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Heinrich Himmler, Theodor Eicke, Richard Glücks, Oswald Pohl

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KZ-Gedenkstätte Neuengamme | Reproduktion nicht gestattet 2 SS-Biografien: Heinrich Himmler, Theodor Eicke, Richard Glücks, Oswald Pohl SS-Biografien: Heinrich Himmler, Theodor Eicke, Richard Glücks, Oswald Pohl 3

Heinrich Himmler

Heinrich Himmler, am 7. Oktober 1900 in München ge- boren, begann am 1. Januar 1918 eine Ausbildung zum Offiziersanwärter, die er jedoch bis Kriegsende nicht mehr beendete. Nach dem Notabitur in Landshut 1919 absolvier- te er eine landwirtschaftliche Ausbildung und schloss 1922 ein Studium an der Technischen Hochschule München ab. Bereits seit 1919 war er in verschiedenen völkischen Orga- nisationen wie dem Lauterbach Mitglied. 1923

Heinrich Himmler, 1936. trat Himmler in die NSDAP ein und nahm am 9. November als Fahnenträger Ernst Röhms am Hitler-Ludendorff-Putsch Foto: unbekannt. (ANg, 1984-4036) teil. 1925, nach Neugründung der NSDAP, wurde Himmler stellvertretender von Niederbayern-Oberpfalz, 1926 stellvertretender Gauleiter von Oberbayern und Schwaben. Am 3. Juli 1928 heiratete Himmler Margarethe B., das Paar hatte eine Tochter.

Von 1926 bis 1929 war Himmler stellvertretender - spropagandaleiter der NSDAP. Am 6. Januar 1929 wurde er von zum „Reichsführer SS“ (RFSS) ernannt; unter seiner Führung stieg die SS zu einem Elitekorps der NSDAP auf. Himmler führte mit Genehmigung Hitlers „ras- sische“ Auslesebestimmungen für die SS ein. Von 280 Mit- gliedern im Jahr 1929 wuchs die SS bis Ende 1932 auf über 52 000 und bis Anfang 1934 auf über 200 000 Mitglieder. 4 SS-Biografien: Heinrich Himmler, Theodor Eicke, Richard Glücks, Oswald Pohl

1933–1945

Himmler wurde am 9. März 1933 für kurze Zeit Polizeiprä- sident von München und im April Chef der Bayerischen Politischen Polizei. Am 20. April 1934 übernahm er au- ßerdem die Leitung der in Preußen (offiziell als Stellvertreter Görings). Mitte 1934 erhielt die SS den Status einer eigenständigen Gliederung der NSDAP. Im Juni 1936 wurde Himmler „Reichsführer SS und Chef der Deutschen Polizei im Reichsministerium des Innern“ und befehligte damit sämtliche Polizeikräfte in Deutschland. Bereits an der Besetzung des Sudetenlandes im Herbst 1938 waren Ein- satzgruppen des „Chefs der Sicherheitspolizei und des SD“ (SD: der SS) beteiligt.

Himmler kultivierte einen Ahnen- und Germanenkult mit pseudoreligiösen Ritualen und Weihefeiern, der sich auch in der Anforderung an SS-Mitglieder niederschlug, aus der Kirche auszutreten und „gottgläubig“ zu werden. Er veranlasste persönlich den Aus- und Umbau des Renais- sance-Schlosses bei Paderborn durch den Reichsarbeitsdienst­ und Häftlinge des KZ Niederhagen zur „SS-Schule Haus Wewelsburg“, einer Kultstätte der SS. Nach dem deutschen Überfall auf Polen 1939 erweiterte sich Himmlers Zuständigkeitsbereich durch seine Ernen- nung zum „Reichskommissar für die Festigung deutschen Volkstums“ auf die Ansiedlung von Deutschen in den er- oberten Ostgebieten, aus denen die ansässige Bevölkerung zuvor vertrieben worden war. SS-Biografien: Heinrich Himmler, Theodor Eicke, Richard Glücks, Oswald Pohl 5

Himmler waren die für den Aufbau des KZ-Systems zustän- digen Ämter direkt unterstellt. Im März 1941 einigte sich Himmler mit den Spitzen der Wehrmacht über die Auf- gabenverteilung beim deutschen Überfall auf die Sowjet­ union. Die Vernichtungspolitik gegen die jüdische Bevöl- kerung in Europa führte allein zwischen Sommer 1941 und Frühjahr 1942 zur systematischen Ermordung von mehr als 500 000 Menschen in den besetzten Ländern durch die Himmler unterstellten . Seit Ende 1941 führ- ten die Tötungszentren der „Aktion Reinhard“ im besetzten Polen den planmäßigen Massenmord an der dortigen jüdi- schen Bevölkerung durch.

