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Dieter Hölsken

Die V-Waffen Entwicklung und Einsatzgrundsätze

Bei seinem ersten öffentlichen Auftritt nach der Katastrophe von Stalingrad versprach Hider Anfang 1943 einer gespannt wartenden Bevölkerung, daß in absehbarer Zeit »unbekannte, einzigartig dastehende Waffen« zum Einsatz kommen und das Kriegs- glück zugunsten des Deutschen Reiches wenden würden ^ Diese Ankündigungen bezogen sich auf die Entwicklung unbemannter, automatisch gesteuerter Flugkörper: der düsengetriebenen Flugbombe und der überschallschnellen Flüssigkeitsrakete. In der Folgezeit verstand es die Goebbelssche Propaganda, die Ängste vor dem sich abzeichnenden Zusammenbruch auszunutzen, indem sie suggerierte, der Krieg könne durch die »Vergeltungswaffen« noch in letzter Stunde gewonnen werden. Mit dem Einsatz der V-Waffen ab Juni 1944 begann dann in der Kriegsgeschichte das Zeitalter der Waffensysteme, die sich selbsttätig über große Entfernungen in ihr Ziel steuern. Flugbombe und Rakete wurden so zum Ausgangspunkt einer Entwicklung, an deren Ende heute Marschflugkörper und Interkontinentalraketen stehen. Die Ursprünge der Waffen, die Hitler Anfang 1943 ankündigte, lagen im Deutsch- land der zwanziger Jahre. Hier war es die Rakete, die auf ein breites Interesse in der Öffentlichkeit stieß. Amateurforscher wie Tieling, Winkler, Sanders und Valier wa- ren in aller Munde. Sie konstruierten mit viel Begeisterung und wenig Geld kleine Pulverraketen, die sie dann dem Publikum vorführten. Gleichzeitig malte eine Viel- zahl von Publikationen mit Titeln wie »Vorstoß in den Weltraum« die Zukunftsmög- lichkeiten der Raketenentwicklung in den leuchtendsten Farben aus. Hier war der Traum vom Flug zu fernen Planeten bereits Wirklichkeit geworden. In der Praxis war man von diesem Ziel jedoch noch weit entfernt. Aus der Masse all dieser Phantasie- produkte stach 1922 ein Buch mit dem Titel »Die Rakete zu den Planetenräumen« klar hervor. Sein Autor war der am 25. Juni 1894 in Hermannstadt in Siebenbürgen geborene . Oberth wies in seinem Werk den Weg zur Flüssigkeits- rakete, mit deren Hilfe es nach seiner Meinung allein möglich war, den Anziehungs- bereich der Erde zu verlassen. War diese Idee an sich zwar nicht neu, so war Oberth jedoch der erste, der diesen Gedanken mathematisch exakt untermauerte und damit die theoretischen Grundlagen für die spätere Raketenentwicklung schuft. Zu den Lesern dieses Buches gehörte auch der Regisseur Fritz Lang. Er gab Oberth 1928 die Chance, seine Ideen in die Tat umzusetzen, indem er ihn mit der Entwick- lung einer fünfzehn Meter langen Flüssigkeitsrakete betraute. Diese Rakete sollte am Tag der Premiere seines Filmes »Frau im Mond« als Reklamegag aufsteigen. Dement- sprechend wurden die für die Arbeiten notwendigen Geldmittel aus dem Reklame- konto der Universum Film AG (UFA) zur Verfügung gestellt. Als Mitarbeiter gesell- ten sich zu Oberth Rudolph Nebel, Klaus Riedel und Rolf Engel. In der Schlosserei der UFA entstand so innerhalb von sechs Wochen eine Raketenbrennkammer für flüssige Treibstoffe, die als Kegeldüse in die Geschichte einging. Wie nicht anders zu erwarten, wurde die bestellte Reklamerakete nicht bis zur Film- premiere fertig. Danach war es der Direktor der Chemisch-Technischen Reichsanstalt in Plötzensee, Dr. Ritter, der den Forschern eine Chance zum Abschluß der Arbeiten an der Brennkammer gab. In dieser Zeit stieß zur kleinen Gruppe um Oberth der Ab- 95 MGM 2/85 iturient Wernher Freiherr v. Braun, dessen Begabung für den Fortgang der gesamten Raketenentwicklung noch von entscheidender Bedeutung sein sollte. Bereits im Som- mer 1930 assistierte er bei der ersten erfolgreichen Vorführung der Kegeldüse, die bei einer Laufzeit von über 90 Sekunden 4,9 kg flüssigen Sauerstoff und Benzin bei ei- nem Schub von 7,0 Kilopond (kp) verbrannte. Die Zündung der Treibstoffe erfolgte mit einem brennenden Lappen! Mit dem erfolgreichen Abschluß dieser Entwicklung fand auch die finanzielle Unterstützung durch die Chemisch-Technische Reichsan- stalt ihr Ende. Danach arbeiteten lediglich Rudolph Nebel und Klaus Riedel weiter an dem Projekt der Flüssigkeitsrakete. Unter ihrer Leitung kam erst im September 1930 wieder eine Gruppe von etwa fünfzehn Raketenenthusiasten — unter ihnen auch Wernher v. Braun — zusammen, um auf einem ehemaligen Schießplatz der Reichs- wehr im Nordwesten die Forschungen fortzuführen. Auf dem »Raketenflug- platz« gelang dann 1931 der Start der ersten deutschen Flüssigkeitsrakete, eines von Riedel konstruierten »Repulsors«. Flog diese Rakete, die im wesentlichen aus zwei Rohren bestand, zwischen deren oberen Enden (!) die Brennkammer saß, in ihrer er- sten Version lediglich 20 m hoch, so wurden im Verlauf des Jahres Höhen von annä- hernd 1500 m erreicht^. Bis zu diesem Zeitpunkt waren die Arbeiten alle aus eigenen Mitteln und Spenden finanziert worden. Bei der Suche nach neuen Geldgebern war Nebel im Frühjahr 1932 beim Heereswaffenamt angekommen, wo er auf die Ver- wendbarkeit der Rakete für militärische Zwecke hinwies. Es kam zu einer Demon- stration der Rakete auf dem Schießplatz , der etwa vierzig Kilometer südlich von lag. Der Testflug mißlang zur Enttäuschung aller Beteiligten''. Nichtsdestotrotz war man im Reichswehrministerium an der Raketenentwicklung sehr interessiert. Hier hatte sich nämlich seit 1930 eine Gruppe um Oberst Karl Bek- ker, den Chef der Abteilung für Ballistik und Munition gebildet, der Major v. Hor- stig, sein Munitionsexperte, und Hauptmann angehörten. Ihr Ziel war die Entwicklung einer modernen Kriegsrakete. Diese Idee war durch den Um- stand gefördert worden, daß Deutschland durch die Bestimmungen des Versailler Vertrages im Bereich der herkömmlichen Rüstung engste Grenzen auferlegt worden

