<<

Journal für Astronomie www.vds-astro.de ISSN 1615-0880

Nr. 77 2/2021 Zeitschrift der Vereinigung der Sternfreunde e.V.

Doppelsterne ATMOSPHÄRISCHE ERSCHEINUNGEN Leuchtende Nachtwolken 2019 und 2020 KOMETEN Die Spiralstruktur in der inneren Koma von Komet C/2020 F3 (NEOWISE) RADIOASTRONOMIE Radioastronomie und die Nutzung der Radiowellen Canon EOS 250D & 2000D modifiziert für die Astrofotografie !

Ob mit Kameraobjektiv oder am Teleskop: Modi zierte Canon EOS DSLR Kameras bieten Ihnen einen einfachen Einstieg in die Astrofotogra e! Die Vorteile im Überblick: • etwa fünffach höhere Empfindlichkeit bei H-alpha und SII • Infrarot Blockung der Kamera bleibt vollständig erhalten • kein Einbau eines teuren Ersatzfilters • mit Astronomik OWB-Clip-Filter uneingeschränkt bei Tag nutzbar • auch ohne Computer am Teleskop einsatzfähig • 14 Bit Datentiefe im RAW-Format, 24 Megapixel • bei der 250Da: Erhalt des EOS Integrated Cleaning System • bei der 250Da: Dreh- und schwenkbarer Bildschirm • kompatibel mit vielen gängigen Astronomieprogrammen • voller Erhalt der Herstellergarantie Weitere Modelle auf Anfrage Wir bauen auch Ihre bereits vorhandene Kamera um! Canon EOS 250Da € 77900 * Canon EOS 2000Da € 55900 *

* Tagespreis vom 23. Februar 2021 mit 200mm 1:4 Reflektor ©Bruno Mattern, Aufnahme

Astronomik Deep-Sky RGB Farbfiltersatz

Neuentwicklung! + optimierte Bildschärfe + höchster Kontrast + maximale Transmission = optimale Ergebnisse © Michael Sidonio

Astronomik Clip-Filter für Canon EOS R astro-shop

Das seit drei Jahrzehnten erfolgreiche Konzept hat inzwischen viele Nachahmer gefunden. Deshalb achten Sie unbedingt darauf, dass Sie auf der richtigen astro-shop Seite landen:

Neuentwicklung!

Alle Astronomik Filter sind ab sofort als Clip- Filter für die spiegelosen Canon Vollformat Bodies R und RP erhältlich. Zahlung auf Rechnung oder mit PayPal.

www.astro-shop.com

[email protected] • www.astro-shop.com Telefon 040 5114348 • International +49 40 5114348 Vesting • Storchenweg 6 • 21217 Seevetal Editorial

Liebe Sternfreundinnen, liebe Sternfreunde,

die VdS ist die „Vereinigung der Sternfreunde“ – und so heißen wir jetzt auch online: Unsere neue Webseite hat die Adresse www.sternfreunde.de, alle E-Mail-Adressen enden auf sternfreunde.de. Aber keine Sorge, die bisherigen Anschriften mit „vds- astro“ funktionieren weiterhin.

Von Albireo im Schwan hat wohl jeder schon einmal gehört und der „doppelte Doppel­ stern“ Epsilon 1/2 in der Leier ist vielen als Prüfstern für die Teleskopoptik bekannt. Doppelsterne sind aber keine Seltenheit im Weltall, die meisten Sterne entstehen in Paaren oder Mehrfachsystemen. Was es hier neben den bekannten Vorzeigeobjekten für uns Amateure zu beobachten gibt, berichtet unser Schwerpunktthema in diesem Heft.

Unser Titelbild „Nachtleuchtende Wolken“ sind ein seltenes Phänomen in den Sommerwochen, das zeigt den physikalischen Doppelstern eigentlich nur von nördlichen Breitengraden aus zu beobachten ist. In den vergangenen Gamma Virginis (Porrima) im Sternbild beiden Jahren waren sie aber auch von Süddeutschland oder dem Alpenraum aus zu Jungfrau. Er besteht aus nahezu gleich sehen. Schauen Sie in den Dämmerungsphasen der kurzen Nächte also einmal raus hellen Komponenten von etwa 3,5 mag in Richtung Norden, vielleicht ergeben sich auch dieses Jahr Sichtbarkeiten bis in den visueller Helligkeit. Die Umlaufzeit be- Süden. Eine kleine Einstimmung bietet der Beitrag ab Seite 68. Im Forum der Fach­ trägt gut 169 Jahre, wobei der Winkel- gruppe Atmosphärische Phänomene wird regelmäßig über aktuelle Beobachtungen abstand zwischen 0,3 und 6,2 Bogen- berichtet: https://forum.meteoros.de. sekunden schwankt. Seit dem Periastron im Jahr 2005 nimmt der Winkelabstand Unsere Sonne zeigte sich im Minimum lange Zeit ohne nennenswerte Flecken. stetig zu und erreicht 2021 gut 3 Bogen- Mittlerweile steigt die Aktivität aber wieder an, wie der Artikel ab Seite 104 berichtet. sekunden. Damit ist Porrima ideal für die Für Sonnenbeobachter beginnt damit eine neue Saison, natürlich nur mit den Beobachtung mit kleinen Teleskopen. üblichen Sicherheitsvorkehrungen. Das Titelbild von Winfried Kräling ist eine Zeichnung an einem 127-mm-Refraktor Sicherheit steht auch bei unseren Tagungen und Treffen an erster Stelle: Sie finden bei V = 146x und zeigt eindrucksvoll, wie weiterhin mit gebührendem Abstand online statt. So wird die VdS am 24. April sich Porrima 2018 (Winkelabstand ca. zum ersten Mal eine rein virtuelle Würzburger Frühjahrstagung ausrichten. Das 2,7 Bogensekunden) präsentierte. Ein Vortragsprogramm und Angaben zur Teilnahme finden Sie auf www.sternfreunde.de. sehr lohnender Doppelstern!

Auch der beliebte ATT in Essen kann dieses Jahr zum zweiten Mal nicht wie gewohnt stattfinden. Doch die Veranstalter haben ein umfangreiches Angebot für eine digitale Veranstaltung ausgearbeitet, so dass wir uns wenigstens an den Bildschirmen begegnen können. Die VdS ist natürlich mit von der Partie, vielleicht sehen wir uns auf diesem Weg einmal wieder. Mehr dazu auf Seite 37.

Am Vormittag des 10. Juni findet endlich wieder eine von Europa aus sichtbare Sonnenfinsternis statt. Sie ist ringförmig, da der Mond zu dieser Zeit einen kleineren Durchmesser als die Sonne aufweist. Der Pfad der ringförmigen Verfinsterung zieht sich von Nordkanada über Grönland bis in den nordöstlichen Teil Asiens. Für uns in Deutschland bleibt eine partielle Sonnenfinsternis mit kleiner Bedeckung, die nach Süden hin deutlich abnimmt.

Eine gute Zeit wünscht Ihnen

Ihr

Sven Melchert

Journal für Astronomie Nr. 77 | 1 Inhaltsverzeichnis

ASTRONOMISCHE VEREINIGUNGEN Führungsbetrieb unter Corona-Beschränkungen 56

SCHWERPUNKTTHEMA Doppelsterne 6 ASTROFOTOGRAFIE Die Spiralgalaxie NGC 5529 und ihr Umfeld 40

1 EDITORIAL 45 Am Rand der Cygnus-Superblase 48 Bildbearbeitung – wann ist ein Astrofoto wirklich fertig? NACH REDAKTIONSSCHLUSS 51 Neue Ergebnisse zur Astrofotografie 4 Bericht aus dem Vorstand ASTRONOMISCHE VEREINIGUNGEN DOPPELSTERNE 56 Führungsbetrieb unter Corona-Beschränkungen 6 Doppelsterne – eine kurze Einführung in das 58 Der Verein der Sternwarte Roßberg e.V. stellt sich vor Schwerpunktthema 62 10 Jahre Forum Stellarum – Teil 2 6 Doppelsterne im Fernglas 8 Doppelsterne quer durch mein erstes Astrojahr ASTROPHYSIK & ALGORITHMEN 12 Farbige Doppelsterne visuell beobachtet 66 Lichtablenkung durch Gravitation 14 Mizar – ein visuelles Experiment 16 Doppelsterne – Zeichnungen ATMOSPHÄRISCHE ERSCHEINUNGEN 18 61 Cygni – ein besonderer Doppelstern 68 2019 und 2020 – zwei ungewöhnliche Jahre mit Leuchtenden 20 Speckle-Messungen an Albireo A Nachtwolken 26 Kastor – Alpha Geminorum

SCHWERPUNKTTHEMA 28 25 Jahre Doppelsternmessungen mit Spiegelteleskopen DEEP SKY 31 Die Radialgeschwindigkeiten der Doppelsterne 73 Skyguide 2021 – 1 (Frühling) α Centauri und α Aurigae (Capella) KLEINE PLANETEN FACHGRUPPENBEITRÄGE 76 Kosmische Begegnungen AMATEURTELESKOPE/SELBSTBAU 78 Der Asteroid (85275) und die astronomische Einheit 34 Bau einer Kühlung für die Planetenkamera ZWO ASI178 KOMETEN 38 Sicheres Aufbewahren von Teleskop und Zubehör 82 Bedeutende Kometen des dritten Quartals 2020 83 Wiederentdeckungen von Kometen – weltweit ASTROFOTOGRAFIE am erfolgreichsten 40 Die Spiralgalaxie NGC 5529 und ihr Umfeld 86 Die Spiralstruktur in der inneren Koma von Komet C/2020 F3 (NEOWISE ) – Teil 1

2 | Journal für Astronomie Nr. 77 Inhaltsverzeichnis

KLEINE PLANETEN Der Asteroid (85275) und die astro- VDS VOR ORT nomische Einheit 20 Jahre EXPO-Sternwarte Melle 78 112

MOND VDS-NOSTALGIE 93 Die Mondfinsternis vom 21.1.2019, Teil 2 116 Das war‘n noch Zeiten, Folge 39 97 Mondkrater Copernicus am 5-Zöller gezeichnet SERVICE RADIOASTRONOMIE 118 Himmelsvorschau April bis Juni 2021 98 Neues aus der FG Radioastronomie 99 Radioastronomie und die Nutzung der Radiowellen – BEOBACHTERFORUM Teil 1 121 Die Sonnenuhr in Atzenhain als Partnerstation des 102 Wie hell leuchten Radiosterne? – Teil 1 Weltprojekts EarthLAT1200.org

SONNE VORSCHAU 104 Die ersten großen Fleckengruppen des 25. Zyklus 123 Vorschau auf astronomische Veranstaltungen April 106 Sonnenaktivität – Auf dem Weg zum Minimum (Teil 4) bis Juni 2021

STERNBEDECKUNGEN IMPRESSIONEN 107 Streifende Sternbedeckungen durch den Mond 127 Messier 1 und Messier 78 im 2. Quartal 2021

VDS-NACHRICHTEN 109 Wir begrüßen neue Mitglieder HINWEISE 110 Astronomietag im Herbst 2020 mit Fotowettbewerb 4 Ihr Beitrag im VdS-Journal für Astronomie 111 In Memoriam 61 Impressum 111 Spenden an die Vereinigung der Sternfreunde e.V. 103 Inserenten 123 Wir suchen ein neues Titelbild für unsere Infobroschüre! 124 VdS-Fachgruppen-Redakteure 124 VdS-Fachgruppen-Verantwortliche VDS VOR ORT/PORTRÄT 125 Wichtige Informationen für unsere Mitglieder! 112 20 Jahre EXPO-Sternwarte Melle 126 Autorenverzeichnis

Journal für Astronomie Nr. 77 | 3 Nach Redaktionsschluss

Bericht aus dem Vorstand von Astrid Gallus, Schriftführerin

An dieser Stelle berichtet der Vorstand der gebnis präsentiert sich die VdS modern und Grutzek, Carolin Liefke, Sven Melchert und Vereinigung der Sternfreunde e.V. über griffig. Damit die Fachgruppen der VdS Michael Schomann) ganz besonders herz- seine Arbeit der letzten drei Monate. Im ihre Seiten selbständig bearbeiten können, lich! Feb­ruar 2020 fand das letzte Präsenztreffen wird demnächst eine Online-Schulung für in Heppenheim statt, seitdem wurden alle „Wordpress“ veranstaltet; das ist das Pro- Zoom-Lizenz für die Fachgruppen Vorstandssitzungen online durchgeführt, gramm, welches sich hinter der Webseite Die VdS hat eine Zoom-Lizenz für Video- die letzte Sitzung war am 30. Januar 2021. versteckt. Demnächst wird auch der Mit- Konferenzen erworben. Mit Zoom finden gliederbereich noch aktiviert werden, so derzeit nicht nur die Vorstandssitzungen Webseite www.sternfreunde.de dass jedes VdS-Mitglied seine geänderten statt. Jede Fachgruppe, alle Regionalgrup- Einfach sternfreunde.de eingeben und die Daten selbst hinterlegen kann. Der absolute pen der FG Astronomische Vereinigungen Augen aufreißen! Es ist vollbracht! Die Clou jedoch war, dass die vor Jahren bereits sowie die Fachthemenreferenten der VdS neue Webseite der VdS ist da und sie be- reservierte Domain „sternfreunde.de“ nun können diese Lizenz ebenfalls für sich nut- geistert nicht nur den Vorstand. Unzähli- ins Leben gerufen werden konnte. Der Vor- zen. Bei Interesse wende man sich einfach ge positive Rückmeldungen bestätigen die stand dankt – soweit er nicht mitgewirkt hat an Michael Schomann. große Akzeptanz. Zugegeben, es hat länger – an dieser Stelle den Schöpfern der Web- gedauert als vorgesehen, aber mit dem Er- seite, die als Team gearbeitet haben (Gerrit Personelle Unterstützung Auf der letzten Mitgliederversammlung wurden Projekte vorgestellt, welche die VdS in die Zukunft begleiten und eine Ihr Beitrag im VdS-Journal für Astronomie steigende Mitgliederzahl mit sich bringen Nachdem wir unser Schwerpunktthema für das Journal 78 „Marsopposition 2020“ ab- sollen. Die VdS ist leider in der Mehrzahl geschlossen haben, möchten wir gerne auf unsere zukünftigen Schwerpunktthemen überaltert und ohne neue Anreize wird der hinweisen: Mitgliederschwund bald die Beitritte über- „Citizen Science“ in Journal Nr. 79 treffen. Nicht alle dieser Projekte kann der Redaktionsschluss: 01.05.2021 Vorstand ehrenamtlich und in seiner Frei- Redakteur: Frederic Schuller ([email protected]) zeit umsetzen, er braucht hierfür professio- nelle Unterstützung. Der Vorstand hat sich „Sternfreunde verreisen“ in Journal Nr. 80 in den letzten Monaten erfolgreich umge- Redaktionsschluss: 01.08.2021 sehen und ist fündig geworden. Hierüber Redakteur: Michael Schomann ([email protected]) wird ausführlich im nächsten Journal be- Zur Gestaltung unserer Journale benötigen wir Beiträge der Mitglieder. Dies kann sowohl richtet werden. ein wissenschaftlich fundierter Artikel als auch ein einfaches Beobachtungserlebnis sein. Außerdem soll es möglichst regelmäßig eine Galerie von Fotografien und Zeichnungen Fachgruppe Planeten geben. Wer nicht gerne schreibt, kann also auch auf diese Weise vertreten sein! Wir freuen uns über alle Einsendungen! Die wichtige Fachgruppe Planeten ist ohne Leitung, dabei gibt es sehr viele aktive Plane- Beiträge sollen an die zuständigen Redakteure (siehe auch Liste der VdS-Fachgruppen- Redakteure) oder an die VdS-Geschäftsstelle (Mail/Postadresse) geschickt werden. tenbeobachter*innen und Planetenfotogra- Vorher empfehlen wir, als Hilfestellung die Autorenhinweise zu nutzen (siehe www. fen*innen. In Norddeutschland und in Bonn sternfreunde.de/astronomie-fuer-mitglieder/fuer-alle-mitglieder/vds-journal/ finden zum Beispiel seit Jahren regelmäßige autorenhinweise-journal-fuer-astronomie/). Dort finden Sie auch einen Musterartikel Treffen statt. Viele VdS-Mitglieder erinnern als Vorbild und das Artikeldeckblatt zum Eintragen der wichigsten Daten. sich heute noch gern an die legendären Mit dem Einsenden gibt der Autor gleichzeitig sein Einverständnis zum Abdruck im Pfingsttreffen in Violau oder an die gelunge- „VdS-Journal für Astronomie“ und zur Veröffentlichung auf den Webseiten der VdS. nen Veranstaltungen in Bebra. Deutschland Es besteht jedoch keine Veröffentlichungspflicht. Die Redaktion behält sich vor, Beiträge fehlt eine aktive überregionale FG Planeten, gar nicht oder in gekürzter Form abzudrucken. Das Copyright obliegt den jeweiligen welche die zuvor genannten und alle weite- Autoren. Die Texte geben nicht unbedingt die Meinung der Redaktion wieder. ren Planetenfans koordiniert. Wer fühlt sich Die Redaktion inspiriert, die Fachgruppe neu zu beleben

4 | Journal für Astronomie Nr. 77 Nach Redaktionsschluss

und ihr im Team zusammen mit anderen Aktiven die Geltung in der Szene zurückzu- geben, die ihr naturgemäß zusteht? Bei der VdS hat sie ihren richtigen Platz!

Astronomietag, Messen und Tagungen Der Astronomietag 2021 fand am 20. März statt. Sein Thema war dieses Jahr ein Ausflug in die Kraterlandschaft des Mon- des; zu diesem Thema wurde wie im ver- gangenen Jahr auch ein Fotowettbewerb veranstaltet. Wie der AT und der Wettbe- werb ausgegangen sind, können Sie aktuell auf unserer Webseite nachlesen. Die Orga- nisation übernahm wie immer unser Vor- standsmitglied Carolin Liefke.

Der Termin für die Würzburger Frühjahrs- tagung steht kurz bevor: Der 24. April 2021. Die Tagung wird als eine reine Online-Ver- anstaltung stattfinden. Die Vorbereitungen hierzu laufen auch dieses Mal unter der Lei- tung unseres Vorstandsmitglieds Dominik Elsässer. Alle wichtigen und aktuellen In- formationen hierzu finden Sie auf unserer Webseite.

Die VdS wird auch auf dem ATT 2021 (8. Mai 2021) vertreten sein. Die Essener Sternfreunde der Walter-Hohmann-Stern- warte stemmen sich gegen eine erneute coronabedingte Absage und bereiten erst- malig den ATT als eine Online-Messe vor. Natürlich ist die VdS dabei! Die Vorstands- mitglieder der VdS werden sich in einem Chat-Raum abwechselnd Ihren Fragen, Ihrer Kritik und Vorschlägen stellen. hoffentlich die erste überregionale astro- Der Astronomietag im Herbst soll voraus- nomische Präsenzveranstaltung nach Co- sichtlich am 25.09.2021 stattfinden. Die Bo- vid-19 werden und somit zu einem Sehn- HeTa informiert rechtzeitig, ob und wann suchtstermin, wo wir uns alle endlich live sie ausgerichtet wird. wiedersehen!

Die Mitgliederversammlung der VdS am Es grüßt Sie bis zum nächsten Mal 13. November 2021 in Essen wird dann – Ihre VdS

Journal für Astronomie Nr. 77 | 5 Doppelsterne

Doppelsterne – eine kurze Einführung in das Schwerpunktthema von Robert Zebahl

Deep Sky wird oft mit der Beobachtung von oder gar Sternhaufen Sternhaufen, Gasnebeln oder fernen Gala- machen Doppelsterne xien assoziiert und doch sind es die Sterne, zu einem abwechslungs- welche beim Blick gen nächtlichen Himmel reichen Ziel. Für persön- als erstes auffallen und uns oft am nächsten liche Herausforderungen sind. So unscheinbar Doppelsterne auch stehen auch besonders sein mögen, offenbaren sie uns viele Mög- enge Doppelsterne zur lichkeiten, deren Natur und Erscheinung Auswahl. Deep Sky fängt zu studieren und zu bewundern. für gewöhnlich mit dem bloßem Auge an. Das gilt Neben den optischen Doppelsternen gibt ebenso für Doppelsterne. es eine Menge physikalischer Doppel- oder Nimmt man ein Fern- gar Mehrfachsterne, welche gravitativ anei- glas hinzu, hat man Be- nander gebunden sind und Ähnlichkeiten obachtungsziele für viele 1 Epsilon Lyrae: invertierte Bleistiftzeichnung von Robert Zebahl zum Erde-Mond-System aufweisen. Die Jahre. Im Gegensatz zu am 102-mm-ED-Refraktor (f/11) bei V=125x Messung von Winkelabständen und Posi- nebligen Objekten benö- tionswinkeln, die Berechnung der Bahn- tigt man keinen dunklen elemente oder der Nachweis von engen Himmel, so dass auch der Stadtbeobachter An dieser Stelle möchte ich noch das Dop- Begleitern ist aufgrund der technischen ganze Abende mit der Beobachtung ausfül- pelstern-Projekt der Fachgruppe Deep Sky Möglichkeiten selbst manchem Amateur len kann. Auch ist die Wahl des Teleskops erwähnen, welches seit Sommer 2019 exis- heutzutage zugänglich und liefert teils eher zweitrangig, wobei Refraktoren be- tiert und über unsere Fachgruppenseite zu- einen wissenschaftlichen Beitrag, wie man- sonders geeignet sind. gänglich ist. In diesem konnten wir bereits cher Artikel in diesem Journal für Astrono- unzählige Beobachtungen, Zeichnungen mie aufzeigt. Uwe Pilz fand für das Thema Doppelsterne und Fotografien von Doppelsternen zu- sehr treffende Worte: „Doppelsterne stehen sammentragen. Auch die visuelle Beobachtung von Dop- allen Amateuren offen. Sie erfordern keine pelsternen ist ein besonderes Erlebnis. Auf besondere Ausrüstung und keinen sonder- Zum Schluss möchte ich mich noch bei den ersten Blick mögen es nur zwei kleine lich dunklen Himmel. Sie erfordern aber allen Autoren für die sehr interessanten Lichtpunkte sein, doch Doppelsterne zei- die Bereitschaft, sich auf sie einzulassen. Artikel, aber auch bei allen aktiven Beob- gen sich sehr vielfältig: Unterschiede in Wie so oft gibt der Himmel seine Schönheit achtern, welche das Doppelstern-Projekt Abstand, Helligkeit und Farbe oder einge- erst auf den zweiten Blick preis.“ möglich gemacht haben, bedanken. bettet in besonders schönen Sternfeldern Doppelsterne im Fernglas von Uwe Pilz

Ein Fernglas scheint auf den ersten Blick Fernglases. Nach einiger Übung wird man nen. Das beidäugige Schauen ist entspannt nicht das richtige Instrument für die Be- Meister darin, enge Paare und solche mit und damit entspannend. Das natürliche obachtung von Doppelsternen zu sein: Zu großem Helligkeitsunterschied zu trennen. Betrachten des Himmels mit beiden Augen wenig Öffnung und die feste Vergrößerung Fernglasbeobachtungen sind Weitfeld-Be- gibt dem Himmel eine Tiefe und Klarheit, sind die hauptsächlichen Argumente. Es obachtungen: Wir sehen die Beobachtungs- die am Okular des Teleskops nicht zu er- lohnt! Und zwar nicht nur für Beobachter, ziele eingebettet in den Nachthimmel. Man reichen ist. Zudem ist das Aufsuchen der bei denen das Binokular das Hauptinstru- erkennt den Bezug zu den Sternbildern, Objekte ein guter Weg, den Himmel näher ment ist. Es sind mehrere Hundert Doppel- den Nebelobjekten, Sternhaufen und Stern- kennenzulernen. sterne in der Reichweite eines mittelgroßen gruppierungen und anderen Doppelster-

6 | Journal für Astronomie Nr. 77 Doppelsterne

1 Das Stativ und der Neigekopf sollten eine Unterstützung für zenitnahe Beobachtungs- ziele geben. Beim abgebildeten Manfrotto- Stativ 055 befindet sich die Spreizsicherung an den Gelenken der Beine, es ist keine Der visuelle Eindruck von Doppelsternen Spinne erforderlich. Man kann deshalb ist auch im Fernglas vielfältig: Die Vielfalt direkt unter das Glas treten. Der Videokopf der Farben fällt als erstes auf – und zwar MVH500AH hat eine Art eingebautes Ge- nicht nur der Komponenten untereinander, gengewicht (eine Feder), damit das Fernglas sondern auch in Bezug auf das umgeben- beim Kippen in der Balance bleibt. de Sternfeld. Auch im Fernglas machen die verschiedenen Abstände und Helligkeiten den Reiz der Beobachtung aus.

Das Trennvermögen der Ferngläser ist Doppelsterne im Fernglas dürfen dann the- Bogenminute für gleich helle Komponen- nicht durch die Öffnung/das Rayleigh-Li- oretisch um den Betrag der Vergrößerung ten δ > 60’’/V. Hier ist δ der Mindestabstand mit begrenzt wie bei einem Teleskop. Dazu enger stehen, um noch erkannt zu werden. und V die Vergrößerung. Für ein Fernglas ist die Vergrößerung zu gering. Vielmehr Aus dieser Überlegung gilt für den „Stan- mit 20-facher Vergrößerung wären das be- hängt das Trennvermögen vor allem von dardbeobachter“ mit einem Visus von einer achtliche 3 Bogensekunden! In der Praxis der Vergrößerung ab. Die Sterne müssen freilich hell genug sein, um im Fernglas deutlich sichtbar zu sein.

Für das bloße Auge gelten Details als deut- lich sichtbar, wenn sie einen Winkelabstand von 3 Bogenminuten haben. Das Sehver- mögen des Durchschnittsbürgers (der sog. Visus) wird mit einer Bogenminute an- genommen, das gilt für angestrengtes Se- hen. Besonders scharfsichtige Beobachter erreichen vielleicht noch einmal das Dop- pelte, also 30 Bogensekunden. Man kann die Leistungsfähigkeit der eigenen Augen übrigens an sog. Landolt-Ringen erproben, wie sie auch der Augenarzt benutzt. Hierzu einfach eine Tafel mit diesen Ringen [1] an einem lichten Tag ohne Sonnenschein im Freien aufhängen und ausprobieren, wel- che Leistung die eigenen Augen haben. Bei mir sind es 40 Bogensekunden.

2 Der Offene Sternhaufen Messier 34 ist reich an Doppelsternen. Drei von ihnen konnten im 16x70-Fernglas sicher erkannt werden, ein weiterer zeigte sich länglich. Die Beobachtung erfolgte fast zu Vollmond. Durch den aufgehellten Himmel überstrahlen die Sterne weniger, Doppelsterne lassen sich leichter trennen. Allerdings bleiben schwä- chere Haufenmitglieder verborgen.

Journal für Astronomie Nr. 77 | 7 Doppelsterne

erreicht man das nicht einmal annähernd. Knie zu gehen. Für die Beobachtung hoch Komponenten. Die meisten der einfachsten Der Grund dafür ist, dass die Sterne über- stehender Sterne ist es sehr angenehm, Klasse (geringe Helligkeitsdifferenz und strahlen und damit größer erscheinen als wenn man direkt unter das Instrument großer Abstand) lassen sich in einem mit- die Landolt-Ringe gedruckt auf Papier. Ein treten kann. Dazu müssen sich die Beine telgroßen Fernglas trennen. Mit etwas Mü- realistischer Mindestabstand ist das Dop- weit spreizen lassen. Eine Spinne stört. Mit- he gelingen auch schwierigere Objekte, vor pelte bis Dreifache, als Formel also 120’’/V telgroße Ferngläser von mehr als 70 mm allem solche mit großem Winkelabstand bis 180’’/V. Dies entspricht auch meinen Er- Öffnung geraten deutlich aus der Balance, und mittlerer Helligkeitsdifferenz. fahrungen. wenn man sie kippt. Es ist sehr angenehm, wenn die Schwenkeinrichtung hierfür eine Hinweise auf Literatur und Internet Das Bild im Okular muss ganz ruhig sein Gegenkraft ausübt (Abb. 1). (Link geprüft Nov. 2020): für eine erfolgreiche Sichtung. Aus der [1] M. Mißfeldt, 2020: „Landolt-Sehtest“, Hand wird man nur die allereinfachsten Als Atlas bevorzuge ich den interstellarum www.onlinesehtests.de/sehtest- Sterne beobachten können. Ein vernünf- Deep Sky Atlas [2]. Die Doppelsterne in kreise-landolt-ringe.php tiges Stativ muss hoch genug sein, damit diesem Atlas enthalten ein Symbol für die [2] R. Stoyan, U. Glahn, 2013: „interstella- man die Okulare stets erreicht, ohne in die Helligkeitsdifferenz und den Abstand der rum Deep Sky Atlas“, Oculum Verlag

Doppelsterne quer durch mein erstes Astrojahr von Sarah Gebauer

Im Sommer 2019 habe ich mein erstes Tele- gerne Doppelsterne. Sie sind so dankbare gegönnt und wandere seither am liebsten von skop angeschafft, einen 6-Zoll-Newton (f/5) und zugleich abwechslungsreiche und span- einem Struve-Doppelstern zum nächsten. mit Dobsonmontierung, exakt ein Jahr spä- nende Objekte, die sich auch noch sehr gut ter kam noch ein hochwertiger und sehr zeichnen lassen. Bis vor Kurzem habe ich Ich habe es im letzten Jahr in den weit toller 4-Zoll-Refraktor dazu. Mit diesen klei- nur meinen ersten, kleinen Himmelsatlas als über 40 Beobachtungsnächten auf über 60 nen, aber feinen Geräten beobachte ich an Hilfsmittel genutzt und mich deshalb durch Zeichnungen gebracht, von denen etwas meinem ziemlich hellen, lichtverschmutzten die eher bekannteren Doppelsterne gearbei- mehr als 30 Doppelsterne zeigen. Hier sind „Flughafenhimmel“ vom heimischen Gar- tet. Erst gegen Ende meines ersten Astrojah- meine Top 7 aus der Doppelsternsparte, die ten oder den Streuobstwiesen aus besonders res habe ich mir einen sehr detaillierten Atlas alle mit dem 6-Zöller beobachtet wurden.

1 , Zeichnung, Dobson 150 mm/750 mm (83x) 2 Gamma Virginis, Zeichnung, Dobson 150 mm/750 mm (166x)

8 | Journal für Astronomie Nr. 77 Doppelsterne

3 STF 2470 und 2474, Zeichnung, Dobson 150 mm/750 mm (85x) 4 Omicron 1 Cygni, Zeichnung, Dobson 150 mm/750 mm (30x)

Gamma Leonis (AB, 2,37 mag/ Struve 2470 (7,03 3,64 mag, 4,73’’) mag/8,44 mag, Dieser Doppelstern ließ sich schon bei 13,8’’) und Struve 83-facher Vergrößerung sauber trennen 2474 (AB, und ergab dabei ein sehr enges Pärchen, 6,78 mag/7,88 dessen eine Komponente leicht goldfarben mag, 15,9’’) schien (Abb. 1). Einige Anläufe hat es gebraucht, bis ich das Gamma Virginis (AB, 3,48 mag/ reizvolle Doppel- 3,53 mag, 2,81’’) Doppel im Sternbild Im Frühjahr war das Sternbild Virgo vom Lyra gefunden hat- heimischen Garten aus meist nur schwer te – Navigieren im sichtbar, weil es sich am frühen Abend Zenit hat es wirklich größtenteils noch hinter dem Dach des in sich! Die Suche Hinterhauses versteckte und im Laufe der hat sich aber richtig Nacht dann über den ebenfalls verdeckten gelohnt, denn bei Südhimmel zog. Ich habe nach Süden nur 85-facher Vergröße- ein schmales Sichtfenster zwischen den rung glänzten mir je zwei Häusern hinter meinem Garten. Um- zwei enge Sternpär- so erfreuter war ich, als ich eines Abends der chen durch das Oku- 5 Omicron 1 Cygni, Zeichnung, Dobson 150 mm/750 mm (85x) Meinung war, ein paar der Sterne des Stern- lar entgegen. Sogar bildes sehen zu können. Und dann wartete der geringe Ab- die Stelle gleich mit einem tollen Doppel- standsunterschied der jeweiligen Pärchen spitzes Dreieck mit zwei wundervoll gelbli- stern auf, bei dem ich mich in Sachen Dis- war zu erkennen (13,8’’ bei STF 2470 und chen und einem bläulichen Stern – das wa- tanz der Komponenten in Richtung „enger“ 15,9’’ bei STF 2474). Das musste natürlich ren ο1 und ο2 Cygni mit 30 Cygni. Dieser steigern konnte: 2,8 Bogensekunden. Ich auf Papier festgehalten werden (Abb. 3). Anblick hat mich wirklich sehr begeistert, war gespannt, ob mein Spiegel das auch in so dass ich bestimmt noch an vielen Aben- der Praxis schaffen würde. Die Komponen- Omicron Cygni (ACD, 3,93 mag/ den an diese Himmelsstelle zurückkehren ten A und B konnten bei 166-fach knapp, 6,97 mag/4,83 mag, 108,6’’/336,7’’) würde. So kam es auch wenige Tage später, aber gut getrennt werden. Beide strahlten Dieses Mehrfachsystem war der Tipp eines als ich noch einmal mit höherer Vergröße- gleich hell als ganz dichte Glanzpünktchen lieben Sternfreundes, der mir Farbe ver- rung nach den Farben von ο1 und 30 Cygni (Abb. 2). sprach. Ich sah auf Anhieb bei 30-facher schauen wollte. Bei 85-facher Vergröße- Vergrößerung ein sehr schönes, großes und rung zeigte dann nämlich auch Komponen-

Journal für Astronomie Nr. 77 | 9 Doppelsterne

6 Pi Aquilae, Zeichnung, Dobson 150 mm/750 mm (170x) 7 STF 2893, Zeichnung, Dobson 150 mm/750 mm (85x)

Virginis. In einer nen dank des neuen Atlasses enorm gestie- klaren, lauen Som- gen und so entdeckte ich zufällig auf dem mernacht waren Weg zu einem anderen Objekt dieses schö- endlich alle Lichter ne Albireo-Double, das mit einer ebenso in den umliegen- goldgelben und deutlich blauen Farbe da- den Wohnungen herkam und außerdem bei 85x noch ein aus und die Luft hübsches Sternumfeld bot (Abb. 7). noch dazu sehr ru- hig. So beschloss Delta Cephei (AC, 4,21 mag/ ich, in dieser Nacht 6,11, 41’’) mein Teleskop zu Noch einmal Farbe mit Doppelstern kom- dieser grenzwerti- biniert, das mag ich besonders gerne. Delta gen Aktion zu trei- Cephei, der trotz hellem Flughafenhimmel ben - und ich wur- auch mit freiem Auge auszumachen ist, de nicht enttäuscht: zeigte an diesem Sommerabend eine rich- 1,4 Bogensekunden tig schön goldgelbe, hellere Komponente Abstand ließen sich (A) und eine zweite, deutlich schwächere wirklich haarscharf mit einem sichtbar bläulichen Farbstich und ganz, ganz (C). Das Doppel war schon in meiner Auf- 8 Delta Cephei, Zeichnung, Dobson 150 mm/750 mm (21x) knapp trennen! Bei suchvergrößerung von 21-fach sehr schön 170-facher Vergrö- anzuschauen (Abb. 8). ßerung zeigte sich te C einen bläulichen Farbton. Weil die gan- ein haarfeiner, schwarzer Strich zwischen ze Sternumgebung und die unterschied- beiden Komponenten. Zusammen mit zwei Nun habe ich zwar fast alle Sternbilder ein- lichen Farben so reizvoll waren, habe ich hellen Feldsternen bildete dieser wunder- mal im Jahresverlauf kennengelernt, aber zwei Zeichnungen mit unterschiedlicher bare Doppelstern, der definitiv neue Maß- gerade jetzt erkenne ich mehr denn je, dass Vergrößerung angefertigt (Abb. 4 und 5). stäbe gesetzt und sich hier ganz an den es noch sooo viel mehr zu entdecken gibt. Rand der Zeichnung geschlichen hat, ein Pi Aquilae (AB, 6,34 mag/6,75 mag, schönes Dreieck (Abb. 6). Ich wünsche euch allzeit klare Nächte und 1,4’’) funkelnde Himmelsfunde! Meinen bisherigen Rekord in Sachen Dis- STF 2893 (6,19 mag/7,91 mag, tanz habe ich mit Pi Aquilae übertroffen, 28,9’’) der bisherige Rekordhalter war Gamma Inzwischen war die Vielfalt an Doppelster-

10 | Journal für Astronomie Nr. 77

UNSPLASH / DONALD GIANNATTI (unsplash.com/photos/4qk3nQI3WHY) Jetzt abonnieren! Jetzt www.spektrum.de/aktion/vds 9126-743 Tel.: | 06221 [email protected] Bestellen Sie jetzt Ihr Spezialabo! über 16 %gegenüber dem regulären Preis. Jahresabo und Die SPEZIAL Spektrum Spezial Spektrum wegweisenden Themen aus allen Bereichen der Naturwissenschaften. Naturwissenschaften. aus allender wegweisendenBereichen Themen (4 Ausgaben pro Jahr): für VDS-Mitglieder nur €25,60; Sie sparen -Reihe PMT Physik MathematikTechnik befasst sich mit spannenden, aktuellen (inkl. Versandkosten Inland) Versandkosten (inkl.

MITGLIEDER VDS- VORZUGS- PREIS FÜR

Doppelsterne

Farbige Doppelsterne – visuell beobachtet von Winfried Kräling

Nachts sind alle Katzen grau – lautet ein al- ter Spruch. Mit dieser Einstellung kommen viele Besucher zu unserer Volkssternwarte und wundern sich, wenn man sie beispiels- weise auf den Farbunterschied zwischen Be- teigeuze und Rigel hinweist, der bereits mit bloßem Auge deutlich wahrnehmbar ist.

Zwar findet nachts überwiegend das sko- topische Sehen, auch Nachtsehen genannt, statt, wobei als Fotorezeptoren die licht- empfindlicheren Stäbchen aktiv sind.

Sind die Beobachtungsobjekte jedoch hell genug, werden auch die Zapfen der Netz- haut aktiviert und beim photopischen Se- hen (Tagsehen) können bei Sternen auch Farben wahrgenommen werden. Hilfreich dazu ist eine lichtverstärkende Optik wie Fernglas oder Teleskop.

Am deutlichsten wird dieser Effekt bei 1 Zeichnung von Beta Cygni im Refraktor 127 mm / 1.200 mm bei V = 60x Doppelsternen mit deutlichem Farbunter- schied; der bekannteste „farbige“ Dop- pelstern ist zweifellos Albireo (β Cyg) im Sternbild Schwan (Abb.1).

Ein wahrer Genuss ist die Beobachtung von farbigen Doppelsternen in einem lichtstarken Teleskop, wie z. B. meinem Re- fraktor 127 mm/1.200 mm. Bei dem Dop- pelstern β Cygni (dem Kopf des Schwans), der sich schon in einem Fernglas trennen lässt, ist der Farbunterschied im Teleskop besonders deutlich ausgeprägt: Der hellere Stern ist orangerot und der schwächere Be- gleiter erscheint bläulich. Besonders ein- drucksvoll ist die Beobachtung von Dop- pelsternen bei geringer Luftunruhe, wenn um den punktförmigen Stern die farbigen Beugungsringe (physikalischer Effekt) klar zu erkennen sind.

Ebenfalls stark ausgeprägt ist der Farbkon- trast bei ε Pegasi, besser als Enif bekannt: Die Abbildung 2 zeigt bei 171x ein weit ge- 2 Zeichnung von Epsilon Pegasi im Refraktor 127 mm / 1.200 mm bei V = 171x

12 | Journal für Astronomie Nr. 77 Doppelsterne

trenntes Paar mit sehr schönem Farbkon­ trast: Der Hauptstern ist kräftig orange, der Begleiter leuchtet blau.

Der bei 171x und 250x leicht zu trennen- de Doppelstern γ Delphini (Abb. 3) zählt ebenfalls zu den Sternen mit einem orange- farbenen Hauptstern und einem türkisfar- benen Begleiter, der bei ruhiger Luft einen herrlichen Anblick bietet.

ι Cancri (Abb. 4) ist bei einer Vergrößerung von 171 x bei ruhiger Luft ebenfalls leicht zu trennen und zeigt einen schönen Farb- kontrast; die Hauptkomponente ist kräftig orange und der Begleiter türkis.

Etwas schwieriger ist es, den relativ engen Doppelstern ε Bootis (Abb. 5) – auch als Izar bekannt – zu trennen. Auch bei die- sem Duo ist ein schöner Farbunterschied sichtbar; der schwächere hell türkisfarbe- 3 Zeichnung von Gamma Delphini im Refraktor 127 mm / 1.200 mm bei ne Stern befindet sich bereits am zweiten V = 171x und V = 250x Beugungsring der leicht orangefarbenen Komponente A dieses Doppelsternsystems. Toller Anblick!

Doch ist der Farbunterschied nicht nur auf Zweifachdoppelsterne beschränkt, auch Mehrfachsysteme wie hier das berühmte Trapez (Q Orionis) im Orionnebel M 42 (Abb. 6), zeigen Farbunterschiede, wenn auch nicht so ausgeprägt wie die unter den farbigen Objekten dieser Klasse. Bei genauem Hinsehen sind nicht nur die hel- len Sterne A bis D, sondern auch die schwä- cheren E und F erkennbar - das „Trapez“ ist also als 6-fach-System sichtbar. Das hellste Mitglied C leuchtet leicht orangefarben, die übrigen Sterne in einem bläulichen Licht.

Alle erwähnten Abbildungen sind nach Skizzen (Bleistift, schwarze Sterne) und Notizen am Okular vom 127-mm-Refrak- tor entstanden, die am Computer als farbi- ge Positivdarstellungen umgesetzt wurden. 4 Zeichnung von Iota Cancri im Refraktor 127 mm / 1.200 mm bei V = 171x

Journal für Astronomie Nr. 77 | 13 Doppelsterne

5 Zeichnung von Epsilon Bootis im Refraktor 127 mm / 6 Zeichnung von Theta Orionis im Refraktor 127 mm/1.200 mm 1.200 mm bei V = 250x bei ruhiger Luft und V = 250x

Weitere Beispiele an interessanten Doppelsternen würden den Rahmen dieses Beitrages sprengen, mehr Zeichnungen von Doppelsternen und Fotos astronomischer Objekte gibt es auf meiner Homepage unter https://winis-homepage.jimdofree.com/astronomie/

Mizar – ein visuelles Experiment von Robert Zebahl

Mizar und Alcor, welcher umgangssprach- lich auch als „Reiterlein“ bezeichnet wird, bilden einen Doppelstern, der bereits mit dem bloßem Auge getrennt werden kann. Ob es sich hierbei um ein physikalisches System handelt, ist bis heute nicht geklärt. Gesichert ist aber, dass beide Sterne dem Ursa-Major-Haufen angehören. Dieses Paar ist auch unter der Bezeichung STF 1744 AC (alte Schreibweise: Σ 1744 AC) 1 Zeichnung von Mizar und Alcor; 102-mm-ED-Refraktor f/11, V = 28x (Bild: R. Zebahl) bekannt. bezüglich dieser unscheinbaren Kompo- dass er einen neuen Planeten entdeckt ha- Leicht versetzt zwischen Mizar und Alcor nente aufmerksam: Der Stern wurde am be, nannte er diesen kurz darauf „Sidus befindet sich die D-Komponente (SMR4 2.12.1722 vom deutschen Astronomen Ludovicianum“. Allerdings wurde der Stern AD), welche allerdings keinen physika- Prof. Johann Georg Liebknecht am Obser- bereits ein Jahrhundert früher schon von lischen Bezug zu diesen hat. Das konnte vatorium der Justus-Liebig-Universität in Benedetto Castelli an derselben Position durch Bestimmung der Entfernung ge- Gießen (früher auch Ludoviciana genannt) beobachtet. So erntete Prof. Johann Georg sichert werden. Winfried Kräling mach- beobachtet, welcher eine Eigenbewegung Liebknecht von seinen Kollegen mehr Spott te mich dabei auf eine kleine Anekdote festgestellt haben wollte. Davon ausgehend, denn Ruhm [1].

14 | Journal für Astronomie Nr. 77 Doppelsterne

Kommen wir zurück zum eigentlichen Thema. Mizar selbst ist ein Mehrfachsys- tem bestehend aus zwei spektroskopischen Doppelsternen, den Komponenten A (2,23 mag) und B (3,88 mag) mit einem Winkel- abstand von derzeit 14,4''. Damit lässt sich das Paar AB praktisch in jedem Teleskop einfach trennen. Im April 2020 bekam ich von Christopher Hay eine sehr interessante Mail, in welcher er die Trennung von AB mit möglichst kleiner Vergrößerung versuchte. Er nutzte hierfür ein Objektiv eines Sucher- fernrohrs 42 mm/150 mm von einem Zeiss- Telementor zusammen mit einem sehr guten Amici-Prisma. Seine Beobachtung schilderte Christopher wie folgt: „Bei 6,3x 2 ED-Refraktor 70 mm / 400 mm mit Vorsatzblende 20 mm (Bild: R. Zebahl) deutlich gestreckt mit klaren Positionen der helleren/dunkleren Komponente. Bei 10,7x eine Acht ganz kurz vorm Auseinan- brachte keine nennenswerte Verbesserung. Sehr genaues Beobachten war notwendig. derploppen. Bei 12x sauber und stabil ge- Also fertigte ich Blenden aus schwarzem Der schönste Anblick bot sich mit 20 mm trennt.“ Fotokarton mit 60 mm bis 10 mm freier Öffnung und 12,5-facher Vergrößerung: Öffnung in 10-mm-Schritten an (Abb. 2). Mizar zeigte zwei höchst ästhetische, fein Diese Beobachtung weckte große Neugier Bereits mit 60 mm Öffnung bei 12,5-facher gezeichnete Komponenten ohne jegliche und ich wollte es selbst versuchen. Um mög- Vergrößerung erschien Mizar zumindest Überstrahlung. lichst geringe Vergrößerungen zu erzielen, länglich, mit 50 mm gelang die Trennung kam nur ein Teleskop aus meinem Bestand gerade noch. Bei 10-facher Vergrößerung Ich fand es sehr erstaunlich, wie schön sich in Frage: Ein ED-Refraktor von Vixen mit musste ich die Öffnung auf 30 mm reduzie- Doppelsterne auch in besonderes klei- 70 mm Öffnung und 400 mm Brennweite. ren, um ihn wenigstens länglich zu sehen, nen Instrumenten präsentieren und kann Erste Versuche mit einem 40-mm-Okular mit 20 mm Öffnung (f/20) war auch hier solche Experimente jedem empfehlen. (V = 10x; Pentax XL) sowie einem 32-mm- eine Trennung möglich, wobei die Kompo- Manchmal ist eben weniger mehr. Okular (V = 12,5x; Super Plössl) bei voller nenten sehr dicht beieinander standen. Mit Öffnung schlugen fehl. Der schwächere Be- nur 10 mm Öffnung (f/40!) und 10-facher gleiter wurde schlichtweg von der hellen Vergrößerung gelang zwar die Trennung Internethinweis (geprüft Nov. 2020): Hauptkomponente überstrahlt. Der Ein- der Komponenten, aber hier merkte man [1] L. Ondra, Homepage: “A New View of satz von Graufiltern zur Lichtdämpfung schon die deutlich geringere Auflösung. Mizar”, www.leosondra.cz/en/mizar/

Anzeige

Journal für Astronomie Nr. 77 | 15 Doppelsterne

Doppelsterne – Zeichnungen zusammengestellt von Robert Zebahl

Doppelsterne bieten einen wundervollen Einstieg in das Zeichnen am Teleskop. Ein weißes Blatt Papier und Bleistift genügen voll- kommen für den Anfang. Besonders schön ist das Zeichnen von Doppelsternen in ihrem Umfeld, um so einen besseren Gesamt- eindruck zu bekommen. Aber auch Sternfarben haben einen be- sonderen Reiz. Neben dem Bleistift eignen sich Buntstifte, Pastell- stifte, Ölkreidestifte oder Tuschestifte in verschiedenen Stärken.

1-5 V.l.o.n.r.u.: Epsilon Lyrae – Zeichnung von Jörg Schlimmer 26.06.2019, 127-mm-Apo-Refraktor (V = 202x)

WZ Cassiopeiae – Zeichnung von Jörg Schlimmer 10.09.2019, 127-mm-Apo-Refraktor (V = 108x)

WZ Cassiopeiae – Zeichnung von Robert Zebahl 22.08.2019, 102-mm-ED-Refraktor (V = 28x)

83 und Tau Leonis – Zeichnung von Robert Zebahl 09.03.2019, 55-mm-Refraktor (V = 16x)

12 Lyncis und STF 946 – Zeichnung von Robert Zebahl 23.03.2020, 102-mm-ED-Refraktor (V = 86x)

16 | Journal für Astronomie Nr. 77 Doppelsterne

6 Beta Cephei – Zeichnung von Sarah Gebauer 23.08.2020, 7 Gamma 2 Delphini – Zeichnung von Sarah Gebauer 08.08.2020, 100-mm-ED-Refraktor (V = 45x) 100-mm-ED-Refraktor (V = 45x)

8 – Zeichnung von Winfried Kräling 13.03.2017, 127-mm- 9 Zeta Cancri – Zeichnung von Winfried Kräling 08.04.2018, Refraktor (V = 250x) 127-mm-Refraktor (V = 250x)

Journal für Astronomie Nr. 77 | 17 Doppelsterne

61 Cygni – ein besonderer Doppelstern von Winfried Kräling

Nahezu jeder Sternfreundin und jedem Sternfreund dürften die hellen Milchstra- ßenwolken und ihre Dunkelnebel im Stern- bild Schwan (lateinisch: Cygnus) bekannt sein; teilen diese Staubansammlungen die Milchstraße doch scheinbar in zwei Hälf- ten, was schon mit bloßem Auge gut zu be- obachten ist.

Rund um diese Dunkelwolke mit der Be- zeichnung B 348 liegen die von Mitteleu- ropa aus gut sichtbaren und attraktivsten Emissionsnebel wie Nordamerika-, Peli- kan-, Cirrus- und Gamma-Cygni-Nebel (Abb. 1).

