Rosel Zech Schauspielerin Im Gespräch Mit Hans Oechsner
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BR-ONLINE | Das Online-Angebot des Bayerischen Rundfunks http://www.br-online.de/alpha/forum/vor0511/20051125.shtml Sendung vom 25.11.2005, 20.15 Uhr Rosel Zech Schauspielerin im Gespräch mit Hans Oechsner Oechsner: Liebe Zuschauer, ich begrüße Sie zu einer neuen Ausgabe von alpha- forum. Zu Gast ist heute die Theater-, Film- und Fernsehschauspielerin Rosel Zech, mehrfach ausgezeichnet z. B. als Schauspielerin des Jahres mit dem Deutschen Darstellerpreis und dem Bayerischen Filmpreis, um nur zwei ihrer Auszeichnungen zu nennen. Frau Zech, im Augenblick sind Sie vielleicht so populär wie noch nie zuvor in Ihrer Karriere. Die Serie "Um Himmels willen" ist die erfolgreichste ARD-Serie überhaupt bis jetzt mit gigantischen Einschaltquoten auch bei jüngeren Zuschauern. Wie können Sie sich diesen Erfolg erklären? Zech: Ich denke mir, das liegt daran, dass das ein bisschen ein Märchen ist. Am Ende einer jeden Folge wird immer eine Lösung geboten, wie man möglicherweise besser leben kann oder dass man sich eben auch versöhnen muss oder dass man netter zu seinen Mitmenschen sein sollte usw. Selbst wenn man das in Wirklichkeit nicht immer so bewerkstelligen kann, wird auf jeden Fall immerhin ein Anstoß gegeben, wie man im Alltag möglicherweise leben könnte. Ich denke, das ist einer der Gründe. Und darüber hinaus hat ja Religion momentan ohnehin einen ganz großen Zuspruch, wie ich glaube. Die Leute sagen immer, sie werden durch diese Serie ein wenig aus ihrem Alltag herausgehoben. Oechsner: Sie spielen in dieser Serie die Mutter Oberin. Wie haben Sie sich auf diese Rolle vorbereitet? Waren Sie mal im Kloster? Oder haben Sie vorher geistlichen Beistand genossen? Zech: Nein. Wir haben öfter mal jemanden mit dabei, der uns sagt, welche Rituale an diese und jene Stelle gehören. Aber ich bin Schauspielerin und habe Phantasie: Ich lerne meine Texte und dann lasse ich mir was einfallen – und der Regisseur auch. Oechsner: Wenn man über so viele Monate bzw. schon Jahre in die Rolle einer Nonne schlüpft, dann kommt man damit doch auch immer wieder irgendwie an die Religion heran. Sie haben das ja soeben selbst angesprochen. Sind Sie denn selbst auch ein religiöser Mensch? Hat also diese Rolle auch mit Ihnen persönlich etwas zu tun? Zech: Ja, ich bin ein gläubiger Mensch, das darf ich wohl sagen. Oechsner: Gläubig in welchem Sinne? Fühlen Sie sich einer Konfession zugehörig? Gehen Sie in eine Kirche? Zech: Das klingt jetzt vielleicht ein bisschen hochmütig, aber ich bin gut zu mir und ich glaube an mich und wenn ich mich selbst gut behandle, dann behandle ich auch den Mitmenschen gut. Und das hat, wie ich finde, etwas mit Göttlichkeit zu tun. Oechsner: Sie haben mal gesagt, dass Sie bei der Auswahl Ihrer Rollen darauf achten, ob diese Rolle etwas mit Ihnen selbst zu tun hat. Gilt das auch für diese Rolle oder ist das hier anders? Zech: Ja, es gibt schon so ein paar Sätze in dieser Rolle, die einen so trockenen Humor haben oder auch eine solche Schärfe haben, dass ich das wirklich mag. Das mag ich an dieser Frau, die ich da darstelle. Oechsner: Jetzt muss man aber sagen, dass diejenigen, die Sie ausschließlich in dieser Rolle als Schwester Oberin kennen, nur einen ganz kleinen Teil von