Brunnezytig 2015 1

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Brunnezytig 2015 1 Herausgegeben von den Vereinigten Altstadtleisten Bern 31. Jahrgang | 1 / 2015 KlINGelN SOll’S – IN deN leeReN KaSSeN BeRNS Sauberkeitsrappen, Tourismusrappen – hole das Geld dort, wo es herumliegt ein pointierter Zwischenruf zu zwei aktuellen Themen der Berner Politik Editorial Im WaNdel deR ZeIT Es ist an und für sich nichts Neues. Die Welt ändert sich stetig, und so spü - ren wir auch in unserem UNESCO Weltkulturerbe einen zunehmen - den Druck zur Veränderung, wel - cher nicht immer in unserem Sinne ist. Zur Zeit stehen die Leiste an verschie - denen Fronten in regem Austausch: Mit der Stadt sind wir im Rahmen des STEK (Stadtentwicklungs - konzept) im Gespräch, verschiedene Vorstösse des Stadtrats beschäftigen uns, und immer wieder ge - langen verunsicherte Altstadtbewohner und Ge - Auch im Winter ist der Zytglogge-Turm um 12 Uhr Mittags ein Anziehungspunkt für Touristen. Foto: Beat Schwal ler schäfte mit Problemen und Ängsten im Zusam- menhang mit explodierenden Mieten zu uns. Ganz Rappen Nr. 1: Sauberkeitsrappen Geschäfte und Schulen zur Kasse bitten allgemein geht es um die Erhaltung der Vielfalt und Nachdem die Stadt mit der Einführung zusätzlicher Nun, wenn es aber partout nicht gelingen will, mit Einzigartigkeit unserer Altstadt. Gebühren für Take-Away-Betriebe gescheitert ist, Repression und wohlgemeinter, positiv aufmuntern - wird nun mit verniedlichender Sprache eine Einnah - der Werbung den Stadt benutzer dazu zu bringen, Wir wollen die Thematik des Wandels positiv ange - mequelle gesucht, die von möglichst vielen Verpfle - seinen kleinen Anteil zur Sanierung der Stadtkasse hen und lösungsorientiert einen kreativen Dialog mit gungs-Betrieben getragen werden soll. Die Bürger mittels vorbildlichem Verhalten in Sachen Weg - den Beteiligten suchen. So hat der Kramgassleist bei und Bürgerinnen Berns – oder wäre der Ausdruck schmeissen zu leisten, dann sucht man sich halt an - der Universität Bern eine Studie in Auftrag gegeben, «Benutzer Berns» besser? – scheinen sich nicht wirk - dere Opfer. Es wird also vor etwas kapituliert, das welche den Wandel in der unteren Altstadt wissen - lich daran halten zu wollen, den Abfall in die überall man dann Gesellschaftsveränderung nennt. schaftlich untersucht. Mit den Daten werden wir in bereitstehenden Abfallkübel zu deponieren. Das Fortsetzung Seite 2 einem nächsten Schritt den Austausch zwischen Alt - Allgemein gut Boden scheint als solches wahrgenom - stadtbewohnern, Ladenbesitzern und Behörden or - men zu werden, allen Appellen und Bussenandrohun - ganisieren und versuchen, den Wandel im Sinne gen zum Trotz. Die «Stadtbenutzer» gehen davon aus, dass ja eh nach der Mittagspause und dem Ausgang einer gesunden, vielfältigen und lebendigen Altstadt INFO AUS DEM INHALT positiv zu beeinflussen. Es wäre schade, wenn un - Kolonnen von städtischen Mitarbeitenden den liegen sere Gassen zu einer weiteren, anonymen, leblosen gebliebenen Müll mit Freude wegräumen – schliess - DAS NEUE LAYOUT DER BRUNNEZYTIG: und universell standardisierten Touristen- und Ein - lich soll doch jeder froh sein, dass er einen Job hat. Wie wir dazu gekommen sind (Seite 3). kaufsmeile verkommen