taz 2017

G20 I SONNABEND/SONNTAG, 20./21. MAI 2017 TAZ.AM WOCHENENDE

Dürfen die das?

AUSNAHMEZUSTAND Am 7. und 8. Juli treffen sich die Staats-und Regierungschefs der 20 mächtigsten Staaten der Welt mitten in Hamburg – und stellen wegen der dadurch nötigen Sicherheitsmaßnahmen die Stadt auf den Kopf. Niemand hat die Einwohner gefragt, ob sie das wollen. Zwei Meinungen

ie GegnerInnen des G20- dafür, dass ein Telefonat ein Treffen b die das dürfen? Der Witz des Spitzenpersonals – mit Trump, Gipfels sollten froh sein, Auge in Auge nicht ersetzen kann. ist ja gerade, dass die Ver- Ergoğan und Putin – schon poli- dass sich die 20 Präsidenten Gerade bei den unberechenbaren treter der Gruppe der zwan- tisch eher unbeleckte Menschen die D und Regierungschefs treffen und skrupellosen Zeitgenossen un- O zig wichtigsten Industrie- Hände über dem Kopf zusammen- und dass sie sich in Hamburg tref- ter den Staatslenkern ist ein per- und Schwellenländer niemanden schlagen. Das Neue beim Hambur- fen. Denn tatsächlich sind viele der sönlicher Kontakt – und manchmal gefragt haben und nicht fragen müs- ger G20-Gipfel im Juli ist, dass alte Themen, die sie verhandeln, The- auch Gruppendruck – wichtig. Wer sen, ob sie zum Gipfeltreffen kom- neoliberale Kräfte auf die Vertreter men, die auch die Zivilgesellschaft weiß: Vielleicht gelingt es den ver- men dürfen oder nicht. Die Herr- einer auf Abschottung bedachten interessieren. Der Gipfel, gerade sammelten Chefs ja, Donald Trump schaften entscheiden das selbst. neuen Rechten treffen. wenn er in einem liberalen Staat davon zu überzeugen, dass der Kli- Im kon- kreten Fall war es Und machen wir uns nichts wie Deutschland stattfindet, bietet mawandel doch ein Hamburgs Bürger- vor: Es sind letztere, die das die Gelegenheit sich lautstark zu ar- vom Menschen ver- meister , Establishment in den letzten tikulieren und von der verfassten ursachtes Problem der für Monaten vor sich hertreiben. Es Politik wahrgenommen zu werden. ist? die Idee gewann, das Stell- glaubt ja wohl niemand ernsthaft, In einer Welt, die derart eng ver- In Hamburg sind auch die dichein selbsterklärter Be- dass sich xenophobe Autokraten netzt und klein geworden ist wie Nichtregierungsorganisa- stimmer des Weltgesche- durch einen Besuch in Hamburg po- die heutige, ist es absurd, ein Tref- tionen – von Attac bis zur hens nach Hamburg zu ho- litisch umorientieren, ja zur Räson fen grundsätzlich in Frage zu stel- Nordkirche – frei, sich zu len. Als dickes Trostpflaster für gebracht werden. Selbst Hamburgs len, bei dem es um die Lösung all- äußern und an die Verhandlungen die am Willen des Volkes geschei- Innensenator Andy Grote (SPD) hat gemein anerkannter gemeinsamer anzudocken. In autoritären Staaten terte Olympiabewerbung der Stadt, eingeräumt, dass er vollstes Ver- Probleme geht: von einer stabilen ist das weitaus schwieriger – warum aber auch als Zugeständnis, dass ständnis für den Protest gegen Wirtschaft über die Finanzmarktre- sollte also ausgerechnet Deutsch- Hamburg auch mal ein bisschen Trump hat. Inzwischen hat er diese gulierung und das Austrocknen land darauf verzichten oder den Weltstadt spielen darf. Schon Äußerung durch eine Warnung von Steueroasen bis zum Kli- Gipfel aufs Land verbannen? die Wahl des Schauplatzes ad absurdum geführt: Wer mawandel und zur Entwick- Dabei wirkt manche Kri- in den Messehallen im tra- beim Gipfel die Protokoll- lungspolitik. tik der AnwohnerInnen ditionell linken Karolinen- strecken blockiert, bringe Dass dabei aus linker JA kleinlich. Hamburg erdul- viertel ist vor diesem Hin- NEIN sich in Lebensgefahr. Die Perspektive oft nicht ge- det Großereignisse wie tergrund ein Affront gegen Botschaft: Es werden keine nug und nicht das Richtige den Schlagermove und die das Votum der Hamburger Gefangenen gemacht. herausgekommen ist, kann Harley Days. Da sollte es auch Bevölkerung. Weil ihm die Aktionsfor- nicht als Argument dagegen gel- eine ernsthafte Veranstaltung wie Auf eins können sich wohl die men der Gipfelgegner missfal- ten, dass man international über die den G20-Gipfel aushalten. meisten Kritiker des Gipfeltreffens len, hat der Hamburger Senat inzwi- Probleme spricht. Das gilt insbeson- Letztlich geht es beim Umgang einigen: dass die Mandatsträger, die schen sogar seine eigene Demonst- dere, weil bei dem Gipfel nicht nur mit dem G20 auch um den Respekt hier vorstellig werden, mitnichten ration angemeldet: „Hamburg zeigt die westlichen Industrienationen vor der Politik, deren Ruf schlech- Vertreter der Welt im Ganzen sind. Haltung“. Die wird dann ungestört sondern auch Schwellenländer wie ter ist, als sie verdient. Es ist schwere Sie sind schlicht die mächtigsten Re- durch eine mit martialischen Mit- Brasilien, Indonesien und Südaf- Arbeit, schon aus den unterschied- präsentanten der Hegemonie, Ober- teln freigeräumte Hamburger In- rika vertreten sind. An dieser Stelle lichen Interessen der 20 Teilneh- befehlshaber von Staaten in einer nenstadt ziehen können. Wer auf gleich eine UN-Vollversammlung zu mer einen Konsens zu erzielen, der kapitalistischen Herrschaftsstruk- eine selbst gewählte Art gegen G20 fordern, ist Unsinn. Das würde den dann die viel größere Weltgemein- tur. Wie der italienische Marxist An- protestieren will, wird auf einen ent- mit 20 Mitgliedern plus Gästen oh- schaft voranbringen kann. Das gilt tonio Gramsci gesagt hätte: Vertreter fernten Platz verwiesen. All das, was nehin schon weit gesteckten Rah- auch für die Nichtregierungsorga- jener Herrschaft, die es schafft, ihre eine Demokratie im Unterschied zu men sprengen. nisationen, die das zu beeinflussen eigenen Interessen zu gesellschaftli- einer Türkei unter Erdoğan ausma- Auch beim jetzigen Format muss versuchen. chen Interessen umzudefinieren, sie chen könnte, wird hier bis zur Un- man aushalten, dass Staats- und Re- Ein bisschen Finanzmarktregu- also zu verallgemeinern. Genau das kenntlichkeit zurechtgestutzt. gierungschefs dabei sind, deren Po- lierung ist besser als gar keine und ist für Viele der Anlass, gegen sie zu Das Signal, das von einem sol- litik man unmöglich findet. Trump, überhaupt ein Ziel für den Klima- protestieren. chen Szenario ausgeht, ist: Wir kön- Putin und Erdoğan sind – mehr oder schutz zu formulieren, ein Fort- Es geht also um Politik. Fragt sich nen auch Polizeistaat: Wir können weniger seriös gewählt – in der Welt. schritt, der sich nicht von selbst ver- nur, für wen. Und geht es nicht in auch scheiße sein. Wen wundert es Sie sich weg zu wünschen, hilft nicht steht. erster Linie um die Inszenierung – da, wenn es vielen Leuten stinkt?

weiter. um einen Werbefeldzug marodie- Alle Illustrationen: Imke Staats Wer in Firmen mit mehreren ■■GERNOT KNÖDLER ist Redakteur der render politischer Eliten? Wobei ■■LENA KAISER ist Chefin vom Dienst Standorten arbeitet, hat ein Gefühl taz.nord in Hamburg bei der gegenwärtigen Besetzung der taz.nord in Hamburg II TAZ.AM WOCHENENDE SONNABEND/SONNTAG, 20./21. MAI 2017 G20

AGENDA Im offiziellen Programm thematisiert die BESSERE AGENDA Am besten, die G20 nähmen sich zurück Bundesregierung fast alle aktuellen Weltprobleme und hörten auf, anderen Beschlüsse aufzudrücken Wachstum, Weniger Wachstum über alles G20 wäre mehr