Doch Hand aufs Herz, wer hat schon ein- mal den unscheinbaren Stern 61 Cygni in dieser Region, der mit den Sternen Deneb (α Cyg), Sadr (γ Cyg) und Gienah (ε Cyg) eine Raute bildet, beobachtet? Ist dieser ca. 11 Lichtjahre entfernte und visuell 5,2 mag helle Doppelstern doch einer der ge- schichtsträchtigsten Sterne in unserer Ga- laxis.

Friedrich Wilhelm Bessel bestimmte in den Jahren 1837/38 durch Parallaxenmessung an der Sternwarte Königsberg erstmals an- nähernd genau die Entfernung eines Fix- sternes und lieferte damit den endgültigen Beweis für die Richtigkeit des Kopernika- nischen Weltbildes (was in dieser Zeit wohl 1 Aufnahme der Umgebung von 61 Cyg im Sternbild Schwan am 26.08.2019, aber niemand mehr ernsthaft bezweifelte). Kamera: Canon 650Da, Objektiv: Canon EF-S 1:2,8 / 60 mm (Arbeitsblende 5,0), Wie war nun Bessels Wahl auf 61 Cygni ge- Belichtung 20 x 180 s bei ISO 1600, Reisemontierung Adventurer (Bild: W. Kräling) fallen?

Beim Vergleich von Sternpositionen im den Schluss, dass es sich bei 61 Cygni um pelsternnatur dieses Objektes. Bei V = 20x Sternkatalog des englischen Geistlichen einen Stern handeln musste, der unserem in einem Refraktor 80 mm/400 mm er- und Astronomen James Bradley (eher be- Sonnensystem recht nahe steht, was sich kennt man, dass beide Komponenten oran- kannt durch die Entdeckung der Aberrati- auch bestätigte. gefarben sind und einen leichten Hellig- on und der Nutation der Erdachse) mit an- keitsunterschied aufweisen. Kein Vergleich deren Sternkatalogen stellte Bessel fest, dass Wie bereits eingangs erwähnt, ist 61 Cyg- also zu den prominenten Vertretern dieser der Stern 61 Cygni im Sternbild Schwan ni für das bloße Auge ein unscheinbares Klasse, siehe Beitrag „Farbige Doppelsterne (damals) die größte Eigenbewegung aller Sternchen der fünften Größenklasse, doch – visuell beobachtet“ in dieser Ausgabe des gemessenen Sterne aufwies. Daraus zog er bereits ein 10x50-Fernglas zeigt die Dop- VdS-Journals für Astronomie.

18 | Journal für Astronomie Nr. 77 Doppelsterne

Dass ich mit meinem Instrumentarium Bessels Leistung der Parallaxenmessung nicht nachvollziehen konnte, war mir von Anfang an klar. Aber wie sah es aus mit dem Nachweis der Eigenbewegung eines Fix- sternes? Dass dies Amateurastronomen an Barnards Pfeilstern (einem der nächsten bekannten Sterne mit etwa sechs Lichtjah- ren Entfernung und einer Helligkeit von 9,5 2 Zwei zeitlich versetzte Aufnahmen von 61 Cygni mit Newton 150 mm/750 mm und mag im Sternbild Schlangenträger) schon EOS 650D. Am 05.09.2013 11 x 10 s belichtet bei ISO 800, am 26.05.2017 12 x 20 s bei gelungen ist, war mir bekannt; wie sieht es ISO 800. (Bild: W. Kräling) aber mit 61 Cygni aus, der wesentlich ein- facher zu beobachten ist?

Um dies zu testen, standen mir vier Auf- nahmen aus den Jahren 2013, 2015, 2016 und 2017 zur Verfügung, die ich mit Instru­ menten mit 400 mm und 750 mm Brenn- weite aufgenommen hatte.

Bereits eine Überlagerung der Bilder von 2013 und 2015 zeigt die Eigenbewegung dieses Doppelsternsystems in Bezug auf die Hintergrundsterne, richtig deutlich wird diese aber erst bei einem Vergleich der Auf- nahmen von 2013 und 2017 (Abb. 2 und 3). Die Abbildung 2 zeigt die Position von 61 Cygni im Jahre 2013 (oben) und 2017 (un- ten) vor dem gleichen Sternhintergrund. Während auf der Aufnahme von 2013 der ca. 11 mag helle Stern TYC 3168 590 1 noch von den Strahlen der A-Komponente von 61 Cygni überstrahlt wird, ist dieser Stern 3½ Jahre später klar zu erkennen, was eine Bewegung von 61 Cygni in östliche Rich- tung (nach links) deutlich macht. 3 Kombination der beiden Aufnahmen des Sternfeldes um 61 Cygni am 05.09.2013 und 26.05.2017, Aufnahmedaten wie Abb. 2 (Bild: W. Kräling) Die Abbildung 3 ist eine Überlagerung der Bilder aus oben genannten Jahren in eine einzige Abbildung mit den Angaben zur Position von 61 Cygni. Bedauerlicherweise ist es nicht möglich, in Printmedien eine GIF-Animation darzu- Beide Darstellungen machen deutlich, dass stellen, diese ist aber auf meiner Homepage es auch mit bescheidenen Instrumenten zu finden, unter https://winis-homepage. machbar ist, die Eigenbewegung von Fix- jimdofree.com/astronomie/deepsky/ sternen nachzuweisen. sterne/

Journal für Astronomie Nr. 77 | 19 Doppelsterne

Speckle-Messungen an Albireo A von Rainer Anton und Johannes M. Ohlert

Wohl zu vielen Sternführungen an einem Sommerabend wird ein Blick auf Albireo (β Cygni) gerichtet. Besonders wegen seiner Helligkeit und wegen des in einem Tele­ skop erkennbaren starken Farbkontrasts des gelben Hauptsterns A und des blauen Begleiters B ist er einer der bekanntesten Doppelsterne. Bisher wurde meist ange- nommen, dass A und B physisch gebunden sind. Tatsächlich ergaben Hipparcos-Mes- sungen der Parallaxen 1991 etwa gleiche Entfernungen mit überlappenden Fehler- bereichen. Auch die Eigenbewegungen wa- ren nicht sehr verschieden. Jedoch konnte bisher keine Bahnbewegung eindeutig nachgewiesen werden. Wenn also eine phy- sische Kopplung besteht, müsste die Um- laufperiode Tausende von Jahren betragen. Neben diesen astrometrischen Betrachtun- gen gibt es aber auch astrophysikalische Befunde hinsichtlich der Spektralklassen, Sternentwicklung, Massen und andere Ar- gumente, die für eine Doppelstern-Natur des Paares sprechen.

Stand der Forschung 1 Das Treburer 1-Meter-Teleskop (T1T) Dieses Bild geriet ins Wanken mit der Data Release 2 der Gaia-Mission, die erhebliche Unterschiede der Parallaxen und Eigen- bewegungen von A und B ausweist [1]. Demnach sollte der Abstand 62 Lichtjahre betragen mit Fehlerbereichen, die nicht überlappen. Auch sollte sich die Richtung der Eigenbewegung von A um grob 90 Grad gedreht haben innerhalb von nur 24 Jahren, was sehr unwahrscheinlich ist (aber siehe unten). Ein Problem der Gaia-Daten könnte sein, dass Albireo A zu hell ist für 2 Drei repräsentative Speckle-Aufnahmen von Albireo A. Je nach Seeing erscheinen die die Gaia-Detektoren, die dann gesättigt Speckle-Paare unterschiedlich deutlich (s. Text). Es handelt sich um Ausschnitte aus Original- sind und die Messungen zu ungenau. Ein bildern nach Erhöhung der Auflösung um den Faktor 4x4 („re-sampling“). anderes Problem ergibt sich dadurch, dass A selbst ein enger Doppelstern ist (mit der Kennzeichnung Aa-Ac), der weder von Um das zu berücksichtigen, muss man die tian in „Sterne und Weltraum“ [2] und von Hipparcos noch von Gaia aufgelöst wird. Bahnbewegung genau kennen. Allerdings U. Bastian und R. Anton in „Astronomy Somit könnte die Eigenbewegung von A ist die Datenlage bisher schwach. Diese and Astrophysics“ [3] angesprochen. durch den Begleiter Ac beeinflusst werden. Problematik wurde vor Kurzem von U. Bas-

20 | Journal für Astronomie Nr. 77 Doppelsterne

3 Weitfeldaufnahme von Albireo Aa,Ac – B. Überlagerung von 211 „lucky images“ aus einer Serie von 9.400 Einzelaufnahmen vom 07.07.2019. Der Kontrast wurde durch unscharfe Maskierung verstärkt. Norden ist oben, Osten ist links.

Bis zum Jahr 2018 wurde für Aa-Ac ein Or- elemente nach wie vor verbesserungswür- Die Herausforderung bei der Aufnahme bit angenommen, der auf Speckle-Messun- dig sind. Mit unseren Messungen möchten des engen Sternenpaars Aa-Ac besteht gen aus den Jahren 1976 bis 2008 beruhte wir dazu einen Beitrag liefern. nicht nur in dem geringen Abstand von (Scardia et al., 2008, [4]). Daraus ergab sich nur gut 0,3’’, sondern auch darin, dass sich eine Periode von 214 Jahren. Da der erfasste Instrumentelles sowohl die Helligkeiten als auch die Farben Winkelbereich relativ klein ist, ist die Un- Für unsere Messungen benutzten wir eine der Komponenten stark unterscheiden: sicherheit recht groß: Die Qualität wird als QHY5L-IIm-Kamera, die am T1T, dem 2,43 gegen 5,08 mag bzw. K3II gegen B9V. „grade 4-5 (preliminary undetermined)“ Treburer 1-Meter-Teleskop (Abb. 1), einge- Deshalb wurde in allen Serien ein John- eingestuft [4, 12]. 2018 wurde von Roberts setzt wurde. Das T1T, ein Cassegrain-Tele- son-Blaufilter benutzt. Damit wurde auch und Mason [5] anhand von weiteren Mes- skop mit einer Apertur von 1.200 mm und der Abfall der Kameraempfindlichkeit von sungen aus 2004 eine neue Berechnung einer effektiven Brennweite von 9.510 mm, gelb zu blau teilweise kompensiert und es durchgeführt. Diese ergab eine ziemlich wird von der „Astronomie Stiftung Trebur“ ergab sich eine deutliche Verbesserung der große Exzentrizität sowie eine Umlaufperi- [8, 9] betrieben. In drei Nächten im Juli Sichtbarkeit von Ac gegen Aa. Ein Nachteil ode von nur 69 Jahren. 2019 wurden wieder- 2019 sowie einer Nacht im Juni 2020 wur- besteht allerdings in der Zunahme von See­ um von Scardia et al. [6] neue Bahnparame- den Bildserien von jeweils bis zu 13.000 Bil- ing-Effekten bei kürzeren Wellenlängen. ter veröffentlicht, für die neue Messungen dern aufgenommen. Bei Belichtungszeiten Dagegen hilft dann nur eine sehr große aus 2017 berücksichtigt wurden. Danach von 5 bzw. 10 ms und reduziertem Bildfeld Zahl von Bildern. sollte die Umlaufperiode bei 120 Jahren lie- ergaben sich Bildraten von bis zu 200/s. In gen. Ebenfalls 2019 berechnete Mason eine einigen Serien wurde das Bildfeld erweitert, Auswertung Bahn, für die Messungen von uns aus 2019 um gleichzeitig mit Albireo A auch Albireo Die Speckle-Aufnahmen wurden automa- (siehe unten) einbezogen wurden. Daraus B in jeweils einem Bild zu erfassen und da- tisch analysiert mit dem Programm „Re- folgt eine Periode von wiederum 213 Jahren mit den Maßstab und die Orientierung zu duc“ von Florent Losse [10]. Dabei wurde [7]. Diese Entwicklung zeigt, dass die Bahn- kalibrieren. keine Vorauswahl getroffen, was bei der

Journal für Astronomie Nr. 77 | 21 Doppelsterne

4 Überlagerung von 43 „lucky images“, ausgewählt aus 15.000 5 Speckle-Autokorrelation von Aa-Ac mit 4.492 Einzelbildern der Einzelbildern aus zwei Aufnahmeserien vom 07.07.und 24.07.2019. Serie Alb 1 A+B vom 23.06.2020, 4x4 re-sampled. Norden ist oben, Die Originalbilder wurden vorher 4x4 re-sampled. Osten links.

Menge an Bildern auch kaum praktikabel auffallen, von „unübersichtlich“ (links) bis rung des Bildmaßstabs und der Orientie- wäre. Alle Bilder wurden vorher re-sam- „dominant“ (rechts). Nach Durchführung rung der Kamera zu ermöglichen (s. Abb. pled, um die nominelle Auflösung zu er- der Speckle-Analysen wurde in einigen 3 und 4). höhen und um glattere Intensitätsprofile Serien nach solchen Bildern systematisch zu erhalten. Die Abbildung 2 zeigt drei gesucht, um damit als „lucky images“ nach Nach Gaia DR 2 betrug in 2015,5 der Positi- repräsentative Einzelbilder aus einer Se- Überlagerung direkte Bilder von A-B bzw. onswinkel von A-B 54,04° und der Abstand rie von über 12.000, in denen bestimmte Aa-Ac zu erhalten. Die Ausbeute war relativ 34,59’’, wobei Positionswinkel von Nord Speckle-Paare mehr oder weniger deutlich gering, aber ausreichend, um die Kalibrie- über Ost, Süd und West gezählt werden.

Tabelle 1

Liste der Aufnahmen vom 7.7. bis 25.7.2019

Datum/ Bessel-Jahr lucky imaging mit Aa-B für Kalibration mit Gaia Speckle Korrelation von Aa,Ac Serien-nr. 2019+ Bilder PW/ rho/ Bilder PW/ rho/ Grad arcsec Grad arcsec

7.7./S2 0,518 370 54,04 34,59 9.400 51,4 0,312 9.7./S1 0,532 10.000 52,5 0,317 24.7./S5 0,564 10.100 55,8 0,305 24.7./S6 „ 1.100 53,5 0,32 24.7./S7 „ 10.000 49,1 0,313 24.7./S8 „ 12.500 54,1 0,304 25.7./S10 0,567 4.300 56,8 0,325 Mittelwerte ± s.d. 53,3 ± 2,6 0,314 ± 0,008

Das mittlere Bessel´sche Jahr war 2019,545. Die Anzahl der Bilder, die für die jeweiligen Auswertungen benutzt wurden, ist ebenfalls an- gegeben. Die Serie S2 vom 7.7.2019 wurde für die Kalibrierung der Orientierung (Positionswinkel PW) und des Bildmaßstabs anhand von Gaia-Daten benutzt.

22 | Journal für Astronomie Nr. 77 Doppelsterne

Aus den Gaia-Daten ergab sich ein origi- ausreichend viele gefunden, mit mehr oder son 2019, wobei Letztere ja u. a. mit Berück- naler Bildmaßstab von 0,0081’’/Pixel. Zur weniger isolierten Speckle-Paaren, die in sichtigung unserer Messungen von 2019 Überprüfung unserer Auswerteprozedur der Überlagerung der Speckle-Autokorre- berechnet wurden. Die Grafik macht aber wurden in diesen Serien auch die Speckle- lation entsprachen. Beispiele sind in den auch deutlich, dass noch erhebliche Unsi- Wolken von B analysiert, um nach Arte- Abbildungen 4 und 5 zu sehen. cherheiten bestehen, hauptsächlich weil die fakten zu suchen, ohne allerdings solche zu Streuung und Ungenauigkeit der bisherigen finden. Eine weitere Beobachtungskampagne mit Messdaten sowie der relativ kleine Winkel- neun Aufnahmeserien wurde in der Nacht bereich große Variationen der Orbitberech- Ergebnisse vom 22. auf den 23.06.2020 durchgeführt. nungen zuließen und weil nur ein kleiner Die Abbildung 3 entstand durch Überlage- Ein beispielhaftes Ergebnis zeigt die Ab- Teil der zu erwartenden Bahn überdeckt rung von 211 „lucky images“ aus einer Serie bildung 5 mit der Speckle-Autokorrelation wird. Immerhin konnte durch die neuen von 9.400 Einzelbildern. Sie zeigt alle drei von allen 4.492 Einzelbildern der Serie „Alb Messungen von Scardia et al. von 2017 sowie Komponenten von Albireo: Aa, dicht dane- 1 A+B“. auch durch unsere die Bandbreite der Bahn- ben Ac und weiter entfernt B. Das Seeing elemente ein wenig eingeschränkt werden. war nur mittelmäßig, daher ist der Unter- In den Tabellen 1 und 2 sind alle Aufnah- Allerdings sind wir einer Klärung der Frage, grund etwas diffus. In dem mit einem Pfeil meserien und Auswertungen mit den je- ob das Paar A-B ein echter Doppelstern ist, markierten Inset ist Aa-Ac vierfach ver- weiligen Parametern aufgelistet. Weitfeld- nicht näher gekommen. Die Rolle der Ei- größert dargestellt, während ganz links die Aufnahmen wurden sowohl mit „lucky genbewegungen der Komponenten Aa und Speckle-Autokorrelation mit allen 9.400 imaging“ als auch mit Speckle-Autokor- Ac müsste noch weiter untersucht werden. Bildern der Serie in gleichem Maßstab ge- relation analysiert, die anderen mit Aa-Ac Es kann aber durchaus sein, dass A und B zeigt ist. In beiden Insets sind Abstand und meist nur mit letzterer. physisch gekoppelt sind, dass aber die Bahn Orientierung der „Spots“ praktisch iden- so liegt, dass die Differenz der Eigenbewe- tisch. In den Abbildungen 6 und 7 werden unse- gungen nicht genau genug messbar ist. Wei- re Messungen verglichen mit Bahnbe- tere Messungen an A-B und Aa-Ac in der Die Suche nach „lucky images“ in den Se- rechnungen von verschiedenen Autoren. näheren und ferneren Zukunft sind drin- rien mit jeweils mehreren tausend Bildern Unsere Ergebnisse passen recht gut zu den gend erwünscht. Wir empfehlen, jede Vor- ist mühsam, aber in einigen Fällen wurden Bahndaten von Scardia 2019 und von Ma- stellung von Albireo anlässlich von Sternen-

Tabelle 2

Liste der Aufnahmen vom 23.6.2020

Serien-nr. U.T. lucky imaging mit Aa-B für Kalibration mit Gaia Speckle Korrelation von Aa,Ac Bilder PW/ rho/ Bilder PW/ rho/ Grad arcsec Grad arcsec

Alb 1 A+B 0:25 304 54,04 34,59 4.492 50,2 0,327 Alb 2 A+B 0:27 4.484 54,8 0,317 Alb 3 A+B 0:29 4.414 50,6 0,346 Alb 4 A+B 0:56 4.489 51,8 0,32 Alb 1 AaAc 0:32 12.050 53,9 0,321 Alb 2 AaAc 0:35 12.466 51,4 0,325 Alb 3 AaAc 0:45 12.500 52,1 0,339 Alb 4 AaAc 0:48 12.500 52,4 0,333 Alb 5 AaAc 0:52 12.500 48,9 0,322 Mittelwerte ± s.d. 51,8 ± 1,8 0,328 ± 0,010

Zu den Zeiten wie angegeben, ebenso die Zahlen der für die Analysen benutzten Einzelbilder. Das Bessel´sche Datum war 2020,478. Die Serie Alb 1 A+B wurde außer mit der Speckle-Korrelation auch mit lucky imaging ausgewertet zur Kalibration von Positionswinkel und Maßstab. Sonst wie in Tab. 1.

Journal für Astronomie Nr. 77 | 23 Doppelsterne

6 Vergleich unserer Positionsmessungen (Kreise mit Kreu- zen) mit Bahnberechnungen von Albireo Aa-Ac von verschiede- nen Autoren. Das Kreuz markiert die Position des Hauptsterns Aa. Hier ist Norden unten, Osten rechts, wie in solchen Darstel- lungen üblich. Scardia 2008 bzw. 2019 (magenta bzw. grün) [4, 12 bzw. 6], Roberts & Mason 2018 (cyan) [5, 12] und Mason 2019 (blau) [7]. Für Letztere wurde unser Messwert von 2019 mit berücksichtigt. Rote Kreise sind Daten aus dem „Speckle-Ka- talog“, die Zeiten von 1976 bis 2008 umfassen [11]. Zusätzlich sind auf den Bahnen die Positionen von Ac für 2010, 2020 und 2030 markiert.

Literatur- und Internethinweise [9] J. M. Ohlert, 2013: „Astronomie (geprüft Nov. 2020): Stiftung Trebur“, VdS-Journal für [1] Gaia Archive, 2018: „Data Release Astronomie 47, IV/2013, S. 119 2“, http://gea.esac.esa.int/archive [10] F. Losse: www.astrosurf.com/ [2] U. Bastian, 2018: „Ein schönes hfosaf Paar: Albireo“, Sterne und Weltraum [11] W. I. Hartkopf et al., 2020: “Fourth 4/2018, S. 36 Catalog of Interferometric Measu- [3] U. Bastian, R. Anton, 2018: “The rements of Binary Stars”, U.S. Naval mass of Albireo and the nature of Observatory, Stand August 2020 Albireo AB”, Astron. Astrophys. 620, [12] W. I. Hartkopf et al., 2020: “Sixth L2 Catalog of Orbits of Visual Binary [4] M. Scardia, J.-L. Prieur, L. Pansec- Stars”, U.S. Naval Observatory, chi, R. W. Argyle, M. Sala, S. Basso, Stand August 2020 7 Vergrößerung aus Abb. 6. Die Größe der M. Ghigo, L. Koechlin, E. Aristidi, Symbole für unsere Messungen entspricht 2008: “Speckle observations with etwa den Fehlerbereichen. PISCO in Merate: IV. Astrometric measurements of visual binaries in 2005”, Astronomische Nachrichten führungen mit dem Hinweis zu ergänzen, 329, S. 54 dass wissenschaftlich noch nicht geklärt ist, [5] L. C. Roberts, B. D. Mason, 2018: ob es sich bei Albireo tatsächlich um einen “Astrometric and photometric physischen oder nur um einen scheinbaren measurements of binary stars with Doppelstern handelt. adaptive optics: observations from 2001 to 2006”, Mon. Not. Roy. Danksagung As­tron. Soc. 473, p. 4497 In dieser Arbeit wurden Daten der Gaia- [6] M. Scardia et al., 2019: IAU Com- Satellitenmission benutzt, die vom ESA mission G1, Double Stars Informa- Consortium online zur Verfügung gestellt tion Circular No. 198 werden, ebenso auch Daten der Doppel- [7] B. D. Mason, 2019: United States sternkataloge, die das United States Naval Naval Observatory, private Mitteilung Observatory online bereitstellt. [8] J. M. Ohlert, 1997: „T1T – das Tre- burer 1-m-Teleskop“, VdS-Journal für Astronomie 1997, S. 52

24 | Journal für Astronomie Nr. 77

Doppelsterne

Kastor – Alpha Geminorum – heller Mehrfachstern am Nordhimmel von Wolfgang Vollmann

Eines der allerschönsten Sternsysteme am Himmel ist der zweithellste Stern in den Zwillingen, Kastor = Alpha Geminorum. Schon im kleinen 63-mm-Refraktor ab etwa 50-facher Vergrößerung sind die bei- den hellen weißen Sterne A (1,9 mag) und B (3,0 mag) in derzeit 5,5 Bogensekunden Abstand zu sehen. Ein weiter entfernter rötlicher Begleiter C mit 9,8 mag ist in 70 Bogensekunden Distanz zu erkennen. Das Sternsystem ist 51 Lichtjahre entfernt und jede der drei Komponenten wurde als spek- troskopischer Doppelstern erkannt, der nicht im Fernrohr auflösbar ist. Damit ist Kastor ein Sechsfach-System!

Seit der Entdeckung als Doppelstern vor 300 Jahren (1719 durch Bradley und Pound) wurde noch kein vollständiger Umlauf von Kastor A und B beobachtet. Die aktuellste Bahnberechnung von Do- cobo 2014 [1] gibt eine Umlaufzeit von 460 Jahren mit einem Periastron im Jahr 1958 an. Im Mittel sind Kastor A und B etwa 104 AE (Astronomische Einheiten) voneinan- der entfernt, das entspricht etwa dem Drei- fachen der Entfernung Sonne-Neptun. Die 1 Relative Umlaufbahn von Kastor B bezogen auf A (im Zentrum im Kreuz). Die Bahn ist Bahn ist etwas exzentrisch, die beiden Ster- um 25 Grad gegen die Sichtlinie geneigt, deshalb scheint A nicht im Brennpunkt der Ellipse ne sind im Periastron 71 und im Apastron zu sein, was er natürlich ist. Die Position von B ist für jedes 5. Jahr als Punkt eingezeichnet, 138 AE voneinander entfernt (Abb. 1). Die die Jahre 1950 bis 2050 sind beschriftet. X und Y-Achse sind in Bogensekunden beschriftet. Umlaufzeit von Kastor C um AB liegt in der Bahnelemente aus [1]. Größenordnung von 10.000 Jahren und die Entfernung bei 1.000 AE (knapp eine Licht- woche). stand dazwischen. Nur 17 Jahre nach dem nicht rund (Rayleigh-Kriterium 3,5’’). Als Periastron 1958 betrug die Winkeldistanz Positionswinkel schätzte ich im umkeh- Bei Kastor A und B ist für mich in den letz- der beiden Sterne damals 2,0 Bogense- renden Fernrohr etwa „2 Uhr“, also etwas ten Jahrzehnten die Bahnbewegung sehr kunden. Nach dem Rayleigh-Kriterium südlicher als genau folgend, ca. 120 Grad. deutlich geworden. Als Schüler konnte erscheinen zwei Sterne dann als getrennt, Die Ephemeride gibt 113 Grad an. Die Posi- ich einen guten und stabil montierten Re- wenn sie 138’’/D (in mm) voneinander ent- tionswinkelschätzung war recht einfach, fraktor 80 mm / 880 mm benutzen, der von fernt sind, also 1,7’’ für meinen 80-mm-Re- da das Fernrohr keine motorische Nach- Wilhelm Imre (Franz-Kroller-Sternwarte fraktor. Abgeblendet auf 60 mm mit dem- führung hatte, aber mit Feinbewegung der Traiskirchen) gebaut worden war. Natür- selben Fernrohr konnte ich die beiden Ster- Erdrotation nachgedreht werden konnte. lich probierte ich im Frühjahr 1975, damit ne in Kontakt als „Hantel-Form“ erkennen auch Kastor zu beobachten. Bei 146-facher (Rayleigh-Kriterium 2,3’’). Selbst bei nur Im Jahr 2005 wiederholte ich die Beobach- Vergrößerung waren die beiden Sterne A 40 mm Öffnung erschien Kastor zwar nicht tung mit demselben Fernrohr. In den 30 und B sehr schön getrennt, mit etwas Ab- getrennt, aber eindeutig etwas länglich und Jahren Zwischenzeit war durch den Bahn-

26 | Journal für Astronomie Nr. 77 Doppelsterne

2 Vergleich der Messungen mit dem Microguide-Okular mit der Ephemeride aus den Bahnelementen [1]. Die Messungen erfolgten mit einem Refraktor 130 mm / 1.040 mm mit 5x-Barlowlinse bei 400-facher Vergrößerung. Die Messungen aus den einzelnen Jahren sind aus mehreren Nächten gemittelt. Rot ist die vollständige Übereinstimmung mit der Ephemeride eingezeichnet, blau die Messungen. Dies erlaubt eine Ab- schätzung der Messungenauigkeit.

umlauf die Winkeldistanz auf 4,3 Bogense- tet. Mein Respekt für die Doppelstern- kunden angewachsen, der Positionswinkel Astronomen früherer Jahrhunderte, deren hatte auf 61 Grad abgenommen. Nun war Messungen die Grundlagen für die Mas- es auch bei 60 mm und auch bei 40 mm ab- senbestimmung der Sterne legten, ist da- geblendeter Öffnung leicht, Kastor A und durch noch mehr gewachsen. B getrennt zu sehen. B stand jetzt in der „4 Uhr“-Position, also etwas nördlicher als folgend. Literatur- und Internethinweise Es macht mir auch immer wieder Freude, (geprüft Dez. 2020): mit einem Baader-Microguide-Okular den [1] J. A. Docobo et al., 2014: Inf. Circ. Winkelabstand und den Positionswinkel 184, 1, Oct. 2014, www.usc.gal/ zu messen. Früher wurde ein solches Oku- astro/circulares/cir184.pdf lar zum Nachführen von lang belichteten [2] R. W. Argyle, 2012: “Observing and Fotos verwendet und es ist immer noch am Measuring Visual Double Stars”, Gebrauchtmarkt erhältlich. Die Technik Springer Verlag ist in [2] und [3] gut beschrieben. Obwohl [3] W. Vollmann, 2014: „Zusammenstel- die visuelle Messung mit dem Mess-Oku- lung von Beiträgen im VdS-Journal lar zeitaufwändig und nicht so genau wie für Astronomie“, http://members.aon. die neueren elektronischen Verfahren mit at/wolfgang.vollmann/ds/ds3web. CCD bzw. CMOS-Kamera ist, mache ich pdf das gerne. Hinter dem Fernrohr zu sitzen [4] C. Julio: „Größenverhältnisse im und mehrmals über eine Stunde hinweg Kastor-System“, Infografik „ – einen Doppelstern selbst zu sehen und zu the 6-star system“ in: https://www.jpl. messen ist ein schönes Erlebnis, das eine nasa.gov/infographics/infographic. Computerbildschirm-Messung nicht bie- view.php?id=10884

Journal für Astronomie Nr. 77 | 27 Doppelsterne

25 Jahre Doppelsternmessungen mit Spiegelteleskopen von Andreas Alzner

Doppelsterne beobachte ich seit dem 2. Juli 1 Doppelbildmikrometer nach 1968. An diesem Abend richtete ich mein Bernard Lyot, hier mit einem 10 mm 16x50-Fernglas auf den südlichen Schwan Zeiss-Ortho-Okular. In der Box befindet und sah ein orange-blau leuchtendes Paar: sich die um zwei Achsen drehbare natürlich Albireo – Beta Cygni, einer der Kalkspatplatte. Rechts: Drehrad für bekanntesten Vertreter seiner Klasse. Und Winkeleinstellung: rotiert die Box um die ein absolutes Anfängerobjekt – oder mehr? Winkelskala. Links: Drehrad für Distanzein- Interessanterweise bietet Albireo auch stellung: rotiert die Kalkspatplatte unter dem heutzutage noch Ungeklärtes: So ist die Okular. Eine Einstellung von ±10 entspricht am physische Zusammengehörigkeit des wei- 325-mm-Cassegrain (f/19) einer Distanz von ten Paares keineswegs gesichert [1], und 0,83’’. (Bild: A. Alzner) 1976 entdeckte McAlister mittels Speckle- Interferometrie an einem 2,1-m-Teleskop einen 5,2 mag hellen Begleiter des 3,4 mag stand einnahmen. Für diesen Fehlschlag 2,5’’) und im darauffolgenden Winter und hellen Hauptsternes. Für dieses Paar, wel- war nicht der kleine Newton verantwort- Frühjahr auch die weiteren, langjährigen ches für Amateure eine echte Herausforde- lich, sondern schlicht mangelnde Übung Wunschobjekte Zeta Orionis (STF 774, rung darstellt (Wolf Bickel hat es an einem des Beobachters – man muss sich erst mal mA = 1,9 mag, mB = 3,7 mag, 2,4’’), Theta 0,6-m-Cassegrain geschafft [2]), berechne- einsehen, um in einem unruhigen Beu- Aurigae (STT 545, mA = 2,6 mag, mB = 7,2 te der Doppelsternastronom Marco Scardia gungsbild zweier ungewohnt heller Sterne mag, ca. 3,5’’) und Zeta Herculis (mA = 2,9 kürzlich eine Bahn mit einer Umlaufzeit mit ca. 2 Bogensekunden Abstand bei meist mag, mB = 5,5 mag, 1,6’’) einwandfrei tren- von 120,3 Jahren [3]. mäßigem Seeing die Duplizität zu verifizie- nen – sollten kleine Refraktoren, wie so oft ren. Nach dieser frustrierenden Erfahrung behauptet, auch deutlich größeren Spiegeln Aber zurück zu den Anfängen meiner Dop- war mein Traum ein 108-mm-Refraktor bei Doppelsternen überlegen sein? pelsternbeobachtungen: ab 1968 kam ein (f/15) von Tasco („Observatory Refractor 4,5-Zoll-Kaufhaus-Newton auf parallakti- for the professional“), der für den Schüler Dann kam 1989/90 die Wende und ich ließ scher Montierung zum Einsatz. Das Prob- angesichts eines Preises von 999,95 US$ un- bei Zeiss Jena einen großen Parabolspiegel lem war weniger der Hauptspiegel, sondern erreichbar blieb. nachschleifen. Bei dieser Gelegenheit bot die zwei mitgelieferten Okulare: ein 1 Zoll mir der Mitarbeiter Peter Große zusätzlich Kellner mit 20 mm Brennweite (45-fach) Nach einer Pause von rund 10 Jahren von eine neue 360-mm-Newton-Optik an. Ur- und ein weiteres 1 Zoll Kellner mit 6 mm 1975 bis 1985 erwachte mein Interesse an sprünglich für allgemeine Deep-Sky-Beob- Brennweite (150-fach), wobei Letzteres den der Astronomie erneut (Halley war im achtungen geplant, erwies sich dieser New- eigentlichen Schwachpunkt darstellte, v. a. Anmarsch!) und ich erstand einen 6-Zoll- ton als sehr geeignet für Doppelsternbeob- was das Einblickverhalten betraf. Newton (f/5), kurze Zeit später einen achtungen. Nach ca. 720 Messungen enger 8-Zoll-Newton (f/4,5). Gut für Gasnebelbe- Paare zwischen 0,3’’ und ca. 2,0’’ von 1993 Als engstes Paar konnte ich 1969 immerhin obachtungen mit den neu aufgekommenen bis 1996 an dieser Optik ging die Planung Zeta Bootis (STF 1865) auflösen, der sich Nebelfiltern – aber noch nicht gut genug für weiter: Nun sollte es ein Teleskop speziell damals günstig für Amateure noch nicht Doppelsterne. Es sollte um mehr gehen als für visuelle Doppelsternmessungen werden. weit vom Apastron entfernt hatte (ca. 1,2’’ um Standardobjekte wie der nun zugängli- Der Newton schied dafür aus Platzgründen Abstand). cher gewordene Kastor oder Epsilon Lyrae. aus, da das Instrument stationär in einer 1988 bot mir Dieter Lichtenknecker aus sei- kompakten Hütte aufgestellt werden sollte. Was hingegen Ende der 60er-Jahre im klei- nem persönlichen Besitz einen sehr guten nen Newton überraschenderweise nicht 125-mm-Refraktor mit f/6 an (verkitteter Peter Große – die Sektion für Amateur- ging, war der berühmte Kastor (Alpha Gem Achromat, bestes Objektiv einer Serie). Ich astronomie in Jena hatte mittlerweile das = STF 1110) mit Periastron 1958, dessen griff nach einigem Überlegen zu und konn- Geschäft aufgegeben – fertigte mir 1996 Komponenten 1969 ca. 1,9 Bogensekun- te im Sommer 1988 erstmals Delta Cygni die Optik für einen 325-mm-Cassegrain den und damit praktisch minimalen Ab- (STF 2579, mA = 2,9 mag, mB = 6,3 mag, (f/19) an – ein sehr spezielles Teleskop mit

28 | Journal für Astronomie Nr. 77 Doppelsterne

einem 6-fach verlängernden Gegenspiegel, welches oben mit einer planparallelen Glas- platte verschlossen ist. Diese trägt den Ge- genspiegel und macht das System deutlich weniger anfällig für lokale Turbulenzen.

Als Mikrometer für enge Paare, neben den Winkeln sollten die Distanzen mit einer Genauigkeit von ca. 0,03’’ bis 0,04’’ gemes- sen werden, schien mir ein Doppelbildmik- rometer nach Bernard Lyot aus Frankreich geeignet (Abb. 1). Glücklicherweise erstand 2 Bahnen für HU 39. Schwarz: Rechnung von 1998, blau: Rechnung von 2020. Blaugrüne ich das letzte Exemplar einer Serie von 20 Kreuze: visuelle Messungen. Blaue, gefüllte Kreise: Speckle-Messungen. Grüne Linien verbin- Stück. Dankenswerterweise hatte Edgar den Messpunkte mit berechneten Positionen der Bahn von 1998, hellblaue Linien verbinden Soulie von der französischen Doppel- Messpunkte zu berechneten Positionen der Bahn von 2020. Die beiden Komponenten sind sterngesellschaft von der kleinen Auflage Hauptreihensterne vom Spektraltyp G0. Grafik aus [7], durch A. Alzner modifiziert. dieses Mikrometers einige Jahre zuvor in der Zeitschrift „Sterne und Weltraum“ be- richtet. Allerdings erfordert dieser Typ ein brechung von 2 Jahren) bislang ca. 3.000 Genauigkeit eines Messverfahrens stellen Öffnungsverhältnis von ca. 1:20 oder lang- Mikrometermessungen erzielt, praktisch sich oft systematische Fehler als eigentli- samer (das notfalls auch mittels einer Bar- ausschließlich an physischen Systemen, die ches Problem heraus. lowlinse erzielt werden kann). Dieses Mik- auch Bahnbewegung zeigen, so dass nun rometer enthält als optisches Element eine Messungen am Newton und am Cassegrain Alle Messungen wurden in Astronomy and um zwei Achsen drehbare Kalkspatplatte. aus 25 Jahren zusammengekommen sind. Astrophysics Suppl. Series 1998 [4] bzw. Hierbei handelt es sich um ein doppelbre- Zur Genauigkeit der Messungen: später in den Zirkularen der Webb Deep- chendes Einkristall, welches bei Drehung Sky Society veröffentlicht [5] und fanden gegen die optische Achse die Sternbilder in Die mittleren Messfehler der Winkel Eingang im Washington Double Star Cata- einen ordentlichen und einen außerordent- hängen natürlich von der Distanz ab: log (WDS), der von Brian Mason (U. S. Na- lichen Strahl aufspaltet. Ein Doppelstern – Abstände < 0,5’’: ± 3,2 Grad val Observatory) unterhalten wird. erzeugt also 4 Bilder, und diese bringt man – Abstände 0,5’’ bis 1,0’’: ± 1,9 Grad in eine gut beurteilbare Konfiguration, z. B. – Abstände 1,0’’ bis 2,0’’: ± 1,2 Grad Neben der praktischen Beobachtung er- auf eine Gerade in gleichen Abständen. Die – Abstände > 2,0’’: ± 0,6 Grad wachte mein Interesse für die Bahnbe- Bildaufspaltung ist der Drehung nicht pro- – Messfehler der Distanzen: ca. ± 0,035’’ rechnung. Ich hatte Glück und fand einen portional, d. h. die Reduktion der Messung Mentor: Wulff Heintz vom Swarthmore erfolgt mittels Formel und Programm. Bei hellen Paaren mit etwa gleich hellen College. Prof. Heintz ist sicher noch vielen Komponenten ist die Genauigkeit oft besser, Sternfreunden bekannt durch zahlreiche Die Reichweite des Mikrometers ist gegen- bei solchen mit großem Helligkeitsunter- Bahnlösungen, deren Parameter im Sky über anderen Verfahren wegen der Auf- schied entsprechend schlechter. Die Werte Catalogue 2000.0 abgedruckt wurden, viele spaltung in Doppelbilder etwas reduziert, gelten für Mittelwerte, die aus Messungen Jahre meine wichtigste Quelle für Doppel- andererseits stören Nachführungsschwan- in 2 bis 3 Nächten gewonnen wurden. Sie sterndaten. Neben weniger bekannten ca. kungen des Teleskops wesentlich weniger. wurden abgeleitet aus Doppelsternen mit 25 Paaren berechnete ich u. a. neue Bahnen Der 325-mm-Cassegrain steht in einer be- recht genau bekannten Elementen oder aus für Beta Delphini (BU151) und Zeta Bootis scheidenen Holzhütte aus dem Baumarkt Paaren, für die zum gleichen Zeitpunkt ge- (STF1865), die beide allerdings mittlerwei- auf einer sehr soliden Alt-Montierung messene Werte an sehr großen Teleskopen le wegen neuerer, genauerer Speckle-Mes- und hat sich bis heute bewährt. Ich habe vorliegen. Bei letzteren Vergleichen ist Vor- sungen revidiert worden sind. damit von 1996 bis 2020 (mit einer Unter- sicht geboten: bei einer hohen intrinsischen

Journal für Astronomie Nr. 77 | 29 Doppelsterne

3 Die Bahn von STF 787, Rechnung von Henry Zirm. Grafik aus [7].

nenten den nahezu gen [8]. Als ich 1993 mit den Messungen maximal möglichen startete, schien mir das Doppelbildmikro- Abstand von 0,33’’ meter leistungsfähiger als die den Amateu- einnahmen. ren damals zur Verfügung stehenden digi- talen Verfahren, da es ja nur um die beiden Was aber ist aus dem Messparameter Winkel und Abstand geht. ursprünglichen Ziel Zusätzlich sollte man zur Absicherung des STF 787 geworden? Quadranten immer den Helligkeitsunter- Auch für diesen Stern schied abschätzen. liegt mittlerweile ei- Im Folgenden soll es um die Beobachtung ne Bahnbestimmung vor, die Henry Zirm Danksagung bzw. Messung zweier nahe beieinanderste- 2014 vorgelegt hat [7]. In diesem Falle geht Dieser Beitrag hat Daten des Washington hender Doppelsterne und den darauffol- es um ein relativ langperiodisches Paar mit Double Star Catalog vom U.S. Naval Obser- genden Ereignissen gehen. Am 6. Dezem- einer Periode von ca. 900 Jahren. Henry hat vatory verwendet. ber 1994 unterlief mir bei der erstmaligen schon viele solcher „Orbits“ gerechnet und Aufsuche des langperiodischen Paares STF große Erfahrung damit: die Kunst besteht 787 (5h 46,0min, +21° 19’) eine Fehlidentifi- darin, an einen Datensatz sehr heterogener zierung: Statt des Struve-Paares war mir der Messungen mit unterschiedlich großen nur ca. 40 Bogenminuten entfernt stehende Messfehlern einen Bahnbogen geringer Literatur- und Internethinweise: Doppelstern Hussey 39 (= HU 39 = ADS Krümmung so anzupassen, dass einerseits [1] U. Bastian, 2019: „Doppelsterne – ein 4373, 5h 47,2min, +21° 53’) ins Feld geraten die Gesamtsumme der Fehlerquadrate schönes Paar“, Sterne und Weltraum [6]. Den Fehler erkannte ich kurze Zeit spä- (Fehler = beobachtete Position minus be- 4/2019, S. 36-44 ter, da meine erste Messung an HU 39 in- rechneter Wert) minimal wird, andererseits [2] W. Bickel, 2020: „Ein Farbfoto mit kompatibel war mit den vorherigen an STF die aus der Bahn berechnete, dynamische dem Stern Albireo Ac“, Sterne und 787. In den nächsten Wochen gewann ich Parallaxe ungefähr mit der von Hipparcos Weltraum 3/2020, S. 6 Messpunkte an beiden Paaren. oder Gaia gemessenen Parallaxe überein- [3] IAU, Commission G1 (Binary and stimmt. Multiple Star Systems), 2019: “New Die Gesamtheit der bisher erzielten Mes- Orbits”, Double Stars Information sungen des Hussey-Paares im Zeitraum Man sieht im Falle von STF 787 (Abb. 3), Circular No. 198 (June 2019) 1900 bis 1994, die mir Brian Mason zur dass der Abstand langsam, aber stetig klei- [4] A. Alzner, 1998: “Measurements of Verfügung stellte, zeigte dann, dass es sich ner wird – noch ist das Paar in Reichweite double stars 1993.67-1998.13”, um einen relativ kurzperiodischen Doppel- moderater Öffnungen von ca. 10 Zoll – ich Astron. Astrophys. Suppl. Ser. 132, stern mit einer Periode von knapp 50 Jah- habe es für den nächsten Winter auf die Be- p. 237-252 ren handelte. 1998 habe ich daher eine erste obachtungsliste gesetzt, nachdem meine [5] The Webb Deep-Sky Society, www. Bahn veröffentlicht. Diese habe ich 22 Jahre letzte Messung bereits 20 Jahre zurückliegt webbdeepsky.com/double-stars/ später revidiert, wobei die Änderungen re- [4]. double-star-section-circulars lativ gering ausfielen. Die Grafik (Abb. 2) [6] A. Alzner, 1996: „Der Doppelstern aus dem aktuellen WDS-Bahnkatalog zeigt Wer in das Thema „Doppelsternmessun- Hussey 39 = ADS 4373 – Taurus“, In- die neue Rechnung [7]. gen“ einsteigen möchte, sollte ein Teleskop terstellarum 6, Feb-Apr 1996, S. 22-23 nicht unter ca. 10 Zoll Öffnung einsetzen – [7] Sixth Catalog of Orbits of Visual Bina- Das Paar ist meist so eng, dass sehr große zu sehr ist die Auswahl interessanter Objek- ry Stars, Orbital Elements: www.astro. Öffnungen für Messungen erforderlich te sonst begrenzt. Die Qual der Wahl liegt gsu.edu/wds/orb6/orb6orbits.html sind (W. J. Hussey hat seine Entdeckung mit beim Beobachter, welche Technik er an- [8] R. W. Argyle (Ed.), 2012: “Observing dem 36-Zoll-Lick-Refraktor gemacht). Zu wendet: „old fashioned“ Mikrometerarbeit, and Measuring Visual Double Stars“, der Zeit meiner ersten, zufälligen Beobach- oder mehr zeitgemäß CCD-Messungen Springer, New York, Heidelberg, Dord- tung hatte ich großes Glück, da die Kompo- („lucky imaging“) oder Speckle-Messun- recht, London, ISBN 978-1-4614-3944-8

30 | Journal für Astronomie Nr. 77 Doppelsterne

Die Radialgeschwindigkeiten der Doppelsterne α Centauri und α Aurigae (Capella)

– Ein Vergleich von Messung und Berechnung von Frank Theede und Rainer Anton

Ein besonderes Interesse an physischen Beispiele: α Centauri und Ca- Doppelsternen begründet sich auf der pella (α Aurigae). Für diese bei- Möglichkeit, bei Kenntnis der Umlaufbah- den Sterne gibt es umfangreiche nen mit Hilfe der Keplerschen Gesetze die Fachliteratur, und die Bahnele- Sternmassen berechnen zu können. Dies ist mente sind sehr genau bekannt. die einzige direkte Methode und von gro- ßer Bedeutung für die Astrophysik. Orbitparameter Für die Berechnung der Bahn Bei visuellen Doppelsternen erfolgt die und der Ephemeriden werden Bahnbestimmung astrometrisch durch sys- insgesamt sieben Parameter be- tematische Messungen der relativen Posi- nötigt. tionen der Komponenten und Analyse der Bewegungen. Daraus ergeben sich außer Die ersten vier charakterisieren den Bahnelementen, die die Größe, Form die wahre Bahn: und Lage der Bahn im Raum beschreiben, P die Umlaufperiode, 1 Überlagerung von sechs Aufnahmen von α Cen AB auch das Massenverhältnis der Komponen- z. B. in Jahren, aus 12 Jahren zur Illustration der Bahnbewegung am ten, und wenn dann noch die Entfernung T die Epoche des Periastron- Himmel. Schärfe und Auflösung variieren durch Teleskop des Systems bekannt ist, sogar deren Einzel- Durchgangs, und Seeing. massen. e die numerische Exzentrizität, a die halbe Hauptachse, Bei engen Paaren, die optisch nicht getrennt z. B. in Bogensekunden. Anomalie“) und im Abstand r vom Haupt- werden können, kann die Spektroskopie zu stern (Brennpunkt der Ellipse). Dann fin- Hilfe kommen: eine periodische Bahnbe- Wenn die Entfernung des Systems bekannt det man nach etwas Trigonometrie für die wegung verrät sich durch entsprechende ist, kann man auch die jeweiligen Abstän- z-Koordinate auf der Sichtlinie die Bezie- Linienverschiebungen, die als Doppler-Ef- de der Komponenten vom gemeinsamen hung: fekt durch variable Radialgeschwindigkei- Schwerpunkt und damit auch die Einzel- z = r ∙ sin ( ν + ω ) ∙ sin ( i ) ten gedeutet werden. Man spricht dann von massen ermitteln. Das Differential dieser Gleichung nach

„spektroskopischen Doppelsternen“. Auch der Zeit ist die Radialgeschwindigkeit Vrad. für diese können bis auf die Bahnneigung Drei weitere Elemente beschreiben Nach einiger Rechnung erhält man für die die Bahnelemente bestimmt werden. Abge- die Orientierung der Bahn im Raum: Komponenten A und B die folgenden Aus- sehen davon kann die Analyse der Radial- Ω der Positionswinkel des aufsteigenden drücke: geschwindigkeiten auch zur Bestätigung Knotens in der Ebene der scheinbaren oder Verbesserung von astrometrisch be- Bahn (wird hier nicht benötigt), stimmten Bahnparametern dienen, und i die Bahnneigung, d. h. der Winkel zwi- Zur Berechnung der Radialgeschwindig- zur Darstellung der Bahn im dreidimensio- schen wahrer und scheinbarer Bahn, keit als Funktion der Zeit ist die wahre Ano­ nalen Raum beitragen. ω das Argument des Periastrons, d. h. der malie ν = ν (t) zu bestimmen, wozu die be- Winkel zwischen Periastron und Kno- rühmte Keplersche Gleichung iterativ ge- Um die durch eigene Messungen spektro- tenlinie in der wahren Bahnebene. löst werden muss. Dazu und zu geeigneten skopisch bestimmten Radialgeschwindig- Näherungsverfahren gibt es umfangreiche keiten mit denen der Literatur vergleichen Die Radialgeschwindigkeit ergibt sich aus Literatur, z. B. [1]. Im hier beschriebenen zu können, wurde ein Programm erstellt, der Bewegung in der Sichtlinie, die meist als Programm wird das dort auf Seite 129 be- mit dem Radialgeschwindigkeiten anhand z-Richtung bezeichnet wird. Der Begleit- schriebene Newton-Verfahren verwendet. von bekannten Bahnelementen berechnet stern befinde sich auf seiner Bahn im Win- Dabei genügen meist nur wenige Iterations- werden können. Zum Testen dienen zwei kelabstand ν vom Periastron (die „wahre schritte für eine ausreichende Genauigkeit.

