ABSCHLUSSBERICHT DER DELEGATION DER EBERHARD KARLS UNIVERSITÄT TÜBINGEN ZUR NATIONAL MODEL UNITED NATIONS KONFERENZ 2010

1. Vorwort ...... 1 2. Das Tübinger NMUN Projekt ...... 3 3. Projektleitung ...... 5 4. Die Vorbereitungen ...... 6 5. Model United Nations (HCMUN) ...... 8 6. Die Tübinger Model United Nations (TMUN) ...... 9 7. Exkursion nach Genf ...... 11 8. National Model United Nations 2011 (NMUN) ...... 13 9. Erfahrungsberichte ...... 15

General Assambly Plenary ...... 17 General Assembly 1st Committee ...... 19 General Assembly 2nd Committee ...... 22 General Assembly 3rd Committee...... 25 Security Council ...... 28 Security Council Working Group on Children and Armed Conflict (CAAC) ...... 31 International Court of Justice...... 33 Economic and Social Council...... 35 Committee for Development Policy...... 38 Committee for Sustainable Development...... 40 Commission on the Status of Women ...... 42 Economic Commission for Latin America and the Caribbean...... 44 International Atomic Energy Agency ...... 46 Office of the United Nations High Commissioner for Refugees ...... 48 World Food Programme ...... 50

10. Beispiel eines preisgekrönten Position Papers ...... 53 11. Awards der Tübinger Delegation ...... 55 12. Presseartikel Schwäbisches Tagblatt 5. Mai 2010 ...... 56 13. Danksagungen ...... 57

gefolgt. Anschließend ist die Tübinger De- 1. Vorwort legation um viele Erfahrungen reicher und sehr müde an den Neckar zurückge- Prof. Dr. Andreas Hasenclever kehrt. Institut für Politikwissenschaft Mit Japan haben die Organisatoren von Eberhard Karls NMUN 2010 den Tübingern ein weltpoli- Universität Tübingen tisches Schwergewicht zugewiesen, das vor großen internationalen Herausforde- rungen steht. Die Regierung in Tokyo muss sein Verhältnis zu den Vereinigten Staaten weiterentwickeln, es muss seine Beziehungen zu China neu definieren, es muss eine Antwort auf die Provokationen Nordkoreas finden, es muss Indien als aufsteigenden strategischen Akteur ken- nenlernen, es muss sein Engagement in militärischen Krisen überprüfen, und es muss für ein stabiles wirtschaftliches Um- feld und eine sichere Rohstoffversorgung sorgen. Eine besondere Herausforderung bestand dieses Jahr in der Teilnahme am Sicherheitsrat. Die Tübinger Delegation hat all ihr diplomatisches Geschick ge- braucht, um sich in diesem zentralen Gremium der Vereinten Nationen zu be- haupten und dem Anspruch Japans auf einen ständigen Sitz gerecht zu werden. Tübingen war Japan. Zum vierzehnten Tübingen repräsentierte in New York Mal hat eine Studentendelegation der nicht nur ein weltpolitisches Schwerge- Eberhard Karls Universität im März 2010 wicht vor großen Herausforderungen, am National Model United Nations in sondern ein fernes Land aus einem frem- New York teilgenommen. Dort hat sie auf den Kulturkreis. Für die Delegation be- über 3400 Kommilitonen aus fünf Konti- deutete das viel Arbeit. Sie musste sich nenten getroffen, die alle fremde Natio- mit der Innenpolitik japanischer Außen- nen repräsentierten, und die alle dieselbe politik vertraut machen und die kulturel- Aufgabe hatten: Sie sollten die Interessen len Rahmenbedingungen des internatio- ihrer Länder so realistisch wie möglich in nalen Engagements Japans kennenler- dem dreitägigen Verhandlungsmarathon nen. Darüber hinaus galt es, sich auf dem zur Geltung bringen. Wie jedes Jahr, gab diplomatischen Parkett am Hudson nach es heftige Debatten, bewegende Appelle allen Regeln diplomatischer Kunst zu be- und bittere Enttäuschungen. Die Mitglie- haupten. Das notwendige Wissen für ih- der der Tübinger Delegation haben erfah- ren Auftritt in New York eigneten sich die ren, wie mühsam es ist, über kulturelle Tübinger Studenten mit großem Einsatz Grenzen hinweg gemeinsame Lösungen in Workshops und mit Hilfe von externen für vertrackte Konflikte zu finden. Sie ha- Experten an. ben festgestellt, dass Verhandlungsfort- Die Tübinger Delegation hat ihre Sache schritte angesichts dramatischer Krisen sehr gut gemacht. Mit ihrer Begeisterung oft beschämend klein bleiben. Und sie und ihrer Vorbereitungen, haben sie in haben realisiert, dass es kaum Alternati- New York auch unter Stress politische ven zu den langsamen diplomatischen Konstellationen schnell erkannt, Hand- Mühlen der Vereinten Nationen gibt. Den lungsoptionen präzise analysiert und an- intensiven Vorbereitungen in Tübingen gemessen agiert, um die japanische Posi- ist also eine aufregende Zeit in New York tion voranzubringen. Dies wurde von den

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NMUN-Veranstaltern mit der Vergabe von mehreren Auszeichnungen gewür- digt. Die Delegation der Universität Tü- bingen wurde sowohl für ihre „outstan- ding position papers“, Vorbereitungspa- piere die die außenpolitische Position Ja- pans zu den verschiedenen Komitee-The- men darstellen, als auch für ihre Gesamt- leistung in New York als „distinguished delegation“ ausgezeichnet. Zudem wur- den drei einzelne Studierende in ihren Komitees, Jérôme I ngenhoff im Security Council , Ana Ilievska in der Security Council Working Group on Children and Armed Conflict und Alexandra Schaal in der Economic Commission on Latin Ame- rica and the Caribbean von ihren Mit-De- legierten als „Outstanding delegates“ ge- wählt. Ich freue mich, dass sie den echten Dip- lomaten zeigen konnten, dass Lösungen für Konflikte möglich sind, an denen sie bislang gescheitert sind.

