Zeitreise Gilching Journal 2015
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GESELLSCHAFT FÜR ARCHÄOLOGIE UND ORTSGESCHICHTE GILCHINGS E.V. Zeitreise Gilching 2015 Journal für Ortsgeschichten Gilchinger Kiltis: Jules Werson: Stadtführung: P-Seminar Forschungsbericht: Aktuelles zur Künstlerprotrait Vom Max-Joseph-Platz Vermittlung Flurnamen in Gilching wissenschaftlichen zum antiker Ihre Geschichte Auswertung Maxmonument Kunst und Kultur und ihre Bedeutung Seite 1 Seite 3ff Seite 10 Seite 17 Seite 22 Wissenschaftliche Auswertung Aktuelles von den »Kiltis« Wie bekannt wurden 2012 an der Ecke Römerstraße und Steinlacher Weg bei dem Neubau eines Hauses drei bajuwarische Gräber gefunden. 2013 gingen alle Funde aus den Gräbern in den Besitz der Gemeinde über. Dafür übernahm die Gemeinde die Kosten der Restaurierung der Grabbeigaben und leitete die Einrichtung einer Dauer- ausstellung, in der diese Fundobjekte gezeigt werden, in die Wege. Der Bildungs-, Kultur-, Sozial-, Jugend-/Senioren- und Sportausschuss des Gemeinderats hat in der Sitzung am 26.01.2015 einstimmig beschlossen, die Daueraus- stellung zu unterstützen. Im April 2014 wurden die metallhaltigen Grabbeigaben von gungen gelagert werden müssen, hat sich Markus Guggen- der Gesellschaft für Archäologie und Ortsgeschichte Gil- biehl, der Gemeindearchivar von Germering, dankenswerter- chings zum Restaurator Dr. D. Bach gebracht. Dort kamen weise bereit erklärt, die Objekte dort zwischen zu lagern. die Objekte zunächst für mehrere Monate in ein Entsal- zungsbad. Dr. Tobias Brendle untersucht zur Zeit die Objekte wissen- schaftlich, um z. B. Zeitstellung und Funktion der einzelnen Danach wurden sie so restauriert, dass sie in einer Ausstellung Objekte so genau wie möglich einzuordnen. Dabei hat sich gezeigt werden können. Das anhaftende organische Material, beispielsweise die Vermutung bestätigt, dass die Schwerter, wie Gewebereste, Holz und Leder ist dabei für weitergehende der Schildbuckel und das Gürtelgehänge aus der Zeit zwi- Untersuchungen erhalten geblieben. So ist bei dem Spatha, schen 660 und 680 n. Chr. stammen. dem Langschwert, nicht nur die hölzerne Schwertscheide teilweise erhalten geblieben, sondern sie war auch mit Leder Im November wurden die Knochen der „Kiltis“ von Fr. Dr. ausgekleidet. Da die Fellseite innen war, fettete sie das v. Heyking untersucht. Aufgrund der Grabbeigaben waren Schwert ein. Und weil das Schwert gegen den Fellstrich ge- bis jetzt zwei der Skelette als weiblich und männlich eindeu- zogen werden musste, konnte es nicht so leicht heraus rut- tig bestimmbar. Das dritte Individuum ist jetzt als männlich schen. Zerbrochene oder eingedrückte Objekte, wie Gürtel- identifiziert worden. schnallen oder der Schildbuckel, konnten wieder vollständig hergestellt werden. Fortsetzung Im Oktober wurden die restaurierten Objekte abgeholt. Da nächste Seite diese Objekte in einem Raum mit speziellen Klimabedin- Kiltine, Quelle: v. Heyking / AnthroArch GESELLSCHAFT FÜR ARCHÄOLOGIE UND ORTSGESCHICHTE GILCHINGS E. V. Fortsetzung Wissenschaftliche Auswertung Titelseite Aktuelles von den »Kiltis« An den Wachstumsfugen der Langknochen, wie Jedem der drei wurden zwei Zähne entnommen. der Gemeinde von