Historischer Verein für Ermland XIII UNSERE ERMLÄNDISCHE HEIMAT

Weihnachten 2004 Mitteilungsblatt des Historischen Vereins für Ermland Jahrgang 50 Nr. 4 Ermländische Gedenktage 2004 Wissenschaft- Von Christof Dahm liche Tagung Wie es mittlerweile schon zur Traditi- seeküste von heidnischen Prußen er- Ermlandes. 1379 spielt auch in der Ge- on geworden ist, wollen wir in unserer schlagen wurde (vgl. Gedenktage 1997). schichte Guttstadts eine Rolle, denn in des kleinen Chronik ein wenig über den en- 1054 bildet in der Geschichte der Chri- diesem Jahr wurde erstmals die dortige geren ermländischen Horizont hinaus stenheit eine Zäsur, die von den Zeitge- Pfarrschule in den Quellen erwähnt. Historischen blicken und auch Ereignisse berücksich- nossen kaum wahrgenommen wurde, In Westeuropa wütete während des 14. tigen, die sich weiter entfernt zugetragen sich im nachhinein jedoch als verhäng- und 15. Jahrhunderts der Hundertjährige haben. So sei an die größte Naturkata- nisvoll erwies. Am 16. Juli vor 950 Jahren Krieg zwischen Frankreich und England, Vereins 2004 strophe der Antike erinnert, als durch ei- legte der päpstliche Legat Humbert von in dessen Verlauf das französische König- nen heftigen Ausbruch des Vulkans Ve- Silva Candida auf dem Altar der Hauptkir- tum wiederholt an den Rand des Ab- Das Programm der diesjährigen suv am 24. August des Jahres 79 – vor che von Konstantinopel, der Hagia So- grunds geriet und der Staat sich zwischen Wissenschaftlichen Tagung des Hi- 1925 Jahren – die römischen Städte Pom- phia, eine Bannbulle gegen den Patriar- 1400 und 1430 in völliger Anarchie befand. storischen Vereins, die am 28. und peji und Herculaneum im Golf von Nea- chen Michael Kerullarios ab. Anlass der Da tauchte 1429, vor 575 Jahren, ein Bau- 29. August 2004 wieder im Franz- pel verschüttet wurden. Ihre Bewohne- Auseinandersetzung waren dogmatische ernmädchen auf, das vorgab, von Gott ge- Hitze-Haus in Münster stattfand, rinnen schätzten Schmuck aus „Suci- und liturgische Differenzen zwischen den sandt zu sein, um Frankreich zu befreien. war thematisch sehr vielfältig. num“, Bernstein, der über die „Bern- Kirchen des lateinischen Westens und Ihr Eingreifen in die kriegerischen Ausein- Zu Beginn verlas Mario Glauert für steinstraße“ von der Ostseeküste bis ans des griechischen Ostens. Der Patriarch andersetzungen brachte tatsächlich die den erkrankten Vorsitzenden dessen Mittelmeer transportiert wurde. von Konstantinopel bannte im Gegenzug Wende zugunsten Frankreichs, doch erlitt Bericht über die beiden Tagungen, Zu den bedeutendsten Gestalten des die „Lateiner“. 1054 war nur eine Etappe Jeanne d’Arc, die „Jungfrau von Orléans“, die aus Anlass des 500. Geburtstages frühen Christentums zählt der Kirchenva- in der Auseinanderentwicklung der bei- ein grausames Schicksal. Nachdem sie des ermländischen Bischofs und ter Aurelius Augustinus. Seine Werke ha- den großen christlichen Traditionen. For- den Engländern in die Hände gefallen Kardinals Stanislaus Hosius im April ben die gesamte mittelalterliche und früh- mal aufgehoben wurde der Bann erst war, wurde ihr wegen angeblicher Ketze- und Mai dieses Jahres veranstaltet neuzeitliche Theologie beeinflusst; man 1965 durch Papst Paul VI. und Patriarch rei der Prozess gemacht und sie am 31. wurden (s. Seite XV). denke nur an die Beschäftigung von Tho- Athenagoras. Bis heute sind die Differen- Mai 1431 in Rouen auf dem Scheiterhau- Anschließend stellte Glauert den mas von Aquin und Martin Luther mit sei- zen zwischen der römisch-katholischen fen verbrannt. Die Erzählungen über ihr Entwurf eines Faltblattes über Wen- nem Gedankengut. Augustinus erblickte Kirche und den orthodoxen Kirchen Leben und Wirken gingen durch ganz depunkte der ermländischen Ge- vor 1650 Jahren, am 13. November 354, in nicht beseitigt, was sich u. a. in der Aus- Europa und gelangten sicher auch ins Tagaste (Nordafrika) das Licht der Welt. einandersetzung um die katholischen Ge- Ermland. 1456 erwirkte König Karl VII. (Fortsetzung auf Seite XIV Randspalte) Während Augustinus im 4. Jahrhun- meinden in Russland zeigt. von Frankreich den Widerruf ihrer Verur- dert die Christen noch gegen heidnische Am 17. September 1179, vor 925 Jahren, teilung; 1920 wurde sie von Papst Bene- Kräfte verteidigt hatte, war unter Kaiser starb Hildegard von Bingen, eine der be- dikt XV. heilig gesprochen. Justinian I. (reg. 527 - 565) das Christen- deutendsten Frauen des Mittelalters. Von Auch das Preußenland kam im 15. Jahr- Neuer Vorstand tum endgültig zur vorherrschenden Reli- den Zeitgenossen als Visionärin und Rat- hundert nicht zur Ruhe, denn die Ausein- gion im Mittelmeerraum geworden. So geberin geschätzt, erleben ihre heilkund- andersetzungen zwischen dem Deutsch- des HVE markiert das Jahr 529 eher zufällig den lichen Schriften zurzeit eine Renaissance. ordensstaat und Polen-Litauen verheer- Übergang von der heidnischen zur christ- Mit dem Jahr 1279 wendet sich die ten das Land zwischen Weichsel und Me- Bei der satzungsgemäßen Neu- lichen Epoche. Vor 1475 Jahren ließ Justi- Chronik einem ermländischen Ereignis mel immer wieder. 1440 bildete sich der wahl des Vorstands wurden auf der nian die antike philosophische Akademie zu. 825 Jahre ist es her, dass am 21. März Preußische Bund, ein Zusammenschluss Mitgliederversammlung am 29. Au- in Athen schließen. Zur gleichen Zeit 1279 Heinrich Fleming von Papst Niko- der preußischen Stände, der sich gegen gust 2004 im Franz-Hitze-Haus in gründete Benedikt von Nursia in Monte- laus III. die Bischofsweihe empfing und die Herrschaft des Deutschen Ordens Münster der Vorsitzende Dr. Hans- cassino (Mittelitalien) den Benediktiner- im Ermland Nachfolger von Bischof An- richtete und Anlehnung an die Krone Po- Jürgen Karp und die Kassiererin Dr. orden, der zur Keimzelle des abendländi- selm (vgl. Gedenktage 2003) wurde. Hein- len suchte. 