mit der Rückkehr der Kegelrobbe stehen. Die Arbeitsschwerpunkte dieses Beirates sind das Schadensmanagement Fischerei, technologische Lösungen für die Reduktion von Schäden und Beifang sowie ein umfassendes Robbenmonitoring.

Fishing Masters Show, Stralsund

Am 22.-23. Juni 2019 fand im Stralsunder Hafen die Fishing Masters Show statt. Dies ist eine der größten deut- schen Angelveranstaltungen, die jedes Jahr an einem anderen Ort in Deutschland von einem Verlag einer Angel- zeitschrift organisiert wird. An dem Wochenende flanierten ca. 20.000 angelinteressierte Zuschauer über die Stralsunder Hafeninsel. Der WWF nutze die Gelegenheit und stellte kostenlos, dank des Veranstalters, einen Stand in einem der Verkaufszelte auf. Hier konnte in vielen Gesprächen mit Anglern, Bootsfahrern und Vereinen über die Freiwillige Vereinbarung im Greifswalder Bodden und deren Naturschutzaspekte informiert werden. Die Angelbroschüre, die Seekarten der Freiwilligen Vereinbarung und des Schatzküste-Projektes stießen auf großes Interesse.

Abb. 9 Felix Bügler (FÖJ) auf der Fishing Masters Show

Naturschutzgebiet-Schilder Schoritzer Wiek

Um die Grenzen des Naturschutzgebiets „Schoritzer Wiek“ besser vom Boot aus erkennen zu können, wurden in Zusammenarbeit mit Ralf Birk drei Naturschutzgebiets-Schilder aufgestellt. Das vierte Schild wurde von der Un- teren Naturschutzbehörde (UNB) aufgestellt - mit dem Hinweis „Surfen verboten“. Die Schilder stehen im Norden

13 WWF Deutschland – Ostseebüro Stralsund Betreuungsbericht Greifswalder Bodden 2019

im Bereich von Groß Schoritz und der Silmenitzer Heide und im Süden im Bereich des Heidekaten und des Pritz- walder Sandhakens. Sie markieren die Stelle, an der die Schutzgebietsgrenze die Uferlinie kreuzt. Somit ist es jetzt einfacher, vom Wasser aus zu peilen, ob sich ein Boot innerhalb oder außerhalb des Naturschutzgebietes befindet, d.h. wo geangelt und wo nicht geangelt werden darf.

Abb. 10 Naturschutzgebiet-Schilder Ufer Groß Schoritz und Silmenitzer Heide

Abb. 11 Naturschutzgebiet-Schilder Ufer Heidekaten und Sandhaken

Hinweis-Schild für Angler – Schoritzer Wiek

Im Bereich der Schoritzer Wiek werden immer wieder Verstöße gegen das Angelverbot innerhalb des Natur- schutzgebiets erfasst. Um vor Ort leicht verständlich über die Angelregelungen zu informieren, wurde ein zwei- sprachiges Hinweisschild mit den Grenzen des Naturschutzgebietes entworfen und viermal gedruckt. Der Entwurf wurde mit der Unteren Naturschutzbehörde (UNB) Vorpommern-Rügen und dem zuständigen Staatlichen Amt für Landwirtschaft und Umwelt (StALU) Vorpommern abgestimmt. Die Tafeln werden im Frühjahr in Zusam- menarbeit mit Ralf Birk an Parkplätzen und im Empfangsbereich des Campingplatzes Pritzwald aufgestellt. So können Anwohner und auch Gäste sich mit einem Blick informieren, wo in der Bucht geangelt werden darf.

Abb. 12 Hinweis-Schild für Angler der Schoritzer Wiek

14 WWF Deutschland – Ostseebüro Stralsund Betreuungsbericht Greifswalder Bodden 2019

4.2 Probleme

Verstöße 2019

Insgesamt wurden 2019 nur 9% Verstöße erfasst. Jedoch erhöht sich der Anteil der Verstöße auf 22%, wenn eine Segel-Regatta von einem Wochenende am 11. und 12.05.2019 in der Dänischen Wiek nicht mit eingerechnet wird. Mit 65% haben die Angler einen großen Anteil aller erfassten Verstöße und bleiben weiterhin im Fokus beim Moni- toring der Freiwilligen Vereinbarung. Die Saison 2019 war wieder ein Jahr mit überdurchschnittlich vielen Sonnenstunden, hohen Temperaturen und geringem Niederschlag. Die damit einhergehende hohe touristische Auslastung der Küstenregion führte zu insge- samt mehr Personen an den Küsten mit einer längeren Verweildauer an und auf dem Wasser und dementsprechend vielen Wasserfahrzeugen in der Nähe der sensiblen Gebiete. Folgend werden die drei Teilgebiete mit den verhältnismäßig höchsten Verstoß-Anteilen angeführt: die Schoritzer Wiek mit 100%, die Puddeminer Wiek mit 83% und die Wamper Wiek mit 67 %. Anmerkung: Die Kemlade wird hier nicht berücksichtigt, da nur ein einzelnes Boot erfasst wurde (s. Tab. 5).

Schoritzer Wiek

Tab. 7Einhaltung Vereinbarung Schoritzer Wiek

2019 wurden 100% der im Rahmen des Bootmonitorings erfassten Angler innerhalb des Naturschutzgebietes Scho- ritzer Wiek angetroffen. Gemäß der geltenden Behandlungsrichtlinie ist hier das Töten von Tieren verboten und das bedeutet, dass das Angeln innerhalb der Grenzen des Naturschutzgebietes der Schoritzer Wiek nicht gestattet ist. Es fuhren immer wieder Boote zum Angeln in das Schutzgebiet. Das stetige Angeln, insbesondere im Herbst, stellt eine ständige Störung für die rastenden Wasservögel in diesem hochsensiblen Gebiet dar. Der Betreuer der Natura 2000 Kernzone Ralf Birk führte 2019 mit dem Boot des StALU auf der Wiek Kontrollen durch. Am Ufer der Schoritzer Wiek wurden Schilder mit der Naturschutz-Eule aufgestellt, damit die Grenzen des Naturschutzgebietes auch besser vom Wasser aus zu erkennen sind (s. 4.1). Zudem wurde für eine Slipstelle und einen Parkplatz ein Schild entworfen, auf dem kurz und klar mittels einer Karte die Angelregelungen für die gesamte Bucht dargestellt werden (s. Abb. 12).

Abb. 13 Angler im NSG Schoritzer Wiek

Foto: Florian Hoffmann, 25.09.2019 Foto: Leon Bachhausen, 30.10.2019

15 WWF Deutschland – Ostseebüro Stralsund Betreuungsbericht Greifswalder Bodden 2019

Puddeminer Wiek

Tab. 8 Einhaltung Vereinbarung Puddeminer Wiek

In der Puddeminer Wiek sind die Angler mit 92% Verstößen überwiegend in den roten Bereichen erfasst worden. Es wurde außerhalb der Fahrrinne nahe am Schilfufer geangelt. In der Puddeminer Wiek ist der nördliche Teil ge- mäß der Freiwilligen Vereinbarung nur in der Fahrrinne befahrbar. Das Monitoring in der Puddeminer Wiek fand überwiegend im Frühjahr und Herbst statt. In diesem Gebiet sollte über die Angelvereine versucht werden die Einsicht der Angler zu fördern, aus Überzeu- gung dieses Gebiet - insbesondere zu den Zugzeiten - weniger zu frequentieren, um die Störungen für die rasten- den Vögel zu verringern.

Abb. 14 Angler auf der Puddeminer Wiek

Foto: Leon Bachhausen, 18.10.2019

Wamper Wiek

Tab. 9 Einhaltung Vereinbarung Wamper Wiek

In der Bucht gegenüber von Stralsund, in der Wamper Wiek, sind die Angler mit 75% Verstößen überwiegend in den roten Bereichen erfasst worden. Es wurde nahe am Schilfufer im Frühjahr und Herbst geangelt, wenn gemäß der Freiwilligen Vereinbarung kein Befahren der Schilfbereiche zulässig ist (Befahrbar vom 01. Mai bis 30. Septem- ber). Insbesondere zu den Vogelzugzeiten im Frühjahr und Herbst wird die Bucht von Tauchenten, Gänsen und Schwänen als Rast- und Nahrungsgebiet genutzt. Auch hier gilt die Freiwillige Vereinbarung, in dieser Zeit die fla- chen Uferbereiche nicht zu befahren, um die Störungen für die rastenden Vögel zu verringern.

16 WWF Deutschland – Ostseebüro Stralsund Betreuungsbericht Greifswalder Bodden 2019

Zunahme von Campingbussen

2019 wurden viele Campingbusse an verschiedenen Uferbereichen erfasst. Es besteht ein Trend, dass die Fahr- zeuge immer größer werden. In Internet-Foren und Apps wird sich über Stellplätze ausgetauscht. Zum Beispiel ist unter www.park4night.com eine Karte zu finden, in der jeder Nutzer einen Stellplatz hinzufügen kann. Hier ist am Boddenufer bei Rosengarten ein Parkplatz aufgeführt mit den Hinweisen: „Schöner Platz am Wasser, Preis der Dienstleistungen: keine, geöffnet: immer“. Somit werden abgelegene illegale Stellplätze einer breiten Öffentlich- keit zur Verfügung gestellt. Die Anzahl der Wagen nimmt zu, da so auch Ortsfremde auf diese Weise an entlegene Stellen geleitet werden.

Abb. 15 Ufer Rosengarten in park4night.com

Karte: park4night.com Foto: park4night.com

Am Strand an der Stresower Bucht bei Neu Reddevitz standen 2019 häufig Campingbusse. Die Camper wurden mehrmals im Jahr darauf hingewiesen, dass das Übernachten an diesem Ufer nicht erlaubt ist. Da in dieser Saison zahlreiche Camper erfasst wurden, die über mehrere Tage parkten, wird die Gemeinde Lancken-Granitz Maßnah- men ergreifen, dieser Entwicklung entgegen zu steuern.