Journal für Astronomie Nr. 77 | 31 Doppelsterne

2 Berechnete Radialgeschwindigkeiten der Komponenten A und 3 Berechnete (Kurven) und gemessene (grüne Symbole mit B von α Cen während einer Umlaufperiode (≈ 80 Jahre). Zusätzlich Fehlerbalken) Radialgeschwindigkeiten von α Aur AB während sind eigene Messwerte aus den Jahren 2014 bis 2019 eingezeichnet einer Umlaufperiode. (Symbole mit Fehlerbalken).

Absolute Zahlen, z. B. in km/s, erhält man, System mit den Spalten „Zeitpunkt : Vrad,A vom Begleiter zu erkennen sind, obwohl wenn außer den Konstanten auch die hal- / (km/s) : Vrad,B / (km/s)“ zur weiteren Ver- er mit 0,76 mag sogar etwas heller ist. Sehr ben Hauptachsen aA und aB der jeweiligen arbeitung wie im Kasten oben rechts dar- genaue Bahnelemente wurden in 2011 von Ellipsen im absoluten Maßstab bekannt gestellt in eine Datei gespeichert. Weber und Strassmeier veröffentlicht [4]. sind. Man sieht sofort, dass das Verhältnis der Radialgeschwindigkeiten der Kom- Programmtests Die Abbildung 1 ist eine Überlagerung von ponenten dem der jeweiligen Achsenab- Zum Testen des Programms boten sich zwei eigenen Aufnahmen von α Centauri AB, die schnitte entspricht, was wiederum im um- interessante Doppelsternsysteme an: α Cen- mit verschiedenen Teleskopen (mit 28 cm gekehrten Verhältnis zu den Massen steht. tauri und Capella, für die sehr genaue Bahn- bis 50 cm Öffnung) der „Internationalen parameter und absolute Dimensionen vor- Amateur Sternwarte“ (https://iasev.de/) Programmbeschreibung liegen, die in der Tabelle 1 aufgelistet sind. in den Jahren 2007 bis 2019 entstanden Das selbst geschriebene Python-Programm sind. Sie wurden zentriert auf die Kompo- „RadialVelocity“ bietet dem Anwender Alpha Centauri ist ein auffälliger visueller nente A, so dass man die Bahnbewegung eine einfache Benutzeroberfläche zur Ver- Doppelstern, der schon mit kleinen Teles- am Himmel gut nachvollziehen kann. waltung der Doppelsternsysteme und kopen gut getrennt werden kann. In Kata- Steuerung der Berechnungen. Die Bahn- logen wird er oft als RHD 1 AB verzeichnet. Die Abbildung 2 zeigt die Radialgeschwin- elemente des Doppelsternsystems können Die Helligkeiten der Komponenten sind digkeiten der beiden Komponenten, be- eingegeben, gespeichert und wieder gela- 0,01 und 1,33 mag. Die Umlaufperiode be- rechnet für einen Zeitraum, der etwas mehr den werden. Die Speicherung erfolgt in ei- trägt 79,9 Jahre. Das System ist bei einer als eine Periode umfasst (Periastron-Durch- ner Text-Datei, so dass die Werte auch über Entfernung von 4,34 Lj unser nächster gänge sind bei den rot angegebenen Zeiten), einen Texteditor oder z. B. MS Excel einge- Nachbar und dementsprechend intensiv mit dem oben beschriebenen Programm geben werden können. Dies erleichtert die untersucht worden. Die neueste Bahnbe- und mit den Parametern von Pourbaix et Eingabe weiterer Systeme. In einem ande- stimmung stammt von Pourbaix und Bof- al., wie sie in der Tabelle angegeben sind ren Bereich werden die Parameter für die fin von 2016 [3]. [2]. Dabei wurden die halben Hauptachsen Berechnung angeben: Start- und Endzeit- aA und aB anhand der Parallaxe von 743 punkt in Jahren, wobei Jahresbruchteile als Capella (α Aurigae) ist einer der bestbe- mas (Millibogensekunden), entsprechend Dezimale einzugeben sind, die gewünschte kannten spektroskopischen Doppelsterne. einer Entfernung des Systems von 1,35 pc, Schrittweite für die Berechnungszeitpunk- Die Umlaufperiode beträgt 104 Tage. Lange und mit dem Massenverhältnis von 1,333 : te und die Anzahl der gewünschten Nach- Zeit konnte er teleskopisch nicht getrennt 0,972 (Sonnenmassen) angenommen. Alle kommastellen für die Ausgabe der Radial- werden, was aber vor einigen Jahren mit Geschwindigkeiten sind negativ, das heißt, geschwindigkeiten. Die Ergebnisse werden der „Long Baseline Interferometry“ doch die Komponenten bewegen sich zu jedem zum einen auf der Konsole ausgegeben, gelang. Im Spektrum sieht man im Wesent- Zeitpunkt auf uns zu, und zurzeit B schnel- zum anderen in etwas abgewandelter Form lichen die Linien vom Hauptstern mit der ler als A. Also liegt B von uns aus gesehen inklusive Informationen zum berechneten Helligkeit 0,91 mag, während kaum Linien zurzeit hinter A und wird erst um 2045 in

32 | Journal für Astronomie Nr. 77 Doppelsterne

Dateiinhalt zur Eingabe von Daten für das Python-Programm „RadialVelocity“ (Beispiel)

Berechnung Radialgeschwindigkeiten System = alpha Centauri AB den Vordergrund rücken. Die horizontale eigene spektroskopische Messungen einge- a1 = 3.9e+09 Linie, gegeben durch die Schnittpunkte der zeichnet. Mit Letzteren konnten allerdings a2 = 3.2e+09 Kurven, gibt die Systemgeschwindigkeit an, nur Linienverschiebungen der dominanten i = 79.32 d. h. die Radialgeschwindigkeit des Schwer- Komponente A bestimmt werden. Dabei P = 79.91 punkts (- 22,4 km/s). Die darauf bezogenen variieren die Fehler zwischen ± 3 und ± 7 e = 0.524 Halbamplituden der Kurven unterscheiden km/s, je nach Seeing. Der Vergleich der omega = 204.75 sich für A und B um das Massenverhältnis. Kurven mit den Daten von [4] ergibt prak- Tp = 1955.66 Da A schwerer ist als B, ist die Geschwin- tisch exakte Übereinstimmung (aber die w = 232.3 digkeit entsprechend kleiner. Messungen von [4] waren natürlich erheb- #################### lich genauer!). 1965.0000 : 6.6117 : 5.4250 Die etwas eigenartige Kurvenform beruht 1966.0000 : 7.0015 : 5.7448 auf der großen Exzentrizität und Lage der Alle Geschwindigkeiten sind positiv, und 1967.0000 : 7.2734 : 5.9679 Bahn im Raum. Die Maxima der Radial- das System bewegt sich mit 30 km/s von uns 1968.0000 : 7.4538 : 6.1159 geschwindigkeiten fallen nicht genau zu- weg. Die Kurven für A und B sind sinusför- sammen mit den Periastron-Durchgängen. mig, was an der extrem kleinen Exzentrizi- Der Vergleich mit Kurvendarstellungen tät der Umlaufbahn liegt. Die Amplituden von Pourbaix et al. aus 2002 und 2016 [2, 3] sind fast gleich: die von A ist geringfügig Literaturhinweise: zeigt praktisch perfekte Übereinstimmung. kleiner als die von B, entsprechend den [1] A. Guthmann, 1994: „Einführung in Zusätzlich sind noch einige eigene Mess- Massen von 2,57 bzw. 2,49 Sonnenmassen die Himmelsmechanik und Epheme- werte eingetragen, die mit einem Eigenbau- (nach [4]). ridenrechnung“, BI Wissenschaftsver- Spektrografen bei einer Auflösung R = λ/Δλ lag von etwa 20.000 aus Linienverschiebungen Schlussbemerkung [2] D. Pourbaix et al., 2002: «Constrai- im Bereich der Hα-Linie der beiden Kom- Das hier vorgestellte Programm erlaubt die ning the Difference in Convective ponenten (nach heliozentrischer Korrek- Berechnung von Radialgeschwindigkeiten Blueshift between the components tur) gewonnen wurden. Der mittlere Fehler von Doppelsternsystemen anhand bekann- of α Centauri with precise radial velo- beträgt um die ± 1,5 km/s. (Die Messungen ter Bahnelemente und damit den Vergleich cities», Astron. Astrophys. 386, der Radialgeschwindigkeiten von Pourbaix mit Messungen. Das verwendete Iterations- p. 280-285 et al. waren natürlich erheblich genauer!) verfahren zur Lösung des Kepler-Problems [3] D. Pourbaix, H. M. J. Boffin, 2016 : ist, wie der Vergleich mit den Messungen «Parallax and masses of α Centauri Ganz andere Verläufe nehmen die Radial- zeigt, für die numerische Exzentrizität bei- revisited», Astron. Astrophys. 586, geschwindigkeiten der beiden Komponen- der Sternsysteme hinreichend. Für andere A90 ten A und B von Capella. Dies ist in der Systeme mit „pathologischeren“ Bahnpara- [4] M. Weber, K. G. Strassmeier, 2011 : Abbildung 3 für eine Umlaufphase (≈ 104 metern ist gegebenenfalls ein anderes, ge- «The spectroscopic orbit of Capella Tage) von Periastron zu Periastron (bei den eigneteres Näherungsverfahren zu wählen. revisited», Astron. Astrophys. 531, Phasen 0 und 1) gezeigt. Zusätzlich sind A89

Tabelle 1

Hier verwendete Bahnelemente für α Centauri und Capella nach Pourbaix und Boffin [3] bzw. Weber und Strassmeier [4]

System Periode T0 / J e a / arcsec aA / km aB / km i / Grad ω / Grad α Cen 79,9 Jahre 1955,66 0,524 17,66 3,2x109 3,9x109 79,32 232,3 α Aur 104,02 Tage 2007,789 8,7x10-4 - 54,66x106 56,52x106 137,2 345

Die Werte der halben Hauptachsen aA und aB wurden für α Cen aus der Parallaxe berechnet.

Journal für Astronomie Nr. 77 | 33 Amateurteleskope / Selbstbau

Bau einer Kühlung für die Planetenkamera ZWO ASI178 von Harald Kaiser

Vor längerer Zeit hatte ich mir zu Experi- mentierzwecken ein 12-V-Peltierelement mit zwei montierten Lüftern gekauft. Die Kosten waren mit ca. 16 Euro sehr über- schaubar. Ich erinnerte mich daran und der Gedanke war geboren: Warum nicht meiner Planetenkamera eine Kühlung ver- passen? Die ersten Überlegungen gingen in die Richtung, was kaputt gehen könnte und welche Eingriffe nötig wären. Fallen Fol- gekosten an, so dass sich alles nicht lohnt? Als dann beide Baugruppen - Kamera und Peltierelement - vor mir lagen, war schnell klar: Einen Versuch ist es allemal wert.

Erster Grund zur Freude war die Passge- 1 Kamera mit montiertem Peltierelement und Heizmanschette nauigkeit von Kamera und Peltierelement. Die ungekühlten ASI-Kameras haben kei- ne Anschlüsse auf der Rückseite, Datenka- bel und Anschluss für Autoguiding liegen seitlich. Außerdem besitzt zumindest die ASI178 auf der Rückseite vier Gewinde- bohrungen. Damit war klar, dass keine Eingriffe an der Kamera nötig waren. Zu- erst entfernte ich den großen Lüfter am Pel- tierelement. Er sorgt für die warme Abluft. Auch den kleinen Lüfter nebst Kühlkörper, der die kalte Luft abblasen sollte, konnte ich entfernen. Die Konstruktion habe ich bei Ebay gefunden, sie ist aus Fernost. Sie war tatsächlich als Kleintierlüfter für heiße Tage 2 Anordnung der Widerstände in der Heizmanschette vorgeschlagen worden. Zu meiner großen Freude waren die Schrauben des kleinen Lüfters sowie der Schraubenabstand abso- tung aushalten (Abb. 1). Von den derzeit temperatur war hier 22 °C. Die Sensortem- lut passgenau zu den Gewindebohrungen üblichen Hohlsteckern, wie sie an Kameras peratur bewegte sich langsam gegen 5 °C. auf der Rückseite meiner Kamera. Wär- und anderem Zubehör verwendet werden, Damit war ich schon sehr zufrieden. Eine meleitpaste, die ich weiter verwendet habe, habe ich abgesehen. Die Wackelrate damit Temperaturabsenkung um 17 °C habe ich war noch auf dem Peltierelement und auch ist beträchtlich. Ich bin auf Chinchstecker nicht erwartet. Ich befürchtete aber Proble- etwas am Kühlkörper des kleinen Lüfters. umgestiegen und habe auch andere Bau- me in der Praxis: Damit waren die Kamera und das Peltier- teile bei mir schon umgerüstet. Die Stecker 1. Die Kamera hat keine Trockenkammer. element sofort zu verschrauben. Jetzt nur sind Standard im Radio-Elektronikbereich. Wie lange würde es dauern, bis das dem noch den großen Lüfter wieder aufsetzen, Jetzt konnte die Stromaufnahme getestet Sensor vorgebaute Glas-/IR-Filter be- verschrauben und fertig. Na ja, so ganz werden. Es lagen zwischen 4 und 4,5 Am- schlägt? noch nicht. Nötig waren noch ordentliche pere am Messgerät an. Über APT (Astro 2. Bei welcher Außentemperatur kühlt der Verdrahtungen von Peltierelement und Photography Tool) konnte ich die Tempe- Sensor so stark ab, dass er vielleicht ver- Lüfter mit guten Steckern, die auch Leis- ratur am Sensor auslesen. Die Umgebungs- eist?

34 | Journal für Astronomie Nr. 77 Amateurteleskope / Selbstbau

3 Isolationsring 4 Kamera mit Isolation

3. Die Kühlung wird über das Kamerage- und wird nicht nur warm. Sie zieht 1,3 Am- mich deshalb entschieden, aus meiner Ka- häuse erreicht. Der Sensor hat keinen pere Strom zusätzlich. Kleine Abweichun- mera in gewissem Sinn einen Kühlschrank „Finger“, keine Verbindung, die direkt gen nach oben oder unten sind möglich zu machen (Abb. 3). Mit dem hier gezeigten am Peltierelement anliegt. Damit kühlt und ggf. regelbar (siehe unten). Alternativ, Verpackungsschaum, der die Kamera völlig das Kameragehäuse stark ab, es kann ggf. wenn man sowieso kaufen muss, ist Wider- umschließt und nur eine Aussparung für sogar vereisen. standsdraht auch geeignet. Etwa 16 Ohm das Datenkabel hat, wird die Kamera voll- passend aufwickeln und auf die Isolation ständig ummantelt. Der weiche Schaum Meine Tests liefen alle auf dem „Trocken- achten! Bei Nachbauten ist hier ein biss- ist geeignet. Styropor geht auch, schneidet dock“, ohne dass die Kamera am Teleskop chen Probieren gefragt. Es gibt auch von sich mit dem Cutter aber viel schlechter angebaut war. Ich erwartete eine Ver- ZWO Heizmanschetten zu kaufen. Die sind und bröselt schrecklich. Das Ergebnis war schlechterung durch das Abfließen der zwar für die gekühlten Kameras gedacht, umwerfend! Deutlich weiteres Herunter- Kühlleistung über die Zwischenringe hin scheinen aber auch hier zu funktionieren. kühlen des Sensors und keine Feuchtigkeit zum Okularauszug. Der Wärmeaustausch Ein stufenlos einstellbarer PWM-Regler mehr waren die Folge (Abb. 4). erfolgt von einem Objekt höherer Tempera- (Pulsbreitenmodulation) begrenzt verein- tur zu einem Objekt niederer Temperatur, facht gesagt die Spannung und damit die Gedanken machte ich mir noch um die bis beide Objekte sich im Wärmegleich- Heizleistung der Manschette. Damit ist der tieferen Außentemperaturen im Herbst bis gewicht befinden. Ich müsste also mehr Widerstandswert nicht mehr so kritisch, zum Frühjahr. Wie schon erkannt, konnte Kühlleistung produzieren, um den Erfolg Hauptsache sie heizt noch. Dieses Gerät ist die Sensortemperatur vor allem nach der zu halten. Zusätzlich kondensiert Feuchtig- bei den Kenndaten 12 V bis 24 V und 8 A Isolation deutlich unter den Gefrierpunkt keit außen in hohem Maß. Aber ich konnte für wenige Euro erhältlich. fallen. Glücklicherweise war mein Astrofo- Lösungen finden. tofreund Willi Wacker derart begeistert von Das Nichtbeschlagen des Sensorglases und meinem Kühlprojekt, dass er sich gleich an Das Beschlagen des Sensors und auch des das Nichtvereisen des Sensors wird da- die Arbeit machte, um seine Planetenka- Korrektors – nur bei niedriger Außentem- durch erreicht, dass die Sensortemperatur mera zu kühlen. Sein Freund Karl-Heinz peratur – ist über eine Heizmanschette ge- über 0 °C gehalten wird. Im Frühjahr bei Kower begleitete sehr interessiert unsere löst (Abb. 2). Sie wird um die Abstandsringe den ersten Versuchen hatte ich bei einer Bastelei und brachte eine Regelung für die bzw. Adapterringe gelegt. Damit wird der Außentemperatur von 11 °C durchaus -3 °C Sensortemperatur ins Spiel. Die Kamera kleine Raum vor dem Sensorglas bzw. Sen- am Sensor und dann abgebrochen. Das ver- ist jetzt über einen kleinen programmier- sor und dem Korrektor (ca. 55 mm Abstand schwommene Bild war in der Vorschau am baren Thermostat mit 5-A-Relais regelbar bei 2 Zoll Durchmesser) zur Trockenkam- Laptop sichtbar. Zu einer speziellen Lösung (Abb. 5). So ist die Solltemperatur der Küh- mer umgewidmet. Auch ohne Korrektor hierzu komme ich weiter unten. lung einstellbar und ebenso die Hysterese sollte sich der Raum ausreichend aufwär- (gemeint ist hier bei der thermostatgesteu- men. Im Sommer bei tropischen Näch- Das Kameragehäuse wird im Laufe der erten Kühlung die Differenz von Ein- und ten besteht da keine Gefahr. Es ist einfach Nacht patschnass und tropft förmlich vor Ausschalttemperatur). Das Peltierelement warm genug. Die Heizmanschette macht sich hin. Durch dieses Kondensieren ent- wird einfach zwischen die Anschlüsse des ihrem Namen alle Ehre, sie heizt ordentlich steht ein Verlust der Kühlleistung. Ich habe Relais geklemmt, fertig. Wenn die Außen-

Journal für Astronomie Nr. 77 | 35 Amateurteleskope / Selbstbau

5 Verbauter Thermostat

Von Anfang an hat mich die Heizmanschet- te gestört. Damit ist das nächste Projekt am Horizont – eine Kammerheizung, inte­ griert in einen 2-Zoll- oder T2-Adapter. Das Ziel ist, mit dem Sensor noch einmal 5 °C weiter herunter in den Minustemperatur- bereich zu kommen und weniger Strom für die Manschette zu benötigen. Wer mit seiner Ausrüstung mobil im Feld ist, sollte ja schließlich immer ein waches Auge auf den Ladezustand seiner Autobatterie oder temperatur es zulässt, regelt sich jetzt die Gesichtsfeld wählen. Bei Langzeitbelich- seines separaten Akkublocks haben. Sensortemperatur zwischen 0,8 und 1,5 °C. tungen ist es günstiger fürs Rauschverhal- Ich habe den Temperaturfühler des Gerätes ten, wenn die Pixel nicht zu klein sind. Die Allen, die etwas Ähnliches angehen wollen, zwischen Isolation und Kameragehäuse ge- Pixelgröße in Abhängigkeit von der Brenn- viel Freude und Erfolg damit. klemmt. Das Gerät misst also die Oberflä- weite und des örtlichen Seeings sollte auf chentemperatur des Kameragehäuses und jeden Fall bedacht werden. Astrofotoanfän- ich entscheide, bei welchem Adäquat der ger, die sich einen Hauch Bastelei zutrauen, Sensortemperatur – abgelesen im APT – ich können hier ziemlich Geld sparen. Eine von meine Set-Taste zwecks Programmierung vornherein gekühlte Astrokamera, die bis drücke. Das Display ist rot beleuchtet und auf -30 °C herunterkühlt, kann das natür- muss nachts eher etwas gedämpft werden. lich nicht ersetzen.

Der finanzielle Aufwand ist mit ca. 12 Euro Trotzdem ist die Rauschminderung enorm für das Peltierelement und ca. 12 Euro inkl. und deutlich zu sehen, wie Wilfried Wacker Porto für den Thermostat einschließlich in der Abbildung 6 dokumentiert hat. Im eines kleinen passenden Gehäuses mini- Vergleich zu einer ungekühlten DSLR, die mal. Die Heizmanschette hat meine Frau im Sommer eine Sensortemperatur von gut genäht. Nötige Zusatzwiderstände hatte 30 °C erreichen kann (ausgehend von 25 °C ich noch, sie kosten aber auch nur wenige Außentemperatur plus 3 bis 6 °C durch den Cent. Gegebenenfalls kommen noch Steck- Betrieb), ergibt sich eine Absenkung um ca. verbinder dazu, so dass mit einem finan- 15 bis 20 °C – ein echter Erfolg. ziellen Aufwand von maximal 35-40 Euro zu rechnen ist. Den Artikel beende ich aber nicht, ohne ein Bild mit dieser Anordnung zu zeigen Die Frage ist nur, ob eine Planetenkamera (Abb. 7). Die Aufnahme entstand im hei- mit ihren sehr kleinen Pixeln (hier 2,4 μm) mischen Garten unter schwierigen Bedin- das Richtige ist. Es gibt von ASI und sicher gungen, da eine Peitschenleuchte der Stadt auch anderen Herstellern noch ungekühlte 5 m entfernt am Straßenrand steht. Kameras bis zum APSC-Format. Für bas- telfreudige Einsteiger, die eine Planetenka- Alles hat viel Spaß gemacht und der gegen- mera haben, ist das auf jeden Fall lohnend. seitige Kontakt zu Wilfried Wacker und Wer sich eher für Deep-Sky-Aufnahmen Karl-Heinz Kower (wir alle gehören der FG entscheidet und eine dafür passende Ka- Astrofotografie an) hat das Projekt beflü- 6 Vergleich des Rauschens von Darks mera kaufen will, sollte eine ungekühlte gelt. So ein Erfolg setzt Anreize. bei +30 °C (oben)und +9 °C (unten). Kamera mit größeren Pixeln und größerem Bild: Wilfried Wacker

36 | Journal für Astronomie Nr. 77 7 Irisnebel NGC 7023, am 20.06.2020 bei 3 °C, 49 x 120 s belichtet, am 22.06.2020 bei 5 °C, 56 x 150 s, Newton 250 mm/1.000 mm, keine Filter

Bezugsquellen für die Bauteile: Peltierelement über Ebay aus China, Lieferzeit ca. 5 Wochen, Suchbezeichnung: 12V-Peltierelement Modul Peltierkühler, Kosten derzeit 11,39 Euro portofrei. PWM-Regler über Ebay, Suchbezeichnung: LED Dimmer PWM 12V-24V DC 8A Regler Helligkeitsregler Light Strip Controller DE, derzeit 6,54 Euro portofrei. Thermostat und auch Widerstände und ggf. Wärmeleitpaste z.B. bei: Reichelt Elektronik Art.-Nr. DEBO XH-W1209T und Gehäuse DEBO XH-W1209 C, Kosten ca. 12 Euro.

Anzeige ATT 2021 digital Europas größte Messe für Amateurastronomen geht online Nach der Corona-bedingten Absage in 2020 gibt es am 8. Mai 2021 von 10 – 16 Uhr nun eine digitale Version Europas größter Messe für Amateurastronomen.

Essen, im Februar 2021. Der ATT (Astronomie und Techniktreff) Baader und Bresser und der Spektrum-Verlag. Gemeinsam ver- ist eine Messe speziell für Amateurastronomen, die größte Ver- folgen sie das Ziel, erneut allen Besuchern die aktuellen Trends, anstaltung dieser Art in Europa. Nachdem der ATT in 2020 Coro- neuesten Produkte und ausgesuchte Themen der Astronomie na-bedingt absagt werden musste, ist für dieses Jahr eine digi- näher zu bringen. Dazu haben auch bereits renommierte Refe- tale Version im Internet geplant. „Auch wenn eine Online-Messe renten wie Dr. Andreas Müller, Christoph Kaltseis, Gernot Meiser, eine Präsenzveranstaltung und das persönliche Gespräch vor Benjamin Stöwe, Jon Larsen, Daniel Fischer, Dr. Andreas Hänel, Ort niemals wird ersetzen können, wollen wir versuchen, so viel Dr. Detlef Koschny, Frank Sackenheim und Daniel Nimmervoll Live-Charakter wie möglich in den ATT 2021 digital zu überfüh- ihre aktive Teilnahme am ATT 2021 digital zugesagt. ren“, erklärt Claudia Henkel, 1. Vorsitzende der Walter-Hohmann- Sternwarte in Essen, die seit Jahren Veranstalter des ATT ist. Claudia Henkel: „Wir sind sicher, dass unsere Besucher auch dies- mal wieder jede Menge Ideen und Anregungen für ihr spannendes So wird es neben einem Programm mit Live-Fachvorträgen und On- Hobby mit nach Hause nehmen werden. Klicken Sie also rein und Demand-Videos auch eine Diskussionsrunde zum Thema Licht- überzeugen Sie sich selbst - wir sehen uns beim ATT 2021 digital!“ verschmutzung geben. Aussteller präsentieren sich auf virtuellen Messeständen und Private können auf einem Marktplatz ihre alten Walter-Hohmann-Sternwarte Essen e.V. Astro-Schätzchen anbieten. Sogar eine Live-Sonnenbeobachtung, Claudia Henkel, 1. Vorsitzende wie Besucher sie vom analogen ATT kennen, wird möglich sein. Wallneyer Straße 159 45133 Essen An der Umsetzung arbeitet seit Januar ein Planungsteam, dem www.sternwarte-essen.de auch namhafte und langjährige ATT-Aussteller angehören, unter ihnen die Vereinigung der Sternfreunde (VdS), die Astro-Händler www.att-digital.de #att2021digital Amateurteleskope / Selbstbau

Sicheres Aufbewahren von Teleskop und Zubehör von Bernhard Suntinger

Amateurastronomen, die ihre Sternwar- Die Abbildungen 1 bis 3 zeigen die fer- (Abb. 5). Drei Scharniere verbinden den te nicht stationär betreiben, sondern ihre tig erstellte Aufbewahrungsbox für mein Deckel mit der Rückwand der Box. Eine Ausrüstung vor und nach jeder Beobach- Schmidt-Cassegrain-Teleskop, ein Celes- Klappenbeschlag-Gasdruckfeder sorgt für tungssitzung auf- und wieder abbauen oder tron C11 XLT. Der Innenraum der Box ist eine geschmeidige Klappbewegung des De- über mehrere Teleskope verfügen, benöti- sowohl für den Aufbau zur Sonnensystem- ckels und hält diesen sicher in geöffneter gen für ihre Optik und das Zubehör einen Fotografie (bestehend aus C11 mit Okular- Position (Abb. 6). Der an der vorderen Sei- gut geschützten Lagerplatz. Es ist allerdings auszug) als auch für den Aufbau zur Deep- tenwand angebrachte Sockel stützt den De- oft schwierig, über den Astro-Fachhandel Sky-Fotografie (bestehend aus C11 sowie ckel ab, damit dieser die Last des Stativbeins für sein Teleskop mit individuell montier- Hyperstaraufsatz mit adaptierter DSLR- trägt. Die Aufbewahrungsbox eignet sich tem Zubehör (z.B.: Okularauszug, Redu- Kamera, Taukappe und Hauptspiegel-Mi- auch hervorragend zur Erstellung von Ka- cer, Kameraequipment, Montageschienen, crofocuser) konzipiert. Taukappe und Fil- librieraufnahmen (Bias und Darks). Hierzu Taukappe etc.) einen passenden Aufbe- terrad mit Planetenkamera finden ebenfalls befindet sich in der vorderen Seitenwand wahrungsbehälter zu finden. Die einfachste Platz. Das Stativ kann auf dem Deckel der eine kleine Aussparung, durch welche die und meist günstigste Lösung besteht darin, Box auf aufgeklebtem Filz abgestellt werden benötigen Daten- und Stromkabel für die sich selbst eine individuell konzipierte Auf- (Abb. 4 und Abb. 1). Astrokamera geführt werden (Abb. 7). bewahrungsbox zu bauen. Die dazu benö- tigten Materialien sind unkompliziert über Der Aufbau besteht aus Fichten-Leimholz- Eine ganz wichtige Aufgabe der Aufbewah- einen nahegelegenen Baumarkt und/oder platten. Die vier Seitenwände wurden auf rungsbox sei noch besonders erwähnt. Spe- das Internet zu erwerben. Mit Kreativität die Bodenplatte aufgesetzt und mit dieser ziell bei temporärem Sternwartenaufbau und entsprechendem zeitlichen Aufwand sowie untereinander durch rostfreie Holz- während der kalten Jahreszeit löst die Box kann eine optisch ansprechende Aufbe- schrauben befestigt. Vier lenkbare Trans- ein äußerst heikles Problem: Die Kondensa- wahrungsbox gestaltet werden, die sich portrollen (zwei davon mit Feststellbrem- tion von Wasser an Teleskop und Zubehör. durchaus gut in das vorhandene Mobiliar se) sorgen für die nötige Mobilität, damit Durch die gute Innenisolierung wirkt die eines Wohnraums einfügt. man die Box zwischen deren Abstellort und Box wie eine Thermoskanne. Dadurch wird dem Beobachtungsplatz manövrieren kann das kalte Equipment über mehrere Stunden

1 Fertige Aufbewahrungsbox, geschlossen 2 Fertige Aufbewahrungsbox, geöffnet

38 | Journal für Astronomie Nr. 77 Amateurteleskope / Selbstbau

3 Blick ins Innere. Die Schaumstoffplatten schützen vor Stößen und dienen als 4 Stativbein auf Filzmatte abgestellt Wärmeisolierung.

langsam wieder an die warme Raumtem- peratur angeglichen. Die als Inneneinlagen verwendeten Verpackungs-Schaumstoff- platten können beispielsweise über die Firma Eurofoam bestellt werden. Bezeich- nung der Schaumstoffplatten: Zuschnitt D35 E220 weiß; verschiedene Stärken sind mit individuellem Zuschnitt erhältlich. Die Kunststoffplatten lassen sich gut mit- tels Zweikomponenten-Epoxidharzkleber im Inneren der Box anbringen. Ein in der Box aufgestelltes Luftfeuchtigkeitsmess- gerät gibt Rückmeldung über die Lager- bedingungen und beugt einer zu feuchten 5 Lenkbare Transportrolle mit Bremse 6 Scharnier und Gasdruckfeder Dauerlagerung vor. Bis heute musste aber noch nie mit Trockenmittel nachgeholfen werden (Abb. 8).

Um die Aufbewahrungsbox optisch auf Hochglanz zu bringen, wird diese mit fei- nem Schleifpapier (220er-Körnung) abge- schliffen und anschließend mit transparen- tem Hartöl (z.B. Clou Hartöl Transparent) eingestrichen.

Webseite des Autors: www.unendlicheweiten.at

7 Stützsockel und Kabel für Kalibrierauf- 8 Zubehör und Luftfeuchtigkeits- nahmen messgerät

Journal für Astronomie Nr. 77 | 39 Astrofotografie

Die Spiralgalaxie NGC 5529 und ihr Umfeld von Peter Riepe, Rainer Sparenberg und Stefan Binnewies

Im westlichen Bereich des Bootes, nah an NGC 5529 erreicht 6,8’ x 0,7’. Allein das ist Kette kleinerer Hintergrundgalaxien. Das der Grenze zu den Jagdhunden, liegen ein schon außergewöhnlich, denn bei der ge- Ende dieser Kette bildet LEDA 2078051, paar verstreute Galaxien. Auf den ersten nannten Entfernung ergibt sich ein wah- eine schräg liegende, diffuse Spirale und Blick wirken sie recht unscheinbar. Eine rer Durchmesser von 270.000 Lichtjahren ein echter Begleiter von NGC 5529, denn davon, die Edge-on-Spiralgalaxie NGC – 2,7-mal so groß wie die Milchstraße. Als ihre Radialgeschwindigkeit von 2.627 km/s 5529, stellen wir nun näher vor (Abb. 1), weitere Besonderheit zeigt NGC 5529 eine passt bestens zu den 2.872 km/s der Mutter- aber nicht nur als Astrofoto – und das war’s starke Verbiegung. Astronomen nennen galaxie. Ferner entspricht die Ausdehnung dann. Recherchen fördern nämlich infor- das einen „warp“, eine Randverbiegung wie von 54'' auf dem Bild 36.000 realen Licht- mative Fakten zu einigen Objekten im Bild bei einer Hutkrempe. So etwas ist gravitativ jahren – für eine Zwergspirale durchaus zutage. bedingt. Von außen zerren andere Nach- normal. Die Helligkeit von LEDA 2078051 barn an NGC 5529. Der mögliche Verur- wurde im Sloan Digital Sky Survey (SDSS, Die Aufnahme entstand am 1,12-m-New- sacher NGC 5557 liegt knapp außerhalb [5]) automatisiert mit V ≈ 17 mag ver- ton (f/4,4) der EXPO-Sternwarte Melle. des Bildes in nur 38’ Abstand, was 490.000 messen. So ergibt das oben genannte Ent- Daraus ergab sich jetzt diese Gemein- Lichtjahren entspricht. Die Radialge- fernungsmodul eine Absoluthelligkeit von schaftsarbeit. Rainer Sparenberg, Mitglied schwindigkeit von NGC 5557 ist mit 3.210 -16,1 Mag, passend zu einer Zwergspirale der Astronomischen Gesellschaft Bochum/ km/s der von NGC 5529 sehr ähnlich. Diese dieser Größe. Melle, hat NGC 5529 am 07.05.2016 aufge- Tatsache und die benachbarte Lage machen nommen. Mit einer CCD-Kamera des Typs eine Paarbildung höchst wahrscheinlich Gut 2,5’ unter der rechten Spitze von NGC SBIG STL-11000 wurde 210 Minuten in [4]. 5529 befindet sich die diffuse, ca. 55'' gro- Luminanz belichtet, 50/60/60 Minuten in ße und grob strukturierte Galaxie LEDA RGB. Die Bildbearbeitung übernahm unser Auch die enorme Größe von NGC 5529 hat 50925. In Simbad wird sie leider fehlerhaft Astro-Kollege Stefan Binnewies, der in die- Nachbarschaftsursachen. Letztlich müssen als NGC 5527 gelistet. Ihr Typus Im/BCD sen Dingen sehr erfahren ist. Text und Re- Ausdehnung und Masse dieser Riesengala- kennzeichnet eine irreguläre Magellansche cherchen zum Objekt erstellte Peter Riepe, xie ja irgendwo herkommen. Das kosmo- Galaxie (Im), ähnlich einem „Blue Com- Mitglied der Astronomischen Gesellschaft logische Standardmodell besagt, dass sich pact Dwarf“ (BCD). Mit ihrer Radialge- Bochum/Melle. Für die Objektrecherchen große Galaxien aus der Akkretion kleinerer schwindigkeit von 2.953 km/s steht sie nahe wurden die Datenbanken Simbad [1] und Galaxien entwickeln. NGC 5529 hat wie die an NGC 5529. Erhärtet wird dies durch eine die NASA/IPAC Extragalactic Database Milchstraße oder wie Messier 31 kleinere Brücke aus neutralem Wasserstoff HI zwi- (NED, [2]) verwendet. Nachbarn angezogen und sich einverleibt. schen beiden [6]. LEDA 50925 ist also ein So konnte sie ihre Masse im Laufe der Zeit realer Begleiter von NGC 5529. NGC 5529 ist ungewöhnlich. An einem gel- enorm vergrößern. Betrachten wir daher ben Bulge mit einem dichten, eingelagerten jetzt das Umfeld: Gibt es dort noch kleinere Bleiben wir bei BCD-Galaxien. Unterhalb Staubband setzen blaue Spiralarme an. Da- Nachbargalaxien? von NGC 5529, knapp über der Verbin- rin sind bereits verschiedene Sternentste- dungslinie von LEDA 50925 und LEDA hungsgebiete als blaue Knoten erkennbar. Zum weiteren Textverständnis dient die LEDA 50952, ist ein winziger blauer Fleck Die Radialgeschwindigkeit der Galaxie be- Übersichtsabbildung mit den Bezeichnun- auszumachen. Auch dieser Zwerg zeigt trägt 2.872 km/s. Messungen liefern 42 Mpc gen der Galaxien im Feld (Abb. 2). Knapp eine deutliche HI-Brücke zu NGC 5529 (137 Millionen Lichtjahre) als Entfernung links der Bildmitte steht 1,8’ unter der lin- und ist somit trotz der geringen Größe ein [3], was einem Entfernungsmodul m-M = ken Spitze von NGC 5529 die kleine, aber weiterer Begleiter mit dem Katalognamen 33,1 mag entspricht (der Entfernungsmo- helle Galaxie LEDA 50952. Ihre Struktur NGC 5529B* [6]. In Simbad wird der er- dul ist die Differenz aus scheinbarer und zeigt sofort, dass hier eine entfernte große absoluter Helligkeit). Die Winkelgröße Spiralgalaxie mit hellem Bulge vorliegt. Tat- könnte man gängigen Tabellen entnehmen. sächlich ist sie bei einer Radialgeschwin- 1 NGC 5529 im 15,4’ x 20,9’ großen Umfeld, Aber solche Tabellenwerte sind oft zu klein, digkeit von 7.322 km/s rund 330 Millionen Norden liegt auf 1 Uhr, Aufnahmedaten im da sie auf alten Aufnahmen basieren. Daher Lichtjahre entfernt, also weit im Hinter- Text (Bild: Rainer Sparenberg, EXPO-Stern- messen wir unsere Aufnahmen selbst aus. grund. Von ihr aus verläuft nach oben eine warte Melle)

40 | Journal für Astronomie Nr. 77 Journal für Astronomie Nr. 77 | 41 Astrofotografie

Verdacht: Dies könnte ein Zwergbegleiter von NGC 5529 sein. Jedoch bleibt vorerst zur Bestätigung nur eine rein optisch-geo- metrische Überlegung: Die Ausdehnung von 18'' im Original ergibt einen echten Durchmesser von ca. 12.000 Lichtjahren, was einem irregulären Zwerg ähnlich der Kleinen Magellanschen Wolke entspricht. Etwa 2' über NGC 5529 ist ein weiterer dif- fuser Lichtfleck zu sehen (Dw-2, Abb. 4). Auch in diesem Fall wurde nur eine Kata- lognummer SDSS J141530.40+361630.8 erzeugt. Die Galaxie hat einen scheinbaren Durchmesser von 16'', der wahre Durch- messer käme dann auf 10.600 Lichtjahre. Mit der diffusen, elliptischen Gestalt ähnelt dieses Objekt einem größeren sphäroiden Zwerg (dSph) – ein weiterer möglicher Begleiter von NGC 5529. Zu erwähnen ist noch, dass die möglichen neuen Zwerge im SDSS kaum erkennbar sind. Die dort er- zielte Tiefe reicht aber gerade noch, um die Objekte auch als flächenhaft ausgedehnte Galaxien zu bestätigen. Sowohl das Auffin- den als auch die Identifikation klappten erst nach starker Bildbearbeitung des SDSS- Ausschnitts.

Die Bestätigung, ob eine neue Zwerggalaxie tatsächlich ein realer Begleiter einer Mutter- galaxie ist, kann nur professionell erfolgen. Erstens liefert eine großteleskopische Foto- metrie der hellsten Sterne dieses Zwergs 2 NGC 5529 und ihr Umfeld mit Objektbezeichnungen einen Wert zum Entfernungsmodul. Zu- dem können in lang belichteten Spektren des Zwergs – wenn bei der Lichtschwäche weiterte Name [KVD2004] NGC 5529 B und H-2 bezeichnet). Knapp links davon ist überhaupt möglich – Dopplerverschiebun- genannt, den die NED nicht kennt. Hier Dw-1 als schwacher Lichtschimmer zu se- gen heller Spektrallinien gemessen werden. ist gemäß den Koordinaten von WISEA hen, deutlicher im Ausschnitt als schwarz- Daraus folgen dann Radialgeschwindigkeit J141535.70+361202.6 die Rede. Man sieht: weiße, invertierte Version (Abb. 3). Die und Entfernung. Datenbanken sind nicht ganz problemfrei. automatisierte Auswertung des SDSS er- Jetzt zu den Galaxien mit extrem geringer zeugte lediglich den Katalognamen SDSS Zur Bestimmung der Leistungsgrenzen Flächenhelligkeit. Von LEDA 50925 aus J141515.19+360854.1, aber keine Hellig- unseres Teleskops nutzen wir den SDSS. nach unten liegen in etwa gleichen Ab- keitsmessung, auch kein Spektrum als An- Seine Fotometrie erfasst im Filterbereich g ständen zwei Hintergrundgalaxien (wegen haltspunkt zur Radialgeschwindigkeit. Und Sterne bis etwa 25 mag. In unserem Bild ist ihres langen Katalognamens kurz als H-1 doch kommt morphologisch sofort der ein Stern von g = 23,71 mag und r = 23,04

42 | Journal für Astronomie Nr. 77 Astrofotografie

mag sehr deutlich sichtbar (Abb. 5). Trans- formationsgleichungen zur Umwandlung der SDSS-Helligkeiten ugriz in Johnson- Helligkeiten UBVR gemäß [7] ergeben für den Stern eine V-Helligkeit von 23,32 mag. Jedoch dürfte die wahre Grenzgröße 1-1,5 mag tiefer liegen. Was die Bildauflösung angeht, so zeigt Abbildung 5 einen Doppel- stern von 1,6'' Komponentenabstand.

Jetzt noch zu einem interessanten Objekt nahe dem linken Bildrand oben. Die Ga- laxiengruppe SDSSCGA 240 zeigt starke Wechelswirkungen zwischen den Mit- gliedern. Sie wird den kompakten Gala- xiengruppen zugerechnet, ähnlich den bekannten Hickson-Gruppen. Im Bildaus- schnitt (Abb. 6) ist der Vergleich zum SDSS zu sehen. Auffälligste Galaxie ist 2MASX J14161855+3612524 mit kräftigen umge- benden Gezeitenschweifen. Die Radialge- schwindigkeit der Gruppe beträgt 19.415 km/s, nach dem Hubble-Gesetz sind das ca. 870 Millionen Lichtjahre Entfernung.

Zum Schluss eine Mitteilung an interessier- te Astrofotografen: Die TBG-Gruppe der Fachgruppe Astrofotografie befasst sich seit 2012 mit dem Aufspüren neuer Beglei- ter größerer Galaxien [8]. Wir arbeiten eng mit den russischen Professoren Karachent- sev und Makarov [4] zusammen, die sich auf dem Gebiet der Kosmologie internatio- nal seit langer Zeit einen Namen gemacht haben.

3 Die Zwerggalaxie SDSSJ141515.19+ 360854.1, ein möglicher neuer Begleiter von NGC 5529, Ausschnitt aus Abb. 1

4 Auch SDSS J141530.40+361630.8 könn- te ein neuer Begleiter von NGC 5529 sein. Ausschnitt aus Abb. 1

Journal für Astronomie Nr. 77 | 43 Astrofotografie

Literatur- und Internethinweise (Stand: Dezember 2020): [1] Simbad: http://simbad.u-strasbg.fr/ simbad/ [2] NASA/IPAC Extragalactic Database: https://ned.ipac.caltech.edu/ [3] G. Theureau et al., 2007: „Kinematics of the Local Universe. XIII. 21-cm line measurements of 452 with the Nançay radiotelescope, JHK Tully-Fisher relation, and preliminary maps of the peculiar velocity field“, Astron. Astrophys. 465, 71-85 [4] D. Makarov, I. Karachentsev, 2011: „ groups and clouds in the local (z~0.01) Universe“, Mon. Not. Roy. Astron. Soc. 412, 2498-2520 [5] Sloan Digital Sky Survey: http:// skyserver.sdss.org/dr15/en/tools/ chart/navi.aspx [6] M. Kregel, P. C. van der Kruit, W. J. G. de Blok, 2004: „Structure and kine- matics of edge-on galaxy discs - II. Observations of the neutral hydro- gen“, Mon. Not. Roy. Astron. Soc. 352, 768-786 [7] Transformationsformeln: www.sdss.org/dr16/algorithms/ sdssUBVRITransform/ Auflösung und erreichte Grenzgröße des 1,12-m-Teleskops 5 [8] Arbeitsgruppe „Tief belichtete Ga- laxien“ der VdS-FG Astrofotografie: https://tbg.vdsastro.de/

6 Die kompakte Galaxiengruppe SDSSCGA 240 im Vergleich. Links ein Ausschnitt aus Abb. 1, das rechte Bild stammt aus dem SDSS [5].

44 | Journal für Astronomie Nr. 77 Astrofotografie

Am Rand der Cygnus-Superblase von Hans Jürgen Mayer

Zwischen den schimmernden Wolken der 4612) des offenen Sternhaufens Berkeley Während die Anregung der beiden HII-Re- Milchstraße erfreut der prachtvolle Anblick 90 [3], zwei junge heiße O-Sterne. Der im gionen durch junge heiße Sterne erfolgt, des Schwans in einer klaren, dunklen Som- Bild aufgrund starker Extinktion völlig un- hervorgegangen aus den ursprünglichen mernacht das Auge des Schauenden. Doch auffällige Haufen befindet sich etwas nord- Molekülwolken, fällt die Antwort auf die ihm bleibt verborgen, was erst die moderne östlich des Zentrums vor einem Gebiet ge- Frage nach den Anregungsquellen der Kameratechnik enthüllt: Eine faszinierende ringerer Helligkeit. Die meisten Mitglieder Nebelf­ilamente nicht so eindeutig aus. Lo- Landschaft aus hell leuchtenden Nebeln, von Berkeley 90 sind denn auch schwächer kale Quellen in Form junger heißer Sterne Sternhaufen und ausgedehnten Dunkelwol- als die 13. Größenklasse. Die Entfernung fehlen hier. Letzteres sowie ihre Lage am ken, wie sie an Reichtum und Komplexität in der ionisierenden Sterne und damit auch Rand der Cygnus-Superblase lassen einen kaum einer anderen Region des nördlichen die des Nebels wurde erst kürzlich durch anderen Anregungsmechanismus vermu- Nachthimmels zu finden ist. Die größte, den Astrometriesatelliten Gaia mit Hilfe ten. den Sternen der Milchstraße im Schwan der Parallaxenmethode neu zu gut 3 kpc vorgelagerte Dunkelwolkenstruktur ist bestimmt [4], woraus sich für Sh2-115 ein Die Cygnus-Superblase ist eine gigantische das Cygnus-Rift. Es teilt die Milchstraße Durchmesser von etwas über 50 pc errech- expandierende Blase extrem heißen dün- in zwei deutlich getrennte Bereiche. An net. Der in direkter Sichtlinie zum Nebel- nen Gases mit einem Durchmesser von seinen Rändern, wo sein lichtabsorbieren- zentrum befindliche 5,6 mag helle, blaue 450 pc. Für ihre Entstehung werden ver- der Einfluss nachlässt, liegen ausgedehnte B8-Stern V 2015 Cyg befindet sich dagegen schiedene Szenarien diskutiert. Während HII-Regionen wie der Nordamerika- und mit einer Entfernung von lediglich 0,15 kpc manche Autoren [6, 7] die Ursache in der der Pelikannebel oder der Schmetterlings- sehr weit vor der HII-Region und hat phy- Supernovaexplosion eines einzelnen, wenn nebel um den Stern γ Cygni. Auffällig in sikalisch nichts mit ihr zu tun. auch extrem massereichen Sterns sehen dieser Region sind aber auch langgestreck- (einer sog. Hypernova), fußt die etwas we- te filamentartige Strukturen, wie man sie An seinem nordwestlichen Rand wird Sh2- niger spektakuläre Erklärung auf der Hypo- eher von Supernovaüberresten (SNR) wie 115 von einem langgestreckten Nebelfila- these, gemäß der eine Kaskade von 30-100 z. B. dem Cirrusnebel kennt. Bereits in ment berührt, welches schräg von Nord- „normalen“ Supernovae über einen Zeit- den 1960er-Jahren machten Astro­nomen ost nach Südwest verläuft. Vergleichende raum von 3-10 Millionen Jahren zu ihrer auf einen Ring solcher Nebelfilamente auf- Untersuchungen im optischen Licht und Entstehung führte [2]. Diese Explosionen merksam [1], der ein Gebiet von etwa 13° x in Radiowellenlängen legen aber nahe, dass bewirkten darüber hinaus die Entstehung 18° einzuschließen scheint. Der hier im Bild die HII-Region nicht in physikalischem weiterer Sterngenerationen. Daraus ging vorgestellte Himmelsausschnitt führt uns an Zusammenhang mit der Filamentstruktur auch die vergleichsweise junge Sternassozi- den nordwestlichen Rand dieser Region, die steht [3]. ation Cyg OB2 hervor, die etwas abseits des zu Beginn der 1980er-Jahre als eine der größ- Zentrums der Superblase liegt und diese ten ausgedehnten Quellen weicher Röntgen- Nur ca. 2° südlich von Sh2-115 und 1,5° heute durch heftige Sternwinde weiter an- strahlung identifiziert wurde [2] und heute westlich des strahlend blauen Sterns De- treibt. Tatsächlich ist Cyg OB2 eine der be- als Cygnus-Superblase bekannt ist. neb befindet sich der mit 15’ Durchmesser kanntesten OB-Assoziationen überhaupt. wesentlich kleinere und fast kreisrunde Sie enthält neueren Erkenntnissen zufolge Die Szenerie prägen, neben den beiden Emissionsnebel Sh2-112. Ein auffälliges einige zehntausend Sterne, darunter mehr HII-Regionen Sh2-112 und Sh2-115, vor Staubband durchzieht ihn in grob nordsüd- als 60 O-Sterne und mehrere hundert Ster- allem langgestreckte und nahezu parallel licher Richtung. Der für die Anregung ver- ne vom B-Typ [8]. Sechs ihrer Mitglieder verlaufende Nebelfilamente. Sie sind Teil antwortliche Stern ist BD+45°3216 [5], ein gehören zu den 15 hellsten Sternen der Ga- des angesprochenen Filamentrings, der die heißer blauer Doppelstern des Typs O8 mit laxis überhaupt. Betrüge die Extinktion in Superblase umgibt. Sh2-115 ist mit einem einer scheinbaren Helligkeit von 9,5 mag, dieser Richtung, unter anderem durch das scheinbaren Durchmesser von ca. 1° die gut erkennbar nahe des Nebelzentrums. vorgelagerte Great Rift, nicht vier bis sechs größere der beiden kompakten HII-Regio- Mit nur 1,7 kpc Entfernung liegt er, und Magnituden, würde uns die Assoziation nen. Ionisiert wird der Wasserstoff in die- damit die gesamte HII-Region, deutlich vor mit einer Helligkeit vergleichbar den Pleja- sem Gebiet vornehmlich durch die beiden Sh2-115. Sh2-112 ist damit auch absolut den erscheinen [2]. hellsten Mitglieder (LS III 4611 und LS III sehr viel kleiner als Sh2-115.