VON MALTE KREUTZFELDT ren sollen, ist für die Bundes­ gungen sinnvoll ist: Eine „treib­ VON CHRISTIAN JAKOB Auf UN-Ebene gibt es durch­ Zwei Ausnahmen aber gibt regierung der Freihandel. An­ hausgasneutrale Energieversor­ aus Ansätze für die „globalen es, in denen die G20 selbst ak­ ür ein Treffen, das nicht gesichts einer „zunehmenden gung“ sei „zentrale Grundlage ie „globalen Herausfor­ Herausforderungen unserer tiv werden sollten. Eine ist die einmal zwei ganze Tage Skepsis gegenüber grenzüber­ für Wirtschaftswachstum und derungen unserer Zeit Zeit“, doch sie kranken durch­ Hungerkatastrophe in Ostafrika. dauert, ist das Programm schreitendem Handel und offe­ Wohlstand“, heißt es im deut­ zu meistern“ ist das Ziel weg an mangelnder Unterstüt­ 23 Millionen Menschen sind F ziemlich umfassend. nen Märkten“ soll der G20-Gip­ schen G20-Programm. D der G20. So steht es in zung. Die G20 haben sich diese akut vom Hungertod bedroht, Ob Weltwirtschaft oder Kli­ fel dazu beitragen, „die konkre­ Weniger kontrovers – aber dem Programm für das Gipfel­ Unterstützung zwar auf die Fah­ die UN sprechen von der größ­ maschutz, ob Terrorismusbe­ ten Vorteile von Handels- und auch weniger konkret – dürf­ treffen im Juli. Schon hier liegt nen geschrieben, gewähren sie ten humanitären Krise seit dem kämpfung oder Digitalisie­ Investitionsoffenheit sowie ten andere Themenstränge sein. das Problem. aber faktisch nicht. Das gilt für Zweiten Weltkrieg. Die Ursache rung, ob Landwirtschaft oder Handelsintegration einer brei­ Forderungen wie „Gesundheit Die G20 halten sich zugute, das Pariser Klimaabkommen, sind vor allem bewaffnete Kon­ Stärkung von Frauen: Es scheint, ten Öffentlichkeit zu vermit­ fördern“, „Beschäftigung stär­ dass, im Gegensatz zu den G7, aus dem die USA auszustei­ flikte, die Folgen aber lassen sich als wolle die Bundesregierung teln“. Doch dafür dürfte ange­ ken“ oder „Chancen der Digita­ große Teile der Bevölkerung gen drohen. Es gilt für die UN- derzeit nur mit Geld bewältigen: als Gastgeberin beim G20-Gip­ sichts der protektionistischen lisierung nutzen“ tun nieman­ des globalen Südens vertreten „Agenda 2030“ zur Armutsbe­ Zwei Milliarden Dollar bräuchte fel am 7. und 8. Juli in Hamburg Position von US-Präsident Do­ dem wirklich weh. sind. Aber die Welt besteht nicht kämpfung, aus deren Umset­ das Welternährungsprogramm sämtliche Probleme des Plane­ nald Trump auch intern zu­ Beim Thema „Flucht und Mi­ aus 20 Staaten, sondern aus fast zung etwa Deutschland mit sofort, nicht einmal ein Vier­ ten lösen. nächst einige Vermittlungsar­ gration“ fehlen konkrete Vor­ 200. Für die „globalen Heraus­ seiner „Nachhaltigkeitsstrate­ tel der Summe wurden ihm zur Damit setzt sich die Tendenz beit erforderlich sein. Gleiches schläge im deutschen Pro­ forderungen“ gibt es des­ gie“ die Handels-, Migrations- Verfügung gestellt. Dies aufzu­ fort, das Treffen der 19 wich­ gilt für ein weiteres bisheriges grammpapier komplett; halb die Verein­ und Agrarpolitik ausklammert stocken wäre zweifellos eine tigsten Industrie- und Schwel­ Kernthema der G20, den Kampf die Staats- und Regie­ ten – was praktisch alle einschlägi­ Aufgabe für die G20. lenländer plus der EU thema­ gegen Steuerflucht und Steu­ rungschefs sollen es gen NGOs in einer gemeinsa­ Die zweite Ausnahme ist der tisch immer mehr auszuwei­ erbetrug: Hier sind weitere lediglich „adressie­ men Stellungnahme kriti­ Kampf gegen Steuerflucht. Sie ist ten. Als Ergänzung zur seit 1975 Fortschritte angesichts der ren“ und „Vor­ siert haben. Es gilt auch einer der wichtigsten Faktoren existierenden Industriestaa­ US-Position wenig wahr­ schläge erar­ für die auch von Deutsch­ für die globale Vermögenskon­ tengruppe G7 wurde die G20 scheinlich. beiten, wie land und der EU boykot­ zentration und die Unterfinan­ (zunächst als G22) erst 1997 als Schwierigkeiten die inter­ tierten UN-Verhandlun­ zierung öffentlicher Haushalte. Reaktion auf die Asienkrise ge­ sind auch beim natio­ gen zu verbindlichen Über 500 Milliarden Dollar ge­ gründet. Weil es fast ausschließ­ Thema Klima­ Menschenrechtsnormen hen diesen nach Weltbank- lich um finanzpolitische Fragen schutz zu er­ für Wirtschaftsunterneh­ Schätzungen jährlich allein ging, trafen sich beim G20-Gip­ warten, das die men. Und es gilt für den durch legale Steuervermeidung fel in den ersten Jahren nur die Bundesregie­ globalen Handel. transnationaler Konzerne verlo­ Finanzminister. rung pro­ Hier gibt es die Welthan­ ren. 100 Milliarden davon flie­ Erst die im Jahr 2007 begin­ minent delsorganisation WTO, zwar ßen aus Entwicklungsländern ab nende weltweite Finanz- und auf die kein Teil der UN, aber immer­ – fast genauso viel, wie an Ent­ Wirtschaftskrise führte dazu, Agenda hin 164 Mitgliedsstaaten stark. wicklungshilfe gezahlt wird. Für dass sich ab 2008 im Rahmen gesetzt Ihre so genannte Doha-Runde den Kampf gegen die Steuerver­ des G20 die Staats- und Regie­ hat. böte theoretisch die Chance, meidung aber gibt es bislang nur rungschefs trafen – was sukzes­ Beim die Entwicklungsländer im schwache UN-Gremien. sive zu einer Erweiterung des Finanz­ Welthandel zu stärken. Aber sie Bei der letzten großen UN- Themenspektrums um Außen-, minis­ kommt seit Jahren nicht voran, Entwicklungskonferenz 2015 in Sicherheits- und Umweltpolitik tertreffen blockiert von den Industriestaa­ Addis-Abbeba schlugen die Län­ führte. Um diese Themen vorzu­ im März in ten. Diese setzen heute auf bi­ der des globalen Südens eine bereiten, gibt es auf G20-Ebene Baden-Ba­ laterale und regionale Freihan­ Steuerorganisation unter dem zusätzliche Treffen von Fachmi­ den wurde delsabkommen wie die Econo­ Dach der UN vor. Die Industrie­ nisterInnen, in diesem Jahr aus das Thema auf mic Partnership Agreements, staaten aber lehnen das ab – sie den Ressorts Außen, Finanzen, Wunsch der US- Nationen. Die beste die ihnen freien Marktzugang wollen die internationale Steu­ Wirtschaft, Gesundheit, Arbeit Delegation kom­ Agenda, die sich die eröffnen und Investorenrechte erpolitik in den Händen der von und Landwirtschaft. plett von der Tages­ G20 selbst setzen sichern. Die G20-Staaten könn­ ihnen kontrollierten OECD be­ Trotz der großen Ausweitung ordnung gestrichen. könnten, wäre da­ ten sich stattdessen dazu be­ lassen. Die G20 wären die Rich­ des Themenspektrums wird in Das dürfte in Ham­ her, sich zurückzu­ kennen, die Doha-Runde beim tigen, ihnen dies auszureden. Hamburg voraussichtlich die burg nicht ohne Weiteres nehmen; der Versu­ anstehenden WTO-Gipfel im Denn unter Steuerflucht lei­ Wirtschaftspolitik dominieren. gelingen, doch große Fort­ nale Zusam­ chung zu widerstehen, eigene Dezember in Buenos Aires wie­ den in absoluten Zahlen vor al­ Im 14-seitigen Papier, in dem schritte sind nicht zu erwarten. menarbeit verbessert werden Beschlüsse zu fällen, die sie qua der aufzunehmen. „Überprüf­ lem die G20-Staaten – Schwel­ die Bundesregierung als Gast­ Angesichts der Tatsache, dass kann“. Im Rahmen der „Part­ Wirtschaftskraft den übrigen bare Beschlüsse der G20 zur lenländer wie China, Indien, geberin ihre Schwerpunkte für Donald Trump nicht an den nerschaft mit Afrika“ sollen Staaten aufzwingen können. Unterstützung der UN-Abkom­ Argentinien oder Indonesien den Gipfel vorstellt, erklärt sie menschengemachten Klima­ vor allem private Investitio­ Stattdessen sollten die G20 men zu Klima oder Nachhaltig­ ebenso wie die USA, Frankreich „starkes, nachhaltiges, ausge­ wandel glaubt, wäre es schon nen in Infrastruktur gestärkt die vergleichsweise legitime­ keit würden auch den Entwick­ oder Japan. Doch die bislang wogenes und inklusives Wachs­ ein großer Erfolg, ihn davon zu werden. Daneben steht die Be­ ren UN-Prozesse unterstützen lungsländern nützen und ihre von den G20 geplanten Maß­ tum“ zum „übergreifenden Ziel überzeugen, nicht komplett aus kämpfung von Terrorfinanzie­ – die ihrerseits viel stärker für Eliten unter Zugzwang setzen“, nahmen zur „Vermeidung von der G20“; mit zwanzig Erwäh­ dem Pariser Klima-Abkommen rung und Geldwäsche auf dem zivilgesellschaftliche Beteili­ sagt Francisco Marí von Brot Gewinn­kürzungen und -verla­ nungen gehört Wachstum zu auszusteigen. Die Bundesre­ Programm. gung geöffnet werden müssten. für die Welt. Doch das sei ein gerungen“ greifen viel zu kurz. den häufigsten Begriffen des gierung will gegenüber Trump So könnten Entscheidungen, die „frommer Wunsch, wenn man Programms. dafür werben, dass ein Umstieg ■■Malte Kreutzfeldt ist Redak- die ganze Welt betreffen, demo­ sich anschaut, wie es etwa um ■■Christian Jakob ist Redakteur Zentral für dieses Wachstum, auf erneuerbare Energien auch teur für Wirtschaft und Umwelt kratischer fallen, als es in Ham­ Menschenrechte bei den meis­ im Ressort Reportage und Re- von dem alle Staaten profitie­ unabhängig von Klimaerwä­ im Parlamentsbüro der taz. burg geschehen wird. ten G20 Staaten steht.“ cherche der taz.

