<<

DEZ.12 / JAN.13

2012 EINSCHLAUFEN Betrifft: Schreiben unter dem Einfl uss der Ereignisse Impressum Nº 10.12 DER MUSIKZEITUNG LOOP 15. JAHRGANG Da wären wir also wieder, am Ende eines anstren- Köniz bestens gekühlt. Dort, wo sich Sarah und genden Jahres. Geknüttelt, zertrümmert und aus- Alex das Ja-Wort gaben. Wir waren dort draus- P.S./LOOP Verlag gezehrt – aber natürlich immer noch gut drauf. sen, haben geschwurbelt, gelacht und gesungen Postfach, 8026 Zürich Unsere Daumen zeigen Richtung Himmel, und («What a Feeling», allerdings nur ganz leise und Tel. 044 240 44 25, Fax. …27 falls uns tatsächlich mal ein Reporter der Associ- weit hinten in der Ecke) – und sind dann mit dem [email protected] / www.loopzeitung.ch ated Press nach dem Befi nden befragt, antworten Bus wieder nach Hause gefahren, wo wir uns als wir mit einem Lächeln im Gesicht: «Besser geht Transplantations-Chirurgen ausgeben mussten, Verlag, Layout: Thierry Frochaux immer. Aber wir sind schlechte Menschen, also um auf der letzten Insel an der Sihl noch ein paar müssen wir einigermassen froh darüber sein, dass Jever-Runden zu schmeissen. Administration, Inserate: Manfred Müller es uns gut geht. Aight?» Es war ein ziemlich geschäftiges Jahr, aber eben Das war freilich nicht immer so. Etwa in Pamp- auch ein trauriges. Denn wir haben etliche Ko- Redaktion: Philippe Amrein (amp), lona, wo wir auch heuer trotz Eurokrise mit den ryphäen verloren: Adam Yauch, Donna Summer, Benedikt Sartorius (bs), Koni Löpfe Stieren durch die Strassen gesprintet sind. Oder , Robin Gibb, Nils Koppruch drüben in Nashville, wo wir schüttelfeste Fuss- und Lol Coxhill – und noch viele mehr. Ihnen Mitarbeit: Philipp Anz (anz), Reto Aschwanden matten mit kryptischen Aufschriften an die ge- zollen wir auf den folgenden Seiten Tribut. Mit (ash), Ueli Bernays, Pascal Cames (cam), beutelte Bevölkerung verteilten. Ganz zu schwei- Tränen, die aus den Augen auf die Finger über Stefan Christen, Christoph Fellmann, Markus gen vom öffentlich weitgehend unbeachteten den Tastaturen kullern. Einige davon sind freilich Ganz, Christian Gasser (cg), Michael Gasser Einsatz in Belize, wo unser Mann McAfee einen auch Freudentränen. Denn mit der vorliegenden (mig), Matthias Krobath, Nino Kühnis (nin), auf Hank Thompson machen wollte. Er hat sich Ausgabe schliessen wir den 15. Jahrgang ab. Eins- Hanspeter Künzler, Tony Lauber (tl), – nicht ganz unclever – mit einer Kartonschachtel kommafünf Jahrzehnte? Ziemlich gut für eine Esther Michel, Pete Mijnssen, im Sand eingegraben, dann aber diese völlig be- winzige Zeitung. Und für die hochqualifi zierten Philipp Niederberger, Mischa Scherrer, scheuerte Flucht nach Guatemala angetreten. Wir Leserinnen und Leser. You know who you are. Markus Schneider, Adrian Schräder (räd), haben davon abgeraten. Aber auf uns hören die Frohe Festtage, ganz viel Liebe & grosse Träume! Martin Söhnlein, Benedetto Vigne Durchgeknallten ja nicht. Sie stellen zwar Fragen («Who the hell came up with that shit?»), doch Guido Spumante Druck: Rotaz AG, Schaffhausen unsere fachmännisch-didaktischen Antworten («Silvia’s Mother!») vermögen sie nicht in ihr zer- PS Kollege Amrein lässt per Fernschreiben aus- Das nächste LOOP erscheint am 31.01.13 quirltes Betriebssystem zu integrieren. richten, dass er auch heuer keine TopTen-Liste Redaktions-/Anzeigenschluss: 24.01.13 Aber: Die Gläser sind noch immer halbvoll. Und hinbekommen hat. Er empfi ehlt allerdings die die Bierfl aschen waren selbst im späten Hoch- aktuellen Werke von Nadja Zela und den Mo- Titelbild: Nils Koppruch sommer bei dieser komplizierten Hochzeit in notales, imfall.

Ich will ein Abo: (Adresse) 10 mal jährlich direkt im Briefkasten für 33 Franken (in der Schweiz). LOOP Musikzeitung, Langstrasse 64, Postfach, 8026 Zürich, Tel. 044 240 44 25, [email protected] FALSCH ABGEZWEIGT Sie stieg in den Achtzigerjahren kometenhaft auf, stellte ewige Charts- Rekorde auf, verkaufte 170 Millionen Tonträger – und stürzte ab: Whitney Houston wurde im Februar in Beverly Hills tot aufgefunden.

Sie war einst der hellste Stern am Himmel der afroameri- kanischen Popmusik, und man hätte lange Zeit nicht für möglich gehalten, dass Whitney Houston auf dem High- way ihres Lebens eine derart falsche Abzweigung nehmen würde. Whitney Elizabeth Houston, geboren 1963, wuchs wohl- behütet in einer Mittelklasse-Umgebung im Staat New Jer- sey auf. Ihre Prägung war so baptistisch wie musikalisch: Mutter Cissy hatte im Chor bei Jimi Hendrix und Elvis Presley gesungen und Ende der Siebziger solo einige - Erfolge, Cousine – eine Generation älter als Whitney – war selbst ein Star, und die «Queen of Soul» Aretha Franklin war auch irgendwie mit der Familie ver- bandelt. Doch es war nicht so, dass der begabte Spross zu früh verheizt worden wäre. Nach der Schule begann Houston erst einmal zu modeln. Mit 20 unterschrieb sie dann einen Plattenvertrag bei Arista; für ihr Debütalbum durfte sie sich zwei Jahre Zeit lassen. Als es 1985 erschien und Houstons kometenhafter Aufstieg begann, war sie also kein naiv-überforderter Teen- ager mehr. Und doch war es viel, was da auf sie einprassel- te: Die nächsten sieben Jahre sollte sie zahllose Rekorde brechen – darunter stechen sicher die sieben aufeinander- folgenden Nummer-Eins-Hits heraus, allesamt Auskopp- whitney houston lungen ihrer beiden ersten Alben. Das haben nicht mal die Beatles geschafft. Der Erfolg war auch deshalb möglich, weiteren Filmrollen veröffentlichte Houston 1998 ihr viel- weil MTV zu jener Zeit unter Druck stand, endlich mehr leicht interessantestes und vielseitigstes , «My Love Videos von schwarzen Künstlern zu zeigen. Houston war Is Your Love». Mit Hilfe von Produzenten wie Missy Elli- die erste Sängerin, die davon so richtig profi tieren konnte. ott, Wyclef Jean oder Rodney Jerkins fand sie endlich auch Zugang zu jener schwarzen Hörerschaft, die ihren früheren DER ABSTURZ NACH DEM HÖHEPUNKT Weichspül-Sound ablehnte.

Sie verkaufte zu Lebzeiten rund 170 Millionen Tonträger, EIN VERENGTES HERZ sammelte Preise und Auszeichnungen wie Philatelisten Briefmarken, sang für die Freiheit Nelson Mandelas ebenso Houston war zweifelsohne eine begnadete Sängerin, de- wie für die «Helden» des ersten Golfkriegs, gründete eine ren dunkles Timbre und die vokalistische Spannbreite von Stiftung für benachteiligte afroamerikanische Kinder, hatte mehreren Oktaven herausstachen. Doch ihre ewig gleichen Affären mit Footballer Randall Cunningham oder Eddie Powerballaden und ihre dünnen Dance-Nummern wie Murphy und wurde 1992 auch noch zum Filmstar. «The «How Will I Know» oder «I Wanna Dance With Somebo- Bodyguard» mit Kevin Costner war trotz Houstons medio- dy» brachten ihr auch immer wieder Kritik ein. Sie biedere krer schauspielerischen Leistung ein weltweiter Publikums- sich beim weissen Publikum an, schrieben vorab schwarze erfolg, und die Single «I Will Always Love You» avancierte Rezensenten. Ob es ihr Ehemann war, der sie vom Schritt zu ihrem grössten Hit überhaupt. hin zum urbanen Publikum überzeugte? Es dürfte das po- Doch wie es so ist mit Höhepunkten: Danach geht es meist sitivste sein, was sich über Browns Einfl uss auf Houston nur noch bergab. Ebenfalls 1992 ehelichte Houston ihren sagen lässt. Sängerkollegen Bobby Brown – das war wohl ebendiese Die vierzehn Ehejahre bis zur Scheidung im Jahr 2006 falsche Abzweigung. Brown selbst war mit der schwarzen hinterliessen Spuren. Houston wurde unpünktlich und Boygroup New Edition zu früh bekannt geworden. Solo launisch, sang falsch, liess Auftritte platzen. Sie gestand feierte er mit dem Album «Don’t Be Cruel» und Singles ihre Drogenprobleme ein, konnte diese aber auch nach der wie «My Prerogative» einigen Erfolg, stand aber stets im Trennung von Brown nicht abschütteln. Im vergangenen Schatten seiner Ehefrau. Seine Musik war vom Hiphop Februar ertrank sie in der Badewanne eines Hotels in Be- beeinfl usst, hatte «Street Credibility». Damit ging jedoch verly Hills. Als Ursache diagnostizierten die Ärzte eine Ge- ein üppiger Drogenkonsum einher, und in diesen selbstzer- fässverengung im Herzen und einen Cocktail aus legalen störerischen Sog liess sich Houston hineinziehen. Nach der und illegalen Drogen. Geburt von Houstons einziger Tochter Bobbi Kristina und Matthias Krobath SZENE

Badenerstr. 79 Tel: 044 241 10 17 8004 Zürich Fax: 044 291 53 27 [email protected] www.crazybeat.ch

VINYL-, CD-, DVD-IMPORT seit 1981 reged sie sich über ihri websiite uuf...? hip hop, neo soul, headz, house, electro, dubstep, d&b, breaks, stauffacherstr. 127 funk, disco, soul, latin, 8004 zürich jazz, afro, reggae, rock, pop 043 311 09 91

Plakataushang und Flyerverteil Sehr gezielt und in jeder Region der Schweiz

Telefon 044 404 20 20 www.propaganda.ch

WWinterpauseinterpause bbisis M Märzärz 1 133

De Blaui Dino D‘Schwarzzah-Räuber und Nr. 24 de Schatz vom König

www.gschichtefritz.ch Kindergeschichten CDs

FAYE DUNAWAY DEZEMBER 2012

am Helvetiaplatz Tel. 044 242 04 11 www.xenix.ch REVOLTE & REINKARNATION Als Mitglied der Beastie Boys und Tibet- adam yauch Aktivist hat sich Adam Yauch stilistisch und politisch korrekt durch die letzten drei Jahrzehnte geschmuggelt. Dann musste er vor dem Krebs kapitulieren.

Entschuldigungen, schon gar für ein paar sexistische Scherze, gehören nicht gerade zur Spezialdisziplin im Rap. Umso cooler wirkte es, als Adam Yauch alias MCA 1994 die Verantwortung für ein paar frühere Entgleisungen sei- ner Beastie Boys übernahm. In «Surre Hot» rappte er: «I got to say something that’s long overdue / the disrespect to women has got to be through.» Damals hatten sich die Beastie Boys, 1981 aus Anlass von Yauchs 17. Geburtstag zunächst als Hardcore-Band gegründet, schon längst von schweinigelnden Rüpeln zu souveränen HipHop-Hipstern gewandelt, die sich selbstverständlich auch für die Rechte von Schwulen und Lesben einsetzten. Adam Yauch wiede- rum war seit je der weltanschaulich engagierteste Beastie Boy. Als Teenager war er Straight Edger, in den Neunzi- gern wurde er Buddhist und unterstützte mit seiner Stiftung Milrepa die tibetanische Freiheitsbewegung. Die Tibetan hemistischen Künstlerdasein, Yauch beschäftigte sich mit Freedom Concerts, die er von 1996 bis 2003 organisierte, seiner Filmproduktion Oscilloscope Laboratories. 2004 wurden mit Acts wie Sonic Youth, De La Soul oder Björk veröffentlichten sie das verhältnismäßig nüchtern refl ek- und Hundertausenden Besuchern die grössten politischen tierende New-York-Album «To the Five Boroughs» und Festivals der Neunziger. drei Jahre später den eher unbemerkt grammyprämierten Aus heutiger Perspektive erkennt man natürlich auch das instrumentalen «Mix-Up». Ihr letztes Album «Hot Sauce Beastie-Boys-Treiben mit ihrer büchsenbierseligen Partyre- Committee» kam 2011. Es trägt den Zusatz «Part 2» – volte und Rick Rubins bratzendem Mix aus Rap und Me- zwei Jahre zuvor hatte man die Produktion wegen Adam tal auf frühen Singles und dem legendären Album-Debüt Yauchs Speicheldrüsenerkrankung abbrechen müssen. Die «Licensed to Ill» von 1986 doch recht deutlich als fröhliche zunächst optimistische Einschätzung der Krankheit erwies pubertäre Rolleninszenierung – mit gleichwohl ungeheu- sich als falsch. An der Feier zur Aufnahme in die Hall of rem Einfl uss. Die Platte war das bestverkaufte Rapalbum Fame des Rock im April 2012 konnte Yauch schon nicht des Jahrzehnts und ebnete dem HipHop den Weg in den mehr teilnehmen. Er starb einen Monat später. Mainstream, also in die weisse Mittelschicht, aus der die drei Brooklyner selbst kamen. ERSTKLASSIG LÄCHERLICH