Journal für Astronomie Nr. 77 | 45

Astrofotografie

1 Am Rand der Cygnus-Superblase, belichtet 14 Stunden mit Canon EOS 1300Da, Objektiv Canon EF 1:2,8 / 200 mm, auf f/3,5 abgeblendet, ISO 800. Dazu eine Canon EOS 1100Da mono mit gleichem Objektiv, ISO 800, Hα 6 Stunden belichtet, [OIII] 25 Stunden, Aufnahmeorte Stolac/Kroatien und Fuente de Albarico (Bedar)/Andalusien. Norden ist links.

Die extrem energiereiche Strahlung, die kreist wird [9]. Zu Beginn der Bedeckung Literatur- und Internethinweise von der gesamten Assoziation ausgeht, des kleinen Begleiters durch den Riesen- (Stand Oktober 2020): wurde als Ursache für die Anregung der stern dringt sein Licht noch eine Zeit lang [1] H. R. Dickel, H. Wendker, J. H. Bie- Nebelfilamente vorgeschlagen. Rechnun- durch die ausgedehnte, aber dünne Atmo- ritz, 1969: „The Cygnus X Region“, gen zum Gesamtenergiefluss haben dies sphäre des Riesen. Dabei werden dem Licht Astron. Astrophys. 1, 270-280 allerdings nicht bestätigen können [2]. des Begleiters zusätzliche Absorptions- [2] W. Cash et al., 1980: „The X-ray Vielmehr scheint die Superblase zu großen banden aufgeprägt, die Aufschluss über die superbubble in Cygnus“, Astrophys. Teilen selbst für die Anregung verantwort- Zusammensetzung der Atmosphäre des J. 238, 71-76 lich zu sein. Ähnlich wie bei einem Super- Giganten geben. [3] R. Harten, M. Felli, 1980: „The novaüberrest trifft das heiße Gas der ex- evolved HII region S 115“, Astron. pandierenden Superblase an ihren Rändern Und als hätte dieser 6° x 4° große Himmels- Astrophys. 89, 140-144 in Form einer Stoßwelle auf das interstellare ausschnitt im Sternbild Schwan damit noch [4] Simbad query result, query LS Medium und regt das Gas durch Stoßioni- nicht genug an astronomischen Leckerbis- III +46 11, (LS III 4612): http:// sation zum Leuchten an. Ein Indiz für die- sen aufzubieten (der kleine Planetarische simbad.u-strasbg.fr/simbad/sim- sen Anregungsmechanismus könnte auch Nebel PN Abell 71 links oberhalb von Sh2- id?Ident=LS+III+%2B46+++11& ein einsames kleines, im Licht der [OIII]-Li- 115 sei hier gar nicht angesprochen), prä- [5] J. F. Lahulla, 1985: „UBVRI photome- nie blau leuchtendes Filament sein, welches sentiert er dem geduldigen Fotografen auch try of stars in several HII regions“, ca. 1° ostnordöstlich des Sterns 32 Cyg (siehe noch den Supernovaüberrest G82.2+5.3, Astron. Astrophys. Suppl. Ser. 61, unten) im Bild zu finden ist. Die Anregung der wie ein bleicher blassblauer Geist vor 537-545 dieser Linie ist nur durch Stoßionisation der rot leuchtenden Landschaft der Ne- [6] S. I. Blinnikov, V. S. Imshennik, V. P. oder einen nahe gelegenen extrem heißen belfilamente schwebt. Der SNR wurde in Utrobin, 1982: „The Cygnus Super- Stern mindestens des Typs O3 möglich, der den 1970er-Jahren aufgrund seiner Radio- bubble as the remnant of a peculiar hier aber fehlt. strahlung entdeckt und erst viel später auch supernova“, Pis‘ma Astron. Zh. 8, optisch nachgewiesen. Im sichtbaren Licht 671-678 Zwei auffällig helle gelbe Sterne beleben tritt er nur aufgrund seiner [OIII]-Emis- [7] M. Kimura et al., 2013: „Is the die Landschaft der Nebelfilamente. 32 Cyg, sion vor dem komplexen Hα-Hintergrund Cygnus superbubble a Hypernova im oberen linken (nordwestlichen) Teil des hervor, etwaige Hα-Anteile lassen sich remnant“, Publ. Astron. Soc. Japan Bildes gelegen, ist etwa 500 pc entfernt und nicht von den Hintergrundstrukturen 65, 14 erinnert gemeinsam mit den dahinter gele- unterscheiden [10]. Dabei ist die [OIII]- [8] N. J. Wright et al., 2010: „The massi- genen Filamenten (DWS 177, 178, 179 [1]) Emission um ein Vielfaches schwächer als ve star forming region Cygnus OB2. ein wenig an den Sturmvogel im westlichen die Hα-Emissionen des Hintergrundfeldes, II. Integrated stellar properties and Teil des Cirrusnebels. 31 Cyg, nur etwa was entsprechend lange Belichtungszeiten the star formation history“, Astro- halb so weit entfernt, bildet mit dem wenig erfordert. Untersuchungen in mehreren phys. J. 713, 871-882 nordwestlich stehenden blauen Veränderli- Wellenlängenbereichen deuten auf ein [9] K. F. Neugent et al., 2019: „Binary chen 30 Cyg ein farblich hübsch kontrastie- Alter zwischen 13.000 -26.000 Jahren. Sei- red supergiants. II. Discovering and rendes optisches Paar. Bei beiden Sternen ne Entfernung ist nur grob bekannt und characterizing B-type companions“, handelt es sich um Bedeckungsveränderli- wird mit 1,6-3,2 kpc angegeben. Bei einer Astrophys. J. 875, 124 (12pp) che des -Typs. Aber mehr noch: beide scheinbaren Größe von ca. 1° entspricht das [10] F. Mavromatakis et al., 2004: „Multi- gehören zu den äußerst seltenen, aber für wiederum einer Ausdehnung von etwa 25 wavelength study of the G 82.2+5.3 die Erforschung der Sternatmosphären be- respektive 50 pc. supernova remnant“, Astron. Astro- sonders bedeutsamen Doppelsternen, bei phys. 415, 1051-1063 denen ein roter K-Riese von einem sehr viel kleineren, aber heißen blauen B-Stern um-

Journal für Astronomie Nr. 77 | 47 Astrofotografie

Bildbearbeitung – wann ist ein Astrofoto wirklich fertig?

Ein Kommentar von Gerd Althoff

Als ich vor 15 Jahren zum ersten Mal mit Sternwarte. Natürlich ist es der Wunsch los verwendbarer Software wie dem Deep­ einer Digitalkamera Astrofotos gemacht eines jeden Hobby-Astrofotografen, mög- SkyStacker von Luc Coiffier und Fitswork habe, war meine Begeisterung groß. Eine lichst viel aus den Rohdaten der eigenen von Jens Dierks lassen sich alle erforderli- einzelne, nachgeführte Aufnahme der An- Aufnahmen herauszuholen und den Bil- chen und gewünschten Bearbeitungsschrit- dromeda-Galaxie mit einem 150er-Tele dern nachzueifern, die mit professionellen te durchführen und Bilder hoher Qualität und einer Canon EOS 20Da ließ Details er- Teleskopen gewonnen und von Profis der herstellen. kennen, die ich auf herkömmlichen Astro- Bildbearbeitung aufbereitet wurden. fotos per Farbfilm nie darstellen konnte. Eines vorweg: Aus schlechten Rohdaten ge- Auch für den Amateur gibt es dafür, um winnt man bekanntlich keine guten Bilder Ich ahnte damals nicht, dass ich heute auf nur ein paar wenige zu nennen, mächtige und aus guten Rohdaten kann man ohne dem Weg von der Belichtung bis zum „fer- Werkzeuge wie Photoshop von Adobe oder allzu großen Aufwand wunderbare Astro- tigen“ Astrofoto deutlich mehr Zeit am hoch spezialisierte Tools wie PixInsight fotos erstellen. Der Einfluss der verwende- Computer verbringen würde als auf der von Astrophoto. Selbst mit kosten- ten Software hat in diesem Fall einen recht

1 Blaues Licht vor rotem Himmel – IC 405, IC 410 und IC 417 und das an interstellarem Staub reflektierte Licht von AE Aurigae. Instrument: Takahashi Epsilon 130D, Kamera: ASI 6200MC Pro, Filter: Optolong L-eNhance, Montierung: G42, Belichtung: 18 x 600 s, Bearbeitung: Theli, MaxIm DL, Fitswork, PixInsight, Photoshop, Neat Image, ACDSee, Mosaikerstellung: ICE (Image Composite Editor) von Microsoft.

48 | Journal für Astronomie Nr. 77 DER SCHLÜSSEL — ZUM VERSTÄNDNIS DES UNIVERSUMS

— Die Entdeckung der Spektroskopie und die Geburtsstunde der Astrophysik — Umfangreicher Einblick in astronomi- sche Forschungsmethoden — Ein Meilenstein aus der Geschichte der Astronomie – fesselnd erzählt

Frag Kosmos 352 Seiten, €/D 36,– ISBN 978-3-440-16920-9

BESTELLEN SIE JETZT AUF KOSMOS.DE BESUCHEN SIE UNS UNTER: facebook.com/kosmos.astronomie TWITTER: @KOSMOS_Astro

instagram.com/kosmos.astronomie © Tjefferson / fotolia

KOSMOS_Anz_VDS_77_GeheimcodeSterne.indd 1 Anzeige26.02.21 08:40

geringen Einfluss auf das Ergebnis! Habe weniger subjektive Einstufung des jeweili- Star “ IC 405 und seiner Umgebung. ich es aber mit Rohdaten mittlerer Qualität gen Betrachters handelt. Jedes Astrofoto ist Zum Zeitpunkt der Aufnahme stand der zu zu tun (und das ist bei mir gefühlt eigentlich daher ein Spiegel der eigenen Ausrüstung, 45% beleuchtete Mond nur etwa 19° ent- immer der Fall), dann begleitet mich der der Standort- und der Wetterbedingungen, fernt und zauberte starke, radiale Reflexe ständige Zweifel, ob nicht mit einer anderen der Erfahrung bei der Bildgewinnung und in die Aufnahmen. Passende Flats anzufer- Software, einer anderen Methode oder ei- Bildbearbeitung und – ganz wichtig – des tigen war aufgrund der Nähe zum Horizont nem geänderten Workflow ein besseres Er- eigenen Geschmacks. nicht mehr möglich. gebnis zu erzielen wäre. Dieser Zweifel wird noch verstärkt, wenn das „fertige“ Astro­ So kommt es bei mir gelegentlich vor, dass Um das Bild zu ebnen, wurde es schließlich foto im Internet, zum Beispiel in einem Fo- ich mir ein altes Bild noch einmal vorneh- (nach langen Versuchen) in 16 sich über- rum präsentiert wird. Dort gibt es viel Lob, me und neu bearbeite. Und damit ergibt lappende Ausschnitte zerlegt, die einzeln aber natürlich auch viele Anregungen: Bes- sich für mich auch die Antwort auf die ein- geebnet und dann mit einem Programm ser noch ein bisschen mehr Kontrast hier, gangs gestellte Frage, wann ein Astrofoto zur Erstellung von Mosaiken wieder zu- eine ausgewogenere Farbgebung dort. wirklich fertig ist: Nie! sammengefügt wurden. Leider gingen da- bei viele schwache Details der Aufnahme Im Kontext dieses Kommentars besonders Wenn ich abends zu meiner Frau sage, dass verloren, aber die Rohdaten konnten doch gut geeignet finde ich die vage Anregung, ich noch ein wenig Bildbearbeitung mache, noch zu einem brauchbar guten Ergebnis dem Bild doch etwas mehr „Tiefe“ zu ver- dann entlockt ihr dies den liebevoll-ironi- aufgearbeitet werden (Abb. 1). leihen. Was sind eigentlich „tiefe Bilder“? schen Kommentar: „Ach, du gehst Bilder Wer im Internet nach „tiefen Bildern“ fälschen!“ Darauf könnte meine Antwort Aber es bleibt das Gefühl, ich hätte es ir- sucht, findet in der Regel zunächst Unter- sein: „Nein, wäre ich ein Maler, würde ich gendwie doch noch besser machen können wasseraufnahmen! Auch nach längerer Su- ein Bild malen!“ … che habe ich keine verbindliche Definition dafür gefunden, was ein tiefes Astrofoto ist. Dieser kleine Kommentar entstand im Dies lässt umgekehrt den Schluss zu, dass Nachgang zu einer äußerst aufwendigen es sich bei der Tiefe um eine mehr oder Bearbeitung von Rohdaten des „Flaming

Journal für Astronomie Nr. 77 | 49

Astrofotografie

Neue Ergebnisse zur Astrofotografie zusammengestellt von Peter Riepe

Man kommt einfach nicht an den zahlrei- Gülpe im Sternenpark Westhavelland. Ka- die CCD-Kamera Fingerlakes ML-16803 chen Bildeinsendungen vorbei, dazu den mera war eine DSLR Canon EOS 6Da mit ohne Binning eingesetzt werden! Aufnah- Bildautoren einen herzlichen Dank! Was Fotoobjektiv Canon EF 1:2,8/100 mm LIS men mit FWHM > 1,6'' blieben unberück- die Fachgruppenmitglieder und auch die MACRO USM. Bei Blende 3,5 und ISO sichtigt. Belichtet wurde wie folgt: Lumi- Freunde der FG Astrofotografie an neueren 1600 wurde 128 x 18 Sekunden belichtet nanz 135 x 5 min und RGB je 29 x 5 min. Bildern vorlegen, muss hier im VdS-Jour- – bei den kurzen Zeiten natürlich ohne Als Software zur Bildbearbeitung wurden nal für Astronomie auch allen VdS-Mitglie- Autoguiding. Als Filter kam ein Optolong Pix­Insight und Photoshop eingesetzt. Man dern gezeigt werden. Dazu dann ein wenig L-Pro XL zur Anwendung, die Montierung sieht sehr schön, dass Sh2-125 nicht nur Text, um die Bilder zu erläutern. war eine Skywatcher StarAdventurer mini. eine HII-Region ist, sondern auch bläu- Ursprünglich war eine längere Belichtungs- liche Reflexionsanteile im Außenbereich Weitwinkelige Aufnahmen haben etwas für zeit vorgesehen, aber immer wieder durch- aufweist. Westlich davon befindet sich um sich! Sie vermitteln – etwa so wie die frü- ziehende Wolkenfelder und böiger Wind den Herbig-Ae/Be-Stern BD+46°3471 der heren Weitwinkelfotos auf Diafilm – ein ließen die Ausbeute auf ca. 29% absinken. blaue Reflexionsnebel vdB 147. unmittelbares Naturerlebnis des Bildau- tors. Klaus Völler gelang am 13.10.2020 in Peter Remmel arbeitet in Hünfelden-Kir- Thomas Wahl aus Oer-Erkenschwick hat Hörnum auf Sylt dieser prachtvolle Anblick berg mit einem Celestron 14 Hyperstar sich IC 63 in der Cassiopeia vorgenom- nach Westen auf die Nordsee, hier als Pa- bei f/1,9. Dazu wurde für dieses Bild eine men (Abb. 5). In seiner Sternwarte setzte norama aus drei Einzelbildern zusammen- ZWO ASI 6200 verwendet. Am 12. und er einen 14-Zoll-Newton mit Paracorr ein, gesetzt (Abb. 1). Direkt über dem Horizont 13.11.2020 war IC 1805 das Ziel und zwar bei 1.840 mm Brennweite. Kamera war eine liegen dichte Kumuluswolken, darüber als Bicolor-Aufnahme (Abb. 3). Die Filter ALccd9 bei -50 °C (!). Belichtet wurde 12 x leichte Schichtwolken. Am Fußpunkt der waren Hα mit 6 nm und [OIII] mit 7 nm 30 min mit Hα-Filter und je 8 x 30 min mit Milchstraße sind im Sternbild Schütze die Halbwertbreite. Belichtet wurde jeweils 100 [OIII]- bzw. [SII]-Filter. Dazu addiert wur- roten Gasnebel M 16 und M 17 auszuma- x 2 min pro Filter. Die Hα-gefilterten Auf- den noch je 16 x 5 min in R, G und B. Für chen. Halblinks in den Wolken schimmert nahmen wurden für den Rotkanal verwen- den nördlichen Rand des Ruhrgebietes ein Jupiter durch, knapp links darüber Saturn. det, die [OIII]-gefilterten für den Grün- recht gutes Ergebnis, natürlich auch dank Hoch ragt die Sommermilchstraße über und auch den Blaukanal. Es wurden auch der Schmalbandfilterungen! Schild, Adler und Schwan bis in den Ce- noch [SII]-Aufnahmen angefertigt, aber pheus empor. Optik und Kamera: Sigma dieses Bicolorbild überzeugte den Bild- Anfang Dezember 2020 bewegte sich der Art 20 mm f/2 mit astromodifizierter Ca- autor doch mehr als die Variante nach der Komet C/2020 M3 (ATLAS) in der Nebel- non 6D. Bei ISO 6400 entstanden die drei Hubble-Palette. region IC 405/410 im Fuhrmann. Norbert Bilder mit jeweils 6 x 13 Sekunden Belich- Mrozek nahm diese schon sehr farbige Re- tungszeit. In PixInsight erfolgte eine Bild- Von kurzen zu langen Brennweiten. Bernd gion zusätzlich mit einem grünen „Kome- ebnung und ein leichtes Entrauschen. Die Wallner zeigt uns Sh2-125, den bekannten ten-Tupfer“ auf (Abb. 6). Teleskop war ein Zusammenführung geschah mit Photo­ Kokonnebel im Schwan (Abb. 4). In sei- Takahashi Epsilon 130D, dazu eine Canon shop und der Funktion Photomerge. nem Zentrum sitzt der offene Sternhaufen EOS Ra als Kamera. Belichtet wurde 50 IC 5146 (= Collinder 470), der auch für die x 3 min bei ISO 1600. Als Filter zur Ver- Jörg Schenk nahm die Schwanregion mit Anregung des Nebels sorgt. Im Juli/August meidung von Lichtverschmutzung durch dem Nordamerikanebel, dem Pelikanne- 2020 waren trotz der kurzen Nächte Lang- nächtliche Ortbeleuchtung wurde ein Idas bel und mit den Nebeln um Gamma Cygni zeitbelichtungen von mehr als 18 Stunden LPS P2 verwendet. Aufnahmeort war am auf (Abb. 2). Datum war der 22.08.2020. in Etappen möglich. Aufnahmeort war die Rande von Halver, ein Ort auf der Grenze Erstmals sehen wir hier ein Astrofoto aus „Chemiestadt“ Burghausen (Bayern), wo zwischen dem Märkischen Sauerland und sich ein 600-mm-Cassegrain in Bernds dem Bergischen Land. Privatsternwarte befindet. Coronabedingt 1 13.10.2020, Panorama der Milchstraße, war die Luft sehr gut mit Seeingwerten Ort: Hörnum/Sylt, Details s. Text (Bild: Klaus um 1''. So konnte im Sekundärfokus bei Völler) f = 4.850 mm und mit Bildfeldkorrektor

Journal für Astronomie Nr. 77 | 51 Astrofotografie

2 22.08.2020, Sternbild Schwan, Zentralregion. Ort: Gülpe/Sternenpark Westhavelland, Details s. Text (Bild: Jörg Schenk)

52 | Journal für Astronomie Nr. 77 Astrofotografie

3 12. und 13.11.2020, IC 1805, Bicolorbild, Ort: Hünfelden-Kirberg, Details s. Text (Bild: Peter Remmel)

Journal für Astronomie Nr. 77 | 53 4 Der Kokonnebel im Sternbild Schwan, Belichtung 18 Stunden im Juli und 5 IC 63 im Sternbild Cassiopeia, Ort: Oer-Erkenschwick, August 2020, Ort: Burghausen/Bayern, Details s. Text (Bild: Bernd Wallner) Details s. Text (Bild: Thomas Wahl) 6 Komet C/2020 M3 (ATLAS) am 09.12.2020 bei IC 405/410 im Sternbild Fuhrmann, Ort: Halver/Märkisches Sauerland/Bergisches Land, Norden ist links, Details s. Text (Bild: Norbert Mrozek)

Journal für Astronomie Nr. 77 | 55 Astronomische Vereinigungen

Führungsbetrieb unter Corona-Beschränkungen von Harald Steinmüller

13. März 2020: Scheinbar ein ganz norma- ge unseres Anbauprojektes wurde entschie- 1 Besucherplattform mit 60-cm-Spiegel- ler Freitagabend. Das Wetter ist nicht ideal. den, den Führungsbetrieb trotz Restriktio- teleskop bei Sonnenuntergang (Bild: AVSO) Trotzdem kommen ein paar Besucher. Aus nen wieder aufzunehmen. den Medien erfährt man immer häufiger, wie schnell sich das Virus ausbreitet. Auch Zunächst stellte sich generell die Frage, zu In Ottobeuren planten wir den ersten öf- im Allgäu sind bereits die ersten Fälle regis- welcher Art von Einrichtungen gehören die fentlichen Besuchertag am 5. Juni. Aller- triert worden. Bund und Länder reagieren. Sternwarten überhaupt? Bildungseinrich- dings war dieser Freitag verregnet und es Die Bayerische Staatsregierung verkündet tungen? Museen? Wie ist die Rechtslage? kam ohnehin kein Publikum. Ein anderer die Schließung der Schulen und verbietet Punkt war noch das allgemeine Versamm- den Betrieb u. a. von Freizeiteinrichtungen, Unter diesem Aspekt begann auch eine Dis- lungsverbot, das sich auf die regelmäßigen in Vereinsräumen etc. kussion unter den Sternwarten der VdS-FG Vereinstreffen bezog. Diese durften noch AV – Region Süd. Zu dem Zeitpunkt hatten nicht durchgeführt werden. 16. März: Sämtliche Vereinsaktivitäten wir (Allgäuer Volkssternwarte Ottobeuren) ruhen, darunter auch der öffentliche Füh- bereits ein erstes Hygienekonzept erarbei- Wir hatten unser Hygienekonzept auch mit rungsbetrieb von Sternwarten. Der viel- tet. Letztendlich wurden Sternwarten mit den anderen Sternwarten geteilt, um auch zitierte „Lockdown“ trifft alle, manche öffentlichem Besucherbetrieb als Freizeit- den Kollegen eine Hilfestellung zu geben, mehr, manche weniger … Ausgerechnet einrichtungen eingestuft – und diese durf- wie so etwas aussehen kann. Natürlich jetzt beginnt eine Schönwetterphase. Für ten ab dem 31. Mai (in Bayern) wieder öff- herrschen überall andere Bedingungen, al- Sternwarten, die auf öffentlichen Besucher- nen – unter den entsprechenden Auflagen. lein schon räumlich gesehen. Sternwarten verkehr finanziell angewiesen sind, ist das mit wenig Platz unter einer Kuppel tun sich besonders bitter. mit der Einhaltung des Mindestabstands da etwas schwerer. Das bedeutete eine gewisse 21. März: Eine allgemeine Ausgangsbe- Umstellung für unser Führungspersonal, schränkung tritt in Bayern in Kraft, die bis welches natürlich aufgrund der trotz Hygi- zum 6. Mai gelten sollte. enekonzept verbliebenen Vorbehalte auch nicht in voller Stärke zur Verfügung stand. Mitte Mai: Erste Bundesländer stellen bereits wieder Lockerungen in Aussicht. Im Wesentlichen musste eine Art der Prä- Museen sollen geöffnet werden. Bayern ist sentation gefunden werden, die auch ohne noch vorsichtig, aber es zeichnet sich ab, Hauptvortrag auskommt und welche die dass ab dem 30. Mai Hotels wieder geöffnet Besucher trotzdem bei Laune hält. Zusam- werden dürfen – und damit auch touristi- men mit einem mobilen Beamer und einer sche Einrichtungen. Soundanlage, mit der auch kurze Videos gezeigt werden konnten, fanden wir schnell Auch in unserer Sternwarte gab es eine Dis- (u. a. mit einem Seilmodell zu den Abstän- kussion, wie wir uns verhalten sollten, aber 2 Präparierte Okulare mit Reinigungs- den der Planeten) eine Möglichkeit, auch aufgrund der finanziellen Situation in Fol- tüchern für die Desinfektion (Bild: AVSO) das Publikum mit einzubeziehen. Und wäh-

56 | Journal für Astronomie Nr. 77 Astronomische Vereinigungen

Unser Hygienekonzept Wesentliche Punkte: 3 Vorführungen im Außenbereich, mit Beamer und Soundanlage • Maximal 20 Besucher (Bemessungsgrundlage war die für Filme und Präsentationen (Bild: AVSO) Größe unseres Geländes), ab Ende Juni konnten wir von den Vorschriften her 40 Personen aufnehmen, wir haben uns aber aufgrund der Sitzplatzmöglichkeiten im rend immer wieder 4-6 Personen zum Tele- Ab November 2020 Außenbereich und der Überschaubarkeit für max. 30 skop gebeten wurden, kamen die anderen in musste die Sternwarte Personen entschieden. den Genuss von Sternbilderführungen. jedoch wieder schließen. • Führung nur auf Anmeldung (da Verpflichtung zur Datenerfassung der Besucher) Personalaufwand: Zwei Vorführer im Fazit aus den • Vorführungen nur im Außenbereich (daher nur bei gutem Außenbereich, ein Empfangschef, der die Führungen in Wetter) Anmeldelisten führt, die Besucher einweist diesen Monaten • Beobachtung am Teleskop nur in Kleingruppen von und grüppchenweise zum Teleskop führt Ein Hygienekonzept 4-6 Personen (Abstandsregelung) sowie ein weiterer Mitarbeiter am Teleskop. bietet Rechtssicherheit, • Maskenpflicht im Innenbereich der Sternwarte und am Aufwand in der Geschäftsstelle für die An- muss aber auch einge- Teleskop meldungen: Hölle! :) halten werden. Je bes- • Regelmäßige Desinfektion der Okulare (nach jeder ser alles organisiert ist Kleingruppe) Bis Ende Juli hatten wir den Beginn der und kommuniziert wird, Führung auf 21 Uhr angesetzt, da auch erst desto wohler fühlen sich nach Sonnenuntergang im Außenbereich auch die Besucher, halten sich an die Vor- kann dabei sogar besser sein als bei einem der Beamer zur Geltung kam und die Pla- schriften und das Ansteckungsrisiko ist Durchlaufbetrieb mit beispielsweise 80 neten Jupiter und Saturn dann erst zu sehen nicht höher als beim Einkaufen im Super- Besuchern. Das bewusste Erleben des Ein- waren. Im August gingen wir zurück auf 20 markt. brechens der Nacht ist auf alle Fälle neu Uhr und im September wieder auf 19:30 dazugekommen und für viele Besucher ein Uhr. Es gab bisher keine Kontrolle von über- eindrucksvolles, vielleicht sogar nachhalti- geordneten Behörden auf Einhaltung der ges Erlebnis. Ab Oktober 2020 sind wir wieder in den In- Vorschriften. Diese Kapazität haben die nenbereich gezogen. Hier konnten wir lei- Ämter einfach nicht. Mindestabstände der nur 10 Personen pro Führung aufneh- können bei Teleskopbeobachtung nicht im- Informationen men, dafür arbeiteten wir in zwei Schichten mer eingehalten werden, da auch die Besu- zur Sternwarte (19:30 und 20:30 Uhr), mit entsprechend cher gewisse Hilfestellung brauchen, aber angepasstem Hygienekonzept. Gruppen- dafür gibt’s die Masken. Allgäuer Volkssternwarte führungen für max. 10 Personen boten wir Ottobeuren e.V. zudem auch während der Woche an. Das Die Okulare sind so präpariert, dass sie Wolferts 40 ist die maximale Anzahl der Besucher, die einfach desinfiziert werden können. Eine 87724 Ottobeuren wir mit Mindestabstand im Vortragsraum begrenzte Anzahl von Besuchern kann [email protected] unterbringen können. Wir hofften, dass wir von einer Mindestbesetzung betreut wer- www.avso.de zumindest so weitermachen könnten. den. Die persönliche Ansprache der Gäste

Journal für Astronomie Nr. 77 | 57 Astronomische Vereinigungen

Der Verein der Sternwarte Roßberg e.V. stellt sich vor von Martin Gammer

Im Jahr 2008 trafen sich acht von der Astro­ nomie begeisterte Freunde in Cham/Ober- pfalz, um einen Astroverein zu gründen. Diesem Entschluss gingen schon viele ge- meinsame Treffen voraus, man traf sich zum Beobachten des Sternenhimmels an den Wochenenden mit den eigenen Tele- skopen an geeigneten dunklen Orten im Landkreis. So entstand eine Gemeinschaft, die sich schnell darüber im Klaren war, dass man dieses schöne Hobby doch bes- ser in einem Verein betreiben könnte. Am 14.03.2008 war es soweit, dass in Cham der Verein gegründet wurde. Als 1. Vor- sitzender wurde Gerhard Pfeifer aus Furth im Wald gewählt, der dieses Amt bis 2014 1 Baubeginn (Bild: Sternwarte Roßberg) versah. Der Verein wurde auf dem Namen: „Sternfreunde Cham e.V.“ getauft. mehrmaligem Beraten auf 7 m x 13 m ver- schlossen hat, dem Verein finanziell unter Schon in den ersten Monaten des Vereins- ändert und aus einer Schiebedachsternwar- die Arme zu greifen, ging es mit dem Bau bestehens wurde von den Mitgliedern be- te wurde eine Sternwarte mit Kuppeldach. aufwärts. Der Traum der Mitglieder, ein schlossen, in den nächsten Jahren eine Hierzu hatte man sich einerseits wegen 20-Zoll-Teleskop zu besitzen, wurde mit eigene Sternwarte zu bauen. Das Ziel war eventuell auftretenden Streulichts und an- Dr. Eckhart von Deuster zur Wirklichkeit. eine kleine Schiebedach-Sternwarte mit dererseits aus Gründen des Windschutzes Ein 20 Zoll Alluna RC auf einer 10Micron- den Ausmaßen ca. 4,0 m x 8,0 m. In den fol- entschieden. Als Schirmherr des Projektes GM4000-Montierung wurde das Herz- genden Jahren wurde intensiv nach einem konnte Bundestagsmitglied Karl Hollmeier stück der Anlage. Die Hälfte der Kosten für geeigneten Standort gesucht, der möglichst gewonnen werden, der den Verein bei ver- die Teleskopanlage übernahm das EU-Pro- wenig Lichtverschmutzung, einen Rund- schiedenen Genehmigungsverfahren auch gramm „Leader“. Die 4,20-m-Kuppel mit umblick sowie eine akzeptable Verkehrsan- tatkräftig unterstützen konnte. einem Öffnungsspalt von 1,70 m wurde von bindung bzw. Zufahrt hatte. Nach zwei Jah- einer ortsansässigen Metallbaufirma zum ren des Suchens wurde dem Verein seitens Der Bau wurde ausschließlich von Vereins- Selbstkostenpreis angefertigt. Als Kuppel- der Gemeinde Chamerau der Vorschlag mitgliedern an Samstagen durchgeführt steuerung wird eine Steuerung von Scope gemacht, auf dem Roßberg (600 Meter Hö- und zog sich deshalb ganze vier Jahre in Dome verwendet, die sich über die Jahre als he) eine Sternwarte zu errichten. Der vom die Länge. Nur die Betondecken und die zuverlässig erwiesen hat. Bürgermeister vorgeschlagene Platz wurde Kuppel wurden von Fachfirmen gebaut. Da als ideal befunden und da man sich mit dem die Sternwarte durch Spenden finanziert Da der Sitz des Vereins durch den Stern- Grundstückseigentümer auch schnell einig werden musste und diese nur schleppend wartenbau in die Gemeinde Chamerau wurde, erwarb der Verein im Frühjahr 2011 eingingen, zog sich auch dadurch bedingt umgezogen war, wurde 2015 eine Namens- das Grundstück mit 1.250 m². die Fertigstellung hinaus. Man hatte sich änderung beschlossen: Seitdem heißt unser aber keinen Termin gesetzt und stand so- Verein „Verein der Sternwarte Roßberg Nach dem Genehmigungsverfahren, das mit auch nicht unter Termindruck. Haupt- e.V.“. Am 17.09.2016 konnte die Sternwar- sich, da das Grundstück im Außenbereich sache, die Sternwarte wurde irgendwann te endlich eingeweiht werden. Natürlich war, in die Länge zog, konnte der Verein fertig. waren Schirmherr, Landrat und Bürger- im August 2011 mit dem Bau der eigenen meister bei der feierlichen Eröffnung an- Sternwarte beginnen. Die Ausmaße der Erst als ein Hauptsponsor gefunden wur- wesend und gratulierten dem Verein und Sternwarte hatten sich inzwischen nach de, ein Gründungsmitglied, das sich ent- den Mitgliedern zu ihrer hervorragenden

58 | Journal für Astronomie Nr. 77 2 Blick aus der Kuppel (Bild: Sternwarte Roßberg)

Journal für Astronomie Nr. 77 | 59 Astronomische Vereinigungen

3 Gründungsmitglieder (Bild: Sternwarte Roßberg)

Arbeit und dem Gelingen des Vorhabens. Der seit 2014 amtierende Vorstand Martin Gammer dankte allen Mitgliedern für das außer- ordentliche Engagement, das sie in den letzten Jahren für den Ver- ein aufgebracht hatten. Als Dank für den Hauptsponsor wurde die Sternwarte auf den Namen: „Dr. Eckhart von Deuster Sternwarte“ getauft und auf einem beleuchteten Metallschild, das außen an der Sternwarte angebracht ist, verewigt.

Seither ist die Sternwarte Anlaufpunkt für alle Astronomie-Inte- ressierten in der Region und dient den Schulklassen im Landkreis zu Schulungszwecken. Das Vereinsziel für die nächsten Jahre ist 4 Mitglieder beim Bau (Bild: Sternwarte Roßberg)

5 Kuppel von außen (Bild: Sternwarte Roßberg)

60 | Journal für Astronomie Nr. 77 Astronomische Vereinigungen

6 Sternwarte bei Nacht (Bild: Sternwarte Roßberg)

es, eine Jugendgruppe aufzubauen. Ver- IMPRESSUM antwortliche sind bereits in den Schulen im Landkreis unterwegs, um für das Pro- VDS-JOURNAL FÜR ASTRONOMIE jekt in den Schulklassen zu werben. Für Vereinszeitschrift der Vereinigung der Sternfreunde e.V. (VdS) die nahe Zukunft ist eine weitere kleinere Hier schreiben Sternfreunde für Sternfreunde. Schiebedach-Sternwarte geplant. Diese soll das Sonnenteleskop, ein Lunt 150 auf einer Herausgeber: Vereinigung der Sternfreunde e.V. (VdS) CGEM DX, das schon 2018 angeschafft Geschäftsstelle: Postfach 1169 | 64629 Heppenheim | GERMANY wurde, beherbergen, sowie ein 16-Zoll- Telefon: +49 62 52 78 71 54 | Fax: +49 62 52 78 72 20 Meade auf einer 100er-Fornax, welches [email protected] | www.sternfreunde.de dem Verein von einem Mitglied überlassen Redaktion: Dietmar Bannuscher, Dr. Werner E. Celnik, Otto Guthier, wurde. Sven Melchert. Redaktionelle Mitarbeit der VdS-Fachgruppen-Redakteure und VdS-Mitglieder Um noch mehr Platz zu schaffen, wurde Bearbeitung von Bildern und Grafiken: Dr. Werner E. Celnik und die Autoren 2019 ein Nachbargrundstück erworben. Gestaltung/Layout: Bettina Gessinger, Dipl. Designerin Der Verein kann nun knapp 3.000 m² Herstellung & Anzeigen: Kullmann & Matic GbR, [email protected] Grund sein Eigen nennen und ist gerüstet Druck: Raff & Wurzel Druck GmbH, Riederich für jede Erweiterung der Sternwarte. Vertrieb: Werner Teutsch GmbH, Laudenbach Bezug: „VdS-Journal für Astronomie“ erscheint viermal pro Jahr und ist im Mitgliedsbeitrag von 40,- E (EU) und 45,- E (außerhalb der EU) bzw. ermäßigt 25,- E pro Jahr enthalten. Beiträge: Beiträge für die Rubriken der VdS-Fachgruppen werden erbeten an die Redakteure der Fachgruppen (Adressen siehe Seite 124 und unter www.sternfreunde.de). Andere Beiträge senden Sie bitte an die VdS-Geschäftsstelle, Postfach 1169, 64629 Heppenheim, E-Mail: [email protected].

Journal für Astronomie Nr. 77 | 61 Astronomische Vereinigungen

10 Jahre Forum Stellarum – eine lokale Amateur-Astronomie-Gruppe stellt sich vor (Teil 2)

von Florian Bleymann, Ulf Fiebig, Uwe Schultheiß und Simon Manger

Was wir machen Neben unseren im ersten Beitrag (Teil 1 des Beitrags erschien im VdS-Journal für Astro­ nomie 76, S. 80-83) erwähnten Stamm- tischen im Einzugsgebiet der Mitglieder diskutieren wir über alle möglichen Astro­ nomie-Themen, verabreden uns (auch mal über die Forum-Stellarum-WhatsApp- Gruppe) zu lokalen Teleskoptreffen, Aus- flügen oder Vorträgen von Mitgliedern oder mit professionellen Astrophysikern.

Monatlicher Stammtisch Im Februar 2018 wurde der 100. Astro- Stammtisch des Forum Stellarum gefeiert (Abb. 1). In der Regel treffen sich zwischen 1 100. Jubiläumsstammtisch 2018 in Kitzingen (Foto: Florian Bleymann) 10 bis 25 Mitglieder zu den Vorträgen und Stammtischen. Dazu kommen auch immer wieder Astronomie-Interessierte aus der mäßigen Abständen zu den verschiedens- Öffentlichkeitsarbeit fränkischen Region. ten Themen gehalten werden. Auch Pro- Ob Fragen zu allgemeinen astronomischen fi-Astronomen und Physiker konnten wir Themen oder Beratung, welches Teleskop Beim Stammtisch werden natürlich die ak- schon als Referenten begrüßen (Abb. 2). nun das richtige Einsteigergerät sei – wir tuellsten, astronomischen Themen behan- helfen allen Ratsuchenden. Lokale Tele­ delt, Informationen zur Astrofotografie, Te- Durch die regelmäßigen Treffen sind auch skoptreffen und der Astronomietag sind leskope, Montierungen und Zubehör kom- viele Freundschaften entstanden, die über ein ideales Format dafür. men nicht zu kurz. Besonders zu erwähnen das gemeinsame Hobby hinausgehen. sind die wirklich sehr guten Vorträge, die Doch es bleibt die Astronomie, welche uns Zweimal im Jahr, im Frühjahr und im von Mitgliedern immer wieder in unregel- am meisten miteinander verbindet. Herbst, veranstalten wir ein Teleskoptref-

2 101. Stammtisch – Vortagsabend mit Prof. Dr. Harald Pfeiffer zu Gravitationsphysik und –wellen (Foto: Christoph Gerhard)

62 | Journal für Astronomie Nr. 77 Astronomische Vereinigungen

3 Mondfinsternis 2018, Treffen bei Nordheim bei Volkach in Mainschleife (Foto: Florian Bleymann)

4 Astronomietag 2018 (Foto: Florian Bleymann)

Journal für Astronomie Nr. 77 | 63 Astronomische Vereinigungen

Astrourlaub Manche Mitglieder gehen hin und wieder ge- meinsam auf Reisen, speziell verabreden sie sich zum Astrourlaub. Reiseberichte im Fo- rum oder bei einem der Stammtische stellen die Eindrücke und Erlebnisse detailliert vor.

So verschlug es unsere Mitglieder auch 5 Vortrag Kinderakademie, Ulf Fiebig und Pater Christoph Gerhard schon in den hohen Norden Finnlands, um bei klirrender Kälte am Inarijärvi Jagd auf Polarlichter zu machen. Bei hellen, wie fen. Das gemeinsame Beobachten, bei dem Als schönes Beispiel sei hier ein Fernglas- Flammen züngelnden Auroren fingen sie unterschiedlichste Teleskoparten am Start helm genannt, welcher die freihändige Be- die Magie dieses Schauspiels mit ihren Au- sind, ist für alle immer wieder ein besonde- nutzung eines 10x50-Fernglases ermög- gen und Kameras ein. Neben so viel Glück res Erlebnis (Abb. 3). licht. Als Basis dient hierzu ein robuster kam es zudem zu einem Meteorfall, der mit Motorradhelm, an dem eine Montagekon- einem lauten Knall kurzzeitig durch die er- Am Astronomietag nehmen wir mit Veran- sole für Nachtsichtgeräte angebracht ist. leuchtete Nacht hallte. staltungen in Kitzingen, Gerchsheim und Um das Fernglas mit dem Helm zu verbin- Münnerstadt teil. Einige Forenmitglieder den, wurde aus Stahlblech eine schwenk- Einzelne Mitglieder sind zudem regelmä- sind auch im Raum Nürnberg an diesem bare Halterung gebaut. Hiermit lässt sich ßig auf La Palma anzutreffen. Die abwechs- besonderen Tag tätig. Hier stellen wir unser zudem das Fernglas exakt auf den Beobach- lungsreiche Landschaft dort gibt u. a. unse- Hobby der Öffentlichkeit vor, ein Unterfan- ter einstellen. 2016 wurde dieser Eigenbau ren Astrofotografen zahllose Motive, die gen, das fast immer von mehr als 100 Be- sogar auf dem ITV prämiert. sich zusammen mit dem brillanten Sternen- suchern, in Kitzingen z. T. mehr als 250 Be- himmel ablichten lassen. Der Sonnenauf- suchern, gerne angenommen wird (Abb. 4). Unternehmungen gang auf dem Gipfel des Roque de Los Mu- Die Mitglieder des Forum Stellarum unter- chachos ist dort der krönende Abschluss Kinderakademie nehmen regelmäßig gemeinsam Ausflüge einer jeden Beobachtungsnacht. Für die „Kinderakademie Kitzinger Land“ zu Messen, Vorträgen, Workshops oder haben Christoph Gerhard und Ulf Fiebig machen auch gemeinsam Astrourlaub. Ein Natürlich darf beim Thema Reisen die Des- [1] einen Vortrag zum Thema Sonnen- Highlight des Jahres ist im März/April im- tination Namibia nicht fehlen. Egal ob Ka- system mit vielen eigenen Fotos und mit mer die Würzburger Frühjahrstagung der lahari oder Hakosberge – der Südsternhim- großem Erfolg abgehalten. Aus geplanten VdS im dortigen Friedrich-König-Gym- mel hat bislang jeden, der von uns dort war, 45 Minuten wurden schnell über 60, denn nasium. Wir erleben gemeinsam die ab- in seinen Bann gezogen. Wenn das Zentrum die Kinder waren mit so viel Begeisterung wechslungsreichen Vorträge von VdS-Mit- der Milchstraße einen selbst Schatten wer- dabei und stellten so viele Fragen, dass die gliedern, Profi-Astronomen und unserer fen lässt, dann geht einem dieses erhabene Referenten kaum nachkamen (Abb. 5). Mitglieder. Gefühl nie mehr aus dem Kopf (Abb. 6).

Lokale Teleskopspezialisten Astromessen Vorträge, Veröffentlichungen und Das Spektrum unserer Selbstbauer ist sehr Ob man sich jetzt neue Ausrüstung an- Wissenschaftliches breit gefächert. Egal ob Spiegelzelle, Tablet- schaffen möchte oder nicht, der gemein- Einige Mitglieder sind immer „am Puls der Gehäuse oder Montierungsoptimierung same Besuch einer Astromesse, z. B. der Zeit“: Vorträge und Veröffentlichungen – mittels konventioneller Maschinen und AME, lohnt sich immer und macht mit von Mitgliedern gibt es regelmäßig, so z. B. CNC-gestützter Anlagen setzen wir unsere anderen Astrobegeisterten noch viel mehr von Pater Christoph Gerhard [2] aus dem Ideen in die Wirklichkeit um. So werden Spaß. Ein paar Mitglieder stellen auch re- Kloster Münsterschwarzach sowie Win- selbst hochwertige Refraktoren geplant und gelmäßig selbst auf den Messen aus, u. a. die fried Berberich z. B. u. a. mit der Uranome- gefertigt. Astro-Optik-Manufaktur. tria [3].

64 | Journal für Astronomie Nr. 77 Astronomische Vereinigungen

6 Beobachten in Namibia (Foto: Simon Manger)

Literatur- und Internethinweise (Stand: Mai 2020): [1] U. Fiebig, Homepage: www.y-auriga.de [2] Pater Chr. Gerhard: „Klostersternwarte Abtei Münsterschwarzach“, www. klostersternwarte.de [3] W. Berberich, 2010: „Uranometria“, Nachdruck, ISBN 978-3-934223-35-6, KunstSchätze Verlag Gerchsheim, www.fzb-ateliers.com/uranometria. html

Journal für Astronomie Nr. 77 | 65 Astrophysik & Algorithmen

Lichtablenkung durch Gravitation von Uwe Pilz

Im vorigen Heft habe ich beschrieben, auf welche Weise der Raum um ein Schwarzes Loch gekrümmt ist. Genau längs dieses gekrümm- ten Raumes bewegt sich das Licht, wenn es in das Schwarze Loch hi- neinfällt.

Diesen Aufsatz widme ich dem wesentlich interessanteren Fall, in dem ein Photon ein Schwarzes Loch oder ganz allgemein eine Masse- kugel passiert und dabei nur abgelenkt wird. Wie schon im vorigen 1 Heft erläutert, gibt es eine seltsame Differenz zwischen dem zurück- gelegten Weg und der Annäherung an ein Gravitationszentrum. Die- ses kann man dadurch modellieren, dass der Raum in eine höhere Dimension eingebettet und in dieser gekrümmt ist. Anschaulich wird dies nur, wenn wir eine Raumdimension weglassen und diese der „Einbettung widmen“. In der Abbildung 1 habe ich den Weg von zwei Photonen aufgezeichnet, welche die Äquatorebene eines Schwarzen Loches passieren. Das grüne Quant wird lediglich abgelenkt, wäh- rend das rote tief in den Gravitationstrichter hineingerät, was dazu führt, dass es seine eigene Bahn kreuzt. Diese hier nach oben gerich- tete Koordinate ist nur eine Modellvorstellung zur Raumkrümmung. Diese Koordinate „existiert“ nicht im wirklichen Sinn. Punkte außer- halb der Trichterfläche haben keinen physikalischen Sinn. Wirklich sichtbar sind die Bahnen so, als würden wir von oben auf dieses Ge- bilde schauen.

Die Bewegung in der Äquatorebene lässt sich am einfachsten in Po- larkoordinaten beschreiben, also dem Winkel φ und dem Abstand r vom Massenzentrum. φ ist dabei so gewählt, dass er im Punkt der 2 größten Annäherung an das Massezentrum Null ist (Abb. 2).

Die Bewegung eines Photons wird durch eine Differenzialgleichung beschrieben. Ich habe auf unserer Fachgruppenseite [1] im Bereich Algorithmen, Lektionen, Analysen eine Lektion hierzu verfasst. Kurz gesagt, beschreiben Differenzialgleichungen den Zusammenhang zwischen zwei oder mehr Variablen. Dieser Zusammenhang ist nicht direkt gegeben, sondern wird beschrieben als Ausmaß der Änderun- gen in jedem Punkt. Differenzialgleichungen lassen sich zumindest numerisch berechnen, indem man von einem Startpunkt mit gege- benen Eigenschaften schrittweise vorwärts rechnet. Im VdS-Journal für Astronomie 73 habe ich diese Methode für die Bahnbewegung im Gravitationsfeld erläutert – dies ist auch eine Differenzialgleichung.