ANZEIGE EDITORIAL

s fängt ja schon mit die­ gehört, würden Segler den an. Der wollen wir mit dieser Bannermeer,Bootsdemo, sem Knoten an. Ein Kreuz­ Schotstek empfehlen, der zum taz-Sonderausgabe ebenso ent­ E knoten! Das offizielle Sym­ „Verbinden zweier ungleich star­ gegentreten wie mit acht tägli­ bol des G20-Gipfels ist doch tat­ ker Enden“ erfunden wurde, chen Sonderseiten in der Gipfel­ Protestmarschfür Gerechten sächlich der Kreuzknoten. Mal also von einem dicken und ei­ woche. Wir fragen offen, ob der davon abgesehen, dass das mit nem dünnen. Wie der Kreuz­ G20-Prozess überhaupt Sinn hat Welthandel, die Bekämpfung den maritimen Assoziationen knoten hat er den Vorteil, dass und warum der Gipfel in einer so eine Hamburger Marketing- er sich unter Zug immer fester Großstadt wie Hamburg statt­ sozialerUngleichheit, die Rettung Marotte ist – unter Seglern weiß zuzieht. Er ist aber ein wenig finden muss. Ob Protest legi­ man: Der Kreuzknoten ist zum schwieriger zu binden. tim oder gar geboten ist. Was „Verbinden zweier gleich starker Was lässt sich daraus nun die Bürgerrechte an den Gipfel­ des Klimasund die Stärkungder Enden“ da. schließen? Entweder ist es mit tagen noch zählen werden oder Und davon kann bei den G20 dem Maritimen in Hamburg ob der Sicherheitsstaat seine Demokratieweltweit! Sonntag,2. Juli, ja wohl überhaupt keine Rede nicht so weit her, wie oft behaup­ hässliche Fratze zeigt. sein, weniger noch als bei den tet wird, und es hat schlicht kei­ Und der Kreuzknoten? Den 12 UhrHamburger Rathausmarkt: G12, G8, G7 oder G6. Südafrika ner gemerkt, dass der Kreuzkno­ haben wir kurzerhand gekapert. und die USA, Argentinien und ten ein schiefes Symbol ist. Oder Wir dürfen das. Weil wir uns den China, Brasilien und die EU – die für den G20-Auftritt zustän­ weltweiten Initiativen verpflich­ G20Protestwelle gleich starke Enden? Nee. Da­ digen Werber sind Freizeitsegler tet fühlen, die den G20-Prozess für muss man noch nicht mal und wussten ganz genau, was sie eben wegen der in ihm ange­ jene in den Blick nehmen, über tun: mit dem hanseatisch-mari­ legten strukturellen Asymmet­ die auf dem Gipfel geredet wird, tim daherkommenden Knoten- rien, wegen der nach außen zu­ statt mit ihnen. Logo Symmetrie vorgaukeln, wo gekleisterten Machtverhältnisse Wollte man unbedingt zu­ keine sein kann. kritisieren – und dabei alles da­ WWW.G20-PROTESTWELLE.DE sammenbinden, was vielleicht Die offiziöse Gipfel-Propa­ für tun, einander auf Augen­ gar nicht so sehr zusammen­ ganda finge schon beim Logo höhe zu begegnen. JAN KAHLCKE G20 SONNABEND/SONNTAG, 20./21. MAI 2017 TAZ.AM WOCHENENDE III

DEBATTE Der Hamburger Gipfel- Koordinator Wolfgang Schmidt und der Anmelder der Gegen- G20 Im Fokus G20 Im Unterricht demo, Jan Texte zur Einführung in die Unterrichtsmaterial für eine an Aken von Arbeitsweise der G20, Doppelstunde ab Klasse 9 Themenanalysen, Länderprofile, in den Fächern Politik, der Linkspartei, interaktive Karten und Studien. Gemeinschaftskunde, Für Einsteigerinnen & Einsteiger Wirtschaft & Geografie über Sinn und genauso wie für Profis: Bestellung & Download: Unsinn des G20- boell.de/G20 boell.de/G20-Unterricht

Treffens G20 In Bewegung G20 In Böll.Thema

Wir tragen unsere Themen Böll.Thema in den Alternativgipfel 1/2017 5./6. Juli 2017, Kampnagel Die G20 am Scheideweg „Demokratie geht anders“ Mai 2017