Im August 1943 übernahm Himmler das Amt des Reichs­ innenministers. Nach der Niederschlagung des Aufstands- versuches vom 20. Juli 1944 fungierte er zudem innerhalb der Wehrmacht als Befehlshaber des Ersatzheeres.

Als die militärische Niederlage und das Ende des „Dritten “ abzusehen waren, versuchte Himmler, sich von Hitler abzusetzen, mit den Westalliierten einen Separat- frieden auszuhandeln und sie für eine gemeinsame Front gegen den „Bolschewismus“ zu gewinnen. Um sich eine Position für die Nachkriegszeit zu sichern, ging er im Früh- jahr 1945 auch auf die Bemühungen des Vizepräsidenten des Schwedischen Roten Kreuzes Graf Folke Bernadotte ein, norwegische und dänische Häftlinge aus den Konzen- trationslagern im Deutschen Reich im KZ Neuengamme zu- sammenzuführen und durch das Schwedische Rote Kreuz evakuieren zu lassen. 6 SS-Biografien: Heinrich Himmler, Theodor Eicke, Richard Glücks, Oswald Pohl

Nach Kriegsende

Bei Kriegsende tarnte Himmler sich als Angehöriger der Geheimen Feldpolizei. Am 20. Mai 1945 wurde er mit zwei Adjutanten bei Lüneburg aufgegriffen und den britischen Streitkräften übergeben, die sie in einem Lager bei Bre- mervörde internierten. Hier wurde Himmler erkannt und nach Lüneburg gebracht, wo er sich am 23. Mai 1945 durch Selbstmord seiner Verantwortung entzog. SS-Biografien: Heinrich Himmler, Theodor Eicke, Richard Glücks, Oswald Pohl 7

Himmler suchte Kontakt zu Wirt- Schmitt (Vorstandsvorsitzender schaftsführern, um Einfluss zu der Münchener Rückversiche- gewinnen und Mittel für seine rungsgesellschaft), Carl Vincent weit reichenden Ausbaupläne für Krogmann (Regierender Bürger- Stützpunkte und Betriebe der SS meister der Hansestadt Ham- zu erhalten. Ein Kreis von Indu- burg), Ewald Hecker (Präsident striellen gab zum Teil umfang- der Deutschen Industrie- und reiche Spenden an den „Freun- Handelskammer Hannover), deskreis Heinrich Himmler“; im (Chef der Si- Gegenzug wurden die Spender cherheitspolizei), Dr. Karl Rasche Ehrenmitglieder der SS. (Vorstandsmitglied der Dresdner Veranstaltung des „Freundeskrei- Bank), Heinrich Himmler, August ses Heinrich Himmler“ im Prinz- Rosterg (General-Direktor der Albrecht-Palais in , 1937. Wintershall A. G.). In der ersten Reihe von rechts: Reichsminister a. D. Dr. Kurt Foto: F. Bauer. (BPK, 30013407) 8 SS-Biografien: Heinrich Himmler, Theodor Eicke, Richard Glücks, Oswald Pohl

Für Himmler hatte die Ausschaltung von politischen Gegne- rinnen und Gegnern und von Menschen, die aus nationalso- zialistischer Sicht als „minderwertig“ galten, herausragende politische Bedeutung. Dass für diesen Zweck die Einrichtung der Konzentrationslager notwendig sei, sagte er auch öffent- lich in einer Rundfunkrede zum Tag der deutschen Polizei. Der Text der Rede wurde am 29. Januar 1939 durch die gleichgeschaltete Nachrichtenagentur „Deutsches Nachrich- tenbüro GmbH“ verbreitet:

Wir haben in den vergangenen Jahren alle die asozialen Ele- mente, die so und so oft mit dem Gesetz in Konflikt kamen, immer wieder dieselben Verbrechen begangen hatten, sich vor jeder Arbeit gewohnheitsmäßig drückten und in einem Staat, in dem jeder Arbeit haben kann, herumfaulenzen und betteln, aufgelesen und in die Konzentrationslager über- geführt. Ich darf bei dieser Gelegenheit in aller Offenheit über die Konzentrationslager ein Wort sagen. Ich weiß, wie verlogen und wie töricht gerade das Ausland über diese Einrichtungen schreibt, erzählt und lästert. Das Konzentrati- onslager ist sicherlich, wie jeder Freiheitsentzug, eine schar- fe und strenge Maßnahme. Harte, neue Werte schaffende Arbeit, geregelter Lebenslauf, unerhörte Sauberkeit im Wohnen und in der Körperpflege, tadelloses Essen, stren- ge, aber gerechte Behandlung, die Anleitung, Arbeit wieder zu erlernen und Fähigkeiten handwerklicher Art dazu zu gewinnen, sind die Methoden der Erziehung. Die Devise, die über diesen Lagern steht, lautet: Es gibt einen Weg in die Freiheit. Seine Meilensteine heißen: Gehorsam, Fleiß, Ehrlichkeit, Ordnung, Sauberkeit, Nüchternheit, Wahrhaf- tigkeit, Opfersinn und Liebe zum Vaterland.