In unserem Fall beschreibt die Gleichung den Zusammenhang zwi- schen der Änderung des Abstandes r und der Änderung des Winkels φ:

3

66 | Journal für Astronomie Nr. 77 Astrophysik & Algorithmen

In dieser Formel sind alle Radien auf den Schwarzschildradius rs bezogen. Der gerade betrachtete Abstand ist r. Es gibt einen kleinst- Python-Programm: möglichen Abstand vom Massezentrum, hier bezeichnet mit r0, welcher angibt, welchen der vielen Lichtstrahlen wir gerade be- from turtle import * trachten. Jedes r0 definiert damit einen anders abgelenkten Licht- from math import * strahl. def plot(x,y): # einen Punkt setzen Die Formel gilt auch für Massekugeln, die keine Schwarzen Löcher penup() sind. Dennoch muss der Schwarzschildradius berechnet werden, goto(50*x,50*y) um die Radien zu skalieren. Für ausgedehnte Objekte handelt es pendown() sich um den Radius, den die Massekugel einnähme, wenn sie zum dot(3) Schwarzen Loch kollabieren würde. Für die Sonne beträgt er etwa hideturtle() 3 km. def Circle():

Wenn man irgendeinen bekannten Startpunkt (r1, φ1) findet, dann w=0 kann man durch Einsetzen in die Formel die Änderung dr / dφ an for i in range (1000): diesem Punkt berechnen. Dieser Wert ist die Ableitung der Bahn- x=cos(w) kurve, also die Steigung in diesem Punkt. Für eine kleine Winkel- y=sin(w) änderung Δφ kann man diese Steigung als konstant annehmen und plot(x,y) daraus eine neues Paar (r, φ) bestimmen: w=w+2*pi/1000

φ2 = φ1 + Δφ # Hauptprogramm r = r + Δφ · dr / dφ 2 1 r0=float(input("r0: ")) Dies fortsetzend gelangt man schrittweise zum Verlauf des Licht- tracer(0,0) # Turtle aus weges (Abb. 3). Als einziger Parameter muss r0 angegeben werden. Circle() r=1.00000001*r0 Für die Berechnung benötigen wir noch einen kleinen Trick: Genau phi=0 bei r = r0 ist dr / dφ Null. Damit würde die Rechnung nicht starten. Delta=1e-3 Aus diesem Grund beginnt das Programm mit einem Radius, der while r<10: ein ganz klein wenig über r0 liegt: Es ist einzusehen, dass für die for i in range (10): meisten Fälle auch der Winkel nur sehr wenig von dem Ausgangs- drdphi=r*r*r*r/(r0*r0*r0) wert entfernt liegt und dies in der allgemeinen Rechenungenauig- drdphi=drdphi*(r0-1)-r*(r-1) keit untergeht. if (drdphi<0): print("Fehler: r0 ist ungueltig")

Die Abbildung 3 enthält die Bahnen für zwei verschiedene Werte r0. drdphi=sqrt(drdphi) Es lässt sich theoretisch begründen und auch mit dem abgedruck- r=r+Delta*drdphi ten Programm experimentell nachweisen, dass ein tangential an phi=phi+Delta einem Schwarzen Loch vorbeifliegendes Photon einen Mindestab- x=r*cos(phi) stand von 1,5 · rs haben muss. Bahnen weiter innen führen nicht zur y=r*sin(phi) Passage des Loches, sondern dazu, dass das Photon in das Schwarze plot(x,y) Loch hineinfällt. # auch nach unten zeichnen x=r*cos(-phi) Internethinweis (Stand Dez. 2020): y=r*sin(-phi) [1] VdS-Fachgruppe Astrophysik und Algorithmen: plot(x,y) fg-astrophysik.vdsastro.de update()

Journal für Astronomie Nr. 77 | 67 Atmosphärische Erscheinungen

2019 und 2020 – Zwei ungewöhnliche Jahre mit Leuchtenden Nachtwolken von Claudia Hinz

Was ist nur mit den Leuchtenden Nacht- wolken (NLC) los? Findet man in älteren Büchern oft noch den Hinweis, dass sie südlich des 50. Breitenkreises nicht auftre- ten können, scheinen die Displays in den letzten Jahren immer größer und bis weit nach Südeuropa sichtbar zu werden.

NLC sind normalerweise in der nautischen Dämmerung bei Sonnentiefen zwischen 6° und 16° am Nordwest- bis Nordostho- rizont zu sehen. Die silbrig schimmernden und fein strukturierten Wolkenstrukturen entstehen Ende Mai bis Anfang August in der Mesopause in einer Höhe von durch- schnittlich 82 km. Damit sich in solchen Höhen bei der sehr geringen Wasserdampf- konzentration überhaupt Eiswolken bil- den können, sind sehr tiefe Temperaturen unter minus 130 °C notwendig. Aufgrund der interhemisphärischen Zirkulation tre- ten diese Temperaturen in den nördlichen Breiten nur zwischen Ende Mai und An- fang August auf. Zudem sorgen im Sommer höhere Winde dafür, dass die Eisteilchen über größere Entfernungen transportiert werden. Die Lebensdauer einzelner Eispar- tikel dürfte in der Größenordnung einiger Stunden liegen, bis sie durch Absinken und Südwärtsverlagerung wieder sublimieren. Deshalb verändern sich die feinen Struktu- ren der NLC fortlaufend.

Erstmals wurden Leuchtende Nachtwol- ken im Jahre 1885 nach dem Ausbruch des Vulkans Krakatau beobachtet. Binnen kur- zer Zeit wurden etwa 18 Kubikkilometer Asche ausgeworfen und die Eruptionssäule erreichte eine Höhe von 80 km. So wurde die kalte Mesopause mit zahlreichen Aero- solpartikeln bereichert und es gab in den Sommermonaten erstmalig in der späten Dämmerung seltsame weißblau bis silbern schimmernde Wolken zu beobachten. Seit- 1 Leuchtende Nachtwolken am Abend des 21.06.2019 bis 45° Süd in Schwarzenberg/ dem sind immer wieder Beobachtungen Erzgebirge, Aufnahmebrennweite 8 mm. (Bild: Wolfgang Hinz) überliefert.

68 | Journal für Astronomie Nr. 77 Atmosphärische Erscheinungen

Seit den 1980er-Jahren werden sie in 2 Formenvielfalt der hellen NLC vom Abend des 21.06.2019 in Schwarzenberg Deutschland kontinuierlich beobachtet. (Bild: Claudia Hinz) Ich selbst bin jetzt zusammen mit meinem Mann seit über 25 Jahren dabei. Mein bis- heriger Höhepunkt waren die bis in den Aber in den letzten beiden Jahren wurde + 2). In unseren Breiten (50° N) reichten sie Zenit sichtbaren NLC am 29.06.1998. An- auch für mich persönlich alles Bisherige um 21:45 Uhr MESZ bei einer Sonnentiefe sonsten wurden meine Beobachtungs- übertroffen. Nicht nur, dass die Saisons von nur 3 Grad über den Zenit bis 45° Süd! standorte Chemnitz, das oberbayerische ungewöhnlich früh begannen, es gab auch Und das in einer Helligkeit, die einem den Inntal und nun das Erzgebirge mit NLC einen Höhepunkt nach dem nächsten und Atem raubte! Wer hätte vor einigen Jahren eher stiefmütterlich behandelt und von den die NLC waren auf Webcams selbst in Sizi- gedacht, dass wir hier im Erzgebirge einmal Nächten, in denen die NLC bis weit in den lien oder Kroatien noch nachweisbar. Süd-NLC sehen würden! Sie zogen sich an- Süden reichten, waren die meisten bewölkt. schließend ziemlich schnell in den Norden Auf mehr als 3-5 Sichtungen pro Sommer- 2019 begann die Saison in Norddeutschland zurück und auch die Helligkeit nahm ab. saison sind wir nur sehr selten gekommen. bereits Ende Mai und schon am 08./09.06. Schließlich verdeckten tiefe Wolken das In den letzten Jahren scheint es bereits eine wurden erste NLC bis Mitteldeutschland Geschehen und ließen den geplätteten Be- Zunahme gegeben zu haben, allerdings (Dresden) gesichtet, die allerdings im Erz- obachter sprachlos zurück. Wir glaubten, sind die deutschlandweiten Ergebnisse gebirge hinter dickem troposphärischem so etwas Fantastisches nie wieder erleben nicht mehr mit früheren Beobachtun- Gewölk verborgen blieben. In der Nacht zu dürfen. Insgesamt konnten wir 2019 in gen vergleichbar, denn bei einer ständig 09./10.06. wurde in San Francisco Bay, Ca- 9 Nächten NLC beobachten, was ebenfalls wachsenden Beobachterzahl mit immer lifornia (37° 51’ N), das bisher weltweit süd- einen persönlichen Rekord darstellt. empfindlicheren Kameras und einer zu- lichste Auftreten dokumentiert. nehmenden Zahl an hochempfindlichen 2020 wurden im Norden die ersten (wenn Webcams nehmen die Erfolgsnächte natür- Am 13./14.06. klappte es endlich auch im auch extrem schwachen) Nachtwolken be- lich stark zu. Inzwischen ist die Beobach- Erzgebirge. Am fast klaren Himmel zeig- reits am 19./20.05. erspäht und schon am ter- und Webcamdichte so groß, dass kaum ten sich abends helle und am Morgen un- 26./27.05. zeigten auch die Alpenwebcams eine NLC-Nacht unentdeckt bleibt, sind die gewöhnlich helle NLC. Was wir allerdings erste NLC. Das ist der früheste Nachweis im zarten Wolken auch noch so schwach. in der Nacht vom 21./22.06. geboten beka- Alpenraum! men, haben wir so noch nicht erlebt (Abb. 1

Journal für Astronomie Nr. 77 | 69 Atmosphärische Erscheinungen

Im Erzgebirge begann die Saison immer- hin sieben Nächte früher als 2019 und zwar gleich so, dass uns Beobachtern die Kinn- lade herunterklappte. Denn am 06./07.06. zeigten sich die sonst im Norden gewohn- ten NLC nicht nur bis weit in den Südwes- ten, sondern sie reichten fast bis in den Ze- nit hinauf. Das versprach eine gute Saison zu werden (Abb. 3 - 7).

Am Abend des 16.06. zeigte die Mesosphä- ren-Radarmessung des Leibniz-Instituts für Atmosphärenphysik Kühlungsborn [1] zahlreiche Echos, die das Auftreten von NLC wahrscheinlich machen. Leider ver- hinderten Wolken die ungetrübte Beob- achtung, aber auch an diesem Abend zeig- ten sich um 22:00 Uhr MESZ im Westen bei einer Sonnentiefe von nur 5° verdächtige Strukturen in Zenitnähe, die mit zuneh- mender Dunkelheit immer heller wurden und rasch an Höhe abnahmen.

Die unvergesslichste Nacht war allerdings die vom 05. zum 06. Juli, die alles über- traf, was wir in 25 Jahren kontinuierlicher NLC-Beobachtung je erlebt haben. Bereits um 21:50 Uhr MESZ waren die ersten Wol- ken zu sehen, und zwar vom Zenit bis 30° über dem Südhorizont! Mit zunehmender Dunkelheit zogen sie sich in außergewöhn- licher Helligkeit nach Norden zurück und strahlten dort, bis kurz vor 23 Uhr MESZ die nahenden Wolken der Kaltfront alles bedeckten. Diese NLC waren auch sehr weit südlich zu sehen, selbst auf einer Webcam in Mazedonien auf dem 41. Breitengrad waren sie noch nachweisbar. Vielerorts boten diese Leuchtenden Nachtwolken zu- sammen mit dem Komet NEOWISE einen unvergesslichen Anblick (Abb. 5).

Insgesamt gehen 2020 sieben NLC-Nächte in unsere Statistik ein, allerdings muss er- wähnt werden, dass arbeitsbedingt kaum 3 Leuchtend helle NLC am Abend des 15.06.2020 in Grünstädtel/Erzgebirge, Morgenbeobachtungen möglich waren. Aufnahmebrennweite 8 mm (Bild: Claudia Hinz)

70 | Journal für Astronomie Nr. 77 Atmosphärische Erscheinungen

4 Süd-NLC am Abend des 15.06.2020 in Grünstädtel/Erzgebirge, 5 Zarte NLC zusammen mit Komet NEOWISE am Abend des Aufnahmebrennweite 8 mm (Bild: Claudia Hinz) 18.07.2020 in Grünstädtel/Erzgebirge (Bild: Claudia Hinz)

Journal für Astronomie Nr. 77 | 71 Atmosphärische Erscheinungen

6 Wenn die NLC in den Erdschatten eintreten, nehmen sie durch die Reststreuung eine rötliche Färbung an, aufgenommen am Abend des 30.06.2020 in Markersbach/Erzgebirge. (Bild: Wolfgang Hinz)

7 Früher eher die Ausnahme, in den letzten Jahren immer häufiger: Leuchtende Nachtwolken von den Alpen aus beobachtet, am 05.07.2020 auf dem Meteorologischen Observatorium Hoher Sonnblick (3.106 m) in den Hohen Tauern, Österreich. (Bild: Hermann Scheer) Atmosphärische Erscheinungen

Rückblickend kann man sagen, dass die Einige Forscher vermuten zudem, dass der Spannend wird auf jeden Fall, ob sich auch Mesopause, in welcher die Wolken auftre- Klimawandel auch am Rand der Erdatmo- in den kommenden Jahren der Trend im- ten, in beiden Jahren ungewöhnlich kalt war sphäre Auswirkungen hat. In der Meso- mer südlicher auftretender Leuchtender und die notwendigen -130 °C erstreckten pause führen Kohlendioxid, Methan und Nachtwolken fortsetzt, vor allem auch bei sich teilweise auf über 10 km Schichtdicke andere Gase im Gegensatz zur erdnahen der hoffentlich bald wieder ansteigenden (76-87 km). In Lehrbüchern ist als Höhe Atmosphäre zur Abkühlung. 40-jährige Sonnenaktivität. des Auftretens noch 80-85 km genannt. Messungen des Leibniz-Institutes ergaben Auf der Grafik der Mesosphären-Radar- eine mittlere Abkühlung von 16 K. Zudem Internethinweise messung musste bereits die Skala erweitert werden die Gase von der starken UV-Strah- (geprüft Dezember 2020): werden. Was ist die Ursache? Solch hoch lung zersetzt. Der freigesetzte Wasserstoff [1] Leibniz-Institut für Atmosphärenphy- reichende Vulkanausbrüche wie Kraka- verbindet sich mit Sauerstoff zu Wasser, sik, Homepage: www.iap-kborn.de/ tau hat es in letzter Zeit nicht gegeben. In was bei Temperaturen unter -130 °C zu Eis forschung/abteilung- Wissenschaftskreisen liest man von einer gefriert. Welche langfristigen Folgen dies, radarsondierungen/aktuelle- Feuchtezunahme und von einer Abküh- außer der Zunahme von NLC, haben könn- radarmessungen/oswin- lung der Mesopause durch das ungewöhn- te, ist noch unbekannt. mesosphaere/ lich lange Sonnenfleckenminimum. Dies [2] AKM e.V. Forum: „Forum für atmo- könnte auch die Ursache dafür sein, dass Seit Jahren diskutiert wird zudem die Rol- sphärische Erscheinungen“, https:// Staubpartikel aus dem Weltraum, die sonst le von Meteoroidenstaub. Jeden Tag treten forum.meteoros.de/ vom Sonnenwind verblasen werden, nun in zahlreiche Meteoroide in die Erdatmosphä- [3] Fichtelberg im Erzgebirge und Um- die Erdatmosphäre eindringen und in der re ein. Sie zerfallen zu Staub und bilden Ker- gebung: „Wetter und Landschaft auf Mesopause als Kondensationskeime für die ne für Eiskristalle, die letztlich für die Bil- Sachsens höchstem Gipfel“, https:// Wolkenbildung dienen. dung der NLC verantwortlich sein könnten. fichtelbergwetter.wordpress.com/ Skyguide 2021 – 1 (Frühling) von Robert Zebahl und René Merting

1 Übersichts- karte der Objekte für Skyguide 2021-1, erstellt mit Cartes du Ciel (Bild: Robert Zebahl)

Journal für Astronomie Nr. 77 | 73 Deep Sky

Das Sternbild Luchs (lat. Lynx) ist recht un- (Arp 6, Bärentatzengalaxie) und IC 2233 scheinbar und wurde durch den polnischen oder auch den Planetarischen Nebel Jones- Astronomen Johannes Hevelius (1611- Emberson 1 (PK164+31.1). Sternhaufen 1687) eingeführt, um die Lücke zwischen aus den bekannten Katalogen wird man da- den Zwillingen und dem Großen Bären zu gegen vergeblich suchen. Dafür bietet der schließen. Lediglich der hellste Stern, Al- Luchs noch viele Doppel- und Mehrfach- pha Lyncis (3,1 mag), erhielt eine Bezeich- sterne. Besonders schön ist das Dreifach- nung mit griechischem Buchstaben. Den system 12 Lyncis (STF 948) im nördlichen anderen, helleren Sternen wurden Flam­ Teil des Sternbildes. steed-Nummern zugewiesen. Interessant 2 Doppelstern STF 1334, Zeichnung ist auch, dass zur Zeit der Flamsteed-Num- am 22.01.2019 von Robert Zebahl, 63 mm/ Für unsere Tour starten wir aber ganz im merierung die Sternbildgrenzen noch nicht 840 mm-Zeiss-Telementor (V = 140x) Süden bei Alpha Lyncis, wo sich zwei schö- genau festgelegt waren. Dies geschah erst im ne Doppelsterne befinden. 38 Lyncis (STF frühen 20. Jahrhundert durch die Internati- 1334) ist ein recht ungleiches Paar (3,9 und onale Astronomische Union (IAU), welche Bären zu finden ist. Auch in anderen Stern- 6,1 mag) mit einem Winkelabstand von 2,5 hierfür den Astronomen Eugène Delportes bildern lassen sich solche Beispiele finden. Bogensekunden. Ein Teleskop mit einer beauftragte. Durch diesen Umstand liegen So unscheinbar das Sternbild auch sein Öffnung von etwa 60 mm wird den schwä- heute Sterne wie 10 Ursa Majoris im Stern- mag, so findet man hier eine Reihe lohnen- cheren Begleiter lediglich als Aufhellung im bild Luchs, während 41 Lyncis im Großen der Objekte wie die Galaxien NGC 2537 ersten Beugungsring der Hauptkomponen-

3 Galaxie NGC 2683. Links: Zeichnung am 23.03.2020 von Robert Zebahl, 102 mm / 1.122 mm-ED-Refraktor (V = 62x) unter städtischen Bedingungen (Bortle 6). Rechts: Fotografie am 10./11.04.2020 von David Wemhöner, 2,5 Std. Belichtung mit ASI294mcPro und 10-Zoll- Truss-Newton (f/4,7).

74 | Journal für Astronomie Nr. 77 Deep Sky Anzeige

4 Galaxie NGC 2782, Quelle: Pan- STARRS, gemeinfrei

te zeigen (Abb. 2). Ab 100 mm Öffnung ist eine klassische Trennung aber gut machbar. Hohe Vergrößerungen sind erforderlich. Die Farbe wird als weiß, gelb oder gar orange beschrieben.

Zwischen Alpha und 38 Lyncis findet sich noch der Doppelstern STF 1333. Der Win- kelabstand ist mit 1,9 Bogensekunden zwar geringer, aber die Komponenten sind mit 6,6 und 6,7 mag nahezu gleich hell, so dass eine Trennung mit 60 mm Teleskopöffnung bei hoher Vergrößerung möglich ist. Auch hier werden die Komponenten weiß oder gelblich wahrgenommen.

Weiter westlich liegt die Galaxie NGC 2683, welche sich nahezu in Kantenlage präsen- tiert und mit einer scheinbaren Gesamthelligkeit von etwa 9,7 mag hell genug ist, um auch in kleineren Teleskopen unter Vorstadtbedingungen gut beobachtet werden zu können. Durch ihr Aussehen wird sie auch UFO-Galaxie genannt. NGC 2683 ist eine Spiralgalaxie vom Hubble-Typ Sb mit aktivem Galaxienkern. Unter eher städtischen Bedingungen (Bortle 6) lässt sie sich gut mit 100 mm Teleskopöffnung beobachten und zeigt sich länglich, aber ohne nennenswerte Helligkeitszunahme Richtung Zentrum (Abb. 3 links). Unter dunklem Landhimmel (Bortle 3) ist sie auch mit einem 18x70- Fernglas gut erreichbar und erscheint als homogener, schmaler Nebel. Die Galaxie ist in einem schönen Sternumfeld eingebettet und lohnt sich ebenfalls für Fotografen (Abb. 3 rechts).

Nördlich von Alpha Lyncis finden wir noch die deutlich schwächere Galaxie NGC 2782 (Arp 215) mit einer scheinbaren Gesamthelligkeit von ca. 11,6 mag (Abb. 4). Die visuelle Herausforderung hier besteht in der Erkennbarkeit der äußeren Spiralarme. Vor allem östlich der Galaxie ist auf Fotografien ein weit auslaufender Spiralarm zu erkennen. Unter einem Vorstadthimmel (Bortle 6) ist die Galaxie bereits mit 152 mm Teleskopöffnung bei mittlerer Vergrößerung indirekt als eher kleiner, schwacher, leicht kondensierter Nebel zu sehen. Bei 320 mm Teleskopöffnung unter dunklem Landhim- mel ist auch der helle Spiralarm östlich der Galaxie als kompakte Aufhellung sichtbar, wenn auch sehr schwach.

Journal für Astronomie Nr. 77 | 75 Kleine Planeten

Kosmische Begegnungen von Klaus Hohmann und Wolfgang Ries

Ab und zu findet man auf Astroaufnahmen Wer nicht in seiner Planetariumssoftware lichtungszeit zusammen. In der zweiten von Deep-Sky-Objekten kurze Strichspu- kontrollieren will, ob in der Nacht zufällig Aufnahmenacht, dem 5. März, sah ich im ren. Der Verursacher ist meist ein Kleinpla- eine kosmische Begegnung stattgefunden Planetariumsprogramm, dass ein Klein- net, der sich während der Belichtungszeit hat, der kann seine Bilder auch zur Kon­ planet bei der Galaxie M 58 vorbeizieht. ein kleines Stück auf seiner Bahn um die trolle mit einer weniger aggressiven Sta- In dieser Nacht habe ich daher nur Lumi- Sonne weiterbewegt hat. Für viele Astrofo- ckingmethode verrechnen. Mit der Metho- nanz aufgenommen, um eine durchgehen- tografen sind solche zufälligen kosmischen de „Addieren“ oder „Mitteln“ bleibt alles de Strichspur des Brockens zu bekommen. Begegnungen eine Bereicherung des Bildes. was durch das Gesichtsfeld geflogen ist, Die Galaxie M 58 ist eine Balkenspirale im Besonders dann, wenn man nach einiger im Summenbild sichtbar. Man muss dazu Sternbild Jungfrau und wurde 1779 von Recherche herausfindet, wer der Verursa- nicht alle vorhandenen Bilder verwenden. entdeckt. Sie ist rund 66 cher der Strichspur war. Bilder für eine Stunde reichen, um eine gut Mio. Lichtjahre von uns entfernt und mit erkennbare Strichspur zu erzeugen. Wenn ca. 9,4 mag eine der hellsten Galaxien im Interessanterweise gab es aus dem Corona­ dabei kurze Strichspuren eines Asteroi- Virgo-Cluster. Sie enthält 2,5-mal mehr frühling 2020 keine passende Einsendung den auffallen, kann man alle vorhandenen Masse als unsere Milchstraße und ist daher für diese Frühlingsausgabe. Dabei war das Bilder stapeln und dieses Summenbild ein richtiges Schwergewicht. Astrowetter zumindest in Österreich ganz speichern, um die Strichspuren später ein- gut und durch die Starlinkproblematik zubauen. Wenn man Daten aus mehreren Ein ziemlich kleiner Brocken ist hingegen „brisant“. Ich stellte zu der Zeit ein größeres Nächten hat, werden diese mit „Sigmacom- der Kleinplanet (47365) 1999 XY82. Er Dobson-Projekt fertig und habe erst wieder bine“ gestapelt. Das Deep-Sky-Objekt ist bringt es gerade mal auf ca. 7 km Durchmes- im Sommer zu fotografieren angefangen. nun sehr tief belichtet und rauscharm, aber ser. Der typische Hauptgürtelasteroid um- Daher gibt es auch von meiner Seite kein leider ohne Kleinplanet. Die gemittelte bzw. rundet die Sonne in 4,15 Jahren, war zum aktuelles Bild für die kosmischen Begeg- addierte Aufnahme mit der Kleinplaneten- Aufnahmezeitpunkt ca. 18 mag hell und nungen, sondern eins aus dem Archiv. spur wird dann so skaliert, dass die Sterne rund 227 Mio. km von der Erde entfernt. ähnlich hell erscheinen. Entdeckt wurde er im Jahr 1999 vom auto- Im Frühling 2013 belichtete ich einige matischen Suchprogramm LINEAR [2]. Nächte die Spiralgalaxie M 58. In der Nacht In einem geeigneten Programm lege ich bei- Dank der kosmischen Begegnungen erfährt des 5. März 2013 erhielt sie einen Streif- de Aufnahmen übereinander, bis die Sterne der vermutlich noch lange unbenannte Bro- schuss durch den Kleinplaneten (47365). deckungsgleich sind und markiere nun die cken wahrscheinlich zum ersten Mal größe- Mein Astrokooperationspartner Stefan kleine Strichspur. Nur diese wird dann in re Aufmerksamkeit. Ihm sei es vergönnt und Heutz bearbeitete das hier gezeigte Bild [1] die tiefe Deep-Sky-Aufnahme hineinko- wir können uns am Bild erfreuen. und setzte das Ereignis perfekt in Szene. piert. Sie wird damit zur kosmischen Be- gegnung. Bei LRGBs baue ich die Strichspur Eine Möglichkeit, sich täglich über aktuelle Ich möchte daher die Gelegenheit nutzen, bereits in das Luminanzbild ein. Damit wird kosmische Begegnungen zu informieren, ein paar Sätze zu schreiben, wie man solche der Kleinplanet genau so behandelt, wie der finden Sie auf der Homepage von Klaus Strichspuren ins fertige Bild hinüberrettet. Rest des Bildes. Bei Farbaufnahmen kann Hohmann [3]. Dort kann sich der interes- Moderne Stackingmethoden wie „Sigma- man ihn auch später einbauen. Man sollte sierte Astrofotograf in dem von Klaus ge- combine“ eliminieren neben Satellitenspu- aber darauf achten, dass die Strichspur in schriebenen Tool kosmische Begegnungen ren leider auch die Strichspuren der meis- Sachen Helligkeit und Schärfe zum Rest des anzeigen lassen. Interaktiv hat man die ten Kleinplaneten. Nur ganz helle Brocken Bildes passt. Vielleicht kann ja der eine oder Möglichkeit, verschiedene Parameter wie hinterlassen höchstens eine ausgefranste andere seine Aufnahmen mal auf übersehe- die Helligkeit des Deep-Sky-Objektes oder Spur und machen darauf aufmerksam, dass ne Kleinplaneten überprüfen. Die Artikel- die Helligkeit des Kleinplaneten selbst aus- sich da etwas im Bildfeld bewegt hat. Bei serie kann immer Bilder gebrauchen. zuwählen, um eine passende Konjunktion Objekten in der Nähe der Ekliptik loht es für sich zu finden (vgl. Tab. 1). Wir möch- sich relativ oft, seine Aufnahmen auf Klein- Die Aufnahmen für dieses Bild entstanden ten Sie im Namen der Fachgruppe Kleine planeten zu überprüfen. in sieben Nächten vom März bis Mai 2013. Planeten der VdS bitten, Ihre kosmische Insgesamt kamen so ca. 14,5 Stunden Be- Begegnung einzusenden, um zukünftig

76 | Journal für Astronomie Nr. 77 Ausgaben des VdS-Journals für Astronomie 1 Die Galaxie M 58 und der Kleinplanet (47365) 1999 XY82, aufgenommen mit einem mit Ihren Bildern zu bereichern. Schicken 18-zölligen Newton (f/4,5) und einer AL9-CCD-Kamera im Frühling 2013. (Bild: Stefan Heutz) Sie die Bilder per Mail mit dem Betreff „Kos- mische Begegnung“ an ries@sternwarte- altschwendt.at. Bitte vergessen Sie nicht, das Aufnahmedatum, die fotografierten Internethinweise (geprüft Dezember 2020): Objekte und die Daten des Teleskops bzw. [1] Astro-Kooperation, Homepage: „M58 in der Astro-Kooperation“, http://astro- der Kamera mitzuteilen. Der Autor eines kooperation.com/?attachment_id=1544 ausgewählten Bildes wird anschließend [2] LINEAR: Wikipedia, https://de.wikipedia.org/wiki/Lincoln_Near_Earth_Asteroid_ aufgefordert, eine unkomprimierte Version Research des Bildes für den Druck zur Verfügung zu [3] Kosmische Begegnungen, Homepage: http://astrofotografie.hohmann-edv.de/ stellen. aufnahmen/kosmische.begegnungen.php

Tabelle 1

Ausgewählte interessante kosmische Begegnungen im 2. Quartal 2021

Datum Uhrzeit Kleinkörper Hell./mag Objekt Art Hell./mag Abstand

06.04.2021 21:00 (809) Lundia 15,9 M 61 Gx 9,3 0´ 08.04.2021 21:00 (1085) Amaryllis 14,9 M 105 Gx 9,5 4´ 08.05.2021 22:00 (1236) Thais 15,2 NGC 5796 Gx 11,6 3´ 12.05.2021 22:00 (5292) Mackwell 16,0 Pal 5 GC 11,5 6´ 08.06.2021 22:00 (2248) Kanda 15,5 M 80 GC 7,3 8´ 17.06.2021 23:00 (3) Juno 10,1 M 10 GC 6,6 10´

Abkürzungen: Gx – Galaxie, GC - Kugelsternhaufen

Journal für Astronomie Nr. 77 | 77 Kleine Planeten

Der Asteroid (85275) und die astronomische Einheit von Thomas Hebbeker, unter Mitwirkung von Jan Hattenbach

Der Asteroid (85275) 1994 LY Moresnet in Belgien, nahe der deutschen (1221) Amor benannt ist. Die maximale Die Zeitschrift „Sterne und Weltraum“ Grenze bei Aachen. Mein MPC-Sternwar- scheinbare Helligkeit von (85275) wurde zu weist in ihrer Rubrik „Aktuelles am Him- ten-Code ist K85 – hinter diesem Kürzel knapp 14 mag prognostiziert. Schon am 12. mel“ unter anderem auf Asteroiden hin, verstecken sich die genauen Beobachterko- Juli 2020 habe ich mit den Beobachtungen deren Bahn noch nicht sehr gut bekannt ist. ordinaten und nicht etwa ein reales Obser- begonnen, am 18. August war Schluss, da Amateurastronomen werden aufgerufen, vatorium. Parallel dazu versuche ich auch der Asteroid dem Horizont zu nahe kam. sich an Positionsmessungen zu beteiligen, selbst, die Bahn des Kometen oder Asteroi- Ich habe an jedem Beobachtungsabend um die Bahnelemente besser bestimmen zu den zu bestimmen. ein paar Dutzend Fotos gemacht, um seine können. Ich greife diese Vorschläge gerne Bahn sehr genau bestimmen zu können. auf, fotografiere den Himmelskörper vor Im August-Heft von „Sterne und Weltraum“ Insgesamt sind mehrere hundert Fotos zu- dem Fixsternhintergrund an mehreren (das online schon im Juli verfügbar war) sammengekommen. Abenden, bestimme aus den Bildern die wurde der Asteroid (85275) 1994 LY vor- äquatorialen Koordinaten und schicke die gestellt, der sich außerhalb der Erdbahn Die Abbildung 1 zeigt eine Serie von 50 Ergebnisse dann ans Minor Planet Center bewegt, unserem Planeten aber im Som- überlagerten (und invertierten) Aufnahmen, (MPC) in den USA, das die weltweiten Be- mer 2020 recht nahe kam, bis auf etwa 0,12 die ich am 5. Aug. 2020 gemacht habe. Der obachtungsdaten sammelt und daraus die Astro­nomische Einheiten. Damit gehört er Asteroid hatte zu dieser Zeit eine Geschwin- Bahnen berechnet. Mein Standort ist Neu- in die Klasse der Amor-Asteroiden, die nach digkeit von etwa 3,5’’/Minute. Die Fotos

1 Bewegung des Asteroiden (85275) am Abend des 05.08.2020 durch das Sternbild Schlangenträger. Norden ist oben, links ist Osten, die Bildbreite entspricht einem Sehwinkel von etwa 0,5°. Der Asteroid bewegt sich von Nord nach Süd, der Zeitabstand zwischen zwei Aufnahmen beträgt 2 Minuten. Durchziehende Wolken haben einige Punkte verblassen lassen. (Bild: Thomas Hebekker)

78 | Journal für Astronomie Nr. 77 Kleine Planeten

2 Die gemessene Bahn des Asteroi- lieferte eine digitale Spiegelreflex­kamera den (85275), projiziert auf die Ekliptik, Canon 70D an einem Teleskop vom Typ im Vergleich zu den Bahnen von Erde Celestron C8 EdgeHD, getragen von einer und Mars. Die Sonne steht im Zentrum. Montierung 10Micron GM1000HPS. Typi- Rot markiert sind die zur Bestimmung sche Belichtungszeiten waren 15 Sekunden der Bahnelemente benutzten Mess- bei einer Empfindlichkeit von ISO 3200. punkte. (Bild: Thomas Hebekker)

Bahnbestimmung Die Fotos wurden dann – nach Umwand- Man beachte, dass man durch die hier dis- schnell gefunden: Jan Hattenbach, der der- lung ins FITS-Dateiformat – mit dem Pro- kutierten Richtungsmessungen die absolu- zeit im Ort Puntagorda auf der kanarischen gramm ASTROMETRICA von Herbert ten Entfernungen im Sonnensystem nicht Insel La Palma lebt und arbeitet. Nach ein Raab [1] astrometrisch ausgewertet, d. h. bestimmen kann. Insbesondere kann man paar Testmessungen an den vorhergehen- die Position des Asteroiden (85275) relativ die große Halbachse der Asteroidenbahn den Abenden haben wir am 28.07.2020 zu den „Nachbar“-Sternen, deren Him- nur relativ zur Astronomischen Einheit einige Fotos quasi gleichzeitig geschossen. melskoordinaten aus dem Gaia-Katalog AE angeben, dem mittleren Abstand Erde- Jan hat dazu ein Unistellar eVscope be- stammen, für jedes Bild mit einer Genau- Sonne. Die Abbildung 2 zeigt den Asteroi- nutzt, seinen Testbericht dazu findet man igkeit von typischerweise 0,2’’ sowohl in denorbit im Vergleich zu den Bahnen von im Oktoberheft 2020 von „Sterne und Welt- Rektaszension als auch in Deklination be- Erde und Mars, projiziert auf die Ekliptik. raum“. stimmt. ASTROMETRICA speichert die Rot markiert sind meine Messpunkte. Zeiten und zugehörigen gemessenen Koor- Die Abbildung 3 zeigt die Überlagerung dinaten in einer Text-Datei im MPC-For- Parallaxenmessung und von fünf Aufnahmen aus Belgien und ei- mat, so dass man die Ergebnisse direkt ans Entfernungsbestimmung nem Foto aus La Palma vom 28. Juli 2020 MPC mailen kann. Dieses Format versteht Zur Zeit meiner Asteroidenbeobachtung um 21:25 Uhr UT. Die beiden helleren auch das Program FIND_ORB von Bill habe ich im neuen Buch „Himmelslichter“ Sterne links im Bild definieren die Blick- Gray [2], welches an die Messpunkte eine [3] des bekannten Astrobloggers und Wis- richtung, die Orientierung und den Maß- Bahn im Schwerefeld der Sonne anpasst. senschaftsjournalisten Jan Hattenbach ge- stab des Bildes. Die beiden mit größeren Dabei werden auch kleine Störeinflüsse der lesen. Wir kennen uns seit vielen Jahren aus Pfeilen markierten Asteroidenpositionen Planeten berücksichtigt. Die Genauigkeit RWTH und Sternwarte Aachen. Im Buch sind gleichzeitig fotografiert worden. Man der so bestimmten Bahnelemente ist sehr erwähnt er historische Parallaxenmessun- erkennt deutlich den Parallaxeneffekt. hoch, obwohl ich mit meiner 5-wöchigen gen am Asteroiden (433) Eros – der übri- Der Parallaxenwinkel beträgt α = 19,9’’ ± Messkampagne nur wenige Prozent eines gens auch zu den Amor-Asteroiden zählt. 0,6’’. Die zu 3% abgeschätzte Unsicherheit 2,6 Jahre dauernden Umlaufs des Asteroi- Bestimmt man die äquatorialen Koordina- kommt durch die begrenzte Genauigkeit den um die Sonne erfasst habe. ten von Eros gleichzeitig von verschiedenen, der astro­metrischen Koordinatenbestim- Beispiele: weit entfernten Beobachtungspunkten auf mung sowie durch Unterschiede in den – Große Halbachse = 1,8905 AE [1,8902] der Erde, tritt der Parallaxeneffekt auf, die Aufnahmezeitpunkten von einigen Sekun- – Umlaufperiode = 949,4 Tage [949,2] beiden beobachteten Positionen sind rela- den zustande. Letztere Differenz ist aber – Exzentrizität = 0,4420 [0,4419] tiv zu den sehr weit entfernten Fixsternen nicht kritisch, da die Bewegung des Aste- um einige Bogensekunden gegeneinander roiden in Rektaszension klein ist, man kann Diese von mir gemessenen Parameter stim- verschoben. Daraus kann man zunächst die also aus der beobachteten Winkeldifferenz men sehr genau mit den vom Minor Pla- absolute Entfernung Erde-Asteroid mes- in dieser einen Koordinate fast zeitunab- net Center veröffentlichten überein, die in sen. Nun, das wollte ich mit dem Asteroi- hängig den Parallaxenwinkel bestimmen. eckigen Klammern angegeben sind. Diese den (85275) wiederholen. Dazu brauchte Bahnelemente sind wegen der Beeinflus- ich einen Partner, der in ein paar 1.000 km Um den gemessenen Parallaxenwinkel α in sung des Asteroiden durch die Planeten Entfernung von meinem belgischen Stand- die absolute Entfernung d des Asteroiden zeitlich variabel und gelten streng nur für ort aus gleichzeitig den Asteroiden fotogra- von der Erde zum Messzeitpunkt zu über- die Epoche 10. August 2020. fierte. Dieser zweite Amateurastronom war setzen, muss der Abstand r der beiden Be-

Journal für Astronomie Nr. 77 | 79 Kleine Planeten

obachter bekannt sein: Diesen kann man 3 Gleichzeitige Beobachtung des Asteroiden (85275) von Puntagorda und von Neu-Mores- aus deren geografischen Koordinaten und net aus. Die 5 rot markierten Messpunkte sind an diesem Tag von Belgien aus im Zeitabstand dem bekannten mittleren Erdradius zu von 10 Minuten aufgenommen worden. Überlagert ist ein Asteroidenbild aus La Palma, grün 3.100 km berechnen. Daraus ergibt sich ein markiert. Da die Brennweite des eVscope kleiner war, musste das Foto hochskaliert werden, erstes Ergebnis für die gesuchte Entfernung dadurch ergibt sich ein etwas größerer Fleck. (Bild: Thomas Hebekker, Jan Hattenbach) von d ≤ r/α = 32,5 Millionen km. Dieser Wert stellt eine obere Schranke dar, er gilt nur dann genau, wenn die Verbindungs- macht keinerlei Annahmen über die Größe Fazit linie zwischen den Beobachtern und die der Astronomischen Einheit! Mit einer amateurastronomischen Aus- Linie Erde-Asteroid senkrecht zueinander rüstung einschließlich Digitalkamera kann stehen, was hier ungefähr, aber nicht exakt Die Astronomische Einheit man nicht nur schöne Himmelsfotos auf- gilt. Die Berechnung von d kann auch mit Unabhängig von den Beobachtungen von nehmen, sondern auch viele quantitative dem Programm FIND_ORB erfolgen, das Jan Hattenbach auf La Palma berechnet Messungen von wichtigen astronomischen die Ephemeriden des Asteroiden - basie- mir das Programm FIND_ORB ausgehend Größen machen. Wie wir hoffentlich ge- rend auf meiner Bahnmessung - für jeden von meinen vielen Koordinatenmessungen zeigt haben, ist auch die notorisch schwie- Beobachtungspunkt auf der Erde berech- auch den Abstand Erde-Asteroid am Abend rige Messung der absoluten Abstandsskala nen und damit den Parallaxenwinkel α des 28.7.2020 in Einheiten der Astronomi- im Sonnensystem, die die Astronomen über vorhersagen kann – als Funktion des Ab- schen Einheit AE: Jahrhunderte herausgefordert hat, kein gro- standes d. Übereinstimmung mit unserer ßes Problem – man muss es nur machen! d = 0,2041 AE. Messung von α erhält man für rel Der Fehler ist vernachlässigbar klein. Literatur- und Internethinweise d = (30,4 ± 1,0) Millionen km. abs Durch Gleichsetzen dieser relativen Entfer- (geprüft Dezember 2020):

Diese Methode ist genau und erlaubt auch nungsmessung drel mit dem absoluten Wert [1] H. Raab: „Astrometrica”, die Vorhersage des Parallaxenwinkels ge- dabs folgt sofort: www.astrometrica.at trennt für die Koordinaten Rektaszension [2] B. Gray: “Find_Orb”, 1 AE = (148,9 ± 4,5) Millionen km. und Deklination. Die Unsicherheit beträgt www.projectpluto.com/find_orb.htm wieder 3%, da d umgekehrt proportional zu Damit haben Jan und ich die Astronomi- [3] J. Hattenbach, 2020: „Himmelslichter α ist. Diese absolute Abstandsbestimmung sche Einheit auf 3% genau gemessen! – Das Beste aus über 10 Jahren“

80 | Journal für Astronomie Nr. 77 JETZT ZUM VORZUGSPREIS ABONNIEREN! Nutzen Sie Ihre Vorteile als VdS-Mitglied!

Ersparnis für VDS-Mitglieder: 12 x im Jahr Sterne und Weltraum für nur € 72,– im Inland (ermäßigt auf Nachweis € 57,–). Sie sparen mehr als € 20,– gegenüber dem Normalabopreis!

Bestellen Sie noch heute über die VDS- Geschäftsstelle!

Das Magazin für Astronomie und Weltraumforschung!

www.sterne-und-weltraum.de UNSPLASH / FERENC HORVATH (UNSPLASH.COM/PHOTOS/SKCFIBU91AA) UNSPLASH / FERENC HORVATH Kometen

Bedeutende Kometen des dritten Quartals 2020 von Uwe PIlz

Die große Überraschung des dritten Quar- tals war der Komet NEOWISE. Hierzu sind bereits Bilderstrecken in unserem Journal erschienen.

Der Komet wurde im März 2020 entdeckt: Zu diesem Zeitpunkt war noch nicht offen- bar, dass er sich zu einer solch großen Er- scheinung entwickeln sollte. Anfang April erlebte der Komet aber einen Ausbruch um fünf Größenklassen. Zunächst gab es Be- denken, ob er das Perihel überleben wür- 1 C/2020 F3 NEOWISE, 18.07.2020, 20:30 UT, Refraktor 105 mm/650 mm, Vergleich de, denn die Periheldistanz war mit 0,3 AE Weißlicht – Natrium-Linienfilter (unten, 53x), Spektrum mit einem Blaze-Gitter (SA 100, recht gering. Ab Anfang Juli war der Komet 21x). Der Stern im Bild und dessen Spektrum gehören zu Iota UMa (Bild: Uwe Pilz) vom deutschen Sprachraum aus sichtbar, ei- ne Woche später war er ein leichtes Ziel am Morgenhimmel. Er erreichte im Maximum etwa 1 mag. Dieser helle Komet entwickelte zahlreiche interessante Erscheinungen.

Wie in der Bilderstrecke im Heft 75 abgebil- det, veränderte sich ein ursprünglich gas- reicher Komet zum staubreichen und später wieder zum gasreichen. Das Ausbruchsge- schehen und das sonnennahe Perihel haben also jede Menge Staub freigesetzt.

Außerdem emittierte der Komet viel Na­ trium, sichtbar mit einfachen Mitteln. Mir gelang der Nachweis sowohl mit einem Bla- 2 C/2020 F3 NEOWISE, 06.08.2020, 20:59 UT, Schmidt-Cassegrain 280 mm/2.800 mm, ze-Gitter als auch mit einem Natrium-Li- 17,5 min belichtet mit Kamera Canon 700Da bei ISO 800. Komaprofil subtrahiert, nienfilter (Abb. 1). Solche Emissionen sind kernnahe Strukturen hervorgehoben (Bild: Werner E. Celnik) typisch für sonnennahe Kometen.

Deutlich sichtbar war zudem ein sogenann- ter Kernschatten, dies ist im Heft 75 gut mit Fotos belegt. Die Ursache liegt in der gerin- geren Staubemission der sonnenabgewand- ten Kometenhemisphäre. Werner E. Celnik gelang es später, die kernnahen Strukturen

3 C/2017 T2 PANSTARRS, 27.07.2020, 22:32 UT, Newton 200 mm/570 mm, 5 min belichtet mit CCD-Kamera ATIK 383L (Bild: Stefan Beck)

82 | Journal für Astronomie Nr. 77 Kometen

4 C/2019 U6 Lemmon, 22.07.2020, 21:48 UT, 16-Zoll-Newton (f/3,3), 5 min belichtet mit CMOS-Kamera CDS-5D (Bild: Roland Fichtl) aufgrund des so genannten Rasensprenger- Effekts nachzuweisen (Abb. 2). Dies hat die- selbe Ursache – ungleichmäßige Gas- und Staubentwicklung, hier verbunden mit einer Rotation des Kerns.

