Zen Via Integralis
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ZEN Newsletter der Glassman-Lassalle-Gruppe Nummer 12 | Dezember 2012 VIA INTEGRALIS Liebe Leserinnen und Leser Meisterin wird man Zu den nachhaltigsten Begebenheiten des Jahres durch die eigenen Schüler gehören für uns die Tage, die wir im Elias-Haus in Lettland verbrachten. Das kleine Meditationshaus, das Pfarrer Juris Rubenis und seine Frau Inga aufge- baut haben und mit grosser Sorgfalt betreuen, ist ein Bijou. Alles ist auf die Praxis der via integralis ausgerichtet. Es ist offensichtlich, dass Juris und seine Frau mit ihrem Angebot die via integralis in Lettland, aber auch in Litauen und bis nach Russland hinein einzupflanzen imstande sind. Unser dreitägiges Seminar konzentrierte sich auf die Themen Begegnung Ost-West, Jerusalem – Stadt des Friedens und Partnerschaft im Dienste der einen Welt. Wir waren tief beeindruckt von der qualifizier- ten Gruppe, die Juris aus seinem grossen Bekannten- kreis offenbar mühelos für diese Tage gewinnen konnte. Juris wird übrigens beim Treffen der Lehre- rinnen und Lehrer der via integralis Anfang Januar im Lassalle-Haus über seine Arbeit berichten. Auch die Zen-Linie konsolidiert sich. Beim letzten Lehrerinnen- und Lehrertreffen Mitte November Am 10. Juni 2012 hat Anna Gamma von Niklaus im Moment lebe. Hänge ich noch an der voran- konnten wir die Leitung der Lehrer-Sangha Anna Brantschen und Pia Gyger Inka Shomei erhalten. gegangenen Begegnung, oder denke darüber Gamma übergeben. Ihr Anliegen ist es, unter ande- Im Folgenden geben wir einen Auszug aus ei- nach, worum es im letzten Gespräch ging, so ist rem die Identität und die Beziehungen untereinan- nem Interview von Martin Frischknecht in SPUREN das nicht zu schaffen. der zu stärken und – zunächst durch eine grössere wieder. Die Forderung radikaler Präsenz ist das grösste Konferenz – «Zen im Westen» zum Thema zu ma- Geschenk der Schüler an die Lehrenden. Es geht chen. Wir bleiben für die Weiterarbeit mit Koan zu- Was bedeutet es für Sie, Zen-Meisterin zu sein? darum, mit offenem Herzen gleichsam empfan- ständig und stehen als Gründer und Älteste der Für mich ist es eine Bestätigung des Weges, den gend da zu sein, zu spüren, wo der Mensch ist, Zen- und der via integralis-Gruppe gerne beratend ich gegangen bin, und der Verantwortung, die der einem gegenübersitzt. Was braucht sie jetzt, zur Verfügung. ich seit einiger Zeit trage. Von daher wurde mit was sagt er zwischen den Worten? Dieser Nummer liegt eine Antwortkarte bei. Wir der Ernennung ein natürlicher Schritt vollzogen. möchten von Euch gerne Rückmeldungen zu unse- Nicht von ungefähr heisst die Feier Inka Shomei, Durch das Erlangen der Meisterschaft sind rem Newsletter bekommen, damit wir unsere Ar- was «Siegel der Bestätigung» bedeutet. In der Sie auch in die Selbständigkeit getreten. Nun beit der Koordination, Information und Motivation Vorbereitung auf die Feier ist mir klar geworden: steht niemand mehr über ihnen, an der oder besser wahrnehmen können. Bitte versäumt nicht, Zur Zen-Lehrerin wird man durch die intensive dem Sie sich orientieren könnten. uns Eure Meinung kundzutun. Schulung, die in der Übertragung durch einen Die Orientierung an den grossen Meistern bleibt Und noch etwas: Das Sangha-Treffen am 16. Juni Meister ihren Abschluss findet. Zur Meisterin auch nach der eigenen Ernennung fruchtbar, wie 2013 – die Versammlung aller, die im Zen