Weitere Informationen: Bestellung & Download: MODERATION MARCO CARINI miert hat, für den Rest der Welt den breiten und internationa­ Schmidt: Viele Vertreter der Zi­ on.boell.de/alternativgipfel boell.de/thema zu sprechen. Miteinander reden len Protest kommen hier viele vilgesellschaft treffen sich im Heinrich-Böll-Stiftung, Schumannstr. 8, 10117 taz: Herr van Aken, Herr hilft immer, falsch wird es aber, AktivistInnen aus den Gewerk­ Zuge des G20-Prozesses mit der boell.de Schmidt, ist der G20-Gipfel in wenn handverlesene 19 Staaten schaften, Entwicklungs- und Kanzlerin und denen, die den Hamburg eine gute Idee? Entscheidungen treffen, die an­ Umweltschutzorganisationen Hamburger Gipfel vorbereiten. Jan van Aken: Es ist eine dumme dere Länder beeinträchtigen. aus der ganzen Welt zusammen. Diese Einbindung ist ein wich­ Idee. Am Anfang war die Ansage Demokratisch ist: 193 Länder, je­ Schmidt: Viele dieser Nicht-Re­ tiges politisches Signal an ge­ des Bürgermeisters, dieser Gip­ des Land eine Stimme. Und das gierungsorganisationen beteili­ nau die Länder, denen eine sol­ fel werde das Leben der Stadt ist UN-Generalversammlung. gen sich an den Prozessen, die che Kultur der Zusammenarbeit kaum beeinträchtigen. Mittler­ Schmidt: Der G20 trifft keine integraler Bestandteil des G20- fremd ist. Die NGOs würden sich weile wissen wir, dass fast alle Entscheidungen, die andere Prozesses sind, wie Civil20, La­ die Arbeit mit Sicherheit nicht Montag, 12.Juni 2017, 18.30-20.30 Uhr Hamburger von massiven Ein­ Länder binden, sondern geht bour20 oder Women20. Sie fin­ machen, wenn sie das Gefühl Ökumenisches Forum Hafencity Shanghaiallee 12 •20457 Hamburg schränkungen betroffen sein nur Selbstverpflichtungen ein. den es gut, dass dieser Gipfel in hätten, sie sei völlig sinnfrei. werden. Wer sich den G20-Gip­ Ein solcher freiwilliger Zusam­ Deutschland stattfindet. Sind van Aken: Da hätte ich eine Idee: fel einlädt, lädt sich auch den menschluss, der versucht, eine das nun nur Feigenblättchen in Man lädt Labour 20, Women20 Am Katzentischder Macht? Protest dagegen ein. Nun wächst gemeinsame Haltung zu finden, einer neoliberalen Veranstal­ und Civil20 nach Hamburg ein, Nichtregierungsorganisationenund den Sicherheitsbehörden das ist natürlich demokratisch. Das tung oder vielleicht doch eher entwickelt eine Debatte und das Regierende beimG20-Gipfel Ganze über den Kopf und der Pariser Klimaabkommen etwa eigenständig handelnde Orga­ mit den Regierungschefs lässt mit Staatsrat Wolfgang Schmidt (Senatskanzlei Hamburg), Innensenator warnt schon vor wäre ohne die vorherigen Ver­ nisationen, die auf die Agenda man einfach sein. Dr. Klaus Seitz (VENRO/Brot für die Welt), Toten, sollte jemand versuchen, einbarungen der G20-Staa­ Einfluss nehmen? Gegen was ge­ Herr van Aken, Ihnen wurde Thomas Eberhardt-Köster (attac Deutschland) und die Konvois bestimmter Regie­ ten nicht möglich gewesen. nau richtet sich denn nun der als Mitanmelder der zentra- Dr. Rainer Baumann (Politikwissenschaftler,Uni Duisburg-Essen) rungschefs zu blockieren. Die Steuerverschiebungen von Widerstand? len Demonstration vorgewor- WeitereVeranstaltungen: Was wäre die Alternative? transnationalen Konzernen, van Aken: Die einen sagen, G20 fen, sie hätten sich nicht von van Aken: Eine Alternative die Gesundheitsvorsorge oder ist als Grundidee vielleicht gar gewaltbereiten Demonstran- www.global-gerecht-gestalten.de ist, man packt sie alle auf drei die Digitalisierung von Arbeits­ nicht so falsch, hat aber eine ten distanziert. Kreuzfahrtschiffe. plätzen sind die aktuellen Fra­ falsche politische Stoßrich­ van Aken: Da habe ich mal eine Wolfgang Schmidt: Quatsch. gen, bei denen man versuchen tung, und die anderen – zu de­ Frage an Herrn Schmidt: Warum Das wäre der völlig falsche An­ kann, eine gemeinsame Haltung nen ich mich zähle – sagen, die distanziert sich der Senat nicht satz. G20 darf kein Ufo sein, son­ zu entwickeln. Undemokratisch machen nicht nur inhaltlich das von diesen Gewalttätern wie dern er gehört in die Öffent­ wäre er, wenn sich alle anderen Falsche, sondern haben in dieser Erdoğan und Putin? lichkeit, damit eine Auseinan­ Länder an seine Entscheidungen Konstellation keine demokrati­ Schmidt: Olaf Scholz und An­ dersetzung mit den Themen halten müssten. sche Legitimation. Ein Konzept gela Merkel haben die Vor­ tatsächlich stattfindet. Und: van Aken: Hier treffen genau wie „Compact for Afrika“ in ei­ gänge in Russland und der Tür­ Ein G20-Gipfel kann aus logis­ die Staaten zusammen und tref­ ner Runde voranzutreiben, an kei mehrfach sehr deutlich kri­ tischen Gründen auch nur in ei­ fen Verabredungen, die in der der genau ein einziges afrika­ tisiert. ner Großstadt stattfinden. Es ist Lage sind, ihre Interessen welt­ nisches Land teilnimmt, ist al­ van Aken Aber eine Distanzie­ plausibel, den Gipfel in der deut­ weit durchzusetzen, auf dem Rü­ bern und irgendwo zwischen ko­ rung habe ich von beiden noch Gipfel für schen Stadt zu veranstalten, die cken von vielen anderen Staaten lonial und imperialistisch. Wir nicht gehört. Was ich durchaus wie keine zweite für Welthandel und deren EinwohnerInnen. Das brauchen Abkommen zwischen verstehen kann, weil Distanzie­ globaleSolidarität und Internationalität steht. hat mit einer demokratischen den Industrienationen und den rung ein völlig unsinniges Mit­ van Aken: Es gibt keinen objek­ Entwicklung dieser Welt rein afrikanischen Ländern auf Au­ tel der Politik ist. Warum soll ich 5.+6.Juli in Hamburg tiven Unterschied in der Trans­ nichts zu tun. genhöhe und nicht als Diktat mich dauernd von etwas distan­ parenz, ob die G20-Teilnehmer Welche inhaltlichen Erwartun- der reichen und mächtigen Na­ zieren, was nicht meine Politik Kampnagel in den Hamburger Messehallen gen haben Sie an den Gipfel? tionen. ist. Wir bekämpfen doch gerade oder auf einem Kreuzfahrtschiff Schmidt: Es ist schon ein Wert die Gewalt der G20-Staaten in all 10:00–21:30 Uhr tagen. Wenn Hamburg es nicht an sich, dass Trump sich in Ham­ Jan van Aken ihren Facetten. Alle beteiligten einmal organisiert bekommt, burg zum ersten Mal überhaupt Gruppen sagen ganz klar, dass den Gegenprotest in Hörweite mit Putin treffen wird, weil etwa ■■56, ist Hamburger Abgeordne- von der Demonstration am 8. auf dem Heiligengeistfeld zuzu­ der Verlauf des Syrien-Konflikts ter der Links- Juli keine Eskalation ausgehen lassen, dann ist es auch kein Un­ maßgeblich davon abhängt, wie fraktion im wird. Niemand will die rote Si­ 11 Podien+70 Workshops terschied, ob ich 200 Meter oder sich die USA und Russland ver­ Bundestag cherheitszone stürmen. 200 Kilometer Distanz habe. Die halten. Ähnlich sieht es bei der und hat Schmidt: Wer so eine Demo or­ mit vielen internationalenGästen G20-TeilnehmerInnen nehmen Umsetzung des Pariser Klimaab­ die G20- ganisiert, muss klar sagen: Ge­ Infosunter: solidarity-summit.org mich so und so nicht wahr. kommens aus. Wir müssen ver­ Gegendemo walttäter sind uns nicht will­ Schmidt: Hamburg hat – mit ein suchen, Trump zu überzeugen, am 8. Juli kommen. Diese Indifferenz ge­ paar Ausnahmen – demokra­ wie wichtig das ist. Fortschritte angemeldet. genüber der Gewalt hat genau tisch gewählte Staatsführer zu erhoffe ich mir bei den weltwei­ Foto: dpa dazu geführt, dass sich viele Or­ DieAlternative zumGipfel Gast. Warum gestatten wir ih­ ten Arbeitsbedingungen, bei ganisationen aus der Vorberei­ nen nicht, sich in einem demo­ Mindestentlohnung und Ar­ tung Ihrer Demonstration ver­ derselbsternannten G20 kratischen Land zu treffen? Wol­ beitsschutz. Gerade in Ländern Wolfgang Schmidt abschiedet haben. len wir das Signal geben, dass wie Indien und Vietnam muss van Aken: Aber die Gewaltdis­ sich die Führungen der zwanzig das Verständnis dafür wachsen, ■■46, ist Staatsrat der Ham- kussion wird verlogen geführt. wichtigsten Staaten nicht mehr dass solche Ziele ein gemeinsa­ burger Senats- Jeder Protest gegen die Politik in Demokratien zusammenset­ mes Anliegen sind. kanzlei und der G20, der über eine wohl­ IMPRESSUM zen können, weil eine kleine, ra­ van Aken: Genau das ist ja Leiter des wollende Kritik hinausgeht, soll Hamburger dikale Minderheit sagt: Wir wol­ meine Kritik: Da wird nach Lö­ durch die permanente Gewalt­ Sonderdruck der taz.die tageszeitung Jan Kahlcke | Hamburg len den Gipfel entern. sungen gesucht, Bedingungen Koordinie- beschwörung diskreditiert wer­ Hausanschrift: Anzeigen: Manfred Frenz van Aken: Ich sage, G20 ist un­ in Ländern zu verbessern, die rungsstabes den. Das Ziel ist Spaltung und Rudi-Dutschke-Straße 23, 10969 Berlin Redaktion: Lena Kaiser, Jean-Philipp Baeck, Postanschrift: Postfach 610229, 10923 Berlin Jan Kahlcke demokratisch, und das hat mit gar nicht an dem Gipfel teil­ zum G20- Verunsicherung, damit mög­ Hamburg: Stresemannstraße 23, Layout: Nadine Fischer, Daniel Wiese der Frage zu tun, wer die Ver­ nehmen. Aber um auch mal et­ Gipfel. lichst wenige zu der Demonst­ 22769 Hamburg, 040 | 38 90 17-0 Illustrationen: Imke Staats treter dieser 19 Staaten legiti­ was positives zu sagen: Durch Foto: dpa ration kommen sollen. Verantwortlich i. S. des Pressegesetzes: Korrektur: Isabel Krämer, Jörg Werremeyer IV TAZ.AM WOCHENENDE SONNABEND/SONNTAG, 20./21. MAI 2017 G20 G20 SONNABEND/SONNTAG, 20./21. MAI 2017 TAZ.AM WOCHENENDE V VI TAZ.AM WOCHENENDE SONNABEND/SONNTAG, 20./21. MAI 2017 G20