Abb. 16 Campingbusse am Strand von Neu Reddevitz

Foto: 01.06.2019

17 WWF Deutschland – Ostseebüro Stralsund Betreuungsbericht Greifswalder Bodden 2019 5 Anhang

5.1 Übersicht Bootmonitoring

Tab. 10 Übersicht Bootmonitoring (inkl. ohne Bootsichtungen)

Nr. Datum Beginn Ende Gebiet 1 14.01.2019 10:30 11:00 Having 2 14.01.2019 12:00 13:30 Having 3 21.01.2019 10:00 11:30 Having 4 21.01.2019 09:00 09:30 Having 5 04.03.2019 11:00 12:30 Having 6 04.03.2019 09:00 09:30 Having 7 19.03.2019 13:00 16:00 Wamper Wiek 8 22.03.2019 10:00 11:30 Deviner See 9 25.03.2019 11:30 13:00 Puddem. Wiek 10 03.04.2019 10:00 10:30 Having 11 03.04.2019 12:00 13:30 Having 12 09.04.2019 13:30 15:00 Deviner See 13 09.04.2019 14:00 15:00 Gustower Wiek 14 09.04.2019 15:00 16:30 Puddem. Wiek 15 25.04.2019 10:00 10:00 Schoritzer Wiek 16 27.04.2019 12:00 14:00 Koos 17 27.04.2019 14:30 14:45 Wamper Wiek 18 03.05.2019 15:30 15:30 Schoritzer Wiek 19 04.05.2019 08:00 11:30 Koos 20 06.05.2019 15:00 15:15 Deviner See 21 11.05.2019 14:00 15:30 Dän. Wiek 22 12.05.2019 11:00 12:30 Dän. Wiek 23 14.05.2019 15:00 17:00 Puddem. Wiek 24 17.05.2019 14:30 16:00 Deviner See 25 17.05.2019 14:30 16:00 Gustower Wiek 26 17.05.2019 14:15 14:30 Wamper Wiek 27 20.05.2019 15:15 17:00 Gustower Wiek 28 20.05.2019 15:15 17:00 Deviner See 29 27.05.2019 12:00 13:30 Having 30 27.05.2019 09:45 10:45 Having 31 30.05.2019 13:30 14:30 Koos 32 03.06.2019 11:30 13:00 Having 33 03.06.2019 10:00 10:30 Having 34 05.06.2019 12:00 13:00 Deviner See 35 05.06.2019 15:00 15:45 Dän. Wiek 36 05.06.2019 15:00 15:45 Ludw. Haken 37 06.06.2019 12:00 14:45 Dän. Wiek 38 06.06.2019 12:00 14:45 Struck 39 06.06.2019 12:00 14:45 Großer Wotig 40 06.06.2019 12:00 14:45 Ludw. Haken

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Nr. Datum Beginn Ende Gebiet 41 08.06.2019 18:00 18:15 Deviner See 42 08.06.2019 14:00 14:00 Schoritzer Wiek 43 14.06.2019 11:30 13:00 Having 44 14.06.2019 10:00 10:30 Having 45 14.06.2019 15:30 15:30 Schoritzer Wiek 46 24.06.2019 10:45 12:30 Having 47 28.06.2019 13:15 14:00 Deviner See 48 28.06.2019 13:15 14:00 Gustower Wiek 49 01.07.2019 09:15 10:45 Having 50 03.07.2019 12:00 13:30 Having 51 03.07.2019 10:00 10:30 Having 52 08.07.2019 12:00 13:30 Having 53 08.07.2019 09:00 09:30 Having 54 09.07.2019 11:00 11:00 Schoritzer Wiek 55 10.07.2019 14:00 14:30 Dän. Wiek 56 10.07.2019 14:00 14:30 Ludw. Haken 57 10.07.2019 14:00 14:30 Koos 58 16.07.2019 11:00 12:30 Having 59 16.07.2019 09:00 09:30 Having 60 05.08.2019 11:30 13:00 Having 61 05.08.2019 13:30 14:00 Having 62 08.08.2019 13:30 14:00 Having 63 08.08.2019 11:30 13:00 Having 64 08.08.2019 11:30 13:00 Having 65 14.08.2019 11:00 12:30 Having 66 14.08.2019 09:30 10:00 Having 67 21.08.2019 09:45 11:15 Having 68 21.08.2019 08:30 09:00 Having 69 26.08.2019 11:30 12:00 Dän. Wiek 70 26.08.2019 14:00 14:30 Ruden 71 26.08.2019 09:15 10:45 Having 72 26.08.2019 08:00 08:30 Having 73 29.08.2019 09:00 10:30 Having 74 13.09.2019 18:00 18:00 Schoritzer Wiek 75 14.09.2019 11:30 11:30 Schoritzer Wiek 76 19.09.2019 11:00 11:00 Schoritzer Wiek 77 19.09.2019 09:30 11:00 Having 78 22.09.2019 10:30 10:30 Schoritzer Wiek 79 23.09.2019 10:15 11:45 Having 80 23.09.2019 09:00 09:30 Having 81 28.09.2019 17:00 17:00 Schoritzer Wiek 82 02.10.2019 12:00 13:30 Deviner See 83 02.10.2019 08:45 09:30 Deviner See 84 02.10.2019 09:00 09:30 Having 85 02.10.2019 11:00 12:30 Having

19 WWF Deutschland – Ostseebüro Stralsund Betreuungsbericht Greifswalder Bodden 2019

Nr. Datum Beginn Ende Gebiet 86 04.10.2019 11:15 13:00 Deviner See 87 06.10.2019 09:30 09:30 Schoritzer Wiek 88 07.10.2019 13:00 15:00 Dän. Wiek 89 08.10.2019 13:00 14:30 Wampener Riff 90 09.10.2019 13:30 15:00 Wampener Riff 91 09.10.2019 09:30 09:30 Schoritzer Wiek 92 10.10.2019 14:30 16:00 Dän. Wiek 93 11.10.2019 11:30 13:00 Deviner See 94 13.10.2019 15:30 17:00 Ludw. Haken 95 13.10.2019 11:00 11:00 Schoritzer Wiek 96 14.10.2019 11:30 13:00 Wamper Wiek 97 14.10.2019 13:30 15:00 Gustower Wiek 98 15.10.2019 16:00 16:00 Schoritzer Wiek 99 16.10.2019 12:30 14:00 Schoritzer Wiek 100 16.10.2019 12:30 14:00 Schoritzer Wiek 101 17.10.2019 14:45 16:15 Koos 102 18.10.2019 11:45 13:15 Puddem. Wiek 103 21.10.2019 10:00 11:30 Having 104 21.10.2019 08:45 09:30 Having 105 21.10.2019 14:45 16:15 Ludw. Haken 106 21.10.2019 14:45 16:15 Dän. Wiek 107 22.10.2019 12:45 13:45 Puddem. Wiek 108 22.10.2019 14:00 14:30 Gustower Wiek 109 22.10.2019 11:15 12:15 Schoritzer Wiek 110 24.10.2019 14:00 16:15 Deviner See 111 25.10.2019 11:45 13:15 Gustower Wiek 112 25.10.2019 13:30 14:30 Wamper Wiek 113 28.10.2019 14:15 15:45 Ludw. Haken 114 29.10.2019 15:00 15:45 Deviner See 115 29.10.2019 16:00 16:30 Nördl. Devin 116 30.10.2019 11:45 12:45 Schoritzer Wiek 117 30.10.2019 13:00 14:15 Puddem. Wiek 118 30.10.2019 14:30 14:45 Wamper Wiek 119 13.11.2019 09:30 11:00 Having 120 14.11.2019 14:30 15:30 Dän. Wiek 121 14.11.2019 14:30 15:30 Ludw. Haken

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5.2 Verteilerliste Faltblatt und Angelbroschüre Greifswalder Bodden

Tab. 11 Verteilerliste „Greifswalder Bodden in deiner Hand“

Angelerlaubnis-Ausgabestelle Ort Straße Kurverwaltung Altefähr Altefähr Am Fährberg 9 Amt Mönchgut-Granitz Baabe Göhrener Weg 1 Amt Bergen auf Rügen Bergen Markt 5-6 Angelverein Zum Kormoran e.V. Brandshagen Boddenring 22 Kurverwaltung Gager Gager Zum Höft 15a Amt Bergen auf Rügen – Büro Garz Lindenstr.5 Kurverwaltung Göhren Göhren Poststr. 9 Angelverein Sturmvogel Lubmin e.V. Greifswald Bergweg 16 a Hagen´s Angelshop Greifswald Lomonossowallee 58 Hansestadt Greifswald Greifswald Markt 15 Universitätsangelsportverein Greifswald e.V. Greifswald Dubnaring 8a im-jaich Naturoase Gustow Gustow Drigge 1 KAV e.V. Gützkow August-Bebel-Str. 39 Kurverwaltung Gemeinde Karlshagen Karlshagen Hauptstr. 4 Marina Kröslin GmbH Kröslin Hafenstr. 9 Angelparadies- Vorpommern Lauterbach Hafenstr. 11b Edeka V. Preller GmbH & Co. KG Lauterbach Chausseestr. 8 Marina Im Jaich Lauterbach Am Yachthafen 1 Angelverein Ortsgruppe Greifswald e.V. Lubmin Am Walde 8 Kurverwaltung Gemeinde Seebad Lubmin Lubmin Freester Str. 8 Kurverwaltung Middelhagen Middelhagen Dorfstr. 4 Sund-Angler Neuhof Am Strelasund 1 Backshop & Angelbedarf Peenemünde Hauptstr. 33 Halbinsel Betriebsgesellschaft mbH Peenemünde Fährstrasse 9 Biosphärenreservatsamt Südost-Rügen Circus 1 Angelverein Möve e.V. Sellin Kiefernweg 13 Hafen Seedorf Sellin Seedorf 12a Kurverwaltung Sellin Sellin Warmbadstr. 4 Bootsverleih Stahlbrode Stahlbrode Wiesengrund 2 Angel Joe GbR Stralsund Greifswalder Chaussee 4 Angelservice Ullrich Stralsund Wasserstr. 63 Angelsportverein Drigge e.V. Stralsund Beethovenstr. 2 Aral Tankstelle Sedata T.S.G. Stralsund Greifswalder Chaussee 62d Fisherman´s in Stralsund GmbH Stralsund Albert-Schweitzer-Str. 16 SAV Voigdehäger See Stralsund e.V. Stralsund Lübecker Allee 29 Smutje’s – Bistro am Sund Stralsund Liebitzweg 22 Tourismuszentrale Hansestadt Stralsund Stralsund Alter Markt 9 Kurverwaltung Thiessow Thiessow Hauptstr. 36 Kurverwaltung Thiessow - Campingplatz Thiessow Hauptstr. 4 Kurverwaltung Ostseebad Trassenheide Trassenheide Strandstr. 36 Angelverband Zieserberg e.V. Wolgast An den Anlagen 4 Meier´s Anglerladen Wolgast Lange Str. 5

Quelle der Ausgabestellen: LALLF Adressliste der Ausgabestellen von Angelerlaubnissen für Küstengewässer M-V https://www.lallf.de/fischerei/angelfischerei/angelerlaubnis/

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5.3 Pressespiegel

Kegelrobben sind zurück in der Ostsee, MDR AKTUELL Radio, 08.01.2019

https://www.mdr.de/mediathek/infothek/audio-929690.html

Radiosendung des MDR: Kegelrobben sind zurück in der Ostsee. Biologe Florian Hoffmann vom WWF Stralsund Von Camillo Schumann