(Broschek-Archiv im Axel-Springer-Archiv, Hamburg) SS-Biografien: Heinrich Himmler, Theodor Eicke, Richard Glücks, Oswald Pohl 9

Theodor Eicke

Theodor Eicke wurde am 17. Oktober 1892 in Hampont im Elsass als Sohn eines Deutschen und einer Französin gebo- ren.

1914 brach Theodor Eicke die Schule ab und diente an der Westfront als Zahlmeister. 1919 wurde er arbeitslos. Er war verheiratet und hatte ein Kind. 1920 arbeitete er als bezahl-

Theodor Eicke, vor 1945. ter Informant für die Polizei in Ilmenau (Thüringen), wurde aber bereits im Juli 1920 wieder entlassen. 1923 wurde Foto: unbekannt. (BArch (Koblenz), Eicke Wachmann beim Betriebsschutz der I. G. Farben Bild 146-1992-130-09A) in . Diese Beschäftigung verlor er 1930, da er sich wiederholt an gewalttätigen politischen Auseinan- dersetzungen beteiligt hatte. Seit Dezember 1928 war er Mitglied der NSDAP und der SA, 1930 wechselte er zur SS. Eickes organisatorische Fähigkeiten und sein ideologischer Fanatismus beeindruckten Himmler. Er beförderte ihn 1931 zum SS-Standartenführer. Im Juli 1932 wurde Eicke wegen politischer Bombenanschläge zu zwei Jahren Haft verurteilt. Er floh nach Italien. Im Frühjahr 1933 zurückgekehrt, geriet er in Konflikt mit dem NSDAP-Gauleiter Joseph Bürckel, der für seine Einweisung in die psychiatrische Universitätsklinik Würzburg sorgte. Als „geistesgestört“ und „gefährlich“ wur- de Eicke vorübergehend aus der SS ausgeschlossen. 10 SS-Biografien: Heinrich Himmler, Theodor Eicke, Richard Glücks, Oswald Pohl

1933–1943

Von Mitte März bis Ende Juni 1933 war Eicke Patient der psychiatrischen Klinik Würzburg. Dort freundete er sich mit dem Psychiater Dr. Werner Heyde an, den er für die SS gewann und der nach 1939 an verantwortlicher Stelle das „Euthanasie“-Programm T4 organisierte. Ein positives Gut- achten Heydes führte zur Entlassung Eickes und zur Wie- deraufnahme in die SS. Am 26. Juni 1933 wurde Eicke zum SS-Oberführer und zum Kommandanten des KZ Dachau ernannt. Unter seiner Leitung wurde es zum „Musterlager“ der SS. Im Juli 1934 wurde er Leiter der Inspektion der Konzentrationslager (IKL). In dieser Funktion organisierte er die Struktur der Konzentrationslager neu und schuf damit die Grundlage für die Ausweitung der Verfolgung. Au- ßerdem entwickelte er die Grundlagen für die Ausbildung des SS-Personals für die Umsetzung des systematischen Terrors. Bereits 1933 hatte er die Dienstvorschrift für KZ- Wachmannschaften entworfen, die ab 1936 als verbindlich für den allgemeinen KZ-Dienst eingeführt wurde. Auch setzte Eicke die gestreifte Kleidung und die Kennzeichnung der Häftlinge durch farbige Stoffdreiecke durch. Die SS- Männer waren angehalten, Häftlinge „hart anzufassen“ und auch zu misshandeln. Das so genannte „Dachauer Modell“ wurde in dem 1936 neu gegründeten Konzentrationslager Sachsenhausen übernommen.