DAS ARSENAL SICHERHEIT 20.000 schwer bewaffnete Polizisten schützen den G20-Gipfel in Hamburg. Die Stadt wird schon vorher im Belagerungszustand sein ■■Der „Hamburger Kessel“ ist ■■„Peterwagen“ heißen in Ham- 1986 als Grundrechtsverstoß in burg nach ihrer Funkkennung die Geschichte eingegangen, als die normalen Streifenwagen. Die die Polizei 861 Anti-Atom-De- haben neuerdings eine Maschi- monstranten teilweise bis zu 13 nenpistole und schusssichere Scharfschützen und Stacheldraht Stunden auf dem Heiligengeist- Westen und Helme an Bord. feld festsetzte ■■Bodycams sind am Körper ■■Wanderkessel ist die mobile getragene Videokameras, die VON KAI VON APPEN Besucher an den Kontrollstel- Zwar verfügten die Body- Bei den Großdemonstrationen Form des Hamburger Kessels. zurzeit in einem Pilotprojekt von len abholen müssen. Rund um guards ausländischer Präsiden- stellt sich die Polizei auch auf ■■„Hamburger Gitter“ sind ver- Streifenpolizisten auf dem St.- ines gilt schon jetzt als si- die gelbe Zone sind die Schüler ten über keine hoheitlichen Be- Ausschreitungen ein – vor al- zahnbare mobile Absperrungen. Pauli-Kiez eingesetzt werden. cher: Der Polizeieinsatz vom Unterricht freigestellt, Ki- fugnisse und dürften laut BKA- lem am Vorabend des Gipfels ■■„Survivor“ heißt der neue ■■Der „WaWe10“ ist ein moder- zum Schutz des G20-Gip- tas bleiben geschlossen. Auch Sprecherin Marianne Falasch bei der antikapitalistischen De- Panzerwagen der Hamburger ner Wasserwerfer, der 10.000 E fels in Hamburg wird der Gerichtsverhandlungen in den keine Demonstrationen auflö- monstration „Welcome to hell“, Polizei, mit dem Beamte in einen Liter Flüssigkeit im Tank hat und Größte in der Geschichte der nahe liegenden Justizgebäuden sen oder Blockaden durchbre- zu der allein 15.000 Teilneh- Kugelhagel fahren können. auch Nebelwände aus Wasser Stadt. Mindestens 20.000 Po- sind weitgehend abgesagt. chen, doch ein solcher Ausraster mer erwartet werden. Daher ist ■■Reguläre Panzerwagen wer- erzeugen kann. lizistInnen sowie Beamte des Noch umstritten ist eine wei- wird wohl selbst von Polizeistra- früh vorgebaut worden: Seit Ap- den zur Räumung von Barrikaden ■■Nato-Draht ist ein spezieller, Bundeskriminalamts und der tere „blaue Zone“: Die möchte tegen nicht ausgeschlossen. ril wird ein ehemaliger Lebens- eingesetzt. mit heimtückischen Widerhaken Bundespolizei werden aufge- die Polizei vom Hauptbahnhof mittelgroßmarkt, in dem zuvor ■■Beweissicherungs- und versehender Stacheldraht, boten – darunter auch spezielle und dem Rathaus bis hin zum Großmarkt wird Gefäng- Flüchtlinge untergebracht wa- Festnahmeeinheiten (BFE) ■■Jetskis will der Senat anschaf- Anti-Terroreinheiten, Sonder- Helmut-Schmidt-Flughafen im nis ren, südlich der Elbe in Harburg der Bereitschaftspolizei sind in fen, um das Fahren in flachen kommandos und Scharfschüt- Nordwesten der Stadt ziehen, für drei Millionen Euro zu einer Hamburg neuerdings standard- Gewässern zu ermöglichen. zen. Sie sollen vor Terrorangrif- wo sich die sogenannten Mega-Gefangenensammel- mäßig wie das Mobile Einsatz- ■■Drohnen sollen die Überwa- fen und den Protesten von Gip- Protokollstrecken be- stelle (Gesa) für 400 Pro- kommando mit Sturmgewehren chung aus der Luft verbessern. felgegnerInnen schützen. finden. In diesem testler umgebaut. In der ausgerüstet. ■■„Libelle“ wird in Hamburg der Laut einem Lagebericht des Bereich soll zwar 12.000 Quadratmeter gro- ■■Tonfa ist ein Nahkampfstock, Polizeihubschrauber genannt. Staatsschutzes des Landeskri- das Shoppen er- ßen, mit Nato-Draht gesi- den Bereitschaftspolizisten fast ■■Gesa ist kurz für Gefangenen- minalamtes Hamburg richtet laubt sein, um cherten und rund um die standardmäßig tragen. Sammelstelle. sich die Polizei neben mehre- den Einzelhan- Uhr bewachten Halle wer- ren Großdemonstrationen für del zu besänfti- den 50 Einzelzellen- sowie ANZEIGEN den ersten Gipfeltag auch auf gen, politische 70 Sammelzellen-Contai- Blockaden an den Sicherheits- Demonstration ner aufgestellt. In die neun ehen zonen und im Hafen ein, in de- wären aber ver- Quadratmeter großen Sam- Gerade mal 20Staaten st ren Verlauf Zufahrtswege, Bahn­ boten. Damit wä- melzellen mit einer Pritsche . für 80Prozent der Weltökonomie anbindungen und der Elbtun- ren die gesamte sollen jeweils fünf Personen Sie bestimmen damit die sozialen nel blockiert werden könnten. Innenstadt und gepfercht werden. und politischen Geschicke der Welt. Aber auch Angriffe auf die In- die Stadtteile Das Amtsgericht Hamburg- frastruktur der Stadt, Sabotage nördlich der Als- Mitte richtet auf dem Gesa- von Funkmasten, Störung des ter für Demonstrati- Areal zurzeit in Containern Polizeifunks, Angriffe auf die onen gesperrt. eine Außenstelle ein. Durch Stromversorgung oder die Ma- „Das wäre die Zäune getrennt und mit se- nipulation von Ampeln kämen größte Demo- paraten Eingang sollen je- in Betracht. Ein weiteres mögli- verbotszone weils neun ches Szenario sei der Versuch, in der Ge- RichterIn- die Anreise internationaler De- schichte der nen rund legationen per Flugzeug durch Stadt“, kon- um die Uhr das massenhafte Steigenlassen statiert der über frei- von heliumgefüllten Ballons zu Hamburger Bundestagsabge- heitsent- stören, heißt es in dem Papier. ordnete der Linken, Jan von ziehende Hamburg wird sich nicht nur Aken, der in eben diesem Be- Maßnah- G während der zwei