Ihnen kennen. Man würde Sie also sehr reduzieren, wenn man nur darüber reden würde. Zech: Das stimmt. Oechsner: Ärgert es Sie manchmal, dass diese Rolle heute so im Mittelpunkt steht, wenn es um Sie als Schauspielerin geht, und nicht das, was Sie sonst leisten? Zech: Nein, überhaupt nicht. Wir hatten ja nicht gedacht, dass diese Serie einen solchen Erfolg haben wird. Ich habe ja auch keine Riesenrolle darin, aber sie ist doch sehr, sehr gut angekommen. Das freut mich ganz einfach. Wir dachten ja, wir machen nur mal eine Staffel von dieser Serie und das war es dann. Nein, ich finde es wirklich gut, dass das so erfolgreich geworden ist. Das freut mich. Oechsner: Kommen wir dennoch auf das Wesentliche, das eigentlich Ihre Karriere ausmacht. Sie sind ja zuallererst immer Theaterschauspielerin gewesen. Sie haben, wie man sagen kann, an allen großen Bühnen Deutschlands gespielt. Sie spielen, wie Sie mir vorhin erzählten, im Augenblick gerade wieder in Hamburg. Sie haben sehr oft starke, komplizierte, schwierige Frauenrollen angenommen. War das Zufall oder hatten Sie sich diese Rollen doch aussuchen können? Zech: Nein. Das, was mir angeboten wird, das spiele ich dann. Aber ich habe ja auch eine sehr komische Seite. Der Peter Zadek z. B. hat das gewusst: Wenn ich mit ihm gearbeitet habe, dann konnte ich das in seinen Inszenierungen oft und oft herauslassen – sei es als Portia im "Kaufmann von Venedig" oder in "Kleiner Mann – was nun?", wo ich viele, viele auch sehr komische Rollen hatte und wo ich auch gesungen habe. Auch im "Hamlet" konnte ich sehr komisch sein, als ich den Polonius gespielt habe: Dafür muss man eine große komische Begabung haben, um das rüberzubringen. Ich finde es allerdings tatsächlich nicht so gut, wenn ich nur auf komplizierte Rollen reduziert werde. Das finde ich viel schlimmer als diesen Hype momentan wegen "Um Himmels willen". Ich finde es schade, dass die Komik, die ich entwickeln kann, oft nicht so gefragt ist. Aber das kann ja noch kommen. Oechsner: Auf Peter Zadek kommen wir gleich noch zu sprechen. Sie haben Recht: Wenn man über Sie liest, dann wird diese komische Seite an Ihnen immer ziemlich ausgelassen und es wird eigentlich fast nur von Ihren schwierigen Frauenrollen gesprochen und Bezug genommen auf Sie selbst, denn man sagt, Sie hätten damit selbst auch etwas zu tun, Sie würden sich in solchen Rollen wiedererkennen. Spielt das wirklich eine Rolle bei Ihren Rollen? Müssen die Rollen mit Ihrem Charakter, mit Ihrem Leben etwas zu tun haben oder sagen Sie wie soeben, Sie sind Schauspielerin und können alles spielen? Zech: Man denkt ja immer, man sei Schauspielerin und könne daher alles spielen. Es müssen jedenfalls bei einer Rolle ein paar Sätze sein, die ich auch ganz privat sagen würde, oder ein paar Situationen, die mich so reizen, dass ich sie gerne spielen möchte oder dass ich mir denke, in solche Situationen würde ich auch im wirklichen Leben gerne mal kommen. Und wenn ich das dann spielen darf, dann ist das gut. Aber alles spielen können? Ich habe auch mal gedacht, dass ich das könnte. Es hat sich dann aber in einer Rolle am Theater erwiesen, dass das nicht so ist. Man kann eine solche Rolle, die nicht passt, dann zwar schon mit schauspielerischen Mitteln machen, aber wenn das nicht zum eigenen Wesen gehört, dann ist das eben nur ein