„HAFRABA“ 1926 Und Der Bau Der Deutschen Autobahnen
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„Tunlich geradlinig“. Die Gründung des Vereins „HAFRABA“ 1926 und der Bau der deutschen Autobahnen „Die Autostraße ist nur für motorbetriebene Fahr- liche Informationslücken zu bereits vorhandenen zeuge bestimmt. Sie ist ein Mittelding zwischen Publikationen konnten nicht festgestellt werden. Eisenbahn und Landstraße“1. Diesen Satz schrieb Insofern sind die wenigen im Bundesarchiv ver- vor 80 Jahren einer der Männer, die es wissen wahrten HAFRABA-Unterlagen durchaus in der mussten: Professor Robert Otzen von der Tech- Lage, dem Forscher eine verhältnismäßig gute nischen Hochschule Hannover, ein anerkannter Quellenlage anzubieten. und angesehener Bauingenieurwissenschaftler, fasziniert vom Straßenbau und seinen Möglich- Gründung und Organisation der HAFRABA keiten 2. Schon 1924 hatte er einen viel beachte- ten Entwurf für einen großen Straßenbau von der Am Vormittag des 6. November 1926 trat in der Nordsee bis zu den Alpen erstellt3. Geschlechterstube im Rathaus von Frankfurt am Main der vorbereitende Ausschuss für die Grün- Die im Bundesarchiv vorliegenden Akten zur dung des „Vereins der Automobilstraße Hamburg - HAFRABA sind Handakten von Vorstandsmit- Basel“ zusammen und beschloss die Gründung glied Theodor Krebs, die 1969 dem Bundesarchiv des Vereins „HAFRABA“ mit der Unterbe- überlassen und zunächst dem Bestand Kleine Er- zeichnung „Verein zur Vorbereitung der Auto- werbungen (Kl.Erw.) 667, im Jahre 2006 dann straße Hamburg - Frankfurt - Basel“. 1928 wurde aber dem Bestand R 4602 Reichsautobahnen- „Hamburg“ durch „Hansestädte“ ersetzt, die Ab- Direktion zugeordnet wurden. Dabei handelt es kürzung selbst blieb bestehen. sich vor allem um Schriftwechsel mit den Vor- standsmitgliedern, Protokolle von Mitgliederver- Zur Gründungsversammlung eingeladen waren sammlungen, Verwaltungsrats- und Ausschuss- zahlreiche Vertreter der die zukünftige Strecke sitzungen, mehrere Ausgaben der Zeitschrift tangierenden Städte, Landes- und Provinzialver- „HAFRABA“ und „Autobahn“ sowie Schriften von Robert Otzen und Piero Puricelli. Persön- liche Aufzeichnungen und ein von Krebs im Auf- trage des Bundesverkehrsministers im Jahre 1961 geschriebener Beitrag zur Geschichte des Vereins sowie eine kleine Zeitungssauschnittssammlung vervollkommnen die Unterlagen. Professor Dr. Martin Kornrumpf, der im Jahre 1990 mit seinem Beitrag „HAFRABA e.V., Deutsche Autobahn - Planung 1926 - 1934“ 4 das wohl aussagekräftigste Werk über die HAFRA- BA vorlegte, erwähnt in seinem Vorwort dazu keine Quellen des Bundesarchivs. Er stützt sich vor allem auf „aufschlussreiche, zum großen Teil interne, unveröffentlichte Dokumente über den HAFRABA-Verein“5, aus dem Stadtarchiv Frankfurt. Quellenstudium betrieb er, „um Lü- cken zu schließen“, zudem in zahlreichen Staats- und Stadtarchiven, an Universitäten und anderen Einrichtungen, wobei ihm das Hessische Haupt- staatsarchiv in Marburg den Kriegsverlust sämt- licher Akten des Oberpräsidenten der Preußischen Provinz Hessen-Nassau mitteilen musste. Der nachstehende Beitrag stützt sich in erster Linie auf Informationen und Erkenntnisse, die beim Studium der hier vorliegenden