waren Interessanterweise war es ursprünglich aber nicht eine Rakete als Träger eines hoch- explosiven Sprengkopfes, die im Mittelpunkt des Interesses stand, sondern eine Ra- kete, die Giftgas auf große Entfernungen verschießen sollte. Dieser Gedanke basierte auf den Erfahrungen des Ersten Weltkrieges, die gezeigt hatten, daß die herkömmli- che Methode im Umgang mit Giftgas die eigenen Soldaten gefährdete, da die Wurf- weiten relativ gering waren. Eine Rakete mit großer Reichweite hätte hier Abhilfe schaffen können^. Obwohl Oberst Becker und Major v. Horstig zunächst nur die Pulverrakete für reali- sierbar hielten, setzte sich schließlich Dornberger durch, der die leistungsfähigere Flüssigkeitsrakete bevorzugte. Die heereseigene Raketenforschung kam in der Folge- zeit aufgrund technischer Schwierigkeiten nicht voran. In dieser Situation richtete sich das Interesse der Abteilung unter Becker auf die privaten Amateurforscher, die zu diesem Zeitpunkt, im Frühjahr 1932, beneidenswerten Erfolg hatten. Es kam zu der bereits geschilderten Raketenvorführung durch Nebel und seine Mitarbeiter auf dem Schießplatz in Kummersdorf Danach machte Becker den Forschern klar, daß sie nur dann finanzielle Unterstüt- zung erhalten sollten, wenn sie sich unter militärische Obhut begeben und unter sei- nem Befehl arbeiten würden. Verständlicherweise waren die Männer um Nebel nicht bereit, ihre bisherige Unabhängigkeit zu opfern. Wernher v. Braun erkannte jedoch, daß sich nur bei der Reichswehr die Möglichkeit bot, über die Stufe der momentanen Entwicklung hinauszukommen. Er ging deshalb auf ein Forschungsangebot Beckers 96 ein und war vom 1. Oktober 1932 an Zivilangestellter der Reichswehr. Er studierte in der Folgezeit Physik an der Universität Berlin, wo er schließlich an der Wehrwissen- schaftlichen Fakultät mit einer Arbeit über Probleme der Flüssigkeitsrakete promo- vierte. Für den praktischen Teil dieser Forschungen wurde dem gerade Zwanzigjähri- gen die Leitung der neueingerichteten Heeresversuchsstelle für Flüssigkeitsraketen in Kummersdorf übertragen. Mit Hitlers Machtergreifung brachte das Jahr 1933 das Ende für die privaten Raketenforscher. Unter dem Hinweis auf Geheimhaltungsbe- stimmungen gab es fortan nur die Alternative, entweder für das Heereswaffenamt zu arbeiten aber die Forschungen einzustellen. Unter diesen Umständen entschie- den sich die meisten Privatforscher für die erste Lösung, so daß Wernher v. Brauns Arbeitsgruppe bald mehr als fünfzig Mitarbeiter umfaßteAls erste vollständige Flüs- sigkeitsrakete hatte man in Kummersdorf das » 1« (AI), einen 140 Zentime- ter langen und 30 Zentimeter starken Flugkörper von 150 kg Gewicht geplant. Das Triebwerk sollte einen Schub von 300 kp leisten. Sein erster Probelauf am 21. Septem- ber 1932 hatte mit einer Explosion geendet. Erst nach einem Jahr härtester Entwick- lungsarbeit hielt der Raketenofen drei bis vier Brennversuche aus, ohne durchzubren- nen. Die ersten Flugversuche der AI ergaben dann, daß die Rakete in dieser Form kopflastig war. Sie wurde fortan nur noch zu Standversuchen verwendet. Im Jahr 1934 folgte auf sie die A2, die sich von ihrer Vorgängerin nur dadurch unter- schied, daß die Kreisel-Stabilisierungsanlage aus der Raketenspitze in die Mitte des Körpers verlegt worden war. Anfang Dezember 1934 wurden auf der Nordseeinsel Borkum zwei Starts mit der A2 durchgeführt, bei denen die Raketen auf eine Höhe von 2200 m stiegen. Ein erster Durchbruch war geschafft'. Bis zu diesem Zeitpunkt hatte Oberst Becker, der mittlerweile Chef der Amtsgruppe für Entwicklung im Heereswaffenamt geworden war, die für die Versuche notwen- digen finanziellen Mittel dadurch beschafft, daß die übrigen Entwicklungsabteilungen alle einen kleinen Prozentsatz ihres Etats für Kummersdorf abzweigen mußtenMit dem Erfolg der Versuche stieg nun auch der finanzielle Bedarf der Raketenversuchs- stelle. Im März 1936 zeigte sich der Oberbefehlshaber des Heeres, Generaloberst v. Fritsch, von den Möglichkeiten der neuen Technologie so begeistert, daß Kummers- dorf von nun an eigene Geldmittel anfordern durfte. Weitere Unterstützung fanden die Arbeiten nun auch bei den Generalen v. Brauchitsch, Fromm und Olbricht". Wernher v. Braun arbeitete in dieser Zeit bereits an der A3, die, wiederum größer und leistungsstärker als ihre Vorgängerinnen, als letzte Versuchsrakete gedacht war. Auf sie sollte die endgültige Kriegsrakete als »Aggregat 4« folgen. Noch im März 1936 waren für die A4 die folgenden Forderungen aufgestellt worden: Bei einer Schubkraft von 25 bis 30 Tonnen sollte die Rakete bei einem Gewicht von 12 Tonnen und einer Länge von vierzehn Metern einen Sprengkopf von einer Tonne Gewicht über eine Entfernung von 250 km verschießen können'^. Die Erprobung der A3 wurde im De- zember 1937 aus Platzgründen auf die Greifswalder-Oie, eine kleine Insel nördlich von , verlegt. Hierbei zeigte sich, daß die Kreiselsteuerung der knapp 8 m langen und 750 kg schweren Rakete, deren Triebwerk 1500 kp Schub erzeugte, zu schwach war. Das Projekt A3 mußte aufgegeben werden. An seine Stelle trat nun eine weitere Versuchsrakete, die als A5 bezeichnet wurde, da die Typenbezeichnung A4 ja bereits für die zukünftige Kriegsrakete reserviert worden war. Bei gleicher Länge wie ihre Vorgängerin besaß die A5 einen größeren Durchmesser und ein neu konstruier- tes Leitwerk. In ihrem äußeren Erscheinungsbild sah sie damit wie eine kleine Version der späteren A4 aus. Die Testflüge mit der A5 begannen im Sommer 1938 zunächst noch ohne die neuen, stärkeren Steuermaschinen. Die Raketen erreichten dabei fast Schallgeschwindigkeit und Gipfelhöhen von 8 km. Im Herbst 1939 konnte die neue Steuerungsanlage eingebaut werden. Sie arbeitete auf Anhieb einwandfrei. Die end- 97 gültige Version der Rakete erreichte bei einem Gewicht von 900 kg Höhen von annä- hernd 13 km. Nach /jähriger Entwicklungsarbeit war damit der Weg zur Kriegsra- kete, der A4, frei Im April 1937 zog man von Kummersdorf nach Peenemünde auf Usedom um. Hier war ein hochmodernes Testgelände errichtet worden, das sich Luftwaffe und Heer teilten. Oberst Dornberger war von nun an Chef der Heeresversuchsanstalt - münde, dem sogenannten »Werk-Ost« (Der kleinere Westteil gehörte der Luftwaffe). Wernher v. Braun war sein technischer Direktor. Die Mitarbeiterzahl stieg von an- fänglich 80 Mann stetig an und erreichte 1943 mit annähernd 15 000 Personen ihren Höchststand". Im November 1938 erteilte der Oberbefehlshaber des Heeres, Generaloberst v. Brau- chitsch, den Befehl, die Zeit der Entwicklung der A4, die auf etwa vier Jahre ge- schätzt wurde, gleichzeitig schon dazu zu nutzen, ein Werk für die Produktion von jährlich 500 Raketen einzurichten, so daß die Kriegsrakete bereits Ende 1942 zum Einsatz würde kommen können'^. Dornberger bemühte sich im Frühjahr 1939 um die Anerkennung des Projekts auf höchster Ebene. Ein Besuch Hitlers in Kummersdorf enttäuschte in dieser Beziehung völlig, da Hitler keinerlei Interesse an den Plänen einer Kriegsrakete zeigte. Von ihm war vorläufig keine Unterstützung zu erwarten Mit Kriegsbeginn setzte schließlich für Peenemünde ein nicht enden wollender Kampf ums Überleben ein, denn wie es in Hitlers erster Dringlichkeitsrangordnung der Fertigungsprogramme vom 7. September 1939 hieß, war »die Versorgung der kämpfenden Wehrmacht« die »vordringliche Aufgabe der deutschen Wirtschaft« Dies bedeutete für die Raketenentwicklung, daß eine Weiterarbeit an der A4 nur dann gesichert werden konnte, wenn es gelang, die hierfür dringend benötigten Roh- stoffe und Arbeitskräfte zu erhalten. In dieser Notlage erwies sich Generaloberst v. Brauchitsch als rettender Helfer, indem er etwa 3500 bis 4000 Soldaten mit techni- scher Vorbildung nach Peenemünde abkommandierte, die hier zur Beschleunigung der Entwicklungsarbeiten herangezogen wurden. Die Soldaten wurden als »Ver- suchskommando-Nord« (VKN) angeblich zur Ausbildung geschickt und bildeten von nun an das Rückgrat Peenemündes. Sie waren der Kern der späteren V2-Einheiten^'. Zudem gelang es, dem »Vorhaben Peenemünde« am 11. Oktober 1939 in der neuen Dringlichkeitsregelung des WiRüAmtes (Wehrwirtschafts- und Rüstungsamtes im OKW) die höchste Prioritätsstufe I innerhalb der Heeresrüstung zu erteilen Die Freude über den scheinbar gelungenen Durchbruch des Projekts war aber nicht von langer Dauer, denn am 21. November schaltete sich Hitler persönlich ein und ordnete an, daß von nun an ausschließlich die Entwicklung der Rakete betrieben wer- den solle. Dies bedeutete, daß alle Baumaßnahmen, die mit der geplanten Massenfer- tigung zusammenhingen, verboten waren. Somit war der Befehl Brauchitschs für eine parallellaufende Entwicklung und Vorbereitung der Serienfertigung hinfällig gewor- den Darüber hinaus drosselte Hitler in der Folgezeit die Stahlzuteilung für Peenemünde um mehr als zwei DritteF^ Nach der erfolgreichen Beendigung des Westfeldzuges traf das Raketenprojekt der nächste Schlag, als es im Juli 1940 aus der Prioritätsliste gestrichen wurde, in der es seit dem 11. Oktober 1939 gestanden hatte Durch einen Erlaß des OKW vom 20. Juli 1940 wurde Peenemünde schließlich noch gezwungen, 1000 polnische Zwangsarbeiter abzugeben, wodurch sich sein Fehlbedarf an Arbeits- kräften auf 3000 Mann steigerte". In dieser Situation war es erneut der Oberbefehlshaber des Heeres, Generalfeldmar- schall V. Brauchitsch, der Peenemünde, wie schon zu Kriegsbeginn, vor der Stillegung bewahrte. Schon am 27. Juli informierte er das Heereswaffenamt von seiner Absicht, 98 »die wichtigsten Waffen- und Munitionsarten, die in Peenemünde gefertigt werden. in die Dringlichkeitsstufe I bei Mangelwaffen und -gerät eingliedern zu lassen«". Durch diesen Etikettenschwindel gelang es am 7. August 1940, das Raketenprojekt unter der Tarnbezeichnung »R.Sp.-Gerät II« (Rauch-Spur-Gerät II) sozusagen durch die Hintertür wieder in die Dringlichkeitsliste aufzunehmen. So konnte Brauchitsch sieben Tage später an Dornberger schreiben: »Abzug von Arbeitskräften bei für Pee- nemünde fertigenden Firmen unterbinden und bereits abgezogene zurückführen.«^' Eine weitere, wertvolle Hilfe stellte in dieser Situation auch der »Generalbauinspektor für die Reichshauptstadt« Albert Speer dar, der am 15. August 1940 die oberste Bau- leitung für Peenemünde übernahm. Da er vom Raketenprojekt fasziniert war, baute er ohne das Wissen Hitlers die Anlagen eigenmächtig weiter aus^'. Knapp ein Jahr später drohte der Heeresversuchsanstalt schon wieder Gefahr, denn Rüstungsminister Fritz Todt startete im Juli 1941 eine große Aktion zur Einsparung von Bauvolumen, in deren Rahmen er auch von Peenemünde einschneidende Spar- maßnahmen forderte. Dornberger reagierte auf diese Bedrohung mit einem Vortrag, der die Vorteile der Kriegsrakete in den höchsten Tönen pries. Unter dem Stichpunkt »Einsatzmöglichkeiten der Fernrakete« schloß er am 31. Juli die schwindende Kampf- kraft der Luftwaffe geschickt in seine Betrachtungen ein, als er erklärte: »Eine durch Abwehrmittel nicht zu störende . . . Beschießung mit großkalibrigen Geschossen bei Tag und Nacht und unabhängig vom Wetter würde neben der materiellen Wirkung besonders größte moralische Erfolge erzielen, auch bei einer nicht mehr vorhandenen Luftüberlegenheit«^^. Vergleicht man diese Aussagen Dornbergers mit früheren An- kündigungen aus dem Jahr 1939, nach denen die Rakete bei einer Reichweite von 270 km lediglich »einige 100 m nach Länge und Seite« vom anvisierten Ziel hätte abwei- chen sollen^', so fällt ein entscheidender Wandel auf: War die Rakete des Jahres 1939 tatsächlich noch eine Waffe, die militärische Ziele wie Bahnhöfe, Depots und Häfen hätte treffen können, so wurde nun die »materielle Wirkung« zur Nebensache. Die Anspielung auf »größte moralische Erfolge« bedeutete im Klartext, daß die Rakete zur Terrorwaffe geworden war. Noch bevor eine Resonanz auf Dornbergers Aussagen zu erkennen war, verfügte Mi- nister Todt am 18. August 1941 eine Kürzung des Bauprogramms von Peenemünde um mehr als die Hälfte^'. Nun konnte nur noch eine Entscheidung Hitlers das Pro- jekt retten. Es gelang Dornberger am 20. August, zum Vortrag vorgelassen zu wer- den. Nun, nach der verlorenen Luftschlacht um England, zeigte Hitler Interesse an den Ausführungen über die Einsatzmöglichkeiten der Kriegsrakete. Unter dem Hin- weis, »daß diese Entwicklung von revolutionierender Bedeutung für die Kriegsführung der ganzen Welt sei«, hob er die Restriktionsmaßnahmen bei der Stahlzuteilung auf und genehmigte nun neben der Entwicklung der Rakete auch endlich die Vorberei- tungen für die Serienfabrikation in der höchsten Dringlichkeitsstufe^®. Von entscheidender Bedeutung für die weitere Förderung Peenemündes war die Er- nennung Albert Speers zum Reichsminister für Bewaffnung und Munition am 9. Fe- bruar 1942. Speer, der seine Sympathie für das Raketenprogramm bereits als Bauleiter bewiesen hatte, benutzte nun seinen Einfluß bei Hitler zur Förderung dieser Idee. Hierbei kam ihm die Tatsache zu Hilfe, daß die Royal Air Force (RAF) in der Nacht vom 28. zum 29. März 1942 mit dem Angriff auf Lübeck das systematische Bombar- dement der deutschen Städte begann. Hitler verlangte nun ohne Rücksicht auf Reali- täten, denn noch war keine einzige A4 geflogen, Vergeltung durch die Rakete. Zu diesem Zweck sollten in einem gewaltigen Feuerschlag 5000 A4 gleichzeitig als Salve verschossen werden^'. Am 3. Oktober 1942 gelang schließlich der lang erwartete erste erfolgreiche Flug ei- ner A4. Nachdem die ersten drei Testraketen zuvor alle versagt hatten, war dieses po- 99 sitive Ergebnis dringend nötig gewesen, denn neben Hitler hatten selbst die treuesten Förderer Peenemündes wie Brauchitsch und Speer zu zweifeln begonnen. Speer setzte sich nun erneut für die Kriegsrai^ete ein und brachte Hitler am 22. November 1942 ein Memorandum Peenemündes mit, in dem Vorschläge für den Einsatz der Ra- kete gegen England gemacht wurden. Dieser Vorstoß brachte endlich den gewünsch- ten Erfolg. Speer notierte: »Der Führer nimmt mit großem Interesse von der Produk- tionsplanung für A4 Kenntnis und glaubt, daß — wenn die notwendigen Mengen rechtzeitig erzeugt werden können — man England mit dieser Waffe sehr stark be- eindrucken kann.«^^ Einen Monat später unterschrieb Hitler den Befehl zur Serienproduktion der Zur Durchführung dieser Aufgabe gründete Speer den »Sonderausschuß A4« unter der Leitung von Gerhard Degenkolb. Damit war das Raketenprogramm in die Selbst- verantwortungsorganisation seines Ministeriums eingegliedert'"'.

Zu dieser Zeit, im Dezember 1942, begann in Peenemünde-West, dem Luftwaffenteil des Geländes, die Erprobung einer kreiselgesteuerten, düsengetriebenen Flugbombe, die ebenfalls als Fernwaffe gegen England zum Einsatz kommen sollte. Die Entschei- dung für diese Entwicklung war wesentlich durch die Tatsache beeinflußt worden, daß die Bombergeschwader der Luftwaffe wegen fehlender Luftüberlegenheit nicht mehr über England operieren konnten. Dieser ohnehin schwere Prestigeverlust war noch dadurch verstärkt worden, daß sich das Heer mittlerweile anschickte, mit der Rakete gerade die Aufgabe zu erfüllen, die eigentlich von der Luftwaffe hätte erledigt werden sollen. Hier lagen denn auch die Ursachen für die erbitterte Konkurrenz der Luftwaffe gegen das Fernwaffenprojekt des Heeres. Es war in dieser Situation Gene- ralfeldmarschall Milch, der sich vehement für die Flugbombe einsetzte. Die Entwick- lung der Waffe wurde durch die Firma Fieseier betrieben, die der Flugbombe die Ty- penbezeichnung Fieseier Fi 103 gab''. Der erste Katapultstart der knapp 8 m langen Flugbombe erfolgte am 24. Dezember 1942. Die nun einsetzende Erprobungsarbeit wurde wesentlich durch den Umstand erschwert, daß alle Baugruppen der Flugbombe (Zelle, Triebwerk, Steuerung) auf einmal getestet werden mußten. Wegen der hohen Dringlichkeit des Projekts — man wollte eher einsatzbereit sein als das Heer — konnte man sich nicht die Zeit nehmen, alle Konstruktionselemente einzeln zu überprüfen''.

Zur gleichen Zeit ging eine dritte Fernwaffe zum Einsatz gegen England in die Erpro- bung. Es handelte sich um die vierstufige Pulverrakete »Rheinbote«, die von der Firma Rheinmetall-Borsig entwickelt wurde. Das Konzept für diese Konstruktion war bereits im April 1941 von Dr. Heinrich Klein dem Heereswaffenamt vorgelegt wor- den. Hier war Klein dann in der für die Raketenentwicklung zuständigen Abteilung WaPrüf 11 unter Dornberger auf Ablehnung gestoßen. Dornberger hatte seine Hal- tung mit dem allgemeinen Pulvermangel begründet und auf die Arbeiten an der A4 verwiesen, die ohnehin bald abgeschlossen sein würden. Wenig später fand Klein dann in der Artillerieabteilung des Heereswaffenamtes Unterstützung, wo man der einseitigen Ausrichtung auf die Flüssigkeitsrakete ablehnend gegenüberstand. Dem Inspekteur der schweren Artillerie, General Hüther, war es in dieser Auseinanderset- zung schließlich gelungen, vom Chef des Amtes, General Leeb, die Genehmigung ei- ner begrenzten Entwicklung von Pulverraketen nach dem Mehrstufenprinzip zu er- halten. Da diesen Arbeiten keinerlei Dringlichkeit bescheinigt worden war, konnte nun erst, im Dezember 1942, bei Leba an der pommerschen Küste, die Erprobung der Pulverrakete in ihrer Endkonzeption beginnen. Der »Rheinbote« sollte als unge- steuerter, ballistischer Flugkörper bei einer Länge von knapp 12 m einen Sprengkopf von 40 kg über eine Entfernung von mindestens 160 km verschießen können'^. Damit 100 war die paradoxe Situation entstanden, daß innerhalb des Heereswaffenamtes zwei konkurrierende Gruppen die Entwicklung einer Fernwaffe betrieben, die als Terror- waffe gegen England eingesetzt werden sollte.