1454, vor 550 Jahren, huldigte Ursula Fox wiedergewählt. Zum schen Mönchtums wurde. rich stammte aus einer Lübecker Patri- der Bund König Kasimir IV. von Polen, stellvertretenden Vorsitzenden 225 Jahre später sah sich die christli- zierfamilie, war bereits Dompropst des was den so genannten Dreizehnjährigen wählte die Mitgliederversammlung che Welt erneut bedroht. Durch den Sie- ermländischen Domkapitels, konnte das Städtekrieg (1454-1466) auslöste. Auch das Dr. Mario Glauert (Berlin), zum geszug des Islam im 7. Jahrhundert hatte Bischofsamt aber wegen eines Ein- ermländische Domkapitel trat 1454 auf die Schriftführer wurde Prof. Dr. Chri- sich der Mittelpunkt des christlichen spruchs des Erzbischofs von Riga zu- Seite des Bundes. Bischof Paul von Legen- stofer Herrmann (Olsztyn) gewählt. Europa nach Norden in das Siedlungsge- nächst nicht antreten. Der folgende Pro- dorf (reg. 1458-1467) versuchte vergeblich, Ein ausführlicher Bericht über die biet germanischer Stämme verlagert. zess an der römischen Kurie ging aller- in dem Konflikt Neutralität zu wahren Mitgliederversammling folgt in der Dort predigten im 7. und 8. Jahrhundert dings zu seinen Gunsten aus. Ab 1282 ist (vgl. Gedenktage 1992). Im Zweiten Thor- nächsten Nummer. aus Irland und England stammende Mis- Heinrich als Bischof im Ermland nach- ner Frieden von 1466 unterstellten sich Bi- sionare, unter ihnen der um 675 in Credi- weisbar. Aus seiner Amtszeit sind u. a. schof und Domkapitel mit dem gesamten ton (Wessex) geborene Winfried, der spä- die Handfeste für die Stadt Braunsberg Hochstiftsgebiet der Oberhoheit des Kö- ter den Namen Bonifatius erhielt und als (1284) und erste Schritte zum Bau der Ka- nigs von Polen. Entsprechendes galt für Jahresgabe 2004 Bischof entscheidend zur Christianisie- thedrale in Frauenburg zu erwähnen. weitere Teile des Ordensgebietes. Damit rung der Germanen im rechtsrheinischen Heinrich starb am 15. Juli 1301. Sein Grab- zeichnete sich die Auseinanderentwick- Als Jahresgabe für das Jahr Frankenreich beitrug. Seine Lieblingsstif- mal (um 1340) befindet sich im Frauen- lung des westlichen „königlichen“ Preu- 2004 erhalten die Mitglieder des tung war das Kloster Fulda, wo sich die burger Dom. ßen und des östlichen, später „herzogli- HVE voraussichtlich Anfang deutschen Bischöfe bis heute regelmäßig Aus dem Jahr 1379 ist ein wichtiges Er- chen“ Preußen ab, die mit dem Übergang 2005 Beiheft 17 der ZGAE, einen an seinem Grab versammeln. Bonifatius eignis in der Geschichte der Stadt Worm- des Restordensstaates zur Sammelband von Abhandlun- wird in diesem Jahr in Deutschland be- ditt zu vermelden. Vor 625 Jahren wurde und der Bildung des Herzogtums Preu- gen, die den Domkapiteln des sonders gedacht, erlitt er doch vor 1250 die Pfarrkirche Sankt Johannes der Täu- ßen 1525 besiegelt wurde. Deutschen Ordens in Preußen Jahren, am 5. Juni 754, in Dokkum (Fries- fer, eine chorlose dreischiffige Basilika, Schon kurze Zeit nach dem Zweiten und Livland gewidmet sind. Bit- land) den Märtyrertod. Sein tragisches vollendet. Im 15. Jahrhundert erweitert Thorner Frieden wurde der Sonderstatus te beachten: Der Band wird di- Ende erinnert an das Schicksal Adalberts und reich ausgestattet, zählt sie zu den rekt vom Verlag Aschendorff zu- von Prag, der am 23. April 997 an der Ost- bedeutendsten sakralen Bauwerken des (Fortsetzung auf Seite XIV) gesandt. XIV Historischer Verein für Ermland

(Fortsetzung von Seite XIII Randspalte) (Fortsetzung von Seite XIII) Gustav II. Adolf gilt als Retter des deut- schen Revolution und ihrer Überwin- schen Protestantismus, griff er doch – frei- dung war Charles Maurice de Talleyrand- schichte vor, dessen Grundzüge auf des Ermlandes weiter gefestigt. Der vor lich nicht nur aus religiösen Gründen – Périgord verbunden, der am 2. Februar dem HVE-Seminar in Künzell-Die- 525 Jahren am 15. Juli 1479 in Petrikau ge- 1629/30 in den Dreißigjährigen Krieg ein 1754 in Paris als Spross einer der ältesten tershausen im August 2003 erarbeitet schlossene Vertrag zwischen dem polni- und verhinderte damit den Zusammen- Familien Frankreichs das Licht der Welt worden waren (s. UEH 49, 2003, Nr. schen König und Bischof Nikolaus von bruch der evangelischen Reichsstände. erblickte. Talleyrand schlug zunächst ei- 4). In der lebhaften Diskussion wur- Tüngen (reg. 1467-1489) legte die Unter- Ein Anlass für das Auftreten des „Löwen ne geistliche Karriere ein. Er gehörte de u. a. angeregt, das Faltblatt nach ordnung des Ermlandes unter die Krone aus Mitternacht“ war das vor 375 Jahren dann zu den führenden Köpfen der Revo- Epochen zu gliedern, den Blick Polen endgültig fest und schränkte u. a. am 6. März 1629 veröffentlichte Restituti- lution und war schließlich sowohl unter mehr auf die Bevölkerung als auf die das Wahlrecht des Domkapitels ein, das onsedikt, dessen Durchsetzung große Tei- Napoleon I. als auch unter den Bourbo- großen Persönlichkeiten des Landes künftig verpflichtet war, nur eine dem Kö- le Mittel- und Norddeutschlands gewalt- nenkönigen der Restaurationszeit als Au- zu richten und auch eine polnische nig „genehme Person“ („persona grata“) sam rekatholisiert hätte. Die schwedi- ßenminister Frankreichs und Gesandter Übersetzung des Textes vorzuberei- zum Bischof zu wählen. In den folgenden schen Siege verhinderten dies. Im Frieden in Großbritannien der bedeutendste fran- ten. Für die Zeit nach 1945 sollte Jahrzehnten verstärkte sich diese Abhän- von Prag (1635), endgültig im Westfäli- zösische Diplomat des 19. Jahrhunderts. deutlich zwischen dem Ermland als gigkeit noch, die allerdings wesentlich da- schen Frieden (1648) wurde der religiöse Ihm hat Frankreich zu verdanken, dass es Territorium auf der einen und dem zu beitrug, dass das Ermland während Status quo weitgehend wiederhergestellt. auf dem Wiener Kongress (1814 / 15) trotz Schicksal der Ermländer auf der an- der