und in der aber wird man durch die eigenen Schüler. Dieser auch wahre Freiheit erst in der Bindung gewon- via integralis unterwegs sind – ist eine gute Gelegen- Prozess findet insbesondere in den Einzelgesprä- nen wird. Pia Gyger und Niklaus Brantschen ha- heit, einander zu begegnen, sich auszutauschen und chen während der Zen-Retreats statt. Vertrauen ben im Lassalle-Haus im Auftrag ihrer Meister sich Gedanken zu machen über Ethik, das heisst wächst. Das Üben macht Fortschritte. So entsteht eine Linie begründet, um damit die Inkulturati- «Rechtes Tun und Lassen». Herzlich willkommen! ein heiliger Raum, in dem die Lehrenden zwar on des Zen im Westen voranzubringen. In die- ihre Schülerinnen und Schüler prüfen, selbst aber ser Linie sind wir bereits mehrere Lehrerinnen Eine gesegnete Zeit wünschen Euch von Herzen in der Meisterschaft geformt werden. und Lehrer. Der Rahmen der Zen-Retreats bezie- hungsweise die Rituale, die wir praktizieren, sind Können Sie mir dafür ein Beispiel geben? für alle gleich. In den Vorträgen unterscheiden Bei einem gut besuchten Sesshin kommen pro wir uns ganz wesentlich, weil wir verschiedene Pia Gyger Niklaus Brantschen Tag rund 45 Teilnehmende zum Einzelgespräch. Menschen sind. Das finde ich enorm spannend. Diese Menschen erwarten, dass ich ihnen exis- Wir leben die Verschiedenheit in der Einheit tenziell begegne. Das ist nur möglich, wenn ich ganz konkret. Auf den Spuren von Pater Lassalle – Studienreise nach Japan «Es ist nicht wichtig, ob ich lebe oder gestorben bin» Zur Erinnerung an Heidi Brauen (20. März 1945 – 14. Oktober 2012) Vom 6. bis 20. Oktober 2012 reisten dreissig Frauen und Männer unter der Leitung von Zen- «Unser Fotofundus ist et- Halle in Bad Schönbrunn. Im Lassalle-Haus gehörte frei, von einer lichten Kraft in meiner Mitte ge- Meister Niklaus Brantschen, Zen-Meisterin was mager! Heidi stand ja sie zur ersten Gruppe der Langzeitgäste und prägte tragen und geborgen. Zugleich sehe ich, wie ich Anna Gamma und Zen-Lehrer Dieter Warten- beim Fotografieren auch diese Tradition mit. Sie war gefragt als Assistentin an Menschen und Dingen festhalte, die mir über- weiler durch Japan. Die Reise führte in Tokyo, nicht gerade zuvorderst», und vermochte den Gong meisterlich zum Klingen haupt keinen Halt geben können. Völlig aufge- Kyoto, Hiroshima, Eiheiji, Obama, Kamakura schrieb uns Heidis Lieb- zu bringen. rüttelt und beglückt gehe ich zur Arbeit.» und Shinmeikutsu an Orte des Wirkens von lingsschwester Silvia, als «Der Weg der vergangenen Jahre erinnert mich an Hugo Enomiya-Lassalle und zu Tempeln und wir sie um ein Foto der 1995 schrieb Heidi in einem Bericht mit dem Titel ein Labyrinth, wo man sich immer wieder der Mit- Klöstern verschiedener Zen-Schulen. Die Begeg- Verstorbenen baten. Meine Erfahrung mit Zen unter anderem: te nähert, dann weggeführt wird zur Peripherie, nung mit Leben und Engagement Pater Lassalles Heidi stand nie im Rampenlicht, war aber stets prä- um von neuem die Reise nach innen zu beginnen.» und mit der reichen Kultur eines faszinierenden sent. Sie wählte «ledig» als Lebensform und arbei- «Seit Jahren bin ich auf dem Zen-Weg. Mein da- «Ebenfalls auf der Strasse nehme ich plötzlich Landes hat starke Eindrücke hinterlassen. Karin tete seit Jahren in ihrem Beruf als Ergotherapeutin maliger Entschluss war sehr spontan, von Krib- wahr, dass es überhaupt nicht wichtig ist, ob ich Grütter redigierte die Berichte