Die Robben sind wieder da, SÜDKURIER, 17.01.2019

Kegelrobben kehren in deutsche Ostsee-Gewässer zurück. Die Raubtiere machen den Fischern Konkurrenz. Doch die Verluste sind derzeit noch überschaubar

Bild: Ute Schönlein

Furchterregend wirkt das größte Raubtier Mitteleuropas nicht. Eher kommt es als gemütlicher Typ rüber, wenn es dösend am Strand liegt. Und das mitten im Winter. Aber gegen kalte Nordwinde kann sich die Kegelrobbe in einen vier Zentimeter dicken Speckmantel mümmeln. Eine solche Isolierschicht wärmt auch bei der Arbeit im Meer. Dort wandelt sich der gemütliche Strandurlauber in ein Raubtier, das unter Dorschen und anderen Fischen Schrecken

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verbreitet. Das ärgert die Fischer. Wird die Kegelrobbe quasi zum neuen Wolf der Ostsee, den man dort nicht sehen möchte? So wie sich Deutschlands Schäfer und Nutztierhalter zu Wolfs-Skeptikern entwickelt haben? So wie die Fischer am Bodensee den Kormoran als Konkurrenten fürchten? Die Gefahr besteht. Schließlich wandern jeden Tag fünf bis zehn Kilo Fisch oder andere Meeresbewohner in den Magen einer Kegelrobbe. Nach dem Fang schwimmen die Raubtiere zurück an den Strand, um den Verdauungs- schlaf zu halten. Den genießen sie zunehmend häufiger vor deutschen Küsten.

Kegelrobben haben einen triftigen Grund, ihr Nickerchen möglichst an Stränden zu halten, die menschenleer sind. Noch vor 100 Jahren zahlten die preußischen Behörden Kopfprämien für jedes erlegte Tier, weil die Fischer sich beklagten, dass Kegelrobben ihnen den Fang streitig machen. 1927 wurde die Jagd zwar verboten. Allerdings war die letzte Kegelrobbe an der Küste Vorpommerns bereits 1920 erlegt worden und die Art galt dort seither als aus- gestorben.

Wer ist der größte Räuber? Sachlich haben die Fischer recht. Kegelrobben fressen Fische. Allerdings viel weniger, als die Fischer befürchten: In den Boddengewässern von Mecklenburg-Vorpommern erwischen Kegelrobben ein Prozent der Fische, während Seevögel die fünffache Menge schlucken. Acht Prozent holen Angler, Berufsfischer erwischen mit 22 Prozent den Löwenteil. Der Anteil der Kegelrobben fällt also kaum ins Gewicht. Das mussten auch die Fischer an der Ostsee erfahren: „Als die Kegelrobben und Seehunde von den deutschen Küs- ten verschwanden, erholten sich die Fischbestände nicht“, erklärt Michael Dähne, der als Zoologe am Deutschen Meeresmuseum in Stralsund für Meeressäuger zuständig ist.

Nach 1945 setzten Schadstoffe wie das Insektizid DDT und der Weichmacher PCB den Kegelrobben zu, die wurden ein weiteres Mal massiv dezimiert. 1980 waren von rund 100 000 Kegelrobben, die um 1900 in der Ostsee lebten, noch 2500 Tiere übrig. Seitdem ist die Art streng geschützt und erholt sich. Da in Großbritannien viele Kegelrobben überlebten, erreichen die Raubtiere von dort wieder die deutsche Nordseeküste. Spätestens 1983 kam wieder ein Kegelrobben-Baby im Wattenmeer zur Welt. 1993 verbuchen die Heimkehrer mit der ersten Geburt auf der Düne der Insel Helgoland den nächsten Erfolg.

Zuwachs im Wattenmeer „Heute leben wieder 6000 Kegelrobben zwischen den Niederlanden und Dänemark an der Nordseeküste und sind in Deutschland durch die Wattenmeer-Nationalparke geschützt“, erklärt Hans-Ulrich Rösner, der in Husum das Wattenmeer-Büro der Naturschutzorganisation WWF leitet. Allein auf der Düne von Helgoland erblickten im Win- ter 2018/19 bereits mehr als 400 Robben das Licht der Welt. Weitere Liegeplätze gibt es vor Juist und vor Amrum. „Für den Naturschutz ist diese Rückkehr des größten Raubtiers in Mitteleuropa ein toller Erfolg“, freut sich Hans- Ulrich Rösner. Das gilt vor allem für die Nordsee. In der Ostsee lebt eine andere Unterart der Kegelrobben, deren Situation sich von der westlichen Verwandtschaft unterscheidet. Im Osten haben sich die Bestände zwar auf 30 000 Kegelrobben erholt. Die deutschen Ostsee-Gewässer ließen die Meeressäuger aber lange links liegen. Erst 2004 tauchten die ersten Kegelrobben zwischen Rügen und Greifswald auf. Heute leben zwar einige Tiere um die Insel Rügen. Mehr als 100 Kegelrobben sind vor den deutschen Ostseeküsten dagegen nur selten. Bei den Kegelrobben beliebt ist der „Große Stubber“. Das war eine Insel im Greifswalder Bodden. Dort lagen die Raubtiere schon im Mittelalter. Als im 19. Jahrhundert der „Große Stubber“ als Kiesgrube für den Straßenbau her- halten musste, ging es mit der Insel zu Ende: Um 1950 war der Große Stubber versunken, nur bei Niedrigwasser taucht dort heute noch eine Sandbank auf. Da Kegelrobben bei der Rast nur ihren Kopf aus dem Wasser heben müssen, taugt die frühere Insel aber noch immer als Ruheplatz. Nur ihre Jungen können die Weibchen dort nicht mehr zur Welt bringen. Tragen die zehn Kilogramm schweren Tiere doch ein weißes Lanugo-Fell. Das hält die kleinen Robben zwar warm, ist aber nicht wasserdicht. Also suchen die Weibchen sich im späten Winter einen Kiesstrand als Kinderstube, manchmal tut es auch eine stabile und große Eisscholle. Strände gibt es auf Rügen und auf dem Festland zwar zur Genüge. Meist sind dort aber Menschen. Und da den Ostsee-Kegelrobben die Erinnerung an die Beinahe-Ausrottung offensichtlich tief in den Gliedern sitzt, su- chen die Mütter sich eine ruhigere Küste, die sie in Schweden oder Dänemark finden. Die 100 Kilometer dorthin sind für sie nur eine Tagesstrecke.

Angriff aufs Fischernetz Dort kommen die Kleinen zur Welt. In gerade einmal drei Wochen päppeln ihre Mütter sie mit ihrer extrem fetten Milch von zehn auf 40 Kilo Gewicht auf. Die Kleinen wechseln ihr Fell und jagen selbst. Mit ihren „Barthaaren“ spüren Robben winzige Wasserturbulenzen, die Fische 40 Meter entfernt auslösen. Die Kegelrobben finden so

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genug Fische. Und das notfalls auch in den Stellnetzen der Fischer. Um dort an die Mahlzeit zu kommen, zerreißen die Tiere schon mal ein Netz, was dessen Besitzer ärgert. Die Tiere scheinen sich um den Widerstand einiger Fischer wenig zu scheren. Am 8. März 2018 lieferte ein Weib- chen weit im Norden der Insel Rügen einen Beweis, dass Kegelrobben auch an der deutschen Ostseeküste wieder zuhause sind: Sie brachte ein 12,5 Kilo schweres Junges zur Welt. Das Männchen starb zwar kurz darauf. Aber es war der erste Nachweis eines Kegelrobben-Nachwuchses an der deutschen Ostseeküste seit 100 Jahren. Ein paar Tage später wurde am Strand von Usedom ein Robbensäugling entdeckt. Zwar starb auch dieses Baby. „Aber an einem der im Winter oft menschenleeren Kiesstrände auf Rügen wird bald eine weitere Kegelrobben-Kinderstube auftauchen, die mehr Erfolg als 2018 haben kann“, vermutet der Zoologe Michael Dähne.

Wo überall Robben unterwegs sind  Kegelrobbe: Sie ist die schwerste der mitteleuropäischen Robben-Arten. Männchen können bis zu 350 Kilo wiegen, Weibchen bis zu 250 Kilo. 30 000 Tiere der Ostsee-Unterart leben heute wieder in der Ostsee, allerdings erreichen die Männchen kaum mehr als 250 Kilo. Von der Atlantik-Unterart sind derzeit rund 6000 im Wattenmeer der Nordsee zwischen den Niederlanden und Dänemark sowie bei Helgoland und weitere rund 40 000 Tiere an der Küste der Britischen Inseln zuhause. Daneben liegen Kegelrobben dieser Unterart auch an den Stränden Skandinaviens, Islands und der nordamerikanischen Atlantikküste.  Ringelrobben: Sie sind Tiere der Arktis und werfen ihre Jungen in Schneehöhlen auf dem Eis. Daher kommt diese bis zu 100 Kilo schwere Art nur im nördlichen und östlichen Bereich der Ostsee vor. Jagd und Umweltgifte, aber auch der Klimawandel haben die Ringelrobben stark dezimiert. Heutzutage leben in der Ostsee wieder rund 10 000 Tiere.  Seehunde: Sie stellen die dritte Robben-Art in Mitteleuropa. Mit einem Gewicht von bis zu 150 Kilo liegen sie zwischen Ringel- und Kegelrobben. Allein im Wattenmeer zwischen den Niederlanden und Dänemark leben heute wieder rund 40 000 Seehunde. Von der Nordsee sind sie auch in die Ostsee eingewandert. Weltweit soll es bis zu einer halben Million See- hunde geben.  See-Elefant: Das Tier ist mit einer Länge von 6,50 Metern und einem Gewicht von bis zu 3,5 Tonnen die größte Robbenart. Allerdings wiegen die Weibchen nur 900 Kilo und wirken so neben den Männchen wie Zwerge. Es gibt zwei Arten, von denen die größeren See-Elefanten an den Stränden der Inseln um die Antarktis und zum Teil in der Antarktis selbst leben. Auf ihren Wanderungen erreichen sie die Küsten Neuseelands, Australiens, Südafrikas und Süd- amerikas. Die Nördlichen See-Elefanten sind kleiner und wandern an der Pazifikküste Nordamerikas entlang bis nach Alaska.  Mittelmeer-Mönchsrobbe: Sie ist vom Aussterben bedroht. Die wichtigste Kolonie der bis zu 2,40 Meter langen und 280 Kilo schweren Tiere liegt im Meeres-Nationalpark Alonnisos- Nördliche Sporaden in griechischen Gewässern. Weitere Tiere leben an der türkischen, kro- atischen und tunesischen Küste, sowie im Nordatlantik vor Marokko. Roland Knauer

Fischer im Konflikt mit den Robben, OSTSEE-ZEITUNG, 04.02.2019 Fischer und Robben sind Jagdkonkurrenten. Mit dem Anstieg der Robbenzahlen nehmen die Schäden zu.