Stürme der Reformation dem alten Vor 325 Jahren, am 31. Oktober 1679, der ungeheuren Niederlage nicht zerstük- deren Seite unterschieden werden. Glauben treu blieb. erfolgte die Wahl von Michael Graf Rad- kelt wurde, sondern eine gleichberechtig- Es folgte die Vorstellung von vier Ein halbes Jahrtausend liegt seit der ziejowski zum Bischof von Ermland. Ge- te europäische Großmacht blieb. Forschungsvorhaben jüngerer Histo- Geburt einer der wichtigsten Persönlich- boren am 3. Dezember 1641, stammte er Vor 225 Jahren erschien erstmals ein riker. keiten der ermländischen Geschichte zu- aus dem polnischen Hochadel, hatte in Werk, das den Namen von Johann Gott- Andrzej Pieczunko, Promotionssti- rück. Am 5. Mai 1504 wurde in Krakau Prag, Paris und Rom studiert und bald ho- fried Herder (1744 - 1803) unsterblich ge- pendiat des HVE, berichtete über Stanislaus Hosius geboren, der bereits he Ämter bekleidet (u. a. Domherr in macht hat. Dem in Mohrungen gebürti- sein von Frau Prof. Teresa Borowska früher ausführlich gewürdigt worden ist Gnesen und Warschau). Auch nach sei- gen Herder kommt als Sammler, Heraus- in Thorn betreutes Promotionspro- (vgl. Gedenktage 2001). Als Bischof von nem Amtsantritt im Ermland weilte er geber und Übersetzer bleibende Geltung jekt mit dem vorläufigen Titel Hand- Kulm (1549 - 1551) und Bischof von Erm- häufig zu politischen Aufgaben in War- zu. Riga, Straßburg, Bückeburg und werk und Handel in Allenstein. Zur land (1551 - 1579) hat er mit großer Tat- schau, sorgte aber dennoch für eine an- schließlich Weimar markieren einen Le- Soziotopographie der mittelalterli- kraft die Beschlüsse des Konzils von gemessene Verwaltung der Diözese. Bei- bensweg, der oft von materieller Not ge- chen und neuzeitlichen Stadt. Das Trient (1546 - 1563) in der preußischen spiele dafür sind mehrere Kirchenvisita- kennzeichnet war. 1779 veröffentlichte ehrgeizige Vorhaben hat zum Ziel, Ortskirche umgesetzt und damit entschei- tionen, die Einführung einer neuen tri- Herder „Volkslieder. Nebst untermisch- auf der Grundlage vieler bisher nicht dend zur Katholischen Erneuerung in dentinischen Gottesdienstordnung 1681 ten Stücken“, eine Sammlung europäi- ausgewerteter archivalischer und ar- beiden Diözesen beigetragen. 1561 zum sowie der Baubeginn der Wallfahrtskir- schen Liedguts; 1807 erschien sie unter chäologischer Quellen die Rolle des Kardinal erhoben, starb er vor 425 Jahren che in Heiligelinde 1687. Seine Karriere dem heute bekannten Titel „Stimmen der Allensteiner Handels und Hand- am 5. August 1579 in Rom. Ihm folgte als schritt rasch voran: Am 26. Mai 1685 wur- Völker in Liedern“. Sie inspirierte insbe- werks im Leben der Einwohner und Bischof von Ermland der um 1513 in de er zum Vizekanzler der Krone Polen sondere die Völker Ostmittel- und Osteu- den Einfluss der Wirtschaftskonjunk- Biecz/Kleinpolen geborene Martin Kro- erhoben, am 9. September 1686 zum Kar- ropas zur Beschäftigung mit ihrer eige- tur auf die wirtschaftlichen, sozialen mer, der Hosius bereits seit 1569 als Ko- dinal kreiert und am 17. Mai 1685 zum Erz- nen Kultur und Literatur. Deshalb genießt und kulturellen Verhältnisse von der adjutor in der Diözesanverwaltung vertre- bischof von Gnesen ernannt. Bis zu sei- Herder bis heute in Polen und den balti- Gründung der Stadt bis zum Über- ten hatte. Kromer hatte nach dem Jura- nem Tode (in Danzig am 13. Oktober schen Ländern hohes Ansehen. gang unter die preußische Herr- studium in Krakau in diplomatischen 1705) blieb Radziejowski eine der ein- 200 Jahre liegt der Tod des wohl be- schaft aufzuzeigen. Diensten der Krone Polen gestanden und flussreichsten Persönlichkeiten Polens. kanntesten Ostpreußen zurück. Am 12. Michael Hirschfeld, Wissen- war 1552 ermländischer Domherr gewor- Sein Nachfolger auf dem ermländischen Februar 1804 verstarb in seiner Heimat- schaftlicher Mitarbeiter am Institut den. Er blieb allerdings auch in den fol- Bischofsstuhl wurde Johann Stanislaus stadt Königsberg im 80. Lebensjahr Im- für Geschichte und historische Lan- genden Jahren für den Königshof tätig Sbaski (1688 - 1697). manuel Kant. Kant hat Philosophiege- desforschung der Hochschule und war 1568 - 1564 Gesandter Polens in Für das Jahr 1729 sind drei Ereignisse schichte geschrieben. Seine Definition Vechta, der sich im Rahmen eines Wien. Als Bischof von Ermland unter- zu notieren: Vor 275 Jahren wurde in Wu- von Aufklärung ist noch immer unüber- Forschungsvorhabens zum Verhält- stützte er das Jesuitenkolleg in Brauns- sen die Sankt-Jakobus-Kirche eingeweiht. troffen: „Aufklärung ist der Ausgang des nis von Staat und Kirche in den berg und förderte das Werk von Regina Am 22. Januar 1729 kam im sächsischen Menschen aus seiner selbstverschulde- Ländern des Deutschen Reichs zwi- Protmann (vgl. Gedenktage 2002). Erwäh- Kamenz Gotthold Ephraim Lessing, einer ten Unmündigkeit. Sapere aude: Habe schen Kulturkampf und Erstem nenswert ist auch seine Tätigkeit als der bedeutendsten deutschen Dichter Mut, dich deines Verstandes zu bedie- Weltkrieg beschäftigt, referierte auf Schriftsteller (vgl. Gedenktage 2000). Mar- und Schriftsteller der Aufklärung, zur nen“. Etwa vier Wochen später, am 14. Grund der Akten des Päpstlichen tin Kromer verstarb am 23. März 1589 in Welt. „Minna von Barnhelm“, „Emilia Ga- März 1804, erblickte in Wien Johann Bap- Staatssekretariats sowie der Heilsberg. Sein Nachfolger auf dem erm- lotti“ und besonders „Nathan der Weise“ tist Strauß das Licht der Welt. Zusammen Münchner Nuntiatur im Vatikani- ländischen Bischofsstuhl wurde Andreas zählen bis heute zum Repertoire deut- mit Josef Lanner wurde er der Schöpfer schen Geheimarchiv in Rom über Bathory (Koadjutor seit 1584). scher Bühnen. In der Gestalt des Nathan des „Wiener Walzers“. Sein bekanntestes die Ernennung von Eduard Herr- Das Jahr 1604 markiert für das Ermland hat Lessing, der am 15. Februar 