Mitte Mai 1943 wurde Hitler schließlich von Speer und Kommerzienrat Röchling auf eine vierte Fernwaffe, ein Ferngeschütz besonderer Bauart aufmerksam gemacht. Das sogenannte Mehrfachkammer-Geschütz bestand aus einem außergewöhnlich langen Kanonenlauf, an dem zusätzliche Pulverkammern mit Treibladungen angebracht wa- ren. Wurde das Geschütz abgefeuert, so beschleunigte der Gasdruck einer Kartusche am Rohrende die Granate durch den Lauf. Sobald die Granate eine der Pulverkam- mern am Lauf passierte, zündete die hier vorhandene Kartusche und beschleunigte die Granate weiter. Dieser Vorgang wiederholte sich an jeder Kammer neu, bis die Granate ihre vorgesehene Geschwindigkeit erreicht hatte und das Geschützrohr ver- ließ. Nach den Plänen des Oberingenieurs der Röchlingschen Eisen- und Stahlwerke, August Coenders, sollten 25 oder 50 solcher Geschütze London stündlich mit einem Hagel von 300 bzw. 600 Granaten überschütten. Hitler zeigte sofort reges Interesse an der sogenannten »Hochdruckpumpe« und befahl die Aufnahme der Entwicklungs- arbeiten. Die Erprobung der Versuchsgeräte mit dem Kaliber 15 cm sollte in Hillers- leben, nordwestlich von Magdeburg, und in Misdroy auf Wollin, in der pommerschen Bucht, durchgeführt werden^'.

Für die Serienproduktion der Rakete A4 waren in der Zwischenzeit die Zeppelin- Luftschiffbau GmbH in Friedrichshafen, die Rax-Werke in Wiener-Neustadt und das Versuchsserienwerk in Peenemünde-Ost ausgewählt worden. Die Produktionsanla- gen standen kurz vor der Inbetriebnahme, als sie drei schwere Schläge trafen: Am 22. Juni 1943 vernichtete ein Bombenangriff der Royal Air Force, der gegen die dortige Radargeräteproduktion gerichtet war, die Anlagen der Zeppelin-Werke. Am 13. Au- gust bombardierten die Amerikaner die Rax-Werke, um die dort vermutete Fugzeug- produktion zu treffen. In der Nacht vom 17. auf den 18. August wurde schließlich Peenemünde-Ost durch 520 Bomber der RAF angegriffen. Die beabsichtigte Aus- schaltung der Heeresversuchsanstalt mißlang jedoch. Der materielle Schaden war ver- gleichsweise gering^'. In dieser Situation nutzte der Reichsführer-SS, Heinrich Himmler, der von Dornber- ger schon mehrfach um Vermittlung bei Hitler gebeten worden war, die Gelegenheit, um seinen Einfluß in die Raketenentwicklung einzubringen. Um den weiteren Ablauf des A4-Programms zu gewährleisten, schlug er vor, die Erprobung der Rakete von nun an unter Aufsicht der SS in Biizna in Polen durchzuführen. Die Produktion sollte in einem unterirdischen Werk durch den Einsatz von KZ-Häftlingen gewährleistet werden. Hitler stimmte diesen Vorschlägen zu. Himmler beauftragte mit der Durch- führung der Aufgabe SS-Brigadeführer Hans Kammler. Mit der Übertragung der Verantwortung für Entwicklung und Fertigung der A4 war der SS der Einbruch in das Ressort Speers gelungen''®.

Auch beim Fern Waffenprojekt der Luftwaffe ergaben sich zu dieser Zeit Produktions- schwierigkeiten. Im September 1943 nahm das VW-Werk in Fallersleben die Serien- fertigung zu einem Zeitpunkt auf, an dem nach dem ursprünglichen Plan bereits 600 Flugbomben hätten fertiggestellt sein müssen. Neben technischen Unzulänglichkeiten der Fi 103-Entwicklung war es der gravierende Mangel an Facharbeitern, der dazu führte, daß die verlangten Stückzahlen auch nicht annähernd erreicht wurden. Ende September erreichte das Werk Fallersleben nur einen Tagesausstoß von zwei Flug- bomben"*^. Zur Behebung dieser Schwierigkeiten waren bei den Fieseier-Werken in Kassel wei- 101 tere Fließbänder für die Serienproduktion der Fi 103 fertiggestellt worden. Kurz vor ihrer Inbetriebnahme wurden sie durch die Royal Air Force bei einem Angriff gegen die in diesem Raum ansässige Flugzeugindustrie am 22. Oktober zerstört. Nun wurde auch auf den geplanten Bau einer weiteren Flugbombenfabrik in Rothwesten, nord- östlich von Kassel, verzichtet. Die Aufgabe des Fi 103-Programms wurde vom Ober- kommando der Luftwaffe (OKL) erwogen. Schließlich wurde die gesamte Produk- tion nach Süddeutschland verlegt, wo Fieseier in Cham, nordöstlich von Regensburg, ein Zweigwerk besaß. Als Folge dieser Verlegung war es Fieseier monatelang nicht möglich, auch nur zwei Musterzellen pro Monat herzustellen"*^. Inzwischen war auch die Erprobung der Fi 103 an einem toten Punkt angekommen. Immer wieder waren Flugbomben schon beim Start, bei dem erhebliche Beschleuni- gungskräfte auftraten, auseinandergebrochen. Ende November 1943 wurde deshalb die Serienfertigung eingestellt. Die Tragflächen und Mittelstücke für 2000 Flugbom- ben, die bis zu diesem Zeitpunkt gebaut worden waren, mußten verschrottet werden. Das Reichsluftfahrtministerium verlangte den Bau von 100 Fi 103, bei denen die aller- neuesten Änderungen und Verbesserungen berücksichtigt werden sollten. Der Erfolg oder Nichterfolg dieser Baureihe sollte dann über das weitere Schicksal des Gesamt- programms entscheiden"*'.

Gegen Jahresende 1943 war in Niedersachswerfen bei Nordhausen im Harz unter Kammlers Leitung das unterirdische »« so weit fertiggestellt worden, daß die Produktion der Rakete anlaufen konnte. Die ersten Exemplare, die von KZ-Häft- lingen unter mörderischen Bedingungen zusammengebaut wurden, waren jedoch von so schlechter Qualität, daß sie nicht einmal für Prüfstandversuche verwendet werden konnten. Sie wiesen Hunderte von Lecks, Bruchstellen, falsche Anschlüsse und an- dere Produktionsfehler auf. Von Peenemünde aus versuchte man mit Verbesserungs- vorschlägen Abhilfe zu schaffen. In besonderen Fällen wurden Spezialisten in das Mittelwerk geschickt, um vor Ort Anregungen zur Verbesserung der Qualität geben zu können"*^.

Ende Oktober 1943 war auf dem Artillerie-Versuchsgelände Hillersleben ein erstes 15-cm-Geschütz der »Hochdruckpumpe« in voller Größe zusammengebaut worden. Im Januar 1944 konnte auch in Misdroy ein Geschütz mit dem vollen Kaliber errich- tet werden. Die Schießversuche, die allerdings noch nicht mit voller Pulverladung er- folgten, verliefen zufriedenstellend. Hitler, der das Geschütz gegenüber Flugbombe und Rakete klar bevorzugte, verlangte Ende Januar die Vervierfachung der Muni- tionsproduktion für die »Hochdruckpumpe«"*^.

Das Projekt der Stufenrakete »Rheinbote« entging im April 1944 knapp der Stille- gung. Es waren zu dieser Zeit nämlich nur Entwicklungen in der höchsten Dringlich- keitsstufe zugelassen, die die Stufenrakete eben nicht besaß. Speer drohte allen Be- triebsführern, die sich diesem Befehl widersetzten, mit schwerster Bestrafung. Oberst- leutnant Tröller, der für den »Rheinboten« verantwortliche Offizier des Heereswaf- fenamtes, fand einen Ausweg, indem er die Konkurrenz zwischen Heer und SS aus- nutzte. Er behauptete gegenüber General Hüther einfach, daß sich das im Aufbau befindliche Waffenamt der SS für die Stufenrakete interessieren würde. Diese »Mel- dung« verfehlte ihre Wirkung nicht. Nachdem Hüther den für die Waffenrüstung zu- ständigen General Olbricht und den Befehlshaber des Ersatzheeres, Generaloberst Fromm, deren negative Einstellung zu den Machtansprüchen der SS bekannt war, in- formiert hatte, wurden die notwendigen Rohstoffmengen für die Produktion von 200 Fernraketen »Rheinbote« zur Verfügung gestellt"*^.

Bei der Erprobung der A4 im polnischen hatte sich mittlerweile ein Fehler der 102 Konstruktion gezeigt. Etwa 60% der Raketen brachen bereits zwei bis drei Kilometer vor dem Aufschlag in der Luft auseinander. Bis Mitte März 1944 waren von 57 Start- versuchen nur 26 erfolgreich verlaufen. Lediglich vier Raketen erreichten ihr vorbe- stimmtes ZieF.

In dieser Zeit verlagerte sich Hitlers Interesse zur Flugbombe, die bei der Erprobung im Mai 1944 endlich deutliche Verbesserungen zeigte. Milch trieb daraufhin die Pro- duktion der Fi 103 voran, die nun auch zum Teil in das Mittelwerk verlegt wurde. Die erste Vergeltungswaffe war einsatzbereit. Hitler ordnete am 16. Mai an, daß das Feuer Mitte Juni eröffnet werden sollte'".

Die Entwicklung, die letzten Endes zum Einsatz der Vergeltungswaffen führte, wäre ohne das Scheitern von Hitlers Englandpolitik undenkbar gewesen. Schon in »Mein Kampf« hatte er mehrfach die Bedeutung eines Bündnisses mit England für seine ex- pansive Ostpolitik hervorgehoben: »Nur mit England allein vermochte man, den Rük- ken gedeckt, den neuen Germanenzug zu beginnen.«'" Mit der Kriegserklärung, die England am 3. September 1939 Deutschland überreichte, war dieses Konzept für ei- nen ungehinderten Rußlandfeldzug gescheitert. Nach anfänglicher Überraschung, die bis zum Kriegsende einer zunehmenden Verbitterung Platz machte, bemühte sich Hitler, die oben angeführte Idealkonstellation für »seinen Krieg« durch Druck her- beizuführen. So äußerte er sich am 26. Juni 1940: »Ich will mich mit (England) ver- ständigen, ich will es nicht besiegen. Ich will es zwingen, meine Freundschaft anzu- nehmen und das ganze jüdische Gesindel, das gegen mich hetzt, davonzujagen. Das Mittel zu diesem Zweck sollte die deutsche Luftwaffe sein, die sich bis zu diesem Zeitpunkt jedem Gegner als weit überlegen erwiesen hatte. So bemerkte Hitler Ende August 1940: »Zwei Wochen gutes Flugwetter, und wir werden England so schwer bombardieren, daß Churchill ohne Invasion aufgeben muß.«'' Selbst nach der Niederlage in der Luftschlacht um England hielt Hitler an dem Kon- zept fest, Churchill allein durch den Einsatz von Bomberverbänden zum Einlenken zwingen zu wollen. In dieser Zeit spielte er in Gedanken bereits mit der totalen Ver- nichtung Londons, obwohl deutsche Piloten noch die strikte Anweisung halten, aus- schließlich militärische Ziele anzugreifen". Nach Einsätzen gegen Hafen-und Industrieanlagen der englischen Hauptstadt An- fang September 1940 wurden die Bomber der Luftwaffe durch die Stärke der engli- schen Abwehr gezwungen, zur Taktik der Nachtangriffe überzugehen. Von Novem- ber an wurden dann Einsätze gegen London als dem Hauptziel der Angriffe und ge- gen englische Industriestädte geflogen, die jedoch zu schwach waren, um irgendeine nachhaltige "Wirkung erzielen zu können. Anfang Mai 1941 wurden diese Einsätze mit drei schweren Angriffen gegen London beendet. Der Rußlandfeldzug, der schließlich zwei Drittel aller Frontverbände der Luftwaffe binden sollte, stand vor der Tür. Für den Luftkrieg gegen England blieben nur etwa 299 Bomber zurück, von de- nen lediglich die Hälfte wirklich einsatzbereit war'^. Diese enorme Schwächung der Bomberverbände im Westen konnte nie mehr ausge- glichen werden. Als Instrument zur Einschüchterung oder Erpressung Englands im Hitlerschen Sinn mußte die Luftwaffe in der Folgezeit zwangsläufig scheitern. Das Jahr 1942 brachte eine entscheidende Radikalisierung in Hitlers Haltung zum Bombenkrieg gegen die britische Insel mit sich. Unter dem Eindruck der englischen Flächenbombardements gegen deutsche Städte, die ihr Schöpfer, Luftmarschall Har- ris, als »morale bombing« bezeichnete, gelangten Hitler und Goebbels in gemeinsa- men Unterredungen zu der Überzeugung, daß ausschließlich Terrorangriffe England zur Aufgabe seiner feindseligen Haltung gegenüber Deutschland würden zwingen können'''. 103 Die Erwägung reiner Terrorangriffe war dabei keineswegs neu. Schon vor Kriegsaus- bruch war in Denkschriften auf ihre psychologische Wirkung hingewiesen worden. Als typisches Beispiel für diese Denkweise sei hier Generaloberst Jodl zitiert, der am 30. Juni 1940 zu Luftangriffen, die sich gegen die englische Kriegswinschaft richten sollten, vorschlug: »Verbunden mit Propaganda und zeitweiligen Terror-Angriffen — als Vergeltung erklärt (!) — wird diese zunehmende Schwächung der englischen Ernährungsbasis den Widerstandswillen des Volkes lähmen und endlich brechen und da- mit seine Regierung zur Kapitulation zwingen.«^^ Gemeinsam war allen diesen Konzepten, daß sie im Terrorangriff nur ein Mittel unter anderen sahen, das zur Erringung des Sieges beitragen sollte. Dem entsprach auch die Praxis des Luftkrieges gegen England in den Jahren 1940 und 1941. So war bei den Angriffen, die sich primär gegen militärische Ziele richteten, die Grenze zu Terroran- griffen immer fließend, da bei der mangelnden Treffgenauigkeit der Bomber die im Zielgebiet ansässige Zivilbevölkerung zwangsläufig mit betroffen war. Dieser Effekt wurde aber in allen Fällen gewissermaßen als willkommene Dreingabe betrachtet, die im oben angeführten Sinne helfen sollte, den Gegner schneller niederzuwerfen. Im April 1942 hatte sich in diesem Zusammenhang die Situation jedoch insofern verän- dert, als Hitler und Goebbels im Kampf gegen England ausschließlich dem Terroran- griff als einzigem Mittel eine entscheidende Wirkung zusprachen. Die Luftwaffe war dieser Aufgabe sowohl in quantitativer wie qualitativer Hinsicht nicht mehr gewach- sen. Ende Juli 1942 zwangen hohe Verluste zur Aufgabe der Nachtangriffe gegen England. Auch die Ernennung des Inspekteurs der Bomber, Oberst Dietrich Peltz, zum »Angriffsführer England« im März 1943 brachte keine Änderung^^.