C/2017 T2 PANSTARRS konnte auch im dritten Quartal weiter beobachtet werden. Die Helligkeit betrug Anfang Juli noch 9,5 mag, sank aber im Laufe des Berichtszeit- war im Juli noch ein Fernglaskomet. Ro- kleinen Helligkeitsausbruch um eine halbe raumes rasch ab. Außerdem verschlechter- land Fichtl fotografierte ihn Ende des Mo- Größenklasse. Dennoch sank die Helligkeit ten sich die Sichtbarkeitsbedingungen. Die nats (Abb. 4), zwei Tage später habe ich ihn auch dieses Kometen rasch ab, so dass die Abbildung 3 zeigt den Kometen Ende Juli, im 7-cm-Fernglas beobachtet. Allerdings Sichtbarkeitsperiode dem Ende entgegen- seinerzeit 10,5 mag hell. C/2019 U6 Lem- stand er nicht allzu hoch am Abendhim- ging. mon durchlief Mitte Juni sein Perihel und mel. Mitte August gab es noch einmal einen Wiederentdeckungen von Kometen – weltweit am erfolgreichsten von Erwin Schwab Nachdem ein Komet entdeckt wurde, wird er nach einer Weile so lichtschwach, dass über Jahre oder sogar Jahrzehnte hinweg keine Beobachtung mehr möglich ist. Die Wiederentdeckung des Kometen steigert dann die Genauigkeit der Bahnberechnung enorm und führt direkt zu dessen endgülti- 1 Weltweite Kometen-Wiederent- ger Nummerierung. Im Gegensatz zu den deckungen seit 2014. Berücksichtigt Kleinplaneten, die in vielen Oppositionen sind die Kometen mit der Nummer vermessen werden müssen, bevor deren 296P bis 402P. (Grafik Erwin Schwab, Nummerierung erfolgt, erhalten die pe- vgl. auch Tab. 1) riodischen Kometen diese sofort nach ihrer Wiederentdeckung. Aktuell ist man bei Parameter zur Beschreibung der Ungenau- mit seinem Instrumentarium auch diese der Kometen-Nummer 402P angekommen igkeitsregion sind die große Halbachse der Helligkeit erreicht. Falls die große Halbach- (Stand 23.10.2020). Fehlerellipse (beim NASA-JPL-Service als se der Fehlerellipse länger ist als die Größe SMAA_3sig bezeichnet) und die Orientie- des Gesichtsfeldes, müssen zur Abdeckung Bei der Planung einer Wiederentdeckung rung dieser Fehlerellipse am Firmament mehrere Suchfelder entlang dieser Unge- ist es wichtig, dass man sich zunächst Klar- (beim NASA-JPL-Service als Theta bezeich- nauigkeitsregion fotografiert werden. heit verschafft über die Ephemeriden-Un- net). Der Fehler wird im 3-Sigma Bereich Die Erscheinungsform der Kometen ist bei genauigkeitsregion der Kometenbahn. angegeben, was bedeutet, dass man mit einer deren Wiederentdeckung meist sehr un- Entweder man berechnet selbst mittels der Wahrscheinlichkeit von 99,7% das Objekt spektakulär. Oftmals ist weder ein Schweif Bahnberechnungssoftware FIND_ORB [1] wiederfindet, wenn es gelingt, die betreffen- noch eine Koma zu erkennen. Deshalb ist die Ephemeriden einschließlich deren Feh- de Himmelsregion bei der Suche komplett eine Kontrolle mittels einer neuen Bahnbe- ler oder man verwendet den Online-Service abzudecken. Dies setzt voraus, dass der Ko- rechnung unerlässlich. Dazu lädt man die der NASA-JPL [2]. Die zwei wichtigsten met so hell ist wie prognostiziert und man bereits bekannten Positionsmessungen von

Journal für Astronomie Nr. 77 | 83 Kometen

2 Komet 76P/West-Kohoutek-Ikemura 30. August 2019. Instrument: 0,8-m-Schmidt-Teleskop, Überlagerung von 5 Aufnahmen mit je 10 Minuten Belichtungszeit (Erwin Schwab, finanziert durch die ESA).

der Datenbank des Minor Planet Centers Eine ESA-Wiederentdeckung geschah zu- nur Lückenfüller, wenn gerade kein gefähr- [3] herunter, ergänzt diese mit den eigenen fällig mit dem TOTAS-Survey und eine an- licher Kleinplanet beobachtet werden muss. Messungen und bestimmt mit der Software dere war das Resultat einer gezielten Suche Abgesehen vom PanSTARRS-Survey sind FIND_ORB [1] die neue Bahn. Sind die des ESA-Mitarbeiters Marco Micheli. Das die erfolgreichsten Kometen-Wiederentde- Residuals der eigenen Positionsmessungen Projekt ist mit dieser Kometen-Wieder- cker der letzten sieben Jahre die Amateur- unter 1,5’’, dann hat man zweifelsfrei das entdeckungsrate inzwischen weltweit das astronomen Krisztián Sárneczky (Ungarn), richtige Objekt erwischt. erfolgreichste, ganz knapp vor dem Pan­ Hidetaka Sato (Japan) sowie ich selbst. Zu- STARRS-Survey (s. Abb. 1 sowie die dazu- sammen kommen diese drei Amateure auf Meine erste Wiederentdeckung eines gehörige Tab. 1). Wurde der Komet bereits 46% der Kometen-Wiederentdeckungen. Kometen habe ich im Jahr 2014 für das vor seiner Wiederkehr auf Archivfotos ge- 1-m-Teleskop auf dem Teide-Observato- funden (precovery), dann gibt es für dieses Eine Kometen-Wiederentdeckung wird rium der European Space Agency Optical Objekt keine Wiederentdeckungs-Beob- in elektronischer Form, durch das Central Ground Station (ESA OGS) geplant und achtung, denn die Nummerierung des Ko- Bureau for Electronic Telegrams (CBET), ausgewertet. Seit Dezember 2016 habe meten erfolgte aufgrund des Archivfundes. einer Abteilung der IAU, veröffentlicht [6]. ich zusätzlich die Möglichkeit, am 0,8-m- Das erklärt die Diskrepanz zwischen der In der Tabelle 2 sind die 23 Kometen aufge- Schmidt-Teleskop des Calar-Alto-Obser- Summe 101 in der Tabelle und der Diffe- listet, die ich wiederentdeckt habe. In Spalte vatoriums ferngesteuert zu beobachten. renz der Kometen-Nummerierungen 296- CBET# steht die Nummer der Wiederent- Ursprünglich befand sich dieses Instru- 402=106. Es wurden also 5 Kometen num- deckungs-Veröffentlichung. Erwähnens- ment auf der Sternwarte Hamburg-Berge- meriert aufgrund von precovery-Funden in wert ist, dass bei über der Hälfte der Funde dorf. Die Benutzung beider Teleskope wird den Archiven. kein Schweif oder Koma sichtbar war. Die von der Europäischen Weltraumorganisa- Helligkeiten lagen im Bereich von 18,8 mag tion (ESA) finanziert. Über einige meiner Während meine Funde alle auf gezielter bis 22,0 mag. Kometen-Wiederentdeckungen habe ich Suche basieren, waren die des PanSTARRS- bereits im VdS-Journal für Astronomie be- Surveys alle zufällig. An dieser Stelle sollte Sogar in Fachkreisen wird manchmal eine richtet [4, 5]. Seit 2014 wurden im Rahmen ich bemerken, dass die Kometen-Wieder- Wiederentdeckung als solche bezeichnet, des ESA-Projekts 25 Kometen wiederent- entdeckungskampagnen des ESA-Projekts selbst wenn es keine Wiederentdeckung ist. deckt, wovon 23 auf mein Konto gehen. einen niedrigen Stellenwert haben – es sind Hat ein Komet bereits eine endgültige Num-

Tabelle 1 Weltweite Kometen-Wiederentdeckungen seit 2014 (von Kometen-Nummer 296P bis 402P)

Sternwarten (obscodes) Anzahl % erfolgr. Beobachter (Anzahl)

ESA OGS & Calar Alto Schmidt (J04+Z84) 25 24,8 Erwin Schwab (23) PanSTARRS I (F51) 23 22,8 PanSTARRS Survey (21) Konkoly Obs. (461) 15 14,9 Krisztian Sarneczky (15) In der letzten Spalte ist der Beobachter der be- iTelescopes (Q62+H06) 8 7,9 Hidetaka Sato (8) treffenden Sternwarte Catalina- & Lemmon Survey (G96+703) 8 7,9 D. Carson Fuls (3) angegeben, der die Spacewatch I+II (291+691) 4 4,0 James V. Scotti (3) meisten Wiederentde- ckungen innehat, mit Pierre Auger Obs. (I47) 2 2,0 Martin Masek (2) deren Anzahl. Daten Sonstige mit je einer Wiederentdeckung 16 15,8 aus CBET [6] und Summe 101 Catalog von Seiichi Yoshida [7]

84 | Journal für Astronomie Nr. 77 Kometen

Tabelle 2 Meine eigenen Kometen-Wiederentdeckungen, Sternwarten-Code: ESA OGS (J04), Calar Alto Schmidt (Z84)

Kometen-Name Num Datum Stw. code CBET # Schweif Mag

P/2003 U3 (NEAT) 303P 2014 06 01 J04 3887 15’’-20’’ 19,6 P/1997 T3 (Lagerkvist-Carsenty) 308P 2014 07 29 J04 3925 Kein 20,1 P/2001 F1 (NEAT) 334P 2016 01 10 J04 4237 10’’ 19,8 P/2008 Y2 (Gibbs) 335P 2016 01 10 J04 4253 10’’ 19,9 P/2010 N1 (WISE) 337P 2016 06 05 J04 4283 Kein 18,8 P/2008 J3 (McNAUGHT) 338P 2016 07 02 J04 4288 15’’ 19,0 P/2004 T1 (LINEAR-NEAT) 355P 2017 06 21 J04 4406 10’’ 19,5 P/2010 P4 (WISE) 360P 2017 09 20 J04 4429 Kein 19,4 P/2011 VJ5 (LEMMON) 363P 2017 11 19 J04 4455 Kein 20,3 P/2013 CU129 (PANSTARRS) 364P 2018 01 16 Z84 4474 Kein 20,3 P/2005 JN (SPACEWATCH) 366P 2018 03 17 J04 4497 Kein 20,1 P/2011 CR42 (CATALINA) 367P 2018 04 17 Z84 4510 Kein 21,0 P/2005 R1 (NEAT) 368P 2018 06 13 J04 4526 10’’ 19,4 P/2010 A1 (Hill) 369P 2018 08 10 J04 4538 15’’ 19,0 P/2001 T3 (NEAT) 370P 2018 08 10 J04 4539 10’’ 18,9 P/2001 R6 (LINEAR-Skiff) 371P 2018 09 07 J04 4552 Kein 19,8 P/2005 GF8 (LONEOS) 376P 2018 12 04 J04 4581 Kein 20,5 P/2003 L1 (Scotti) 377P 2019 03 09 J04 4612 10’’ 20,3 P/2005 Y2 (McNAUGHT) 378P 2019 03 10 J04 4613 Kein 22,0 P/2007 R1 (LARSON) 382P 2019 05 29 Z84 4635 Kein 21,9 P/2005 JD108 (Catalina-NEAT) 395P 2020 04 26 J04 4758 Kein 20,6 P/2002 T5 (LINEAR) 402P 2020 08 18 Z84 4835 5’’ 19,7 P/2006 H1 (McNaught) 401P 2020 09 11 Z84 4847 10’’ 20,3

merierung und gehört nicht zu den langpe- fotografiert und gemeldet, siehe die Abbil- [3] MPC-Database: www.minorplanetcenter. riodischen Kometen, dann ist die Erstsich- dung 2 vom 30. August 2019. Benutzt hatte net/db_search tung in einer seiner kommenden Erdannä- ich dafür das 0,8-m-Schmidt-Teleskop am [4] E. Schwab, 2017: „Wiederentdeckung herungen keine Wiederentdeckung mehr. Calar-Alto-Observatorium. Dabei handelt des Kometen P/2010 (WISE) – Wenn ein kurzperiodischer Komet bei es sich um das gleiche Teleskop, an dem ein Puzzle wird zusammengefügt“, seiner x-ten Wiederkehr beobachtet wird, Luboš Kohoutek den Kometen am 27. Fe- VdS-Journal für Astronomie 60, 63 dann ist das keine Wiederentdeckung. Bei bruar 1975 entdeckt hatte! Damals befand [5] E. Schwab, 2018: „NEOs und Kome- den Kleinplaneten ist es ebenso, dass eine sich das Fernrohr noch auf der Sternwarte ten mit dem Hamburger-Schmidt- Beobachtung in der dritten, vierten, fünften Hamburg-Bergedorf. Teleskop auf dem Calar Alto“, VdS- usw. Opposition keine Wiederentdeckung Journal für Astronomie 67, 76 ist, sondern ausschließlich die Beobachtung [6] CBET: www.cbat.eps.harvard.edu/ in der zweiten Opposition. Literatur- und Internethinweise cbet/RecentCBETs.html (geprüft 10.12.2020): [7] Comet Catalog von Seiichi Yoshida: Mein Lieblingsfund zählt deshalb leider [1] FIND_ORB: www.projectpluto.com/ www.aerith.net/comet/catalog/index- auch nicht als Wiederentdeckung. Den Ko- find_orb.htm periodic.html meten 76P/West-Kohoutek-Ikemura hatte [2] NASA-JPL HORIZONS, Web-Interface: ich bei seiner siebten Wiederkehr als erster https://ssd.jpl.nasa.gov/horizons.cgi

Journal für Astronomie Nr. 77 | 85 Kometen

Die Spiralstruktur in der inneren Koma von Komet C/2020 F3 (NEOWISE ) –Teil 1: Auswertung Rotationsdauer, Geschwindigkeiten in der Koma, Achsenorientierung von Werner E. Celnik und Ulrich Teschke

Die Beobachtung und Fotografie heller Kometen erschöpft sich nicht in der Verfol- gung der Komahelligkeiten und den Auf- nahmen prächtiger Gas- und Staubschwei- 1 Anordnung des fe [1, 2], es lohnt sich auch, einmal genauer Kometen relativ zu in die Details zu gehen und das Innere der Sonne und Erde am Kometenkoma zu erkunden. 22.07.2020. Der Komet steht hoch über der In den beiden letzten Heften des VdS-Jour- Ekliptik und etwas west- nals für Astronomie war C/2020 F3 NEO- lich der Sonne. Darstel- WISE bereits Thema. Es gab zwei Bilder- lung mit CELESTIA [10, strecken [3, 4], und Rudolf A. Hillebrecht 11]. (Bild: U. Teschke) beschrieb seine Beobachtungen und Aus- wertungen kernnaher Strukturen [5].

Unabhängig von Rudolf fotografierten auch wir mit unseren kleineren Instrumen- ten den Kometen mit Augenmerk auf die Strukturen in der Koma an verschiedenen Tagen (vgl. Tab. 1).

Zum Verständnis der geometrischen Per- spektive im Sonnensystem, unter der wir den Kometen im betreffenden Zeitraum gesehen haben, soll die Abbildung 1 die- nen. Er stand hoch nördlich der Ekliptik und westlich der Sonne. Er bewegte sich nach Westen fast parallel zur Ekliptik. Eine

2 2020 F3 (NEOWISE) am 11.07.2020 um 00:36 UT, Aufnahmen mit Teleobjektiv 1:2,8/200 mm und 2-fach Telekonverter, Arbeitsblende 7,1, Kamera Canon 700Da, Filter GG 495, ISO 100, Belichtung 20 x 2 s, Ausschnitt 3,7’ x 3,7’. a) Colorbild, leicht geschärft, b) nach Anwendung radialer Weichzeichner strahlenförmig, c) nach Anwendung radialer Weichzeichner kreis- förmig, d) Falschfarbenkomposit aus c (R-Kanal), a (G-Kanal), b (B-Kanal). Norden oben. (Bild: W. E. Celnik)

86 | Journal für Astronomie Nr. 77 Kometen

Animation zu diesem Bild sowie die Kome- tenparameter sind unter [6] zu finden.

11. Juli 2020 Da der Komet nach dem Dunkelwerden recht tief am Nordhimmel stand, beobach- tete Werner mit „ganz kleiner“ Ausrüstung mobil an einem Standort in der Hocheifel 3 2020 F3 (NEOWISE) am 21.07.2020, links 21:53-22:49, rechts 22:56-23:07 UT. mit freiem Blick auf den Nord-Horizont. Bei Aufnahme mit 200-mm-Newton-Teleskop (f/4) in der Sonsbecker Schweiz am Niederrhein, einer Horizonthöhe von 5,6° entstand mit Kamera Pentax K5. Links 96 x 30 s, rechts 66 x 5 s belichtet, jeweils ISO 800. Das Koma-Bild einem Teleobjektiv bei 400 mm Brennwei- rechts wurde durch unscharfe Maskierungen bearbeitet. Norden oben. (Bild: U. Teschke) te und Gelbfilter GG 495 (zur Reduzierung des atmosphärischen Spektrums) eine Auf- nahmeserie von 20 x 2 s Belichtung. Nachge- und das weichgezeichnete Bild vom Ori- Hier scheinen zwei Arten von Materie- führt wurde automatisch mit der Reisemon- ginal subtrahiert. In der Variante „strah- auswurf beobachtet zu werden: ein diffus-­ tierung „Star Adventurer“. Als Kamera kam lenförmig“ betont der Filter kreisförmige fächerförmiger und ein räumlich auf der eine Canon 700Da zum Einsatz. Strukturen. Die Spirale erscheint nun sehr Kernoberfläche enger begrenzter Ausstoß, deutlich. Unten rechts wurde der radiale der sich in der Spirale äußert, weil sich der In der Abbildung 2 (Norden ist oben, Weichzeichner in der Variante „kreisför- Kern unter der ausgestoßenen Materie weg- Richtung zur Sonne links unten) sind die mig“ verwendet. Diese Variante betont dreht, und zwar hier im Bild entgegen dem Ergebnisse der Bearbeitung des Summen- radial verlaufende Strukturen. Interessant Uhrzeigersinn. Dies ist nun unsere Annah- bildes zusammengefasst. Oben links das ist der Licht-„Fächer“, der aus einer Art me bei den folgenden Auswertungen. leicht geschärfte Summenbild. Der Ansatz „Jet“ vom (immer noch überbelichteten) des Staubschweifes ist abgebildet, ein blau- False Nucleus ausgeht und mit einem Öff- 21. Juli 2020 er Gasschweif fehlt, da ein Gelbfilter ver- nungswinkel von ca. 90° im Bild nach rechts Und wieder hieß es „Rausfahren“, um den wendet wurde. Man erkennt bereits hier (Westen) zeigt und direkt in den Ansatz des mit 13,3° Horizonthöhe immer noch tief die spiralförmige Struktur in der inneren Staubschweifes mündet. Unten links zeigt stehenden Kometen zu erwischen. Ulrich Koma. Dieses Bild wurde entsprechend ein Falschfarbenbild die Überlagerung der beobachtete mit seinem 200-mm-Newton- der weiter unten beschriebenen Proze- drei anderen Bilder. Willkürlich wurden Teleskop (f/4) in der Sonsbecker Schweiz dur (Absatz „Bearbeitungsverfahren“ für zugeordnet: das Bild aus kreisförmigem am Niederrhein. Er belichtete für den den 31.07.2020) weiterbearbeitet. Hier Weichzeichner dem R-Kanal, die Colorauf- Schweif 96 x 30 s und für die innere Koma nur kurz: Oben rechts wurde der „radiale nahme dem G-Kanal, das Bild aus strahlen- 66 x 5 s. Die Abbildung 3 zeigt einen Bild- Weichzeichner“ in Photoshop verwendet förmigem Weichzeichner dem B-Kanal. ausschnitt der Summenbilder, links der

Tabelle 1

Daten der hier diskutierten Beobachtungen

Datum UT Instrument Brennweite f / D Kamera Pixelgröße Kom.-Distanz Maßstab Filter Beobachter Ort [mm] [μm] [Mio km] [''/px] / [km/px] / [km/'']

7/11/20 00:36 Teleobjektiv 400 7,1 Canon 700Da 4,31 134,23 2,22 1.446 650 GG 495 Celnik Eifel 7/21/20 23:02 Newton 800 4,0 Pentax K5 4,77 103,76 1,24 624 503 – Teschke Sonsbeck 7/31/20 21:19 C 11 2.800 10,0 Canon 700Da 4,31 118,28 0,32 182 570 GG 495 Celnik Rheinberg 8/6/20 20:59 C 11 2.800 10,0 Canon 700Da 4,31 139,80 0,32 215 675 – Celnik Rheinberg

Journal für Astronomie Nr. 77 | 87 Kometen

Schweif, rechts die Koma. Das Koma-Bild wurde 2-mal mit einem Hochpass-Filter und 1-mal mit einer radial weichgezeich- neten Maske bearbeitet, die kreisförmige Strukturen betont.

Markant erscheint der überbelichtete „Fal- se Nucleus“ sowie ein fächerförmiger, bläu- licher Materieauswurf im Winkelbereich zwischen 9 und 1 Uhr. Dieser Fächer um- spannt einen größeren Winkelbereich als die Strahlen des Gasschweifes in antisolarer Richtung (links oben), die im Bild bis etwa 30’’ an den False Nucleus heranreichen. Am überbelichteten False Nucleus erhebt sich als eine Art „Hotspot“, eine Deformation 4 Ausschnitt 1,6’ x 1,6’ aus Abb. 3, links: 22:56 UT, rechts: 23:05 UT. Oben: Polarkoordinaten in Richtung 10-11 Uhr, von der der Fächer um den Mittelpunkt (Helligkeitsschwerpunkt) des False Nucleus. Unten: Umwandlung der auszugehen scheint. Möglicherweise befin- Polarkoordinaten mit den eingezeichneten Markierungen zurück in kartesische Koordinaten. det sich in diesem Winkelbereich die akti- Das Achsenkreuz gibt die vier Himmelsrichtungen an. Norden oben. (Bild: U. Teschke) ve Quelle auf dem Kern. Aus dem blauen Fächer scheint ein gelblicher, spiralförmi- ger Lichtbogen herauszukommen, dessen genauerer Ursprung sich aus diesem Bild nicht ableiten lässt. Unsere Annahme ist hier, dass vor allem eine einzelne Quelle auf dem Kometenkern aktiv ist und sich unter dem ausgestoßenen Materiestrahl weg- dreht.

66 Einzelbilder wurden aufgenommen. Wir betrachten im Folgenden nur die ersten 12 und die letzten 12 Einzelbilder, die im zeit- lichen Mittelwert auf 22:56 (links in Abb. 4) und 23:05 Uhr UT (rechts in Abb. 4) zu da- tieren sind. Beide 12-Bilder-Stacks wurden folgendermaßen identisch in Photoshop bearbeitet:

5 Obere Reihe: Kartesisches Bild, Spirale um 32 Grad in N-S geneigt und um 8 Grad im Uhrzeigersinn gedreht. Untere Reihe: Umwandlung in Polarkoordinaten: Eine ge- neigte Spirale ergibt eine Wellenlinie. (Bild: U.Teschke)

88 | Journal für Astronomie Nr. 77 Kometen

– Umwandlung der auf den False Nucleus zentrierten Bildausschnitte von kartesi- schen in Polarkoordinaten (oben in Abb. 4), d. h. von rechts nach links aufgetragen ist der Winkel von 0° bis 360° um den Fal- se Nucleus herum (Achsennullpunkt be- liebig), von oben nach unten aufgetragen ist der Abstand von der Mitte des False 6 Links: Überlagerung der beiden zeitlich verschobenen Bilder der Spirale um 22:56 und Nucleus. 23:05 UT. Rechts: dasselbe in Polarkoordinaten. Man erkennt die Rotation und Ausdehnung – Markierung des oben beschriebenen der Spirale in nur neun Minuten. Der Pfeil zeigt in Richtung Sonne. (Bild: U.Teschke) Hotspots durch eine senkrechte Linie oben in Abb. 4 (Polarkoordinaten), dort, wo der Rand des False Nucleus am wei- neigten Spirale. Das Ergebnis von Nei- Rotationsperiode testen nach unten reicht. gung und Drehung zeigt die obere Bild- Der Winkel zwischen der violetten (22:56 – Die diskutierte Spirale erscheint nun als reihe in der Abbildung 5. Die Fehlerab- UT) und der gelben Linie (23:05 UT) be- heller Streifen im Polarkoordinatenbild schätzung ergibt für die Neigung 32° ± 5° trägt 7,1° ± 1,8°. Der Komet scheint sich und wird näherungsweise mit einer dia- und für die Drehung den Positionswinkel also in 9,0 Minuten um ca. 7,1° weiterge- gonalen Linie markiert. 172° ± 4°. dreht zu haben. Daraus ergibt sich eine Ro- – Rückumwandlung der Polarkoordina- – Verwandelt man die geneigte Spirale tationsperiode von (7,6 +2,6/-1,6) Stunden. ten in kartesische Koordinaten (unten wieder in Polarkoordinaten, ergibt sich Die Drehung eines solchen Jets mit Auf- in Abb. 4). Die Linien werden mit trans- eine Wellenlinie, die nun deutlich besser nahmen des Hubble Space Telecopes ist in formiert. Die radiale Linie markiert die zum Verlauf der Aufhellung passt (untere einer Animation in [7] zu sehen. Richtung des Hotspots und die gewun- Reihe in Abb. 5). Die Koordinatenachsen dene Linie markiert die Spirale. Wird wurden, genauso wie die Markierung der Ausdehnungsgeschwindigkeit eine Gerade im Polarkoordinatenbild in Hotspots, in senkrechte Linien umge- Die Ausdehnung der Spirale lässt sich im kartesische Koordinaten umgewandelt, wandelt. Polarkoordinatenbild (rechts in Abb. 6) wird sie zu einer idealen Spirale in Drauf- – In der Abbildung 6 wurden die beiden durch den senkrechten Abstand der violet- sicht, die senkrecht um die Sichtlinie zum zeitlich verschobenen Bilder übereinan- ten und gelben Wellenlinien messen. Misst Kometen gewickelt ist. Der Fit ist jedoch der gelegt, violett steht für 22:56 UT und man entlang der roten Neigungsachse, so noch nicht ideal. Ein in O-W und N-S gelb für 23:05 UT, der gelbe Pfeil zeigt erhält man ein Ergebnis ohne Verzerrung orientiertes Achsenkreuz wird als Hilfs- Richtung Sonne. Die rechte Abbildung in durch die Neigung der Spirale. Innerhalb linien eingezeichnet. Polarkoordinaten eignet sich besonders des Zeitraums zwischen den beiden Bild- – Die Spirale wird symmetrisch zur roten zum Vermessen, radiale Messungen er- serien hat sich die Spirale um 4,7’’ ± 2’’ pro Achse kleiner skaliert, was räumlich be- folgen genau senkrecht und Winkelmes- Stunde vom False Nucleus weg weiter nach trachtet einer Neigung der Spirale um sungen erfolgen waagerecht. außen bewegt. Das entspricht bei der Ko- diese Achse entspricht. Die Skalierung metenentfernung von 103,76 Mio. km einer beträgt 1: 0,85, was einem Neigungswin- In der Abbildung 6 lassen sich nun ablesen radialen Ausdehnungsgeschwindigkeit von kel gegen die Sichtlinie von arccos 0,85 = bzw. messen: (0,65 ± 0,28) km/s. Der Fehler ist relativ 32° entspricht. groß, weil die Aufnahmebrennweite relativ – Zusätzlich wird die geneigte Spirale mit Rotationsrichtung klein und das betrachtete Zeitintervall ex­ dem Achsenkreuz zusammen gedreht, Der Jet und damit höchstwahrscheinlich trem gering sind. bis eine bestmögliche Übereinstimmung auch der Kometenkern haben sich gegen mit dem Foto erreicht wird. Dies ent- den Uhrzeigersinn weitergedreht. Auf- 31. Juli 2020 spricht dem Positionswinkel, in dem die grund der Drehrichtung ist uns also die An diesem Abend stand der Komet mit geneigte Spirale orientiert ist, und damit nördliche Hemisphäre zugewandt. knapp 24° Horizonthöhe hoch genug, um der Richtung der kleinen Achse der ge- mit fest aufgestellten Instrumenten von

Journal für Astronomie Nr. 77 | 89 Kometen

In (7) wurde das Differenzbild (5) mit dem Kombi-Bild aus (6) kombiniert, um die Kombination der hellen Strukturen radial und tangential besser sichtbar zu machen.

Zur Verdeutlichung der Größenverhältnis- se wurde die mit dem C11 aufgenommene und bearbeitete Detailaufnahme der inne- 7 Aufnahme von C/2020 F3 (NEOWISE) am 31.07.2020 um 21:25 UT (20:30-22:20), ren Koma im korrekten Maßstab der Farb- Instrument: C11 280 mm / 2.800 mm bei f/10, Kamera: Canon 700Da, Gelbfilter GG 495, aufnahme mit dem Refraktor überlagert 101 x 20 s belichtet, ISO 400. Norden oben. Ort: Rheinberg. (Bild: W. E. Celnik) (Abb. 9).

Zeitliche Veränderungen Rheinberg aus erreicht werden zu kön- geglättet. Das Resultat in (2) zeigt demnach Zur Prüfung auf zeitliche Änderungen nen. Werner beobachtete parallel an zwei das Helligkeitsprofil der Koma, geglättet wurde das Sample von 101 Einzelbildern Instru­menten, einem 150-mm-Apo-Re- in radialer Richtung. Dieses Profil wurde in drei Serien zu je 30 Einzelbildern aufge- fraktor von Takahashi mit 1.100 mm nun mit der Funktion „Bildberechnungen teilt, Serie 1 am Anfang (20:40 UT), Serie Brennweite und einem C11 280 mm/2.800 – Mischmodus subtrahieren, Versatz +80“ 2 in der zeitlichen Mitte (21:19 UT), Serie mm (f/10). Am Refraktor wurden mit einer vom Original (1) subtrahiert. Das Diffe- 3 am Ende (22:09 UT) der Beobachtungen. Canon 5D MkII Übersichtsaufnahmen ge- renzbild in (4) zeigt die Abweichungen im Für jede Serie wurde das oben beschriebene wonnen (Abb. 9), am langbrennweitigeren Originalbild (1) vom mittleren Profilbild Verfahren erneut angewandt. Die zeitliche C11 diente eine Canon 700Da mit ihren (2), durch die radiale Weichzeichnung wer- Abfolge ist in der 1. Bildspalte der Abbil- kleineren Pixeln für Detailaufnahmen der den kreis- und bogenförmige Strukturen in dung 10 dargestellt. Deutlich ist zu erken- Koma mit einem GG495-Filter (vgl. Tab. 1). der Koma hervorgehoben. Eine spiralför- nen, dass sich die Spirale in Struktur und Hiermit wurden im Zeitraum von 20:30 bis mige Struktur wird deutlich. In (6) wurde Ausdehnung zeitlich verändert: Die Spirale 22:20 UT 101 auf den Kometen nachgeführ- das Differenzbild mit dem Originalbild vergrößert ihren Radius und ihr äußerer te Aufnahmen mit je 20 s Belichtung ge- kombiniert, um die hellen Strukturen bes- Rand wird immer diffuser. Letzteres wird wonnen. Die Einstellung des Fokus wurde ser sichtbar zu machen. auch durch die immer weiter schrumpfen- zwischendurch zweimal überprüft, was die de Horizonthöhe des Kometen beeinflusst Lücken in den Sternspuren im Ergebnisbild Parallel dazu wurde ein Duplikat des Ori- (Transparenz, Luftruhe). Weiterhin fällt erklärt. Nach dem pixelgenauen manuellen ginals (1) mit dem Filter „radialer Weich- auf, dass die Spirale eine „elliptische“ Form Stacking in Photoshop-Ebenen entstand zeichner – kreisförmig“ behandelt. Damit aufweist. Die Spirale kann über zwei Win- das Graustufenbild in Abbildung 7. werden Pixel in konzentrischen Ringen dungen hinweg beobachtet werden. um die Bildmitte geglättet. Das Resultat in Bearbeitungsverfahren (3) zeigt demnach das Helligkeitsprofil der In der zweiten Bildspalte sind an die Auf- Die weitere Bearbeitungsprozedur in Pho- Koma, geglättet in tangentialer Richtung. nahmen angepasste Spiralen dargestellt. toshop wird in der Abbildung 8 dokumen- Dieses Profil wurde nun mit der Funktion Wie die oben für die Aufnahmen am 21.07. tiert. Der Bildausschnitt wurde so gewählt, „Bildberechnungen – Mischmodus sub- beschriebenen Verfahren wurde eine „ide- dass der False Nucleus exakt in der Bildmit- trahieren, Versatz +40“ vom Original (1) ale, kreisförmige“ Spirale durch Neigung te platziert ist (Teilbild 1), das Feld wurde subtrahiert. Dass Differenzbild in (5) zeigt (hier in O-W-Richtung) und Drehung um aber möglichst gering beschnitten. die Abweichungen im Originalbild (1) vom die Sichtlinie so lange an die Aufnahme 1 mittleren Profilbild (3), durch die Weich- von 20:40 UT angepasst, bis sie die beob- Dieses Original (1) wurde dupliziert und zeichnung in konzentrischen Ringen wer- achteten Windungen des Bogens im Foto mit dem Filter „radialer Weichzeichner – den radiale Strukturen in der Koma hervor- bestmöglich beschreibt. Die Neigung be- strahlenförmig“ behandelt. Damit werden gehoben. Vor allem der Ansatz des Schwei- trägt dann 30°, der Positionswinkel der Pixel radial von der Bildmitte ausgehend fes direkt am False Nucleus wird deutlich. Drehung 230°. Die violette Linie des dar-

90 | Journal für Astronomie Nr. 77 Kometen

8 Dokumentation des Maskierungsverfahrens zur Ausarbeitung der Feinstrukturen in der Kometenkoma. Details s. Text. (Bild: W. E. Celnik)

gestellten Achsenkreuzes stellt die Linie und danach wurden die gleiche Neigung se, also bei den Positionswinkeln 320° (ca. dar, um die die Spirale geneigt wurde. Die und Drehung erneut angewandt. Das Er- NW) und 140° (ca. SO) vermessen, diese gelbe, dazu senkrechte Linie (kleine Achse gebnis wurde dann bei gleich bleibender Pixelabstände erst in Bogensekunden und der nun „elliptischen“ Spirale) wird als Ro- Größe auf die Aufnahme 2 um 21:19 UT dann entspr. der Tabelle 1 in für die Kome- tationsachse des Kerns interpretiert, unter gelegt (Abb. 10, 2. Bildreihe, Spalte 2). tenentfernung gültige lineare Radien um- der Annahme, dass die Spirale in der Äqua- Dieses Bild in kartesischen Koordinaten gerechnet. torebene des Kerns liegt. wurde wie bei dem Bild in Reihe 1 in Polar- koordinaten mit dreifacher Wiederholung In der Grafik in Abbildung 11 ist die zeit- Für die Anpassung dieser Spirale an die umgewandelt (Bildspalte 3). Das gedrehte liche Veränderung dargestellt. Die Steigung beiden zeitlich nachfolgenden Aufnahmen Achsenkreuz aus Spalte 2 taucht im Polar- der Geraden in der Grafik zeigt die Ausdeh- wurde der von Drahus et al. ermittelte Wert koordinatenbild als Folge senkrechter Li- nungsgeschwindigkeit an. Im Mittel strebt für die Rotationsperiode von 7,58 Stunden nien auf. Für das dritte Bild um 22:09 UT die Materie in der Spirale mit (0,56 ± 0,05) [8] verwendet. Unter der Annahme, dass wurde analog verfahren, nur beträgt hier km/s vom Kometenkern weg. Dieser Wert sich die Spirale wie der Kern im Zeitraum der rotationsbedingte Drehwinkel bezogen passt gut zum Wert, der für die Beobach- von Aufnahme 1 (20:40 UT) bis Aufnahme auf die Zeitdifferenz zur ersten Aufnahme tungen am 21.07. abgeleitet wurde: (0,6 ± 2 (21:19 UT) um den Winkel von 30,9° ent- jetzt 70,4°. Man erkennt deutlich, dass sich 0,3) km/s, ist aber wegen der höheren Auf- gegen dem Uhrzeigersinn weitergedreht die Spirale gut an die Ausdehnung anpasst. lösung und des längeren Zeitintervalls nun hat, sollte die nach außen hin immer größer viel genauer. In [9] ist eine Animation der werdende Spirale die beobachtete Vergrö- Ausdehnungsgeschwindigkeit Ausdehnung gezeigt. ßerung des Radius beschreiben. Die ideale In den drei Polarkoordinatenbildern wur- Spirale aus Aufnahme 1 wurde dann um den die Radien der beiden Spiralwindun- Im 2. Teil des Beitrags werden wir die Beob- den Rotationswinkel von -30,9° gedreht gen in Richtung der gelben Neigungsach- achtungen am 06.08.2020 vorstellen sowie

Journal für Astronomie Nr. 77 | 91 Kometen

die daraus abgeleiteten Geschwindigkeiten. Zusätzlich ermitteln wir aus der Summe unserer Beobachtungen eine genauere Lage der Rotationsachse des Kometenkerns im Raum. Am Schluss werden wir unsere Er- gebnisse mit den in der Fachliteratur publi- zierten vergleichen.

Literatur- und Internethinweise (geprüft Dez. 2020): [1] A. Kammerer, 2020: „Kometen-Aus- wertungen, C/2020 F3 NEOWISE“, VdS-Fachgruppe Kometen, https:// fg-kometen.vdsastro.de/koj_2020/ c2020f3/20f3_aus.htm [2] VdS-Fachgruppe Kometen, Home- page: http://fg-kometen.vdsastro.de/ [3] U. Pilz (Ed.), 2020: „Komet C/2020 F3 (NEOWISE)“, VdS-Journal für Astrono- 9 C/2020 F3 (NEOWISE) am 31.07.2020 um 21:07 UT, aufgenommen mit Refraktor mie 75 (4/2020), S. 112-117 150 mm/1.100 mm, Kamera: Canon 5D MkII, Belichtung ohne Filter 38 x 45 s bei ISO 400. Zur [4] W. E. Celnik (Ed.), 2021: „Komet Verdeutlichung der Größenverhältnisse wurde die mit dem C11 aufgenommene und bearbeitete C/2020 F3 (NEOWISE), die VdS- Detailaufnahme der inneren Koma im korrekten Maßstab überlagert. (Bild: W. E. Celnik) Bilder­strecke“, VdS-Journal für Astro- nomie 76 (1/2021), S. 144-156

10 Zeitliche Veränderungen in den Details der inneren Koma am 31.07.2020 zwischen 20:40 und 22:09 UT. 1. Spalte: im Kontrast angehobene Aufnahmen, Norden oben. 2. Spalte: angepasste Spiralen (Anpassung s. Text), 3. Spalte: Polarkoordinatenbilder der Spiralen, in Richtung Drehwinkel dreimal wiederholt, um die Spiralwindungen im Zusammenhang zu sehen. (Bild: W. E. Celnik)

92 | Journal für Astronomie Nr. 77 Mond

[5] R. A. Hillebrecht, 2021: „Kernnahe Strukturen im Kometen C/2020 F3 NEOWISE“, VdS-Jour- nal für Astronomie 76 (1/2021), S. 110-113 [6] Komet C/2020 F3 NEOWISE: Wikipedia, https://de.wikipedia.org/wiki/C/2020_F3_ (NEOWISE) [7] Rotation von Jets in der Coma von NEOWI- SE am 8.8.2020: Hubble Space Telescope, https://www.nasa.gov/sites/default/files/ thumbnails/image/stsci-h-v2045a_ neowise_grey_1280x720_0.gif „ [8] M. Drahus et al., 2020: Rotation of Comet C/2020 F3 (NEOWISE)”, The Astronomer’s Telegram #13945, 14.08.2020, 17:19 UT [9] W. E. Celnik, 2020: „C/2020 F3 NEOWISE am 31.07.2020, Animation der Ausdehnung der Koma-Spirale”, http://fg-kometen.vdsastro. de/pix/2020F3/2020F3_5_31072020.htm 11 Die Radien der beiden Windungen der Materiespirale wurden entlang der Achse, [10] Visualisierungssoftware CELESTIA: https:// um die die Spirale geneigt wurde, in der Abb. 11 gemessen. In der Grafik sind als Mess- celestia.space/ punkte die Radien zu den drei angegebenen Zeitpunkten dargestellt. Die schwarzen [11] U. Dickmann: „Offizielle deutsche CELESTIA Ausgleichsgeraden bilden die Mittelwerte der Radienzunahme der beiden Spiralwin- Website“, www.celestia.info/ dungen ab. (Bild: W. E. Celnik)

Die Mondfinsternis vom 21.1.2019 – analysiert mit Hilfe einer Vierkanal-Kamera-Fotometrie im visuellen Licht und Infrarot – Teil 2: Ergebnisse von Peter C. Slansky

In Teil 1 dieses Artikels [1] hatte ich meine montiert, hinten eine zweite Kamera des- Basis definierte ich sieben Messfelder auf Beobachtungstechnik und Methodik der selben Typs mit entferntem IR-Sperrfilter dem Mond mit jeweils 100 bis 150 Pixeln totalen Mondfinsternis vom 21.1.2019 – und stattdessen mit IR-Passfilter für den Fläche für je eine Messreihe in den vier der letzten von Europa aus beobachtbaren Spektralbereich Nah-Infrarot. Der Beob- Kanälen. Die Abbildung 3 zeigt deren La- für 10 Jahre – vorgestellt: Mit Hilfe zweier achtungsort lag auf der Plose bei Brixen im ge und Größe: Am weitesten von der Zen- fotografischer Aufnahmeserien im visu- Eisacktal auf 2.010 m ü.M. trallinie des Erdschattens entfernt, in der ellen Licht, getrennt nach Blau, Grün und Nähe des Mond-Nordpols, liegt das Mess- Rot, und im nahen Infrarot sollten in sieben Auswertung feld Goldschmidt. Moretus liegt diagonal verschiedenen Messfeldern auf der Mond- Um aus den beiden fotografischen Auf- gegenüber, also in der Nähe des Mond-Süd- oberfläche fotometrische Messreihen über nahmereihen für jedes Messfeld die foto- pols, am nächsten an der Zentrallinie. Aris- den gesamten Finsternisverlauf, jeweils metrischen Kurven in den vier Spektral- tarchus liegt im Westen, weit im Südwesten getrennt nach den vier Spektralbereichen, bereichen zu gewinnen, wurde, wie in Teil Byrgius, Hipparcus relativ zentral, Mauro- angefertigt werden. Die Abbildung 1 macht 1 dargestellt, zuerst die opto-elektronische cylus im Südosten und Mare Crisium am deutlich, wie sehr sich der verfinsterte Übertragungsfunktion der Kamera ermit- nordöstlichen Mondrand. Zusätzlich wur- Mond im visuellen von dem im infraroten telt. Über die entsprechende Wertetabelle de eine achte Kurve für das arithmetische Wellenlängenbereich unterscheidet. kann jedem digitalen Code Value im Bild Mittel aller sieben Messfelder berechnet. ein relativer Helligkeitswert in Blendenstu- Meine Instrumentierung (Abb. 2) bestand fen zugeordnet werden [2]. Im Programm Photoshop wurden inner- aus einem apochromatischen Refraktor halb jedes Messfelds mit dem Pipetten- 80 mm/480 mm mit Flip-Mirror. Oben war Die NASA gibt für jede Mondfinsternis de- Werkzeug die digitalen Code Values ermit- eine unmodifizierte Sony a7S für die visu- taillierte Informationen über die Geome­ telt, getrennt nach den Kanälen Blau, Grün ellen Spektralbereiche Blau, Grün und Rot trie des Erdschattens heraus [3]. Auf dieser und Rot (Kamera 1) und Infrarot (Kamera

Journal für Astronomie Nr. 77 | 93 Mond

1 Totale Mondfinsternis am 21.1.2019, 05:28 Uhr MEZ. Der Kontrast zwischen der hellen und der dunklen Mondseite ist im visuellen Licht (links) deutlich höher ist als im Infraroten (rechts).

2). Gemessen wurde jeweils das arithmeti- die auf der Basis einer Aufnahme vor der te Leuchtdichten wurde vermieden. Über sche Mittel der Code Values aller Pixel im Verfinsterung ermittelt wurden. Die nach- den gesamten Finsternisverlauf von 03:43 betreffenden Messfeld, um den Einfluss des folgenden Diagramme zeigen für jedes der bis 07:28 Uhr MEZ wurden insgesamt 45 Bildrauschens sowie leichter Fehlpositio- sieben Messfelder und für deren Durch- Fotos im Visuellen und 38 im Infraroten nierungen der Messmaske zu eliminieren. schnitt jeweils fünf Helligkeitskurven über aufgenommen und in den sieben Messfel- Aus den drei visuellen Kanälen Blau, Grün die Zeit: für Blau, Grün, Rot, V und Infrarot. dern jeweils in den vier Spektralbereichen und Rot wurde mit einer Formel aus der Jede Kurve startet bei einer Verfinsterung getrennt ausgemessen, was insgesamt 869 Bildverarbeitungstechnik zusätzlich der von 0 und zeigt den zeitlichen Verlauf der Messwerte ergab. Helligkeitswert V errechnet. V entspricht Finsternis für das jeweilige Messfeld über der Helligkeit bei einer Reduktion der Farb- die Zeit in negativen Blendenstufen für den Ergebnisse sättigung auf Null. jeweiligen Spektralbereich. Es handelt sich Nachfolgend werden aus Platzgründen vier also lediglich um eine relative Fotometrie; der insgesamt acht Messkurven gezeigt. Da die Helligkeitsunterschiede während der Aufwand der Kalibrierung auf absolu- Zusätzlich zur Betrachtung der maximalen einer Mondfinsternis die Kontrastübertra- gung einer digitalen Kamera bei Weitem übersteigen, musste im Verlauf der Mond- finsternis die Belichtung ständig angepasst werden. Die Teleskopöffnung blieb jedoch konstant, daher geschah dies ausschließ- lich über die Belichtungszeit und den ISO-Wert. Während der partiellen Phase wurden zudem mit beiden Kameras jeweils zwei verschieden belichtete Aufnahmen ge- macht, um die großen Kontraste zwischen der hellen und der verfinsterten Mondseite zu überbrücken. Sowohl die Belichtungs- zeit als auch der ISO-Wert gehen linear in die Belichtung ein, dementsprechend wurden Variationen dieser Parameter in der Auswertung jeweils durch einen ent- sprechenden Korrekturterm berücksich- tigt. Ebenfalls korrigiert wurden die unter- schiedlichen Werte der Albedo der Mond- oberfläche in den sieben Messfeldern, 2 Meine Instrumentierung

94 | Journal für Astronomie Nr. 77 Mond

3 Lage und Größe der sieben Mess- felder. Grafik: P. Slansky auf der Basis eines Screenshots des Freeware-Pro- gramms Virtual Moon Atlas.

Verfinsterung in jeden Spektralkanal lohnt auch die Betrachtung der Differenz IR-V zwischen der maximalen Verfinsterung im visuellen Licht und im Infraroten.

Das Messfeld Goldschmidt liegt etwas west- lich des Mond-Nordpols, mithin am weites- ten von der Zentrallinie entfernt (Abb. 4). Die maximale Verfinsterung wird hier in allen vier Kanälen um 06:09 Uhr MEZ er- reicht; sie beträgt -12,7 Blendenstufen im Blauen, -13,0 im Grünen, -12,6 im Roten, -12,8 in V und -8,9 im Infraroten. Erwar- tungsgemäß ist das die geringste Verfinste- Messfelder: -18,4 Blendenstufen im Blauen, stufen am größten. Das entspricht einem rung von allen sieben Messfeldern, und zwar -18,0 im Grünen, - 15,7 im Roten, -17,0 in V Verfinsterungsgrad von 1:70.000. Gefolgt in allen vier Kanälen. Ebenfalls am gerings- und -11,8 im Infraroten. Auch die Differenz wird sie von -15,7 Blendenstufen im Grü- ten von allen Messfeldern ist die Differenz IR-V ist in diesem Messfeld mit 5,2 Blen- nen (1:53.000) und -14,0 Blendenstufen der maximalen Verfinsterung IR-V von 3,9 denstufen am höchsten. Damit zeigt dieses im Roten (1:16.000). Im Nah-Infraroten Blendenstufen. Nicht ohne Weiteres zu er- Messfeld nicht nur die tiefste Verfinsterung beträgt die maximale Verfinsterung da- warten waren die sehr geringen Differenzen in allen Kanälen, sondern auch die größten gegen nur -10,5 Blendenstufen (1:1.440). zwischen Blau, Grün und Rot bei gleichzei- Differenzen der Verfinsterung zwischen IR-V liegt bei 4,6 Blendenstufen; damit ist tig deutlicher Differenz zum Infraroten. den Kanälen. die Verfinsterung im Infraroten nur 1/24 so stark wie im Visuellen. Die Kurven zeigen Das Messfeld Hipparcus (Abb. 5) liegt re- Im Durchschnitt über alle sieben Messfel- nahezu einen idealtypischen Verlauf. Ver- lativ zentral. Die maximale Verfinsterung der (Abb. 7) ist die maximale Verfinsterung fälschungen aufgrund von instrumentel- wird dort im Visuellen mit einem breiten des Mondes im Blauen mit -16,1 Blenden- lem Streulicht werden durch die Mittelung Plateau um 06:14 Uhr MEZ erreicht, im Infraroten dagegen bereits um 05:57 Uhr MEZ. Sie beträgt -16,7 Blendenstufen im Blauen, -16,2 im Grünen, -14,3 im Roten, -15,4 in V und nur -10,6 im Infraroten. Zu diesem Zeitpunkt beträgt die Differenz IR- V = 4,9 Blendenstufen. Aufgrund der zen­ tralen Lage ist hier ein Vergleich zur Durch- schnittskurve über alle sieben Messfelder (Abb. 7) interessant.

Das Messfeld Moretus (Abb. 6) liegt etwas östlich des Mond-Südpols, also am nächs- ten an der Schattenzentrallinie. Die ab- nehmende Flanke der Kurve (links) zeigt Aufhellungen, d.h. Verfälschungen auf- grund von instrumentellem Streulicht. Die maximale Verfinsterung wird in allen Spektralbereichen um 06:14 Uhr MEZ er- reicht. Sie ist jeweils die stärkste aller sieben 4 Zeitlicher spektraler Helligkeitsverlauf in Blendenstufen für das Messfeld Goldschmidt

Journal für Astronomie Nr. 77 | 95 Mond

weitgehend ausgeglichen. Ab einer Horizonthöhe von weniger als 5° macht sich die Morgendäm- merung im Sinne einer Aufhellung, vor allem im Blauen, bemerkbar. Gleichzeitig traten jedoch auch Wolken auf, die eine Abdunkelung ver- ursachten, so dass diese Werte nicht mehr exakt sind.

Zusammenfassung und Ausblick Die mit meinem Verfahren gewonnenen Ergeb- nisse zeigen eine signifikante Korrelation zur Geo- metrie des Erdschattens auf dem Mond. Aus den Helligkeitsverlaufskurven in den Kanälen konn- ten zudem Farbdifferenzen für die sieben Mess- felder ermittelt werden, die ebenfalls signifikante Korrelation zur Schattengeometrie, getrennt nach den vier Spektralbereichen, aufweisen.

Dies könnte noch sehr viel genauer ausgewertet werden. In einem weiteren Schritt könnten die bisher relativen Helligkeitsmessungen zu abso- luten Leuchtdichten hin kalibriert werden. Die Auswertung weiterer Mondfinsternisse nach der hier vorgestellten Methode erscheint sinnvoll. Der Einfluss des instrumentellen Streulichts soll zukünftig noch vermindert werden. Über einen Vergleich mit visuellen Schätzungen erfahrener visueller Beobachter könnte eine fotometrische Kalibrierung der visuellen, fünfstufigen Dan- jon-Skala (die 2021 übrigens 100 Jahre alt wird) abgeleitet werden. Für Anregungen zur weiteren Auswertung bin ich dankbar.

Ich bedanke mich herzlich bei meinem Co-Beob- achter Bernd Gährken und bei Matthias Knülle, die beide sehr zur Auswertung dieser Beobach- tung mit beigetragen haben.

Literatur- und Internethinweise (Stand April 2020): [1] P. C. Slansky, 2020: „Die Mondfinsternis vom 21.1.2019, analysiert mithilfe einer Vierkanal-Kamera-Fotometrie im visuellen Licht und Infraroten, Teil 1: Methodik“, VdS- Journal für Astronomie 75 (4/2020), 30-33 [2] P. C. Slansky, Homepage: http://slansky. 5+6 Zeitlicher spektraler Helligkeitsverlauf in Blendenstufen für das Messfeld userweb.mwn.de/bereiche/astronomie/ Hipparcus (Abb. 5) und Moretus (Abb. 6) aufnahmetechniken/bilder/oecf_sony_a7s_ photo.pdf 7 Zeitlicher spektraler Helligkeitsverlauf in Blendenstufen für den Durchschnitt [3] F. Espenak, NASA/GSFC: https://eclipse. aller sieben Messfelder. Die gestrichelte Linie markiert die Horizonthöhe des Mondes gsfc.nasa.gov/LEplot/LEplot2001/LE- (Skala links unten). 2019Jan21T.pdf (12.4.2020)

96 | Journal für Astronomie Nr. 77 Mond

Mondkrater Copernicus am 5-Zöller gezeichnet von Jens Leich

Im Frühjahr 2020 war die Luft aufgrund trockener Luft (62% relativer Luftfeuchtig- Die Zeichnung erfolgte auf schwarzem des in den vorangegangen Wochen corona- keit) saß ich bequem auf meinem Astro- Zeichenpapier mit weißen, grauen und bedingt geringen Straßen- und auch Luft- stuhl in meiner Rolldach-Sternwarte und schwarzen Pastellstiften. Sie dauerte von verkehrs außerordentlich transparent und zeichnete zunächst „nur“ den Mondkrater 20:20 bis 21:57 Uhr UT. Sie gehört mit ins- ungestört. Copernicus. gesamt über 90 Minuten Dauer zu meinen eher umfangreicheren Zeichnungen. Als Das Beobachten direkt am Teleskop machte Die Zeit verging wie im Flug und so dehn- Instrument kam ein apochromatischer Re- dabei solch einen Spaß, dass ich am Abend te ich die Zeichnung immer weiter aus und fraktor vom Typ „Starfire“ der Firma Astro- des 31.05.2020 dem Anblick des majestäti- hielt u. a. auch das schöne Rillensystem des Physics mit einer Öffnung von 130 mm und schen Copernicus, Gay-Lussac und seinem ca. 27 km großen Kraters Gay-Lussac fest, 838 mm Brennweite zum Einsatz. Die Ver- Rillensystem sowie Reinhold und Reinhold außerdem noch die Krater Reinhold (48 km größerung betrug mit Amici-Prisma und B einfach nicht widerstehen konnte. Bei an- Durchmesser) und den halb so großen Kra- einem 3-mm-Okular der Marke Televue genehmen 12 °C Lufttemperatur und recht ter Reinhold B. DeLite etwa 279-fach.