würden. All jenen, welche UNSERE NEUE SERIE: NATUR IN DER UNTEREN ALTSTADT. Repression ist gescheitert – nicht nur, weil es der an der Umfrage teilgenommen und generell allen, In dieser Ausgabe: das «Kahle Bruchkraut» (Seite 9). welche sich für die Einzigartigkeit unserer Unteren dauerüberlasteten Polizei schlicht stinkt, ihre Zeit EIN KLEINER GARTEN EDEN UNTERHALB DER MÜNSTER- Altstadt einsetzen, sei hier gedankt! mit dem Büssen von Abfallwegwerfenden zu ver - geuden (was ich durchaus verstehe), sondern auch, PLATTFORM: Das Projekt Stiftgarten (Seite 10). Nicola Schneller weil schlichtweg das Einsehen fehlt, dass dieses DIE ERFINDERIN DES +SCHRECKMÜMPEFLI, VON RADIO DRS. Präsident Kramgassleist Wegräumen ganz schön ins Geld geht. Das Geld no - Ein Porträt von Edith Bussmann (Seite 13). tabene, das jeder und jede (oder jedenfalls viele) mit KEIN THEATER AUF DEM MÜNSTERPLATZ: der Begleichung der Steuerrechnung an die Stadt - Warum die «Päpstin» abgesagt haben (Seite 20). kasse überweisen. Das Geld, das bekanntlich an allen Ecken fehlt. DER WANDEL IN DER UNTEREN ALTSTADT: Erste Ergebnisse der Umfrage «Projekt Kramgasse 2020» (Seite 24). 2 BrunneZytig 13. März 2015 Titelgeschichte Der Verursacher ist jetzt nicht mehr der oder die, Die Frage ist nur, ob nach Abzug des Aufwands für welche den Abfall auf den Boden befördert, sondern die Verwaltung des Sauberkeitsrappen-Programms INFO TOURISMUSFÖRDERABGABE der, welcher verkauft und verpackt. Dazu gehört noch etwas übrig bleibt, damit genügend Personal nicht nur der Big-Mac in Schachtel und Tüte und das bei der Stadtreinigung eingestellt werden kann, um Nach Ansicht des Stadt- und Gemeindera - Red Bull in der Dose, sondern auch das Sandwich das Ziel «saubere Stadt» auch wirklich zu erreichen. tes profitiert jedes Geschäft in der Innenstadt vom Beck und der Salat aus dem Bio-Laden. Und die Denn bei den eigentlichen Verursachern des Litte - von der Ausgabe freudigkeit der Touristen. Deshalb sollen sollen jetzt ebenso zahlen wie jene, die mit der neuen rings wird sich mit der Einführung des Sauberkeits - sich alle Betriebe am Aufwand für die Anwerbung der Wortschöpfung «Präsenzverursacher» umschrieben rappens wohl wenig oder nichts ändern, ganz im Touristen beteiligen. Hotels tun dies bereits mit einer Ab - werden: Das sind Schulen und Betriebe ohne eigene Gegenteil: Die Strassenreinigung ist ja jetzt vorfinan - gabe pro Über nachtung, Gastro-Betriebe über den Ver - Mensa mit mehr als 30 – 35 SchülerInnen oder Mit - ziert... band GastroBern. Das Trittbrettfahren der anderen arbeitenden. Branchen soll ein Ende haben, diese sollen sich ebenfalls Rappen Nr. 2: Tourismusförderabgabe TFa an den Kosten beteiligen. Profitieren durch Pfandgeschirr Mit einer sauberen Stadt schaffen wir die Voraus - Die Grösse (Anzahl Mitarbeitende) eines Betriebes sowie das touristische Ertragspotential sollen massgebend sein, Natürlich soll es auch ein Motivationsprogramm setzung, dass auch die BesucherInnen unserer wieviel dieser bezahlen muss. Wohlgemerkt: Ob dieser Be - geben für die, welche mit Mehrweg-Verpackung ar - Unesco-Welterbe-Altstadt ihre wahre Freude an die - trieb vom Tourismus profitiert oder nicht, ist dabei einerlei! beiten und das auch nachweisen können: Das