In dieser Situation wandte sich Hitler unter Umgehung der Luftwaffenführung an die bekanntesten Flugzeugkonstrukteure. Der Zweck dieser Unterredungen stand in en- gem Zusammenhang mit seinen Vergeltungsabsichten gegen England. Ernst Heinkel berichtete von seinem Gespräch am 23. Mai 1943: »Schließlich entwickelte Hitler eine Idee, die offenbar zu einer Lieblingsidee geworden war. Er wünschte sich vierzig oder fünfzig Flugzeuge, die (in) 14 000 Meter Höhe unerreichbar für feindliche Jäger, über England fliegen und — sich ständig abwechselnd — Tag und Nacht über Lon- don erscheinen und jeweils eine Bombe (!) werfen konnten. Er sagte: >Durch solche ständigen Bombenangriffe hört das Leben einfach auf.< Das entsprach seinem verzeh- renden Wunsch, noch irgendwie gegen England zurückzuschlagen.«^^ Als seine Gespräche mit den Konstrukteuren ergaben, daß die Industrie nicht in der Lage war, die gewünschten Hochleistungsflugzeuge zu liefern, wandte sich Hitler auf der Suche nach einem Ausweg endgültig den V-Waffen zu, die sich nahtlos in sein oben dargelegtes Terrorkonzept einfügen ließen. Bereits drei Tage nach der Unterre- dung mit Heinkel stimmte er im Anschluß an ein Vergleichsschießen in Peenemünde dem Einsatz sowohl von Flugbombe wie Rakete zu und gab ihrer Entwicklung die höchste Priorität^'.

Am 1. Dezember 1943 stimmte Hitler der Aufstellung des »Generalkommandos LXV. Armeekorps z.b.V.« zu, das den Einsatz der Fernwaffen gegen England führen sollte. Es hatte einen Sonderstatus, da es als einziges OKW-Armeekorps dem Wehr- machtführungsstab unmittelbar unterstellt war. Zudem besaß es die Besonderheit, gleichzeitig über Truppenkörper der Luftwaffe und des Heeres die Befehlsbefugnis auszuüben. Diese Eigenart spiegelte sich in seinem Aufbau wider: Der Kommandie- rende General, Generalleutnant Erich Heinemann, kam als Artillerie-Offizier vom Heer. Der Chef des Generalstabes, Oberst Eugen Walter, war Angehöriger der Luft- waffe. Zwei Drittel des Personals entstammten dem Heer, der Rest der Luftwaffe''. Aus diesem Aufbau ergaben sich in der Folgezeit unzählige Schwierigkeiten, da kei- 104 ner der beiden Wehrmachtteile »seine« Fernwaffe aus der Hand geben wollte. Zur Führung des Flugbombeneinsatzes hatte die Luftwaffe im August 1943 unter dem Kommando von Oberst Max Wachtel das Flakregiment 155 (W) aufgestelh. Diese Einheit hatte ihren Ursprung im Lehr- und Erprobungskommando Wachtel, das seit Juni 1943 in Peenemünde-West und Zempin die Erprobung der Fi 103 durchgeführt hatte

Etwa zur gleichen Zeit, in der zweiten Hälfte des Jahres 1943, wurden für den Ein- satz der Rakete A4 — zusätzlich zu der schon existierenden Lehr- und Versuchsbat- terie 444 — die Artillerie-Abteilungen 836 und 485 aufgestellt. Beide Einheiten setz- ten sich aus jeweils drei Batterien zusammen". Als Kommandeur der Fernraketen- Truppen (FR-Truppen) hatte das Armeekorps Generalleutnant Richard Metz vorge- sehen, der zu diesem Zweck von der Ostfront zurückbefohlen worden war. Das Heereswaffenamt wollte jedoch seinen Mann, Generalmajor Dornberger, in dieser Position sehen. Beide Seiten beanspruchten von nun an die Einsatzführung für sich'^.

Bereits im Sommer 1943 hatten in Nordwestfrankreich die umfangreichen Bauarbei- ten für die Abschußstellungen der Fernwaffen begonnen. Für den Einsatz des Flakre- giments 155 (W) war das folgende Stellungssystem ausgearbeitet worden: Die vier schießenden Abteilungen (I—IV) der Einheit bestanden aus jeweils vier Geschützbat- terien (»Geschütz« war der Deckname für das Startkatapult der Flugbombe). Für diese sechzehn Batterien galt es, jeweils vier Einsatzstellungen und zwei Ausweich- stellungen, also insgesamt 96 Feldstellungen zu errichten. Hinzu kamen noch vier Großbunker, die mit einer Lagerkapazität von jeweils 1000 Flugbomben als autarke Abschußzentren dienen sollten".

Für die Fernraketen-Truppen wurden zwei gigantische Bunker mit Lagerraum für je- weils 108 Raketen sowie 45 Feldstellungen gebaut. Die Errichtung der Feldstellungen ging auf einen Bedienungsfehler bei einem Versuchsschießen zurück, bei dem der Starttisch der Rakete in die Erde eingesackt war. Aus dem daraus resultierenden Fehl- start wurde fälschlicherweise der Schluß gezogen, daß die A4 nur von Betonplattfor- men gestartet werden könne. Nach diesem Prinzip wurden nun Feldstellungen ge- baut, die völlig überflüssig waren und zudem die Mobilität der Waffe zunichte mach- ten. Selbst nachdem erwiesen war, daß die Rakete von bohlenverstärktem, kaum vor- bereitetem Boden gestartet werden konnte, wurden diese Arbeiten noch fortgeführt".

Da Hitler als dritte Fernwaffe die »Hochdruckpumpe (HDP)« gegen London zum Einsatz gebracht sehen wollte, wurden im August 1943 auch die Arbeiten an einer gigantischen unterirdischen Abschußaniage aufgenommen, die 50 HDP-Rohre von 130 m Länge aufnehmen sollte. Als Standort war ein Kalkfelsen bei Mimoyecques in der Nähe von Calais ausgewählt worden".

Schon bei seiner ersten Inspektionsreise nach Frankreich hatte der Kommandierende General des LXV-Armeekorps, Generalleutnant Heinemann, erschrocken feststellen müssen, daß die gesamten Anlagen für den Einsatz der Fernwaffen viel zu aufwendig waren, als daß die Baustellen vor der gegnerischen Aufklärung hätten verborgen wer- den können. Seine Befürchtungen bestätigten sich schneller als erwartet. Waren die Großbunker seit Ende November 1943 das Ziel wiederholter Bombenangriffe, so be- gannen am 21. Dezember die Großangriffe gegen die Feldstellungen der Flugbombe. Am Ende des Monats waren bereits 57% aller Baustellen erkannt und 30% mehr oder weniger schwer beschädigt worden'^. Damit der Einsatz überhaupt noch mit Erfolg durchgeführt werden konnte, ergriff das Armeekorps im Januar 1944 einschneidende Maßnahmen, die darin bestanden, 105 daß die Großbunker für Flugbombe und Rakete sowie die Feldstellungen für die Flugbombe völlig aufgegeben wurden. Statt dessen wurde nun der Bau neuer, weniger aufwendiger Feldstellungen unter größtmöglicher Tarnung beschlossen. An den Stel- lungen der alten Art hatten nur noch Scheinreparaturen stattzufinden^^. Tatsächlich konnten in der Folgezeit die Bauarbeiten an den neuen Anlagen ungestört voranschreiten, während die aufgegebenen Stellungen immer wieder bombardiert wurden. Am 16. Mai 1944 ordnete Hitler daraufhin den endgültigen Einsatz der Fernwaffen für Mitte Juni an^'. Zu diesem Zeitpunkt war zwischen dem LXV. Ar- meekorps und dem Flakregiment 155(W) der Meinungsstreit über das Einsatzkonzept der Flugbombe voll entbrannt. In einer Beschwerde an den General der Flakartillerie beklagte sich das Flakregiment am 1. Juni über das Unverständnis auf Seiten des Ar- meekorps, vor allem aber bei Oberst "Walter, die nur theoretisch mit dieser Waffe um- gehen würden. In seiner Kritik warnte es deshalb ausdrücklich: »Unsere Waffe wird zu leicht mit einem Flugzeug oder einer Kanone verwechselt; ihre Wirkung mit der eines Bombenangriffs oder eines Artilleriefeuers!« In diesen Auseinandersetzungen, die sich über die gesamte Zeit des Einsatzes hinziehen sollten, vertrat das Flakregi- ment immer wieder den reinen Terrorcharakter des Einsatzes, indem es betonte, daß »die Wirkung unserer Waffe weniger auf militärisch vernichtendem als auf demorali- sierendem Gebiet liegt«^'. Wenige Stunden nach dem Anlaufen der Invasion am 6. Juni erhielt Generalleutnant Heinemann den Befehl, die Aufrüstung der Feuerstel- lungen und die Bevorratung der Versorgungslager zu veranlassen. Der Einsatzbefehl wurde für die Nacht vom 12. zum 13. Juni erteilt^®. Die vier Abteilungen des Regi- ments hatten ihre Positionen in einem Gürtel, der sich von Calais bis in die Gegend etwa nordöstlich von Rouen erstreckte. Die Lage der sechzehn Batterien verlief zum Schutz gegen Schiffsartillerie und feindliche Kommandounternehmen etwa 20 bis 25 km parallel zur Küste. Aufgrund von Nachschubschwierigkeiten und Organisationsmängeln mißlang die Herstellung der Einsatzbereitschaft zum befohlenen Termin. Das Armeekorps hielt jedoch trotz Warnungen seitens des Regiments an dem befohlenen Termin fest. Die Folge war, daß die Feuereröffnung kläglich mißlang. In der Nacht vom 12. auf den 13. Juni konnten nur 10 Flugbomben gestartet werden, von denen die Hälfte kurz nach Verlassen des Katapults abstürzte. Lediglich vier Flugbomben erreichten Eng- land. Nach diesem Fehlschlag wurde der 15. Juni als neuer Angriffstermin festgesetzt. Die Vorbereitungen wurden nun sorgfältiger getroffen, so daß dieses Mal die Eröff- nung des Feuers gegen »Ziel 42« (London) mit 244 Fi 103 gelang^^ Die Fi 103, die von der Propaganda nun als Vergeltungswaffe 1 — kurz Vi — be- zeichnet wurde, konnte bei einer Reichweite von 233 km eine Sprengladung von 830 kg mit sich führenBeim Überqueren der englischen Küste lag ihre Geschwin- digkeit unterhalb der 600 km/h-Grenze und erreichte erst kurz vor London mit etwa 650 km/h ihren Höchstwert, da am Ende der Flugzeit der Tank fast leer war. Für die Strecke von der Feuerstellung bis zum Ziel benötigte die Vi durchschnittlich etwa 22 Minuten^'. Im Gegensatz zur herkömmlichen Fliegerbombe verursachte sie bei ihrem Aufschlag nur einen relativ flachen Trichter. Ihre Sprengladung löste dadurch eine ungewöhnlich starke Druckwelle aus, die in dichtbesiedelten Gebieten verheerend wirkte. Bei der leichten Bauweise vieler englischer Häuser kam es vor, daß eine ein- zige Flugbombe ganze Straßenzüge zerstörteDie Vi hatte eine Streuung von etwa 15 km. Aus diesem Grund wurde beim Einsatz gegen London die Tower-Bridge nicht als Zielpunkt, sondern ledighch als »Grundrichtungspunkt« bezeichnet Um den Gegner zu überraschen, wurde keine Einsatztaktik über längere Zeit beibe- halten. Starke Feuerüberfälle wechselten sich mit kleinen ab, die wieder durch das Einzelfeuer von wenigen Batterien abgelöst wurden. Zwischendurch wurden Feuer- 106 pausen von einer bis vier Stunden eingelegt. Größere Angriffe wurden vor allem auf Hauptgeschäftszeiten und auf die Öffnungs- und Schließzeiten der Geschäfte und Fa- briken gelegt. Die übrige Munition wurde unregelmäßig auf den Tag, vor allem aber auf die Nacht verteilt. Die sechzehn Batterien des Flakregiments lösten sich auf der langen Front von Calais bis Rouen bei ihrem Einsatz ständig ab, so daß das Feuer im- mer wieder aus einer anderen Richtung kam und sich so der Kontrolle entziehen sollte. Ursprünglich hatte der Einsatzplan den Salvenverschuß von Flugbomben vor- gesehen, der ohne Zweifel die englischen Flak-Kanoniere vor große Probleme gestellt hätte, da bei einem Massenanflug von VI naturgemäß nur ein geringer Prozentsatz der Bomben hätte abgeschossen werden können. Die Mehrzahl von ihnen hätte dann mit ihrer hohen Geschwindigkeit bereits den Flakgürtel überquert, bevor die einzelne Flakstellung auf eine zweite oder gar dritte Maschine zum Schuß gekommen wäre. Diese erfolgversprechende Methode konnte jedoch nie in die Praxis umgesetzt wer- den, da die Synchronisation der einzelnen Feuerstellungen nicht gelang