der Gesellschaft für Archäo- Oberschenkel, Oberarm oder Schlüsselbein, Von je einem wird im renomierten Eurac-Institut logie und Ortsgeschichte Gilchings e.V. aufge- kann je nachdem, welche von ihnen schon ver- in Bozen die DNA untersucht, wie es dort schon baut. Der thematische Schwerpunkt der Ausstel- wachsen sind, bestimmt werden, wie alt die für den „Ötzi“ und Tut Ench Amun durchge- lung ist der Übergang von der Römerzeit zu den Person geworden ist. führt wurde. Inzwischen konnte die DNA extra- Bajuwaren. Aus dieser Zeit hat unsere Region hiert werden. Diese wird nun sequenziert. Wenn mit der spätrömischen Siedlung Frauwiese, der „Kiltine“ ist demnach nur ca. 20 Jahre alt gewor- die Sequenzierung gelingt, und somit das Genom gefundenen Handwerkersiedlung am Biburger den, hatte aber schon sehr wahrscheinlich ein wiederhergestellt wird, können z.B. verwand- Weg und den „Kiltis“ einiges zu bieten. Weitere Kind geboren. Von der Statur her war sie schlank schaftliche Beziehungen zwischen den Dreien Aspekte der Gilchinger Geschichte werden in und groß. So waren beispielsweise ihre Ober- untersucht werden. weiteren Ausbaustufen der Ausstellung hinzu- schenkelknochen ungefähr gleich lang wie die kommen. des „Kiltis“, aber dessen Oberschenkelknochen Bei den anderen Zähnen werden in Mainz die waren sehr viel stärker. Strontium-Isotope im Zahnschmelz untersucht. Die Ausstellung wird den Namen SchichtWerk Daran kann dann festgestellt werden, in welcher tragen, denn in der Archäologie ist die Stratigra- Der „Kilti“ ist ca. 25 Jahre alt geworden, und Gegend (Voralpenland, nördlich der Donau, phie oder Schichtfolge ein wichtiger Bestandteil. hatte eine sehr kräftige Statur. Die dritte begra- usw.) die drei ‚Kiltis‘ aufgewachsen sind. Denn Auch die verschiedenen Schichten der Untersu- bene Person - ebenfalls ein Mann - war bei seinem solange die Zähne wachsen, lagern sich Spuren- chungen werden gezeigt. Außerdem spielen Ge- Tod ca. 28 Jahre alt. elemente im Zahnschmelz ein. Und diese sind schichten eine wichtige Rollen, um zu verdeutli- typisch für bestimmte Gegenden. chen, wie die Menschen damals lebten. Und An keinem der untersuchten Knochen konnten schließlich ist der Ortsgeschichtler Rudolf Brüche festgestellt werden. Allerdings weisen alle Die Untersuchungen an den Knochen der „Kil- Schicht noch vielen Gilchingern in Erinnerung. drei Skelette Stressmarker auf, die auf eine tis“ werden dankenswerterweise vom Bayerischen schwere Krankheit, Mangelernährung oder Landesamt für Denkmalpflege finanziert. Stress beim Abstillen hindeuten. Solche Stress- marker sind kleine Löcher im Augenhöhlendach Die oben erwähnte Dauerausstellung zu den Manfred Gehrke oder Absätze im Zahnschmelz. „Kiltis“ und ihren Grabbeigaben wird im Auftrag Gürtelschnalle vor ... ... und nach der Restaurierung GESUCHT! Fundobjekte aus Gilchings Geschichte! GESUCHT! Bei Ausschachtungen auf dem Grundstück, Feldarbeiten oder Spaziergängen entlang der Felder können hin und wieder sehr alt aussehende Gegen- stände aus Metall oder Keramik gefunden werden. Wenn Sie genauer wissen wollen, was Sie entdeckt haben oder diese Fundstücke der Daueraus- stellung SchichtWerk zur Verfügung stellen wollen, sprechen Sie uns bitte an (Annette Reindel, Tel. 08105/775394). www.zeitreise-gilching.de 2015 - 3 Künstlerportrait Jules Werson Die älteren Gilchinger kennen Jules Werson teilweise noch persönlich. Und wer das nicht tut, kennt zumindest seine wichtigsten Werke in Gilching: das Gefallenen-Denkmal vor der alten Dorfkirche St. Vitus und die Kreuzigungsszene am Leichenhaus des Gilchinger Friedhofs. Jules Werson wird als ältester Sohn eines Schus- Treiben und Schmieden, Metallarbeiten und sucht Werson als Gasthörer die Ludwig-Maximi- ters am 16. März 1884 in Malmedy geboren, das Modellieren; seinen Lehrer Prof. Käs aus Schwa- lians-Universität und nimmt auch die Münchner seit dem Wiener Kongress 1815 zu Preußen ge- ben bezeichnet er als Kapazität der Metallkunst. Kulturszene wahr. So begegnet er z.B. Ludwig hörte und erst nach dem Ersten Weltkrieg bel- Thoma, Stephan Zweig, Heinrich und Thomas gisch wurde. Schon als Kind werden seine Fein- Da seine Eltern seine Studien in der bayerischen Mann und kennt die Künstler und Literaten der sinnigkeit und sein künstlerisches Talent Hauptstadt nicht weiter unterstützen können, Satire-Zeitschrift Simplicissimus. Zudem be- offenbar. Noch in Malmedy absolviert er eine geht er des Geldes wegen für ein paar Monate sucht er Rodin, dessen Denkmal „Die Bürger Kunstschlosser-Lehre und geht 1902 nach Düs- nach Brüssel, wo er als Kunstschlosser für die von Calais“ ihn schon früh fasziniert hatte, in seldorf, wo Werson tagsüber als Kunstschlosser Ferronerie d`Art et de Construction arbeitet. seinem Atelier in Frankreich und lernt Rainer arbeitet und abends die Kunstgewerbeschule Sein fachlicher Schwerpunkt liegt dort im Trei- Maria Rilke kennen. besucht. Hier lernt er verschiedene Kunstmaler ben von Blättern und Blumen aus Metall; ein und Bildhauer kennen, die allesamt Kunstschu- Gittertor für eine nicht näher bezeichnet Bank Die Münchner Atmosphäre ist für die Künstler len und Akademien besucht haben und die gehört zu seinen Arbeiten als Geselle. Nebenher sehr zuträglich – man lässt die Künstler leben. Wersons Wissensdurst und Lerneifer erkennen. nutzt er die Zeit, um an der dortigen Akademie Jules Werson empfindet Schwabing (München) Sie raten ihm in die Kunststadt München zu zu studieren. und Montmartre (Paris) als „Hochburgen der gehen, wo er alle Möglichkeiten habe. Nicht romantischen Boheme gegen das satte Spießer- zuletzt rühmen sie die dortigen „großen Kalbsha- Werson nutzt 1904 die Möglichkeit, in die Stadt tum“. xen und guten Leberknödel, von den Weißwürs- der Künstler und Intellektuellen an der Isar zu- ten gar nicht zu reden“. München hat nach 1900 rückzukehren, als ihm ein Freund Arbeit beim Im Ersten Weltkrieg wird Jules Werson als Soldat seinen Zenit als die europäische Kunststadt neben Münchner Atelier Simon Korn verschafft. Das eingezogen, aber aus gesundheitlichen Gründen Paris zwar bereits überschritten, genießt aber Atelier Simon Korn setzt am Neuen Münchner wieder entlassen. Er kehrt nach München zu- immer noch einen sehr guten Ruf und ist be- Rathaus die Gestaltung der Fassaden von Prof. rück, wo sich die Auftragslage aufgrund des kannt für seine erstklassige Ausbildung. Georg von Hauberrisser um. Passender Weise Krieges verschlechtert hat. modelliert