Gipfeltage am reich für das Bündnis „Gren- men schnell LO L 7. und 8. Juli im gefühlten Aus- zenlose Solidarität statt G20“ und vor Ort ent- BAL SOZIA nahmezustand befinden, son- am 8. Juli die Großdemonstra- scheiden. Die Justizbehörde re- dern bereits Wochen zuvor. Das tion angemeldet hat. Obwohl aktivierte zudem das Frauenge- zeigte das ungleich harmlosere der rot-grüne Senat beteuert, „Das wäre die größte fängnis Hahnöfersand und ließ ■ Mindeststandards OSZE-Treffen in der 1,8-Millio- es werde keine Demoverbotszo- Demoverbotszone es zum Untersuchungsgefäng- für Arbeit, Gesundheit nen-Stadt im vergangenen De- nen geben, wird der wegen sei- in der Geschichte nis mit 100 Plätzen herrichten. und Wohnen zember. Damals belagerten ner Versammlungsfeindlichkeit Mehrere Bundesländer bieten ■ 13.000 Polizisten mit 3.000 Ein- bekannte Hamburger Gesamt- der Stadt“ an, Strafgefangene aus Ham- Erhalt der Lebensräume ■ satzwagen Straßenzüge, Kreu- einsatzleiter Hartmut Dudde JAN VON AKEN, HAMBURGER BUNDESTAGS- burg vorübergehend aufzuneh- eine Welt ohne Hung zungen und Parks der westli- auf sie bestehen. Das letzte Wort men, um Platz in den Hambur- ■ er ABGEORDNETER DER LINKEN UND Ächtung aller Kriege chen inneren City, Hubschrau- werden wohl die Gerichte ha- ANMELDER DER GROSSDEMO AM 8. JULI ger Knästen zu schaffen. ber kreisten über die Quartiere. ben, was Dudde in der Vergan- GipfelgegnerInnen befürch- Mit im Gepäck: 23 Wasserwerfer, genheit indes ignoriert hat. ten, dass die Polizei massiv vom 18 Panzer, 10 Helikopter, außer- Das Freihalten der Proto- ANZEIGE Instrument des Unterbindungs- dem Pferde- und Hundestaffeln kollstrecken dürfte die größte gewahrsams Gebrauch machen und 35 Polizeiboote. Herausforderung für die Poli- könnte, aber auch vom neuen zei werden. Auf diesen Routen Paragrafen 114 des Strafgesetz- Rote und andere Zonen werden die Fahrzeugkolonnen buchs, der schon das Wider- Im Juli nun sollen zwei Sicher- der 35 Regierungsdelegationen, setzen gegen eine polizeiliche heitszonen um den G20-Ta- die aus bis zu 50 Autos bestehen Maßnahme als „tätlichen An- gungsort in den Messehallen können, von der Polizei beglei- griff“ mit drei Monaten Haft im Karolinenviertel eingerich- tet und vom Airport zu den No- belegt. Der Unterbindungsge- tet werden, welches von einer belhotels in der City rund um wahrsam bedarf als präventiver linksalternativen Bewohner- die Alster fahren und dann zu Freiheitsentzug einer richterli- schaft mit Kneipen und kleinen den Tagungsorten eskortiert – chen Anordnung, kann nach Läden mit edlen Boutiquen ge- womöglich mehrmals. Hamburger Polizeirecht dann prägt ist: Eine „rote Zone“ soll aber bis zu zehn Tage dauern. sich direkt um den Tagungsort Schießwütige Bodygards Einen Vorgeschmack spüren am Fernsehturm ziehen und un- Allein hierfür sind 2.500 Ver- die HamburgerInnen seit Wo- ter der Regie des Bundeskrimi- kehrspolizisten vorgesehen, da chen: Die G20-Tagungsorte in nalamts (BKA) von Sonderkom- immer mindestens drei Routen den Messehallen und der Elb- mandos und Scharfschützen be- geplant werden und der tatsäch- philharmonie stehen unter wacht werden. Hier dürfen nur liche Weg aus Sicherheitsgrün- Polizeischutz, immer wieder sicherheitsüberprüfte und ak- den erst unmittelbar vor der Ab- kommt es davor zu Kontrol- kreditierte Personen der Me- fahrt bestimmt wird. Sollte ein len nach Outfit. Nach Brandan- dien und der Delegationen so- solcher Konvoi von Gipfelgeg- schlägen auf Polizeifahrzeuge wie die Regierungschefs und nerInnen durch eine Blockade wurden das Polizeipräsidium ihre Bodyguards hinein. Un- zum Stoppen gebracht werden, und die Unterkunft der Bereit- zählige Sicherheitskräfte und wäre es für die Hamburger Po- schaftspolizei mit Nato-Draht Geheimdienst-Agenten der De- lizeiführung nicht nur eine Bla- gesichert. Selbst der Stall der legationen werden ebenfalls vor mage, sondern der Worst Case: Pferdestaffel wird mittlerweile Ort sein. „Das wäre ein di­plomatischer bewacht. Das führt zu solchen Eine zweite „gelbe Zone“ wird Zwischenfall der höchsten Ka- personellen Engpässen, dass im Umkreis von 600 Metern um tegorie“, sagt ein Gipfelplaner. private Sicherheitsfirmen ange- den Tagungsort quer durch das Hamburgs Innensenator Andy heuert wurden. Immer wieder „Karoviertel“ gezogen. Sie um- Grote (SPD) hat deswegen Pro- kommt es zu Anti-Terror-Übun- fasst das gesamte Messegelände testler jüngst davor gewarnt, gen, Verkehrseinheiten proben und läuft quer durch den Frei- sich einem Konvoi des Kali- das Lotsen der Konvois. zeitpark Planten un Blomen. Im bers von US-Präsident Donald 27.000 Hotel-Übernachtun- Park wird sie mit Nato-Draht- Trump, Russlands Präsidenten gen in der ganzen Region wur- Barrieren und durch Polizisten Wladimir Putin oder des türki- den für PolizistInnen anderer mit Sturmgewehren geschützt. schen Autokraten Recep Tayyip Bundesländer gebucht. 185.000 Die Zufahrten zur gelben Zone Erdoğan in den Weg zu stellen, Fresspakete wollen gepackt wer- werden mit Betonklötzen und weil die Personenschützer dies den. Na dann: Mahlzeit! Panzerwagen blockiert und an als „Angriff“ miss-interpretie- 13 Kontrollstellen nur Bewoh- ren und von Schusswaffen Ge- ■■Kai von Appen ist seit 1982 ner durchgelassen, die etwaiger brauch machen könnten. Redakteur der taz in Hamburg. G20 SONNABEND/SONNTAG, 20./21. MAI 2017 TAZ.AM WOCHENENDE VII