Nach den englischen Angriffen gegen die Großbunker hatte eine Hälfte des Bunkers für die »Hochdruckpumpe« aufgegeben werden müssen. Der andere Teil der Anlage war danach weitergebaut worden. Anfang Juli 1944 hätte nun der Einbau der 25 Ge- schützrohre beginnen sollen. Mittlerweile hatte man aber bei der Entwicklung der Waffe erkennen müssen, daß sie niemals die für einen Beschuß Londons notwendige Reichweite würde erzielen können. Der Englandeinsatz der HDP, auf den gerade Hitler so gedrängt hatte, war damit illusorisch geworden

Anfang Juli begannen, zusätzlich zum Verschuß der Flugbombe durch das Flakregi- ment, Einsätze, bei denen die Vi durch Bomber des Typs Heinkel He III aus der Luft verschossen wurden. Die Angriffe wurden durch die IIL Gruppe des Kampfge- schwaders (KG) 3 vom 9. Juli an von holländischen Plätzen aus in der Dämmerung oder bei Nacht durchgeführt. Bei einer Sollstärke von 30 Flugzeugen waren es in der Regel jedoch nur zwei bis drei, höchstens fünf bis acht Maschinen, die jeweils einsatz- bereit waren. Bis zum 5. September, dem Tag, an dem die IIL/KG 3 ihre letzten neun Fi 103 gegen London verschoß, konnten insgesamt 300 Flugbomben gegen London, 90 gegen Southampton und 20 gegen Gloucester gestartet werden^'.

In England war man auf die VI-Angriffe gut vorbereitet. Durch hervorragende Auf- klärungsarbeiten hatte man hier schon vor Angriffsbeginn die wesenthchen techni- schen Details der Flugbombe mitsamt ihrer Einsatzplanung erkundet. Besondere Her- vorhebung verdient hierbei der Erfolg der englischen Dechiffrierexperten, denen es durch die Entschlüsselung des deutschen »Enigma«-Codes gelang, den Funkverkehr im Zusammenhang mit der Erprobung der Fi 103 ab Oktober 1943 zu überwachen und sich damit am Testprogramm zu beteiligen^'. Diesen Erkenntnissen entsprechend waren drei Verteidigungszonen geschaffen worden, die sich von der englischen Hauptstadt in südlicher Richtung bis zur Kanalküste erstreckten: Auf Ballonsperren im Süden Londons folgte ein Gürtel mit tiefgestaffelter Flakartillerie, der durch eine Zone abgelöst wurde, die bis zum Kanal reichte und von Jagdflugzeugen kontrolliert wurde'®. Tatsächlich konnten von den englischen Abwehrkräften nach einer Eingewöhnungs- phase etwa 40% aller VI abgeschossen werden. Ende Juni gelang es dem Flakregiment 155(W) trotz laufender Angriffe gegen seine Feuerstellungen, die tausendste Flugbombe zu starten. In dieser Zeit fielen pro Tag etwa 25 Vi auf LondonVor allem die Gebäudeschäden erwiesen sich in der Stadt erheblich höher als erwartet. Die Umgliederung der Verteidigungszonen wurde be- schlossen. Danach gab es vier neue, streng geschiedene Zonen: Die Jagdfliegerzone 107 über der See, die Küstenzone der Flakabwehr, die Binnenlandzone der Jagdmaschi- nen, der Ballongürtel. Die risikoreichen Verschiebungen der Abwehrkräfte in der Mitte der Kämpfe erwiesen sich schon bald als gerechtfertigt. Anfang August konnten mehr als 70% aller Flugbomben abgeschossen werden'^.

Zu dieser Zeit bewirkten die anhaltenden Angriffe der Alliierten gegen die Nach- schublinien des Flakregiments 155(W), daß die Kapazität der Stellungen nicht ausge- lastet werden konnte. Kurioserweise verdankte das Regiment aber gerade diesem Umstand, daß der Einsatz fortgesetzt werden konnte. Eine höhere Verschußquote hätte wegen der geringen Personalstärke nicht auf längere Zeit durchgehalten werden können und die Kräfte des Regiments unweigerlich überfordert. Wenn unter diesen Umständen am 22. Juli 1944 die fünftausendste Flugbombe gegen England verschos- sen werden konnte, war dies Ausdruck des bis zur Erschöpfung gehenden Einsatzwil- lens der Truppe, die davon überzeugt war, zu einer entscheidenden Wende des Krie- ges beitragen zu können'^.

Nachdem es der SS bereits gelungen war, die Verantwortung für die Raketenferti- gung zu erhalten, brachte sie das Attentat auf Hitler am 20. Juli 1944 einen entschei- denden Schritt auf diesem Weg weiter. Noch am gleichen Tag ernannte Hitler den Reichsführer-SS, Heinrich Himmler, zum Nachfolger von Generaloberst Fromm, der in die Vorgänge um den Anschlag verstrickt war. Damit war Himmler als Befehlsha- ber des Ersatzheeres und Chef der Heeresrüstung das Raketenprogramm von nun an unterstellt. Am 6. August ernannte er SS-Gruppenführer Kammler zu seinem Sonder- bevollmächtigten in A4-Angelegenheiten. Damit beanspruchte Kammler sowohl die Fertigung wie auch die Einsatzführung der Rakete für sich. Es kam deshalb in der Folge zu einer heftigen Kontroverse mit dem LXV. Armeekorps einerseits, das für Generalleutnant Metz die Einsatzführung beanspruchte, und mit Generalmajor Dornberger andererseits, der dieselbe Forderung erhob. Wie schwach die Position des OKW gegenüber Himmlers Günstling war, mußte das Generalkommando (als OKW-Armeekorps!) am 2. September 1944 erfahren, als es vom Wehrmachtfüh- rungsstab den Bescheid erhielt, daß allein Gruppenführer Kammler den Einsatz leiten würde. Die SS hatte einen weiteren Sieg errungen

Einen Tag zuvor war der Einsatz des Flakregiments 155(W) beendet worden, denn die heranrückenden Invasionstruppen der Alliierten hatten zur Aufgabe der Feuerstel- lungen in Frankreich gezwungen. Nach dem Verschuß von 8617 VI war London für die Flugbomben des Flakregiments nicht mehr erreichbar

Nun versammelten sich die Fernraketen-Truppen, die in zwei Gruppen eingeteilt worden waren, in ihren Einsatzräumen. Die Gruppe Nord unter dem Kommando von Major V. Ploetz (später Major Schulz) setzte sich aus der Artillerie-Abteilung 485, der Lehr- und Versuchsbatterie 444 und der SS-Werferbatterie 500 zusammen. Sie hatte ihre Feuerstellungen in den Räumen Burgsteinfurt, Staveren, Ommen, Wassenaar/ Den Haag, Heek van Holland und Middelburg. Die Gruppe Süd unter dem Kommando von Major Weber wurde durch die Artillerie- Abteilung 836 gebildet. Sie hatte ihre Feuerstellungen in den Räumen Euskirchen, Hachenburg, St. Vith, Hermeskeil und Merzig. Anfang September 1944 waren noch nicht alle Batterien dieser Einheiten einsatzbereit, da sich ein Teil von ihnen noch im Aufbau befand. Erst nach Abschluß dieser Arbeiten Ende Oktober verfügte Kammler über acht FR-Batterien mit insgesamt 24 Schieß-Zügen für den mobilen Einsatz der Fernrakete'^. Zur Leitung der A4-Operationen wurde unter Kammler die Division z.V. (zur Vergeltung) aufgestellt. Die ersten vier Raketen wurden am 7. September je zur Hälfte gegen Paris und London verschossen 108 Die A4, die nun die Bezeichnung V2 erhielt, konnte über eine Reichweite von etwa 320 km einen Sprengkopf von 976 kg mit sich führen. Kurz vor Brennschluß des Triebwerks erreichte sie eine Höchstgeschwindigkeit von ca. 5500 km/h. Anschlie- ßend flog die kreiselgesteuerte Rakete auf einer parabelförmigen Flugbahn noch bis zu einer Gipfelhöhe von 97 km, bevor sie, immer schneller werdend, auf die Erde zu- rückstürzte. Von den Abschußrampen in Holland dauerte der durchschnittliche Flug einer V2 bis London 5 Minuten und 20 Sekunden. Die Aufschlaggeschwindigkeit von 3240 bis 3600 km/h machte jede Abwehr unmöglich. Bei den Angriffen gegen Lon- don betrug die mittlere Abweichung vom Zielpunkt etwa 17 km. Auf kürzere Entfer- nungen, wie etwa beim Einsatz gegen Antwerpen, verringerte sich diese Streuung. Zur Erhöhung der Zielgenauigkeit konnten bei der V2 mit Hilfe eines Leitstrahls in der Anfangsphase des Fluges noch Kurskorrekturen durchgeführt werden. Theore- tisch sollte dadurch eine vier Quadratkilometer große Fläche getroffen werden kön- nen. In der Praxis war dieses Verfahren wegen topographischer Eigenheiten des Ge- ländes oft nicht möglich. Außerdem wurde zumeist auf die Leitstrahlkorrektur ver- zichtet, da sie durch funktechnische Gegenmaßnahmen zu stören war. Nur etwa ein Viertel aller im Einsatz verschossenen A4 wurde mit Hilfe des Leitstrahls im angetrie- benen Teil der Flugbahn gesteuert". Die Sprengwirkung der A4 war im Vergleich zu der der Flugbombe schwächer. A4- Treffer auf freien Plätzen blieben daher relativ wirkungslos. Im Einschlagpunkt be- wirkte die Rakete dagegen einen wesentlich höheren Zerstörungsgrad, da sie vor der Explosion tief in den Boden eindrang und sich ihre Sprengwirkung infolgedessen di- rekt nach oben entwickelte. Beim Einsatz der V2 war eine exakte Kontrolle der Tref- ferlage genausowenig möglich wie bei der ViEine Fernraketen-Artillerie-Abtei- lung verfügte über drei Batterien mit insgesamt neun Schieß-Zügen. Bei der Auswahl der Feuerstellungen waren die A4-Einheiten, entgegen der ursprünglichen Annahme, an keine festen Startplätze gebunden. Als Unterlage für den Starttisch konnten As- phaltstraßen, gepflasterte Wege, aber auch fester Sandboden gewählt werden. Die idealste Tarnung gewährte der Verschuß von Waldlichtungen, die gerade genügend Platz für die notwendigen Gerätschaften boten. Solche Feuerstellungen waren zudem windgeschützt, was für den Start der Rakete von besonderer Bedeutung war, da die V2 beim langsamen Abheben durch Windböen aus der Richtung gebracht werden konnte. Für den Einsatz wurden in der Regel Dämmerungsstunden gewählt, die den größten Schutz gegen eine Entdeckung boten. Nach dem Start der Rakete konnte der Schieß-Zug innerhalb von 30 Minuten die Stellung verlassen. Diese hohe Mobilität in Verbindung mit einer zur Perfektion getriebenen Tarnung machte die Einsatzgrup- pen nahezu unangreifbar. Tatsächlich ist kein einziger Fall bekannt, in dem eine Feuerstellung entdeckt wurde und der Verschuß der Rakete verhindert werden konnte'®.