1938 kommandierte Eicke die Einsätze der -Ver- bände der SS in Böhmen und Mähren. Nach dem Überfall auf Polen befehligte er im September 1939 drei SS-Toten- SS-Biografien: Heinrich Himmler, Theodor Eicke, Richard Glücks, Oswald Pohl 11

kopfstandarten, die hinter der deutschen Front als „Einsatz- gruppen“ Versprengte und Fahnenflüchtige suchten, jüdi- sche Menschen und später auch Patientinnen und Patienten psychiatrischer Kliniken ermordeten und prominente Polin- nen und Polen aufspürten und töteten.

Im Oktober 1939 beauftragte Himmler Eicke, aus den To- tenkopfstandarten eine SS-Division aufzubauen, die 1942 zu einer Panzerdivision umgegliedert wurde. Zum Nachfol- ger Eickes als Inspekteur der Konzentrationslager ernannte Himmler dessen langjährigen Stellvertreter Richard Glücks. Am 26. Februar 1943 schoss die Rote Armee über der Ostu- kraine das Aufklärungsflugzeug ab, in dem Theodor Eicke mitflog, um den Frontverlauf zu erkunden. Eicke überlebte den Absturz nicht. Er wurde mit militärischen Ehren vor Ort beigesetzt. Die Fotodokumente der Zeremonie und des Grabes schließen seine SS-Personalakte. 12 SS-Biografien: Heinrich Himmler, Theodor Eicke, Richard Glücks, Oswald Pohl

Verfügung Heinrich Himmlers vom 10. Dezember 1934 über die Einrichtung der Dienststelle, „Inspektion der Konzentrations­ lager“ bei der Gestapo unter der Leitung von Theodor Eicke.

(BArch, R 58/239, fol. 64-66)

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Richard Glücks

Richard Glücks, am 22. April 1889 in Odenkirchen bei Mönchengladbach geboren, absolvierte nach der Handels- schule und einer kaufmännischen Lehre den Wehrdienst und nahm am Ersten Weltkrieg teil. Bis Ende 1931 war er bei der und danach arbeitslos. Bereits seit 1930 Mitglied der SS, wurde er dort Anfang 1932 hauptamtlicher Mitarbeiter.

1933–1945

Richard Glücks, 1935. 1933 kam Glücks zum Stab des SS-Oberabschnitts West (Rheinland), zwei Jahre später wurde er Führer der 77. Foto: unbekannt. (BArch, BDC/RS, SS-. Am 28. Dezember 1935 heiratete er Alice Glücks, Richard, 22.4.1889) K. Im April 1936 kam er als Stabsführer des Inspekteurs der Wachverbände, Theodor Eicke, zur Inspektion der Konzentrationslager, der zentralen Verwaltungsstelle für die Konzentrationslager. Nachdem Eicke im Oktober 1939 von Himmler beauftragt worden war, aus den Totenkopf- standarten der Vorkriegszeit eine Division der Waffen-SS aufzubauen, wurde Richard Glücks am 15. November 1939 zu seinem Nachfolger ernannt. Unter seiner Leitung wurde das KZ-System weiter ausgebaut und die Zahl der Häftlin- ge vervielfacht. Ab 1942 organisierte Glücks den Einsatz von KZ-Häftlingen in der Rüstungsindustrie und war da- mit maßgeblich für die „Vernichtung durch Arbeit“ in den Konzentra­- tionslagern verantwortlich. SS-Biografien: Heinrich Himmler, Theodor Eicke, Richard Glücks, Oswald Pohl 17

Nach Kriegsende

Im April 1945 floh Glücks aus Oranienburg nach Nord- deutschland. Mit falschen Militärpapieren wurde er wegen eines Herzleidens in das Marinelazarett Flensburg-Mürwik eingeliefert. Richard Glücks entzog sich am 10. Mai 1945 seiner Verhaftung durch Selbstmord. 18 SS-Biografien: Heinrich Himmler, Theodor Eicke, Richard Glücks, Oswald Pohl

Ernennung Richard Glücks’ zum Chef der Amtsgruppe D Konzen- trationslager vom 29. März 1942.

(BArch, BDC/RS, Glücks, Richard, 22.4.1889)

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Oswald Pohl

Oswald Pohl, am 30. Juni 1892 in geboren, be- gann nach der Realschule 1912 eine Verwaltungslaufbahn bei der Marine. 1918 wurde er als Marine-Zahlmeister entlassen und studierte Jura an der Universität . Er brach das Studium ab, als ihn die Marine erneut einstellte. 1918 heiratete Oswald Pohl. Die Ehe wurde 1942 geschieden; Pohl heiratete erneut.