Quelle: Ralf Limbach

Freest. Die Rückkehr der Robben wird von den heimischen Fischern kritisch bewertet. Sie sehen in den Meeressäu- gern einen Jagdkonkurrenten, weil er im Frühjahr den Heringsschwärmen in die küstennahen Gewässer folgt. „Mit der steigenden Zahl der Robben haben die Fraßschäden deutlich zugenommen“, sagt der Chef der Freester Küsten- fischer, Michael Schütt. „Wir fordern deshalb Entschädigungszahlungen für entgangene Fänge und zerstörte Netze.“ Eine weitere Forderung der Fischer, eine Obergrenze für den Robbenbestand, wird von Umweltverbänden und Meeresmuseum vehement abgelehnt. Robben gehören zu den streng Dennoch müssen Lösungen her. „Es muss

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ein Weg gefunden werden, der Robben und Fischern das Leben ermöglicht“, sagt Meeressäuger-Kurator Dähne. Das Institut für Fisch und Umwelt (FIUM) erfasst im Auftrag des Landes seit 2018 die Schäden durch Robbenfraß. Der WWF hat dem Land einen Vorschlag für einen Managementplan unterbreitet, um das Miteinander von Robben und Fischern zu regeln. Das Land will jedoch zunächst die Ergebnisse des FIUM abwarten. Martina Rathke

Neuer Konflikt um Greifswalder Bodden, OSTSEE-ZETUNG, 20.02-2019

Jetzt wird es ernst für Fischer: Nach dem Schutzstatus kommen jetzt die Schutzmaßnahmen

Kegelrobben im Greifswalder Bodden Quelle: DMM Stralsund

Lubmin. Das Vorhaben birgt Konfliktstoff: Für ein knapp 40 000 Hektar großes Seegebiet zwischen Rügen und Usedom erarbeitet das Land derzeit einen Schutzplan. Konkret geht es um die von Sandbänken und Riffen geprägte Region der Boddenrandschwelle und Teile der Pommerschen Bucht. Das Gebiet zählt zu den wichtigen Fanggebie- ten der pommerschen Fischer und wird industriell stark genutzt. Durch die Boddenrandschwelle, die als natürliche Barriere den Greifswalder Bodden von der Ostsee trennt, verlaufen die Pipelinerohre der beiden Nord-Stream- Trassen und die Stromleitungen für die Offshore-Windparks vor Rügen. Erste Überlegungen für den Management- plan will das zuständige Staatliche Amt für Umwelt und Natur Westmecklenburg (StALU) am 26. Februar in Lub- min präsentieren. Bereits im September soll er in Kraft treten.

Das Gebiet wurde zwar bereits vor etwa zehn Jahren zum Schutzgebiet erklärt, war aber weitgehend ein Papiertiger. Es fehlte dort - wie auch in anderen FFH-Gebieten – an konkreten Maßnahmen. Im Jahr 2015 rügte deshalb die EU-Kommission Deutschland und leitete ein Vetragsverletzungsverfahren ein. Seitdem arbeiten auch Landesbe- hörden verstärkt an Managementplänen.

Die Fischer konnten mit der bisherigen Situation ganz gut leben, fürchten angesichts bestehender Konflikte mit Kegelrobbe und Schweinswal nun aber Konsequenzen. Denn diese Meeressäuger werden neben dem Seehund sowie

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den Fischarten Finte, Ostseestör, Flussneunauge und Meerneunauge als besonders schützenswerte Arten für das Schutzgebiet geführt. „Unsere Fischer hatten Angst, dass es zu Gebietsschließungen kommt“, sagt der Chef der Fi- schereigenossenschaft Freest, Michael Schütt. Mitarbeiter des StALU hatten vor der Erst-Präsentation die besorg- ten Fischer über die Pläne informiert. Nun ist vorsichtiges Aufatmen angesagt: „Uns wurden keine direkten Maß- nahmen angedroht, wir sollen erstmal selbst nach Vorschlägen suchen“, sagt Schütt.

Der Umweltverband WWF erwartet mit dem Managementplan ganz konkrete Maßnahmen. „Wir haben lange ge- drängelt, dass wir diesen Plan bekommen“, sagt der Leiter des WWF-Ostseebüros, Jochen Lamp. Neben der Fische- rei befänden sich in dem Areal Kiesabbau- und Sandverklappungsgebiete. „Wir wollen, dass Sand lediglich für den Küstenschutz aber nicht für kommerzielle industrielle Zwecke abgebaut werden darf“, formuliert er erste Vorstel- lungen des Verbandes.

Einschnitte für die Fischerei sind aus Sicht des WWF unausweichlich. So könnten fischereifreie Zonen an den Stein- riffen vor Usedom ausgewiesen werden. „Diese Riffe sind wichtige Fischlaich- und Aufzuchtgebiete“, so Lamp. Auf jeden Fall sollten alternative Fanggeräte, die die Kegelrobben nicht gefährden, Einzug halten. Der Umweltschützer plädiert für Lösungen, die dem Naturschutz dienen, aber die Fischer nicht in ihrer wirtschaftlichen Existenz gefähr- den. „Wenn Fischer von Flächen runter müssen, muss auch über Kompensationsleistungen gesprochen werden.“

Die Boddenrandschwelle, einst feste Verbindung zwischen Rügen und Usedom, sorgt als natürliche Barriere für unterschiedliche ökologische Bedingungen in Bodden und Ostsee. Deshalb dürfe sie nicht weiter wie ein Schweizer Käse geöffnet werden, sagt Lamp. Die Forderung des Verbandes: Fahrrinnen und Infrastruktur auf wenige Ein- schnitte konzentrieren.

Die Landesbehörde setzt zumindest bei den Fischern auf Konsens statt Konflikt. „Wir wollen im Zuge des Manage- mentplans mit den Fischern zu einer Übereinkunft kommen, wie man den Beifang reduzieren kann“, so Siegfried Pranz vom StALU Westmecklenburg. Auf bestehende Wirtschaftsprojekte soll der Plan keine Auswirkungen haben, da in deren Rechte nicht eingegriffen werde. Der Zweckverband Energie- und Technologiestandort Freesendorf, Betreiber des Hafens Lubmin, ist allerdings in die Planungen bislang nicht eingebunden. „Wir haben keine Einla- dung zur Info-Veranstaltung erhalten“, zeigte sich Lubmins Bürgermeister und Verbandsvorsteher Axel Vogt von der Präsentation am 26. Februar überrascht. Martina Rathke

Das größte Raubtier Mitteleuropas kehrt an die Ostseeküste zurück, TAGESSPIEGEL, 24.02.2019

Die Rückkehr der Kegelrobbe ist ein Erfolg. Auch an der Ostsee steht wohl bald ein Schlüsselereignis bevor. Erfolgreicher Artenschutz

Lieber nicht zurückschauen. Die jüngere Geschichte der Kegelrobben an deutschen Küsten ist nicht unbedingt eine schöne. Die jüngste allerdings macht Hoffnung, dass das größte einheimische Raubtier wirklich wieder dauerhaft heimisch wird. Foto: imago/blickwinkel/AGAMI/H. Bouwmeester

Furchterregend wirkt das größte Raubtier Mitteleuropas nicht gerade. Eher kommt es als gemütlicher Typ rüber, wenn es dösend am Strand liegt – auch mitten im Winter. Gegen kalte Nordwinde hat es einen vier Zentimeter dicken Mantel aus Speck. Die Isolierschicht wärmt auch bei der Arbeit im je nach Jahreszeit kühlen oder richtig kalten Meer. Die Raubtier-Aktivität, sie findet dort statt. Dorsche und andere Fische sind die Opfer, täglich wandern normalerweise fünf bis zehn Kilogramm von ihnen – oder auch andere Meeresbewohner – in den Magen einer ausgewachsenen Kegelrobbe. Nach dem Fang schwimmen die bis zu 350 Kilogramm schweren Tiere zurück an den

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Strand. Verdauungsschlaf ist angesagt. Den genießen sie jetzt wieder häufiger auch vor deutschen Küsten. Und das meist unbehelligt.

Die letzte Kegelrobbe Vorpommerns wurde 1920 erlegt

Das war nicht immer so. Noch Anfang des vorigen Jahrhunderts zahlten zum Beispiel die preußischen Behörden Kopfprämien, weil die Fischer sich beklagten, dass Kegelrobben ihnen den Fang streitig machen würden. 1927 wurde die Jagd dann zwar verboten. Allerdings war die letzte Kegelrobbe an der Küste Vorpommerns bereits 1920 erlegt worden. Auch in anderen Regionen dezimierten Jäger die Kegelrobben stark.

Sachlich hatten die Fischer mit ihrer Anschuldigung nur halbwegs Recht. „Als die Kegelrobben und Seehunde in den 1920er Jahren von den deutschen Küsten verschwunden waren, erholten sich die Fischbestände nicht“, sagt Michael Dähne, der als Zoologe am Deutschen Meeresmuseum in Stralsund für Meeressäuger zuständig ist. In den Boddengewässern von Mecklenburg-Vorpommern erwischen Kegelrobben normalerweise gerade ein Prozent der dort schwimmenden Fische, während Seevögel die fünffache Menge schlucken. Und acht Prozent holen allein Ang- ler aus dem Wasser. Berufsfischer erwischen mit 22 Prozent den Löwenanteil.

Dort, wo es sie noch gab, setzten in der zweiten Hälfte des zwanzigsten Jahrhunderts dann Schadstoffe wie das Insektizid DDT und der Weichmacher PCB den Kegelrobben weiter zu. Die an vielen Küsten des nördlichen Atlan- tiks lebende Art wurde ein weiteres Mal massiv dezimiert. 1980 waren von rund hunderttausend Kegelrobben, die um 1900 in der gesamten Ostsee lebten, gerade noch 2500 Tiere übrig. Britische Einwanderer an norddeutschen Küsten

Seit dieser Zeit ist die Art streng geschützt – und erholt sich wieder. Da in Großbritannien relativ viele Kegelrobben überlebt haben, erreichen die großen Raubtiere von dort auch wieder die deutsche Nordseeküste. 1983 kam wahr- scheinlich erstmals wieder ein Kegelrobben-Baby im Wattenmeer zur Welt. 1993 war für die Heimkehrer die nächste Wegmarke erreicht: die erste Geburt auf der Düne der Insel Helgoland.