1781 in Werk ist jedoch der Radetzkymarsch. Jo- mann (1836 - 1916) zum Weihbi- ebenso wie für das Königreich Polen ei- Braunschweig verstarb, seinem Freund, hann Strauß Vater stand allerdings stets schof in Ermland 1901. Der quellen- nen wichtigen Einschnitt. Vor 400 Jahren, dem jüdischen Philosophen Moses Men- im Schatten seines ältesten Sohnes Jo- reiche und vielsprachige Vortrag, am 4. November 1604, wurde Simon Rud- delssohn, ein literarisches Denkmal ge- hann (1825 - 1899), der noch heute welt- der nicht zuletzt die Theorie und nicki, seit 1601 bereits Domherr, als Nach- setzt. Erinnert werden soll auch an den berühmt ist. Ebenfalls 1804, am 8. Septem- Praxis von Bischofsernennungen folger Peter Tylickis zum Bischof von Erm- aus Westpreußen stammenden Naturfor- ber, wurde im württembergischen Lud- im Zeitalter des Kulturkampfes illu- land gewählt. Mit Unterstützung von König scher Johann Reinhold Forster, der am wigsburg einer der bekanntesten Dichter strierte, wird im nächsten Band der Sigismund III. förderte der neue Oberhirte 22. Oktober 1729 in Dirschau geboren der Romantik, Eduard Mörike, geboren. ZGAE veröffentlicht werden. die Katholische Erneuerung im Ermland, wurde. Forster gehörte zusammen mit Am 2. Dezember desselben Jahres krönte Robert Żurek, der 2003 an der Uni- u. a. durch eine Generalvisitation zwi- seinem Sohn Johann Georg zur Mann- sich Napoleon Bonaparte in der Kathe- versität Halle seine Dissertation Die schen 1606 und 1610. 1614 setzte er die Er- schaft von James Cook bei dessen zwei- drale Notre-Dame zu Paris zum Kaiser Kirche und die deutsch-polnische richtung der ersten katholischen Kirche in ter Weltumsegelung (1772 - 1775). Seine der Franzosen. Genau ein Jahr später Versöhnung nach dem Zweiten Königsberg nach der Reformation durch, wissenschaftlichen Untersuchungen zur siegte das französische Heer bei Auster- Weltkrieg abgeschlossen hat, stellte 1617 konnte er in Elbing die Sankt-Nikolai- Geographie und Meteorologie legten das litz über die verbündeten österreichi- sein neues Forschungsprojekt Kir- Kirche für die katholische Gemeinde zu- Fundament für viele Forschungsreisen schen und russischen Truppen. Damit che und Vertreibung vor, in dem er rückgewinnen. Als er am 4. Juli 1621 in des 19. Jahrhunderts. Forster starb am 9. war Napoleon der nahezu unumschränk- drei Fragenkomplexe untersuchen Heilsberg 69-jährig starb, zogen sich je- Dezember 1798 als Professor für Naturge- te Herrscher Europas. Nach der vernich- will: die Ersetzung der deutschen doch bereits dunkle Wolken über dem schichte in Halle. tenden Niederlage bei Jena und Auer- durch eine vorläufige polnische Kir- Preußenland zusammen. Ursache dafür Johann Georg Forster, der vor 250 Jah- stedt (Oktober 1806) musste sich ihm chenverwaltung im Jahre 1945, die waren die Ansprüche Sigismunds III. (reg. ren am 27. November 1754 in Nassenhu- auch Preußen im Frieden von Tilsit (7. Ju- Tätigkeit der von Kardinal August 1587-1632) auf den Thron Schwedens, auf ben bei Danzig geboren wurde, war eben- li 1807) unterwerfen. Hlond eingesetzten Apostolischen den er trotz seiner Absetzung 1604 nie ver- so wie sein Vater ein bedeutender Natur- Ein Vierteljahrhundert später, 1829, wa- Administratoren sowie die Entwick- zichtet hatte. Sein protestantischer Onkel wissenschaftler, Schriftsteller und Über- ren die Napoleonischen Kriege bereits Ge- lung des Verhältnisses zwischen Karl IX. (reg. 1604-1611) und mehr noch setzer, dessen Veröffentlichungen bis schichte. Für Ostpreußen und das Erm- deutschen und polnischen Geistli- sein Vetter Gustav II. Adolf (reg. 1611-1632) heute ihren Rang behalten haben. Forster land war eine Epoche des Friedens ange- chen und Laien in einzelnen Pfarrge- führten Schweden zur Vormacht Nordeu- gehörte zugleich zu den entschiedensten brochen, und auch die evangelischen Ge- meinden. Die lebhafte Diskussion ropas. Unter Gustav II. Adolf und seinen Verfechtern der Aufklärung und der Idea- meinden blühten auf, wie der Bau der drehte sich vor allem um den ersten Nachfolgern kam es im 16. und frühen 17. le der Französischen Revolution. 1792 trat evangelischen Pfarrkirche in Guttstadt Punkt und die Rolle Hlonds. Der Re- Jahrhundert zu langwierigen kriegeri- er offen auf die Seite der Revolutionäre nach Plänen von Karl Friedrich Schinkel ferent erläuterte seinen – gegenüber schen Auseinandersetzungen zwischen über und wurde Vizepräsident der zeigt. Erinnert sei ebenfalls an Theodor der in der polnischen Literatur bis- Schweden und Polen, bei denen das Preu- „Mainzer Republik“. 1793 ging er nach Pa- Bornowski, der am 25. Oktober 1829 in her vorherrschenden Meinung – mo- ßenland und besonders das Ermland wie- ris, um dort die Belange des Rheinlandes Frauenburg geboren wurde. Nach dem derholt in Mitleidenschaft gezogen wur- zu vertreten, starb aber bereits am 10. Ja- (Fortsetzung auf Seite XV Randspalte) den (vgl. Gedenktage 2000). nuar 1794. Ebenfalls eng mit der Französi- (Fortsetzung: Seite XV) Historischer Verein für Ermland XV