Nach dem Rückzug des Flakregiments 155(W) aus Frankreich waren auch die Bom- ber der III./KG 3 nach Deutschland zurückbefohlen worden. In der Zwischenzeit war diese Gruppe in I./KG 53 umbenannt und durch die IL/KG 53 ergänzt wor- den. Diese Bomber sollten von nun an dafür sorgen, daß der Strom der VI nach Lon- don nicht abriß. Bei einer Iststärke von 50 Maschinen wurden die Angriffe am 16. September 1944 wieder aufgenommen. Auf die Bekämpfung anderer Ziele mußte mit Ausnahme eines Angriffs gegen Manchester am 24. Dezember verzichtet werden, da der Wehrmachtführungsstab am 3. September ausdrücklich befohlen hatte, daß die Angriffe »ausschließlich auf London einsetzen in größtmöglicher Stärke«. Im Gegen- satz zu früheren Testabschüssen, die eine noch gerade erträgliche Versagerquote von 16% ergeben hatten, fielen nun etwa 26% aller Flugbomben durch technische Mängel 109 aus. Auch die Streuung der Fi 103 erwies sich während des Einsatzes im Vergleich zum Katapultverschuß als erheblich höher. Die Einschläge der wenigen Flugbomben, die vom KG 53 verschossen wurden, verteilten sich über ganz Südostengland

Bis zum 3. Oktober 1944 hatten die FR-Truppen (Gruppe Nord und Süd) insgesamt 156 V2 verschossen, die sich auf die verschiedenen Ziele folgendermaßen verteilten'^: Belgien: Lüttich =17 Frankreich: Lille =15 Hasselt = 10 Paris = 10 Tournai = 9 Tourcoing = 9 Möns = 4 Arras = 6 Diest = 2 Cambrai = 4 St. Quentin = 1 England: London = 30 Holland: Maastricht = 17 Norwich = 22 Diese Aufstellung spiegelt in aller Deutlichkeit die unsystematische Einsatzführung der Raketentruppen wider, die sich nach den täglich wechselnden militärischen Be- dürfnissen der Front ausrichtete. Zugleich ist sie der Beweis für die maßlose Über- schätzung der Angriffe, denn die militärische Wirkung von wenigen Tonnen Spreng- stoff gegen Flächenziele — noch dazu über einen Zeitraum von mehreren Wochen verteilt — mußte gleich Null sein. Am 12. Oktober wurde dem Einsatz in dieser Form ein Ende bereitet, indem durch das OKW die Weisung erging: »Der Führer hat be- fohlen, daß von nun an das Feuer der V2 mit allen einsatzbereiten Batterien aus- schließlich auf London und Antwerpen zu konzentrieren ist. Die Bekämpfung aller anderen Ziele ist einzustellen.«'^ Damit machte Hitler deutlich, daß er die V2 allein als Terrorwaffe eingesetzt sehen wollte. Er vertrat hier ganz die Auffassung Dornbergers, der sich in seinen zahllosen Denkschriften von einer solchen Anwendung der Rakete »größte moralische Erfolge« versprochen hatte.

Nach dem Rückzug aus Frankreich war das Flakregiment 155(W) durch die Abkom- mandierung der IL und IIL Abteilung zur Eisenbahnflak in seiner Stärke auf die Hälfte des ursprünglichen Umfangs reduziert worden. Für die L und IIL Abteilung waren in der Zwischenzeit in der Eifel im Raum Mayen neue Feuerstellungen aufge- baut worden. Die Tarnung der Anlagen war im Vergleich zum Frankreicheinsatz noch weiter perfektioniert worden, indem nun anstelle von Baracken und Betonstra- ßen Zelte und Bohlenstraßen verwendet wurden, die unter dem schützenden Laub- dach des Waldes kaum mehr auszumachen waren. Da aufgrund der bisherigen Erfah- rungen bekannt war, daß es beim Verschuß der Flugbombe häufig zu vorzeitigen Ab- stürzen kam, wurden vor Einsatzbeginn die Kreisleiter von in Schußrichtung liegen- den Ortschaften angewiesen, derartige Versager unverzüglich unter dem Stichwort »Donnerschlag« an das Regiment zu melden'''. Gemäß der Anordnung Hitlers vom 12. Oktober, daß Antwerpen und Brüssel unter Dauerfeuer zu nehmen seien, eröffnete die IIL/155(W) mit vier Feuerstellungen am 21. Oktober 1944 den Einsatz gegen Belgien. Wie begründet die Vorsicht im Hin- blick auf mögliche Versager bei der VI war, stellte sich nun heraus: Kurz vor An- griffsbeginn stellte ein Prüfkommando unter der Leitung von Ingenieuren fest, daß von 320 zum Verschuß vorgesehenen Flugbomben 200 Exemplare (!) technische Mängel aufwiesen. Trotzdem wurden noch am gleichen Tag die ersten VI gegen Brüssel verschossen". Die Leitung des Einsatzes führte das Generalkommando, das sich aus Tarnungsgrün- den in »Generalkommando XXX. Armeekorps« umbenannt hatte, von seinem Ge- fechtsstand in Meschede im Sauerland. Die endgültige Einsatzplanung für die Be- 110 schießung belgischer Städte wurde am 26. Oktober festgelegt. Danach hatten die 1. und III. Abteilung jeweils eine Batterie zur Aufstellung einer neuen, verkleinerten Ab- teilung abzugeben. Die Einsatzräume sollten demnach folgendermaßen besetzt wer- den«: 1. rechtsrheinisch (Sauerland, nördl. Westerwald): I./155(W) mit 3 Batterien; 2. linksrheinisch (Eifel): III./155(W) mit 3 Batterien; 3. Holland (Raum Deventer): II./155(W) mit 2 Batterien. Bis zum 25. Oktober 1944 waren von der III. Abteilung 79 Vi verschossen worden. Von dieser Zahl hatten nur die ersten 55 Fi 103 Brüssel gegolten, dann war Antwer- pen zum alleinigen Ziel erklärt worden. Am Ende des Monats erhöhte sich die Ge- samtzahl der gestarteten VI auf 337, von denen 47 Exemplare vorzeitig abgestürzt waren

Obwohl die Rakete als V2 nun seit fast zwei Monaten im Einsatz stand, waren die Probleme, die durch die Luftzerleger entstanden, für die Seriengeräte noch nicht ge- löst worden. Bei Tests in der Tucheier Heide hatte man zwar eine Methode entwik- kelt, die solche Luftzerleger verhindern sollte, aber diese Verbesserungen hatten noch keinen Eingang in die Serie gefunden. So lag nach einer Meldung an Kammler vom 31. Oktober beim Einsatzgerät der Anteil der Luftzerleger bei 67%''. Aufgrund dieser und anderer technischer Mängel mußte in den unter dem Beschuß der V2 liegenden Städten mit vier verschiedenen Formen des Raketeneinschlags ge- rechnet werden, die Dornbergers Stabschef folgendermaßen charakterisierte": A4 L = Luftzerleger mit am Boden aufgrund Zünderversagens nicht detonierter Nutzlastspitze; A4 LD = Luftzerleger mit gleichzeitiger Spitzendetonation in der Luft; A4 LSD = Luftzerleger mit Spitzendetonation am Boden; A4 ESD = Einschlag mit Spitzendetonation am Boden. Für die Praxis bedeutete dies, daß in der Mehrzahl aller Fälle über dem Zielgebiet der FR-Truppen Raketentrümmer herabregneten, wodurch sich die Wirkung der Rakete — da der Sprengkopf beim Aufschlag zumeist explodierte — offensichtlich aber nicht verringerte. Berichte deutscher Agenten in London sprachen dann auch davon, daß bei der V2 zwei Explosionen zu beobachten seien. Zuerst höre man eine kleine Explo- sion in der Luft, die eine weiße Wolke erzeuge, dann erfolge nach 30 Sekunden eine sehr starke Explosion mit einer schwarzen, bis zu 100 m hohen Rauchsäule. Am Bo- den seien danach zwei Einschlagtrichter zu sehen: der eine etwa 10—12 m tief und mit einem Durchmesser von 10 m; in der Nähe ein zweiter, kleiner Trichter, der of- fenbar von der Antriebsvorrichtung der Rakete herrühren müsse, da er Teile dersel- ben enthalte Wie schwerfällig die Reaktion aller am A4-Programm beteiligten Stellen auf diese Be- richte war, geht aus der Tatsache hervor, daß Kammler erst Ende November 1944 die ausschließliche Produktion der verbesserten Raketen anordnete Nach einer Statistik, der der Zeitraum vom Einsatzbeginn bis zum 6. November zu- grunde lag, wurden nur 37% aller angelieferten Raketen erfolgreich verschossen. 6% stürzten kurz nach dem Start ab. 57% mußten als unklar zurückgeschickt werden

Wenn die belgischen Abwehrkräfte den Raketenangriffen auch hilflos gegenüberstan- den, so wirkten sich doch die britischen Erfahrungen in der Bekämpfung der VI als sehr wertvoll aus. In Antwerpen, dem Hauptziel der Angriffe, standen drei Flakbriga- den bereit, die schon kurz nach Anlaufen der Verteidigungsmaßnahmen 62% aller ' anfliegenden VI abschießen konnten. Aus Geheimhaltungsgründen wurden die Flak- Kanoniere angewiesen, nicht auf deutsche Flugzeuge zu schießen. Andernfalls hätte mit einer Entdeckung und Bekämpfung der Einheiten gerechnet werden müssen. III Jagdflugzeuge konnten zur Verteidigung Antwerpens nicht eingesetzt werden, da die Maschinen wegen der Frontnähe nicht über ausreichende Operationsfreiheit verfüg- ten. Das Hafengebiet der Stadt wurde durch Ballonsperren gesichert Am 14. November 1944 löste Generalfeldmarschall v. Rundstedt das Generalkom- mando XXX. Armeekorps auf. Aus seinen Luftwaffenteilen wurde die 5. Flak-Divi- sion(W) zur Führung des VI-Einsatzes unter dem Kommando von Oberst Walter, dem bisherigen Generalstabschef des Armeekorps, gebildet. Damit zog Rundstedt die längst fälligen Konsequenzen, denn seitdem Kammler den Einsatz der Heeresrakete leitete, war klar, daß das Armeekorps niemals mehr seine eigentliche Aufgabe — die Einsatzführung aller V-Waffen — würde wahrnehmen können Die Angriffe des Flakregiments 155(W) aus dem Raum Mayen hatten bis zu diesem Zeitpunkt eine so hohe Anzahl von Versagern und Frühabstürzen ergeben, daß der geplante Einsatz aus rechtsrheinischem Gebiet — mit Ausnahme einer Batterie des Regiments im Raum Wiehl — aufgegeben werden mußte, wenn nicht die deutsche Zivilbevölkerung gefährdet werden sollte. Am 19. November ordnete die 5. Flak-Di- vision deshalb an, daß die I. Abteilung in den holländischen Einsatzraum verlegt und von dort zusammen mit der II. Abteilung das Feuer eröffnen sollte Wie sehr sich mittlerweile das Einsatzkonzept der Flugbombe der jeweihgen militäri- schen Lage anpassen mußte, verdeutlicht die Tatsache, daß vom 20. November an das Feuer der VI zur Entlastung der Heeresgruppe B auch auf den »feindlichen Nach- schubschwerpunkt« Lüttich gelenkt wurde

Zu dieser Zeit verschlechterten sich die Wetterverhältnisse für den Einsatz des KG 53 derart, daß die zwei Gruppen des Geschwaders bei einem Flugzeugbestand von rund 60 Maschinen nur unter größten Schwierigkeiten ihre VI gegen London verschießen konnten. Die Besatzungen, die in der Regel zwei Einsätze pro Nacht flogen, waren deshalb erleichtert, als Benzinmangel zu einer Reduzierung der Aktivitäten zwang. Im Dezember 1944 erhielt das Geschwader eine dritte Gruppe zugeteilt (III./KG 53), die ebenfalls aus dem Personalbestand eines ehemaligen Ostfront-Kampfgeschwa- ders, dem KG 27, zusammengestellt worden war. Nun war aber der Mangel an Flug- benzin so gravierend geworden, daß pro Einsatznacht nur eine Gruppe mit nicht mehr als 20 Maschinen starten konnte. Selbst wenn alle diese Maschinen ihre Vi ohne Schwierigkeiten hätten verschießen können, wären nach den bisherigen Einsatz- erfahrungen nur etwa zwei bis drei Flugbomben tatsächlich bis nach London durchge- kommen

Exakt mit dem Beginn der Ardennenoffensive am 16. Dezember 1944 eröffnete das Flakregiment aus dem holländischen Einsatzraum sein Feuer gegen Antwerpen. Bis zum 21. Dezember waren von Holland aus 274 Vi verschossen worden, von denen 54 Stück, etwa 20%, abgestürzt waren Zu diesem Zeitpunkt kam es auch wieder zu heftigen Auseinandersetzungen zwi- schen der 5. Flak-Division(W) und dem Flakregiment, das sich dagegen wehrte, in den Kämpfen als Lückenbüßer für das Versagen der deutschen Luftwaffe und das Fehlen weitreichender Artillerie herhalten zu müssen. Das Kriegstagebuch hielt in be- zug auf diese Schwierigkeiten mit Oberst Walter am 23. Dezember fest: »Im übrigen vertrat der Divisionskommandeur die Ansicht, daß es ihm in erster Linie darauf an- käme, von Oberbefehlshaber West eine Bestätigung und Anerkennung darüber zu er- langen, daß der gegenwärtige Beschuß auf Lüttich eine wesentHche Entlastung der Erdtruppe darstellt. Demgegenüber vertritt das Regiment die Meinung, daß V-1 auf- grund seiner großen Streuung nur als Terrorwaffe eingesetzt werden kann, nicht aber zur Bekämpfung militärischer Ziele. Die Terrorwirkung auf London und Südengland ist aus den verschiedensten Quellen erwiesen. Daneben wurden sehr erhebliche mihtä- 112 rische Kräfte durch den Zwang zur Abwehr gebunden. Über die Wirkung in Antwer- pen und Lüttich liegen keine Unterlagen vor. Eine Terrorwirkung ist hier ja auch gar nicht beabsichtigt, sondern eine mihtärische, indem Ausladungen und Nachschub ge- stört werden sollen. Wie weit das erreicht wurde, erscheint sehr fraglich . . . Das Regi- ment sieht also den Einsatz auf Antwerpen und Lüttich als eine Zwischenlösung an, bei der das Verhältnis zwischen Aufwand und Wirkung nicht entfernt so günstig liegt wie beim Einsatz auf London.« ""

