Archäologische Forschungen Auf Dem Schlachtfeld Von Grunwald/Tannenberg (1410)
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Fasciculi Archaeologiae Historicae, 2014, 27, s. 57-72 FASCICULI ARCHAEOLOGIAE HISTORICAE FASC. XXVII, PL ISSN 0860-0007 ROMUALD ODOJ ARCHÄOLOGISCHE FORSCHUNGEN AUF DEM SCHLACHTFELD VON GRUNWALD/TANNENBERG (1410) Abstract: Der Artikel erzählt die Geschichte der archäologischen Forschungen, die in den Jahren 1959-1990 an einigen Stel- len auf dem Schlachtfeld von Grunwald (1410) – in Deutschland die Schlacht von Tannenberg (1410) genannt – durchgeführt wurden. Die längsten und ausführlichsten von ihnen betrafen die Ruine der Kapelle. Die schon ein halbes Jahr nach der Schlacht von Heinrich von Plauen, dem Nachfolger des im Kampf gefallenen Hochmeisters Ulrich von Jungingen errichtete hölzerne Kapelle wurde im nächsten Krieg 1414 verbrannt. Die danach aufgebaute Kapelle aus gemauerten Steinen verfiel ein Jahrhundert später, als die Reformation mit der Säkularisierung des Deutschen Ordens in Preußen eingeführt wurde. Bei den Ausgrabungen der Ruine fand man Gräber mit Skeletten von Gefallenen der Schlacht. Die Toten waren alle ausgeraubt worden, in einigen Skelettteilen entdeckte man Armbrustbolzen. Manche Schädel und Knochen wiesen Verletzungen auf, die als tödlich zu bezeichnen sind. Unweit der Kapelle in südlicher Richtung entdeckte man Reste von Siedlung mit unter- kellerten Wohnhäusern (für die Priester). Bemerkenswert war die Entdeckung eines Ofens aus Ziegeln, eines hypocaustum. Keywords: Mittelalter, Schlachtfeld, Grunwald/Tannenberg (1410), archäologische Forschungen Vorwort Grunwald-Forschungen vorgelegt. Dieser wurde jedoch aus Die Schlacht bei Grunwald/Tannenberg hat wie keine finanziellen Erwägungen nicht angenommen. andere Schlacht in Europa eine reiche Literatur hervorge- bracht, die sich vor allem mit den Fragen ihrer Ursachen, Die Pläne ihres Verlaufs, ihrer Folgen und Tradition sowie der Lage 1. Im April 1958 wurden die Entscheidungen zum Bau des Schlachtfeldes beschäftigt.Sie wurde immer in den Jah- des Grunwald-Denkmals getroffen. Dann begannen die ren der Jubiläumsfeiern zusammengestellt: 1510, 1910, 1960 Diskussion und der Wettbewerb für ausgewählte Künst- und letztens 2010. Die Bibliographien haben bis 2010 über ler und Architektengruppen. Man sammelte auch Geld in 2800 Bücher, Artikel, Rezensionen, Romane, Gedichte und einem Gesellschaftsfonds. Da nach den Plänen schon in der Ähnliches verzeichnet1. Eine wichtige Voraussetzung für Vorbereitungsphase eine Menge Erde bewegt werden sollte die Lokalisierung des Schlachtfeldes und die Erkundung des zum Aufschütten eines sehr großen Erdhügels (als Denk- Kampfverlaufes waren die archäologischen Ausgrabungen mal), der später als Fundament für das Denkmal und andere bei Grunwald, an denen ich die Ehre (und die Freude!) hatte, Anlagen dienen sollte, wurden archäologische Forschungen beteiligt zu sein. Die Ergebnisse werden unten geschildert. vorgenommen. Die Archäologen unter der Leitung von Prof. Ich will hier vermerken, dass die ersten Anregungen zur Dr. Zdzisław A. Rajewski, Direktor des Staatlichen Archäo- konkreten Lokalisierung des Schlachtfeldes, auch mit Hilfe logischen Museums (Państwowe