„Heute leben wieder rund 6000 Kegelrobben zwischen den Niederlanden und Dänemark an der Nordseeküste und sind in Deutschland durch die Wattenmeer-Nationalparks geschützt“, sagt Hans-Ulrich Rösner, der in Husum das Wattenmeer-Büro der Naturschutzorganisation WWF leitet. Allein auf der Düne von Helgoland erblickten im Win- ter 2018/19 bereits mehr als 400 kleine Robben das Licht der Welt. Weitere Liegeplätze gibt es etwa auf Sandbänken bei der Ostfriesischen Insel Juist und vor der Nordfriesischen Insel Amrum. „Für den Naturschutz ist diese Rück- kehr des größten Raubtiers in Mitteleuropa ein toller Erfolg“, sagt Rösner.

In der Ostsee lebt eine andere Unterart der Kegelrobben. Ihre Situation unterscheidet sich erheblich von der der Verwandtschaft in der Nordsee, wo sich die Bestände auf rund 30 000 Tiere erholt haben. Die deutschen Ostsee- Gewässer ließen die Meeressäuger aber lange links liegen. Erst 2004 tauchten die ersten Kegelrobben in den flachen Gewässern zwischen der Insel Rügen und Greifswald auf. Heute leben zwar einige rund um die Insel Rügen, sowie einige Einzelgänger vor anderen Küsten. Ihre Zahl wird aber auf nicht viel mehr als 100 geschätzt. Und erfolgreich fortgepflanzt haben sie sich bisher an deutschen Ostseestränden auch noch nicht wieder.

Der "Große Stubber" ist zu klein geworden Vielleicht auch, weil der einst beliebteste Ruheplatz fast komplett verschwunden ist. Jener „Große Stubber“ war eine Insel im Greifswalder Bodden, der flachen Ostsee zwischen der Hansestadt und Rügen. Er ist schon aus dem Mittelalter als Ort, wo die Tiere ihren Verdauungsschlaf hielten, dokumentiert. Doch die Insel wurde immer kleiner, weil Menschen von dort Findlinge als Baumaterial nach Rügen und auf das Festland schipperten. Als im 19. Jahr- hundert der Große Stubber auch noch als Kiesgrube für den Straßenbau in Greifswald herhalten musste, ging es mit der Insel zu Ende. Seit etwa 1950 ist er Geschichte. Nur bei Niedrigwasser taucht dort heute noch eine Sandbank mit den drei letzten Findlingen auf. Da Kegelrobben bei der Rast aber nur ihren Kopf aus dem Wasser heben müs- sen, taugt die verschwundene Insel auch im 21. Jahrhundert noch als Ruheplatz.

Nur ihre Jungen können die Weibchen dort nicht mehr wie früher zur Welt bringen. Die rund zehn Kilogramm schweren Babys tragen bei ihrer Geburt ein weißes Lanugo-Fell. Das hält sie zwar hervorragend warm, ist aber nicht wasserdicht. Also suchen die Weibchen sich im späten Winter einen Kiesstrand als Kinderstube. Manchmal tut es auch eine stabile und große Eisscholle. Strände gibt es auf Rügen und auf dem Festland zwar zur Genüge. Meist sind sie aber schon von anderen Säugetieren, deren Mäntel nicht aus Fett, sondern eher aus Polyester und Viskose bestehen, in Beschlag genommen. Und da den Ostsee-Kegelrobben die Erinnerung an die Beinahe-Ausrottung auch über die Generationen nicht verlorengegangen zu sein scheint, suchen werdende Robbenmütter sich lieber eine ruhigere Küste, die sie etwa in Schweden oder Dänemark finden.

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Fische orten mit dem Bart Die hundert Kilometer dorthin sind für sie nur eine Tagesstrecke. Mit 15 Kilometern in der Stunde können sie durch die Ostsee unterwegs sein. In gerade einmal drei Wochen päppeln die Mütter den Nachwuchs mit ihrer extrem fetten Milch von zehn auf 40 Kilogramm Gewicht. „Ein 150 Kilogramm schweres, gesundes Weibchen magert in diesen drei Wochen auf 100 Kilo ab, seine vier Zentimeter dicke Speckschicht schrumpft auf einen Zentimeter“, sagt Dähne. Danach gehen Mutter und Kind getrennte Wege. Die Weibchen paaren sich schon vier Wochen nach der Geburt wieder, um elf Monate später das nächste Robbenbaby zur Welt zu bringen.

Der Nachwuchs hat inzwischen sein Fell gewechselt und geht ins Meer, um selbst zu jagen. Mit ihren „Barthaaren“ spüren Robben noch geringste Wasserturbulenzen, die Fische viele Meter entfernt beim Schwimmen auslösen. So finden die Tiere bei ihren bis zu 20 Minuten langen Tauchgängen genug Fische – notfalls auch in den Stellnetzen der Fischer. Um dort an die leckere Mahlzeit zu kommen, zerreißen die Tiere auch schon mal ein Netz. Fischer und Kegelrobben werden wohl nie Freunde.

Kegelrobbennachwuchs an der Ostseeküste - im März wird sich zeigen, ob er überleben kann. Die Fangemeinde ist aber groß genug. Grund zur Freude hatte sie am 8. März 2018: Nicht weit entfernt von Kap Arkona auf Rügen kam ein 12,5 Kilogramm schweres Junges zur Welt. Es war der erste Nachweis für Kegelrobben- Nachwuchs an der deutschen Ostseeküste seit einem Jahrhundert. Ein paar Tage später wurde am Strand der Feri- eninsel Usedom ein weiterer Robben-Säugling entdeckt. Beide starben zwar kurz nach ihrer Geburt. Trotzdem ste- hen die Chancen nicht schlecht, dass die großen Robben an einem der jetzt oft menschenleeren Kiesstrände auf Rügen bald mehr Erfolg haben werden. „Im diesem Winter haben wir zwar noch keine Kegelrobben-Geburten be- obachtet“, sagt Henning von Nordheim, Abteilungsleiter für Meeresnaturschutz des Bundesamtes für Naturschutz auf der Insel bei Rügen, „aber im vergangenen Jahr kam der erste Nachwuchs ja auch erst im März.“ Roland Knauer

Sie ist wieder da, DIE ZEIT, 17.04.2019

Eine Erfolgsgeschichte des Artenschutzes: Wie die Kegelrobbe in die deutsche Ostsee zurückkehrte und was das für das Ökosystem bedeutet.

Die Ostsee, diese Pfütze von Meer, macht uns einen Strich durch die Rechnung. Der Wind kommt aus Nordost, mit Stärke vier bis fünf, dazu immer wieder Graupelschauer. Schaumkronen auf den Wellen, Aprilwetter. Keine Chance, das größte Raubtier Deutschlands zu beobachten. »Wir könnten schon rausfahren, aber man sieht halt nichts«, sagt Florian Hoffmann vom Ostsee-Büro der Naturschutzorganisation World Wide Fund For Nature (WWF). Wir blei- ben im Hafen.

Bei Windstille wären wir zum Großen Stubber gefahren, einer Untiefe in der Mitte des Greifswalder Boddens, acht Seemeilen vor der Küste. Einst war das eine winzige Insel, 500 Meter lang, geschützt von einem Gürtel aus großen Steinen. In den Fünfzigerjahren gab die Stadt Greifswald die Erlaubnis, die Steine als Baumaterial zu verwenden. Wenige Jahre später war die Insel verschwunden, nur ein paar Brocken blieben im Wasser. Eine schwimmende Tonne warnt heute Schiffsführer vor der Untiefe.

»Bei gutem Wetter liegen sie da wie dicke, braune Bananen«, sagt Hoffmann. Mit »sie« meint er: Kegelrobben, aus der Familie der Hundsrobben, wissenschaftlicher Name Halichoerus grypus. An der deutschen Küste gab es sie immer in der Nordsee, die Tiere in der Ostsee sind von dieser Population jedoch getrennt.

Einst waren es dort mehr als 100.000 von ihnen. Zu viele für die Fischerei. Schon Ende des 19. Jahrhunderts wurde die Jagd eröffnet. Robbenfell war begehrt, besonders der weiße, flauschige Pelz der Jungtiere, und auch ihr Fleisch. In Schweden gibt es bis heute Kochbücher mit Robbenrezepten. Vor allem aber wollten die Fischer die Tiere schie- ßen, weil sie in ihnen unliebsame Konkurrenten sahen. Rund fünf Kilogramm Fisch frisst eine Kegelrobbe am Tag. Immer wieder klagten Fischer, dass ihnen die Robben ihren Fang direkt aus den Netzen fraßen.

Zur Jagd kamen in der zweiten Hälfte des vergangenen Jahrhunderts Gifte hinzu, der Bestand der Tiere sank mas- siv. Das Pflanzenschutzmittel DDT und der Weichmacher PCB gelangten über Bäche und Flüsse in die Ostsee. Algen nahmen die Gifte auf, wurden von Zooplankton verdaut, das Fischen als Nahrung dient. Die wiederum wurden von den Robben gefressen, in denen sich das Gift ansammelte. Viele Weibchen entwickelten Tumore in der Gebärmutter und wurden unfruchtbar. In den Achtzigerjahren war die Robbenpopulation in der Ostsee extrem geschrumpft, es lebten gerade noch 3000 bis 4000 Tiere.

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Inzwischen aber hat sich der Bestand erholt, mehr als 30.000 Tiere gibt es wieder. Die Geschichte der Kegelrobben ist eine Erfolgsstory des europäischen Artenschutzes. Sie lehrt, wie man beinahe ausgerotteten Tieren zur Rückkehr in ihre angestammten Lebensräume verhelfen kann – und wie davon ein ganzes Ökosystem profitiert. Sie zeigt auch, wie sich die Konflikte zwischen Mensch und Tier entschärfen lassen. Denn mit der Rückkehr der Kegelrobbe flammt auch die Konkurrenz zu den Küstenfischern wieder auf, die ohnehin schon stark unter Druck stehen. Des- halb bereiten Naturschutzverbände wie der WWF mit Behörden und Fischereiverbänden gerade einen Manage- mentplan vor. Er soll Kompensationszahlungen für Verluste an Fang und Netz regeln, das Monitoring sicherstellen und die Entwicklung von Fischereigeräten vorantreiben, die tödlichen Beifang von Robben vermeiden und zugleich den Fang vor ihnen schützen.