EIN SCHICKES UNIVERSUM An die Grösse der Neunziger-Alben reicht das letzte Werk nicht heran. Aber Yauch läuft im halbstündigen Film zur Trotz des Erfolgs trennten sich die Beastie Boys im Streit Single «Make Some Noise» noch einmal zu glanzvoller von Rubins Def-Jam-Label, zogen nach Los Angeles und und superlustiger Form auf. Mit zahllosen hochkarätigen spielten mit dem Produzentenduo Dust «Paul’s Cameos, in denen schicke Typen wie Orlando Bloom, Boutique» ein, worauf sie Funk, Rock und HipHop mit Chloë Sevigny, Susan Sarandon oder Stanley Tucci die un- einer damals unerhörten Sampledichte verzwirbelten und gebrochene High-End-Coolness der Band unterstreichen, das Album zum wichtigsten Beispiel früher Sampledelia veranstaltet der Film ein historisches Vexierspiel mit der werden liessen – ein klares Zeichen, dass die Band andere Bandgeschichte: Die gealterten, schwergewichtig ergrauten und schönere Pläne hatte, als die ewigen Klassenclowns zu Beastie Boys kehren natürlich in einem DeLorean aus der bleiben: Sie wurden erwachsen. Zukunft ins New York der Achtziger zurück, um vor den Mit postmoderner Ironie, gutgelauntem Insidertum und Jungen mit ihren futuristischen Skills zu protzen und noch ausfransender Pop-Enzyklopädik sortierten sie auf ihren einmal ordentlich Heim und Haus zu rocken. Beide Frak- Neunzigerjahre-Alben «Check Your Head» und vor allem tionen, dargestellt unter anderem von Elijah Wood und «Ill Communication» und «Hello Nasty» die Popwelt neu Frank Black, sehen erstklassig lächerlich aus, und die Zeit- und bauten sich mit dem Platten-, Mode- und Magazin- lupenbewegungen der Alten sind so toll choreographiert Label Grand Royal ein schickes und enorm erfolgreiches wie die Achtziger lustvoll mit grotesken Goldketten voll Universum aus kennerhaften Motiven aus Latin und Funk, Autoemblemen und albernen Hüten rekonstruiert werden. HipHop und Punk, Film Noir und Science-Fiction. Schön Ein prachtvoller Streifzug durch die Popgeschichte der letz- sieht man das auch an den Videos, die Yauch meist unter ten dreissig Jahre, cool bis in die dritte Metaebene und da- dem Pseudonym Nathaniel Hornblower für die Band in- bei mit selbstironischem Blick auf all die Albernheiten und szenierte. Liebevoll zitiert er dort Horrorfi lme wie «Wol- Peinlichkeiten. Aber vor allem: Eine Liebeserklärung an die fen» oder setzt hingebungsvoll Sixties-Trash nach Art der Doofheit der Jugend und die Lust des Alters. Und nicht japanischen Godzilla-Filme in Szene. zuletzt an eine Band, die beides so wunderbar verkörpert. Musikalisch kam nach Ende der Neunziger nicht mehr viel Neues. Die Band widmete sich dem Familienleben und bo- Markus Schneider HOT STUFF donna summer le Durchbruch folgt aber erst 1976 mit dem 17-minütigen Stöhn- und Seufz-Epos «Love to Love You Baby». Der Song war eine kalkulierte Provokation, «wir wollten Gainsbourgs «Je t’aime … moi non plus» noch einen draufsetzen», be- kannte Moroder später. Zumindest die britische BBC fi el da- rauf herein und setzte das Lied brav auf den Index. HOUSE WURDE HIER GEBOREN

Moroders bahnbrechende Produktionen, die sowohl vom amerikanischen Philly-Sound wie auch von den Klängen deutscher Elektropioniere wie Tangerine Dream beeinfl usst waren, trafen den Nerv der Zeit. Während sich in London arbeitslose Punks grimmig die Beine in den Bauch standen, verweigerte sich die arbeitende Bevölkerung zumindest an den Wochenenden der Realität und folgte dem Diktat der durchgehenden Bassdrum, der funky Gitarren, der eupho- rischen Streichern und monotonen Basslinien. House wur- de hier geboren und Techno sowieso. Das zukunftsweisende «I Feel Love» von 1977 markiert den Höhepunkt dieser Entwicklung und beschreibt zugleich ihre Problematik. Von fast nur noch synthetischen Klängen begleitet, beschränkt sich der Beitrag der herausragenden Sängerin Donna Summer auf ein paar wenige, sich ständig wiederholenden Phrasierungen. Erst ein Jahr später konn- te sie mit dem Titelsong zum Musikfi lm «Thank God, It’s Friday» beweisen, dass sie tatsächlich singen konnte. Die Ballade «Last Dance» brachte ihr gar einen Oscar ein und bereitete das Fundament für ihre Karriere nach dem Ende der Disco-Ära. Für die inzwischen über 30-Jährige folgten nun goldene Jahre. 1979 und 1980 war sie die erfolgreichste weibliche Künstlerin in den USA. Hits wie «MacArthur Park», «On the Radio» und «Hot Stuff» waren zwar noch immer vom Disco-Sound der Siebzigerjahre geprägt, doch geriet der Sound zunehmend härter. Für «Hot Stuff» erhielt sie einen Grammy in der der Kategorie Rock – was allerdings eini- ges über die Rockmusik jener Zeit aussagt. QUEEN OF DISCO – FÜR IMMER

Mit dem Beginn der New-Wave-Ära versuchten Summer und Moroder neue Wege zu gehen. «The Wanderer» wur- de von der Kritik gefeiert, war aber seiner Zeit voraus. Das Erfolgsduo trennte sich und Summer hatte mit «She Works Zur gleichen Zeit verschlug Hard for the Money» 1983 ihren letzten ganz grossen Hit. Donna Summer war die unbestrittene es die Musicaldarstellerin Gerne würde man dem Song autobiografi sche Bedeutung LaDonna Andrea Gaines beimessen, doch Summer selbst zerstörte diese Illusion, Queen of Disco – sie hätte aber noch in die bayrische Metropole. indem sie erklärte, die Textzeile sei ihr beim Beobachten Die junge alleinerziehende einer erschöpften Toilettenfrau in den Sinn gekommen. viel mehr sein können. Sie versuchte Mutter stammte aus Bos- In den folgenden Jahren wurde es eher ruhig um die ehe- ton und hatte sich wegen malige Queen of Disco. Sie produzierte zwar noch bis Ende es. Letztlich leider ohne Erfolg. fehlender Engagements in der Achtziger Alben, zog dann aber mit ihrem zweiten ihrer Heimatstadt einem Ehemann nach Nashville. Angeblich homophobe Äusse- Als ich 1978 die Sommerferien bei meinen Grosseltern in Off-Broadway-Ensemble rungen, die die gerade von vielen Schwulen hochverehrte der Nähe von München verbrachte, geschah eines Abends angeschlossen, das durch Künstlerin getätigt haben soll, brachten ihr viel Kritik ein etwas Merkwürdiges. Meine Mutter und meine Tanten hat- Deutschland tingelte und – obwohl sie sich immer wieder mit Benefi zkonzerten für ten sich ihre Dauerwellen hoch toupiert, ihre Wangen waren das Hippiemusical «Hair» den Kampf gegen Aids einsetzte. vor Aufregung und Rouge gerötet und die Absätze ihrer Pla- aufführte. Gaines und Mo- Von einem Selbstmordversuch wusste die Öffentlichkeit, teauschuhe noch beeindruckender als sonst. Als sie das Haus roder lernen sich kennen ihre Krebserkrankung hielt die Sängerin aber bis zuletzt verliessen, war mit klar, dass ich ihre Rückkehr nicht mehr und nehmen zusammen das auch vor Freunden geheim. Sie sei abgemagert, aber guter erleben würde – zumindest nicht wach. Erst viel später rea- Album «Lady of the Night» Dinge gewesen, wissen diese zu berichten. lisierte ich: Meine weibliche Verwandtschaft hatte sich mit auf, das 1974 unter Gai- Am 17. Mai dieses Jahres verstarb Donna Summer in Flo- dem Disco-Virus infi ziert. nes Künstlernamen Don- rida. Sie ist 63 Jahre alt geworden. Für die Nachwelt wird Nicht New York, sondern München galt in der zweiten Hälf- na Summer erscheint. Die sie immer die Queen of Disco bleiben, sie selbst sah sich bis te der Disco-Ära als die eigentliche Hochburg der Bewegung. Single «The Hostage» wird zum Schluss als singende Schauspielerin – die allerdings nur Der Südtiroler Giorgio Moroder hatte sich hier Anfang der in Frankreich und Holland in einem einzigen Film mitgespielt hat. Siebzigerjahre niedergelassen und ein Musikstudio eröffnet. zum Hit, der internationa- Martin Söhnlein DER EWIGE ZWEITE Bee-Gees-Sänger Robin Gibb ist Mitte Mai im Alter von 62 Jahren gestorben. Das erfolgreichste Trio der Geschichte wurde dadurch weiter dezimiert.

Noch im Frühjahr durfte Robin Gibb, bei dem eineinhalb Jahre zuvor Krebs diagnostiziert worden war, einigermas- sen zuversichtlich sein. Nach einer Operation schien er sich zu erholen, er stand sogar noch einmal auf der Bühne. Doch schliesslich hat er den Kampf gegen die Krankheit verloren: Am 20. Mai ist Robin Gibb in einem Londoner Spital gestorben, wo er sich zuletzt behandeln liess. Mit seinem Tod erlitt eines der hitträchtigsten Familien-Tri- os der Popmusik einen weiteren Schicksalsschlag.Von den drei Brüdern Gibb, die zusammen seit Mitte der Sechziger- jahre die bildeten, starb Robins Zwillingsbruder Maurice 2003 im Alter von 53 Jahren. Andy, der jüngste der Gibbs – er war kein Bee Gee, aber ebenfalls Musiker –, verschied gar schon 1988, mit gerade mal 30 Jahren. 200 MILLIONEN PLATTEN VERKAUFT

Von den Gibb-Brüdern verbleibt damit noch der älteste, der 65-jährige . «Manchmal frage ich mich, ob die Tragödien, die meine Familie erlitt, eine Art karmischer Preis für all den Ruhm und den Reichtum sind, den die Bee robin gibb Gees gehabt haben», hatte Robin Gibb in einem seiner letz- ten Interviews erklärt. Der Ruhm und der Reichtum seiner zum Untergang der «Titanic» ein Requiem komponiert, Band kann sich jedenfalls mit den Allergrössten des Pop- das im April vom Royal Philharmonic Orchestra in Lon- geschäftes messen: Schätzungsweise 200 Millionen Platten don uraufgeführt wurde. Nicht mehr in die Tat umsetzen verkauften die Bee Gees in fünf Jahrzehnten. Als sie in den konnte Robin Gibb hingegen seine Pläne, mit Bruder Barry späten Siebzigerjahren im Zenit ihres Erfolges standen, hat- an neuen Popsongs zu arbeiten. ten sie in den USA sechs Nummer-1-Hits – gleich viele in Folge wie seinerzeit die Beatles. FALSETT MIT FÖHNFRISUR Robin Gibb galt in der Familienhierarchie der Bee Gees zwar als der ewige Zweite hinter Barry (mit dem er sich In nachhaltiger Erinnerung bleiben aber vor allem die Jah- zeitweise arg zerstritt). Doch sein kompositorischer und re, als die Bee Gees auf den fahrenden Disco-Zug spran- gesanglicher Beitrag zu einigen ihrer grössten Hits ist unbe- gen. 1975 wagten sie mit dem Umzug nach Amerika einen stritten. Denn Robin hatte den Dreh raus, wie man Lieder Neuanfang und schafften es, als weisse Band einen afro- in klingendes Gold verwandelt: «In den Songs, die die Men- amerikanischen Sound nicht bloss zu adaptieren, sondern schen am meisten berühren, geht es immer um das Gefühl, kommerziell zu beherrschen – mit Glitzerkostümen, Föhn- jemanden zu vermissen. Das ist ein grundsätzliches Gefühl, frisuren, imposanten Brustfellen und einem alles durch- wie Sex, ein Urinstinkt und eine natürliche Sehnsucht, die dringenden Falsettgesang, der nun zum Markenzeichen des jeden Menschen treibt», sagte er einmal. Trios wurde. Wie die Fab Four hatten die Bee Gees von England aus ihre «Stayin’ Alive», «», «How Deep Is Your Weltkarriere lanciert. Geboren auf der und in Love»: Ihre Lieder für den Disco-Film «Saturday Night ganz jungen Jahren in zu Hause, zogen die Fever» (1977, mit in der Hauptrolle) waren Brüder 1958 mit ihren Eltern zwar nach Australien. Dort prägend für eine ganze Ära und machten die Bee Gees zu feierten sie ab 1960 erste Erfolge als TV-Boy-Group. Doch Mega-Stars – allerdings auch zum Gespött all jener, die die als sich London als Epizentrum des Sixties-Pop etablierte, auf Hochglanz polierten Hits des Brüdergespanns für eine kehrten die Brüder nach England zurück – um dort mit zu- Geschmacksverirrung hielten. ckersüssen Beat-Balladen wie «Massachusetts» internatio- Garagenrock-Rebell Iggy Pop etwa hielt die Bee Gees für nal bekannt zu werden. nichts weiter als «Abschaum». Auch er musste freilich zur Danach ging es zunächst rasant bergab. 1969 lösten sich Kenntnis nehmen, dass ihre Lieder langlebiger waren, als es die Bee Gees gar zwischenzeitlich auf, und Robin Gibb un- in den Siebzigern den Anschein machte. Auch wenn sie spä- ternahm den ersten seiner später häufi g wiederholten Ver- ter nur noch vereinzelt Chartstreffer landeten (etwa «You suche, sich aus dem Familiengefüge zu emanzipieren und Win Again» von 1987). als Solokünstler durchzustarten. Vor allem die Ballade «How Deep Is Your Love» erwies So richtig erfolgreich war er damit nur einmal, 1983, als sich immer wieder als Steilvorlage für nachfolgende Hit- seine Stimme im Lied «Juliet» auch in der Schweiz von paradengruppen. Den Song hat von Take That über die den höchsten Charts-Höhen tremolierte. Zuletzt widmete Backstreet Boys bis zu N’Sync so ziemlich jede Boy Group er sich der Klassik: Gemeinsam mit Sohn Robin-John (aus gecovert, die mit betörendem Schmelz Teenagerherzen er- verschiedenen Beziehungen hinterlässt Robin Gibb insge- obern wollte. samt vier Kinder) hatte er anlässlich des 100. Jahrestags Stefan Christen SZENE SEARCHING FOR SUGAR MAN

20% Weihnachts- rabatt bis 31.12.2012 contrapunkt chor DJELEM, DJELEM CD ZYT 4943, CHF 29.– / EUR 26.–

Auf seiner neusten CD macht sich der con- trapunkt chor auf in die musikalische Welt der Fahrenden. Seine lange Reise zieht sich von Südspanien über den Balkan bis weit nach Russland. «Djelem djelem» – was so viel bedeutet wie «weiter, immer weiter» – verknüpft sephardische Liebesgeschichten AB DEZEMBER IM KINO RIFFRAFF & BOURBAKI mit orthodoxen Klängen und russischen Volksliedern. Erzählt werden Geschichten der Sehnsucht, der Liebe und der Heimat- www.cineworx.ch ORIGINAL MOTION PICTURE SOUNDTRACK losigkeit. Der Chor lässt sich auf diese Mu- sik ein zusammen mit einer mitreissenden Band und zwei übermütigen Solisten. Unter der Leitung von Abélia Nordmann ist eine CD entstanden, die die Nähe von Liebe und Schmerz einmal mehr verdeut- licht; berührend, zum Schluchzen traurig und strotzend vor Lebenslust. www.contrapunkt.ch

Profitieren Sie von 20%-Weihnachtsra- batt auf Ihrer Bestellung bis Ende Jahr 2012. Wir liefern portofrei. Der Rabatt ist gültig auf unserem gesamten Buch- und Tonprogramm.