schauspielerisches Mittel und daher eigentlich langweilig. Oechsner: Sind also Ihre Rollen doch so etwas wie Variationen über Ihr eigenes Leben? Oder wäre das jetzt zu viel gesagt? Zech: Ich arbeite ja viel mit Phantasien, wenn ich z. B. eine Mörderin spiele. In Wirklichkeit würde ich natürlich keinen Menschen umbringen, aber es interessiert mich nachzuvollziehen, wie ein Mensch dahin kommen kann. Oechsner: Haben Sie denn in der Beschäftigung mit solchen Charakteren auch für sich etwas gelernt? Haben Sie dabei sozusagen etwas fürs Leben gelernt? Oder wird so etwas nach einer Aufführung abgelegt und am nächsten Tag schlüpfen Sie dann wieder in eine andere Rolle? Zech: Doch, man lernt schon. Aber am meisten lernt man am Theater, wenn man viele, viele Vorstellungen hat: Man muss nämlich all diese Vorstellungen immer wieder aufs Neue mit Leben erfüllen. Man muss ja als Schauspieler schon ein großes Ego haben, aber man muss das auch wieder vergessen können und dieser Sache bzw. diesem jeweiligen Stück dienen. Denn ich bin ja nur Schauspieler: Ich brauche einen Text, ich brauche eine Vorlage und ich habe nur die Fähigkeit – vielleicht als Medium –, dass der Text bzw. die Vorlage durch mich durchschlüpft und ich das den Leuten auf diese Weise vermitteln kann. Oechsner: Das "Nur" sollte man weglassen, denn da gibt es ja schon eine wahnsinnige Breite hinsichtlich der Möglichkeiten des Darstellens. Zech: Gut, man muss vielleicht auch ein bisschen Persönlichkeit haben. Oechsner: Sie sollten vielleicht nicht zu bescheiden sein. Zech: Nun, das ist eben so eine Sache. Wenn die Persönlichkeit des Schauspielers zu sehr im Vordergrund steht, sodass die Rolle verschwindet und sich der Schauspieler eigentlich nur noch selbst spielt, nur noch seine Persönlichkeit im Vordergrund steht, dann ist das einfach langweilig; ich sehe eine Sache von diesem Schauspieler und weiß, wie er all die anderen Rollen spielt. Es gibt z. B. auch Schauspieler, die sich sehr gerne exhibitionieren, die quasi sofort mit allem, was sie haben, unter die Leute gehen. Ich würde es jedoch interessanter finden, wenn ein Schauspieler Schwierigkeiten hat, sich zu entäußern oder sich zu exhibitionieren und ich dann diesen Kampf, diese Schwierigkeit sehen dürfte. Das wäre für mich als Zuschauer viel interessanter. Oechsner: Man kann ja immer wieder lesen, dass bestimmte Schauspieler direkt ins jeweilige Milieu hineingehen müssen, um eine Rolle zu lernen. Von Robert De Niro, dem großen Hollywoodschauspieler, sagt man ja auch immer: Wenn der einen Taxifahrer spielt, dann fährt er erst einmal selbst ein Vierteljahr lang Taxi. Daneben gibt es die anderen Schauspieler, die in die jeweiligen Rollen immer aus sich selbst herausfinden. Wo liegen Sie da? Zech: Das kommt darauf an. Wir haben ja vorhin von dieser Nonne gesprochen. Ich habe diese Rolle aus zwei Gründen angenommen. Der erste Grund war ganz äußerlich: Ich wollte mal ein Nonnenkostüm tragen. Das hat mich einfach interessiert. Und dann wollte ich ein Leben nachvollziehen, das sich ganz in den Dienst einer Sache stellt und in dem alles andere stark reduziert ist. Klar ist, dass diese Rolle natürlich auch sehr menschlich angelegt ist, dass da auch Machtverhältnisse vorkommen usw. Das hat mich gereizt. Oechsner: Mussten Sie dafür zuerst einmal ins Kloster gehen? Zech: Nein, nein.