Eine Kegelrobbe am Strand von Rügen. Mittlerweile gibt es hier auch wieder Nachwuchs. Foto: Stefan Sauer / DPA

Eine der wichtigsten Entscheidungen zum Schutz der Robben wurde schon Anfang der Neunzigerjahre getroffen: Damals einigten sich die Anrainerstaaten der Ostsee darauf, DDT und PCB zu verbieten. Zudem stellte die EU die Kegelrobben unter Naturschutz. Seitdem erholt sich die Population Jahr für Jahr. Das DDT-Verbot nützte nicht nur den Robben, sondern auch großen Greifvögeln. Denn das Insektizid macht deren Eier brüchig, deshalb waren beim Brüten oft die Kalkschalen gebrochen. Seitdem DDT verboten ist, sinkt dessen Konzentration in der Umwelt, und die Bestände von Arten wie dem Seeadler erholen sich. Das Beispiel zeigt auch, dass internationale Übereinkommen funktionieren können, wenn es darum geht, Gesetze zum Artenschutz durch- zusetzen.

Die Ostsee ist ein interessantes Labor für solche Versuche. Das Meer ist sehr jung, nicht mehr als 10.000 Jahre alt. Als sich in der letzten Eiszeit die Gletscher von Norden her ausbreiteten, schürften sie eine große flache Kuhle. Mit der Klimaerwärmung zogen sie sich zurück, das Wasser blieb stehen. Nur durch eine Meerenge beim heutigen Dä- nemark blieb die Ostsee mit den anderen Meeren verbunden. Heute ist sie von einer Reihe hoch industrialisierter Länder mit intensiver Landwirtschaft umgeben; hohe Mengen von Stickstoff und Phosphor gelangen ins Meer. Sie regen das Wachstum von Algen an, die Sauerstoff verbrauchen. Nicht nur im Sommer können dadurch »tote Zonen « im Wasser entstehen; in ihnen gibt es dann keinen Sauerstoff mehr. Dort stirbt alles Leben. Dieses Beispiel macht deutlich, wie komplex die Zusammenhänge zwischen Mensch und Umwelt sind. Sie sind noch längst nicht ausreichend verstanden. Wie eng alles miteinander verwoben ist, zeigt sich auch im positiven Sinn. »Wenn ein großes Raubtier wie die Kegelrobbe sich wieder gut in einem Ökosystem vermehren kann«, sagt der Meeresbiologe Henning von Nordheim, »dann ist das ein Indikator dafür, dass sich dort die Umweltsituation ver- bessert hat.«

Von Nordheim arbeitet seit 1992 beim Bundesamt für Naturschutz auf der Insel Vilm, wo er die Abteilung Mee- resnaturschutz leitet. Er hat viel dafür gekämpft, den Kegelrobben die Rückkehr in die gesamte Ostsee zu erleich- tern. Um 2000 gab es die erste Meldung einer Sichtung an der Küste Mecklenburg-Vorpommerns, seit 2004 werden die Tiere systematisch beobachtet, und im vergangenen Frühjahr gab es den ersten Nachweis einer Geburt an einem deutschen Ostseestrand. Auch in diesem Jahr wurden schon mindestens zwei Junge gesehen. Doch nur eines hat überlebt. Das andere wurde in der vergangenen Woche ins Meeresmuseum in Stralsund gebracht. Während des Gesprächs mit von Nordheim in seinem Büro reicht ihm seine Sekretärin eine ausdruckte Mail herein: den Obduktionsbefund. »Jungtier, männlich, 85 Zentimeter, 10 Kilogramm «, liest er vor, »keine äußeren Verlet- zungen, Nabelschnur noch frisch, Lunge belüftet, Darmpech vorhanden.« Er blickt auf: »Es ist zwar tragisch, dass

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das Tier jetzt tot ist, aber der Befund ist der zweite sichere Nachweis dafür, dass die Kegelrobben jetzt hier an der Küste Mecklenburg-Vorpommerns Nachwuchs zur Welt bringen.«

Damit steht fest, dass die Kegelrobbe, fast zwanzig Jahre nach dem ersten Rückkehrer, wieder zu Mecklenburg- Vorpommern gehört. Fritz Habekuss

Umweltbericht für Greifswalder Bodden vorgestellt, OSTSEE-ZEITUNG, 24.04.2019

Der Druck auf Naturschutzgebiete im Greifswalder Bodden vor Rügen nimmt zu. Angler und Wassersportler ma- chen Wasservögeln das Leben schwer.

Angelboote dürfen die unter Naturschutz stehende Schoritzer Wiek ausschließlich auf direktem Weg durchqueren. Das Bild zeigt im Hintergrund die Vogelinsel Ruschbrink I. Foto: Thomas Heinicke

Putbus. Verstöße von Anglern und Sportlern gegen Schutzgebote für Fauna und Flora nahmen 2018 gegenüber dem Vorjahr noch einmal zu. Auch der Druck von Beutegreifern auf Vögel steigt weiter an, deren Brut-Möglichkeiten sich zusehends verringern. Das ist das Resultat des Monitorings zum Greifswalder Bodden, das Naturschützer nun der Öffentlichkeit vorstellten. Im Auftrag des Staatlichen Amts für Landwirtschaft und Umwelt (StALU) hatte Schutzgebietsbetreuer Florian Hoffmann sowohl Vertreter von Unterer Naturschutzbehörde, Wasserschutzpolizei und Fischereiaufsicht als auch ehrenamtliche Naturschutzwarte und Nutzer wie Angler und Wassersportler nach Lauterbach geladen. Die beteiligten Gruppen hatten sich innerhalb einer Freiwilligen Vereinbarung auf bestimmte Verhaltensmaßnahmen und Schutzziele verständigt.

Mehr Verstöße denn je Dennoch seien im vergangenen Jahr die meisten Verstöße seit Beginn des Monitorings erfasst worden, so der Bio- loge des WWF. Insgesamt wurden 2018 mit 25 Prozent die meisten Verstöße seit Beginn des Monitorings erfasst. Das heißt, jeder vierte Angler hielt sich nicht an gesetzliche Regelungen oder die getroffene Vereinbarung. Spitzen- reiter sind die Schoritzer Wiek (mit 88%) und die Puddeminer Wiek (43%). „Ein wesentlicher Grund für die Zu- nahme der Verstöße zum Vorjahr ist wahrscheinlich, dass die Saison 2018 ein Jahr mit überdurchschnittlich vielen Sonnenstunden, hohen Temperaturen und geringem Niederschlag war“, erklärte er. Daher wären mehr Menschen länger an den Küsten geblieben.

Die meisten Verstöße seien durch Angler begangen worden. Kanuten und Motorbootfahrer folgen mit Abstand. Obwohl das Angeln innerhalb der Grenzen des Naturschutzgebietes der Schoritzer Wiek nicht gestattet ist, wurden gut 90 Prozent der erfassten Angler innerhalb des Naturschutzgebietes angetroffen. „Immer wieder fuhren Boote zum Angeln in das Gebiet hinein, und häufig standen Angler in Wathosen sogar direkt an der Fahrrinne“, so Hoff- mann. „Das stetige Angeln, insbesondere im Herbst, stellt eine ständige Störung für die rastenden Wasservögel in diesem hochsensiblen Gebiet dar.“ Im schlimmsten Fall würde es Kitesurfer oder motorisierte Jet-Ski-Fahrer in die Schutzgebiete verschlagen.

„Weil die Verstöße im Kernbereich des Naturschutzgebietes Schoritzer Wiek deutlich zugenommen haben, sehen wir Nachsteuerungsbedarf“, sagt Thomas Heinicke vom Verein Naturschutzgesellschaft Vorpommern. „Das Thema ist seit Jahren ein Dauerbrenner, und es ändert sich nichts.“ Damit sei fraglich, ob eine freiwillige Vereinbarung noch ausreiche oder ob es verbindlicher Regeln bedürfe. „Möglicherweise erreichen wir die falschen Leute. Einhei- mische Angler kennen die Vereinbarung und halten sich überwiegend daran. Mein Eindruck ist, dass die Verstöße überwiegend von Urlaubern begangen werden“, so Heinicke. Auch Folgen des Klimawandels berücksichtigen

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Florian Hoffmann hält eine Freiwillige Vereinbarung grundsätzlich für ein gutes Mittel, „aber es wird zu wenig kontrolliert“. Im laufenden Jahr sollten weitere Bootskontrollen und Halterermittlungen durch die Behörden durchgeführt werden. Zudem sei geplant, am Ufer der Schoritzer Wiek Schilder mit der Naturschutz-Eule aufzu- stellen, damit die Grenze des Naturschutzgebietes besser vom Wasser aus zu erkennen ist. Im laufenden Jahr wollen sich Hoffmann und seine Mitstreiter vor allem dem Prädatoren-Management sowie Nestschutz-Maßnahmen wid- men. Weil es nur wenig alte Bäume mit Höhlen gibt, sollen weitere Nistkästen für Gänsesäger aufgehängt werden. Auch der noch seltenere Mittelsäger sei gesichtet worden. „Andere Watvögel leben dort schon seit Mitte der 90er- Jahre nicht mehr.“ Auf der anderen Seite sollen Wege gefunden werden, die Vögel vom zunehmenden Druck durch Marderhund, Waschbär und – dem verstärkten Maisanbau geschuldet – immer öfter auch durch Wildschweine zu entlasten.

Letztlich seien auch die Folgen des Klimawandels zu berücksichtigen. „Dadurch, dass der Bodden nicht mehr ver- eist, zieht und laicht der Hering früher.“ Damit verlagere sich auch der Angeltourismus in die frühere Jahreszeit. Daher sollte beispielsweise auch die Schonfrist für Hecht auf Januar und Februar ausgeweitet werden. Bernd Dickau vom Landesanglerverband habe bereits vorgeschlagen, eine Umfrage zu dem Thema unter Anglern zu star- ten, weiß Florian Hoffmann.

Tiefste Stelle hat 13,50 Meter 514 Quadratkilometer umfasst die Fläche des Greifswalder Boddens. Das Gewässer ist mit einer durchschnittlichen Tiefe von 5,60 Metern relativ flach. An der tiefsten Stelle misst er 13,50 Meter. An weiten Küstenabschnitten und in vielen Buchten gilt ein Fahr- und Anlegeverbot, zum Teil auch ganzjährig. Eine Übersicht über die verschiedenen Lebensräume finden Wassersportler und andere Nutzer der Region auf Tafeln, die der WWF im Auftrag des Staat- lichen Amts für Landwirtschaft und Umwelt an verschiedenen Küstenbereichen des Greifswalder Boddens aufge- stellt hat. Dort gibt es Hinweise zu den Befahrensregeln des jeweiligen Gewässerbereichs. Weitere Informationen sind auch im Internet unter: www.wwf.de/greifswalder-bodden zu finden. Uwe Driest

Der Kormoran-Urwald von Vorpommern, OSTSEE-ZEITUNG, 20.06.2019

Etwa 2000 Kormoran-Brutpaare gibt es in der Niederhöfer Kolonie. Größer ist in MV nur die an der Peenemün- dung. Der Gesamtbestand im Land ist relativ stabil.