Tel. 033 244 00 30 · Fax 033 244 00 33 [email protected] · www.zytglogge.ch next: die toten, die besten 2012

DISCO DOOM PETER KERNEL HATHORS SONNTAG 23. DEZEMBER 2012 SALZHAUS WINTERTHUR IMPROVISIERTES LEBEN Der britische Saxofonist Lol Coxhill pendelte humorvoll zwischen Jazz und Alternativkultur. Kurz vor seinem 80. Geburtstag hat er sich im Juli endgültig wegtragen lassen.

Es sei mir erlaubt, diesen Nachruf mit einer kleinen per- sönlichen Anekdote anzufangen. Es wird wohl so um 1972 herum gewesen sein. Das erste Mal, dass mich die Eltern allein an ein Konzert ziehen liessen. Mein Ziel war die Lon- doner Hippie-Band Quintessence im Volkshaus. Wie es sich fürs erste rechte Konzert im Leben gehört, war ich so früh da, dass selbst der Güggel noch kaum aus seinem Häuschen gekrochen war, um den Tag einzugackern. So erlebte ich denn auch die Vorgruppe mit. Sie bestand aus einem pum- meligen Glatzkopf – dies ein fürwahr kühnes Image in der Epoche des langen Haares! –, der sich alsbald im Schnei- dersitz auf die Bühne setzte, um sich allerhand Saxophone in den Mund zu schieben (waren es deren zwei, drei?) und hineinzublasen. Der Begriff «Jazz» war für mich bis dahin von James Last und den paar Strebern in der Parallelklas- se defi niert worden, die mit furchtbar wichtiger Miene ihre Stomu-Yamash’a-Platten hervorklaubten, nur um einem sa- gen zu dürfen, man solle es einfach lassen, unsereiner würde sowas eh nie verstehen. Was Lol Coxhill da oben von sich gab, passte in keiner Wei- se in mein Weltbild. Aber es packte mich. Gebannt lauschte ich seinen «Improvisationen» (ein Ausdruck, dessen Bedeu- tung ich erst Jahre später wirklich erfasste) und versuch- te darin die Partikel von Melodien zu orten, an denen ich mich festhalten konnte. Ich scheiterte – aber es war ein un- glaublich aufregender Sturzfl ug. Dieser wurde jäh beendet, als zwei Securitas-Männer auf die Bühne schritten, Coxhill links und rechts unter die Schultern griffen und ihn auf di- lol coxhill rektem Weg durchs Publikum (drei, vier Leutchen werden es gewesen sein) auf die Strasse hinaus trugen und auf dem LUSTIG, LISTIG, LUSTVOLL Trottoir parkierten. Lol Coxhill. Den Namen muss ich mir merken, dachte ich. Zumal ich dann bald herausfand, dass Coxhill wuchs im südenglischne Provinzstädtchen Aylesbu- sein Album «Ear of the Beholder» auf dem Plattenlabel ry auf und trat in den Fifties als Halb-Profi mit Jazzbands Dandelion erschien, das der legendäre DJ John Peel gestar- in den amerikanischen Luftwaffenbasen auf. In den frühen tet hatte, um Musik zu veröffentlichen, die nur ihm (und Sixties dudelte er bei den englischen Tour-Bands mit, unter mir) gefi el. anderem jenen von Rufus Thomas, Champion Jack Dupree Die Geschichte hat ein Postscript: Vor drei, vier Jahren gab und Mose Allison. So geriet er in den Orbit der Canter- der Avantgarde-Pianist Steve Beresford in der Londoner bury-Szene mit Kevin Ayers und von dort auch in andere Buchhandlung Foyles ein Gratiskonzert. Etwa vierzig Leute freidenkende Randregionen der Pop/Rock-Welt. Einerseits waren da (Avantgarde erfreut sich in London nicht gerade nahm er in der Gesellschaft von allerhand Jazz-Namen eines erfreulichen Zulaufes), darunter Lol Coxhill. Später (Chris McGregor, Tony Coe, Steve Beresford, Phil Miller, fanden wir uns im gleichen Pub wieder. Ich erzählte ihm die Derek Bailey, Hugh Metcalfe…) weiterhin seine aufregen- Story. «Ich erinnere mich an die Tournee mit Quintessence», den Improvisationen auf, andererseits tauchte er auch auf sagte er und blinzelte lustig durch seine Grossvaterbrille, den eher konventionell arrangierten (oft aber ebenfalls «aber an den Vorfall erinnere ich mich nicht.» «Ist aber höchst innovativen) Werken von Shirley Collins & Albion schon typisch, oder?», grölte sein Kompagnon. Country Band, Mike Oldfi eld und sogar The Damned auf. Um eines klarzustellen: Lol Coxhill war in keinster Weise ein Was die Muse von Lol Coxhill besonders auszeichnete Free-Jazz-Snob. So spielte er mit seinem Johnny Rondo Trio war die Tatsache, dass er zu den raren Musikanten gehör- (natürlich gab es kein Mitglied, das Johnny Rondo hiess) te, für die Humor einen integralen Bestandteil der Musik eine Musik, die in den Wiener Cafés der Zwanzigerjahre darstellte. Wobei hier nicht Hoppla-hü-Humor gemeint nicht fehl am Platz gewesen wäre. «Murder in the Air» an- ist, sondern ein feiner, absurder Humor mit einem direkten dererseits hiess eine Art Hörspiel, das er auf 10-Zoll-Vinyl- Draht zur dadaistischen Tradition. Auch trennte er nicht platte gebannt hatte, in welchem sein Saxophon sehr über- zwischen dissonanter freier Assoziation und munterer zeugend die Gefühle bei einem Looping im Sportfl ugzeug Chilbimusik – für ihn waren beides Aspekte der gleichen nachspielte (in dem Hörspiel ermordete ein hintergangener Grundstimmung. Ja, Lol Coxhill war eine lustige, listige Ehemann seinen Nebenbuhler, indem er ihn mit halsbreche- und lustvolle Naturgewalt. rischen Flugmanövern in den fatalen Herzinfarkt trieb...). Hanspeter Künzler nils koppruch mischa scherrer DER HIMMEL & DIE SEE vermehrt anverwandten Genres wie Chanson, Walzer, Six- phausen die neue Band Als Frontmann der Band Fink hat sich ties-Stomp und Schmuddel-Jazz zu. Hier dominierte inmit- Kid Kopphausen, deren ten klassischer Americana-Instrumentierung einmal mehr Debüt-Album Ende August Nils Koppruch einen Namen gemacht, der Erzähler Koppruch, dessen Liedern statt Prärie und Sa- erschien. Wenige Wochen lon eher der salzige Geschmack von schwerer See und Hei- später machte sich Nils mit dem neuen Projekt Kid Kopphausen mathafen anhaftete. Bewegender, unprätentiöser Hand- und Koppruch kurz vor seinem Herzwerker-Pop, sozusagen, angefüllt mit herben Innerlich- 47. Geburtstag auf den See- wollte er noch einmal durchstarten. keitsberichten, kryptischen Logbuch-Einträgen, liebestrun- weg Richtung Himmel, wo kener Wurzel-Lyrik und weithin gültigen, von stiller Weis- er mittlerweile bei Hank, Doch dann kam alles anders. heit geprägten Worten, denen man auch heutzutage noch Johnny, Waylon und Buck spätnachts in der dunklen Kajüte lauscht. eingetroffen sein sollte. Es könnte Parkett sein. Es müsste eigentlich Marmor sein. Um die Jahrhundertwende herum waren wir für einen ganz Hier unten lebt sein von Es ist jedoch bloss Novilon, der auf dem Küchenboden unter kurzen Moment sogar Labelkollegen, der Nils und ich. Da- hanseatischer Freundlich- meinen Füssen leise ripscht. Die Nacht steht bereits ziemlich von zeugt die natürlich längst ins Obskuritätenfach abge- keit geprägter Mythos tief ums Haus, doch Trauer, Wut und Verblüffung mischeln wanderte Kompilation «Land of the Kantrie Giants», die weiter. In all den noch so sich unvermindert durcheinander. Gedanken und Gefüh- im Herbst 2000 von XXS Records herausgegeben wurde. kleinen Zimmern, wo sei- le lassen sich in der allgemeinen Verwirrung nur äusserst Doch während meinereiner den Rückzug in die Bedeu- ne Bilder hängen, und in schwer sortieren, denn sie kreisen um einen, der eben noch tungslosigkeit antrat, werkelten Fink fl eissig weiter und Plattensammlungen, de- da war. Doch am 10. Oktober wurde der Hamburger Lie- veröffentlichten bis zur Bandaufl ösung Mitte der Nuller- ren Ehrenplätze mit seinen dermacher, Gitarrist, Sänger und Maler Nils Koppruch tot in jahre insgesamt sechs reguläre Alben. Ein ziemlich beein- Werken besetzt sind. Und seiner Wohnung aufgefunden. «Friedlich eingeschlafen», wie druckendes Gesamtwerk; umfangreich, aber letztlich auch natürlich in Texten wie je- seine Plattenfi rma kurz darauf in einem Communiqué notier- von einer gewissen Tragik behaftet, von der Stagnation im nem zum Stück «Eckenste- te. Er hinterlässt eine Frau, einen vierjährigen Sohn und eine subkulturellen Raum, vom Verharren in der Horizontalen – her», der einem durch die Leere, die sich nur sehr schwer – wenn überhaupt – wieder Tourneen gestalteten sich als Reisen durch die ewig gleichen Herzkammer rauscht, wäh- füllen lässt. Landschaften, Milieus und Sphären. Man hielt sich tapfer rend der Novilon unter den in der eigenen Gewichtsklasse, doch der Blick nach weiter Füssen weiter ripscht: «Und EIN LAKONISCHER LEUTEBEOBACHTER oben mündete in Resignation – die wollen uns nicht, wir ich denk an all die Ecken, mögen sie nicht. wenns zu Ende geht / An Auf Koppruch und dessen damalige Band Fink wurde ich all die Ecken, wo ich schon in den späten Neunzigerjahren aufmerksam. Das Album SOUNDTRACK DER ERSCHÜTTERTEN mal stand / Und ich denk an «Loch in der Welt» lief eine zeitlang pausenlos, und dieser alle Strassen, die ich runter- lakonische Leutebeobachter, der da aus den Rillen sang, traf Der gelernte Koch und spätere Studienabbrecher Koppruch ging / Und an all die Ecken, einen Nerv in mir. Bloss: War das tatsächlich «Country mit begab sich in der Folge auf Solopfade. Unter dem Kürzel die ich dann noch fand.» Es deutschen Texten», wie die Fachpresse es damals etikettier- SAM. betätigte er sich als Art-Brut-Maler, und nebenher ist und bleibt der Sound- te? War es natürlich nicht, wie die Band später in Interviews veröffentlichte er unter eigenem Namen die beiden Alben track der Erschütterten, die betonte. «Klar, wir tragen auch gerne hübsche Hemden und «Den Teufel tun» (2007) und «Caruso» (2010). Er tourte abends nicht gerne alleine verwenden typische Instrumente, aber wir leben nicht in unermüdlich durch die Lande, gründete eine Kleinfamilie trinken. Tennessee», erklärte Koppruch. Und so wandten sich Fink und gemeinsam mit dem befreundeten Gisbert zu Kny- Philippe Amrein TODESJAHR 2012 Johnny Otis (1921 – 2012) etta james Der Pate des Rhythm and Blues

Der «Godfather of Rhythm and Blues» vermittelte als Bandleader, Produzent, Komponist, Nachtclub-Besitzer, Radio- und TV-Moderator und Labelgründer (Dig Re- cords) einem überwiegend weissen Publikum, was Black Music ist. Ende Januar 2012 starb Johnny Otis im Alter von 90 Jahren in Los Angeles. Der Sohn griechischer Im- migranten wuchs in einer Schwarzen Nachbarschaft in Ber- keley, Kalifornien, auf und wurde ein Teil davon. Die ad- optierte Kultur prägte auch seinen Musikgeschmack. Der 18-Jährige begann seine Musikerkarriere als Schlagzeuger für den Barrelhouse-Pianisten Count Otis Matthews. 1943 zog Johnny nach Los Angeles, wo er zu den Wegbereitern mit dem Album «The Dreamer» ihren Abschluss fand. der Rhythm-and-Blues-Explosion der Nachkriegsjahre Dazwischen nahm Etta unvergängliche Klasiker auf: die avancierte. Mit seiner eigenen Band landete er den ersten herzergreifende Bluesballade «I’d Rather Go Blind», der Hit: «Harlem Nocturne». 1950 landeten nicht weniger lustvolle Soul von «Tell Mama», die bezaubernde, ausge- als zehn seiner Songs in den R&B-Charts des Fachblattes reifte Ballade «At Last» plus «Something’s Got A «Billboard». Sein früher Rock’n’Roll-Klassiker «Willie and Me» und viele andere. In den Siebzigern leuchtete ihr Stern nicht mehr so hell, doch spätere Alben wie «Seven Year johnny otis Itch» (1989) enthielten immer noch genügend zündende Vokalkunst, um sie zu empfehlen. Energiegeladen, kämpferisch, berührend, verletzlich, tri- umphierend, so lässt sich die Stimmgewalt von Etta James beschreiben. Während ihrer wechselhaften Karriere über- wand die wohl einfl ussreichste Soul-, R&B-, Jazz- und Bluesstilistin ihrer Zeit diverse Dämonen und Hindernisse (Heroinsucht, Hepatitis C). Ihre Intonation und Phrasie- rung prägte Sängerinnen von Janis Joplin bis Beyoncé. Ettas Stimme zeugte vom harten Leben, versprach jedoch immer Überschwang und Hoffnung. Gegen Ende ihrer Karriere wurde die schwergewichtige Künstlerin, die an Leukämie und Alzheimer erkrankte, mit sechs Grammys ausgezeich- net. Sie starb am 20. Januar an einer Lungenentzündung. Tony Lauber the Hand Jive» verkaufte mehr als 1,5 Millionen Kopien und wurde 1974 von gecovert. Später schrieb Otis die Ballade «Every Beat of My Heart», 1961 ein Hit Luis Alberto Spinetta (1950 – 2012) für Gladys Knight & the Pips. Herausragend war Johnny Otis’ Fähigkeit, junge Talen- Der Gott von Buenos Aires te zu entdecken und zu fördern: Ob Etta James, Hank Ballard, Big Mama Thornton, (Little) Esther Philipps oder Traurige Zeiten für die argentinische Szene. Gustavo Ce- The Robins (die späteren Coasters), sie alle starteten ihre rati, rockmusikalische Leitfi gur für ganz Lateinamerika, Gesangskarriere bei Johnny Otis. Nach 1970 widmete sich luis alberto spinetta bitte umblättern der Multiinstrumentalist der Malerei und eröffnete einen Bioladen, doch immer wieder kehrte der Bandleader auf die Bühne zurück – mit seinen Söhnen Shuggie und Nicky.