VON JAN KAHLCKE GIPFEL-KREUZ

us dem „Hinterconti“ kommen zwei junge Hamburg Frauen, höchstens An- A fang 20. Ihr taillenlan- zeigt ges Haar weht in der Abendluft. Sie tragen Stiefel, die irgendwie an Pferde denken lassen. Und Muskeln an ein dickes Portemonnaie. Die eine geht zum Einsatzlei- an könne die Ausrich- ter, ein bulliger Typ, dessen Vo- tung internationaler lumen durch den Schlagschutz M Gipfeltreffen schließ- unter seiner Uniform auf das lich nicht nur autoritären Re- Anderthalbfache vergrößert ist. gimen überlassen, heißt es von Sie fragt ihn etwas und zeigt auf Bundesregierung und Hambur- ein schwarzes BMW-Coupé am ger Senat. Mag ja sein. Aber seit Straßenrand. Er zuckt nur mit 2001 beim G8-Gipfel in Genua den Achseln und deutet auf die die Bürgerrechte außer Kraft Menge vor ihm. Aus fast dreitau- gesetzt wurden und die Poli- send Kehlen schallt es ihm ent- zei Hunderte verletzte und ei- gegen: „Ganz! Hamburg! Hasst- nen Globalisierungskritiker er- diepolizei!“ Die andere junge schoss, schien Konsens darüber Frau drückt sich in einen Haus- zu herrschen, dass so eine Ver- eingang und weint hemmungs- anstaltung in einer westeuro- los in ihr Handy. päischen Großstadt nicht mehr Fans des FC St. Pauli sind nach möglich sei. Der G7-Gipfel fand dem Heimspiel die paar Hun- deswegen eben nicht in Mün- dert Meter vom Stadion in ei- chen statt, sondern auf Schloss ner Demo gegen den G20-Gip- Elmau, der G8-Gipfel in Heili- fel herübergezogen. Bis zum gendamm in Mecklenburg. Tagungsort in den Messehal- Dass nun mit Hamburg ein len dürfen sie nicht. Stattdes- Gipfeltreffen doch wieder in sen schlängeln sie sich kreuz eine Großstadt verlegt wurde, und quer durch die engen Stra- liegt einerseits am Länderpro- ßen des Karolinenviertels. Po- porz, in dem auch Stadtstaaten lizisten haben die Marktstraße mal an die Reihe kommen. Und abgeriegelt, Helm auf, Hand am andererseits an der Haltung des Knüppel. Fast wie früher. Hamburger Senats, der, egal Im Karoviertel prallen Wel- GIPFEL-NACHBARN Anarchisten, Künstler und Migranten bevölkern ob unter CDU- oder SPD-Füh- ten aufeinander, wie jetzt mit rung, kein hehreres Ziel kennt, den linken St.-Pauli-Fans und das Karoviertel, das direkt an den G20-Tagungsort grenzt als „Hamburg auf die Karte“ zu den Besucherinnen des „Hin- packen – getreu einem uralten terconti“. Auch das ist irgend- Minderwertigkeitskomplex. wie von früher: Eine Galerie in Was mit einem 800-Millionen- einer Ladenwohnung, in die ei- Konzerthaus nicht zu schaffen gentlich kaum BesucherInnen ist, muss der G20-Gipfel bewerk- hineinpassen. stelligen. Daher die in Hamburg Typisch Karoviertel. Hier Die linke Puppenstube verbreitete Sicht, der G20-Gipfel ist alles klein: Das Viertel sei Merkels Trostpflaster an Bür- selbst, eingeklemmt zwischen germeister Olaf Scholz (SPD) für Schlachthof, Messe und dem licher Landkommune aus. Dabei Und die legendäre Bauwagen- ein Stück Leinen mit dem Auf- schließen, weil die linke Szene die vom Volk verpatzte Olympia- Heiligengeistfeld, auf dem drei- kann es auch ungemütlich wer- burg mit dem kämpferischen druck „G20, du Opfer“. „Yuppisierung“ witterte – und bewerbung. mal im Jahr der „Hamburger den: Seit es neulich einen Brand- Namen „Bambule“ schaffte es Inzwischen gibt es auch Bou- eimerweise Scheiße vergoss. Bei Hamburgs Sozialdemo- Dom“ seine Buden und Karus- anschlag auf die Messe gegen- mit ihrer Räumung 2002 zwar tiquen, in denen man 300 Euro 30 Jahre später ist das Karovier- kratie mag noch ihr ganz eige- sells aufbaut. Und winzig sind über gab, kontrolliert die Poli- bis in die CNN-Nachrichten, be- für ein paar Schuhe hinlegen tel immer noch nicht durchgen- nes Trauma hineinspielen: Seit hier auch viele Wohnungen, die zei dauernd Besucher. Bei den stand aber nur aus einer Hand- kann. Aber immer noch andere trifiziert. Scharfrichter Schill sie vom für Schlachthofarbeiter in „Ter- Vorständen des Trägervereins voll Wagen. Wenn das benach- Schuhe als bei den Filialisten in Das hat ironischerweise mit Thron stieß, hat die SPD Tony rassen“ genannten Stichstra- tauchten Beamte bei der Arbeit barte Schanzenviertel der Aben- der Innenstadt, keinen Kilome- der Messe zu tun. Die SPD hatte Blairs Sentenz „Law and order is ßen gebaut wurden. Über die auf und ließen jeden wissen, teuerspielplatz von Hamburgs ter entfernt. „For shopping to a das Viertel zur Messeerwei- labour issue“ tief verinnerlicht. Straßen hinweg kann man sich wen sie suchten – als „Zeugen“. linker Szene ist, dann ist das Ka- different beat, head for Markt- terung vorgesehen. Die Stadt Wo sollte man sicherheitspoliti- prima unterhalten, in sie fällt Auch das Urban-Gardening- roviertel ihre Puppenstube. strasse in the altogether grit- kaufte großflächig Häuser auf sche Kompetenz deutlicher zur aber selten ein Sonnenstrahl. Projekt „Keimzelle“ ist nicht viel Auch die Läden sind vor al- tier Karoviertel, a former punk – und ließ sie vergammeln, sie Schau stellen können als bei so An eine dieser Terrassen größer als anderswo ein Wohn- lem: klein. Und deswegen: zahl- hangout“, empfahl vor ein paar sollten ja weg. Studenten, Linke einem Gipfel? duckt sich das niedrige Gebäude zimmer. Die Karo-Ecke gegen- reich. Der indische Hippiebe- Jahren die Luxusbeilage der Fi- und Einwanderer zogen in die Und auf der kaum bewohn- des Libertären Zentrums. Es hat über macht auf normale Kneipe, darfsladen oder der 50er-Jahre- nancial Times Hamburg-Touris- billigen Wohnungen. Die Messe ten Hamburger Insel Neuwerk eine kleine anarchistische Bib- nur an zwei kleinen Israel-Fähn- Ausstatter waren schon immer ten. Sonnabends, während des wuchs doch nicht und die Stadt in der Elbmündung hätte von liothek. Drinnen wird Gemüse chen erkennt man, dass sie zu da. Dann kamen die aufstreben- Flohmarkts um die alte Rin- begann eine behutsame Sanie- dem Spektakel niemand No- geschnippelt, für die „Küfa“. Das den Antideutschen gehört. Das den Mode-Macherinnen, die im derschlachthalle, ist kaum ein rung. Jetzt fürchten viele, die tiz genommen. Dort ein eige- heißt „Küche für Alle“. „Vokü“ für Centro Sociale in einem back- Hinterzimmer nähten und die Durchkommen. Stadt könnte an der Mieten- nes Tagungshaus zu errichten, „Volxküche“ wollen sie lieber steinernen alten Stallgebäude Sachen direkt ins Schaufenster Die meisten Anwohner schraube drehen. wäre auch nicht aufwendiger ge- nicht mehr sagen, wegen des ist eine Art Rote Flora im Mini- hängten. Und Fachgeschäfte, die nehmen’s gelassen. Das war wesen als das Treffen mitten in „Volks“ darin. Wie die Anarchis- aturformat, genauso linksradi- in Deutschland ihresgleichen nicht immer so. Ende der Acht- ■■Jan Kahlcke ist Redaktionslei- der Stadt. Aber der Senat wollte ten so in der Frühlingssonne vor kal, nur mit Mietvertrag und An- suchen, wie der Plattenladen ziger musste das ambitionierte ter der taz.nord und wohnt seit zeigen: Wir machen es, weil wir der Tür sitzen, sieht nach gemüt- wohneranbindung. Groove City. Im Fenster hängt Restaurant „Caspari“ wieder 28 Jahren meist im Karoviertel. es können. JAN KAHLCKE

taz.gipfelsalon hamburg

Schotten dicht: Warum die G20 Afrikas Wachsen verboten? Wie die G20 das Donald Trump, dein Freund und Helfer? Regierungen brauchen Klima retten könnten Die Kontrolle der Migration ist zu einer Frage höchster Alle reden vom Klimaschutz, auch die mächtigsten Dank des neuen US-Präsidenten stehen Freihandels- innenpolitischer Bedeutung geworden – und einer der Staaten der Welt. Nur: Wie gelingt das? Mit grünem abkommen wie Nafta oder TTIP vor dem Aus. Eigentlich Schwerpunkte der deutschen G20-Präsidentschaft. Die Wachstum oder braucht es radikalen Verzicht, eine neue genau das, was Globalisierungskritiker wollen. Regierungen Afrikas sollen ihre Bürger daran hindern, Genügsamkeit? Auf jeden Fall nicht mit dem Bau von Eine Diskussionsrunde über die Frage, ob die Liberalen nach Europa zu gelangen. Die EU bietet dafür milliarden- Kohlekraftwerken und anderen Investitionen in fossile doch Recht hatten: Wer ökonomische Freiheit bekämpft, schwere Militär- und Wirtschaftshilfe. Energien. erntet am Ende Nationalismus. Darüber sprechen wir mit: Was sich tun muss, auch in Hamburg – darüber streiten: Das diskutieren wir mit: Albert Chaibou, Journalist und Mitarbeiter bei „Alternative Barbara Muraca, Postwachstumsforscherin von der Fabio De Masi, Ökonom und Europa-Abgeordneter der Linken Espace Citoyen“ Oregon State University Rolf Langhammer, Institut für Weltwirtschaft Kiel, Melanie Müller, Stiftung Wissenschaft und Politik, Jochen Flasbarth, SPD-Staatssekretär im Bundesumwelt- Schwerpunkt: internationale Handelsbeziehungen; ehemaliger Schwerpunkt: gesellschaftliche und sicherheitspolitische ministerium Berater u.a. von EU, Weltbank und OECD Entwicklungen im südlichen und westlichen Afrika Manfred Braasch, Chef des BUND Hamburg N. N.

Moderation: Moderation: Moderation: Christian Jakob, taz-Redakteur für Reportage & Recherche Hanna Gersmann, Chefredakteurin zeozwei Ingo Arzt, taz-Redakteur für Wirtschaft und Umwelt Donnerstag, 15. Juni, 19.30 Uhr Donnerstag, 22. Juni, 19.30 Uhr Dienstag, 27. Juni, 19.30 Uhr

Kulturhaus 73, Schulterblatt 73, 20357 Hamburg | Eintritt frei VIIITAZ.AM WOCHENENDE SONNABEND/SONNTAG, 20./21. MAI 2017 G20

LINKS GEGEN LINKS In Antiimperialisten auf der einen und Antinationale und Antideutsche auf der anderen ist die radikale Linke gespalten. Beim G-20-Protest treten die Widersprüche in den Hintergrund Die Gräben bleiben