Niederhof. Urwald, eine völlig andere Welt. Nur wenige Fahrradminuten von Stralsund entfernt, nicht weit von Greifswald und und mitten in Vorpommern liegt das kleine Naturschutzgebiet Niederhof und damit eine von Deutschlands größten Kormorankolonien. Dort sind die Vögel zu Hause, die Fischern ein Dorn im Auge sind, die Abschussdebatten auf den Plan rufen, Besucher aber nach nur wenigen Schritten in unbändige Natur abtauchen lassen, die sie begeistern und fasziniere

Ehrenamtler betreuen Gebiet Einer, der sich mit dem Gebiet, seinen Pflanzen und Tieren auskennt, ist der Naturschutzbeauftragter und Natur- schutzwart Hermann Baier aus Ahrendsee. Gemeinsam mit seiner Frau Bettina Baier ist er in Niederhof ehrenamt- lich seit 2013 aktiv. „Die Kolonie in Niederhof ist super gut zugänglich, ein Wanderweg führt direkt daran vorbei und bietet umfassende Einblicke in die zweitgrößte Kolonie in Mecklenburg-Vorpommern“, sagt er. Der Besucher merkt ihm seine Begeisterung sofort an. Eigentlich leben in Niederhof während der Brutsaison 2000 Brutpaare, in diesem Jahr sind es nur 1800, informiert Baier. Die größte Kolonie des Landes mit mehr als 3000 Brutpaaren exis- tiert in der Peenemündung.

Eines wollen Baier und Florian Hoffmann, Schutzgebietsbeauftragter des WWF (World Wide Fund For Nature) Deutschland in der Schutzgebietsregion Greifswalder Bodden, auf dem Weg in die sogenannte Niederhöfer Wald- kolonie gleich klarstellen: „Der Kormoran ist nicht schuld, dass es der Fischerei schlecht geht.“ Vielfach seien Ma- geninhalte des Kormorans untersucht worden. In fast allen Fällen seien es kleine Weißfische, die gefunden wurden – also keine Konkurrenz für die Fischer.

Kormorane jagen im Verbund Dennoch könnten beide den Ärger der Fischer verstehen, die gegenwärtig hierzulande um ihre Existenz kämpfen müssen. Das habe jedoch ihrer Meinung nach politische Gründe. Schließlich räumen sie aber ein, dass die Kormo- rane als exzellente Taucher, die bis zu 15 Meter tief tauchen können, meist aber in Tiefen von einem bis drei Metern

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unter der Wasseroberfläche unterwegs sind, viele Fische verschlingen. „Man kann beobachten, wie sie im Verbund jagen und ganze Fischschwärme einkreisen“, erzählt Hermann Baier von den Jagderfolgen der Taucher.

„Entgegen der landläufigen Meinung haben Kormorane hierzulande wohl natürliche Feinde, machen die beiden Fachmänner weiter deutlich: Waschbär, Marderhund, Fuchs, aber auch Greifvögel zählen dazu. Auf jeden Fall sei es nicht so, dass die Kormoranbestände erheblich wachsen und deshalb die Fischerei bedroht sei. „In ganz Vorpom- mern sind sie in etwa stabil“, sagt Florian Hoffmann.

Bestände insgesamt stabil Nur in den einzelnen Kolonien schwanken die Zahlen teilweise erheblich, sodass auch immer wieder andere Küs- tenabschnitte mehr oder weniger Kormoranen ein Zuhause bieten. Waren vor einigen wenigen Jahren noch die Niederhöfer Kolonie, der Peenemünder Haken und der Anklamer Stadtbruch die drei größten Kolonien Deutsch- lands, existiert die bei gar nicht mehr. Schon 2017 wurden laut Kormoranbericht des Landes (Daten vom Landesamt für Umwelt, Naturschutz und Geologie Mecklenburg-Vorpommern) gerade mal 91 besetzte Nester ge- zählt. „Sie ist zusammengebrochen. Die Tiere sind jetzt am Peenemünder Haken und bei Lassan zu finden“, sagt Hermann Baier. Neuansiedlungen gab es stattdessen beispielsweise auf der Greifswalder Oie.

60 Prozent des gesamten Bestandes der Kormorane findet man in Mecklenburg-Vorpommern, informiert Florian Hoffmann. 14 000 Brutpaare seien das etwa in MV, in Deutschland circa 24 000. „Und der Brutbestand in ganz Deutschland ist seit 2005 relativ stabil“, sagt Florian Hoffmann. Seit Mitte der 90er-Jahre sei die Anzahl der Kor- morane sogar im gesamten südwestlichen Ostseeraum in etwa gleich geblieben, fügt er an. Allerdings sei der Be- stand zuvor – in den 80er-Jahren – sehr stark angestiegen. „Davor war der Kormoran hier nämlich fast weg“, sagt Hoffmann.

Vögel werden akribisch gezählt 2018 hat das Landesamt für Umwelt, Naturschutz und Geologie Mecklenburg-Vorpommern (LUNG) die Schlaf- plätze der Niederhöfer Kormorane akribisch erfasst – und zwar monatlich, auch im Winter. Der Kormoran ist näm- lich zwar ein Zugvogel, aber es gibt die Vögel auch im Winter hierzulande. Hoffmann: „Das sind aber andere, die aus Skandinavien ins mildere Vorpommern kommen, während die Sommerbewohner noch weiter in den Süden oder in den Westen fliegen“, erzählt Baier. Die Winterkormorane sind jedoch nicht in der Kolonie, sondern bei- spielsweise auf den Stahlmasten im Strelasund direkt vor Niederhof zu finden.

Jetzt, in der Brutzeit ab Februar bilden die lackschwarzen Vögel zwei Unterkolonien in Niederhof: die größere Wald- und die Feldkolonie. Die Waldkolonie ist beliebter, in der südlicheren Feldkolonie gab es früher zwar auch bis zu 1000 Brutpaare, 2016 hatte sie sich aber ganz aufgelöst.

148 Nester auf einem Baum „Wir als Naturschutzbeauftragte zählen jeweils im April den Bestand“, erzählt Hermann Baier. Und zwar Baum für Baum. 627 Brutbäume wurden in diesem Jahr registriert, durchschnittlich mit drei Nestern pro Baum. Baier: „Es gibt aber einen Nachweis aus dem Jahr 1962 über eine Buche mit insgesamt 148 Nestern.“ „Kormorane sind eben gesellige Tiere“, fügt Florian Hoffmann an. Jetzt finde man maximal 20 Nester auf einem Baum, andere aber auch nur mit einem Vogel-Wohnsitz. Direkt im inneren Kreis in der Waldkolonie an den Wasserlöchern sind die Bäume mehr besetzt, und pro Nest würden auch mehr Jungvögel aufgezogen werden. Kolonie seit 1952

Die Idylle in Niederhof kommt nicht von ungefähr: „Seit den 60er-Jahren wird der ehemalige Gutspark nicht mehr forstwirtschaftlich genutzt“, informiert Hermann Baier. Vom Bewuchs freigehalten werde nur der Wanderweg, sonst überall darf wachsen und leben, was und wie es will.

Seit 1952 gibt es die Kormorankolonie in Niederhof, informiert der Naturschutzwart. Zwei Jahre später wurde das gesamte Gebiet unter Schutz gestellt. „Das Schutzgebiet ist 25 Hektar groß“, sagt Hermann Baier. Die reine Kolonie wesentlich kleiner, maximal 20 Prozent davon. Auch Graureiher fühlen sich wohl

Die Besonderheit in Niederhof: „Es ist ein kombiniertes Gebiet. Neben den Kormoranen brüten hier auch Graurei- her und einige, wenige Silberreiher“, sagt Hermann Baier. Etwa 200 Graureiher-Brutpaare gebe es. Der erste Brut- erfolg nach jahrelanger Pause in Deutschland beim Silberreiher liege fünf Jahre zurück und der wurde in Niederhof registriert. Inzwischen gebe es wieder jährlich zwischen fünf und sieben Paare.

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Derzeit ist fast alles sattgrün, nur die Baumwipfel sind braun oder weiß gekalkt, vom Kot der Kormorane verätzt und kahl weithin sichtbar. Und wer Stille und Ruhe sucht, ist vom zeitigen Frühjahr an bis jetzt in den Frühsommer in einer Kormorankolonie nicht richtig: Urwaldmäßig laut schreien die Kormorane durcheinander, die Jüngsten fiepen unaufhörlich nach Futternachschub, andere rufen scheinbar wild durcheinander. Ab Februar richtig laut

Ab Februar herrscht in der Kolonie der typische Klang. Baier: „Am lautesten ist es im April, wenn die meisten Jung- tiere geschlüpft sind und ordentlich Krach machen.“ Immerhin leben dann insgesamt etwa 10 000 Kormorane in Niederhof. Zwei bis vier Jungtiere zieht ein Brutpaar durchschnittlich pro Jahr auf. „Im Moment gibt es drei unter- schiedliche Altersgruppen an Jungkormoranen“, erklärt Florian Hoffmann. Diejenigen, die schon flügge sind, die etwas Jüngeren, die am Nest sitzen und erste Flugversuche unternehmen, und die Kleinsten, die lautstark nach Futter gieren. Außerdem sind neben den 1800 lackschwarzen Brutpaaren die bräunlichen Jungvögel mit den helle- ren Bäuchen der vergangenen zwei Jahre vor Ort. Erst später beginnen die Kormorane selbst für Nachwuchs zu sorgen.

Im vorigen Jahr hat der späte Wintereinbruch zu Ostern zu einer Besonderheit geführt: „Es war gespenstisch, mit- ten in der Brutsaison herrschte hier auf einmal Totenstille“, erinnert sich Hermann Baier. Bei Schnee und Frost hatte wohl keines der Jungtiere überlebt – und die Brut begann von Neuem. Stetige Veränderungen

Die vielen großen Vögel und deren Lebensweise verändern stetig das Bild des Schutzgebietes: Bäume verkahlen und sterben ab wegen des Kots. „Für einige Pflanzen wie Holunder und Ahorn ist diese Düngung aber förderlich“, infor- miert Baier. „Der Wald geht nicht verloren“, ist er sicher. „Aber er verändert sich.“

Fisch ist die Hauptnahrung Der Kormoran ist in weiten Teilen Europas, Asiens und Afrika verbreitet, außerdem auch in Australien und Neu- seeland, an der Ostküste Nordamerikas und auf Grönland zu Hause.Seine Nahrung besteht fast ausschließlich aus Fisch, meist aus kleinen See- und Süßwasserfischen (Weißfische).