Tony Lauber

Etta James (1938 – 2012) Über sämtliche Hindernisse hinweg

Ein behütetes Zuhause hatte sie nicht. Ihre Mutter war bei ihrer Geburt erst 14, den Vater lernte sie nie kennen. Etta James wuchs bei ihren Grosseltern und bei Pfl egefamilien in Kalifornien auf. Früh lernte sie, sich selbst durchzu- schlagen. Schon im Alter von 13 Jahren sang sie an Stras- senecken oder mit dem Mädchen-Trio The Creolettes, in kleinen Clubs. Dort entdeckte sie 1952 der Bandleader Johnny Otis, der sie unter seine Fittiche nahm und den R&B-Hit «Roll With Me Henry» (1955), die Antwort auf Hank Ballards «Work With Me Annie», aufnehmen liess. Damit begann eine 57-jährige Bühnenkarriere, die 2011 Dylan werden. Stattdessen schmiss er sein Studium hin, um TODESJAHR 2012 sich MC5 anzuschliessen. Anfangs bestand deren Reper- toire aus Songs der Rolling Stones, der Who oder Kinks. liegt, nach einem Hirnschlag, seit zweieinhalb Jahren im Das änderte sich 1967, als der DJ und Jazzkritiker John Koma. Und nun stirbt auch noch sein musikalischer Zieh- Sinclair ihr Manager wurde. Er ermutigte die Band, mehr vater, der Altmeister Luis Alberto Spinetta, vergangenen improvisierte Elemente in ihre Musik einzubauen, radika- Februar, an Lungenkrebs. 62 Jahre alt ist er geworden. «El ler zu werden. Sinclairs Verbindung zu radikalen politi- Flaco» nannte man ihn, quasi «den Schmächtigen». Eine schen Gruppen wie der White Panthers Party prägte fortan besondere Erscheinung war er eben schon, Lockenkopf, das Image der MC5. 1968 nahm Elektra die Band unter Marmorgesicht, Engelsblick. Und so klang er denn auch: Vertrag und veröffentlichte als Debütalbum den Livemit- hochstimmig und samten sein Gesang, begleitet von einer schnitt «Kick Out the Jams». Studioalben wie «Back in fi ligranen, ätherischen Gitarre. Kein Wunder prangte einst the USA» (1970) und das experimentellere «High Time» von den Mauern in Buenos Aires der Spruch «Spinetta es (1971) konnten die ungezügelte Energie ihrer Liveauftritte Dios». nicht einfangen. Im Frühjahr 1972 wurde Davis während Winwoodlike, also blutjung, hatte Luis Alberto Spinetta einer Englandtour gefeuert. Mit Ron Asheton (The Stoo- 1968 mit dem Quartett Almendra debütiert. Seine Ballade ges) gründete der Bassist die Band Destroy All Monsters. «Muchacha (ojos de papel)» (Mädchen mit den Papier- Während der Neunzigerjahre spielte er in Arizona mit Rich augen), eine Mischung aus Psychedelik und andinischem Hopkins & The Luminarios. Folk, läutete den argentinischen Popfrühling ein und ge- Unterdessen war Michael Davis wieder zu seiner ersten dieh dann zu einem lateinamerikanischen Evergreen. In Liebe, der Malerei, zurückgekehrt und überdies auch als diversen Folgebands (Pescado Rabioso, Invisible, Spinetta Musikproduzent tätig (Lords of Altamont, Dollhouse, To- Jade) und als gelegentlicher Solist entwickelte der virtuose kyo Sex Destruction). Von 2004 bis 2008 tat er sich mit Musiker einen hochkomplexen schrägharmonischen Stil, den überlebenden MC5-Bandkollegen Wayne Kramer und der sich aus allen möglichen Spielarten nährte – Rock, Jazz, Dennis Thompson unter dem Namen DKT-MC5 für meh- Folk, Blues, Klassik, Tango. Seine Rolle als Pionier bestä- rere Reunion-Shows zusammen. tigte Spinetta 1973 mit dem Soloalbum «Artaud», das ins- Tony Lauber piriert war von der Lektüre des französischen Surrealisten Antonin Artaud. Surrealismus wurde sodann zu einem wiederkehrenden Jim Marshall (1923 – 2012) Stilmittel bei Spinetta sowie auch bei seinen Kollegen und Schülern (wie etwa bei Gustavo Ceratis Starband Soda Ste- Lauter ist besser reo). Surrealismus als Ausdruck von Pampas und Tango – und von den unaussprechlichen Gräueln der Militärdik- Seine Jugend war der blanke Horror: Statt die Schule zu tatur der Endsiebzigerjahre. «Ich werde mit dem Garten besuchen, steckte der an Knochentuberkulose leidende Jim reden, und mit dem der gegangen ist, alle möchten meinen Marshall meistens im Spital in einem Gipsverband. Mit Berg, alle möchten meinen Berg», sang Spinetta auf seinem 14 nahm sein Leben dann allerdings eine glückliche Wen- 91er-Album «Pelusón of Milk». Ein Werk, das den klangli- chen Exotismus mit dem einfachen Popsong versöhnte und jim marshall dem Liedermacher den späten Hit «Seguir viviendo sin tu amor» bescherte. Und dann wurde der Meister nochmals hart und schmutzig: Seine allerletzte Band, 1996 im Nach- klang der Grunge-Bewegung gegründet, nannte er Socios del Desierto, die Wüstenkerle. Rund 40 Alben hat Spinetta hinterlassen – die meisten davon sind wahre Trouvaillen. Göttliche Perlen sozusagen. Benedetto Vigne

Michael Davis (1943 – 2012) Der verhinderte Folkie

Michael Davis, der Bassist der legendären US-Rockband de: Dank eines ausgeprägten musikalischen Talents avan- MC5, wurde 68 Jahre alt. Am 17. Februar 2012 starb cierte er erst zum Sänger, danach zum Schlagzeuger einer er an Leberversagen im kalifornischen Chico. Bevor Da- Big-Band. Daneben gab er Schlagzeugstunden. Zu seinen vis mit den Gitarristen Wayne Kramer und Fred «Sonic» Schülern zählten Mitch Mitchell (Jimi Hendrix Experience) Smith, Sänger Rob Tyner sowie Drummer Dennis Thomp- und Micky Waller (Jeff Group). 1960 eröffnete Mar- son energiegeladenen Hardrock-Sound aus der Taufe hob, shall seinen eigenen Schlagzeugladen.Es war Pete Town- wollte der 20-jährige Kunststudent ein Folkie wie Bob shend, Gitarrist bei , der den Westlondoner dazu drängte, Gitarren und Verstärker zu verkaufen. Schliesslich michael davis entwickelte Marshall in seiner Garage Röhrenverstärker, deren Vorbild der «Bassman»-Verstärker des US-Gitarren- herstellers Fender war. Im September 1962 baute er den ersten eigentlichen Marshall (JTM45), dessen 45 Watt viel Power und aggressive Lautstärke brachte. Fortan stöp- selten Grössen wie Ritchie Blackmore, Eric Clapton und Jimi Hendrix ihre Gitarren in die sogenannten «Marshall- Stacks» ein – riesige Lautsprecher mit darauf thronendem 100-Watt-Verstärker. Bis heute prägen Marshall-Amps die Backline von Rockacts. Besonders für Metalbands wurden Wände von Marshall-Türmen (und seien es auch bloss At- trappen) zum Statussymbol. Für seine Verdienste wurde der Londoner im Jahr 2004 mit dem OBE (Order of the British Empire) ausgezeichnet. Wie Leo Fender, Les Paul und Pickup-Erfi nder Seth Lover steuerte auch Jim Marshall rienk jiskoot bahnbrechende Innovationen zur Entwicklung der Rock- musik bei. Laufend modifi zierte und erweiterte er seine Produkte. Doch am 5. April ist der «Father of the loud» esther michel nach mehrmonatiger verstorben. Tony Lauber

Levon Helm (1940 – 2012) Die letzte von den drei Stimmen

Sie sangen über schlechte Ernten, undankbare Kinder und Whisky und erinnerten so daran, dass es auch in der Rock- musik noch ein anderes Amerika gab als das der Hippies. 1968 erschien «Music From Big Pink», das Debüt von The Band, sozusagen die Gründungsakte der Musik, die man The Happysad, dem Telecaster-Gitarrero Heinz Rohrer heute Americana nennt. Ironisch daran ist, dass die Grup- und dem Schlagzeuger Aad Hollander, bildete Bassist Ri- pe, die zuvor den Rock’n’Roll-Sänger Ronnie Hawkins und enk auch das Trio from Hell, das jeden Sonntagabend im Zürcher Helsinki aufspielte. levon helm Zuweilen gastierte die Hausband auch zu Auswärtsspielen in Bern, etwa im Café Kairo. Dort musste das Trio das klas- sische YB-Fanständchen «Häbet nech am Bänkli» in seine Sitz-Sets einbauen. Instrumentale Sets, die Hits und Obsku- ritäten aus Rockabilly, Country und Polka unnachahmlich interpretierten, trunkene Sets, die zum Tanz lockten, zum Strahlen – und zum perlentauchenden Nachforschen in den Jagdgründen der Musikgeschichte verleiteten. Und in die- sen Gefi lden kannte sich kaum einer besser aus als Rienk, der Weitgereiste mit dem grossen Herz, der dem Nachgebo- renen immer wieder einige exzellente Raritäten vermittelte. Doch am Herz der Sonntagnacht nagte eine unheilbare Krankheit: Das 384. Sonntagsspiel am 8. April 2012 war das letzte des Trios und das letzte Spiel von Rienk über- haupt: «Ein heldenhafter Abend wars», schrieb er auf der dann den Folkstar begleitet hatte, aus Kanada Helsinki-Seite, «für Band, HelsinkianerInnen und Publi- kam. Zu vier Fünfteln wenigstens. Levon Helm stamm- kum, es war schön mit euch.» Es war schön mit Dir, lieber te aus Arkansas und sorgte am Schlagzeug dafür, dass in und unvergessener JimBob. der Band der Puls der US-Südstaaten pochte. Die Gruppe Benedikt Sartorius spielte mit «The Band» (1969) und «Northern Lights/Sou- thern Cross» (1975) zwei weitere Meisterwerke ein, bevor sie sich 1976 mit dem rauschenden Konzert aufl öste, das Donald «Duck» Dunn (1941 – 2012) Martin Scorsese als «The Last Waltz» fi lmte. Levon Helm hatte schon als Kind am Radio all die grossen Der Mann am Bass und weniger grossen Rhythm-’n’-Blues- und Rock-’n’-Roll- Nummern gehört, die er bis kurz vor seinem Tod auch an Bassist Donald «Duck» Dunn, der mit Booker T. & the seinen Konzerten und auf seinen letzten Soloplatten wie- MG’s die federnden Bassläufe zu unzähligen Stax- und Volt- der aufführte. Eigene Songs hat er kaum geschrieben, auch Soulhits der Sechzigerjahre beisteuerte, wurde später zum nicht für The Band. Dort spielte er Schlagzeug, Gitarre und gefragten Sessionmusiker für , Bob Dylan und Mandoline, und er war die kernigste der drei Stimmen in andere. Am 13. Mai 2012 starb er in Tokio, während einer jenen Satzgesängen, die den Sound der Gruppe ausmach- Japan-Tournee mit MG’s-Gitarrist Steve Cropper. Wäh- ten - wurzelnd in Gospel und Doowop, aber individuell rend Cropper und Organist Booker T. Jones für die Melo- ausgeprägt in den Solostimmen von Richard Manuel, Rick donald «duck» dunn bitte umblättern Danko und eben Levon Helm, die nun alle tot sind. Helm ist am 26. Mai mit 71 Jahren an Kehlkopfkrebs gestorben.