Im Dezember 1944 wurden die beiden letzten V-Waffen, über die Kammlers Division zur Vergeltung verfügte, in die Schlacht geworfen. Bei der Planung war die Stufenra- kete »Rheinbote« in ihrer Konstruktion so ausgelegt worden, daß sie als vierte Fern- waffe am Einsatz gegen London hätte teilnehmen können. Eine äußerst schleppende Entwicklung, die erst im Oktober 1944 ihren Abschluß gefunden hatte, verhinderte jedoch eine solche Verwendung. Mit der Beschießung Antwerpens durch Flugbombe und Rakete zeigte sich schheßlich eine neue Aufgabe, für die der »Rheinbote« einge- setzt werden konnte. Zur Durchführung des Einsatzes wurde unter dem Kommando von Oberstleutnant Tröller die Artillerie-Abteilung (mot) 709 aufgestellt. Für die Feuerstellungen war ein Waldgelände am Südufer des Ijsselmeers bei Nunspeet, etwa 23 km nordwestlich von Apeldoorn, ausgewählt worden. Von hier betrug die Entfer- nung bis Antwerpen 165 km. In der Einsatzversion Rh-Z-61/9 hatte der »Rheinbote« bei einer Länge von 11,70 m ein Gewicht von 1650 kg. Der Gefechtskopf der Rakete enthielt bei einem Gewicht von 40 kg nur 25 kg Sprengstoff. Transportiert und ver- schossen wurde der »Rheinbote« von dem Meiller-Wagen, wie er auch für den Trans- port der A4 konstruiert worden war. Anstelle der Auflagefläche war hier nun lediglich eine Schiene angebracht worden, auf der die Rakete mit zwei Gleitfüßen befestigt war. Bei der Ausrichtung auf das Ziel konnte durch die hydraulische Aufrichtevor- richtung des Meiller-Wagens die erforderliche Erhöhung eingestellt werden. Die Sei- tenkorrektur wurde durch das Schwenken des Wagens erreicht(!). Durch diese unprä- zise Methode, verbunden mit Schwankungen des Tragarms, der den Startbelastungen nicht gewachsen war, vergrößerte sich die Streuung der Rakete erheblich, so daß bei der maximalen Schußentfernung mit einer seitlichen Abweichung von mehr als 20 km vom Zielpunkt gerechnet werden mußteBeim Abschuß wurde die Rakete durch die Startstufe beschleunigt, die nach einer Brennzeit von einer Sekunde nach 3 km ab- fiel. Die zweite und dritte Stufe waren identisch und hatten eine Brenndauer von je- weils fünf Sekunden. Sie wurden nach 12 bzw. 22 km abgetrennt. Die vierte Stufe, die ebenfalls eine Brenndauer von fünf Sekunden hatte, blieb bis zum Auftreffen im Ziel mit dem Sprengkopf verbunden, wodurch sich die einschlagende Masse auf 140 kg erhöhte.

Sämtliche Stufen waren mit sechs sternförmig angeordneten Stabilisierungsflossen ausgestattet. Die ungesteuerte Rakete flog auf einer balHstischen Flugbahn, die einen Scheitelpunkt von maximal 78 km erreichen konnte. Die Höchstgeschwindigkeit des »Rheinboten« betrug etwa 5860 km/h"^ Der Einsatzbefehl an die 1./Art.-Abt. (mot) 709 erging am 24. Dezember 1944. Inner- halb von einer Stunde wurden alle 24 »Bereitschaftsraketen« ohne jede Störung in Richtung Antwerpen gestartet. Bis Mitte Januar 1945 folgten noch etwa 20 »Rheinbo- ten«. Als dann keine weiteren Raketen mehr zur Verfügung standen, wurde die Ein- satzeinheit aus Nunspeet abgezogen. Erst jetzt stellte sich heraus, daß bei einem Er- probungsschießen der Rakete eine unerwartet große Schußweitensteigerung erzielt worden war. Nach diesen Testwerten lag der mittlere Treffpunkt des »Rheinboten« bei einer Erhöhung von 64 Grad, der Einstellung, wie sie beim Einsatz in Holland er- folgt war, in einer Entfernung von 230 km. Somit konnten die gegen Antwerpen ver- 113 schossenen Raketen ihr Ziel unmöglich getroffen haben. Vielmehr mußten sie, wenn die Berechnungen exakt waren, um mehr als 50 km über die Stadt hinausgeflogen sein. Dies bedeutete, daß sich der tatsächliche Einschlagpunkt in die Gegend zwi- schen Gent und Aalst verschoben haben mußte. Daß diese Vermutungen tatsächlich zutrafen, erfuhr Tröller jedoch erst nach Kriegsende, als ihm von einer alliierten Un- tersuchungskommission bestätigt wurde, daß die »Rheinboten« im Raum Gent nie- dergegangen waren Über die Wirkung im Ziel liegen keine Aussagen vor. Allerdings vermittelt ein Bericht von Rheinmetall-Borsig vom 13. Dezember 1944 einen Eindruck von der »Zerstö- rungskraft« der Rakete. Bei einem Erprobungsschießen war ein »Rheinbote« in ein Gehöft gestürzt. Der Einschlag hinterließ einen Trichter von 1,20 m Tiefe und 3,50 m Durchmesser. »Die umliegenden Gebäude zeigten starke Beschädigungen von Split- tern an den Wänden. Das Dach der Scheune (Entfernung 5 — 15 m) wurde zum Teil abgerissen. Das Dach des Stalles (Entfernung 15 m) fast vollständig abgedeckt und das Dach des Wohnhauses (Entfernung 35 m) schwer beschädigt . . . Alles Federvieh und der Hofhund wurden getötet und zwei Kühe beschädigt(!).«"^

Schon Mitte November hatten Kammler und Dornberger auf Anordnung Hitlers den Fronteinsatz der »Hochdruckpumpe« in einer verkürzten Form vorbereitet. Nach ih- ren Plänen sollten wenigstens zwei Rohre des Geschützes zur Unterstützung der Ar- dennenoffensive in die Nähe der westlichen Front gebracht werden. Für die Durch- führung des Einsatzes wurde die Heeres-Artillerie-Abteilung (FIAA) 705 unter dem Kommando von Oberstleutnant Borttscheller aufgestellt, der bisher schon als Vertre- ter des Heereswaffenamtes an der Entwicklung des Geschützes beteiligt gewesen war. Für den Einsatz gegen Luxemburg wurden die Feuerstellungen für die beiden Ge- schütze der l./HAA 705 südöstlich von Lampaden, etwa 13 km südlich von Trier, di- rekt an der Ruwer eingerichtet. Zu der Anlage, die sich über etwa 350 m entlang dem Flußufer erstreckte, gehörten neben zwei Mannschaftsbunkern und einem Waffen- meisterbunker zu jedem Geschütz jeweils drei kleine Pulver-, ein Geschoß-, ein Kar- tuschen- und ein Abfeuerungsbunker. Die zwei HDP-Rohre waren für den Einsatz auf etwa 40 m Länge verkürzt worden. In dieser Ausführung setzten sie sich aus zwölf Zwischenstücken und elf glatten Rohren zusammen. Dazu kamen zwei Expan- sions- und ein Bodenstück der schweren 18 cm-Feldhaubitze. Das gesamte Geschütz wurde bei einem Neigungswinkel von 34 Grad auf dreizehn Stahlauflageblöcken auf einen Berghang verlegt. Die »Kartenentfernung« bis zum Ziel betrug von hier 42 500 m. Aufgrund von Schwankungen bei der Mündungsgeschwindigkeit wurde eine Streuung zwischen 40 600 und 43 600 m errechnet. Das Gewicht der HDP-Ge- schosse gab Kammler mit 90 kg an, wovon sieben bis neun kg auf den Sprengstoffan- teil entfielen"'^. Nachdem am 27. Dezember 1944 Granaten von jeweils 2,74 m Länge angeliefert worden waren, wurde das Feuer eröffnet. In einem Bericht vom 5. Januar 1945 heißt es: »Das Schießen des 1. Geschützes begann am 30. 12. 44 23.16 Uhr. Die Schüsse kamen sehr gut heraus und ohne Fluggeräusch . . . Das 2. Geschütz hat ebenfalls ge- schossen, war erst am 2. 1. 45 feuerbereit. . . Kurzschüsse sind nicht bekannt gewor- den.«"' Bis zum Ende des Einsatzes am 22. Februar 1945 verschossen die beiden HDP-Geschütze an der Ruwer insgesamt 183 Granaten gegen Luxemburg. Der Ein- satz einer 2./HAA 705 mit zwei weiteren Geschützen zur Beschießung von Beifort wurde im Januar beschlossen. Tatsächlich wurde auch noch eine dritte »Hochdruck- pumpe« zu diesem Zweck 3 km nordwestlich von Gebweiler (dem heutigen Guebwil- 1er im Elsaß) aufgebaut. Sie mußte allerdings vor der heranrückenden Front, ohne je zum Schuß gekommen zu sein, abgebaut werden 114 Welche Wirkung der Einsatz der »Hochdruckpumpe« hatte, ist ebenfalls nicht mehr überliefert. General Patton berichtete später als Augenzeuge dieser Angriffe jedoch mehr verwundert als erschrocken: »Zu Jahresbeginn begannen die Deutschen die Stadt Luxemburg mit einer eigenartigen Waffe zu beschießen. Zuerst hielten wir sie für eine Rakete, dann für ein Ferngeschoß und auch andere Gerüchte über ihre Art entstanden, bis wir vor kurzem das Geschütz erbeuteten, das sie abfeuerte.«"^

Bis zum 31. Dezember 1944 hatte das Flakregiment 155(W) »im Zweiteinsatz auf die Räume Antwerpen und Lüttich« 5097 Vi verschossen^". Der Monatsbericht vom De- zember meldete, daß von 2568 Abschüssen wieder rund 20% schon beim Start oder später vorzeitig abgestürzt waren. Eine Übersicht vom gleichen Monat listete die Be- anstandungsfälle nach den Baugruppen der Fi 103 folgendermaßen auf"': 1. Steuerungsanlage = 50% 2. Zelle mit Ausrüstung = 32% 3. Schleuderanlage = 10% 4. Bodengeräte = 5% 5. Triebwerksanlage = 3% Mit welchen technischen Schwierigkeiten die V2-Einsatztruppen zu kämpfen hatten, verdeudicht ein Bericht der Gruppe Süd (An.-Abt. 836) vom 8. Januar 1945. Danach waren von 900 Raketen, die bis zum 31. Dezember 1944 geliefert worden waren, nur 605 Exemplare (67%) verschossen worden. Von diesen gefechtsklaren Raketen waren nach dem Start noch einmal 40 Stück (6,6%) durch sogenannte Heckbrenner, Schub- und Steuerungsversager ausgefallen. Die Qualität der angelieferten Raketen war stän- digen Schwankungen unterworfen. So mußten im November teilweise sogar 80% al- ler Raketen zur Nachbesserung zurückgeschickt werden Hatte sich Kammler im Oktober 1944 noch vergeblich bemüht, die Führung auch des Flugbomben-Einsatzes zu erlangen, so erreichte er dieses Ziel am 26. Januar 1945, als die 5. Flak-Division seinem Armeekorps z.V. auf Anordnung von Hider unterstellt wurdeDamit war kurz vor Ende der Kampfhandlungen jener Zustand geschaffen worden, um dessentwillen vor ihrem Beginn das LXV. Armeekorps gegründet wor- den war: Die einheitliche Führung der Fernwaffen. Im Rahmen dieser Umstellungen übernahm Oberst Wachtel am 11. Februar die Führung der 5. Flak-Div.(W). Mit der Entwicklung einer neuen Flugbombenversion mit vergrößerter Reichweite von 375 km rückte nun auch wieder das ehemalige Hauptziel London in den Wirkungsbereich des Flakregiments Der rasche Vormarsch der enghschen Truppen, der im Februar zur Aufgabe des linksrheinischen Gebietes zwang, bereitete den Plänen für eine neue Großoffensive gegen die englische Hauptstadt jedoch ein Ende. So konnten nur mehr drei Feuerstel- lungen errichtet werden, die ihre Positionen in Viaardingen, an einem verlassenen Flugplatz in Ypenburg bei Den Haag und am Kanal bei Delft hatten. Diese Stellun- gen eröffneten am 3. März 1945 ihr Feuer. Bis zur Einstellung der Angriffe konnten insgesamt noch 275 VI gegen London verschossen werden Die letzte VI wurde am 30. März gegen Antwerpen gestartet'^''. Drei Tage zuvor war auch das Ende des Einsatzes der Fernraketen-Truppen gekom- men, die bis zu diesem Zeitpunkt gegen London und Antwerpen geschossen hatten. Lediglich die SS-Werferbatterie 500 hatte noch als Sonderaufgabe ihre Angriffe ge- gen die Brücke von Remagen richten müssen, die am 7. März amerikanischen Trup- pen unversehrt in die Hände gefallen war. Die SS-Batterie war wegen ihrer Ausrü- stung mit Leitstrahl-Raketen und der damit verbundenen Einsatzerfahrung zur Be- kämpfung dieses Punktziels ausgewählt worden, gegen das sie 11 V2 verschoß, ohne 115 ' jedoch die Brücke getroffen zu haben Insgesamt wurden vom Flakregiment 155("W) etwa 20 784 Flugbomben und durch die Bomber des KG 3 bzw. KG 53 etwa 1600 Fi 103 verschossen. Nach seinen Zielen glie- derte sich der Verschuß folgendermaßen auf 126.