Muzeum Archeologiczne) archäologischer Ausgrabungen, von Hieronim Skurpski in Warszawa, hatten dem Kulturminister ein Postulat vorge- ausgingen, dem Direktor des Masurischen Museums legt, um das Schlachtfeld bei Grunwald konkret zu lokali- (Muzeum Mazurskie) in Olsztyn. Ihm war bei der Muse- sieren und deswegen archäologische Ausgrabungen durch- umskonferenz für Nordost-Polen im September 1953 auch die zuführen. Zu jener Zeit (1957) gab es noch nicht das Gesetz, Aufgabe anvertraut, das Grunwald-Thema in einem Museum das vor Beginn geplanter großer Erdarbeiten archäologische zu gestalten. Schon im Frühjahr 1954 hatte H. Skurpski den Untersuchungen durchzuführen waren. Woiwodschaftsbehörden einen Finanzierungsplan für die Im Herbst 1958 fand eine Konferenz in Olsztyn statt, auf der Archäologen, Historiker, Kunsthistoriker und Kon- servatoren über konkrete Pläne zum Thema „Grunwald“ 1 Baranowski und Czarciński 1990; Mierzwa 1990; Romu- und ihre Verwirklichung berieten. Die vorgelegten Vor- lewicz, Wysocka und Białecka 2010. schläge, auch zu archäologischen Grabungen, wurden von 57 ROMUALD ODOJ 19. Jahrhundert (und früher) gefunden und an verschiedenen Stellenaufbewahrt wurden, ist kein einziger bis in unsere Zeit erhalten geblieben. Schon 1783 wurden irgendwelche Funde von Waffen auf dem Schlachtfeld gemacht. In den Sammlungen von E. Schnippel im Gymnasium in Ostróda (Osterode) befanden sich auch solche vom „Schlachtfeld“, ebenso in den Beständen des Prussia-Museums in Königs- berg (vom „Streitplatz“). In der Sakristei der Kirche in Stębark (Tannenberg) wurden Steinkugeln, die auf den Fel- dern des Streitplatzes gefunden worden waren, aufbewahrt. Der Helm mit quadratischen Einschusslöchern von Arm- brustbolzen, der nach dem letzten Krieg auf einem Pfeiler in der Kirche in Mielno (Mühlen) angebracht war, wurde nicht gefunden. Er soll einst bei der Ruine der Kapelle auf dem Schlachtfeld gefunden worden sein. Als Friedrich Wilhelm IV. 1842 das Schlachtfeld – die Kapellenruine – besichtigte, wurde in diesem Helm geopfert. Die erste Aufgabe war ohne Probleme bewältigt wor- den. Der Wettbewerb um das Denkmal wurde nun entschie- den. Als Platz für das Denkmal wählte man eine von weitem Abb. 1. Luftaufnahme – Teil des Schlachtfeldes. Im Bild oben das sichtbare Anhöhe 1,5 km südwestlich von Stębark (Tannen- Dorf Stębark (Tannenberg), in der Mitte die Denkmal – und Muse- umsanlage, links unten die Kapellenruine. Photo: J. Miałdun. berg) und 2 km südöstlich von Grunwald (Grünfelde), nahe den Transportwegen und mit gutem Zutritt für die späteren den Behörden angenommen und die Leitung des ganzen Besucher. Auf das Projekt, einen riesigen Grunwald-Hügel Forschungsprogramms in die Hände von Prof. Dr. Z. A. aufzuschütten, wurde verzichtet. Ein Jagiełło-Hügel wurde Rajewski gelegt. Gleichzeitig mit dem Postulat waren kon- jedoch 1959 von polnischen Scouts auf Initiative von Prof. krete Pläne und Kostenberechnungen vorgelegt worden und Dr. S. M. Kuczyński eigenhändig auf einer Anhöhe 1 km die archäologischen Forschungen konnten noch im Jahr östlich der Denkmalsanlage erbaut. Die Archäologen beauf- 1958 beginnen!2. sichtigten die Erdarbeiten und das Aufschütten des Hügels 2. Hier kann ich auch schon