Christoph Fellmann

Rienk Jiskoot (1962 – 2012) Das Herz der Sonntagnacht

Es war vor über sechs Jahren: Man stöpselte sich langsam ein in die weltweite Welt des WWW, dockte hie und da an, und blieb nur auf einigen Seiten für immer hängen. Eine von diesen war der Fussball-Universalblog «Zum Runden Leder» – und einer der Gründe dafür, dass man als Leser damals geblieben ist, waren die goldenen Kommentare von einem Herrn namens JimBobIII. Lange blieb JimBobIII nicht hinter seinem Pseudonym versteckt, denn es stellte sich heraus, dass die Mission von Rienk Jiskoot – so der bürgerliche Name des amerikano- philen Ajax-Fans und Ur-Punks – das «Polkaisieren» des Landes ist: Gemeinsam mit seinen Gefährten aus der Band klassisches Klavierspiel gelernt. Früh schon zeigte er sich TODESJAHR 2012 von der Musik von Johann Sebastian Bach beeindruckt, was sich in seinen eigenen Werken immer wieder manifes- dien zuständig waren, sorgten Dunn und MG’s-Drummer tieren sollte. Bald kamen die Einfl üsse des Jazz-Organisten Al Jackson Jr. für den soliden Drive und die Dynamik, Jimmy Smith und des Rock‘n‘Roll-Pianisten Jerry Lee Le- welche Soulklassiker von («I Can’t Turn You wis hinzu. Daraus entwickelte er an der Hammond-Orgel Loose»), Wilson Pickett («In The Midnight Hour»), Sam einen fulminanten eigenen Stil, der den unverkennbaren & Dave («Soul Man»,«H old On I’m Coming») und viele Sound von Deep Purple stark prägte. andere so unwiderstehlich machte. Jon Lord blieb diesem energiegeladenen Hardrock auch Der in Memphis geborene Dunn stiess 1961 zu den Mar- bei der Gruppe Whitesnake und der Neuaufl age von Deep Keys, einer von Steve Cropper formierten Studioband. Mit Purple ab 1984 treu. Bei seinen Live-Auftritten zeigten sich den MG’s spielte er auf Instrumental-Hits wie «Time Is in seinem äusserst lebendigen, zu improvisatorischen Ein- Tight», «Hip Hug-Her» oder «Soul Limbo», tourte mit lagen neigenden Spiel zunehmend sein alter Jazz-Einfl uss der Stax-Revue rund um die Welt, begleitete Otis Red- und die Blues-Wurzeln des Hardrock. 2002 stieg Jon Lord ding beim Monterey Festival 1967. Nachdem Stax bank- bei Deep Purple aus und widmete sich fortan vor allem der rott ging, arbeitete Dunn mit Künstlern wie Elvis Presley, klassischen Musik. Im letzten Herbst musste er die Urauf- Jerry Lee Lewis, Muddy Waters, Freddie und Albert King führung eines Auftragswerks mit dem Luzerner Sinfonieor- («Born Under a Bad Sign»), Eric Clapton, Levon Helm, chester im KKL Luzern wegen der Erkrankung an Bauch- Stevie Nicks oder Rod Stewart, er war auch Mitglied der speicheldrüsenkrebs absagen. Jon Lord ist am 16. Juli im gleichnamigen, durch den «Blues Brothers»-Kinofi lm von Alter von 71 Jahren gestorben. 1980 bekannten Band, die John Belushi und Dan Aykroyd Markus Ganz seit 1977 in der TV-Show «» beglei- tete. Von 1988 bis 2001 traten Cropper, Dunn und Matt «Guitar» Murphy weiterhin mit wechselnden Sängern (Ay- Scott McKenzie (1939 – 2012) kroyd, John Goodman, Larry Thurston, Eddie Floyd) als The Blues Brothers Band auf. Ein Leben als Eintagsfl iege Tony Lauber Kein anderer Song artikulierte die idyllische Vision des «Summer of Love» so treffend wie Scott McKenzies «San Jon Lord (1941 – 2012) Ein Brückenbauer scott mckenzie

Bis am 24. September 1969 galten Rockband und klas- sisches Orchester als unvereinbare Klangkörper. Dann präsentierte Jon Lord in der mit seiner Gruppe Deep Purple und dem Royal Philharmonic Orches- tra das grösstenteils von ihm stammende «Concerto For Group And Orchestra» und bewies, dass sich zwischen den beiden Genres zumindest eine Brücke bauen liess. Das eher epigonale Werk wurde in erster Linie als Statement ver- standen, dass Rock eine ernstzunehmende Kunstform sei. Entsprechend bewirkte es vor allem in diesem Genre etwas und befl ügelte den Progressive Rock. Gleichzeitig heizte es die Gegenbewegung zu dieser ambitionierten Annäherung an die klassische Musik erst an. Ab Mitte der Siebziger- Francisco (Be Sure To Wear Some Flowers In Your Hair» jahre setzte sich der simple Punkrock durch und fegte die vom August 1967. Der Song aus der Feder von John Phil- kunstbefl issenen Rockmusiker aus den Hitparaden. Deep lips avancierte weltweit zum Hit, jenseits des Eisernen Purple löste sich 1976 auf, wenn auch vor allem wegen Vorhangs gar zur Friedenshymne. Auf jeden Fall bleibt der interner Querelen. Song Sinnbild für unerfüllte Träume und Beispiel für eine Der am 9. Juni 1941 im englischen Leicester geborene Jo- klassische Eintagsfl iege. Der als Philip Wallach Blondheim nathan Douglas Lord hatte ab dem Alter von fünf Jahren jon lord geborene und in North Carolina aufgewachsene McKenzie machte seine ersten musikalischen Schritte mit den Doo- Woppern The Smoothies und dem Folk-Trio The Journey- man, beides Bands, welche er zusammen mit John Phillips gegründet hatte. Der Sänger schlug das Angebot aus, in Phillips’ nächster Band The Mamas And The Papas mit- zuwirken. Doch 1967 schrieb ihm sein Freund den ersten und einzigen Hit. Angeblich vom Monterey Festival inspi- riert, fi ng «San Francisco» den Zeitgeist (Blumen statt Ge- wehre) perfekt ein. McKenzies Ruhm währte nicht lange, sein letztes Album war «Stained Glass Morning» (1970). 1986 wirkte der Sänger bei den reformierten Mamas And The Papas mit und – was kaum bekannt ist – war (neben John Phillips, Terry Melcher und Mike Love) Co-Autor des Beach-Boys-Nr.-1-Hits «Kokomo» von 1988. Jedesmal, wenn er seinen bekanntesten Song live sang, widmete er ihn den Vietnam-Veteranen. Seit 2010 litt Scott McKenzies am Guillan-Barré-Syndrom, einer seltenen Erkrankung des Nervensystems, der er am 18. August in Los Angeles erlag.

Tony Lauber Jecklin-CD-Abteilung (1958 – 2012) Kein Anschluss unter dieser Nummer