HAFRABA- Der geplante Streckenverlauf Archivalien gewonnen werden konnten. Wesent- Bundesarchiv, R 4602/727 Mitteilungen aus dem Bundesarchiv, Heft 2/2006 waltungspolitiker, Vertreter von Industrie, Ver- baurat Becker; dem verkehrswirtschaftlichen kehr und Handel. Es war schlechthin die geistige Ausschuss stand Magistratsoberbaurat Uhlfelder Geburtsstunde der deutschen Autobahnen, denn vor, während der Finanzierungsausschuss Ober- auch an anderen Orten entstanden bereits private regierungsrat Dr. Zierau unterstand. Autobahngesellschaften, die einzelne Autobahn- verbindungen zwischen Verkehrszentren schaf- Die schweizerische Beteiligung wurde in erster fen wollten6. Linie durch den Baseler Stände- und Regierungs- rat Dr. Gustav Wenk vertreten, der als Mitglied Erster Vorsitzender der HAFRABA 7 wurde der des Verwaltungsrates und des verkehrswirtschaft- Geheime Regierungsrat Professor Robert Otzen lichen Ausschusses das Projekt mit großem persön- von der Technischen Hochschule Hannover. lichen Engagement in der Schweiz propagierte 15 . Zweiter Vorsitzender war Oberregierungsrat Dr. Zierau von der Badischen Regierung in Karlsru- he. Zum Vorstand gehörten außerdem Oberregie- Die Ausgangssituation rungsrat Dr. Theodor Krebs von der Hessischen Regierung Darmstadt, Landesoberbaurat Becker, Durch die rasche Zunahme des Autoverkehrs (Oberpräsidium und Provinzialverwaltung Kas- nach dem Ersten Weltkrieg ergab sich für den sel), Magistratsoberbaurat Uhlfelder, Frankfurt Straßenbau die Aufgabe, sich diesen neuen Er- a. M. sowie Ing. Dr. Piero Puricelli, Mailand, fordernissen zu stellen. Es ging darum, zügig die als korrespondierendes Mitglied. Im Laufe der Straßenverhältnisse zu verbessern und sie durch Zeit erweiterte sich der Vorstand noch um den den Bau von Autobahnen den neuen Anforde- Oberbürgermeister von Heidelberg, Dr. Nein- rungen der zunehmenden Motorisierung anzu- haus, Reichsminister a.D. Erich Koch-Weser und passen. Eine zeitgenössische Statistik zeigt, dass kurzzeitig Dr. Ing. W. Scholz vom Reichsver- im Jahre 1924 in Deutschland jeder 321. Ein- band der Automobil-Industrie, Berlin. Syndikus wohner einen „Kraftwagen“ besaß, während zum war Rechtsanwalt Dr. Kurt Vermehren, Hamburg, gleichen Zeitpunkt in Frankreich auf jeden 90., Geschäftsführer Willy Hof 8, Frankfurt a.M., Pres- in Großbritannien auf jeden 71. und in den USA sereferent Kurt Kaftan 9. Kaftan war auch Redak- bereits auf jeden 7. Einwohner ein Auto kam. Der teur der ab Oktober 1928 erschienenen Zeitschrift private deutsche Fahrzeugpark im Land verdop- „Hafraba“, später „Die Autobahn“10 . pelte sich in den Jahren von 1923 bis 1926 von 100.340 Autos auf 206.45616 . Im Jahre 1933, nur Vereinszweck war laut Satzung, „im Rahmen ei- sieben Jahre später, sind knapp 800.000 Kraft- ner Vorbereitungs-Gesellschaft alle Arbeiten zu fahrzeuge in Deutschland zugelassen. leisten, welche in technischer, wirtschaftlicher, finanzieller, verkehrspolitischer und propagan- Allerdings hatte man sich schon viel früher über distischer Hinsicht zur Prüfung der Durchführ- die Zukunft des Straßensystems Gedanken ge- barkeit und zur Vorbereitung der Ausführung der macht, der Bau der Berliner AVUS (Automobil- Autostraße Hamburg - Frankfurt - Basel geeignet Verkehrs- und Übungs-Straße) 1921 17 sowie die und erforderlich“11 waren. Vereinssitz war Frank- Aktivitäten der Studiengesellschaft für Auto- furt am Main. Anfang 1928 hatte der Verein be- mobilstrassenbau (STUFA) 18 spielten dabei eine reits über 100 Mitglieder, größtenteils juristische besondere Rolle, letztere insbesondere, was den Personen12 . Ausbau der bestehenden Landstraßen betraf 19 . Der Krieg und seine Folgen verhinderten jedoch Die von den einzelnen Mitgliedern bestimmten bis Mitte der zwanziger Jahre eine Wiederauf- Vertrauensleute bildeten den Verwaltungsrat, nahme dieser Diskussion. dem außerdem die Vorstandsmitglieder und der Oberbürgermeister der Stadt Frankfurt a.M., Dr. Es waren vor allem die Italiener, die eine Vor- Ludwig Landmann (ab 1933 Friedrich Krebs 13 ), bildwirkung im Hinblick auf die Gestaltung ihrer der den Vorsitz führte, angehörten. Der Verwal- zu dieser Zeit schon sehr modernen Autobahnen tungsrat hatte satzungsgemäß den Vorstand bei - genannt „Autostrada“ - auf Deutschland aus- Entscheidungen in grundsätzlichen oder wich- übten. Besonders die oberitalienischen Autostra- tigen Fragen zu beraten und Arbeitsausschüsse ßen (z.B. Bergamo - Mailand, Varese - Mailand) zu bilden. Ihm gehörten circa 50 Mitglieder an14 . hatten es auch Otzen angetan, der in einem Rei- Es gab drei Arbeitsausschüsse, in denen je ein sebericht davon schwärmte: „Wer die oberitali- Vorstandsmitglied den Vorsitz führte. Ende 1927 enischen Autostraßen befahren hat, weiß erst, leitete den technischen Ausschuss Landesober- was Autofahren bedeutet“ 20 . Sicher war das auch Mitteilungen aus dem Bundesarchiv, Heft 2/2006 HAFRABA Mitteilungsblatt, 1931. Bundesarchiv, R 4602/723 Mitteilungen aus dem Bundesarchiv, Heft 2/2006 der Grund dafür, dass von Anfang an der Mai- Die Finanzierung länder Straßenbauingenieur Dr. Piero Puricelli als korrespondierendes Mitglied im Vorstand der Die Finanzierung glaubte man durch die Erhe- HAFRABA saß. Auf Einladung von Puricelli bung von Straßennutzungsgebühren sicherstel- weilte der Vorstand bereits Ende des Jahres 1926 len zu können. Es gelang jedoch nicht - gewis- in Mailand21 . sermaßen in einem Spagat zwischen der jeweils landeshoheitlichen Zuständigkeit für die Straßen einerseits und dem (Reichs-)Gesetzgeber 26 ande- Pionierleistungen rerseits - die zuständigen Genehmigungsbehör- für den Autobahnbau den von Zuverlässigkeit, Zweckmäßigkeit, vor allem aber von der Wirtschaftlichkeit einer Be- Man arbeitete zügig. Sehr bald nahmen die Pla- nutzungsgebühr für die Autobahnen zu überzeu- nungen der HAFRABA Gestalt an, neben der ei- gen. Weltwirtschaftliche Gründe und vielfältige gentlichen Streckenführung Hansestädte - Frank- politische Zwänge in der Endphase der Weima- furt - Basel, die später bis nach Genua reichen rer Republik verhinderten die Bestrebungen der sollte, wurden bereits Überlegungen über andere HAFRABA. Es gelang zwar im Mai 1930 - gegen Strecken, so z.B. eine Strecke von Berlin über den Widerstand von Finanz- und Verkehrsminis- München nach Rom - mithin die Grundzüge ei- terium, aber parteiübergreifend - zwei Initiativ- ner Netzidee - diskutiert. gesetzentwürfe bis zum 4. Juli 1930 durch die zu- ständigen Ausschüsse