erwähnen, dass das Gebiet durch die Jungen. des geplanten Baus eines Grunwald-Museums im Jahr (im Die zweite Aufgabe, nämlich die Bemühungen, das Rahmen des Projekts des Kulturministerium) mit vorge- eigentliche Schlachtfeld und die Lagerplätze zu lokalisieren, sehenem Bauplatz beim Dorf Stębark (Tannenberg) durch brachte ernste Schwierigkeiten (und ist bis heute von keinem Suchgrabungen und geologische Erdbohrer archäologisch Forscher gelöst worden!). Vor dieser Zeit (vor den Jahren untersucht wurde. 1957-1960) hatte kein polnischer Archäologe Forschungen Unter voller archäologischer Aufsicht standen auch die auf einem Schlachtfeld durchgeführt und besaß keine Erfah- im Frühling 2009 unternommenen Erdarbeiten im Rahmen rung in der Methodologie solcher Untersuchungen. Aber eines neues Programms des Ministeriums, die ebenfalls wesentlich war vor allem, dass die gesamte historische Lite- dem Bau eines Grunwald-Museums vorausgehen sollten. ratur und kein Historiker, der über Grunwald schrieb, eine 3. Dem archäologischen Kollektiv, das 1958 Prof. Z. A. nähere Ortsbestimmung des Schlachtfeldes geben konnten. Rajewski berufen hatte, wurde auch die archäologische Alle Skizzen über die Aufstellung der Kämpfenden und den Aufsicht über die Erdarbeiten beim Bau der ganzen Denk- Verlauf der Schlacht waren nur der Phantasie der Autoren malsanlage übertragen. Das Hauptziel war doch: Unter- entsprungen. Zugeben muss man aber auch, dass die mittel- suchungen durchzuführen, um festzustellen, wo sich der alterlichen Quellen nur spärlich Auskunft geben. Die Karte eigentliche Kampfplatz der Schlacht von 1410 befand. Grob in Johannes Voigts Geschichte Preußens von 1836 (gezeich- gesagt, meinte man damit die Felder im Dreieck zwischen net von Oberstleutnant von Fischer) hat für lange Zeit (bis den Dörfern Grunwald-Stębark-Łodwigowo (Grünfelde- heute noch!) die Aufstellung der Kampfeinheiten vor der Tannenberg-Ludwigsdorf). Die dabei in der Erde vorgefun- Schlacht zementiert3. Prof. Dr. S. M. Kuczyński hatte in denen Zeugnisse des Kampfes sollten geborgen werden, um seinem großen Werk Wielka Wojna z Zakonem Krzyżackim als künftige Ausstellungsgegenstände im Museum zu die- 1409-1411 (erste Ausgabe 1955) die Karte von J. Voigts Werk nen. Von den Gegenständen auf dem Schlachtfeld, die im übernommen und zeichnete die Fronten auf 3 km Länge4. 2 Rajewski 1959a; Rajewski 1959b; Rajewski 1959-1960; 3 Voigt 1836. Rajewski 1963; Rajewski 1964; Nadolski 1991, 24-26. 4 Kuczyński 1987, 367, 371, 387, 412. 58 ARCHÄOLOGISCHE FORSCHUNGEN AUF DEM SCHLACHTFELD VON GRUNWALD/TANNENBERG (1410) Abb. 2. Karte der Umgebung von Grunwald/Tannenberg mit markierten Plätzen der archäologischen Grabungen. Die scharfen und heftigen Diskussionen unter den Archäo- am Abend des 14. Juli. Die Kampf linien hatten sie mit Wolfs- logen bei der gemeinsamen Begehung der Felder und beim gruben befestigt – wie es die 100 Jahre später entstandene Überfliegen des Schlachtfeldes mit einem Hubschrauber „Kronika Bychowca“ vermerkt7. Wenn die archäologischen brachten wenig Konkretes. Die Archäologen sollen doch Ausgrabungen Spuren solcher Gruben finden würden, wäre das „Werkzeug“ sein und mit der „Schaufel“ bestätigen, was die Frontlinie endgültig festgestellt.