Der momentane Rummel in der Innenstadt beschert auch der CD-Abteilung im Musikhaus Hug am Limmatquai sehn- lichst erwartete Umsätze in einem weiter rückläufi gen Ge- schäft. Den jüngsten Paukenschlag erlebten Musikfans dies- bezüglich Ende September: An der Rämistrasse 42 schloss der letzte CD- und Schallplattenladen des Musikhauses Jeck- lin. Dort, wo alles begonnen hatte, herrscht seither Leere. 1958 war ein Aufbruchsjahr für die dritte Jecklin-Genera- tion. Peter und Hans Jecklin, die zwei Jahre zuvor die Ge- schäftsleitung übernommen hatten, eröffneten im Neubau an der Rämistrasse die grosszügigen Räumlichkeiten für Schallplatten, und TV/Radio- und Hifi -Geräte. Es war ein weiterer Baustein des erfolgreichen Familiebetriebs, der von Peter Jecklin 1895 als Musikalienhandel gegründet worden war. In den folgenden Jahren war die Firma mit einer Jecklin-Edi- tion sogar an EMI Records Switzerland beteiligt. Es folgten weitere Filialen in Chur, Luzern und – relativ spät – 1994 in Bern. Ein Jahr später, zum 100-Jahr-Jubiläum, zogen sich terry callier Terry Callier (1945 – 2012) Hans und Peter Jecklin aus der operativen Geschäftsleitung zurück. Im Jahr 2000 wurde das Musikhaus Jecklin an Talk- Expressive Präzision music verkauft, eine inzwischen erloschene Firma, die Musik im Internet anbieten wollte und für die Jecklin eine attraktive Es ändern sich die Zeiten, und ihre Trends gehen zuweilen Braut war. Die Strategie der welschen Firma, besser bekannt unbarmherzig über gestandene Musiker hinweg. Und doch unter dem Namen Fréquence Laser, scheiterte jedoch, und so sind es manchmal wiederum gerade die Vorlieben eitler Mo- wurden nur drei Jahre später alle Jecklin-Filialen vom Kon- den, die vergessene Künstler in Erinnerung rufen. Wer wusste kurrenten Musik Hug übernommen. Aus den beiden altein- noch von Terry Callier, als dessen warme Stimme Anfang der gesessenen Zürcher Firmen entstand das grösste Musikhaus Neunzigerjahre plötzlich in Mixturen britischer Dance- und der Schweiz mit einem Umsatz von damals rund 100 Millio- Acid-Jazz-DJ zu vernehmen war? Der Produzent und Trend- nen Franken und 440 Mitarbeitern. Mit der folgenden Ton- setter Eddie Pillar brachte damals Calliers wenig bekannten trägerkrise setzte aber bald der Schliessungsreigen der Filialen Song «I Don‘t Want To See Myself (Without You)» neu her- und ein rapider Abbau ein: Zuerst gab die Gruppe die Jeck- aus – und verhalf dem Sänger so zu einem weltweiten Come- lin-Niederlassungen in Chur und St. Gallen auf, 2004 kam back. Keiner staunte mehr über den späten Erfolg als Terry das Aus für Musik Hug an der Zürcher Bahnhofstrasse beim Callier selbst. Globus und die Filiale an der Marktgasse in Winterthur. Es Geboren 1945 in Chicago, spielte Terry Callier früh schon folgten Baden und 2010 schliesslich die Sihlporte und Bern. Klavier und Gitarre, und bald übte er seine Stimme in ver- Und jetzt also die letzte Filiale an der Rämistrasse. Noch vor schiedenen Doo-Wop-Formationen. Ein Jugendfreund Cur- zwei Jahren versprach Marketingchef Marcus Forlin gegen- tis Mayfi elds, prägte er seine Lieder, die zumeist der Liebe über Loop, «mit dem Rückzug auf das Stammhaus die Mar- gewidmet waren, mitunter aber auch soziale Anliegen trans- ke Jecklin als Fachgeschäft wieder aufzuwerten». Daraus portieren konnten, wie Chicagos wegweisender Soul-Star wurde nichts – es folgte vielmehr ein geordneter Rückzug in durch expressive Kraft. 1962 produzierte der Chess-Records- Ehren. Immerhin konnte die gesamte Belegschaft im Herbst Arrangeur Charles Stepney Calliers Debüt-Single «Look at ins Stammhaus am Limmatquai umziehen, während das In- Me Now». 1964 nahm er zusammen für das Label Prestige strumenten-Stammhaus beim Pfauen weiter bestehen bleibt. ein erstes Studioalbum auf. Weil aber die Master-Tapes ver- Trotz CD- und Tonträgersterben hat es Zürich im Vergleich loren gingen, konnte «The New Folk Sound of Terry Callier» etwa zu Bern verhältnismässig gut. Dort gibt es in der In- dann erst 1968 erscheinen. Bis 1979 erschienen fünf weitere nenstadt bei Thalia und Stauffacher noch knapp ein Regal Platten – die ersten drei anerkennt die Kritik unterdessen als mit Bernerrock-Tonträgern. In Zürich hingegen hat etwa das klassische Soul-Alben; die späteren erreichten dank Disco- CD-Studio nahe dem Paradeplatz kürzlich sogar investiert Einschlag den Durchbruch in die hinteren Ränge der Pop- und umgebaut. Dennoch hat die Branche immer noch kein Charts. Als Live-Musiker war Callier eine feste Grösse in Rezept gefunden gegen den dramatischen Schwund und die Chicago, zuweilen konzertierte er auch im Ausland (Ende der Unlust der Konsumenten, Tonträger zu kaufen. Oder wie es Siebzigerjahre am Montreux Jazz Festival). Weil er aber zu eine Ladenbesitzerin kürzlich ausdrückte: «Ich weiss nicht, wenig verdiente, um sich und eine Tochter durchzubringen, wohin die Kundschaft abwandert». nahm er später eine Stelle als Computerprogrammierer an Pete Mijnssen der University of Chicago an. Dank seinem Comeback konnte Callier zwanzig Jahre spä- jecklin-cd-abteilung ter nochmals neue Alben herausbringen, etwa «Time Peace» und «Life Time» (1999). Überdies war er nun regelmässig auf Tourneen in Europa. Bei seinen Konzerten glänzte er als cha- rismatischer Künstler und engagierter Vokalist. Seine Musik war eingefärbt durch Einfl üsse aus Acid Jazz und Latin Pop. Callier profi lierte sich vor allem aber als Singer/Songwriter, der die ganze afroamerikanische Tradition beherrschte. Über luftig-fl irrenden Klangteppichen setzte er seine warme Stim- me stilsicher und pointiert ein. Seine Ausdruckskraft reichte dabei von gelassenem Folk über jazzigen Scat bis zu zorni- gem Rock und ekstatischem Falsett. Nun ist diese Stimme verstummt. Laut Medienberichten ist Terry Callier am 28. Oktober im Alter von 67 Jahren gestorben. Ueli Bernays Musik im Briefkasten Gönn Dir ein Abo. Für 33 Franken schicken wir Dir zehn LOOP-Ausgaben direkt ins Haus (in der Schweiz). Abotalon auf Seite zwei oder unter www.loopzeitung.ch TOP TEN Sam Mumenthaler Quantic & Alice Russell: Look Around the Corner Die Plattenschränke sind aufge- Garland Jeffreys: The King of in Between Garland Jeffreys: The King of in Between Sharon Van Etten: Tramp Meshell Ndegeocello: Pour une âme souveraine räumt – und die Loop-Autoren Roy & the Devil’s Motorcycle: Tell it to the People – A Dedication to Nina Simone Dr. John: Locked Down David Hidalgo, Malo Nanji, Luther Dickinson: 3 haben ihre Favoriten des Jahres Jack White: Blunderbuss Skulls and the Truth The Staves: The Dead & Born & Grown fein säuberlich aufgelistet. Nick Waterhouse: Time’s All Gone Pascal Cames Julian Sartorius: Beat Diary Air: Le voyage dans la lune Matthias Krobath Mama Rosin: Bye Bye Bayou Alex Highton: Woodditton Wives Club Dr. John: Locked Down Chuck Prophet: Temple Beautiful Andrew Bird: Break it Yourself Blu & Exile: Give Me My Flowers While I Can Still Sophie Hunger: The Danger of Light Smell Them Michael Gasser : Little Broken Hearts Norah Jones: Little Broken Hearts First Aid Kit: The Lion’s Roar Lianne La Havas: Is Your Love Big Enough? Quakers: Quakers Jack White: Blunderbuss Jens Lekman: I Know What Love Isn’t Santigold: Master of My Make-Believe Spain: The Soul of Spain Frank Ocean: Channel Orange Nas: Life Is Good Land Covered with Briar: Briar Sinkane: Mars Cody Chesnutt: Landing on a Hundred Plan B: Ill Manors Trembling Bells: The Marble Downs DJ Vadim: Don’t Be Scared Beth Orton: Sugaring Season Homeboy Sandman: First of a Living Breed Donald Fagen: Sunken Condos Benedikt Sartorius Sophie Hunger: The Danger of Light Angel Snow: Angel Snow Animal Collective: Centipede HZ Beachwood Sparks: Tarnished Gold : Swing Lo Magellan Christian Pauli Sera Cahoone: Deer Creek Canyon Frank Ocean: Channel Orange David Byrne & St. Vincent: Love This Giant F.S.K.: Akt, eine Treppe hinabsteigend Death Grips: The Money Store Reto Aschwanden Lotus Plaza: Spooky Action at a Distance Dr. John: Locked Down Tindersticks: The Something Rain Laurel Halo: Quarantine Earth: Angels of Darkness, Demons of the Light II The bianca Story: Coming Home Spiritualized: Sweet Heart Sweet Light F.S.K.: Akt, eine Treppe hinabsteigend Fai Baba: Snake Snake Roy & the Devil’s Motorcycle: Tell it to the People Müslüm: Süpervitamin Soap & Skin: Narrow Ariel Pink: Mature Themes Roy & the Devil’s Motorcycle: Tell it to the People Mark Lanegan: Blues Funeral Graham Coxon: A+E Spiritualized: Sweet Heart Sweet Light Min King: Am Bluemeweg The Swans: The Seer Les Yeux Sans Visage: Tomorrow Is a Million Nino Kühnis Years Adolina: Caldeira Reverend Beat-Man Gemma Ray: Island Fire White Lung: Sorry Hank Haint: Blackout Pet Shop Boys: Elysium Cate Le Bon: Cyrk Jeff Pop: Billy the Monster Müslüm: Süpervitamin Ormonde: Machine Jessie Mae Hemphil: Same Death Grips: The Money Store The Happy Kids: Sheena’s with the Happy Kids Philipp Niederberger Metz: Metz Becky Lee and Drunkfoot: Hello Black Halo The Chrome Cranks: Ain’t No Lies in Blood Best Coast: The Only Place Stephan Eicher: Noise Boys True Sons of Thunder: Spoonful of Seedy Dudes Cat Power: Sun Belvue: Discography The Spits: Muede und einsahm Duara: On the Hill Fear of God: Fear of God 7” Genital Hospital: Genital Hospital Beach House: Bloom Die Antwoord: Tension Chralie Tweddle: The Midnite Plowboy Reverend Beat-Man: I’ll Take Care of You Hank Wood & the Hammerheads: Go Home Christoph Lenz Roy & the Devil’s Motorcycle: Tell it to the People Lower Dens: Nootropics Veit Stauffer The Legs: Aaaa the New Memphis Legs The Shins: Port of Morrow Fiona Daniel: Backyard Chimiks: Modern Storm Mark Lanegan: Blues Funeral Dr. John: Locked Down Bits of Shit: Cut Sleeves Grizzly Bear: Shields Earth: Angels of Darkness II Black Keys: El Camino Patrick Fitzgerald: Subliminal Alienation Philipp Anz Neil Young & Crazy Horse: Americana Gonzales: Solo Piano II Sharon Van Etten: Tramp Tame Impala: Lonerism Hauschka & Hagn: Silfra Django Django: Django Django Züri West: Göteborg Melingo: Corazon & Hueso The 2 Bears: Be Strong Min King: Bluemeweg Patti Smith: Banga Angel Olsen: Half Way Home Soap & Skin: Narrow Emily Wells: Mama Marcel Elsener Nadja Zela: Wrong Side of Town Allah-Las: Allah-Las Nightingales: No Love Lost Marissa Nadler: The Sister John Cooper Clarke: Evidently, Vol. 2 Thomas Bohnet Grimes: Visions F.S.K.: Akt, eine Treppe hinabsteigend Dexys: One Day I’m Going to Soar John Talabot: Fin Stahlberger: Innerorts Benjamin Biolay: Vengeanc Julia Holter: Ekstasis Thomaten und Beeren: Strahlen der Liebe Various Artists: Onda Tropica Lotus Plaza: Spooky Action at a Distance Wolke: Für Immer Tony Lauber Lightships: Electric Cables Lescop: Lescop Ry Cooder: Election Special The Sea and Cake: Runner Ernst Molden: A so a scheena dag David Byrne & St. Vincent: Love This Giant Julia Holter: Ekstasis Lana Del Rey: Born to Die Alejandro Escovedo: Big Station Ty Segall & White Fence: Hair La Grande Sophie: La Pace du Fantôme Joan Osborne: Bring it on Home Tu Fawning: Monument Ruthie Foster: Let it Burn Get Well Soon: The Scarlet Beast O’Seven Heads Sacri Cuori: Rosario Mehr Listen auf www.loopzeitung.ch DIE NEUEN PLATTEN Sound Surprise Alle schwarzen Musiker haben das Essen besungen; das Internet ist voll von regulären und inoffi ziellen Compila- tions mit Blues, Rhythm›n›Blues, Jazz, Soul, Funk, Rap … über Chitlins und Grits, über Gumbo und Pork Chops, über Chicken Wings und Chicken Legs. Soulfood ist in den meisten Fällen mehr als Speis und Trank, mehr als nur Nahrungsmittelaufnahme, sondern hält als Metapher Sinkane Temple of Fraktus für vieles her: Sinnlichkeit, Liebe, Sex, Lust, junge Frauen, Mars Speed Millenium Edition knackige Männer – aber auch für Familie, das Zuhause, (City Slang) Vol. 4 (Staatsakt) Heimat, für Identität und die eigene Kultur. (Bakara/Nation) Am Anfang dieser Faszination für das Essen stand aber Ahmed Abdullahi Gallab, Die Musikgeschichte ist auch das Überleben, die Bedeutung des Essens für die har- der als Kind in den Westen Es sind Momentaufnah- gesäumt von gescheiterten ter körperlicher Arbeit unterworfenen Sklaven. Ihnen wur- emigrierte, bekam von sei- men, kurze Blitzlichter auf Wegbereitern. Fraktus sind de zugeworfen, was ihre weissen Herren verschmähten, nem Vater den guten Rat, das Leben: Das Rapprojekt so ein Fall: Das Trio aus Schlachtabfälle und Innereien, Zunge, Gehirn und Hüh- härter zu arbeiten als an- Temple of Speed drückt be- Brunsbüttel erfand Anfang nerfl ügel, aber auch Schweinefüsse und Rippchen. Wohlge- dere, weil er schwarz, Af- reits zum vierten Mal seine der Achtzigerjahre den litten waren auch wilde Kleintiere, Eichhörnchen zum Bei- rikaner und Moslem ist. So launigen Zeilen auf einen Techno. Doch nachdem spiel, oder das, was sich aus dem Wasser fi schen liess, den hat er auch gemacht. Heute Silberling. Für alle, die mit bei einem Auftritt in Ham- berühmten Crawfi sh etwa. Das wiederum wurde kombi- spielt er live und im Studio dem Konzept noch unver- burg im November 1983 niert mit dem, was im Garten wuchs, Kartoffeln und Süss- für Caribou, Of Montreal traut sind und die Renais- ein Kurzschluss zu einem kartoffeln vor allem, aber auch Reis, Okra und Mais. Und und Yeasayer. Nach Gallabs sance des Strassenrap in Zü- Brand geführt hatte, war natürlich mit weissem Armeleute-Essen wie Krautsalat. Es Worten ist sein Mars «ein rich und der Restschweiz in Ende Feuer. Nun wird die musste nahrhaft sein. Aber auch schmecken – in die Töpfe einsamer, tropischer Ort, den letzten Monaten nicht Geschichte dieser Elektro- kam auch die trotz ihrer Schärfe (Pfefferschoten!) langsam ausgefüllt mit Hoffnung, miterlebt haben, hier noch- Pioniere endlich gebührend verblassende Erinnerung an die afrikanische Küche. Sehnsucht und Liebe» und mals eine kleine Rekapitu- erzählt. Im Dokumentar- Auch wenn der Schreibende lukullischen Genüssen alles steht auch für New York, lation: Ins Rollen gebracht fi lm «Fraktus Das letzte andere als abgeneigt ist und seiner französischen Herkunft wo er sich als «Fremder von Tinguely dä Chnächt, Kapitel der Musikgeschich- wegen auch ein grosser Liebhaber von Innereien (Gehirn! in einem fremden Land» Sterneis und Skor, fertigt der te» würdigen Westbam, Kutteln!) ist, mutet er sich nicht zu, ein kulinarischer Kriti- fühlt. Allerdings ohne zu stetig wachsende Verbund Blixa Bargeld oder auch ker zu sein oder gar eine Kulturgeschichte schwarzamerika- fremdeln, denn was er auch alle paar Monate innert Wo- Dieter Meier («Fraktus nischen Essens zu schreiben. Das übernehmen zum Glück anpackt – Disco, Funk, chenfrist eine CD an. Immer wäre heute eine so bekann- andere. Der deutsche Autor, Koch und DJ Sven Christ etwa. Brazil, Jazz-Rock – wird zehn namenlose Tracks, im- te Band wie Kraftwerk Christ hat auf seinen Reisen durch die USA sowohl Songs unter seinen Händen warm mer für zehn Franken. Mal oder Yello») den Einfl uss zum Thema Soulfood gesammelt als auch Kochrezepte und und heimisch und wirkt für Mal kommt ein neuer des Trios. Parallel erscheint Stories rund um diese Rezepte. Beides liegt nun vor – ein kein bisschen aus der Zeit MC dazu, bis zehn Volumes dieses Album, das einige schmuckes, zweckmässig gestaltetes (leider aber zu spar- gefallen – auch wenn das im Kasten sind. Eingela- Glanzlichter der phäno- sam illustriertes) Hardcover-Kochbuch und eine CD mit Album mit einem guten, den werden nur Schwerge- menalen Drei versammelt. zwanzig alle musikalischen Geschmacksnerven sättigenden aufstrebenden Groove à la wichte: Nach E.K.R. und Das herzensgute «All die Hymnen ans Essen und Kochen, ans Lieben und Streiten, Curtis Mayfi eld startet. Mit Baze heisst das Kernteam armen Menschen» steht von Bo Diddley («Soul Food») bis RZA («Grits«), von Falsettgesang, bubblearti- auf «Vol. 4» nun Kalmoo Seite an Seite mit «Affe André Williams («Peg Shoots») über Willie Bobo («Fried gen Gitarrenklängen und aus Basel willkommen. Die sucht Liebe», dessen Oh- Neck Bones») bis zum unverzichtbaren Dr. John («Pots on schnaufendem Schlagzeug Beats steuert jedes Mal der oh-ohehoh-Chor die Italo- Feyo»). hat «Runnin» das Zeug Zürcher Michael Kalt ali- Disco vorwegnahm. «Lady Sie alle tischen ihre Songs über das Essen (und was in diesen für einen Dancefl oor-Hit. as Sterneis bei. Diesmal Godiva» wiederum ist der Tellern alles noch so mitschwimmt, siehe oben) mit gros- Gallabs Mars-Landung stand seinen Abnehmern gemeinsame Geburtsort sem Selbstverständnis auf. Das ist der Beweis dafür, dass verleitet zum abdriften, ob der Kopf keineswegs nach von Ambient und Minimal, der Soulfood Teil ihres Selbstbewusstseins, ja ihrer Identi- nun auf die Tanzfl äche oder Adventsliedern: Es geht während der homoeroti- tät als schwarzer Amerikaner ist. Mittlerweile ist Soulfood ins Kopfkino. Die grösste diesmal grimmig und mit sche Existenzialismus von längst Teil der amerikanischen Kultur – eine echte Berei- Überraschung dieses acht- breiten Schultern geradeaus «Mann» («Ich will keine cherung dieser ansonsten von Hot Dogs und Hamburgern Song-Meisterwerks bringt – selbstbewusster Rap ohne Probleme / Ich will lieber dominierten Cuisine… das spanisch gesungene Schnörkel. Am Schönsten ist einen Mann») nichts an Dank «Soulfood. Food & Music, Fat & Yummy» können Finale «Caparundi», das die Scheibe trotzdem, wenn Eindringlichkeit verloren wir das alles nun auch zuhause probieren. Statt der Weih- nach klingt, al- die harten Kerle weich wer- hat. Ein grosser Dank an nachtsgans. Oder als schmackhafter Eintopf für Silvester. lerdings ohne Bryan Ferrys den und sich wie im «Track Studio Braun, dass sie diese Und dann bei vielen anderen Gelegenheiten; Rezepte hat es Sirup. Auch hier schwirrt 5» vom «Schubiduu » des Spinal Tap des Techno dem genug. Enjoy your meal! der süsse Vogel Jazzrock Samples zum Geschichten- Vergessen entrissen haben. in der Gestalt einer Flöte erzählen über Verantwor- Christian Gasser herein. David Bowie hatte tung und Freundschaft ver- ash. Recht, es gibt ein «life on leiten lassen. Mars». Es ist heiss, trocken und funky. räd.