VON GEORG KIRSCHE-HUMBOLDT DGB zu einer familienfreundli- pitalismus“. Verbindend ist chen „Protestwelle“ auf, um die die Systemkritik an der ka- ecep Tayyip Erdoğan, G20-Staatschefs eine Woche vor pitalistischen Herrschaft. Wladimir Putin und Do- dem Gipfel noch schnell von ei- Aber es gibt auch Gren- nald Trump: Diese Reiz- ner faireren Politik zu überzeu- zen der Toleranz: Wohl R namen mobilisieren gen. kaum wird sich jemand zum G20-Gipfel Zigtausende Am anderen Ende der Kon- aus dem antinationalen DemonstrantInnen auf Ham- fliktskala rufen autonome An- oder antideutschen Lager burgs Straßen – die Polizei rech- tikapitalisten für den Abend auf Veranstaltungen verir- net mit Tausenden gewaltberei- des 6. Juli zum Aufstand unter ren, zu denen die Gruppe ten Autonomen. Kann die Gäs- dem Motto „G20 – Welcome to „Bildung ohne Bundes- teliste mit reaktionären und Hell“ auf. Dazu mobilisiert nun wehr“ vor dem G20-Gipfel autoritären Staatschefs ein Zu- sowohl das eher antiimperi- mit Unterstützung der Leh- sammenrücken der radikalen alistisch orientierte Bündnis rergewerkschaft GEW einge- Linken bewirken? Wird der Be- G20-Entern, das in seinen Tex- laden hat, um gegen den „west- such des rechtsradikalen US- ten weder Trump noch Erdoğan lich-imperialistischen Block“, Präsidenten oder des türkischen namentlich erwähnt, wie auch „permanenten Krieg“ oder ge- Diktators mit islamistischen das antinationale „Ums Ganze“- gen die Delegitimierung Putins Großmacht-Ambitionen dazu Bündnis. Das ist im linken Ko- und Assads zu mobilisieren. führen, dass sich im Juli sogar ordinatensystem dem anderen Auch soll es statt eines ge- jene linken Lager verbünden, Lager zuzuordnen und betrach- meinsamen zwei Camps für die sonst verfeindet sind? Und tet die G20-Gäste als zwar „wich- die Übernachtung geben: Wäh- wir die Leute siere. Weil die Lage bedroh- das ausgerechnet in Hamburg? tigste“, aber eben doch nur „Cha- rend auf dem Antikapitalisti- von der richti- licher werde, müsse man selbst Der Konflikt zwischen An- raktermasken des globalen Ka- schen Camp gar keine Fahnen chen, sagt IL-Sprecherin Emily gen Kritik am falschen Ganzen ja nicht gleich ins Kostüm des tideutschen und Antiimperi- erlaubt sind, wollen die Orga- Laquer, sondern sich für einen überzeugen“, erklärt ein Spre- Bürgerlich-Liberalen schlüpfen. alisten war an wenigen Orten nisatoren des „spektrenüber- „neuen Aufbruch“ einer Oppo- cher. Lars Quadfasel bewertet die so heftig eskaliert wie in Ham- greifenden“ Camps, das im Al- sition jenseits von Neoliberalis- Die Vorstellung, in der Aktion Rolle des neuen US-Präsidenten burg. 2009 hatten Antiimperi- tonaer Volkspark Antikapitalis- mus und Festungskapitalismus Kritik üben zu können, ist für indes anders. Er ist Mitglied der alisten gewaltsam die Vorfüh- ten wie Globalisierungskritiker engagieren. Selbstverständlich Thomas Ebermann ein „Selbst- Hamburger Studienbibliothek, rung des Films „Warum Israel“ beherbergen soll, keine inhaltli- gehe es aber auch um Kritik an betrug“. Der Hamburger hat in die sich der Tradition der kriti- von Claude Lanzmann verhin- che Ausrichtung vorgeben. Ein Gipfel-Gästen wie Trump. den vergangenen Jahrzehnten schen Theorie verschrieben hat dert. Eine Demo und ein brei- Mitorganisator des G20-En- Von letzterer will sich das manches linke Zerwürfnis mit- und vom politischen Gegner tes Bündnis verurteilten da- tern-Bündnisses erklärte, der „Ums Ganze“-Bündnis indes erlebt, gründete einst die Grü- dem antideutschen Lager zuge- mals den „Antisemitismus von Streit um Fahnen sei eine deut- abgrenzen. Mit einer Blockade nen und verließ sie wegen re- rechnet wird. Quadfasel hat in links“. Der Vorfall prägt das Ver- sche Besonderheit. GenossIn- des Hamburger Hafens am 7. formistischer Tendenzen wie- der Zeitschrift Konkret das Phä- hältnis der Hamburger Linken nen aus dem Baskenland etwa Juli sollen die Logistikketten der. Er zählt bis heute zu den nomen Trump analysiert. Der bis heute. sei nicht zu vermitteln, warum des Kapitalismus symbolisch beachteten Stimmen der an- sei ein „Reality-TV-Mussolini“, Auch ein G20-Gipfel wird sie ihre Nationalflagge nicht zei- unterbrochen werden. „Mit Ap- tinationalen Linken. „Es gibt in dessen Wahl sich eine Verach- den Graben zwischen antiim- gen dürfen. pellen an die Mächtigen ist dem keine reine Haltung im Hand- tung der Zivilisation ausdrücke perialistischem und antideut- Die richtige Kritik Am 8. Juli aber werden alle zu- nicht beizukommen“, heißt es gemenge“, sagt er. und der drohe, das Rad in Rich- schem Lager sicher nicht über- sammen auf die Straßen gehen. in dem Aufruf. Die Idee, „die Ihn lockt der G20-Gipfel gar tung Barbarei weiterzudrehen. brücken, denn er beruht ja nicht „Erdogan sollte Unter anderem rufen Gruppen Logistik der Produktion“ anzu- nicht erst auf die Straße – er Ein Grund für Quadfasel, im auf Missverständnissen: Erstere wie Attac, die Linkspartei und greifen, weil sie „ein notwendi- wird wie jedes Jahr im Som- Juli auf die Straße zu gehen? knüpfen weiter an nationale Be- wütend empfangen die Interventionistische Linke ges Element in der Realisierung merurlaub sein. Mit Leuten, Er habe sogar überlegt, auf der freiungskämpfe „kolonial aus- werden. Aber nicht, (IL) dazu auf, möglichst nah an des Mehrwerts“ ist, findet nicht die den vermeintlich guten al- großen Demo einen „zivilisato- gebeuteter Völker“ an, letztere den Ort des Gipfeltreffens zu nur Zustimmung: Lars Quadfa- ten rheinischen Kapitalismus rischen Block“ zu bilden, sagt kritisieren die spezifisch deut- weil er zufällig am marschieren. Ähnliches ver- sel, Autor der Zeitschrift Kon- gegen „böse Heuschrecken“ in er. „Auch Erdoğan sollte wü- sche Variante des Kapitalismus sucht die IL schon am Tag zu- kret, nennt es „originell“, den Stellung brächten, will er auch tend empfangen werden“, sagt und sehen die Welt immer als G20-Gipfel teil- vor, wenn es unter dem Motto Hafen lahmlegen zu wollen in gar nicht auf eine Demo. Wie Quadfasel, „aber nicht, weil eine nach den deutschen Ver- „BlockG20“ rund um die „rote Zeiten, in denen Trump mit Po- manche Globalisierungskriti- er zufällig am G20-Gipfel teil- brechen in Auschwitz. Am deut- nimmt, wo der Zone“, also den engsten Sicher- sitionen gegen den Welthandel ker das produzierende Kapital nimmt, wo der Kapitalismus lichsten wird die Differenz in Kapitalismus koor- heitsbereich, Aktionen geben eine Wahl gewinnt. Vertreter der von den „bösen Banken“ und koordiniert wird, sondern weil der Haltung zum Nahostkon- soll. antiimperialistischen Fraktion dem internationalen Finanzka- er in der Türkei ein islamisti- flikt: Antideutsche solidarisie- diniert wird, Das IL-Bündnis hat sich da- befürworten das Projekt zwar, pital zu unterscheiden, ist für sches Regime errichtet“. Letzt- ren sich mit Israel als Staat der bei auf die Rolle der Bewe- aber nur, weil es Polizeikräfte ihn „der Kern aller möglichen lich aber fürchtet er, dass seine Holocaust-Überlebenden; Anti- sondern weil er in gungsmanager festgelegt: Un- binde. Von einer symbolischen antisemitischen Mythen“ und Kritik in der Gipfel-Folklore un- imperialisten schlagen sich auf der Türkei ein ter dem politisch kleinstmög- Aktion gegen einzelne Betriebe ein „Scharnier zur Querfront“ tergeht und er von beiden Sei- die Seite der Palästinenser als lichen Nenner geht es gegen versprechen sie sich wenig. mit Rechtsradikalen. ten – der Polizei und den ande- Opfer kolonialer Enteignung. islamistisches globale Ausbeutung, Rassis- Neben dieser eigenen Ak- Und Trump, Putin, Erdoğan? ren Demonstranten – eins auf Gipfelproteste sind immer mus, Antisemitismus und für tion ruft „Ums Ganze“ am 8. Ebermann sieht die Gefahr, die Nase bekomme: Quadfasel auch ein Schaulaufen der Be- Regime errichtet“ gesellschaftliche Emanzipa- Juli ebenfalls zur Großdemo auf. dass sich die Linke mit einem wurde wegen seiner israel-soli- wegungslinken. Am 2. Juli rufen LARS QUADFASEL, HAMBURGER tion. Nicht die Unterschiede in „Auch wenn uns einiges stinkt, Verweis auf die faschistoide darischen Positionen schon kör- Greenpeace, Campact und der STUDIENBIBLIOTHEK der Linken wolle man stark ma- was dort vertreten wird, müssen Entwicklung eher entradikali- perlich angegriffen.

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