1 Mondkrater Copernicus, gezeichnet am 31.05.2020 von Jens Leich am 5-Zöller

Journal für Astronomie Nr. 77 | 97 Radioastronomie

Neues aus der FG Radioastronomie von Frank Theede

Mitglieder unserer Fachgruppe haben im die Grundlagen der Radioastronomie ge- Rahmen von universitären Aufgaben) am August unabhängig voneinander per Me- geben, der insbesondere Erstinteressierte, Arno-Penzias-Radioteleskop [2] geleistet teorscatter Beobachtungen der Perseiden die z. B. im Rahmen von Veranstaltungen wurden. Dieses „nachzubauen“ wird für die durchgeführt. So auch Fritz Lensch, der der Regiomontanus-Sternwarte entspre- meisten Amateure nicht möglich sein. Die in diesem Jahr 2020 wegen der vielen Stö- chende Lektüre nachfragen, im Blick hat. ausgeführten Beobachtungen wurden von rungen nur Meteore ausgewertet hat, die Es werden trotz des knappen Umfanges die der Fachgruppe Radioastronomie der NAG mindestens 5 s beim Verglühen beobach- Themen Geschichte der Radioastronomie, durchgeführt und zeigen insbesondere am tet wurden (Abb. 1). Da die vielen kleinen physikalische und technische Grundlagen Beispiel der Messungen der 21-cm-Linie in Staubkörner nicht berücksichtigt wurden, der Radioastronomie und ihrer Beobach- der Milchstraße die Möglichkeiten auf. So gibt es vor allem an den frühen Nachmit- tungsinstrumente und Beobachtungsmög- ist das „Büchlein“ ein erster, aber nicht tri- tagen keine Ereignisse. Weitere Details sind lichkeiten mit „kleinen“ Radioteleskopen, vialer Überblick zur Radioastronomie mit auf Fritz‘ Webseite [1] zu finden. hierzu zählt der Autor Parabolantennen einer Einführung der wichtigsten Begriffe mit 3 m Durchmesser, angerissen. Einge- sowie eine Hinführung zur Vertiefung des Unser Fachgruppenmitglied Michael Stöhr bettet in den Text sind etwas kleiner gesetz- Wissens. In den Quellen und Literaturhin- war an Messungen beteiligt, die in dem im te Passagen, in denen vertiefende Informa- weisen finden sich dazu die relevanten Ma- Oktober 2020 erschienen Buch „Radioas­ tionen mit gehobenem mathematisch-phy- terialien. Uns gefällt natürlich, dass unsere tronomie“ von Thomas Lauterbach [6] be- sikalischen Anspruch, z. B. Integralen, zu Fachgruppe und ihre Webseite [3] erwähnt schrieben werden. Der Autor leitet die Fach- finden sind. Der Aufbau eines Radiotele­ werden. gruppe Radioastronomie der Nürnberger skops wird prinzipiell erläutert, es kann Astronomischen Gesellschaft (NAG) e.V. aber natürlich keine erschöpfende Anlei- Den meisten Fachgruppenmitgliedern (nicht zu verwechseln mit unserer Fach- tung für den Selbstbau gegeben werden. werden die Inhalte nicht neu sein, aber Ein- gruppe der VdS) und ist Professor für Phy- Man muss im Hinterkopf behalten, welche steiger und unsere Familien und Freunde, sik an der Technischen Hochschule Nürn- professionellen Ansätze und Möglichkei- die endlich verstehen wollen, was ein Ama- berg. Auf 55 Seiten wird ein Überblick über ten (z. B. durch Mitarbeit von Studenten im teurradioastronom so macht, werden nach

1 Anzahl der nachgewiesenen Perseiden mit mehr als 5 s beobachteter Reflexion zwischen dem 11. und 13. August 2020, Uhrzeiten in UTC. (Grafik Fritz Lensch)

98 | Journal für Astronomie Nr. 77 Radioastronomie

der Lektüre eine Idee davon bekommen glied Thomas Freina erläutert das Jansky, skop“, VdS-Jounal für Astronomie 71 haben. die Intensität von Radioquellen und ihre (4/2019), S. 44 Beobachbarkeit mit Amateuranlagen. Axel [3] VdS-Fachgruppe Radioastronomie, Wer ohne Kosten weiter in die Themen Jessner vom Max-Planck-Institut für Ra- Homepage: www.sternfreunde.de/ einsteigen möchte, kann dies z. B. mit den dioastronomie beleuchtet das Wechselspiel index.php?id=radioastronomie Büchern „Open Skies – The National Radio zwischen Radioastronomie und den sie stö- [4] PDF „Open Skies“: www.springer. Astronomy Observatory and Its Impact on renden Einflüssen. com/gp/book/9783030323448 US Radio Astronomy“ [4] und „Interfero- [5] PDF „Interferometry“: www.springer. metry and Synthesis in Radio Astronomy“ Literatur- und Internethinweise com/gp/book/978331944429 [5] machen, die in der Open-Access-Reihe (Stand Oktober 2020): [6] T. Lauterbach, 2020: „Radioastro- des Springer-Verlages kostenlos als PDF [1] F. Lensch, Homepage: www.lensch. nomie – Grundlagen, Technik und heruntergeladen werden können. at/meteore-1/?fbclid=IwAR3VUNT Beobachtungsmöglichkeiten kleiner nuJdAkKS22y727h_ILFR2T5F8IE Radioteleskope“, in der Reihe }es- In dieser Journal-Ausgabe finden sich je- yn279nd4RBlmo-oBC3dvoXxuU sentials{, Springer (eBook 4,48 EUR, weils die ersten Teile zweier umfangrei- [2] J. Schneidewind, T. Lauterbach, Softcover 14,99 EUR), www.springer. cherer Arbeiten. Unser Fachgruppenmit- 2019: „Das Arno-Penzias-Radiotele- com/de/book/9783658314149 Radioastronomie und die Nutzung der Radiowellen – Teil 1 von Axel Jessner

Seit Jahrtausenden sind die Menschen vom zudem noch über Neutrinos und Gravita- werdende Technik auch die breitere Nut- Himmelsgeschehen fasziniert. Die Beob- tionswellen erhalten können. Allerdings zung und damit verstärkte Emissionen achtung der Himmelserscheinungen war nehmen alle erdgebundenen astronomi- durch menschliche Aktivitäten zur Folge. zu Anfang nur mit dem bloßen Auge und schen Empfangsanlagen, mit Ausnahme Die optische Astronomie war dabei zuerst ohne Hilfsmittel, von ein paar Landmarken derjenigen für Gravitationswellen, heute ein wenig im Vorteil, da Licht, im Gegensatz als Fixpunkte einmal abgesehen, möglich. auch mehr oder minder starke störende zur langwelligeren Radiostrahlung, durch Dafür war der Himmel nachts aber auch lokale Emissionen als Folge menschlicher undurchsichtige Hindernisse leichter ab- dunkel. Erst in der Neuzeit, mit Galilei und Aktivitäten wahr. geschirmt werden kann. Noch im 19. Jahr- Kepler kam dann das optische Fernrohr zur hundert wurden Sternwarten in oder in der Verstärkung der Empfindlichkeit und dem Die Radioastronomie entwickelte sich in Nähe großer Städte betrieben, aber die mo- Auflösungsvermögen des menschlichen einer Zeit, in der die Funktechnik und die dernen astronomischen Großinstrumente Auges hinzu. Gleichzeitig verschlechterten Nutzung der Radiowellen schon weit fort- der optischen und der Radioastronomie sich die Bobachtungsbedingungen beson- geschritten waren. Ja, dieser Fortschritt müssen heutzutage in abgelegenen Bergre- ders in den Städten und ihrer Umgebung, war auch zugleich eine notwendige Vo- gionen oder Wüsten errichtet werden, um dort wurde es heller und rauchiger. Bis zur raussetzung für die Möglichkeit radio- den meisten menschlichen Störemissionen Mitte des zwanzigsten Jahrhunderts gab es astronomischer Forschung. Genau wie zu entgehen. immer nur das sichtbare Licht als Boten für die optische Astronomie, war hier der der Vorgänge außerhalb unseres Planeten. technische Fortschritt Segen und Fluch Wenn aber etwa Flugzeuge oder sogar Sa- Seitdem hat der technische Fortschritt es zugleich. Einerseits ermöglichte er immer telliten Quelle der Störungen sind, dann aber möglich gemacht, dass wir astronomi- größere Empfindlichkeiten und besseres hilft das leider auch nicht mehr. Als Alter- sche Informationen über die ganze Breite Auflösungsvermögen der Empfangsanla- native bleibt nur noch der Weltraum, der des elektromagnetischen Spektrums und gen, andererseits hatte die immer billiger jetzt schon gut mit Observatorien bestückt

Journal für Astronomie Nr. 77 | 99 Radioastronomie

1 Temperatur des Himmelsrauschens als Funktion der Frequenz nach Cane (1979, Mon. Not. Roy. Astron. Soc. 189, 465) und Ellington (2005, IEEE Trans on Antennas and Propagation 53, No. 8, 2480). Blaue Intervalle bezeichnen die der Radioastronomie zugewiesenen Frequenzbänder und grüne Intervalle bezeichnen die Bänder, in denen keinerlei Emissionen erlaubt sind.

ist. Insbesondere solchen, die im Bereich ersten Weltfunkkonferenz (WRC) 1906 in Stationen verursachen.“ Dieser Schutz er- der Wellenlängen arbeiten, für die unsere Berlin wurden dazu der erste Weltfunkver- streckt sich aber auch auf Störungen, die Atmos­ phäre undurchsichtig ist. trag und die erste Vollzugsordnung für den von anderen, z. B. industriellen Anlagen Funkverkehr (zu Deutsch: VO Funk, engl.: oder Haushaltsgeräten ausgehen. Hierzu Regulierung der Nutzung des Radio Regulations) verabschiedet. Seit steht dann sinngemäß im Artikel 15.12, Radiospektrums dieser Zeit ist die internationale VO Funk dass „die Verwaltungen aufgefordert wer- Wenngleich die erste Nutzung der Radio- auch zugleich Bestandteil des nationalen den, alle notwendigen und praktikablen wellen um 1900 erst sehr spät in der Zivilisa- Verwaltungsrechts, an das die staatlichen Maßnahmen vorzunehmen, die sicherstel- tionsgeschichte erfolgte, so wurde die Not- Stellen auch in Deutschland gebunden sind len, dass von dem Betrieb aller Arten von wendigkeit zu einer Koordinierung durch [3, 4]. Der tragische Untergang der Titanic elektrischen Geräten und Installationen, so gesetzliche Regulierung sofort offenbar [1, im Jahr 1912 zeigte die Notwendigkeit der auch die zur Stromversorgung und Kom- 2]. Die Radiowellen, die durch die damalige Festlegung von allgemeinen Funkfrequen- munikation gehörenden, keine schädlichen einfache Technik erschlossen wurden mit zen für Notrufe [1]. Weitere Festlegungen Störungen anderer anerkannter Funk- Frequenzen von einigen 10 kHz bis MHz, von Frequenzbändern für zivile und militä- dienste, insbesondere die der Radionaviga- haben eine große Reichweite und über- rische Nutzung erfolgten auf der Weltfunk- tion und der Rettungsdienste, ausgehen …“ winden mühelos die Ozeane und natürlich konferenz 1927. Gleichzeitig wurde auch Die Nutzung der Radiowellen ist also schon auch Staatsgrenzen. Um aber eine effektive die Notwendigkeit für eine gegenseitige seit Langem weitgehend international re- Kommunikation über Ländergrenzen hin- Verträglichkeit der einzelnen Funkdienste guliert - ganz im Gegensatz zur Erzeugung weg zustandezubringen, mussten von An- und deren Sende- und Empfangsanlagen von künstlichem Licht. fang an gemeinsame Standards für Sender erkannt. Im Artikel 0.4 der VO Funk wur- und Empfänger geschaffen werden. Diese de deswegen sinngemäß vereinbart: „Dass Der regulatorische Schutz Aufgabe wurde der bereits 1865 gegrün- alle Funkanlagen, ganz gleich zu welchem radioastronomischer Stationen deten „Internationalen Telegraphie Union“ Zweck diese erbaut und betrieben werden, Die Radioastronomie wurde im Jahre 1959 (ITU), einem internationalen Gremium aus nur so betrieben werden dürfen, dass sie als eigenständiger Funkdienst von der ITU Mitgliedern der nationalen Post- und Tele- keine schädlichen Störungen des Betrie- anerkannt und zugleich wurde ihr erstmals graphenverwaltungen, übertragen. Auf der bes anderer anerkannter Funkdienste und der Bereich der 21-cm-Linie (1400-1427

100 | Journal für Astronomie Nr. 77 Radioastronomie

MHz) des neutralen Wasserstoffs als Fre- halb von 30 GHz in schmalen Frequenz- International Radio Regulations”, quenzbereich zugewiesen. Im Laufe der bändern exklusiv zugewiesen worden, und www.osti.gov/etdeweb/servlets/ Jahre kamen dann immer mehr Frequenz- sie teilt sich zusätzliche Frequenzbänder purl/20945052 bereiche dazu, die häufig auch mit den mit weiteren Funkdiensten. Die zugewie- [3] ITU-Publikation: www.itu.int/pub/ durch den Erderkundungsfunkdienst (z. B. senen Frequenzbänder überdecken aber R-REG-RR-2016 Meteorologie) genutzten zusammenfallen. nicht alle wichtigen Spektrallinien und sind [4] Drucksache des deutschen Bundes- Diese Bänder sind aber nicht willkürlich bei Weitem nicht ausreichend breit, um den rates No. 211/13: www. gewählt worden oder sogar beliebig ver- verbesserten Möglichkeiten und gestiege- bundesrat.de/SharedDocs/ schiebbar, sondern liegen auf Frequenzen, nen Anforderungen der modernen Radio- drucksachen/2013/0201-0300/ die zu den Spektrallinien von Atomen und astronomie zu genügen. Es ist den Astro- 211-13.pdf Molekülen im interstellaren Medium ge- nomen aber nicht verboten, breitere oder [5] Frequenzplan 2019 der Bundesnetz- hören. andere Frequenzbänder zu empfangen, im agentur: www.bundesnetzagentur.de/ Gegenteil: Die ITU-R-Empfehlung RA. 314 SharedDocs/Downloads/DE/ Diese Frequenzzuweisungen sind unter [6] sagt hier, dass „… die Verwaltungen ge- Sachgebiete/Telekommunikation/ anderem im Frequenznutzungsplan der beten werden, auch die Beobachtung von Unternehmen_Institutionen/ BNetzA zu finden [5] und für diese Bänder Spektrallinien außerhalb der zugewiese- Frequenzen/20191202_ wurden ergänzende Bestimmungen zu den nen Bänder zu ermöglichen …“. Allerdings Frequenzplan.html Frequenzzuweisungen („Fußnoten“) in der müssen die Radioastronomen sich hier mit [6] ITU-Publikation: www.itu.int/rec/ VO Funk erlassen: FN 5.340 (in Deutsch- dem Empfang legitimer Aussendungen R-REC-RA.314 land D340 [5]) sagt „In den folgenden Fre- anderer Funkdienste abfinden. Diese kön- quenzbereichen sind Aussendungen nicht nen die Messungen der Radioastronomen zugelassen: …Liste…“ sowie FN 5.149 (in empfindlich stören, sind aber eben keine Impression Deutschland D149 [5]): „Bei der Nutzung „schädlichen Störungen“ im Sinne des Ar- der Frequenzbereiche …Liste… durch tikel 0.4 der VO Funk, weil diese nur Funk- Ein Gedicht Funkdienste, die diesen Frequenzbereichen stellen betreffen, die innerhalb der zuge- ebenfalls zugewiesen sind, werden alle nur wiesenen Bändern nach den dort geltenden Im Zentrum der Galaxie zu Hause, möglichen Maßnahmen getroffen, um den Regeln arbeiten. Hier zeigt sich leider der Saugt es Material auf ohne Pause. Radioastronomiefunkdienst vor Störungen sehr begrenzte Horizont dieses gut gemein- Es wird von Sternen rasant umkreist, zu schützen.“ Die Bänder mit der Fußnote ten menschlichen Regelwerkes, von dem Was uns seine Existenz beweist. 5.340 werden deswegen auch kurz als „pas- die Realität der physikalischen Prozesse sive Bänder“ bezeichnet. Für sie ist damit und der Rest des großen Universums aber DAS SCHWARZE LOCH ein ganz besonders starker Schutz interna- einfach keine Notiz nehmen will. tional gesetzlich verankert worden. Bänder, Ein kosmisches Schwergewicht, die von der Fußnote 5.149 betroffen sind, Im nächsten Teil des Artikels wird dann Zu keiner Diät bereit; sind solche, in denen unter bestimmten auf technische Schutzkriterien, Grenzwerte Sternenstaub das Hauptgericht, Umständen auch aktive (d. h. sendende) und die Zusammenarbeit von Radioastro- Verschmäht wird keine Mahlzeit. Funkdienste arbeiten dürfen. nomen und Regulierungsbehörden einge- Die Materie superdicht, gangen werden. Stark verbogen die Raumzeit; Die Abbildung 1 zeigt die Verteilung der Dem Monster entkommt kein Licht, zugewiesenen Frequenzbänder zwischen Gefängnis für die Ewigkeit. 10 MHz und 100 GHz und deren Schutz- Literatur- und Internethinweise Der Ereignishorizont ist Grenze, status. Das Radiospektrum ist aber ein (Stand Oktober 2020): Dahinter ist einfach Sense. knappes Gut, welches nicht mehr vermehrt [1] ITU-Publikation: http://search.itu.int/ werden kann und es ist deswegen wertvoll history/HistoryDigitalCollectionDoc Rainer Kirmse und heiß umkämpft. Der Radioastronomie Library/12.28.71.en.pdf sind dabei nur 0,7% des Spektrums unter- [2] Ryszard Struzak: “Introduction to

Journal für Astronomie Nr. 77 | 101 Radioastronomie

Wie hell leuchten Radiosterne? – Teil 1 von Thomas Freina

In diesem ersten von zwei Artikeln wird zeit (Sekunden) als auch von der Band- Strahlungsfluss lässt sich schon mit ein- die in der Radioastronomie gebräuchliche breite (Hertz) sowie von der Flächengröße fachen Mitteln jederzeit nachweisen. An- Maßeinheit für die spektrale Flussdichte, des Rezeptors (Antenne) der verwendeten leitungen und Berichte dazu gibt es mas- das Jansky, näher beschrieben. Im zweiten Empfangssysteme. senhaft im Internet zu finden, z. B. auf der Teil wird an Hand von eigenen Beobach- Webseite von Fritz Lensch [1]. tungen dargestellt werden, welche Fluss- Die Einheit wurde so sehr klein gewählt, dichten für einfache Amateuranlagen er- weil die meisten Radioquellen sehr weit Der tagesaktuelle Strahlungsfluss der Son- reichbar sind. von uns entfernt sind, so dass man den da- ne, der so genannte „solar flux index“ wird raus resultierenden kleinen Flussdichten zum Beispiel täglich auf dem Space Wea­ Radioastronomische Strahlungsquellen Rechnung tragen muss. 1 Jansky als Zahl ther Service des Bureau of Meteorology in sind in der Regel mit kosmischen Objekten geschrieben stellt sich so dar: Australien [2] für verschiedene Frequenzen verbunden, die auch optisch sichtbar sind. veröffentlicht. Auf der Website des Space 1 Jy = 0,000 000 000 000 Ebenso wie diese können sie dem Beobach- Weather Prediction Center [3] kann man 000 000 000 000 01 W / (Hz ∙ m2) ter auf der Erde näherstehen oder weiter sich ebenfalls tagesaktuell über die „Witte- entfernt sein. Die Entfernung, also der Weg, Da der Wert der spektralen Flussstärke, wie rungsverhältnisse“ im erdnahen Weltraum den zum Beispiel Licht oder Radiowellen wir oben gesehen haben, unmittelbar von informieren. Aber nun wieder zurück zu von der Quelle bis zum Beobachter zurück- der Beobachtungsfrequenz abhängt, müs- unseren Überlegungen bezüglich der zu legen müssen, bestimmt, wie viel Strahlung sen sich Angaben zur Flussstärke deshalb erwartenden Signalstärken bei der Beob- beobachtet werden kann. Dadurch erschei- immer auf die Beobachtungsfrequenz be- achtung kosmischer Radioquellen mit ein- nen weiter entfernte, helle Strahlungsquel- ziehen. Die hier folgenden Beispiele wur- fachen Mitteln. len am Beobachtungsort unter Umständen den ausnahmslos bei Frequenzen um 1420 weniger hell als schwache, aber naheste- MHz gewonnen. Wird der Mond ins Visier eines kleinen hende Quellen. In der optischen Astrono- Radioteleskops genommen, wird es dann mie nutzt man deshalb unter anderem die Beginnen wir mit der Sonne. Sie ist der uns schon schwieriger, eine Beobachtung so genannte scheinbare Helligkeit, um am nächsten stehende Radiostrahler und durchzuführen, als das bei der Sonne der Sterne zu klassifizieren. Eine ähnliche Auf- somit auch die stärkste extraterrestrische Fall ist. Der Erdtrabant ist insgesamt ein gabe übernimmt in der Radioastronomie Radioquelle. Die Radiostrahlung, welche relativ schwacher Strahler. Er ist geologisch die Bemessung einer Radioquelle durch die Sonne aussendet, ist von sehr vielen Zu- inaktiv, leuchtet nicht und durch die feh- ihre spektrale Flussdichte. Die Maßeinheit standsgrößen unseres Zentralgestirns ab- lende Atmosphäre ist seine Oberfläche der dafür ist nach Karl Guthe Jansky benannt, hängig, die jedoch an anderer Stelle näher Weltraumkälte ausgesetzt. Vom Mond geht dem Wissenschaftler, der 1932 feststellte, erörtert werden sollen. Für die Darstellung daher nur wenig thermische Radiostrah- dass die Milchstraße Radiostrahlung aus- der relativ großen Signalstärke des solaren lung aus. Der zu erwartende Strahlungs- sendet. Radioflusses hat man sich auf die Einheit fluss sollte deshalb deutlich geringer als die SFU (Solar Flux Unit) geeinigt: Radiostrahlung der Sonne sein. Ich selbst Das Jansky (Jy) ist definiert als eine Ein- konnte den Mond bei 1419 MHz mit etwa Ein SFU entspricht 10.000 Jansky. heit für die spektrale Flussdichte, d. h. für 950 Jansky beobachten. Die Ermittlung die von einer Quelle ausgehende und dann Der solare Radiofluss, welcher bei 10,7 cm dieses Wertes aus den eigenen Beobach- beim Beobachter eintreffende Energie pro Wellenlänge (etwa 2800 MHz) weltweit tungsdaten ist von der Güte des Empfangs- Zeit, Fläche und Frequenzintervall. Ein permanent durch verschiedene Institute systems abhängig, sie entsprechen jedoch Jansky ist der hundertquadrillionste Teil gemessen wird, schwankt zwischen eini- ganz gut den Angaben in der Fachliteratur. eines Watt pro Quadratmeter und Hertz: gen zig SFU bis zu einigen hundert SFU. Wie sich die Güte eines Empfangssystems Im Sonnenfleckenminimum, einer Phase ermitteln lässt, soll später an anderer Stelle 1 Jy = 10-26 J / (s ∙ Hz ∙ m²) geringer solarer Aktivität, beträgt der Wert erörtert werden. Die in der Formel genannten Einheiten beispielsweise um die 50 oder 60 SFU. Das verdeutlichen sofort die Abhängigkeit der sind in der Tat schon mal stolze 500.000 Ziemlich tricky wird es dann, wenn noch Flussdichte sowohl von der Integrations- oder 600.000 Jansky. Ein derart starker schwächere Radioquellen wie zum Beispiel

102 | Journal für Astronomie Nr. 77 Radioastronomie

1 Die Aufzeichnung einer Transitbeobachtung des Mondes am 18. Dezember 2019.

die elliptische Riesengalaxie M 87, die von des Mondes. Weitere Messungen werden in Internethinweise (Stand Oktober 2020): Radioastronomen mit VIRGO-A bezeich- Teil 2 vorgestellt. Der Mond ist immer eine [1] F. Lensch, Homepage: „Einfache Be- net wird, ins Visier genommen werden. Der Beobachtung wert, wandert er doch durch obachtung der Sonne“, www.lensch. von dort bei uns ankommende Strahlungs- die Tierkreissternbilder. Dabei kann man at/erste-radioastronomie fluss bei 1420 MHz bzw. 21 cm Wellenlän- einerseits nur den Mond selbst bei verschie- [2] Bureau of Meteorology: “Space Wea­ ge wird in der Literatur mit ca. 200 Jansky denen Beleuchtungsphasen beobachten ther Service”, www.sws.bom.gov.au/ angegeben. Das kann schon eine Heraus- oder andererseits Bedeckungen verschie- Solar/3/4/2 forderung für ein kleines Empfangssystem dener radioastronomischer Objekte wie [3] Space Weather Prediction Center: werden. Jegliche Fluktuationen im Emp- zum Beispiel Taurus-A aufzeichnen. Der www.swpc.noaa.gov fangssystem, zum Beispiel schleichende Mond alleine ist mit etwa 950 Jy Flussstärke Veränderungen bei der Systemtemperatur noch relativ gut zu erfassen. oder in der Stromversorgung der Verstär- ker sowie zwischen Steckverbindern unter- INSERENTEN schiedlicher Qualität, und seien sie noch so gering, führen unweigerlich zu störenden 128 APM Telescopes, Sulzbach/Saar Phantomsignalen, welche die gesuchten 37 ATT Sig­naturen bis zur völligen Unkenntlichkeit 75 astronomie.de, Neunkirchen maskieren können. U4 Baader Planetarium, Mammendorf 25 euro EMC, Postau Um nun einen Eindruck davon zu erhalten, 15 Gerd Neumann jr. Entwicklung und Herstellung wie sich die Flussstärken von prominenten feinmechanischer & optischer Instrumente Quellen tatsächlich voneinander unter- scheiden, zeigen die Grafiken im zweiten 49 Kosmos Verlag, Stuttgart Teil des vorliegenden Artikels einen Ver- U3 Optical Vision Limited, UK gleich von Empfangssignalen, die auf ei- 11 Spektrum der Wissenschaft Verlagsgesellschaft mbH, Heidelberg nem einfachen Amateurempfangssystem Spektrum der Wissenschaft gewonnen wurden. 81 Spektrum der Wissenschaft Verlagsgesellschaft mbH, Heidelberg Sterne und Weltraum Zum Abschluss als Ausblick auf den zwei- U2 Vesting e. K. Fachhandel für Astronomie, Hamburg ten Teil eine Messung der Radiostrahlung

Journal für Astronomie Nr. 77 | 103 Sonne

Die ersten großen Fleckengruppen des 25. Zyklus von Wolfgang Bischof und Andreas Zunker

Der neue, nach offizieller Zählung 25. Zy- AR2781. Einen weiteren Tag später war Auf solche Gruppen haben die Sonnenbe- klus der Sonnenaktivität (s. Beitrag von klar, dass sie ihre Vorgängerin in Sachen obachter lange warten müssen, jetzt sind sie Andreas Bulling in diesem Heft) brachte im Komplexität und Ausdehnung noch über- endlich da! Das macht Lust auf mehr und es Oktober und November 2020 seine ersten treffen könnte. ist auch ein guter Zeitpunkt, in die Sonnen- großen Fleckengruppen hervor. beobachtung einzusteigen. Schicken Sie Dies bestätigte sich am 05.11.2020. An die- uns bitte Ihre Ergebnisse, nähere Infos dazu Die aktive Region AR2778 bildete am sem Tag gelang Wolfgang Bischof (Reck- finden Sie auf www.vds-sonne.de 26.10.2020 die ersten Flecken, entwickelte linghausen) mit seinem 8-Zoll-Newton sich schnell und erreichte bereits zwei Tage trotz tiefen Sonnenstandes eine schöne Internethinweis (Stand Dez. 2020): später ihre größte Länge und Fleckenzahl. Weißlicht-Aufnahme von AR2781 (Abb. 1). [1] Bildbearbeitungssoftware GIOTTO: Am 02.11.2020 verließ sie aufgrund der www.giotto-software.de Sonnenrotation die von uns aus sichtbare Am 07.11.2020 folgten eine Ha-Aufnahme Seite der Sonne. (Abb. 2) sowie eine Weißlicht-Aufnahme der gesamten Sonne, die zeigt, wie groß Bereits einen Tag später tauchte auf der AR2781 tatsächlich war (Abb. 3). Alle Auf- gegenüberliegenden Seite der südlichen nahmen wurden mit dem Mexican-Hat- Sonnenhemisphäre eine neue Gruppe auf, Filter in GIOTTO [1] geschärft.

1 Aufnahme vom 05.11.2020, 09:06 UT, mit 8-Zoll-Newton bei 2,5 m eff. Brennweite mit Astrosolarfolie ND 3,8; Kamera ASI 178MM, 20% von 2.000 Frames mit AutoStakkert gestackt.

104 | Journal für Astronomie Nr. 77 2 Ha-Aufnahme vom 07.11.2020, 12:15 UT, mit 110-mm-TS-Photoline-Refraktor, Brennweite 770 mm und D-ERF-Energieschutzfilter, SolarSpectrum 0,05 nm und Baader-4-fach-Telezentrik, Kamera ASI 174 MM, 20% von 2.000 Frames gestackt.

3 Weißlicht-Aufnahme vom 07.11.2020, 13:19 UT, mit 110-mm- TS-Photoline-Refraktor, Brennweite 770 mm und D-ERF-Energieschutzfilter, Lunt-Herschelprisma und ASI-183MM -Kamera, ebenfalls 20% von 2.000 Frames gestackt.

Journal für Astronomie Nr. 77 | 105 Sonne

Sonnenaktivität – Auf dem Weg zum Minimum (Teil 4) von Andreas Bulling

Minimum des Fleckenzyklus 25 in ähnlicher Höhe erreichen wie der letzte barten hohen Monatsmittel zustande- durchschritten Zyklus Nr. 24 [1]. kommt. Auch das schnelle „Abtauchen“ Die Entwicklung der Sonnenfleckenaktivi- zum (geglätteten) Minimumswert stellt ein tät in den letzten Monaten zeigt eindeutig: Unterschiedliche Minimumswerte? ähnliches mathematisches Artefakt dar. Das Minimum ist durchschritten und wir Auf zwei Unterschiede der veröffentlichten befinden uns im neuen Fleckenzyklus Nr. Relativzahlen des SONNE-Netzes und des Bei P17 werden die Randbereiche weniger 25. Die nach der P17-Methode geglätteten international maßgeblichen SIDC (Solar stark gewichtet und der Verlauf der Kur- Monatsmittel der Wolf’schen Relativzahl des Influences Data analysis Center) in Brüssel ve ist sowohl glatter als auch näher an den SONNE-Netzes erreichten mit Re = 1,2 im sei hingewiesen: Die SONNE-Zahlen lie- Monatsmitteln. Für R13 sprach in Zeiten November 2019 ihren Minimalwert (Abb. gen aufgrund einer geänderten Skalierung des Taschenrechners die einfache Berech- 1). Eine Flaute mit wochenlang flecken- beim SIDC seit 2015 um den Faktor 1,44 nung, inzwischen wäre problemlos auch freier Sonne wie in der zweiten Jahreshälf- niedriger (Abb. 2). Durch die „Demokrati- die mathematische Ideallösung in Form der te 2019 kann fast sicher für die nächsten 10 sierung“ des Auswertungsverfahrens beim Gaußfunktion anwendbar. Jahre ausgeschlossen werden. Ab jetzt wird SIDC schwankt dieser Faktor inzwischen die Kurve wieder ansteigen und in einigen auch kaum noch. Es mag spitzfindig erscheinen, doch führt Monaten kann die zu erwartende Höhe des ein Unterschied bei der Bestimmung des kommenden Maximums mit Hilfe der An- Der zweite Unterschied betrifft die Bestim- Minimumszeitpunktes indirekt auch zu stiegsgeschwindigkeit abgeschätzt werden. mung der Minima bzw. Maxima: Hierzu einer geringfügig anderen Vorhersage des wird beim SIDC die traditionelle „R13“- folgenden Maximums. Noch ist diese moderat, aber gerade nach Mittelung verwendet, um die Monatsmit- der langen „Saure-Gurken-Zeit“ der letzten tel der Relativzahlen weiter zu glätten. Bei Internethinweise (Stand Dez. 2020): Jahre ist die Beobachtung der Sonne und die SONNE kommt die mathematisch günsti- [1] NASA Space Weather, 2020: “Solar daraus ermittelte Statistik in den kommen- gere P17-Mittelung zum Einsatz. Der Vor- Cycle 25 Is Here. NASA, NOAA Scien- den Monaten deshalb umso spannender. teil wird in der Abbildung 2 ersichtlich: Just tists Explain What That Means”, www. zur Zeit der ausgedehnten Flaute Mitte bis nasa.gov/press-release/solar-cycle- Nach Prognosen einer Expertengruppe soll Ende 2019 zeigt R13 einen „Buckel“, der 25-is-here-nasa-noaa-scientists- der neue Zyklus Mitte 2025 sein Maximum durch die starke Gewichtung der benach- explain-what-that-means/

1 Verlauf der Monatsmittel und P17-Monatsmittel der Wolf’schen 2 Verlauf der Monatsmittel und P17-Mittel der Wolf’schen Relativ- Relativzahl des SONNE-Netzes seit 2017 zahl des SONNE-Netzes im Bereich des aktuellen Minimums. Zum Vergleich die nach der R13-Methode geglätteten Monatsmittel des SIDC (Version 2.0)

106 | Journal für Astronomie Nr. 77 Sternbedeckungen

Streifende Sternbedeckungen durch den Mond im 2. Quartal 2021 von Eberhard Riedel

Im 2. Quartal dieses Jahres kommen nur den, weil diese einen Einfluss auf den Blick- dort ebenfalls herunterzuladen oder sind Beobachter in Nord- und Mitteldeutsch- winkel zum Mond hat. Hierzu können hö- direkt vom Autor ([email protected]) land in den Genuss der Beobachtung zwei- henkorrigierte Grenzlinien automatisch in oder über die IOTA/ES (www.iota-es.de) er interessanter streifender Bedeckungen eine Google-Earth-Karte übertragen wer- zu beziehen. Weiterführende Informa- von Sternen durch den Mond. Die Land- den, mit der es dann einfach ist, die besten tionen, z. B. über die Meldung der Bede- karte zeigt die Grenzlinien dieser Ereig- Beobachtungsstationen festzulegen. ckungszeiten, sind dort ebenfalls erhältlich. nisse, die der mittlere Mondrand während Die VdS-Fachgruppe Sternbedeckungen des Vorbeizuges am Stern beschreibt. Von Die Software kann kostenlos unter www. informiert ferner über Beobachtungs- und jedem Punkt in der Nähe dieser Linien ist grazprep.com heruntergeladen und ins- Aufzeichnungstechniken dieser eindrucks- zum richtigen Zeitpunkt das oft mehrfache talliert werden (Password: IOTA/ES). Zu- vollen Ereignisse. Verschwinden und Wiederauftauchen des sätzlich benötigte Vorhersagedateien sind Sterns bereits in einem kleinen bis mittle- ren Fernrohr zu verfolgen. Beide Streifun- Karte mit den Grenzlinien der beiden vorgestellten Streifungsereignisse gen finden am unbeleuchteten Nordrand des Mondes in ausreichendem Abstand zum hellen Mondterminator statt und sind daher relativ leicht zu beobachten. In beiden Fällen ist der Mond zunehmend, weshalb die Beobachtungen in der ersten Nachthälfte bequem zu verfolgen sind.

Grundlage der hier veröffentlichten Profil- daten sind Laser-Messungen des amerika- nischen Lunar Reconaissance Orbiters, die in ein dichtes Netz von librationsabhängi- gen Profilwerten umgerechnet wurden.

Um streifende Sternbedeckungen erfolg- reich beobachten zu können, werden eine ganze Reihe präziser Informationen benö- tigt. Die europäische Sektion der Internati- onal Timing Association (IO- TA/ES) stellt diese Daten zur Verfügung. Kernstück ist die Software ‚GRAZPREP‘ des Autors, die sowohl eine komplette und stets aktualisierte Auflistung aller interes- santen Ereignisse als auch für jedes Ereignis die genauen Koordinaten der Grenzlinien und viele weitere Informationen liefert. Da- rüber hinaus kann von jedem Standort aus das Profil des Mondes und die zu erwarten- de Sternbahn grafisch in verschiedensten Vergrößerungen dargestellt werden, um so den besten Beobachtungsstandort auswäh- len zu können. Letzterer muss auch unter Berücksichtigung der Höhe optimiert wer-

Journal für Astronomie Nr. 77 | 107 Sternbedeckungen

Ereignis 1: 15.04.2021

Am späten Abend des 15. April findet das beste Ereignis des Quartals statt. Ab 22:50 Uhr MESZ wird der 4,9 mag hel- le Stern Omega 2 Tauri auf einer Linie von Nordhorn über Rheine, Gütersloh, Bad Driburg, Erfurt und Blankenhain bis nach Falkenstein/Vogtland streifend bedeckt. Der nur zu 11% beleuchtete Mond steht jedoch in den östlichen Lan- desteilen nur noch 7 Grad über dem Ho- rizont, was dort die Beobachtung etwas erschwert. 1a Die scheinbare Sternbahn von Omega 2 Tauri (blauweiß gestrichelte Linie) bei Beobachtung von der vorhergesagten Grenzlinie, mit 12-facher Mondhöhen- Die Abbildung 1a zeigt die scheinbare dehnung, rote Begrenzungslinien bei ± 500 m Sternbahn (blauweiß gestrichelte Linie mit Minutenangaben) für die geografi- sche Länge 10° Ost, wie sie bei einer Beobachtung von der vorhergesagten Grenzlinie verläuft. Das Mondrandpro- fil ist 12-fach überhöht dargestellt, wes- halb auch die Krümmung der scheinba- ren Sternbahn grafisch erforderlich ist. Die engste Annäherung zum mittleren Mondrand (weiß gepunktete Linie) fin- det in nur geringer Entfernung zum Ter- minator statt. Wegen der Absenkung des Mondterrains wäre von dieser Position keine Sternbedeckung zu verfolgen.

Die roten Begrenzungslinien zeigen den Versatz der scheinbaren Sternbahn bei 1b Die scheinbare Sternbahn von Omega 2 Tauri bei einer Beobachtung 1.170 Meter einer Ortsänderung von 500 Metern in südwestlich der vorhergesagten Grenzlinie, 12-fache Mondhöhendehnung, rote nordöstlicher bzw. südwestlicher Rich- Begrenzungslinien bei ± 500 m tung senkrecht zur Bewegungsrichtung des Mondschattens. ersten Kontakte im bequemen Abstand zu achtungsortes, für die die aufzusuchende Die Abbildung 1b zeigt die scheinbare den beleuchteten Mondstrukturen statt- Beobachtungsposition korrigiert werden Sternbahn von einer Beobachtungssta- finden und so leichter zu beobachten sind. muss. tion ca. 1.170 Meter südwestlich der vor- herigen. Von dieser Stelle kommt es in- Aber auch innerhalb des von den roten Omega 2 Tauri ist ein sehr enger Doppel- nerhalb von zwei Minuten zu 18 oder so- Grenzlinien gekennzeichneten 1.000 Me- stern, dessen Verschwinden und Wieder- gar mehr Kontakten zwischen Stern und ter breiten Streifens kommt es zu mehr- erscheinen am Mondrand jeweils nicht Mondrand (ungefähre Zeiten s. Inset), d. fachen Bedeckungsereignissen mit jeweils schlagartig erfolgt. Dieses Phänomen ist h. der Stern verschwindet neunmal nach- ganz unterschiedlichen Kontaktzeiten. aber nur bei Aufzeichnungstechniken mit einander. Es ist auch erkennbar, warum sehr hoher zeitlicher Auflösung feststell- es sinnvoll ist, soweit von der vorherge- Einen Einfluss auf die zu beobachtenden bar und visuell nicht erkennbar. sagten Linie auszuweichen, da dann die Kontakte hat auch die Höhe des Beob-

108 | Journal für Astronomie Nr. 77 VdS-Nachrichten

Ereignis 2: 17.04.2021 Nur zwei Tage später zieht am späten Abend des 17. April der nördliche Schat- tenrand des Mondes über Borkum, Ede- wecht, Nienburg (Weser), Hannover, Lengede, Halberstadt, Halle und Leipzig bis nach Freiberg. Bei einem Beleuch- tungsgrad von mittlerweile 26% wird der 7,4 mag helle Stern SAO 77790 ge- streift.

Auch in diesem Fall muss man ein gan- zes Stück nach Süden ausweichen, damit der Mond mit möglichst vielen unbe- 2 Die scheinbare Sternbahn von SAO 77790 bei Beobachtung ca. 1.100 m südwestlich leuchteten Strukturen den Stern bede- der Grenzlinie, 12-fache Mondhöhendehnung; rote Begrenzungslinien bei ± 500 m cken kann.

Die Abbildung 2 gibt die ungefähren Die Zeiten gelten für die in der Grafik an- SAO 77790 ist nicht als Doppelstern be- Kontaktzeiten eines achtmaligen Ver- gegebene geografische Position von von kannt. Nicht selten wurden allerdings bei schwindens und Wiedererscheinens des 10° östl. Länge und ändern sich entlang Sternbedeckungen durch ein zeitversetz- Sterns zwischen 22:24 und 22:26 Uhr der Streifungslinie. tes Verschwinden und Wiedererscheinen MESZ wieder. des Sterns Doppelsterne entdeckt.

Wir begrüßen neue Mitglieder Mitgl.-Nr. Name Vorname Mitgl.-Nr. Name Vorname 21302 Seidl Christian 21327 Michalik Rudolf 21303 Stephan Andreas 21328 Klingler Thomas 21304 Hollinger Siegfried 21329 Geilke Michael 21305 Hulsch Albert 21330 Reese Carsten 21306 Gräpel Holger 21331 Hay Christopher 21307 Holzner Philipp 21332 Drexelius Markus 21308 Rückriem Robert 21333 Gärtner Peter 21309 Tessmer Tabea Shirin 21334 Hanke Henning 21310 Schafhausen Georg 21335 Brustbauer Reinhard 21311 Beyer Hans-Joachim 21336 Plenk Steven 21312 Albrecht Marcus 21337 Sittinger Frank 21313 Cymorek Kamila 21338 Maurer Christian 21314 Müller Jörg 21339 Götte Armin 21315 Knepel-Stoll Claudius 21340 Feder Uwe 21316 Rennhak Jörg 21341 Bruns Stefan 21317 Nemes Peter 21342 Hinz Sebastian 21318 Quast Martin 21343 Jonczik Uwe 21319 Fischer Bettina 21344 Girard Frank 21320 Schierhorn Louis 21345 Schumann Robert 21321 Pötschick Holger 21346 Hoffmann Stefan 21322 Schumacher Harald 21347 Lesaar Johannes 21323 Lehmann Reiner 21348 Strowick Karin 21324 Schmidt Rainer 21349 Resem André 21325 Krieger Reinhold 21350 Rupprecht Gero 21326 Grief Matthias 21351 Greve Matthias

Journal für Astronomie Nr. 77 | 109 VdS-Nachrichten

Astronomietag im Herbst 2020 mit Fotowettbewerb Text und Foto-Nachbearbeitung von Michael Schomann, Korrektur: Carolin Liefke

„Virtuell“ war diesmal das Zauberwort, denn aufgrund der Ein- Foto ­wettbewerb im Programm. Diesmal waren passend zum The- schränkungen durch die Corona-Pandemie waren neue Ideen ge- ma Bilder von Planeten gefragt. 16 Bildgeber mit insgesamt 36 Fotos fragt, zumal es leider auch sehr viel weniger Teilnehmer gab. waren am Start. Dreimal gingen die Buchpreise nach Norddeutsch- land. Vielleicht ein Wink des Schicksals, hatten doch insbesondere 29 Vereinigungen von Sternfreunden waren über Deutschland ver- die Nordvereine im letzten Jahr für einen zweiten Astronomietag teilt aktiv. Hinzu kamen noch einmal sieben Organisatoren, die eine im Herbst gestimmt. virtuelle Veranstaltung angeboten hatten. Leider spielte das Wetter nicht überall mit, waren doch neben dem Mond auch ganze sechs Jeweils einmal geht das Buch „Mars-Guide“ von Werner E. Celnik Planeten über die Nacht verteilt am Himmel zu sehen. Der Planet aus dem Kosmos Verlag an Marco Ludwig, Thorsten Schipmann der Nacht war natürlich der Mars, der kurz nach seiner Opposition und Rainer Anton. Über den 3. Platz hatte das Los entschieden, da vom Abend bis zum Morgen sichtbar war. es insgesamt fünf dritte Plätze gab. Große Gratulation von den Or- ganisatoren. https://astronomietag.de https://astronomietag.de/veranstaltungen-suchen/ https://astronomietag.de/aktuelles/ https://astronomietag.de/2020/10/18/fotowettbewerb- Der letztjährige Herbsttermin des Astronomietages war nicht nur planeten-parade-zur-langen-nacht-der-planeten/#more-285 die „lange Nacht der Planeten“, sondern hatte auch wieder einen

1. Platz Venus am Abendhimmel des 19. April 2020, Ort: Tungendorf. Bild von Marco Ludwig

110 | Journal für Astronomie Nr. 77 VdS-Nachrichten

2. Platz Venus mit Wolken im UV- und IR-Licht. 3. Platz Saturn am 29. Mai 2019 in Namibia. Bild von Thorsten Schipmann Bild von Rainer Anton

Herzlichen Dank allen Teilnehmern! Und ihr wart klasse! Denn die Vielfalt der Bilder www.youtube.com/watch?v=uI5d_D42aNY spricht für sich. Die Fotos, die am Samstag bis 19 Uhr eingereicht wurden, hat Carolin https://www.facebook.com/sternfreunde Liefke in ihrem einstündigen Beitrag zum Astronomietag auf YouTube vorgestellt. Auch https://twitter.com/astronomietag bei Facebook und Co. findet sich das Bildmaterial wieder, das eine echte Bereicherung für alle Zuschauer war.

In Memoriam Spenden an die VdS von Dr. Andreas Klug, VdS-Schatzmeister

Mitgl.-Nr. Name Vorname Im Jahr 2020 erhielt unsere Vereinigung wieder zahlreiche Spenden von Mitgliedern. 11015 Paesler Martin Der Vorstand bedankt sich bei allen Spendern ganz herzlich, auch bei den vielen un- 11115 Wagner Alfred genannten Mitgliedern, die bei der Überweisung der Jahresrechnung den Betrag auf- rundeten. Insgesamt erhielt die VdS Spenden in Höhe von 2.640,55 EUR, die teilweise 11556 Reim Walter zweckgebunden verwendet werden. Vielen Dank für Ihre Unterstützung. 12380 Mattes Jürgen Mitgl.-Nr. Name Vorname Mitgl.-Nr. Name Vorname 13553 Döttling Karl-Ernst 11849 Tessin Hartmut und Gisela 13669 Nagel Bernd 20037 Levenhagen Marco 12075 Kessler Thomas 14486 Preuschmann Rolf 20243 Sternenfreunde Dieterskirchen 12451 Quester Wolfgang 15231 Bucher Rolf 20262 Astronomie Verein Pegasus 13211 Hosters Peter 16022 Loose Karl-Heinz 20288 Leitz Bruno 16561 Kett Bernd 13448 Stuck Gunter 20320 Dettling Josef 18356 Linnemann Günter 13921 Kuppers Stephan 20424 Dr. Michalides Axel 18494 Dighaye Jean-Luc. L. J. 14604 Jonscher Peter 20468 Ritter Rainer 18737 Wetzel Gerald 14617 Grimm Wolfgang 20617 Apel Ingo Walter 19237 Kern Hartmut 16245 Purwin Rene 20626 Hahner Frank 19677 Straußberger Klaus 16561 Kett Bernd 20737 Schlosserei-Metallbau-Schlüssel- 19922 Thies Wolf 17898 Spindler Rudolf und Maria dienst Steinhart GmbHh 20106 Zerzawy Reinhard 17994 Henze Werner 21213 Van Duin A. P. 20682 Matok Marijan 18175 Reim Thomas Becker Thomas 20768 Fosanelli Patrik 18264 Rutten H. G. Dr. Mueller Klaus 20897 Hendricks Johann 18860 Dr. Bork Jens Peter Hoerakustik Brenner e. K. 21145 Beck Jochen 19472 Sternwarte Riesa e.V.

Journal für Astronomie Nr. 77 | 111 VdS vor Ort / Portrait

20 Jahre EXPO-Sternwarte Melle von Peter Riepe

Das 20-jährige Jubiläum unserer Sternwarte im letzten Jahr erfüllte uns mit Stolz. Am 4. Juni 2000 wurde die EXPO-Sternwarte in Melle-Oberholsten im niedersächsischen Wiehengebirge eröffnet. Nach fünfjähriger Planungs- und Bauzeit war das zertifi- zierte, dezentrale Projekt der EXPO 2000 Hannover betriebsbereit. Die Betreiber sind fünf Mitglieder der Astronomischen Gesellschaft Bochum/Melle (Abb. 1). Für den offiziellen Sternwartenbetrieb wurde so- wohl eine GmbH als auch eine GbR gegründet.

Sternwarte und Teleskop Die Sternwarte ist ein dreistöckiges Gebäude aus Kalksandstein auf freiem Feld, von Bäumen und Büschen eingefasst. Der Bau ist in 10 cm Abstand ringsum mit Aluminiumblechen verkleidet. Das mi- nimiert die unerwünschte Sonnenerwärmung und schafft dazu noch eine gute Isolation. Mit seiner un- gewöhnlichen Form ist das Gebäude von der 1 km entfernten Landstraße Melle/Bad Essen weithin sicht- bar (Abb. 2). Im Erdgeschoss finden im Vortragsraum die Beamervorträge für Besuchergruppen statt. Tief unter dem Fußboden liegt das 3,5 m x 2,5 m messen- de Fundament der massiven Betonsäule. Sie verläuft 1 Die Betreiber der EXPO-Sternwarte auf der Aluminiumbrücke; von oben: Bernd in Pyramidenform absolut getrennt vom Gebäude Schröter, Harald Tomsik, Peter Riepe, Ludger Herkenhoff, Rainer Sparenberg, nicht durch die Raummitte und stößt durch die Decke in dabei: Heiner Gerdiken, verstorben. (Bild: Rainer Sparenberg) das Mittelgeschoss. Dort endet sie in acht Metern

2 Der Südblick zeigt die Sternwarte weithin sichtbar mit geöffneter Kuppel. (Bild: Justus Tomsik)

112 | Journal für Astronomie Nr. 77 VdS vor Ort / Portrait

3 Der Newton-Reflektor vor dem Kuppel- spalt mit Blick auf Mars, im Vordergrund das Lasalle-Hebelsystem, das die Spiegel- durchbiegung verhindert. (Bild: Rainer Sparenberg)

Höhe als 2 m x 2 m messende Plattform. Darauf steht die von uns selbst entwickelte und mit Sponsorenhilfe gebaute parallak- tische Gabelmontierung. Sie ist trotz ihrer 6,7 Tonnen in Azimut und Höhe justierbar. Eine Etage höher im Dachgeschoss nimmt die Gabel das 2,5 Tonnen schwere Teleskop auf, einen von Philipp Keller konzipierten Newton-Reflektor von 1,12 m Öffnung und 4,40 m Primärbrennweite. Ein 5-zöl- liger Wynne-Korrektor sorgt für knapp 5.000 mm Sekundärbrennweite. Den 300 kg schweren Sitall-Spiegel erwarben wir bei der russischen Firma Lomo. Eine um 360° drehbare 9-m-Metallkuppel überdacht das Obergeschoss. Die beiden Kuppelhälften können vier Meter weit auseinandergefah- ren werden. Hier sitzt in 11 Metern luftiger Höhe das Teleskop (Abb. 3). Dank dieser bewussten Planung ist das Bodenseeing erheblich reduziert. Zur visuellen Beob- achtung gelangen die Besucher über eine mobile Aluminiumbrücke bequem an den Okularauszug.