cam. DIE NEUEN PLATTEN

Ane Trolle Metz Rebekah Grey Mole Paws Honest Wall Metz Delgado No News from Iowa Cokefl oat! (Artpeople) (Sub Pop/Irascible) Don’t Sleep (Grey Mole) (Fat Cat) (Four in the Morning TripHop ist ein längst ver- Was machen zwei Schlag- Records) Die Sängerinnen bei Grey Philip Taylor ist gelang- gessenes Genre. Ane Trolle zeuge, acht Verstärker, Gi- Mole sind zentral, aber weilt. Und trotzdem vol- sang einst im Duo Trolle/ tarren, Bässe, Mikrofone Was ist eigentlich Punk? Ist nicht fi x. Lonna Kelley, die ler Energie. Wie das eben Siebenhaar – ein elektroni- und Kabel an einem lauen es, sich anders zu benehmen der Band ihre Stimme fürs so ist, wenn man jung ist. sches Duo, das in gewissen Sommerabend in einem gut als andere denken? Ist der gleichnamige Debütalbum Und jung ist er, geboren Pop-Kreisen einige Erfolge besetzten senegalesischen gestreckte Mittelfi nger die (2008) lieh, ist wieder zu- 1990. Genauso wie seine feierte, aber nie einen gros- Restaurant? Antwort: bald Antwort? Rebekah Delga- rück in Phoenix, Arizona. Musik: Harmonisch gesät- sen Erfolg hatte. Danach die Ohren der essenden do hat sich das länger über- Zu sehr fehlte ihr in der tigte Strophen, gelegentli- lieh Ane Trolle dem Pro- Gäste blutig wummern. So legt. Als Frontfrau von Cic- Schweiz die Sonne, zu sehr che Ausbrüche im Refrain, duzenten Trentenmøller geschehen 2008 in Toron- cione und als Sängerin von vermisste sie die Wüste. geschrieben mit einem ta- ihre Stimme. Nun veröf- to. Während im hinteren, The Last Army, die auch in Womit die Gesangsfackel lentierten Händchen für fentlicht die 33-jährige Dä- nicht abgetrennten Teil des Spanien Erfolge feierten. an Sabrina Troxler über- grosse Melodien, gesun- nin ihr erstes Solo-Album. Restaurants munter frittier- Nun kommt ein Album, ging – auch sie kein fester gen mit verzerrter Stimme. Beim ersten Song mag man te Kochbananen und Reis- das mit queren Tasten ins Teil der Formation. Doch Der Sänger und Gitarrist schon mal reinfl iegen, weil gerichte mit Erdnusssauce Piano greift, die singende es sind ihre zwischen küh- der Glasgower Paws wirkt er sehr akustisch und per- vertilgt wurden, liessen die Säge als Musikinstrument ler Distanz und aufdring- mit seinen zwei Mitstrei- kussiv daherkommt – und ortsansässigen Noise-Ro- einsetzt, ein Akkordeon licher Nähe oszillierenden tern wie ein Transplantat: akustisch instrumentiert cker Metz einen aggressiven mitbringt – und zwischen- Vocals, die «No News Die Gitarre jault wie bei J. ist – und mit Chorälen und Hund von der Leine, der durch an der akustischen from Iowa», dem Zweit- Mascis, es wird geschrad- Dub zersetzt ist. Und beim mal kreissägenhaft kreisch- Gitarre zupft. Es ist ein ling von Grey Mole, be- delt wie bei den Lemon- zweiten fällt man (oder te, dann dunkel donnerte, grosses Theater, das auf sonderen Zauber verleihen. heads der «Lovey»-Ära. Es frau?) schon wieder rein. um schliesslich erratisch diesem Album passiert. Ihre Stimme schmiegt sich geht zügig zu und her und Aber dann kommt das im Zickzack durch die Ge- Aber eben, was wäre die wie eine zweite Haut auf roh, nie aber rau. Das wirft Element, das schon wieder gend zu wieseln. Und das Welt ohne Theater? Rebe- die nachtblauen Songs, die musikalisch keine grossen derart überspielt ist, dass in einer Mark und Bein kah Delgado, die gebürtige sich vorzugsweise an Folk, Fragen auf: Pop-Punk mit es sich zum Zuhören lohnt. erschütternden Lautstärke. Londonerin, singt darauf Blues und Jazz laben. Er- Lo-Fi Ästhetik, abzulegen Ab diesem setzt Ane Trolles Trotz oder wegen der leich- ziemlich tief und verraucht höhten Puls lässt die Platte unter Dinosaur Jr., Lemon- Stimme ein, und die nimmt ten Deplatziertheit gingen und verteilt damit Stim- nie aufkommen. Die Lu- heads oder Kevin Seconds den Zauber des Verklärten. mir die senegalische Küche, mungszeilen. Es ist Theater, zerner halten das Tempo im Original, respektive un- Ziemlich zweitonal präsen- vor allem aber Metz nicht aber die Unterzeilen sind tief und die musikalische ter Wavves oder Yuck in der tiert Trolle diese Tonlagen. mehr aus dem Kopf. Umso nicht zu unterschätzen. Grosswetterlage grau bis Reprise. Weit wunderlicher Das ist neuer Pop. Auch erfreulicher, dass das Trio Wer will noch Autotunes düster. Passend, dass «In ist, dass der Soundtrack wenn es noch nicht gera- nun endlich sein Debüt ver- hören, während gleichzeitig the Valley» wie ein Begräb- zum Aufbruch der weissen de an «Safe from Harm» öffentlicht. Auch fünf Jahre ein Chor am Mitsingen ist? nismarsch auf Westernterri- Mittelklasse-Adoleszenz von Massive Attack heran- nach dem Livedebüt weh- Rebekah Delgados Stimme torium wirkt, sandtrocken noch immer auf densel- kommt. ren sich Metz gegen den bleibt dabei unüberhörbar. und fi nal. Auch die Patina ben Grundfesten zu stehen Trend der stetigen Vernied- Vielleicht demnächst mehr, gehört bei Grey Mole zum scheint wie vor zwanzig anz. lichung, die unabhängiges mit ein wenig Cabaret? Make-up. Entsprechend Jahren. Dass in Zeiten von Musikschaffen seit Mitte Wer weiss das schon, so scheppert «Poor Lilly Mar- Jugendarbeitslosigkeitsra- der Nuller-Jahre dominiert. lange es noch Punk-Platten leen» mit ausgeleiertem ten von bis zu 40% nicht Wo andere perfekt zehn- wie diese gibt. Saloon-Klavier, während mangelnde Perspektiven stimmig singen, bleiben sich «Four» wie ein melan- das Rennen machten bei Metz weitgehend instru- anz. cholischer und angejazzter der Themenwahl, sondern mental und atonal. Einfach Vorkriegswalzer ausnimmt. die Eltern, die in einfachen ist das alles nicht. Wer sich Grey Mole klingen nicht Worten literarisch verhan- der selbstbetitelten Platte traurig, eher schicksalsge- delt werden, erstaunt dann dennoch annimmt, fi ndet beutelt – aber weiter tapfer auch nicht weiter. Fazit: eine der interessanteren in den Stiefeln stehend. Eine nette Platte, die aber Scheiben des Jahres, die nirgends rüttelt und damit einen als HörerIn ernst mig. auch nicht wirklich zu be- nimmt. wegen vermag.

nin. nin. DIE NEUEN PLATTEN London Hotline So, wie die Weihnachtsdekorationen jedes Jahr früher in den Läden glitzern, rutschen auch die Jahresabrechnungen der englischen Musikpublikationen immer weiter nach vorn. Ein Aufblühen der Australier und der Oldies, eine Konsolidation der neuesten Generation von Newcomern, die bei ihren zweiten Alben angelangt sind, und ein Ver- blassen von Brooklyn – das sind die ersten Eindrücke beim Gschichtefritz A Crashed Dakota Suite Überfl iegen der Jahresbestenlisten der Monatsillustrierten Dino Songs Blackbird An Almost Silent Life «Uncut» und «Mojo» sowie des wöchentlichen «New Mu- (www.gschichtefritz.ch) Called Rosehip (Glitterhouse/Irascible) sical Express». Heroes Won’t Work Selbige müssen in der Tat schon Ende Oktober zusammen- Auf der CD «Dino Songs» (ACBCR/Irascible) Ein Blick auf die Trackliste gestellt worden sein, um bereits jetzt zur Publikation ge- gibt es fröhliche Lieder für und sogleich ist man über- langen zu können. Das hat den Nachteil, dass alles, was Kinder ab ca. 3 Jahre, im Covers sprechen bisweilen zeugt, dass im November und Dezember erscheint, zwischen Stuhl und Kindergartenalter und die Bände: Auf «Heroes Won’t Chris Hooson, das Ein und Bank kippt. Und wiederum den Vorteil, dass alles, was die ersten Primarklassen. Die Work», dem Debüt von A Alles von Dakota Suite, Multis auf den Weihnachtsrummel so loslassen, ebenfalls. Texte sind auf Schweizer- Crashed Blackbird Called unverändert in Depressi- Das gilt auch für Jake Bugg – ein junger Mann, dessen ge- deutsch und gut verständ- Rosehip, kurz: ACBCR, onen verharrt. Doch trotz waltige Popularität mich vor grosse Rätsel stellt, klingt er lich. Die Melodien sind prangt ein weisser Vogel. verzweifelten Songtiteln in meinen Ohren doch frappant wie James Blunt. eingängig und abwechs- Was nach Friedensange- wie «Last Flare from a De- «Mojo» wendet sich an den «erfahrenen» Musikfan, sprich lungsreich, mal langsam bot tönt. Doch das Tier ist sperate Shipwreck» oder «I einen, den die Geschichte genauso interessiert wie die Ge- und dann wieder schnell. ausgestopft und vergiesst Recoiled So Violently I Al- genwart. Es überrascht denn nicht, dass hier Jack Whites Die Musik passt auch im- obendrein eine blutige Trä- most Disappeared» scheint «Blunderbuss» als Album des Jahres gepriesen wird – ein mer gut zu den Texten: Ein- ne. Man ahnt: Hier folgt der Mann aus Leeds aber Album, das auf fulminante Weise das Gestern mit dem mal geht es in einem Lied nichts Vergebungsvolles. erstmals seit Jahren wieder Heute verbindet und seinen Platz wohl verdient hat. Auf um einen Cowboy und die Das St. Galler Mann-Frau- imstande, nicht bloss in die Rang zwei liegt das Prog-R&B-Album «Channel Orange» Melodie ist Cowboymusik. Duo beginnt denn auch eigenen Abgründe, sondern von Frank Ocean, ein wagemutiges Werk, wie es im Be- So kann man bald mitsin- mit Industrial-Sounds: «Je auch nach draussen zu se- reich des jungen Soul seit Jahren nicht mehr aufgetaucht gen und bekommt Lust, Suis» gibt sich eisern, ver- hen – hin zu ein paar Son- ist. Und auf Rang drei folgt verblüffenderweise Bill Fay und sich zur Musik zu bewegen. regnet, rostig. Mit dem Ge- nenstrahlen. Hooson selbst «Life is People». Bill Fay war ein sehr englischer Sixties- Und auch später hat man sang von Marie Malou än- meint: Die neue Platte sei Folkie, der sein erstes Album mit schwülstigen Streichern noch das eine oder andere dert sich zwar die Szenerie, nicht gerade Disco, «doch vollstrich und apokalyptische Rätseltexte von sich gab. Für Lied im Ohr und singt es doch nicht der Eindruck. sie refl ektiert eine positive- mich sind jene Altwerke eine wahre Tortur – aber englische immer wieder. Sperriges vom Keyboard, re Sicht des Lebens». Was Nostalgieperlentaucher haben sie zu Schätzen erhoben, Es sind Geschichten über dazu Background-Vocals bewirkt, dass er die Ruhe und so wurde auch sein Comeback-Album in alle Himmel Dinos, Piraten, Räuber, wie aus dem kalten Grab seiner Kompositionen auf- gelobt. Ein Himmel, der in meinen Ohren gefährlich nahe Cowboys , Wurzelgnome und Geräusche, die nach bricht und, ein Novum, bei der Hölle liegt. «Uncut» geht ein ähnliches Publikum und Feen. Einige Lieder Feuerchen tönen, aber elektronisches Equipment an wie «Mojo», allerdings gelangen hier Neutöner eher zu geben Weisheiten mit, zum nicht wärmen wollen. «Je zulässt. Aufbrausende Wort, und ein starker Americana-Drall ist nicht zu verken- Beispiel, dass man viel Ge- suis la princesse qui est Musikeskapaden fi nden nen. Die Liste: 1. Leonard Cohen, 2. Bob Dylan, 3. Jack müse essen soll. Besonders morte», raunt Malou. Das sich auf «An Almost Silent White, 4. Dr. John, 5. Frank Ocean. schön und bunt ist das Co- geht unter die Haut und Life», dem gezählt 15. Al- Schliesslich noch der NME. Der zeigt sich heuer erstaunlich ver gemacht und erinnert in die Knochen. Songs wie bum des Briten, weiterhin resistent gegen Hype. Denn dass «Lonerism» von Tame Im- an ein Wimmelbuch. «Ghost Story» oder «Last keine. Stattdessen geben pala aus Australien als Album des Jahres gefeiert wird, ist November» wirken bloss sich melancholisch einge- keine Schaumschlägerei. Dermassen weitab vom englischen Seraina, Basil und Linus im ersten Moment ver- färbter Folk und Rock die Trendradar war der Kontinent in den letzten Jahren, dass (9, 10 und 11 Jahre alt) söhnlicher. Bei näherer Be- Hand und fi nden gemein- es einen überdurchschnittlich heftigen Happen Innovation, trachtung entpuppen sich sam zur Harmonie. Wobei: Kühnheit und musikalische Uberzeugungskraft brauchte, die Tracks als Dark-Folk- der Rock und seine Gitar- die britische Skepsis, ja Feindseligkeit, allem Australischen Vignetten, die jeglichen ren agieren zurückhaltend, gegenüber zu durchbrechen. Sonnenscheins beraubt fast schüchtern. Dafür In einer Kategorie kann der NME seiner Hype-Sucht indes sind und einem den Hals wird auf «Top Rocker» der nicht widerstehen: In der Kategorie «Best Tracks 2012» abschnüren, langsam und Schleier, von dem Dako- schwingen die Palma Violets mit «Best of Friends» oben- zielstrebig. Auch wenn ta Suite bis dato umgeben aus. Diverse Schreiber präsentieren ihre Argumente für ACBCR zwischendurch waren, durch Synthesizer, die Wahl. «Wenn die Strokes das Stück geschrieben hät- Phasen der Ruhe streuen, Harfe und Samples aufge- ten, wäre es eines der besten auf ihrem Debüt gewesen», lassen die Ostschweizer im- rissen. Darunter zeigt sich, schreibt einer. Ein anderer summiert es so und sagt damit mer wieder die Elektronik kurz, ein neues Gesicht. eigentlich wirklich alles: «Es ist die perfekte zurück-zu-den- Sturm laufen. Ein an den Eins, von dem man mehr Anfängen Debüt-Single.» Nerven zehrendes Vergnü- sehen, mehr hören möchte. gen, aber: ein Vergnügen. Hanspeter Künzler mig. mig. DIE NEUEN PLATTEN 45 Prince Der weise Fussballblog «Knapp daneben» hat auf www.45football.com ein Online-Museum für Fussballsin- gles geschaffen. Ein Lebenswerk, hochgeladen in Bild und Ton für Fussball-Fans aus aller Welt. Wer Singles aus Prin- zip mag und für ein schönes Cover gerne auch mal beide Ohren zudrückt, der schaue unbedingt rein. Henry Wagons Christine Gary Clark Jr. Torontos A Passing Fancy schafften es mit ihrem «I’m Expecting Company? Owman Blak and Blu Losing Tonight» (Ugly Pop) einst auf Platz 22 der lokalen (Spunk) Little Beast (Warner) Radiohitparade. Der Anfang sowie die Gitarrensoli sind (Glitterhouse/Irascible) wildester Freakbeat, über der harten R&B-Pretty-Things- Es ist scheinbar unvermeid- Gary Clark Jr. ist weder Rhythmusgitarre swingt der passende Gesang, bevor eine lich, Henry Wagons mit Christine Owman ist eine der nächste Hendrix noch Remains-Bridge zum Beatles-Refrain führt. «A Passing Johnny Cash oder Nick schwedische Songwriterin, der nächste Irgendwas. Er Fancy» ist dann ebenfalls ein eigener Song, jedoch leider Cave zu vergleichen. Den- Sängerin und Multiinst- ist ein aufstrebender Blues- ziemlich unspektakulär. noch sollte nicht ignoriert rumentalistin, die von der gitarrist, der dank seines Der Bassist von Razar ist gerade mal 16 Jahre alt, und seine werden, dass der Australier singenden Säge bis zum Auftritts bei Eric Claptons drei Kumpels sind nur knapp älter, als sie 1978 im aus- genug individuelle Klas- Glockenspiel so ziemlich Crossroads Guitar Festival tralischen die Punkgranate «Stamp Out Disco» se besitzt, um nicht auf alles spielt, was sich strei- 2010 einen Plattenvertrag (Sing Sing) einspielen und mit «Disco Shit»-Ausrufen sowie diese Vergleiche reduziert chen, zupfen und anschla- mit Warner abschliessen einem netten Rülpser zum Ende klarmachen, was sie von zu werden, wie sein ers- gen lässt. «Little Beast» konnte. Sein Debütalbum der Unterhaltung ihren Schulkollegen halten. Natürlich be- tes Soloalbum «Expecting ist ihr drittes Album und «Blak and Blu» präsentiert kommt auch die sie ständig schikanierende Polizei in «Task Company?» beweist. Sein zeigt seine Schöpferin als den hochtalentierten Musi- Force (Undercover Cops)» ihr Fett ab. Ein schneller, aber herausragendes Talent als einigermassen singuläre Er- ker mit all seinen zum Teil dennoch dunkler Basslauf, aggressive Gitarren und ein an- Geschichtenerzähler adelt scheinung. Sie kultiviert ei- überraschenden Facetten. schnauzender Gesang jenseits des Stimmbruchs sorgen für «I’m in Love with Mary nen verhallten Gesang nach Einerseits lässt uns das von Punk-Rock-Höchstgefühle. Wahnsinn, wenn man bedenkt, Magdalene» und «Unwel- Art von 4AD, der teilweise Clark und Mike Elizon- dass auch The Saints, The Leftovers und The Fun Things come Company» – trotz al- mehrstimmig in seltsamen do (Fiona Apple, Dr. Dre) aus der eher abgelegenen Brisbane-Gegend stammen. ler Cave-Referenzen. Klar Sphären fl ottiert und je produzierte Album ins Uni- Das Label Floridas Dying hat mit Total Punk einen Ableger schreit sein wohlklingender nach Tonfall verhuscht, versum eines unkonventi- geschaffen, unter dem Faust-in-die-Luft-Songs in einfache, Bariton nach dem Cash- erhaben oder unheimlich onellen Bluesmusikers ein- handgestempelte Papier-Covers gepackt werden. Orlandos Vergleich, gerade weil er wirkt. Die Stücke gründen tauchen, der mit düsteren Golden Pelicans formierten sich aus den Slippery Slopes jede Textzeile noch ge- in verspuktem Folk, sind Tracks wie «Numb» und und lieben ihren Punk gitarrenlastig, refrainbetont und wichtiger als die vorherige tendenziell zurückhaltend «Glitter Ain’t Gold» die trotzdem trashig. «Hard Head» reitet im Galopp los und gestaltet wie etwa in «Give arrangiert und verweht ge- Beschränkungen des Gen- wirbelt reichlich Staub auf, wechselt jedoch nach dreissig Me a Kiss». Nicht alle spielt, wobei der Klangkör- res aufweicht. Andererseits Sekunden plötzlich das Tempo, um elegant weiterzutraben. Songs handeln von Sünde per auch mal massig wogen beweist Clark, dass mit ihm Ebenfalls ein wunderbarer Tempowechsel in «Jump in a und Tod, die besten aber darf oder ein primitiv pro- auch als Soul- oder R&B- Lake». Dieses legt mit Irokese pogolastig los, lässt die Men- schon. Besonders die Du- zessierter Groove Druck Interpret zu rechnen ist. In ge mit Link Wrays «Jack the Ripper» anstelle eines Gitar- ette mit Sängerinnen wie erzeugt. Als immer wieder «Please Come Home» um- ren-Solos kurz verschnaufen, bevor es fl iessend wieder im Alison Mosshart (The Kills, gern gehörter Gast singt schmeicheln Streicher Clar- anfänglich angeschlagenen Tempo weitergeht. The Dead Weather) oder bei zwei Songs Mark Lane- ks hingehauchten Gesang. Patience Hodgson (The gan mit: Im Geisterstunde- In Momenten wie diesen Philipp Niederberger Grates) haben es in sich Torch-Song «One of the offenbart Clark, dass ihm und gleiten an den dunklen Folks» lässt er die Stimme Soul, Funk, HipHop und Americana-Rändern ent- zum Besenschlagzeug brö- lärmige Rockgitarren-Aus- lang. Zum Beispiel «The ckeln, in «Familiar Act» brüche genauso am Herzen Lord Loves a Hanging», zum brummenden Cello. liegen wie der Blues. Der ein Wüstenblues-Kracher Ein ziemlich abgefahrenes Sound auf «Blak and Blu» über einen Henker und sei- Album, verstörend, betö- mixt Genres und stellt uns ne Frau, der an die besten rend und von rätselhaftem einen talentierten Künstler Songs von Mark Lanegan Reiz. vor, der selber noch nicht und Queens of the Stone weiss, wo ihn die Reise hin- Age erinnert – inklusive ash. führt. Stoner-Rockgitarre. Kurz: «Expecting Company?» tl. wäre der perfekte Sound- track zu Quentin Taranti- nos kommendem Western «Diango Unchained». tl. SZENE