von sechs Teil- nur so viel, dass ihr genug Zeit blieb für ihre Ver- beln und Herzklopfen begleitet, aber auch klar lebe oder gestorben bin. Eine tiefe Ruhe durch- nehmenden. wandten, für die Neffen und Nichten, die Grossnef- und ohne Zweifel.» dringt mich und bestätigt es. Ähnlich habe ich fen und Grossnichten. Und sie hatte die Musse, in «Während einer Morgenmeditation wird mir beim Tod von P. Lassalle empfunden. In einem Bild Es begann am Flughafen in Zürich, wo Niklaus der den vergangenen Jahrzehnten so regelmässig und klar, dass die Kraft der Meditation weiterwirkt in habe ich gesehen, wie er sanften Schrittes in eine Gruppe als Impuls das Leitbild gab: «Die Alltags- intensiv Zen zu praktizieren, wie wenige sonst. In der Welt, nicht nur für mich. Diese Gewissheit, andere Welt gegangen ist.» reise endet, der Weg beginnt.» Auf diesem Weg In der Kapelle von Shinmeikutsu, dem Zentrum von P. Hugo M. Enomiya-Lassalle. der Folge hat sie viel zur Entwicklung des Zen-Pro- dass auch ich etwas beitragen kann, erfüllt mich Niklauf Brantschen durch Japan habe ich «leibhaftig» erfahren, was gramms im Lassalle-Haus beigetragen. Sie enga- mit grosser Dankbarkeit und Zufriedenheit.» Friedensarbeit bedeutet: Eingebettet in die Ge- gierte sich bereits beim Aufbau des Zendo an der «Eines Tages öffnet sich auf meinem Arbeitsweg Traueradresse: meinschaft unserer Reisegruppe war es mir in ei- Leonhardstrasse in Zürich, dem Vorläufer der Zen- aus heiterem Himmel etwas in mir. Ich bin völlig Silvia Hadorn, Talackerstrasse 9, 8156 Oberhasli nem ungewöhnlichen Ausmass möglich, mich dem Neuen, Fremden in der japanischen Kultur zu öff- nen, den Menschen vorurteilsfrei zu begegnen, Wie ich mich als Zen Lehrer verstehe oder: Zen kennt kein Alter auf sie zuzugehen und Kontakte zu wagen jenseits von Worten, mit Gesten, Mimik, Zeichen. Ich fühlte Neun Jahre ist es her, seit Niklaus Brantschen Roshi sem Punkt in den Teisho und in den Einzelgesprä- mich manchmal wie ein Kind, das sicher aufgeho- mir die Lehrbefugnis übertragen hat. Es war schon chen im Dokusan besondere Beachtung. ben in der familiären Beziehung die Welt entdeckt ein wenig speziell, mit 74 Jahren diese anspruchs- Dabei kann auch ich als alter Mann von den frühen und das Gute anzieht. volle Aufgabe anzutreten. Zu jenem Zeitpunkt war Meistern noch viel lernen. Wenn ich mich zum Bei- Sylvia von Wallenberg Pachaly ich 47 Jahre verheiratet, und zu meiner Familie ge- spiel den ethischen Fragen von Meister Dogen stel- hörten fünf Kinder und sieben Enkelkinder. Glückli- le – «Ist dein Tun echt und schlicht, ohne Gier, ohne Auf einer intensiv erlebten Reise durch ein faszi- cherweise durfte ich von Anfang an auf die Unter- Anhaften? Tut es dir selber gut? Ist es auch gut für nierendes Land der Gegensätze führte uns die Das Leitungsteam (Niklaus Brantschen, Dieter War- Kubota Roshi, erster Nachfolger von Yamada Koun stützung meiner Frau Alice zählen, die ebenfalls die andern?» –, bedeutet das stets aufs Neue eine Spurensuche nach Hiroshima. Die Stadt ist ein be- tenweiler, Anna Gamma) vor dem Kloster Hosshinji, Roshi, erläutert der Gruppe, was Zen mit «nicht ge- seit vielen Jahren Zen praktiziert. Herausforderung. wegendes Zeugnis dafür, wie die Bevölkerung Ja- wo P. Hugo M. Enomiya-Lassalle mit der Zen-Praxis boren» meint. Um es vorweg zu sagen: Ich erlebe mein Alter, Eine andere Anforderung hängt mit der Beziehung pans mit Katastrophen umgeht.