England: London = 10332 Belgien: Antwerpen = 8 696 Southampton 90 Lüttich = 3 141 Gloucester 20 Brüssel = 55 Manchester 50 11892 10 492

Von der Rakete A4 wurden wahrscheinlich etwas mehr als 3170 Exemplare verschos- sen, die sich nach ihren Zielen folgendermaßen verteilten"^: Belgien: Antwerpen = 1610 Frankreich: Lille = 25 Lüttich = 27 Paris = 19 Hasselt = 13 Tourcoing = 19 Tournai 9 Arras = 6 Möns 3 Cambrai = 4 Diest 2 73 1664

England: London = 1359 Holland: Maastricht = 19 Norwich = 43 Ipswich 1 Deutschland: Remagen = 11 1403

Insgesamt schlugen 6876 Fernwaffen auf englischem Boden ein. 8938 Menschen wur- den getötet und 24 504 verletzt. Belgien wurde von 8661 Fernwaffen getroffen. Hier wurden 6448 Menschen getötet und 22 524 verletzt"'.

Die V-Waffen konnten die Lücke, die durch den Ausfall der deutschen Bomberge- schwader im Kampf gegen England entstanden war, nicht füllen. Während die Bom- ber wegen fehlender Luftüberlegenheit nicht über feindlichem Gebiet operieren konn- ten, fielen die Fernwaffen aufgrund ihrer hohen Streuung für die Bekämpfung militä- rischer Ziele aus. Um rein rechnerisch die Ungenauigkeit von Rakete und Flugbombe ausgleichen zu können, hätte es einer überproportionalen Steigerung der Verschuß- zahlen bedurft. Hierzu fehlten Deutschland aber in jeder Hinsicht die notwendigen Mittel. Wären die V-Waffen schon zu Kriegsbeginn einsatzbereit gewesen, hätte Hit- ler bald einsehen müssen, daß mit ihnen kein Feldzug zu führen, geschweige denn ein Krieg zu gewinnen sein würde. Durch ihren Einsatz hätte ein Stalingrad nicht verhin- dert werden können. Der immer wieder aufgestellten These von einem zu späten Er- scheinen dieser Waffen sei deshalb ein Ausspruch von Percy Ernst Schramm entge- gengestellt, der in bezug auf neue Waffenentwicklungen bemerkte: »Die Not hat uns zwar erfinderisch gemacht, aber sie hat uns nicht auf ein Mittel geführt, das die über- all weichenden Fronten, das Ausbrennen des Heeres, das Schrumpfen der Industrie, das Schwinden des Treibstoffes hätte aufhalten können.«'^' Sosehr die Rakete und die Flugbombe also technisch bahnbrechende Erfindungen waren, so sehr bedurften sie noch jahrelanger Weiterentwicklung, um sich von einem psychologischen Kampfmit- tel in eine militärisch brauchbare Waffe zu verwandeln. In diesem Sinn kamen die 116 V-Waffen nicht zu spät, sondern zu früh, da mit den damaligen technischen Mitteln eine höhere Treffgenauigkeit nicht erreichbar war. Die VerwirkHchung dieser Auf- gabe blieb vielmehr dem Zeitalter der Mikroelektronik und des Computers vorbehal- ten. Der eigentliche militärische "Wert der V-Waffen lag deshalb in ihrem Entwicklungs- potential. Aus diesem Grund setzte am Kriegsende zwischen den Siegermächten ein Wettlauf um diese fette Beute ein, aus dem die Amerikaner als klare Sieger hervorgin- gen. Flugbombe und Rakete markierten so den Beginn des Wettrüstens und wurden zu den Vorläufern der beiden wichtigsten Trägersysteme, auf denen das heutige Gleichgewicht des Schreckens beruht und deren vorläufiger Entwicklungshöhepunkt im Marschflugkörper (Cruise Missile) und in der Interkontinentalrakete erreicht ist.

Der reine Vergeltungsgedanke beinhaltet nichts anderes, als Rache am Gegner zu nehmen. Auf das Beispiel der Fernwaffen bezogen würde dies bedeutet haben, in Großbritannien genausoviel oder nach Möglichkeit noch mehr Schäden anzurichten, als durch englische Bombenangriffe in Deutschland entstanden waren. Die Sinnlosig- keit eines solchen reinen Rachefeldzuges wird sofort deutlich, wenn man sich vor Au- gen hält, daß in diesem Fall mit erheblichem Aufwand Zerstörungen angerichtet wor- den wären, die in keiner Beziehung zum tatsächlichen Kampfgeschehen standen und deshalb keinen strategischen Vorteil hätten erbringen können — ja, einem Verzicht darauf gleichgekommen wären. Dieser reine Vergeltungsgedanke wurde — zumin- dest offiziell — weder von Hitler noch von Goebbels vertreten, weshalb die Propa- ganda auch betonte, daß es ein »überflüssiges Beginnen« sei, »Trümmer durch Trüm- mer zu vergelten« Vielmehr wurde der Begriff »Vergeltung« in Verbindung mit den V-Waffen in einer wesentlich erweiterten Bedeutung verwendet, so daß »Vergel- tung« schließlich für »die entscheidende Siegeschance« stand. Das Mittel zur Errei- chung dieses Ziels hieß Terror. Die gegen England gerichtete Vergeltung war dabei nur die erste Stufe in einem Gesamtkonzept, auf die der ungehinderte Feldzug gegen Rußland mit dem »Endsieg« folgen sollte. Mit den Worten des Journalisten Schwarz van Berks: »Wir haben größere Sorgen als die um eine Insel. Wir haben die Verant- wortung für den Kontinent nicht wie die Engländer an Stalin abgetreten. Wir bleiben die einzige und letzte bewaffnete Großmacht Europas, die der Gefahr aus dem Osten statt auf Konferenzen auf dem Schlachtfeld entgegentritt.«^^^ In den offiziellen Äußerungen von Vertretern der deutschen Führungsspitze über die Erfolgschancen des Vergeltungskonzeptes spiegeln sich in diesem Zusammenhang gleichermaßen Selbsttäuschung wie Realitätsferne und Wunschdenken wider. Bemer- kenswert ist zugleich die unverhüllte Brutalität, die hier zum Ausdruck kam, und das geradezu diabolische Vergnügen, mit dem die möglichen Folgen des Fernwaffenbe- schusses ausgemalt wurden. Stellvertretend seien hier die Äußerungen von Goebbels zitiert, dessen Auffassung von den V-Waffen mit der Hitlers identisch war. So teilte er am 5. Januar 1944 seinem Pressereferenten mit: »Der Führer und ich haben, über eine große Karte von London gebeugt, die Quadrate mit den lohnendsten Zielen ab- gesteckt. In London wohnen auf engem Raum fast doppelt so viel Menschen als in Berlin. Ich weiß, was das bedeutet. Und London hat seit dreieinhalb Jahren keinen Alarm mehr gehabt. Was glauben Sie, was das für ein furchtbares Erwachen gibt! Die Angriffsmittel, die wir einsetzen, sind vollkommen neuartig. Da gibt es keine Abwehr und keinen Alarm. Da hilft keine Flak und keine Sirene. Rums, haut es rein in die ah- nungslose Großstadt. Ich kann mir die moralische Wirkung solcher Angriffe gar nicht furchtbar genug vorstellen.«"^ Nach Angriffsbeginn durch Vi äußerte sich Goebbels über die Auswirkungen auf England am 23. Juni folgendermaßen: »NatürHch hat ein konzentrierter 1000-Tonnen-Angriff eine andere Wirkung. Die Wirkung unseres Be- ll/ schusses liegt in seiner ununterbrochenen Dauer . . . Ich kann mir schon vorstellen. daß einem das, von allem tatsächlich angerichteten Schaden abgesehen, allmählich auf die Nerven geht. Das ist wie mit Zahnschmerzen. Der Schmerz selbst ist vielleicht gar nicht so schlimm. Aber wenn es den ganzen Tag und die ganze Nacht im Zahn bohrt und klopft, dann glaubt man den Verstand zu verlieren, ist zu keinem klaren Gedanken fähig, denkt an nichts anderes mehr als an diesen vermaledeiten Schmerz und tut endlich, wozu man sich vorher nicht entschließen konnte. Man geht zum Zahnarzt. . . Auf jeden Fall wird der V-Beschuß so lange fortgesetzt und von Monat zu Monat noch verstärkt, bis England zur Besinnung kommt, bzw. die innerenglische Krise die jetzt noch für die britische Wahnsinnspolitik Verantwortlichen hinwegfegt und den Weg für eine Verständigung mit uns freimacht.«"^ Wie kläglich sich diese plausibel klingende Theorie in der Praxis ausnahm, zeigt ein einfacher Vergleich der von der Royal Air Force auf deutsche Städte abgeworfenen Bombenlast mit der Sprengstoffmenge der gegen England verschossenen V-Waffen. Während im Einsatz von Flugbombe und Rakete insgesamt knapp 5900 t""* Spreng- stoff auf enghschen Boden fielen, warfen allein die Bomber der RAF in ihren Flächen- angriffen gegen deutsche Städte bis zum Kriegsende etwa 437 570 t Bomben — mehr als die 70fache Menge — ab. Berlin als die Stadt, die am schwersten getroffen wurde, ist in dieser Zahl allein mit rund 44 800 t vertreten"'. Darüber hinaus ist neben dem rein mengenmäßigen Vergleich zu bedenken, daß die englische Abwurflast im Gegen- satz zum Verschuß der V-Waffen sowohl räumlich wie zeitlich in wesentlich konzen- trierterer Form an ihr Ziel gebracht werden konnte. Dies bewies der Einsatz vom 12. März 1945, als durch 1107 Flugzeuge in einem einzigen Angriff annähernd 5000 t Bomben auf Dortmund abgeworfen wurden Wenn selbst angesichts dieser ungeheuren Abwurfmengen durch das englische Bom- ber Command, die ein Vielfaches des V-Waffen-Beschusses ausmachten, Luftmar- schall Harris nach dem Krieg bekennen mußte: »Es erwies sich als völlig verfehlt, von den Bombenangriffen gegen deutsche Industriestädte in erster Linie einen Zusam- menbruch der gegnerischen Kampfmoral erwartet zu haben«, so wird deutlich, wie aussichtslos das deutsche Unterfangen war"^. Die Geschichte der V-Waffen war alles andere als eine Geschichte der verpaßten Chancen oder der versäumten Gelegenheiten. Vielmehr kam in ihr die Weigerung der Führung zum Ausdruck, die Tatsache zu akzeptieren, daß der Krieg von Anfang an nicht den geplanten Verlauf genommen hatte. Es war jedoch ein hoffnungsloses Un- terfangen, von den V-Waffen die Wende des gesamten Kriegsgeschehens zu erwar- ten, so als könnten trotz der erdrückenden qualitativen und quantitativen Überlegen- heit der Alliierten durch eine einzige Gewaltanstrengung die eigenen Niederlagen un- geschehen gemacht und der Sieg doch noch, gewissermaßen durch die Hintertür, er- reicht werden. Schließlich war es die Furcht vor dem totalen Zusammenbruch, die die Führung zum Mittel der V-Waffen greifen Heß, denen sie bis zu diesem Zeitpunkt ihre Zustimmung in dem Glauben verweigert hatte, auf sie verzichten zu können. Erst in dem Maße, in dem die herkömmlichen Kampfmittel versagten und die Hoffnungen auf ein für Deutschland günstiges Kriegsende schwanden, wuchs die Bereitschaft zur Anwen- dung dieser neuartigen Waffen, die schließlich die letzten Waffen waren, die Deutschland der Übermacht seiner Gegner entgegensetzen konnte. Nicht umsonst betonte die Propaganda deshalb, daß man dem Feind keineswegs mit »leeren Händen und Hirnen« gegenüberstehen würde. Ein Verzicht auf die V-Waffen wäre von daher auch innenpolitisch einer Bankrotterklärung gleichgekommen. Aus der Sicht der na- tionalsoziahstischen Führung konnte es deshalb keine Alternative zu diesen Waffen geben. Mit der Entscheidung für sie wurde unter totaler Ignorierung der Realität zum 118 letzten Mal der Traum vom Endsieg geträumt. Wie nicht anders zu erwarten, mußte das versprochene Wunder ausbleiben, an dessen Zustandekommen sich unzählige bange Hoffnungen geklammert hatten. Rückblickend betrachtet hätte das Kürzel »V«, das nicht ohne Bedacht als Gegenstück zum englischen »Victory-V« propagiert worden war, deshalb eher für »Verzweiflung« stehen müssen.

Bundesarchiv-Militärarchiv, Freiburg i. Br. (BA-MA), RH 8I/Bd 2. OKH/Heereswaffenamt; RH 811, Heeresversuchsanstalt Peenemünde; RH 19IV, Oberkommando der Heeresgruppen; RL 12, Verbände und Einheiten der Flak-Artillerie. DM = Deutsches Museum, München. IWM = Imperial War Museum, London. ' M. Domarus: Hitler. Reden und Proklamationen 1932-1945. Bd 2, 2. Halbbd: 1941-1945. München 1965, S. 1989. 2 H. Gartmann: Träumer, Forscher, Konstrukteure. Düsseldorf 1955, S. 101 f. ' Ebd., S. 159 ff. E. Bergaust: . Ein unglaubliches Leben. Düsseldorf 1976, S. 66 f. ' Gartmann: Träumer (wie Anm. 2), S. 183 ff.; Wirtschaft und Rüstung am Vorabend des Zweiten Weltkriegs. Hrsg. von F. Forstmeier u. H.-E. Volkmann. Düsseldorf 1975, S. 44; W. Dornberger: V2 - Der Schuß ins Weltall. Esslingen a. N. ^1952, S. 25. ' B. Collier: The Defence of the United Kingdom. London 1957, S. 332; R. Lusar: Die deutschen Waffen und Geheimwaffen. München "1962, S. 145. ^ Collier: The Defence (wie Anm. 6), S. 332 ff.; E. M. 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