Sa. 22.12.12 Aktionshalle 22:00 21.12.2012 ROLLERDISCO Enter The Dancehall DAVID RODIGAN 24.12.2012 X-MAS PARTY Silly Walks Discoteque 27.12.2012 PING PONG Fr. 11.1.13 Ziegel oh Lac 21:30 ROCKWOCHE 28.12.2012 BEAT BATTLE III Sa. 12.1.13 I GOT YOU ON TAPE 31.12.2012 NEW YEAR’S EVE Di. 15.1.13 SKINNY LISTER Do. 17.1.13 LOS DOS & ORCHESTRA Fr. 18.1.13 NAVEL / SCUMBUCKET Do. 24.1.13 KUMMERBUBEN Fr. 25.1.13 WALLIS BIRD P R E V I E W S Di. 29.1.13 TWEAK BIRD / THE WEYERS TH Vorverkauf:www.starticket.ch FRI-SON–30 ANNIVERSARY! THE BLACK ATLANTIC GREIS TWEAK BIRD THE JOY FORMIDABLE PATENT OCHSNER METZ

BB BRUNES LILLY WOOD & THE PRICK THE PAROV STELAR BAND SON OF KICK MATMOS BALMORHEA, EELS CULT OF LUNA BENJAMIN BIOLAY LES OGRES DE BARBACK WWW.FRI-SON.CH Route de la Fonderie 13 | P.o.Box 15 | 1705 Fribourg [email protected] | www.fri-son.ch +41 (0)26 424 36 25

musik im briefkasten – loopzeitung.ch NACHTSCHICHT

Verteufeln mit The bianca Story Rockwoche mit Los Dos

Es war ein gutes Jahr für The bianca Story. Es begann mit einem grandio- Der Januar ist eigentlich ein ziemlich lausiger Monat. Die Menschen be- sen Album, ging weiter mit umjubelten Konzerten, und gegen Ende mischte jammern das Loch im Portemonnaie, die Fachleute kritteln am Bruttoin- Sänger Elia Rediger mit dem Slogan «Dancing People Are Never Wrong» landsprodukt herum, die Golfspieler nörgeln über schneebedeckte Plätze, den Wahlkampf ums Basler Stadtpräsidium auf. Da darf man schon kurz und die klugen Leute machen sich ihre Gedanken. Einer davon: «Ist doch innehalten und zum Jahresauftakt ein bestehendes Programm wiederauf- gar nicht so schlimm.» Denn im Januar geht bekanntlich die Rockwoche nehmen. Und so bringen The bianca Story Anfang Januar noch einmal über die Bühne des Ziegel oh Lac. Also eine Reihe erstklassiger Konzerte, das Stück «M & The Acid Monks» auf die Bühne der Kaserne Basel. Ent- bei denen man den Schnee rieseln sehen kann. standen ist es vor zwei Jahren in Kooperation mit den Theatermachern Auch heuer ist das Aufgebot formidabel. Internationale Stars und Anti- Adapt. Basierend auf E.T.A. Hoffmanns «Die Elixiere des Teufels» schrieb Stars fi nden sich im kuschligen Restaurant ein, aber eben auch regionale die Band zusammen mit dem Theatermacher Victor Moser ein «theatrales Grössen. Etwa Los Dos, die hier in Orchestergrösse auftreten. Wir sehen Konzert», oder salopper formuliert: eine Rockoper. Der Stoff bietet sich und hören also nicht nur die beiden Kernmitglieder Luca und Hansue- dafür an: Die schwarzromantische Romanvorlage erzählt von einem jun- li, sondern auch noch eine ganze Menge assistierender Musikerinnen und gen Mönch zwischen Grösse(nwahn) und Verzweifl ung, zwischen mönchi- Musiker. Das bedeutet in der Summe: ZZ Top treffen auf einen Ukulelen- scher Askese und überbordender Ausschweifung – also nichts anderes als Club, knackige Rhythmen auf knurpslige Gitarrenriffs, schwermütiger Ge- die teufl ische Mischung aus Sex & Drugs & Rock’n’Roll. (ash) sang auf unschuldiges Blockfl ötenspiel. Alles im Geiste des Boogie-Woogie, der die Rockwoche bereichert und erweitert. Wir bleiben dran. (amp) 5. bis 8.1., Kaserne, Basel 11. bis 29.1., Ziegel oh Lac, Zürich; www.rotefabrik.ch

Breitwandbrutzeln mit Navel Bemuttern mit Eleni Mandell Alle Jahre wieder formiert Jari Antti seine Navel neu. Seit «Neo Noir» von 2011 rotierte das Besetzungskarussell besonders schnell, und so präsentiert Drei Jahre und eine Geburt sind seit dem beseelten «Artifi cial Fire» ver- sich die Band mit Ausnahme ihres Leaders runderneuert. Zum Quartett ge- gangen, auf welchem sich Eleni Mandell durch so gut wie alle Gefühlsla- wachsen geht es nun schon vor dem Erscheinen des neuen «Lover- gen und Musikstile bewegte. Auf «I Can See the Future» ist die Stimmung boy» (kommt im Februar) auf Konzertreise. Musikalisch sind die Verän- intimer, die Musik balladesker. Bittersüss, nennt es Eleni Mandell selber, derungen weniger dramatisch als personell. «Loverboy» eröffnet ähnlich die Songs seien in einer Phase tiefer «Frustration, Enttäuschungen und wie sein Vorgänger mit übersteuerter Americana im Stile von Black Rebel grenzenloser Trauer» entstanden. In einer Zeit auch, in der sich die Singer/ Motorcycle Club. Auch Rock, Noise, Folk und Blues im Psychedelikge- Songwriterin nach dem Ende einer Beziehung dazu entschloss, ein Kind wand sind im Programm – Jari bleibt uramerikanischer Populärmusik ver- mit der Unterstützung eines anonymen Samenspenders in eine krisenge- schiedener Herkunft treu. Allerdings hat er etwas Druck weggenommen, schüttelte Welt zu stellen. In diesem emotionalen Spannungsfeld zwischen was zu einem beizeiten leichteren, helleren Klangbild führt. Bei Bedarf wird der Trauer über eine verfl ossene Beziehung und der mütterlichen Euphorie aber nach wie vor breitbeinig in die Saiten gedroschen und breitwandig ge- entfalten sich die dreizehn Songs von «I Can See the Future». brutzelt. Und dass der Songwriter das Räubern in der Rockgeschichte nicht Produziert hat der dank seiner Zusammenarbeit mit The Shins, The Stro- verlernt hat, davon zeigt der Titelsong, der mit Klimperörgeli und Blues- kes und White Stripes gut beleumundete Joe Chicarelli. Das Resultat ist gitarre die Doors – sagen wir mal – zitiert. Das neue Material dürfte die eine herbstlich düstere, aber samten swingende und dezent von schmei- Fans kaum enttäuschen, und live hat bislang noch jede Navel-Besetzung chelnden Streichern, zartbitteren Bläsern und einer hie und da einsam kla- die Bühnenbretter zum Brennen gebracht. (ash) genden Pedal Steel Gitarre geschmückte und immer versöhnliche Kollekti- on wunderschöner Songs. (cg) 17.1., ISC, Bern; 18.1., Ziegel Oh Lac, Zürich; 24.1., Schüür, Luzern; 25.1., Selig, Chur; 26.1., Kaserne, Basel 27.1., Palace, St. Gallen; 28.1., El Lokal, Zürich SZENE SZENE SZENE SZENE SZENE

b B aB b nnoB negnibüD nneueeue aadresse:dresse: aamthausgassemthausgasse 222,2, 33011011 bbern,ern, ttel.el. 003131 331111 0077 5577

zu hause oder am konzert: unser lieferdienst sorgt schnell für feuchte kehlen. CAFE ZÄHRINGER

044 274 10 10 www.intercomestibles.ch binzstrasse 23, 8045 zürich

zähringerplatz 11 // 8032 zürich // www.cafe-zaehringer.ch

CD-Café verkauft DVD, CD & Vinyl

ARCHE Bröko-Zentrum Hohlstrasse 489 8048 Zürich Tel. 043 336 30 00 www.archeZH.ch