(Fortsetzung von Seite XIV) Memel und an die Autorin lebendig, die Am 14. Juni 1929 unterzeichneten nach (Fortsetzung von Seite XIV Randspalte) das Vertreibungsschicksal erlitt und fern langwierigen Verhandlungen der Heilige Besuch des Braunsberger Gymnasiums der Heimat am 26. Oktober 1964 in Bad Stuhl und das Königreich Italien die Late- deraten Standpunkt, indem er fest- studierte er in Bonn, Königsberg und Mün- Salzuflen starb. Ein Vertriebener war auch ranverträge, die neben einem Konkordat stellte, dass Hlond mit seinen Hand- ster und wirkte dann im höheren Schul- der geniale jüdische Physiker Albert Ein- und der Regelung finanzieller Fragen die lungen in den Oder-Neiße-Gebieten dienst in Braunsberg und Kulm. Bedeu- stein, der wenige Tage nach Agnes Miegel Gründung des Staates der Vatikanstadt zweifelsohne die ihm vom Hl. Stuhl tung kommt ihm als Sammler ermländi- am 14. März 1879 in Ulm geboren wurde festlegten. Auch Preußen schloss am 14. erteilten Vollmachten bewusst über- scher Sagen und Lieder zu. Außerdem trat und am 18. April 1955 in Princeton (USA) Juni 1929 mit der katholischen Kirche ein schritt, um die zu erwartende Gleich- er selbst mit Gedichten hervor („Legen- verstarb. Nicht nur als Naturwissenschaft- Abkommen. Durch dieses Konkordat schaltung der kirchlichen Strukturen den“, 1860; „Vom Weichselstrand“, 1887). ler, sondern auch als Humanist hat sich wurden u. a. die Grenzen des Bistums in den Oder-Neiße-Gebieten durch Leider wurde er 1861 geisteskrank und Einstein in der Weimarer Republik einen Ermland den politischen Grenzen angegli- die Kommunisten bei gleichzeitiger lebte bis zu seinem Tode (12. April 1892) in großen Namen gemacht. Für seine wis- chen, d. h. es umfasste die Provinz Ost- Konfiszierung des Kirchenbesitzes, einem Kloster in Mönchengladbach. senschaftlichen Leistungen, u. a. die Rela- preußen. Außerdem wurde es Suffragan propagandistischer Hetze gegen die Für die Marienverehrung bildet das tivitätstheorie, erhielt er 1921 den Nobel- der neu errichteten ostdeutschen Kir- polnische Kirche und Einschrän- Jahr 1854 einen wichtigen Einschnitt. Be- preis für Physik. Schließlich sei noch dar- chenprovinz mit dem Metropolitansitz kung der seelsorglichen Betreuung reits in den Jahrzehnten zuvor war die an erinnert, dass vor 125 Jahren in Leipzig Breslau. Damit ging die jahrhundertelan- der polnischen Neusiedler zu ver- Gottesmutter von den Päpsten als beson- das Reichsgericht gegründet wurde. ge Stellung Ermlands als exemtes Bistum hindern. Freilich erreichte er dies deres Vorbild des Glaubens gewürdigt Am 21. Januar 1904, vor 100 Jahren, zu Ende. Am 28. Oktober 1929 löste der um den Preis einer radikalen Ver- worden. Papst Pius IX. setzte vor 150 Jah- starb in Krossen bei Wormditt August „schwarze Freitag“ an der New Yorker schlechterung des Verhältnisses zu ren ein weiteres Zeichen, indem er das Schacht, der Förderer des ermländischen Börse die große Weltwirtschaftskrise aus, den deutschen Katholiken, die seit- Dogma von der ohne Erbsünde empfan- Bauerntums. Geboren am 17. Juni 1851 in die in Deutschland innerhalb weniger dem die Gleichschaltung der ost- genen Gottesmutter verkündete. Auch in Heilsberg, wirkte Schacht nach der Prie- Jahre die labilen wirtschaftlichen und ge- deutschen Kirchenverwaltung nicht der ostpreußischen Diaspora blühte das sterweihe (1876) von 1886 bis zu seinem sellschaftlichen Strukturen der Weimarer mit den Maßnahmen der polnischen katholische Leben im 19. Jahrhundert frühen Tod in Krossen als Stiftspropst und Republik zum Einsturz brachte. Kommunisten, sondern mit denen wieder auf. So entstand 1854 in Neiden- Verwalter des bischöflichen Stiftsgutes. Das Jahr 1954 bildete eine wichtige Zä- der polnischen Glaubensbrüder as- burg eine katholische Pfarrei unter dem Im gleichen Jahr wurde er Generalsekre- sur in der deutschen Nachkriegsge- soziierten. Die Vertreibung Bischof sicher nicht zufällig gewählten Patronat tär des Ermländischen Bauernverbandes. schichte. Mit dem Beitritt zur WEU und Kallers, so erläuterte Żurek indes, „Unbefleckte Empfängnis Mariä“; in Er gründete außerdem den Verband land- zur NATO vor 50 Jahren ging die Bundes- habe diesen wohl vor einem schlim- Mühlhausen / Kr. Preußisch Holland wirtschaftlicher Genossenschaften des republik Deutschland politisch erste meren Schicksal bewahrt. wurde eine katholische Privatschule er- Ermlandes und war u. a. Mitglied der Ost- Schritte auf dem Weg zur Souveränität Schließlich erläuterte Karolina öffnet. 1854 ist auch das Geburtsjahr zwei- preußischen Landwirtschaftskammer. und zur Integration in die westliche de- Lang, Magisterstipendiatin des er aus dem historischen deutschen Osten Am 8. September 1904 starb in Elbing der mokratische Staatengemeinschaft. Der HVE, das Vorhaben ihrer von Prof. stammenden Wissenschaftler von Welt- Kunsthandwerker Justus Bornowski. Er Gewinn der Fußballweltmeisterschaft am Jens Fleming an der Universität rang. Am 14. März 1854 wurde in Strehlen stammte aus Frauenburg (geboren 7. Sep- 4. Juli 1954 in Bern hatte ungeheure Aus- Kassel betreuten Magisterarbeit (Schlesien) Paul Ehrlich geboren, der tember 1843), absolvierte in München ei- wirkungen auf das Selbstwertgefühl der Die Ermländer im Spannungsfeld sich in der Entwicklung von Medikamen- ne Ausbildung zum Kunstmaler und leite- deutschen Bevölkerung und wirkt als von Rückbesinnung auf die Heimat ten gegen Seuchen einen Namen ge- te danach eine Kunstwerkstätte in Elbing, Gründungsmythos Nachkriegsdeutsch- und Integration in die Gesellschaft macht hat. Nur einen Tag danach kam in in der Paramente, Fahnen und Kreuzweg- lands bis heute nach. des westlichen Nachkriegsdeutsch- Hansdorf (Westpreußen) der (später ge- tafeln entworfen wurden. Bornowski trat 2004 ist Europa in eine neue Phase sei- land 1945 - 1960. Sie will den Hei- adelte) Emil von Behring zur Welt, der auch als Kirchenmaler in Ost- und West- ner Geschichte eingetreten. Am 1. Mai mat- und Identitätsbegriff der Erm- durch die Entwicklung eines Serums ge- preußen (z. B. Frauenburger Dom, Sankt dieses Jahres wurde die Europäische länder, deren Verlust- und Integrati- gen Diphtherie zum „Retteengel der Kin- Marien in Elbing) hervor. 