Sand - sem Schmuckstück haben. Dafür, dass diese in Der Aufwand für diese Erhebung, das Kontrollieren, die wich wird in einer Box anstelle einer Papiertüte Scharen die Altstadt fluten, ist hauptsächlich Bern Umsetzung und die Einnahmen über wachung dürfte im - überreicht, die trägt man dann bei sich und bringt sie Tourismus zuständig. Und diese Institution macht mens sein und in keinem Verhältnis zum Ertrag stehen. beim nächsten Einkauf wieder zurück. Diese Betrie - ihren Job nun wirklich gut, sonst würden sich nicht be sollen für ihren Aufwand entschädigt werden. Touristenbusse vor dem Bärengraben und auf dem Theaterplatz vor dem Poller stauen und kamerabe - Wie soll beurteilt werden, wer auf dem gesamten Verzweifelt gesucht: wehrte Scharen um zwölf Uhr den Zytglogge bela - Gemeindegebiet (Gleichstellung!) wie viel vom Tou - ein gerechter Verteilschlüssel gern, um unserem Hans von Thann auf den rismus profitiert und sich dem entsprechend an den Unser Rechtssystem stellt mit Gleichheit für alle eine Schlagarm zu schauen, ob er jetzt die Glocke tüpft Kosten beteiligen muss? Der Touristen strom bewegt hohe Hürde, deshalb läuft nun die Stadtverwaltung oder nicht. sich auf ausgetrampelten Pfaden. Das Souvenier - zur Hochform auf: Sie befragt und erhebt Fakten, geschäft an der Kramgasse profitiert wesentlich wägt ab, entwickelt Analysen, zieht Folgerungen und Nun hat der Stadtrat unter Spardruck die Subvention mehr als jenes in der Länggasse. Der Uhrenladen versucht mit grossem Aufwand, Eifer und gutem Ver - für die erfolgreiche Institution Bern Tourismus ge - und das Goldschmiedeatelier mehr als das stand, einen gerechten Verteilschlüssel zu erfinden, kürzt. Selbstverständlich mit der Folge, eine neue Einrahmungs geschäft oder Grafik-Atelier. Die TFA welcher am Schluss als wohldrapiertes Menu den Einnahmequelle finden zu müssen, denn gratis ist soll deshalb in der tourismusrelevanten Innenstadt Schuldigen und auch den BürgerInnen vorgelegt wer - das Werben um Touristen nicht zu haben. Nach dem erhoben werden, aber auch hier stellt sich die Frage, den soll. Notwendig wird auch ein Abrechnungssys - Sauberkeits rappen gilt deshalb das Augenmerk nun welche Branchen mehr oder weniger vom Touris - tem sein, welches Kontrolle und Überwachung dem «Tourismusrappen» – um bei der verniedli - mus profitieren –ihren Beitrag leisten sollen schluss - ermöglicht. Aber der Teufel steckt bekanntlich im De - chen den Bezeichnung zu bleiben. Denn offiziell endlich alle, ob Grafik- oder Architekturbüro, Arzt- tail, und darob sind die fleissigen Stadtmitarbeitenden nennt sich dieses Gebilde TFA: Tourismus-FÖRDER - und Therapiepraxis oder Fitnesscenter. nicht zu beneiden: Was ist politically correct? Die ABGABE. bösen Grossen soll man rupfen (aber die haben ja die aufwand frisst ertrag? Kraft, sich zu wehren), die kleinen Netten möchte abgabe soll den aufschwung sichern Wieder Stoff für Analysen, Umsetzung, Verwaltung man schonen (die haben wir ja soo gern). Dass aber Interlaken kennt sie, Luzern kannte sie (und hat sie und Durchsetzung. Nur: Die Ressourcen für diese das unter dem Aspekt der Gleichbehandlung kaum wieder abgeschafft!), warum also sollte Bern da zu - Aufgabe
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