Führungen auf der Sternwarte In der EXPO-Zeit fand vom 4. Juni bis zum 31. Oktober täglich ab 18 Uhr der Füh- Der Führungsbetrieb bleibt Teil der Ab- beginnt nach Einbruch der Dunkelheit die rungsbetrieb statt. In diesen fünf Monaten sprachen zwischen uns und der Stadt Mel- Live-Beobachtung am Teleskop. Dort wer- kamen insgesamt 6.000 Besucher. Anlauf- le, sozusagen als Gegenleistung für öffent- den die Beobachtungsobjekte erläutert, punkt für Besuchergruppen ist unsere Ge- liche und städtische Dienste. Ein Teil der wobei sich der breite Kuppelspalt ideal da- schäftsstelle. Hier werden Buchführung, Besucher – bis heute etwa 20.000 – besteht zu eignet, auch den Himmel selbst mit den Terminvergabe und die Besucherbetreu- aus Kindern und Jugendlichen, sowohl als aktuellen Sternbildern, Milchstraße oder ung verplant. Interessantester offizieller Schülergruppen in Begleitung von Lehrern vorbeifliegenden Satelliten vorzustellen. Gast war der Prinz von Nepal, der mit sei- als auch privat mit Eltern und Freunden. Stressig wird es bei der jährlichen sommer- nem Gefolge eine eigene Führung miterle- Erfreulich zugenommen hat die Zahl na- lichen Ferienpassaktion, wenn ca. 60 Kin- ben konnte. Selbst an wolkenverhangenen turwissenschaftlich interessierter Gruppen der mit ihren Eltern anreisen. Dann werden Tagen, wenn es nur trocken blieb, fanden und Vereine. Etliche Besucher besitzen zwar Gruppen gebildet, und es gibt auch draußen unangemeldete Passanten den Weg zur zuhause ein eigenes Teleskop, aber wer hat vor der Sternwarte Beobachtungen mit klei- Sternwarte. Viermal besuchten uns Fern- schon mit 1,12 m Öffnung die Himmelsob- neren Zusatzteleskopen (Abb. 4). sehteams des Norddeutschen Rundfunks, jekte beobachtet? Bei jeder Sternwartenfüh- um live über das Projekt EXPO-Sternwarte rung wird zunächst die Technik erläutert. Öffentliche Beobachtungen und die himmlischen Sehenswürdigkeiten Bei bewölktem Himmel folgt ein astrono- am 1,12-m-Teleskop zu berichten. mischer Beamervortrag, bei gutem Wetter Ideale Bedingungen zum Beobachten der

Journal für Astronomie Nr. 77 | 113 VdS vor Ort / Portrait

4 Ludger Herkenhoff (2. v. l.) im Außeneinsatz vor der Sternwarte bei der Ferienpass-Aktion. (Bild: Peter Riepe)

Deep-Sky-Objekte bietet die Zeit vom Spät- der Andromeda heißt nicht von ungefähr Zum Schluss sommer bis zum Frühjahr. Helle Kugel­ „Blauer Schneeball“. Der Hantelnebel M 27 In der Corona-Zeit 2020 sanken die Besu- sternhaufen wie M 13 oder M 56 sind im gehört zu den Objekten, bei denen die Be- cherzahlen drastisch. Ab und zu kamen Fa- 30-mm-Okular bei 6,5 mm Austrittspupille sucher immer die typische Form erkennen miliengruppen. Die Zeit wurde aber auch bis ins Zentrum aufgelöst zu beobachten. In und beschreiben können. Sommerobjekte genutzt für intensive Wartungsarbeiten wie den Sternbildern Schild, Schwan, Cassio­ wie der Wolf-Rayet-Nebel NGC 6888 oder das Nachlackieren von Fernrohrteilen, das peia bis hin zum Fuhrmann folgen die der „Sturmvogel“ im Cirrusnebel hoch im Fetten des Schneckengetriebes oder neue Standardobjekte unter den offenen Stern- Schwan sind ohne Filter mühelos zu sehen. Anstriche in der Kuppel. Zurzeit (Winter haufen. Zur Winterzeit erfreut der präch- Der Mond ist ein beliebtes Beobachtungs- 2020/2021) wird nach 20 Jahren Betrieb tige Orionnebel M 42 die Besucher. Bei objekt. Er wird zunächst mit einem Celes- die Teleskopsteuerung von Grund auf er- mondlosem Himmel und guter Durchsicht tron 8 und dem 6-Zoll-Leitrefraktor bei neuert. werden Galaxien beobachtet. M 82 im Gro- kleiner Vergrößerung in der Übersicht be- ßen Bären zeigt kontrastreich ihre inneren trachtet, dann folgt am Newton der hoch Die EXPO-Sternwarte Melle steht der Dunkelgebiete. Die edge-on-Galaxie NGC aufgelöste Blick auf die Krater und Gebirgs- Öffentlichkeit für Besuche und Beobach- 891 in der Andromeda präsentiert ihren ketten. Dank der Handtastbox können die tungen grundsätzlich zur Verfügung. Alle breiten Staubstreifen in der galaktischen Besucher langsam den Mondterminator Besucher sind herzlich willkommen. In- Ebene. NGC 7331 zeigt eine spindelför- abfahren. teressenten erfahren mehr – gerade jetzt mige Gestalt, dazu vier kleinere Begleiter. während der Corona-Pandemie –auf unse- Unglaublich ist es, die Spiralarme des An- Astrofotografie rer Homepage www.sternwarte-melle. dromedanebels mit den vielen Dunkelwol- Das dörfliche Oberholsten hat einen dunk- de oder bei einem Telefonat mit unserer ken abzufahren und dort in der größten len, transparenten Landhimmel. Für die Geschäftsstelle: Bernd Schröter, Oststr. 17, Assoziation NGC 205 die hellsten Blauen Astrofotografie nutzen wir drei CCD-Ka- 49324 Melle, Tel. 05422/3986. Überriesen von 16 bis 17 mag aufzuspüren. meras. Die Höhenlage des Teleskops und Galaxiengruppen wie Stephans Quintett die wirksame Gebäudekühlung sorgen bei sind schwieriger und bleiben erfahrenen menschenleerer Kuppel für überdurch- Literaturhinweise: Beobachtern vorbehalten. Je tiefer wir ins schnittlich gute Luftbedingungen. Nicht [1] P. Riepe, R. Sparenberg, H. Tomsik, All schauen, desto weiter schauen wir zu- selten haben wir Seeing-Werte im Bereich 2012: „IC 2574, ein Mitglied der rück in die Vergangenheit. Beim Anblick von 1 bis 1,5 Bogensekunden. Außerdem Ursa-Major-Gruppe“, VdS-Journal für des 400 Lichtjahre entfernten Doppelsterns erzeugen zwei Ventilatoren direkt über Astronomie 41, S. 65-69 Albireo wurde den Besuchern bewusst, dem Hauptspiegel einen ständigen Luft- [2] P. Riepe, R. Sparenberg, 2016: „IC 10, dass das heute ins Teleskop fallende Licht strom und verhindern so schlechtes In- ein Begleiter der Andromedagalaxie“, den Stern bereits verließ, als Johannes Kep- strumentenseeing. Was wir an Astrofoto- VdS-Journal für Astronomie 60, ler astronomisch wirkte. grafie betreiben, wird auch überwiegend S. 28-32 veröffentlicht (Abb. 5 und 6), am liebsten Der Planetarische Nebel NGC 6543 im in Verbindung mit einem Artikel über das Drachen zeigt eine enorme Flächenhellig- aufgenommene Objekt [1, 2]. keit, dazu ein lebhaftes Grün, NGC 7662 in

114 | Journal für Astronomie Nr. 77 5 Elefantenrüssel IC 1396A, 11.09.2020, SBIG STL-11000, 6 Die Höhle im Kopf von IC 1396A (Detail aus Abb. 5) wird innen durch den belichtet 10 x 10 min (L), je 3 x 10 min (RGB). (Aufnahme: hellsten Höhlenstern LkHα 349, einen Emissionslinienstern, gelb erleuchtet. Rainer Sparenberg und Peter Riepe) Einige durchscheinende Hintergrundsterne sind sichtbar. Rechts unten der B3-Stern HD 239710 mit dem bekannten Reflexionsnebel vdB 142. VdS-Nostalgie

Ausgewählt und zusammengestellt von Peter Völker – Folge 39

Die Berliner VdS-Tagung währte vom 23. bis 26.10.1969 und hatte es in sich! Fast wäre die VdS geplatzt", denn es fand sich nach Walter Stein kein neuer Vorsitzender, und der Geschäftsführer wurde " erstmals nicht entlastet. Als kommissarischer Vorstand erklärte sich Friedrich Frevert, Wetzlar, der bereits im Ruhestand war, bereit, mit Adolph Kunert, dem wissenschaftlichen Leiter der Wilhelm-Foerster-Sternwarte, Berlin, der das nebenbei" machen " wollte, und Hans Oberhofer von der Volkssternwarte München. Liest man den Tagungsbericht aufmerksam, so wird auch Neues verkündet. Es bilden sich Arbeitsgruppen – auch Zentralstellen" genannt. Auf Seite 168 des Nachrichtenblattes rufen Lutz Iltzsche und Joachim Gerhard auf, sich in einem " Arbeitskreis Astrofotografie" fachlich auszutauschen. Der Begriff VdS-Fachgruppe war noch nicht erfunden. "

116 | Journal für Astronomie Nr. 77 VdS-Nostalgie

Journal für Astronomie Nr. 77 | 117 Capella

FUHRMANN

HERKULES LUCHS GROSSER BÄR NÖRDL. STIER KRONE Mars JAGDHUNDE Castor ZWILLINGE BOOTES Gemma KLEINER LÖWE

Arktur HAAR DER BERENIKE KREBS ORION Beteigeuze LÖWE

Regulus SCHLANGE KLEINER (KOPF) JUNGFRAU Procyon HUND

SEXTANT EINHORN Alphard WAAGE Spica BECHER

SÜDOST RABE

WASSERSCHLANGE

SÜDWEST Sternkarte exakt gültig für 15. April Vereinigung der Sternfreunde e.V. 23 Uhr MESZ SÜD www.sternfreunde.de

Ereignisse im April 01. Monats- (Mira-Stern), Min. 11,3 mag, Max. Anf. Sept., Lengede - Halberstadt - Halle - Leipzig anfang schwierig 17. 21h Mond 3,2° O Mars (1,5 mag, 4,9’’) 02. 3h Mond 4,4° NO Antares (Alpha Scorpii, 1,1 mag) 19. ab 19:11 Mond bedeckt Kappa Geminorum (3,6 mag), Zeitpunkt 04. 11:02 Letztes Viertel abh. v. Standort 05. max. Libration West 20. 07:59 Erstes Viertel 05. ca. 21:15 (515) Athalia (16,6 mag) bedeckt TYC 1372-01216-1 21. max. Libration Ost (10,0 mag, Sternbild Zwillinge) für 2,8 s, Hell.-Abnahme 22. 21h Mond 5,7° NO (Alpha Leonis, 1,4 mag) 6,6 mag, Pfad Schweiz 22. auf 23. Maximum Meteorschauer der Lyriden, 48 km/s, ca. 18/h 06. 04:30 Mond 5,8° SW Saturn (0,8 mag, 16,1’’) 23. ab 04:35 Ganymed vor Jupiter, bis 08:23 07. 5h Mond 5,9° S Jupiter (-2,1 mag, 35,2’’) 25. 18:13 Merkur (-1,6 mag, 5,3’’) 1,2° NW Venus (-3,9 mag, 9,8’’), 11. 5h Io mit Schatten vor Jupiter Taghimmel 12. 3h (9) Metis (9,6 mag) 8,8’ NO Galaxie NGC 4910 (11,3 mag, 26. 3h Mond 6,1° N Spica (Alpha Virginis, 1,1 mag) 4,9’), Sternbild Jungfrau 26. 21:45 Mars (1,5 mag, 4,7’’) 36’ N off. Sternhfn. M 35 12. 03:31 Neumond 27. 04:32 Vollmond, erdnah (33,4’) 14. 19h Mond erdfern, 29,4’ 29. 03:30 Mond 5,2° NW Antares (Alpha Scorpii, 1,1 mag) 15. Streif. Sternbed. Mond – Omega 2 Tauri (4,9 mag), Linie 30. 23h (9) Metis (10,1 mag) 15’ S Galaxie NGC 4636 Nordhorn - Rheine - Gütersloh - Bad Driburg - Erfurt - (9,4 mag, 5,6’) und 28’ N Galaxie NGC 4643 (10,8 mag, Blankenhain - Falkenstein/Vogtland 3,1’), Sternbild Jungfrau 15. 21h Mond 6,2° W Aldebaran (Alpha Tauri, 1,0 mag) 15. ab 21:35 Mond bedeckt Omega Tauri (4,9 mag), Zeitpunkt abh. v. Standort 17. 0h (9) Metis (9,7 mag) 12’ SO Galaxie NGC 4772 (10,7 mag, 3,2’), Sternbild Jungfrau 17. Streif. Sternbed. Mond – SAO 77790 (7,4 mag), Linie Borkum - Edewecht - Nienburg (Weser) - Hannover - Zusammengestellt von Werner E. Celnik, mit Beiträgen von Dietmar Bannuscher (Veränderliche Dietmar Bannuscher (Veränderliche von E. Celnik, mit Beiträgen Werner von Zusammengestellt Klös (Sternbedeckungen durch Sternbedeckungen), Oliver Riedel (streifende Sterne), Eberhard Kleinplaneten).

118 | Journal für Astronomie Nr. 77 SCHWAN LEIER Wega ZWILLINGE GROSSER BÄR Castor Albireo HERKULES LUCHS Mars Pollux

NÖRDL. JAGDHUNDE KREBS KRONE KLEINER LÖWE BOOTES Gemma HAAR DER KLEINER BERENIKE HUND Arktur LÖWE Procyon SCHLANGE Regulus (KOPF)

JUNGFRAU

SCHLANGEN- TRÄGER SEXTANT Alphard

WAAGE Spica BECHER

SKORPION SÜDOST RABE

WASSERSCHLANGE

SÜDWEST Sternkarte exakt gültig für 15. Mai Vereinigung der Sternfreunde e.V. 23 Uhr MESZ SÜD www.sternfreunde.de

Ereignisse im Mai 01. ab 04:11 Europa mit Schatten vor Jupiter 19. 23:27 Mond 4,0° N Regulus (Alpha Leonis, 1,4 mag) 03. 20:50 Letztes Viertel, max. Libration West 20. 23:30 (9) Metis (10,5 mag) 12’ O Galaxie NGC 4536 (10,3 mag, 04. 03:30 Mond 6,7° SO Saturn (0,7 mag, 16,8’’) 7,2’), Sternbild Jungfrau 05. 03:30 Mond 5,5° SO Jupiter (-2,2 mag, 37,9’’) 23. 22h Mond 5,5° NO Spica (Alpha Virginis, 1,1 mag) 05. auf 6. Maximum Meteorschauer der Eta-Aquariden, 67 km/s, 26. 12:14 Vollmond, erdnah (33,4’), totale Mondfinsternis, in EU bis zu 40/h unbeobachtbar 06. ca. 22:00 (1244) Deira (15,7 mag) bedeckt HIP 42594 (7,6 mag, 26. 23h Mond 4,4° NO Antares (Alpha Scorpii, 1,1 mag) Sternbild Krebs) für 1,4 s, Hell.-Abnahme 8,3 mag, 28. 21h Merkur (2,2 mag, 10,6’’) 32’ O Venus (-3,9 mag, 10,2’’), Pfad Deutschland - Österreich tief im NW 11. 20:00 Neumond, erdfern (29,4’) 31. 2h Mond 5,1° S Saturn (0,6 mag, 17,6’’) 11. 23h (4) Vesta (7,2 mag) 6,8’ N Galaxie NGC 3447 (13,3 mag, 3,4’), Sternbild Löwe 12. 20:30 Mond 2,4° SW Venus (-3,9 mag, 10,0’’) und 8,5° W Aldebaran, tief im NW 13. 21:30 Mond 2,7° S Merkur (0,1 mag, 7,4’’), tief im NW 15. 22h Mond 4,5° W Mars (1,7 mag, 4,4’’) 15. ab 23:07 Mond bedeckt (3,0 mag), Zeitpunkt abh. v. Standort 17. 7h Merkur (0,5 mag, 8,2’’) größte östl. Elong (22°), Abend- sichtbarkeit 19. ca. 02:04 (801) Helwerthia (15,9 mag) bedeckt HIP 92878 (8,7 mag, Sternbild Adler) für 5,2 s, Hell.-Abnahme 7,2 mag, Pfad O-Deutschld. – O-Österreich 19. 20:13 Erstes Viertel, max. Libration Ost Quellen: US Naval Observatory, eigene Recherchen mittels GUIDE (Project Pluto), Berechnungen der Berechnungen Pluto), mittels GUIDE (Project eigene Recherchen Observatory, Quellen: US Naval Riedel [GRAZPREP]). (Eberhard der IOTA/ES Berechnungen BAV,

Journal für Astronomie Nr. 77 | 119 Deneb

DRACHE LUCHS

SCHWAN GROSSER BÄR

Wega FÜCHSCHEN HERKULES JAGDHUNDE KLEINER LÖWE LEIER Albireo DELFIN NÖRDL. KRONE BOOTES PFEIL HAAR DER LÖWE Regulus Gemma BERENIKE

Arktur Atair

ADLER SCHLANGE (KOPF) JUNGFRAU SCHLANGE (SCHWANZ) SCHLANGEN- TRÄGER

SCHILD WAAGE Spica BECHER

SKORPION SÜDOST RABE

Antares WASSERSCHLANGE

WOLF SÜDWEST Sternkarte exakt gültig für 15. Juni Vereinigung der Sternfreunde e.V. 23 Uhr MESZ SÜD www.sternfreunde.de

Ereignisse im Juni 01. Monats- T Cephei (Mira-Stern), Max. 5 mag 12. 21:30 Mond 5,8° O Venus (-3,9 mag, 10,6’’) anfang 13. 22h Mond 2,0° N Mars (1,8 mag, 4,0’’) 01. max. Libration West 15. 22h Mond 5,3° NW Regulus (Alpha Leonis, 1,4 mag) 01. 2h Mond 7,8° SW Jupiter (-2,4 mag, 41,2’’) 16. max. Libration Ost 02. 08:24 Letztes Viertel 17. 0h (80) Sappho (11,2 mag) 25’ NW Kugelhfn. M 2 (6,6 mag, 05. ab 01:23 Ganymed verfinstert Io, bis 01:42, beide Schatten auf 15,8’), Sternbild Wassermann Jupiter 18. 04:54 Erstes Viertel 05. ab 01:39 Io mit Schatten u. Ganymed-Schatten vor Jupiter, bis 19. 23h Mond 5,8° N Spica (Alpha Virginis, 1,1 mag) 02:40 21. 04:32 Sommeranfang 06. 23h (3) Juno (10,1 mag) in Opposition zur Sonne, Sternbild 22. 23:30 Mond 5,8° NW Antares (Alpha Scorpii, 1,1 mag) Schlangenträger 23. 11h Mond erdnah, 33,2’ 08. ca. 02:58 (12) Victoria (9,8 mag) bedeckt TYC 5189-00393-1 24. ab 00:23 Mond bedeckt Theta Ophiuchi (3,3 mag), Zeitpunkt (9,4 mag, Sternbild Wassermann) für 17,8 s, Hell.- abh. v. Standort Abnahme 0,9 mag, Pfad W-Österreich – SO-Deutschld. 24. 19:40 Vollmond – O-Deutschld. 27. ab 0:30 Europa mit Schatten vor Jupiter, bis 01:08 08. 3h Mond erdfern, 29,4’ 27. 01:30 Mond 7,9° SW Saturn (0,4 mag, 18,2’’) 08. 23h (4) Vesta (7,5 mag) 31’ NO Galaxie NGC 3593 (11,0 mag, 28. ab 01:37 Io mit Schatten vor Jupiter, bis 02:51 5,0’), Sternbild Löwe 29. 1h Mond 5,3° SO Jupiter (-2,6 mag, 45,0’’) 10. ab ca. Kallisto vor Jupiter, bis 03:38 29. max. Libration West 01:30 30. 00:30 (6) Hebe (8,8 mag) 5,6’ NW Doppelstern 57 Aquilae 10. ab ca. ringförmige Sonnenfinsternis, in Mitteleuropa partiell (5,7 mag) 10:17 beobachtbar (Bed. 4,4 bis 18,8%), bis ca. 12:48, genaue Zeiten abh. v. Standort 10. 11:53 Neumond 10. 23h (4) Vesta (7,5 mag) 17’ S Galaxie M 65 (9,2 mag, 9,6’), Sternbild Löwe 11. 23h (4) Vesta (7,5 mag) 22’ S Galaxie M 66 (8,9 mag, 8,7’), Sternbild Löwe

120 | Journal für Astronomie Nr. 77 falls nicht anders angegeben. in MEZ, für StandortAlle Zeitangaben bei 10° ö.L. und 50° n.Br., 28.03.2021, 2:00 Uhr MEZ, bis 31.10.2021, eine in MESZ im Zeitraum Umrechnen Zum Crisium sich weit bedeutet, dass das Mare West“ „Libration addieren Stunde zu den Zeitangaben (Mond-Osten) befindet. westlichen Mondrand weg vom Beobachterforum

Die Sonnenuhr in Atzenhain als Partnerstation des Weltprojekts EarthLAT1200.org von Kurt Niel und Gerhard Benna

Eine sehr detaillierte vertikale Sonnenuhr Uhrzeit (konstante Zeitschritte). Die sich je Projekt EarthLAT1200.org hat Gerhard Benna in Atzenhain, Mittel- nach Datum ergebende Abweichung ent- Bennas Sonnenuhr ist eine Partnerstation hessen, in einem Jahreszyklus geschaffen. steht aus der ellipsenförmigen Umlaufbahn des weltweiten Projekts EarthLAT1200.org. In langwieriger Beobachtung hatte er den der Erde um die Sonne sowie der Neigung Hier sind aktuell Live-Bilder von Sonnen- Gang des Schattens auf der Wand festgehal- der Erdachse zur Umlaufebene (Ekliptik) uhren aus Thailand, Rumänien, Deutsch- ten, in malerischer Kleinarbeit ausgeformt und beträgt über das Jahr bis zu ± 20 min. land und Österreich abrufbar. Stationen und daraus ein Ablesen der Uhrzeit und Darüber hinaus sind an der Atzenhainer aus Spanien und Neuseeland werden bald des Datums ermöglicht (Abb. 1). Sein Flie- Sonnenuhr Tageslinien für jedes Datum dazustoßen. Aus Oberösterreich ist etwa sengeschäft ist im Gebäude untergebracht vorhanden (Abb. 2). Die Sonnenuhr kann die Kepleruhr [2, 3] (Abb. 4) sichtbar, die und so konnte er bei passendem Wetter live mittels Webkamera über die Homepage mit einer Fläche von 240 m² wahrscheinlich häufig weitere Markierungen anbringen. des Projekts EarthLAT1200.org [1] be- größte vertikale Sonnenuhr Europas. Diese In Form von Analemma-Schleifen sind für trachtet werden (Abb. 3). Dort sind globale zeichnet sich durch eine Vielzahl von wei- jede Viertelstunde des Schattengangs Stun- (UTC, Coordinated Universal Time) und teren Eigenschaften aus: Durch Spiegel am denlinien fixiert. Gerade Stundenlinien an lokale Zeitangaben (LAT, Local Apparent Gnomon (schattenwerfende Kugel) werden Sonnenuhren weisen auf das Ablesen der Time, Wahre Ortszeit) sowie als Hinweis in der Früh und abends Sonnenstrahlen auf Sonnenzeit (WOZ, Wahre Ortszeit). Die für die dortigen Witterungsverhätnisse die Wand geworfen, während diese noch im Schleife verdeutlicht den Unterschied der Temperaturwerte um die Sonnenuhr ables- Schatten liegt; ein Nord-Süd-Schlitz in der Sonnenzeit (Mittag ist dann, wenn die Son- bar. Eine Aktualisierung der Bilder findet Kugel gestattet eine Ablesegenauigkeit von ne genau am Nord-Süd-Meridian steht) zur zu Tageszeiten alle 2 Minuten statt. ±15 s von Mittag; aktuelle Tierkreiszeichen

1 Sonnenuhr in Atzenhain im Überblick (Bild: Gerhard Benna)

Journal für Astronomie Nr. 77 | 121 Beobachterforum

2 Sonnenuhr in Atzenhain im Detail (Bild: Gerhard Benna)

können aus der Schattenposition abgelesen werden. Ein Ziel des Projekts EarthLAT1200.org ist, den Betrachtern die große Dynamik der Erdrotation im Verhältnis zur Sonne spürbar zu machen. Diese Verhältnisse sind zwar in Zahlen beschrieben bekannt, aber wegen der Grö- ßenordnungen für den Menschen nicht ohne Weiteres wahrnehmbar.

In weiterer Folge sollen immer mehr weltweit verteilte Partnerstationen Live-Bilder von Sonnenuhren liefern, damit eine 24/7-Verfolgung der von Ost nach West über den Globus wandernden Mittagslinie möglich ist: Ein- spielungen von etwa 200 Webkameras von Sonnenuhren sind dazu notwendig, um den Globus in ca. 10°-Schrit- ten abzudecken und zur Witterungsrobustheit Auswei- chen am Längengrad bereitzustellen. 3 Live-Webbild mit lokalen Zeit- und Temperaturdaten mit Spinne als Die Darstellung der beweglichen globalen Sonnen- Fotobombe (Bild: EarthLAT1200.org) standsituation soll auch im Erdkundeunterricht Ver- wendung finden. Ein weiteres didaktisches Ziel ist, dass sich kleine Gruppen als Partnerstationen mit der Thematik befassen, eine Sonnenuhr zu errichten und dazu eine Webkamera mit Übertragungseinheit zu bau- en. Technisch könnte so eine Übertragungsstation mit einem RaspberryPI und einer PI-Cam realisiert werden. Im Rahmen eines Projektunterrichts im Ausbildungs- fachgebiet IoT (Internet of Things), Physik, Program- mieren, Schaltungstechnik oder ähnliche könnte sich die Gruppe eine via GitHub [4] zur Verfügung gestellten Software-Lösung zunutze machen oder sie entwirft eine eigene Software, die die Aufgabenstellung erfüllt.

Literatur- und Internethinweise (Stand Dez. 2020): [1] Projektseite von EarthLAT1200.org: https:// earthlat1200.org/de-atzenhain [2] K. Niel, 2015: „Die Grieskirchner Kepleruhr. Eine vertikale, ebene Ganztagssonnenuhr“; Sterne und Weltraum, 5/2015 [3] Projektseite der Kepleruhr: https://Kepleruhr.at, mit Links zu YouTube-Kanal mit Zeitraffervideos [4] Projektseite von EarthLAT1200.org, https:// earthlat1200.org/project-outlook, Resources 4 Die Kepleruhr in Grieskirchen, Österreich (Bild: Kurt Niel)

122 | Journal für Astronomie Nr. 77 Vorschau Vorschau auf astronomische Veranstaltungen April bis Juni 2021 zusammengestellt von Werner E. Celnik aus vorliegenden Informationen (Angaben wie immer ohne Gewähr) Bitte informieren Sie sich beim Veranstalter, Aktuelle Informationen im Terminkalender der VdS ob die Veranstaltung, an der Sie interessiert sind, unter www.sternfreunde.de auch tatsächlich stattfindet.

April 2021 werden musste, gibt es dieses Jahr eine digitale Version im Inter- net, die so viel wie möglich vom Live-Charakter des Treffens be- FR, 09. - 11.04.2021 hält, auch wenn das persönliche Gespräch vor Ort nur schwer zu Frühjahrstreffen in Malliß ersetzen ist. Der ATT 2021 Digital möchte die aktuellen Trends, Ort: Campingplatz „Am Wiesengrund“, Malliß. Rechtzeitig an- die neuesten Produkte und ausgesuchte Themen der Astronomie melden unter [email protected], da unter Umständen präsentieren. Veranstalter: Walter-Hohmann-Sternwarte Essen der Campingplatz nur begrenzt belegt werden kann. e.V., Info: www.att-essen.de

SA, 24.04.2021 Würzburger Frühjahrstagung 2021 Juni 2021 Diese Würzburger Frühjahrstagung wird online stattfinden. Als technische Voraussetzung zur Teilnahme von zu Hause aus SA, 05.06.2021 ist ein PC mit Mikrofon (optional Webcam) und Internetzugang 10. Norddeutsches Sternwartentreffen (NST) notwendig. Geplante Vorträge per E-Mail anmelden bei Ort: Aula der KGS in Tornesch. Auf dem NST besuchen sich [email protected]. Sternfreunde aus Norddeutschland gegenseitig, um sich besser Weitere Infos in Kürze unter https://sternfreunde.de kennenzulernen und auszutauschen. Die Teilnehmer können mit Kurzvorträgen ihre Sternwarte, Projekte oder Forschungen vorstellen. Das NST findet jährlich an wechselnden Sternwarten Mai 2021 statt. Wir hoffen auf ein sorgenfreies Treffen nach dem Ende der Corona-Pandemie. Falls dies nicht möglich ist, wird es ein Online- SA, 08.05.2021 Treffen geben. Bitte dies bereits bei der Anmeldung von Vorträgen Astronomischer Tausch- und Trödeltreff – ATT 2021 Digital berücksichtigen. Von 10-16 Uhr. Nachdem der ATT 2020 coronabedingt abgesagt Info: https://astronomie-nord.de/tagungen/nst

Wir suchen ein neues Titelbild für unsere Infobroschüre! Unsere VdS-Infobroschüre „Erlebnis Astronomie“ ist in die Jahre gekommen und bedarf einer Generalüberholung. Der Heftumfang soll bei 24 Seiten bleiben, inklusive Vorder- und Rückseite. Jede unserer derzeit 18 Fachgruppen kann sich wieder auf einer Seite in Wort und Bild darstellen. Hinzu kommen natürlich aktuelle Informationen über die Ver- einigung der Sternfreunde. Ziel ist es, die fertige Broschüre auf der VdS-Tagung in Essen am 20. November 2021 in gedruckter Form zu präsentieren.

Damit die Broschüre auch sichtbar eine Erneuerung zeigt, suchen wir ein neues Titelbild und einen neuen Namen. Nur unsere Mitglieder dürfen sich daran beteiligen. Der VdS- Vorstand wird die Auswahl treffen. Wie auch das alte Foto könnte das Coverbild Mensch, Teleskop und Sterne zeigen. Dazu sollte jeder Teilnehmer einen griffigen Namen für die Informationsbroschüre vorschlagen. Wir freuen uns bereits jetzt auf viele gute Bilder und innovative Ideen für einen Namen. Viel Glück wünscht die VdS all ihren Sternfreunden! Die Abgabe sollte bis zum 30. Hinweise: Das Bild darf 210 mm breit und 227 mm hoch sein, bei 300 dpi. Andere Forma- Juni 2021 erfolgen, an: te sind jedoch auch denkbar und werden berücksichtigt. Die Bildrechte gehen an die VdS. [email protected] Michael Schomann

Journal für Astronomie Nr. 77 | 123 Hinweise

VdS-Fachgruppen-Redakteure Fachgruppe Name Vorname Straße PLZ Ort E-Mail Amateurteleskope/Selbstbau Berger Andreas Lützowstr. 180 42653 Solingen [email protected] Astrofotografie Riepe Peter Lortzingstr. 5 44789 Bochum [email protected] Astronomische Vereinigungen Gallus Astrid Singgasse 43 67150 Niederkirchen redaktion-astronomische-vereinigungen @sternfreunde.de Astrophysik und Algorithmen Theede Frank Kiebitzweg 23 24211 Preetz [email protected] Atm. Erscheinungen Förster Kevin Carlsfelder Hauptstr. 80 08309 Eibenstock [email protected] Dark Sky Dr. Hänel Andreas Am Sportplatz 7 49124 Georgsmarienhütte [email protected] Geschichte Dr. Steinicke Wolfgang Gottenheimerstr. 18 79224 Umkirch [email protected] Jugendarbeit VEGA e.V. Beckmann Lisa [email protected] Kleine Planeten Lehmann Gerhard Persterstr. 6 h 09430 Drebach [email protected] Kometen Dr. Pilz Uwe Pöppigstr. 35 04349 Leipzig [email protected] Meteore Dr. Molau Sirko Abenstalstr. 13 b 84072 Seysdorf [email protected] Planeten Melchert Sven Lindenspürstraße 27 70176 Stuttgart [email protected] Radioastronomie Theede Frank Kiebitzweg 23 24211 Preetz [email protected] Sonne Zunker Andreas Mörikeweg 14 75015 Bretten [email protected] Spektroskopie Sablowski Daniel Erich-Weinert-Str. 19 14478 Potsdam [email protected] Sternbedeckungen/IOTA-ES Dr. Bredner Eberhard Ginsterweg 14 59229 Ahlen-Dolberg [email protected] VdS-Volkssternwarte Dr. Schulz Jürgen Arnstädter Str. 49 99334 Kirchheim [email protected] Veränderliche (BAV) Bannuscher Dietmar Burgstr. 10 56249 Herschbach [email protected] Visuelle Deep-Sky- Bannuscher Dietmar Burgstr. 10 56249 Herschbach [email protected] Beobachtung

VdS-Fachgruppen-Verantwortliche Fachgruppe Name Vorname Straße PLZ Ort E-Mail Amateurteleskope/Selbstbau Berger Andreas Lützowstr. 180 42653 Solingen [email protected] Astrofotografie Riepe Peter Lortzingstr. 5 44789 Bochum [email protected] Astronomische Vereinigungen Schomann Michael Hindenburgstr. 1A 30175 Hannover [email protected] Atm. Erscheinungen Hinz Wolfgang Oswaldtalstr. 9 08340 Schwarzenberg [email protected] Astrophysik und Algorithmen Dr. Pilz Uwe Pöppigstr. 35 04349 Leipzig [email protected] Dark Sky Dr. Hänel Andreas Am Sportplatz 7 49124 Georgsmarienhütte [email protected] Geschichte Dr. Steinicke Wolfgang Gottenheimer Str. 18 79244 Umkirch [email protected] Jugendarbeit / VEGA e. V. Haux Sonja Laubenweg 30 69123 Heidelberg [email protected] Kleine Planeten Lehmann Gerhard Persterstr. 6 h 09430 Drebach [email protected] Kometen Dr. Pilz Uwe Pöppigstr. 35 04349 Leipzig [email protected] Meteore Molau Sirko Abenstalstr. 13 b 84072 Seysdorf [email protected] Planeten Radioastronomie Schuller Katja u. Frederic Johannes-Niemeyer-Weg 23A 14109 Berlin [email protected] Sonne Zunker Andreas Mörikestraße 14 75015 Bretten [email protected] Spektroskopie Dr. Hunger Thomas Weinbergstraße 12 01129 Dresden [email protected] Sternbedeckungen/IOTA-ES Dr. Bredner Eberhard Ginsterweg 14 59229 Ahlen-Dolberg [email protected] VdS-Volkssternwarte Dr. Schulz Jürgen Arnstädter Str. 49 99334 Kirchheim [email protected] Veränderliche (BAV) Braune Werner Münchener Str. 26 10825 Berlin [email protected] Visuelle Deep-Sky-Beobachtung Zebahl Robert Industriestr. 22 04229 Leipzig [email protected]

Kontaktadressen

Vereinigung der Sternfreunde e.V. Geschäftsstelle Postfach 11 69 64629 Heppenheim [email protected] Vorsitzender Melchert Sven Lindenspürstraße 27 70176 Stuttgart [email protected] Homepage www.sternfreunde.de

124 | Journal für Astronomie Nr. 77 Hinweise

Wichtige Informationen für unsere Mitglieder!

Sie sind umgezogen? Abonnement beziehen, genügt es, wenn Sie trikulations-, Schul- oder Ausbildungsbe- Dann geben Sie uns Ihre neue Anschrift uns schriftlich mitteilen, ab wann das Abo scheinigung vorliegt. Diese Bescheinigung schnellstens bekannt. Dazu können Sie ent- über uns beginnen soll (Sie möchten die benötigen wir auch für den Nachweis gegen- weder den folgenden Coupon ausschneiden Zeitschrift zum 1. 1. des nächsten Jahres über dem Verlag beim reduzierten Bezug und per Fax an uns senden. Sie können aber abonnieren, dann teilen Sie uns dies bitte von „Sterne und Weltraum“. Für die korrek- auch einen Brief oder eine E-Mail mit den bis zum 15. 11. diesen Jahres mit). Wir ver- te Rechnungserstellung muss uns Ihre Be- neuen Daten schicken. anlassen dann alles Weitere. Wenn Sie schon scheinigung unaufgefordert bis spätestens Direkt-Abonnent sind, prüfen Sie bitte, zu 15.10. eines jeden Jahres für das Folgejahr Wenn Sie die Zeitschrift „Sterne und Welt- welchem Termin Ihr Abonnement-Vertrag vorliegen. Eine nachträgliche Rechnungs- raum“ im Abonnement über die VdS be- auslaufen kann und kündigen Sie diesen änderung im Frühjahr erfordert einen enor- ziehen, geben Sie die Anschriftenänderung selbst beim Verlag. Dann teilen Sie uns den men Zeit- und Kostenaufwand sowohl bei bitte ausschließlich an uns! Wir informieren Start-Termin für Ihr Abo über die VdS mit. uns als auch beim Verlag und ist nicht mehr dann automatisch den Verlag. Wenn Sie zur Abwicklung weitere Fragen möglich! Sollten wir Ihre Bescheinigung haben, rufen Sie uns an oder mailen Sie uns. zum genannten Termin nicht haben, so Sie haben uns eine Einzugsermäch- Wir helfen Ihnen gerne weiter. verlieren Sie im Folgejahr Ihren Anspruch tigung erteilt und Ihre Bankverbin- auf den ermäßigten Beitrag! Neumitglieder dung hat sich geändert? Sie möchten „SuW“ kündigen? reichen uns die Bescheinigung bitte zum Be- Informieren Sie die Geschäftsstelle bitte Eine Kündigung ist zum 30. 06. und zum ginn der Mitgliedschaft ein. auch schriftlich. Ansonsten erbitten wir 31.12. eines jeden Jahres möglich. Bitte tei- Zahlungen auf unser Konto 11745 bei der len Sie uns dies jedoch schriftlich bis spätes- Und so erreichen Sie uns: Sparkasse Starkenburg, Heppenheim, BLZ tens 15. 05. bzw. 15. 11. mit, da wir nur so die VdS-Geschäftsstelle 509 514 69. (BIC: HELADEF1HEP – IBAN: Zeitschriften rechtzeitig stoppen können. Postfach 1169, D-64629 Heppenheim DE79 5095 1469 0000 0117 45). Zur Ver- E-Mail: [email protected] meidung unnötigen Verwaltungsaufwandes Sie sind Student(in), Schüler(in) oder Telefon +49 62 52 78 71 54 bitte immer mit Angabe Ihrer Mitglieds- Auszubildende(r) und möchten auch Telefax +49 62 52 78 72 20 Nummer. in Zukunft die Mitgliedschaft zum ermäßigten Beitrag fortsetzen und Wenn es für Sie gut läuft, dann sind auch wir Sie möchten „Sterne und Weltraum“ den reduzierten Abo-Preis erhalten? zufrieden. über die VdS zu ermäßigten Abo- Dann beachten Sie bitte Folgendes: Wir Für Ihre Unterstützung herzlichen Dank! Preisen beziehen? können den reduzierten Beitrag nur dann Eva Garbe Wenn Sie die Zeitschrift noch gar nicht im gewähren, wenn uns von Ihnen eine Imma- VdS-Geschäftsstelle

GIBT ES NEUIGKEITEN? SAGEN SIE ES UNS! Hat sich Ihre Anschrift geändert oder haben Sie die Bank gewechselt? Bitte informieren Sie uns über even- tuelle Änderungen. Vielen Dank! Schicken Sie einfach eine E-Mail mit den benötigten Daten an service@ sternfreunde.de oder ein Fax mit dem ausgefüllten Coupon an: 0 62 52 / 78 72 20.

Mitglieds-Nr. Name Vorname

Neue Straße, Hausnummer PLZ, Ort

Meine Bankverbindung hat sich wie folgt geändert. Ich möchte meine Mitgliedsbeiträge und mein Abonnement SuW bequem per Banklastschriftverfahren bezahlen!

Antwort Bankinstitut, Ort Vereinigung der Sternfreunde e.V.

Postfach 11 69 IBAN BIC 64629 Heppenheim Ich ermächtige die Vereinigung der Sternfreunde widerruflich, fällige Mitgliedsbeiträge und Abonne­ mentbeträge für SuW von o.g. Konto oder einem anderen Konto, das ich zukünftig benennen werde, im Last- schriftverfahren abzubuchen. Der Kontoinhaber ist mit dem o.g. Mitglied identisch.

Datum, Unterschrift Hinweise

Autorenverzeichnis

Aufgrund der Datenschutzverordnung geben wir nur die Kontaktdaten jener Autorinnen und Autoren an, die der Veröffentlichung schriftlich zugestimmt haben. Alle anderen Verfasser erreichen Sie über den jeweiligen Fachgruppenredakteur oder die Geschäftsstelle.

Die Redaktion

Name Vorname Straße PLZ Ort E-Mail

Dr. Alzner Andreas Zeckerner Hauptstr. 3 91334 Hemhofen [email protected] Prof. Dr. Anton Rainer Grevenkamp 5 24161 Altenholz [email protected] Benna Gerhard Siemensstr. 12 35325 Mücke-Atzenhain [email protected] Bischof Wolfgang Recklinghausen [email protected] Bleymann Florian Eichenstr. 1 97228 Rottendorf [email protected] Dr. Celnik Werner E. Graudenzer Weg 5 47495 Rheinberg [email protected] Fiebig Ulf Armin-Knab-Str. 7a 97318 Kitzingen [email protected] Freina Thomas In der Lohe 1 95615 Marktredwitz [email protected] Gallus Astrid Singgasse 43 67150 Niederkirchen [email protected] Gammer Martin Streitberg 10 04359 Loitzendorf [email protected] Hinz Claudia [email protected] Dr. Jessner Axel MPIfR, Auf dem Hügel 69 53121 Bonn [email protected] Kräling Winfried Minksweg 4 35043 Marburg [email protected] Leich Jens Marienhagener Str. 6 51674 Wiehl-Marienhagen [email protected] Manger Simon Brühlstr. 14 97450 Heugrumbach [email protected] Melchert Sven Lindenspürstraße 27 70176 Stuttgart [email protected] Merting René Sand 123a 03185 Drachhausen [email protected] Prof. Dr. Ohlert Johannes M. Tannenstraße 38 65428 Rüsselsheim [email protected] Dr. Pilz Uwe Pöppigstr. 3 54349 Leipzig [email protected] Schultheiß Uwe Beethovenstr. 14 97950 Grossrinderfeld [email protected] Schomann Michael Hindenburgstr. 1 30175 Hannover [email protected] Schwab Erwin Westendstr. 8 63329 Egelsbach [email protected] Steinmüller Harald Bergstraße 65 87724 Ottobeuren [email protected] Theede Frank Kiebitzweg 23 24211 Preetz [email protected] Vollmann Wolfgang Dammäckergasse 28/D1/20 A-1210 Wien [email protected] Zebahl Robert Industriestr. 2 24229 Leipzig [email protected]

126 | Journal für Astronomie Nr. 77 Impressionen

Messier 1 In der Nacht vom 12. zum 13. Februar 2021 herrschten mit Bortle 5 sehr gute Beobachtungsbedingungen in Wermels- kirchen. So nahm Michael Hoppe den Supernovarest Messier 1 aufs Korn. Als Teleskop kam ein Celestron RASA 11 mit Brennweite 620 mm und f/2,2 zum Einsatz. Kamera war eine ASI 2600 MC Pro (Farb-CMOS mit geregelter Kühlung). Als Filter wurde ein Optolong L-Pro verwendet. Belichtet wurde 45 × 240 s, also insgesamt drei Stunden.

Messier 78 In der Nacht vom 12. zum 13. Februar 2021 herrschten mit Bortle 5 sehr gute Beobachtungsbedingungen in Wermelskirchen. So lichtete Michael Hoppe das Nebelgebiet Messier 78 im Orion ab. Als Teleskop kam ein Celestron RASA 11 mit Brennweite 620 mm und f/2,2 zum Einsatz. Kamera war eine ASI 2600 MC Pro (Farb-CMOS mit geregelter Kühlung). Als Filter wurde ein Optolong L-Pro verwendet. Belichtet wurde nur 27 × 240 s (gesamt 108 min). Journal für Astronomie Nr. 77 | 127 Das Optik-Fachgeschäft für 7mm Naturbeobachtung, Astronomie, NEU Marine und Jagd XWA-Okular

Lernen Sie die modernen Weitwinkel okulare von APM-Telescopes kennen: Unsere XWA-Okulare garantieren optimale Kontrastwer- te und Farbtreue und damit beste Erkennbarkeit feinster Gesichtsfeld Details ohne Streulicht und Geisterbilder. Das optische Design wurde speziell für die Nutzung mit 110° schnellen Systemen (wie Dobsons) angepasst – ver- ab 230 € gleichbar mit weitaus teureren Fabrikaten anderer Her- steller. Durch ihre konische Bauform auf der Augenseite bieten Sie zudem bei binokularer Nutzung ausreichend Spielraum für die Nase und sorgen damit für eine sehr komfortable Kopfposition. Das riesige bis zu 110° große Ge- 3,5mm ...... 269 € sichtsfeld ist exzellent überblick- 5mm ...... 269 € bar, das Einblickverhalten an- 7mm ...... 269 € genehm, um somit auch lange 9mm ...... 269 € Beobachtungen komfortabel zu 13mm ...... 269 € ermöglichen. 20mm ...... 299 € Unter der abnehmbaren Augen- Set 3, 5, 9mm ..... 789 € muschel befi ndet sich ein M44,5 Set 5, 9, 20mm .. 789 € × 0,75 Außengewinde, mit dem Set 9, 13, 20mm . 815 € man mit dem optionalen Ad- Photoadapter ...... 20 € apter (LUE-AD-M44.5-M42) alle gängigen Kameras mit einer T2-Hülse anschließen kann. XWA-Okularserie Die neuen, extremen XWA-Weitwinkelokulare mit gigantischem, bis zu 110° großem Gesichtsfeld machen Deep-Sky-Beobachtung zum ultimativen Erlebnis! © Photo by Thomas Jäger • www.starhopper.eu

NEU Rowan Montierung AZ 100 Die neue doppelseitige alt-azimutale Deluxe-Montierung mit bis zu 20 kg Tragkraft! 3,75kg Gewicht . . . 129 € L-Halter 3"/90° . . 270 € Diese elegante, aber trotzdem sehr robuste azimutale Doppelmontie- rung ist CNC-gefräst und wurde schwarz eloxiert, sowie im Anschluss mit Edelstahlbeschlägen ausgestattet. Zu den Merkmalen gehören verstellbare Klemmungen auf beiden Achsen mit je einer 360°-Feinbewegung, die eine simultane Grob- und Feinaus- richtung ermöglichen. Durch die praktischen manuellen Achsenklemmungen richten Sie jedes Geg.-Stange mit EQ6-Stativadap. . . 89 € Instrument frei aus und fi xieren es einfach wieder, wenn die gewünschte Flansch ...... 100 € Position erreicht ist. Zwei separate Knäufe bieten Ihnen exakte Feinbewe- gungen in jede gewünschte Richtung. Ganz praktisch: Über die Feinbewe- gung führen Sie beide Geräte gleichzeitig nach. Das bedeutet keinen Stress und maximalen Komfort bei der Beobachtung. Es können parallel zwei Optiken an den Auslegern ange- bracht werden. Die Tragfähigkeit beträgt dabei je nach Teleskoplänge 15–20 kg pro Seite! Losmandy- Losmandy- u. Vixen- ab 1199 € Montageplatte ... 159 € Montageplatte . . 235 € Optional auch mit Encodern und Nexus DSC-Steuerung

RICHTIGSTELLUNG: Im Inserat von APM Telescopes der letzten Ausgabe #76 des VdS-Journals ist uns ein Fehler unterlaufen. Einige Herstellerlogos, insb. das der Fa. 10micron und PlaneWave, sind versehentlich in der Logo-Sammlung platziert worden. Wir führen jedoch keine Produkte dieser Hersteller.

APM Telescopes Tel.: 06897/924929-0 Montag – Freitag: 9:00 Uhr – 17:00 Uhr Quierschieder Weg 38 Fax: 06897/924929-9 Donnerstag: 9:00 Uhr – 18:00 Uhr www.apm-telescopes.de 66280 Sulzbach E-Mail: [email protected] Samstag: nach Vereinbarung

50 JAHRE ERFAHRUNG

Nach über 50 Jahren Kuppelproduktion stellen wir in den letzten Jahren stetig wachsende Anfragen nach KUPPELN Details und Verfügbarkeit zu unseren Sternwarten fest. IN Seien es klassische Spaltkuppeln von 2,1 – 8,5 Metern S G T N A oder AllSky Kuppeln von 2,3 – 6,5 Metern, vor allem U L T L A A jedoch schlüsselfertige Sternwartenlösungen. T R I E O B Um der gestiegenen Nachfrage gerecht zu werden, N haben wir nun unsere gesamte Kuppelproduktion in neu erbaute Produktionshallen verlagert, um mittelfris- tig eine höhere Produktionskapazität und somit kürzere Z

Lieferzeiten zu erreichen. U N B E Desweiteren freuen wir uns, Ihnen den ersten Kuppel- E R H O katalog unserer Firmengeschichte präsentieren zu dür- Ö S R N E fen: mit vielen technischen Daten, Informationen und S Bildern zu unseren Kuppeln. Auf unserer Webseite fi n- den Sie Informationen darüber, welche Angaben wir TELESKOPE bei ernsthaftem Interesse an einer Baader Kuppel von

Ihnen benötigen – inkl. Startpreis und Kontaktformular. 2 /2021 Wenn Langlebigkeit und Qualität für Ihr Projekt wichtiger sind als der günstigste Preis, dann sind wir ein verlässlicher Partner.

KATALOG ANSEHEN & KUPPELN ENTDECKEN: www.baader-planetarium.com/kuppeln

kuppel-katalog-neuheiten_A4_1220_02.indd 1 15.12.2020 13:41:47