1904 war außer- Union um zehn Staaten erweitert, darun- onserfahrungen untersuchen und der“ wurde. Beide erhielten den Nobel- dem das Gründungsjahr der Technischen ter auch Polen und Litauen, die Nachbarn herausfinden, wie sich diese mit preis für Medizin. Hochschule in Danzig, der nach der Al- des alten Ostpreußen. Doch noch immer den Erfordernissen der Anpassung Vor 125 Jahren, am 9. März 1879, wur- bertina in Königsberg bedeutendsten wis- ist Europa geteilt. Quer durch Ostpreu- an die westdeutsche Nachkriegsge- de in Königsberg Agnes Miegel geboren, senschaftlichen Einrichtung des Preußen- ßen zieht sich die neue EU-Außengrenze, sellschaft hemmend oder stimulie- die wohl bedeutendste Schriftstellerin landes. Kaiser Wilhelm II. eröffnete sie fei- die den zu Polen gehörenden Süden vom rend verbanden. Da die Quellenba- Ostpreußens. Ihr Werk, besonders ihre erlich am 6. Oktober 1904. zu Russland gehörenden Königsberger sis neben den Ermlandbriefen Balladen wie „Die Frauen von Nidden“ Vor 75 Jahren konnte die seit 1870 Gebiet trennt. Für die Zukunft bleibt zu auch Interviews mit Zeitzeugen bil- oder „Es war ein Land“, halten die Erinne- schwelende „Römische Frage“ (vgl. Ge- hoffen, dass auch diese Scheidelinie ein- den sollen, bat sie die Anwesenden rung an das Land zwischen Weichsel und denktage 2003) endlich gelöst werden. mal nur noch Geschichte sein wird. um Unterstützung und Mitwirkung bei dem Projekt. Am Abend hielt Christofer Herr- mann, der kürzlich an der Univer- 2. In einem zweiten Ansatz sollten sität Greifswald seine Habilitations- Hosius in Europa dann auch neue Fragen gestellt werden. schrift über Die mittelalterliche Ar- Es ging darum, die Wirkungen der vielfäl- chitektur der ehemaligen preußi- Bericht über zwei Tagungen tigen Tätigkeiten von Hosius in Europa in schen Bistümer. Untersuchungen den Blick zu nehmen - und zwar unter zur Frage der Kunstlandschaft und Von Hans-Jürgen Karp den in der neueren Geschichtswissen- -geographie eingereicht hat, einen schaft diskutierten Paradigmen „Konfes- Lichtbildervortrag über Ermland I Brandi „eine weltgeschichtliche Figur sionalisierung“ und „Wissenskultur und als Architekturlandschaft im Mittel- Die internationale Fachtagung, die von Rang“. Im Geschichtsbild der Polen gesellschaftlicher Wandel in der Frühen alter, in dem er eindrucksvoll und der Historische Verein für Ermland aus ist er ebenso wie bei den deutschen Neuzeit“. anschaulich die Ergebnisse seiner Anlaß des 500. Geburtstages von Kardi- Ermländern eine Leitfigur für die Be- Für das geistige Profil und den europäi- umfangreichen stilistischen und nal Stanislaus Hosius veranstaltete, wahrung katholischer Identität. Deut- schen Rang des Bischofs und Kardinals bauhistorischen Forschungen prä- fand am 19. und 20. April 2004 im Alex- sche Kirchenhistoriker wie Joseph Stanislaus Hosius ist die Frage von grund- sentierte. ander-von-Humboldt-Haus der Univer- Lortz oder haben seine legender Bedeutung, inwieweit er den Die Tagung wurde beschlossen mit sität Münster statt und wurde in Verbin- Leistungen gewürdigt, aber auch seine großen Humanisten seiner Zeit gleichzu- einem Vortrag von Ernst Manfred dung mit der Theologischen Fakultät Grenzen aufgezeigt. Die neuere polni- stellen ist. Der Frage der Einordnung von Wermter über Die Räte der Lande der Ermländisch-Masurischen Univer- sche – vor allem in Allenstein konzen- Hosius in den europäischen Humanis- Preußen königlich-polnischen An- sität Allenstein (Olsztyn), der Katho- trierte – Hosius-Forschung hat sich um mus waren daher die ersten beiden Refe- teils auf ihren Tagfahrten um 1500. lisch-Theologischen Fakultät der Uni- die Aufarbeitung vieler Einzelfragen rate des Symposions gewidmet.1 Es unter- Der Referent erläuterte das kompli- versität Münster und dem Verein für verdient gemacht. Sie ist aber – nicht liegt heute keinem Zweifel mehr, daß Ho- zierte Verfassungsgefüge des Preu- Reformationsgeschichte durchgeführt. zuletzt wegen der Sprachbarriere - in sius zu den großen Humanisten katholi- ßen königlich-polnischen Anteils, Die Tagung stand unter dem Leitwort der westlichen Welt kaum rezipiert wor- scher Prägung gehörte. Er schloß sich welches die Zeitgenossen mit dem Hosius in Europa. Dieser weit gefaßten den. schon in seiner Krakauer Studienzeit ei- Begriff des corpus auch in ein orga- Thematik lag die Überlegung zugrunde, Im Rahmen der zweitätigen Tagung nem Kreis von Verehrern des Erasmus nologisches Bild zu fassen suchten, daß eine kritische, alle Wirkungsfelder konnten nur einige ausgewählte The- von Rotterdam an, und bereits damals hob hervor, dass das Hochstift Erm- umfassende, zugleich die Grenzen kon- men behandelt werden. kristallisierten sich die Hauptentwick- land sich innerhalb dieser Verfas- fessioneller und nationaler Betrach- Das Symposion setzte sich dabei vor lungslinien seiner Theologie heraus. sung keineswegs in einer „splended tungsweise überwindende Biographie allem zwei Ziele: Hosius hat allerdings kein theologi- isolation“ befand, und zeichnete dieses herausragenden, nicht unum- 1. Das erste Ziel war, im Lichte neue- sches System geschaffen. Seine Theolo- schließlich anhand von Bildmaterial strittenen Vorkämpfers der katholi- rer Forschungen verschiedener wissen- gie beruhte auf der Tradition der Kir- und anschaulichen Quellenberich- schen Reform und der Gegenreformati- schaftlicher Disziplinen neue Antwor- chenväter, war christo- und ekklesiozen- ten den Zug des polnischen Königs on in Europa bisher fehlt . ten auf alte Fragen zu geben, das heißt: trisch ausgerichtet und zielte auf die Ver- Alexander mit seinem Gefolge in die Hosius wird in der protestantischen die Rolle und Bedeutung von Hosius als teidigung der Einheit der Kirche und der Stadt Danzig anlässlich der Tagfahrt Geschichtsschreibung allgemein sehr Humanist, Theologe und Diplomat neu des Jahres 1504 nach. kritisch beurteilt, war aber nach Karl zu bewerten. (Fortsetzung auf Seite XVI) kp / gl XVI Historischer Verein für Ermland