1933–1945

Oswald Pohl, vor 1945. Seit 1925 NSDAP- und SA-Mitglied, trat Pohl im Februar 1934 zur SS über. Im Mai 1934 wurde er auf Empfehlung Foto: unbekannt. des Admirals von Himmler als Finanzver- (BArch, Bild 183-R64926) walter der SS bestellt. Von 1934 bis 1939 arbeitete Pohl als Chef des Verwaltungsamtes im SS-Hauptamt. Anfang Februar 1934 als Standartenführer in die SS übernommen, war Pohl im Juni 1935 bereits SS-Brigadeführer und wurde von Himmler zum Verwaltungschef der SS ernannt; er war in dieser Funktion für alle Verhandlungen mit der NSDAP- Reichsleitung und den Behörden zuständig. Ihm unterstan- den seitdem außer dem Verwaltungsamt im SS-Hauptamt auch die Verwaltungsabteilungen des SD und des Ras- se- und Siedlungshauptamtes der SS. Er kontrollierte alle Mittel, die die NSDAP für die SS bereitstellte. Von 1939 bis 1942 leitete er das noch junge industrielle Imperium der SS in den Konzentrationslagern in der Doppelfunktion als Chef SS-Biografien: Heinrich Himmler, Theodor Eicke, Richard Glücks, Oswald Pohl 21

des Hauptamtes Verwaltung und Wirtschaft der SS und als Chef des Hauptamtes Haushalt und Bauten. Außerdem war er in der Stellung eines Ministerialdirektors im Reichsinnen- ministerium „Bevollmächtigter des Reiches“, der über die finanziellen Mittel für die SS im Reichsetat zu entscheiden hatte. Pohl vereinigte 1940 die bis dahin unstrukturierten SS-Unternehmen unter einer Dachgesellschaft, der Deut- sche Wirtschaftsbetriebe GmbH. Er konzentrierte SS-Wirt- schaftsunternehmen auf den Bau deutscher Siedlungen in den besetzten Gebieten. Damit trug Pohl Hitlers Idee Rech- nung, die eroberten Ostgebiete als Siedlungsgebiet und „arischen Lebensraum“ neu zu ordnen. Ab 1942, als das „Dritte Reich“ alle wirtschaftlichen Ressourcen für den Krieg mobilisierte, versuchte Pohl als Chef des SS-Wirtschafts- Verwaltungshauptamtes, die Zwangsarbeit der KZ-Häftlinge für die Rüstungsproduktion nutzbar zu machen. Im Verlauf des Krieges verstärkte die SS ihre Bestrebungen, sich in der Rüstungsproduktion zu betätigen. Pohl versuchte dabei, die SS-Wirtschaftsunternehmen zu erhalten, um sie nach dem erhofften „Endsieg“ wieder auf den Bau von Siedlungen umzustellen. Das Anfang 1942 aus verschiedenen SS-Äm- tern unter Leitung Pohls zusammengefasste SS-Wirtschafts- Verwaltungshauptamt diente diesen Plänen. Oswald Pohl hatte ab 1942 den Rang eines SS-Obergruppenführers und Generals der Waffen-SS inne. 22 SS-Biografien: Heinrich Himmler, Theodor Eicke, Richard Glücks, Oswald Pohl

Nach Kriegsende

Oswald Pohl versteckte sich nach der Kapitulation 1945 bei seiner Familie und bei Verwandten in Norddeutschland, bis er am 27. Mai 1946 verhaftet wurde. Er wurde in einem Nachfolgeprozess des Nürnberger Prozesses gegen die Hauptkriegsverbrecher als Leiter des SS-Wirtschafts-Ver- waltungshauptamtes angeklagt und am 3. November 1947 zum Tode verurteilt. In der Begründung wurde vor allem seine Verantwortung für die Zwangsarbeit von KZ-Häftlin- gen hervorgehoben. Seine Hinrichtung erfolgte erst nach einem langwierigen Revisionsverfahren am 7. Juni 1951 in Landsberg.

In der Haft schrieb Pohl seine Autobiografie „Credo. Mein Weg zu Gott“, in der er sich als dem christlichen Glauben zugewandt präsentiert, jede Verantwortung für die ihm vor- geworfenen Verbrechen zurückweist und seine Beteiligung am Massenmord bestreitet. SS-Biografien: Heinrich Himmler, Theodor Eicke, Richard Glücks, Oswald Pohl 23

Erste und letzte Seite des Ge- heimbefehls an die Kommandan- ten der Konzentrationslager zum Zwangsarbeitseinsatz von KZ- Häftlingen in der Rüstungsindu- strie vom 26. Oktober 1943.

(BArch (Koblenz), NS 3/386)