Kormorane sind gesellig, sie bilden Brutkolonien und können mehr als 20 Jahre alt werden.Der Name Kormoran stammt aus dem Altfranzösischen und bedeutet dort wie auch im Lateinischen Meerrabe oder Wasserrabe.Kormo- rane sind fast so groß wie Gänse. Die Flügelspannweite beträgt 1,21 bis 1,49 Meter. Männchen können schwerer als drei Kilogramm werden.

Das Prachtkleid der Vögel ist schwarz, an Scheitel, Nacken und am Schenkel gibt es weiße Federn. Jungtiere sind bräunlich bis schwarzbraun.Regelmäßig gibt es fachlich begleitete Führungen durch die Niederhöfer Kolonie; bei- spielsweise mit Mitarbeitern des WWF (World Wide Fund For Nature), einer der größten internationalen Natur- und Umweltschutzorganisationen, oder des Nabu (Naturschutzbundes Deutschland).

Auch Naturschutzwart Hermann Baier und seine Frau bieten Führungen in Niederhof an.Für den WWF ist Florian Hoffmann, Schutzgebietsbetreuer und zuständig für das Natural Habitat Management im Greifswalder Bodden, auch für Niederhof zuständig.

Im Auftrag des Kreises Vorpommern-Rügen sorgen Hermann und Bettina Baier ehrenamtlich für die Entwicklung des Bestandes. Sie beobachten und protokollieren die Tier- und Pflanzenwelt, machen Vorschläge zur Verbesse- rung, regen pflegerische Maßnahmen an und führen Besucher durch das Gebiet.

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Hochsaison in der Niederhofer Kormorankolonie: Fast 2000 Brutpaare sind dort in diesem Jahr vorrübergehend zu Hause. Foto: Florian Hoffmann

Florian Hoffmann (r.), Schutzgebietsbetreuer beim WWF und Hermann Baier, Naturschutzbeauftragter in der Kor- morankolonie Niederhof im Gespräch in der Nordkolonie in Niederhof. Foto: Almut Jaekel Zahlreiche Jungvögel bevölkern gegenwärtig die Kolonie. Foto: Almut Jaekel

Neue Hinweisschilder an der Darß-Zingster Boddenkette, WELT, Hamburger Abendblatt, n-tv.de, t-online.de, 11.07.2019

Die Boddengewässer sind hochsensible Biotope und Lebensräume für Tiere und Pflanzen. Sie sollen noch besser geschützt werden, findet die Umweltschutzorganisation WWF.

Born am Darß. In den Häfen rund um die Darß-Zingster Boddenkette, im Westen Rügens und auf Hiddensee wer- den Hinweistafeln für das Befahren der Boddengewässer aufgestellt. Im Rahmen des Projekts «Schatz an der Küste» hat die Umweltschutzorganisation WWF Deutschland Empfehlungen für die Boddengewässer zwischen Fischland und Rügen erarbeitet und Informationsmaterial für Wassersportler und Angler erstellt. Diese Hinweise sollen Wassersportlern helfen, naturschutzgerecht in den Bodden zu navigieren, sagte Florian Hoffmann vom WWF. Zudem wurden Faltblätter gedruckt und in den Häfen, Kurverwaltungen und Angelläden ausgelegt.

Grundlage für das Informationsmaterial seien Karten des Bundesamtes für Seeschifffahrt und Hydrographie (BSH). Im Projekt «Schatzküste» wurden daraus Empfehlungen für das Befahren der Boddengewässer außerhalb des Na- tionalparks Vorpommersche Boddenlandschaft erarbeitet.

«Die Natur kennt keine Schutzgebietsgrenzen», betonte Hoffmann. In einer Studie seien die schutzwürdigsten Was- serflächen im Projektgebiet ermittelt worden. Dabei sei herausgekommen, dass die südöstlichen Uferbereiche des Barther Boddens und das südliche Ufer der Grabow wichtige Vogelrastgebiete sind. Diese Uferbereiche seien in der Karte farblich dargestellt.

«Die Regelungen und Empfehlungen sind teils komplex», sagte Hoffmann. Die guten Erfahrungen mit dem Greifs- walder Bodden hätten den WWF motiviert, eine entsprechende Seekarte mit Befahrensregeln für die Darß-Zingster Boddenkette zu erarbeiten. dpa/mv

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WWF stellt Befahrensempfehlungen für Bodden auf, OSTSEE-ZEITUNG, 12.07.2019

Für umweltgerechtes Befahren der Boddengewässer durch Wassersportler und Angler setzt sich der WWF ein. Im Zusammenhang mit dem Projekt „Schatz an der Küste“ wurden eine Schautafel und Faltblätter gestaltet.

Befahrensregeln für die Boddengewässer sind auf einer Tafel unter anderem im Borner Hafen zu lesen. Florian Hoffmann (vorn) vom WWF bringt die Schautafel zusammen mit Andreas Dietzel an. Quelle: Timo Richter

Born. Eine Befahrenempfehlung für die Boddengewässer zwischen dem Fischland und Rügen hat der WWF Deutschland erstellt. Derzeit werden in Häfen des Bereichs insgesamt 25 großformatige Schautafeln aufgebaut. Die Hinweise sollen den Wassersportlern helfen, naturschutzgerecht im Bodden zu navigieren, sagt Florian Hoffmann, WWF-Schutzgebietsbetreuer im Ostseebüro in Stralsund. Die Tafeln auf Basis offizieller Seekarten des Bundesam- tes für Seeschifffahrt und Hydrografie sind Teil des Projekts „Schatz an der Küste“.

So wurden während einer Studie die schutzwürdigsten Wasserflächen im Projektgebiet ermittelt, die auf den Tafeln zu erkennen sind. Zudem wird es Faltblätter für Wassersportler und Angler geben, um denen „auf einen Blick Ori- entierung zu geben, um die Boddengewässer sicher und naturfreundlich befahren zu können“, so Florian Hoffmann. Foto: Timo Richter

Timo Richter

WWF: Surfer und Angler sollen Bodden schützen, OSTSEE-ZEITUNG, 23.07.2019

Wo kann ich kiten, angeln, segeln oder surfen, ohne sensible Naturbereiche zu zerstören? Regeln und Empfehlun- gen für Wassersportler auf Rügen und Hiddensee hat der WWF auf Infotafeln zusammengefasst.

Altefährs Hafenmeister Alexander Holtz und Felix Bügler vom WWF Ostseebüro neben der neuen Hinweistafel für Wassersportler am Hafen von Altefähr. Quelle: Andreas Dietzel

Altefähr. Volle Straßen zur und an der Ostsee sind im Sommer an der Tagesordnung. Und auch auf den Gewässern rund um Rügen und Hiddensee herrscht in der Saison Hochbetrieb. Damit die Freizeitskipper vor der Küste mög- lichst so gut wie keinen Schaden in der Natur anrichten, hat die Umweltschutzorganisation bestehende Regeln und zusätzliche Empfehlungen für das Befahren der Boddengewässer zusammengefasst. Wie man naturschonend zwi- schen Fischland, Darß und Zingst, vor Hiddensee sowie an Rügens Westküste navigiert, können die Freizeitskipper im Internet und auf Schildern nachlesen. Im genannten Bereich wurden in den zurückliegenden Tagen 25 solcher Informationstafeln aufgestellt. Keine einheitliche Regelung

Sich richtig zu verhalten, ist manchmal für die Wassersportler selbst beim besten Willen nicht leicht. „Es gibt leider keine bundeseinheitliche Regelung zum Befahren von Wasserflächen, die außerhalb der Großschutzgebiete liegen.“ Ist an den Küsten der Nationalparke noch relativ klar, was erlaubt ist und was nicht, gelten in anderweitig geschütz- ten Bereichen unterschiedliche Vorschriften, Empfehlungen oder Vereinbarungen. Für den Bereich zwischen der Darß-Zingster Boddenkette und Rügen haben die Mitarbeiter des Stralsunder Ostseebüros des WWF jetzt innerhalb

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des Projektes „Schatz an der Küste“ eine Empfehlung für alle erarbeitet, die in der Freizeit auf diesen Gewässern unterwegs sind. Dazu zählen neben den Seglern, Surfern und Motorbootfahrern auch die Angler.

„Die bestehenden Regelungen und Empfehlungen sind teils komplex“, weiß Florian Hoffmann, der beim WWF in Stralsund der Fachmann für die Schutzgebiete ist. „Das neue Informationsmaterial soll Einheimischen wie Gästen auf einem Blick die Orientierung liefern, um die Boddengewässer sicher und naturfreundlich befahren zu können.“ Dazu zählen Informationstafeln, die auf Rügen unter anderem in Altefähr und Vieregge sowie auf Hiddensee in Neuendorf, Kloster und Vitte aufgestellt wurden. „Außerdem werden wir Faltblätter drucken und diese in den ent- sprechenden Häfen, Kurverwaltungen und in den Angelläden der Region auslegen“, kündigt Hoffmann an.

Die Idee ist nicht ganz neu. Die Rüganer kennen die Tafeln und Faltblätter schon von der Küste des Greifswalder Boddens. Dort hatte der WWF gemeinsam mit Vertretern der Angel- und Wasserportverbände Empfehlungen zum Verhalten in sensiblen Naturbereichen entwickelt und auf die gleiche Art und Weise veröffentlicht wie jetzt für die westrügenschen Boddenbereiche, für Hiddensee und den Strelasund. Auch wenn es dort in den zurückliegenden Jahren zunehmend Verstöße gegen diese freiwillige Vereinbarung gegeben hat: „Grundsätzlich haben wir am Greifswalder Bodden gute Erfahrungen mit einer solchen Seekarte gemacht“, sagt Hoffmann. Hornfischangeln und Kitesurf-Revier

Grundlage des Informationsmaterials ist eine aktuelle Seekarte des Bundesamtes für Seeschifffahrt und Hydrogra- phie (BSH) des Projektgebietes. „Im Rahmen einer Studie wurden die schutzwürdigsten Wasserflächen im Projekt- gebiet neben denen des Nationalparks, die ohnehin Schutzstatus genießen, ermittelt“, erklärt Florian Hoffmann. Einige Bereiche dürfen ganzjährig nicht befahren werden, bei anderen gibt es lediglich saisonale Einschränkungen, etwa in der Wamper Wiek, wo Bootsfahrten vom 1. Mai bis 30. September möglich sind, wenn man mindestens 50 Meter Abstand zum Schilfgürtel hält. Vor Kemlade bei Gustow darf lediglich zur Hornfischzeit vom 20. April bis 20. Mai geangelt werden. Außerdem wurden Kitesurfplätze ausgewiesen, vor Suhrendorf auf sogar ein ganzes Kitesurfrevier mitten im Nationalpark.

Maik Trettin

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