(Fortsetzung von Seite XV) 2. ein konfessionell loyales Personal in seiner Diözese, sondern auch in Polen- und Kardinals Hosius nicht in das Zeital- zur Durchsetzung der Normen, Litauen. Wilna wurde nach vier Jahren ter der Ökumene passe. Gleichwohl ver- gesellschaftlichen Strukturen des Mittel- 3. die Monopolisierung der Ausbil- zu einer Akademie bzw. Universität erho- kündete Erzbischof Piszcz am 1. Februar alters. Diese Thematik wurde auf der Ta- dung von systemkonformen Führungs- ben, Braunsbergs Bedeutung sank hinge- 2004 das laufende Jubiläumsjahr als Hosi- gung zum einen durch einen Vergleich kräften, gen in der Folgezeit. us-Jahr und rief am Schluß seines Hirten- mit katholischen und reformatorischen 4. die Sozialdisziplinierung durch Vi- Eine herausragende Quelle für die worts zum Gebet um die Einheit der Chri- Theologen seiner Zeit2, zum anderen aus sitationen, Kirchenzucht, Kontrolle von Überzeugungen und Handlungsmotiva- sten auf. Auch der Festgottesdienst am 4. der Sicht der modernen Ökumene be- Außenkontakten usw., tionen von Hosius im Hinblick auf seine Mai in der Allensteiner Jakobi-Kirche handelt. In diesem Zusammenhang ver- 5. die Entstehung und Festlegung von vielfältigen Tätigkeiten als Theologe und wurde in dieser Intention gefeiert. dient die hosianische Lehre vom Wort unterschiedlichen Riten. Seelsorger sowie als Diplomat und Kir- Gottes3 besonderes Interesse, die der Al- Die politischen, sozialen und vor al- chenpolitiker ist seine außerordentlich III lensteiner Weihbischof Jezierski darstell- lem kulturellen Implikationen und Kon- umfangreiche Korrespondenz (insge- Abschließend seien für Interessierte te. Der Vergleich der Grundzüge dieser sequenzen des Konfessionalisierungs- samt ca. 10.000 Briefe). Der Beginn ihrer einige Literaturhinweise gegeben: Lehre mit der in der Wort-Gottes-Theolo- prozesses in Altpreußen wurden in Edition mit den Briefen aus den Jahren 1. Anneliese Triller, Kardinal Stanislaus gie der Gegenwart erreichten ökumeni- zwei Referaten über die vielfältigen 1525-1555 war ein deutsch-polnisches Ge- Hosius (1504 - 1579). Der Vortrag, anläß- sche Annäherung4 ließ erkennen, daß Themen in den Beziehungen zwischen meinschaftswerk des ermländischen Hi- lich des 400. Todestages entstanden, ist die Grunddifferenz zwischen den Konfes- Herzog Albrecht und Bischof Hosius in storikers Franz Hipler und seines Krakau- als Veröffentlichung des HVE 1981 er- sionen - damals wie heute - nicht in der den Jahren 1550 bis 15688 sowie über er Partners Wincenty Zakrzewski (1879 schienen, 23 S. € 2.-- Ekklesiologie, sondern eher in der An- das ermländische Domkapitel und des- und 1886). Erst ein Jahrhundert später 2. Immer noch sehr lesenswert ist: Hans thropologie liegt - in der Frage, wie weit sen Bemühungen zur Erhaltung des Ka- konnte die Edition in Polen mit drei Bän- Preuschoff, Unser ermländischer Weg. die Begnadung durch Gott den Men- tholizismus9 angesprochen. Dabei war den fortgesetzt werden. Die Herausgabe Teil II: Kardinal Stanislaus Hosius, der schen bleibend verwandelt – so jeden- die Frage von besonderem Interesse, der ca. 5000 verbleibenden Briefe aus größte Bischof des Ermlandes. In: Ermlän- falls die These der Münsteraner Ökume- ob und inwieweit es so etwas wie eine den Jahren 1566-1579 ist ein bisher nicht discher Hauskalender 1953, S. 121 - 143. nikerin Dorothea Sattler. „Polonisierung“ des Domkapitels und gelöstes Problem, wie Prof. Szorc aus Al- 3. Zu den seltenen deutschsprachigen Die Frage nach den diplomatischen Fä- damit unter seinem Einfluss eine „Polo- lenstein erläuterte.15 Das Hosius-Jubilä- wissenschaftlichen Veröffentlichungen higkeiten des Bischofs und Kardinals Ho- nisierung“ des kulturellen Lebens im um dieses Jahres mit seinen beiden Ta- nach dem Zweiten Weltkrieg gehört die sius wurden am Beispiel seiner Rolle bei Ermland gegeben habe. Es zeigte sich, gungen könnte dem Vorhaben der Fort- Quellenedition: Kardinal Stanislaus Hosi- der Ausgestaltung der kurialen Deutsch- daß der Begriff nicht für eine systema- setzung der Edition, so ist zu hoffen, us, Bischof von Ermland, und Herzog Al- landpolitik ab 1560 behandelt.5 Die Nun- tisch betriebene aktive Politik von Bi- neue Impulse verleihen. brecht von Preußen. Ihr Briefwechsel tiatur bei Kaiser Ferdinand I. – die Bemü- schof und Domkapitel stehen kann, son- Insgesamt war das Symposion so ange- über das Konzil von Trient (1560 - 1562). hung um die Rekatholisierung seines dern allenfalls einen allmählich sich legt, dass der europäische Horizont mit Hrsg. von Ernst Manfred Wermter. (Re- Sohnes Maximilian und um die Wieder- vollziehenden Prozeß partieller kultu- der regionalen Ebene Altpreußens ver- formationsgeschichtliche Studien und aufnahme des unterbrochenen Konzils – reller Assimilation bezeichnet. knüpft wurde. Es konnte daher exempla- Texte, Heft 82.) Münster 1957, 83 S. all dies wird heute im Kontext neuerer Über die Rolle der Geistlichkeit bei der risch die Einheit und Vielfalt Europas in 4. Die beste Gesamtdarstellung von Forschungsergebnisse differenzierter, Vermittlung von Bildung und Wissen im der frühen Neuzeit zur Sprache gebracht Person und Werk des Hosius in deut- nach wie vor kontrovers, im ganzen aber Geiste des Tridentinums bzw. der Refor- werden. scher Sprache stammt von dem schon als Teilerfolg der Bestrebungen des Nun- mation in den beiden Preußen und im Es ist beabsichtigt, die Beiträge in ei- erwähnten polnischen Kirchenhistoriker tius beurteilt, so jedenfalls stellte es Alex- Ermland liegen zwar zahlreiche Einzelfor- nem Sammelband in der Reihe der Bei- Wojtyska: Henryk Damian Wojtyska, Sta- ander Koller dar. schungen vor, es fehlen aber Arbeiten mit hefte der Zeitschrift für die Geschichte nislaus Hosius (1504 - 1579). In: Katholi- Eine Klammer zwischen den beiden einer verbreiterten methodischen Basis. und Altertumskunde Ermlands zu veröf- sche Theologen der Reformationszeit. Themenbereichen der Tagung bildete ein Deshalb stellte Andreas Wendland die fentlichen. Hrsg. von Erwin Iserloh. Münster 1987, S. Beitrag über die Frage, welche Kriterien neuen konfessionsübergreifenden For- 137 - 152. die 1571 errichtete Indexkongregation zu- schungsansätzen vor, die in dem Frank- II grundelegte, nach denen sich humanisti- furter Forschungsprojekt „Geistlichkeit Zwei Wochen nach der Tagung des Hi- Anmerkungen: sche gebildete Theologen gegenreforma- und konfessionelles Wissen in der Frü- storischen Vereins fand am 4. und 5. Mai 1 Wilhelm Ribhegge (Münster), Erasmus torisch einsetzen konnten.6 hen Neuzeit“ entwickelt worden sind. Der 2004 im Priesterseminar in Allenstein un- und die europäischen Kontakte polni- Für den zweiten Teil des Symposions Vortrag behandelte den Bedeutungswan- ter dem Patronat von Erzbischof Piszcz, scher Humanisten. - Ambrozja Jadwiga wurde aus dem europaweiten Tätigkeits- del klerikaler Ausbildung unter der Frage- des ermländischen Domkapitels und des Kalinowska OSB (Olsztyn), Hosius als feld von Hosius das königliche und her- stellung, welches konfessionelle Wissen – Rektors der Ermländisch-Masurischen Humanist. zogliche Preußen mit dem Ermland aus- als gelehrtes, erlerntes und normatives Universität eine wissenschaftliche Ta- 2 Vinzenz Pfnür (Münster), Die Theologie gewählt. Die gegenreformatorische Tätig- Wissen theologischer Herleitung – im gung statt, die von der Theologischen Fa- des Hosius im Kontext der Zeit. keit des Bischofs im Hochstift Ermland Zeitalter der Konfessionalisierung von kultät der Allensteiner Universität, vom 3 Jacek Jezierski (Olsztyn), Bausteine der war auch mit der Intention des Landes- den Bildungsträgern vermittelt wurde.10 Priesterseminar und dem Kętrzyński-For- Theologie des Wortes Gottes bei Hosius. herrn verbunden, als Statthalter des pol- Die herausragende Rolle der Jesuiten schungszentrum in Allenstein veranstal- 4 Dorothea Sattler (Münster), Ökumenische nischen Königs eine zentralistische Poli- als Träger von konfessionell geprägter tet wurde. Sie trug den Titel: Kardinal Sta- Annäherungen bei den Themen „Schrift- tik zu betreiben. Es erhob sich in diesem Bildung und Kultur im Hochstift Ermland nislaus Hosius (1504 - 1579). Person, gei- verständnis“ und „Schriftauslegung“. Zusammenhang die Frage, inwieweit das war Gegenstand eines Referats von Prof. stiges Profil (myśl), Werk, Zeit, Bedeu- 5 Alexander Koller (Rom), Die Nuntiatur Ermland seit Hosius einer „Polonisie- Breuer aus Aachen, der die 215-jährige tung. Es standen 28 Vorträge auf dem von Stanislaus Hosius bei Ferdinand I. rung“ in politischer und religiös-kulturel- Geschichte des Barockhumanismus in Programm, der Vorsitzende des HVE be- (1560 - 61). Neubeginn der päpstlichen ler Hinsicht ausgesetzt war. Die Fülle der diesem Territorium behandelte.11 richtete von der Münsteraner Tagung. Deutschlandpolitik nach dem Augsbur- Einzelfragen wurde unter dem paradig- Aspekte eines Vergleichs zwischen Für Diskussionen stand allerdings kaum ger Religionsfrieden. matischen Leitwort der Konfessionalisie- dem Braunsberger Hosianum und der Zeit zur Verfügung. 6 Claus Arnold (Frankfurt am Main), Hu- rung diskutiert. Königsberger Albertina12, wie sie 1981 Zu den herausragenden Referaten ge- manismus und Gegenreformation. Die Das Paradigma der „Konfessionalisie- von Tadeusz Grygier vorgetragen wor- hörten die Beiträge des Thorner Histori- Indexkongregation Gregors XIII. rung“7 ist seit den 1960er Jahren in ei- den waren13, führten zu einer kontrover- kers Janusz Małłek und des emeritierten 7 Winfried Eberhard (Leipzig), Konfessio- nem langen Diskurs am Beispiel der sen Diskussion, die sichtbar machte, daß Kirchenhistorikers Henryk Damian nalisierung als wissenschaftliches Para- deutschen Fürstenterritorien entwickel sich hier noch ein weites Feld verglei- Wojtyska. Małłek ging in seinem Vortrag digma. worden. Es wird als ein Modell für die chender Forschung eröffnet. über Kardinal Hosius und Herzog Al- 8 Stefan Hartmann (Berlin), Herzog Al- Untersuchung der Entstehung und Ent- Der Vortrag von Irena Vaisvilaite aus brecht auch auf das methodologische brecht und Hosius. wicklung der Konfessionen propagiert, Vilnius14 lenkte den Blick auf die Rolle Modell der Konfessionalisierung ein. 9 Teresa Borawska (Toruń), Das ermländi- um sie als parallele strukturelle Erschei- von Hosius bei der Gründung des Jesui- Wojtyska, der wohl der beste Kenner des sche Domkapitel zur Zeit des Hosius. nungen zu interpretieren. Als Faktoren tenkollegs in Wilna und auf die Beziehun- Gesamtwerks von Hosius ist, einer Einla- 10 Andreas Wendland (Frankfurt am Main), für die Herstellung fester Konfessionen gen zwischen dem Braunsberger und dung nach Münster aus Gesundheits- Theologisches Wissen und der Bedeu- werden dabei unter anderen genannt: dem Wilnaer Kolleg in der Anfangszeit gründen aber nicht hatte folgen können, tungswandel klerikaler Ausbildung. 1. die Ausmerzung von Unklarheiten und damit auf die Verdienste des Kardi- sprach über Hosius im Kreis der römi- 11 Dieter Breuer (Aachen), Jesuitenkultur im Bekenntnis durch Index und Zensur, nals für die katholische Reform nicht nur schen Humanisten in den Jahren 1558 - im Hochstift Ermland und im Herzogtum 1560. Er hat dankenswerter Weise seinen Preußen. Referatstext für eine Übersetzung ins 12 Stefan Hartmann (Berlin), Hosianum Deutsche und zur Veröffentlichung in und Albertina. Aspekte des Vergleichs dem geplanten Sammelband unseres bei Tadeusz Grygier. Adresse der Redaktion UeH Vereins zur Verfügung gestellt. 13 T. Grygier, Erygowanie „Hosianum“ i „Al- Die Allensteiner Parallel-Tagung kam bertiny“ jako dwóch ośrodków kulturo- Dr. Hans-Jürgen Karp zuverlässigen Informationen zufolge erst wych. In: Studia Warmińskie 18 (1981) 211- in letzter Minute zustande, nicht zuletzt 250. Brandenburger Str. 5 unter dem Einfluß unserer Planungen für 14 Irena Vaisvilaite (), Role of Stanis- die Hosius-Tagung in Münster. Man hatte las Hosius in Founding of Vilnius Jesuit eigentlich zunächst argumentiert, dass ei- College. 35041 Marburg ne besondere Heraushebung von Person 15 Alojzy Szorc (Olsztyn), Die Korrespon- und Werk des ermländischen Bischofs denz des Hosius. Probleme der Edition.