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vorbereitet, sie lernen die Regeln (die 2. Das Tübinger NMUN Projekt „Rules of Procedure“), die zum Großteil auch in den echten Vereinten Nationen Als Student für eine Konferenz gelten. Sie lernen Verhandlungstaktiken nach New York? und Diplomatengeschick im Umgang mit weltpolitischen Themen und gegensätzli- Ganz genau. Die National Model United chen bis feindlichen Sichtweisen, lernen Nations (NMUN), die seit 64 Jahren jedes sich auszudrücken und ihre Position rhe- Frühjahr im Herzen des Big Apple, in torisch sauber zu vertreten und zu vertei- Manhattan stattfinden, sind eben so viel digen. Im nunmehr vierzehnten Jahr ent- mehr als „nur“ eine Exkursion. Sie sind sendet die Tübinger Universität eine De- kein Shoppingtrip, und auch kein kleines legation zu dieser größten aller UN- Planspiel, für das man sich mal eben im Planspiele

Die Tübinger Delegation 2010 Vorübergehen fit macht. Jede Universität oder andere studentische Organisation, weltweit. In diesem Jahr bewegten sich die teilnimmt, bekommt ein Land oder unter den ca. 4000 Delegierten aus aller eine Nichtregierungsorganisation zuge- Welt auch 23 Tübinger, die sich akribisch wiesen, deren Interessen sie in unter- auf ihre Rolle vorbereitet hatten: Die In- schiedlichsten, aber realistischen UNO- teressen ‚ihres‘ Landes, nämlich Japans, Komitees zu vertreten haben. Sie haben zu wahren. die Möglichkeit, mit Studierenden aus al- Im Zuge der Vorbereitung lernten die ler Welt am Abschlusstag in den Original- Studenten jedoch nicht nur Regeln ken- konferenzräumen der Vereinten Nationen nen, und sie verbesserten auch nicht nur zu verhandeln, bei „Mission Briefings“ ihre Fähigkeiten als Redner. Sie lernten echte Diplomaten ihres Landes zu treffen eine für die meisten neue Kultur kennen, und somit selbst zu Botschaftern der denn Japan, so vertraut einem der Begriff UNO zu werden. vorkommt, ist doch unglaublich fremd. In Tübingen werden die Studenten im Um als Delegierte/r erfolgreich zu sein, Laufe eines ganzen Semesters intensiv bedarf es eben noch mehr als nur der

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Kenntnis der Regeln – man muss sich auch auf das Land, den Kulturkreis und seine Gegebenheiten einlassen. Selbst, wenn diese den persönlich eigenen Vor- stellungen widersprechen. Genau hierin liegt die Stärke und die Signifikanz dieser Konferenz: Gemeinsam mit Studierenden aus der ganzen Welt die Abstände ein bisschen kleiner werden zu lassen.

Die Auszeichnungen Auch in diesem Jahr war es der Tübinger Delegation möglich, mit einigen Awards nach Hause zurückzukehren. Insgesamt wurden die Studenten fünfmal ausge- zeichnet. So wurden sowohl die im Vor- aus eingereichten Positionspapiere wie auch die Delegation als Ganzes geehrt. Zusätzlich konnten drei Einzeldelegierte in ihren Komitees als herausragende De- legierte überzeugen.

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3. Projektleitung als Delegierte an verschiedenen MUN- Simulationen teilgenommen, darunter Die Teilnahme von Tübinger Delegati- die WorldMUN 2005 in Edinburgh, onen bei NMUN wird jährlich von Schottland. Bei NMUN 2010 war Ing- Mitarbeitern des Lehrstuhls Internati- vild Bode zum zweiten Mal als Faculty onale Beziehungen/Friedens- und Advisor tätig und hier insbesondere Konfliktforschung am Institut für Po- für Sponsoring verantwortlich. Derzeit litikwissenschaft der Eberhard Karls arbeitet sie an ihrer Dissertation über Universität Tübingen organisiert. den Einfluss individueller Akteure in den Vereinten Nationen. Alexandra Schaal (24) und To- masz Kruczek (26) waren bei NMUN 2010 die Projektkoordinatoren und Head Delegates. In ihren Verant- wortungsbereich fielen die inhaltliche Vorbereitung der Work-shopsitzungen sowie organisatorische Aufgaben, wie die Organisation der Exkursion nach Genf und die Suche nach regionalen Experten. Beide sind Studenten an der Eberhard Karls Universität Tübingen; während Alexandra Schaal Politikwis- senschaft und Soziologie auf Magister studiert, ist Tomasz Kruczek Magis- terstudent der Politikwissenschaft, Amerikanistik und Ostslavischen Phi- lologie. Prof. Dr. Andreas Hasenclever Prof. Dr. Andreas Hasenclever (47) ist seit 2004 Professor für Frie- densforschung und Internationale Po- litik am Institut für Politikwissen- schaft. Er hatte im Jahr 2000 seine Promotion zum Thema „Die Macht der Moral in den Internationalen Be- ziehungen. Analyse der militärischen Interventionenen westlicher Staaten in Somalia, Ruanda und Bosnien“ ab- geschlossen und war dann zunächst als wissenschaftlicher Projektleiter an der Hessischen Stiftung für Friedens- und Konfliktforschung tätig. 2010 veranstaltete er das zur NMUN- Vorbereitung gehörige Seminar „The United Nations System – Politics and Policies“ und war bereits zum vierten Ingvild Bode Mal akademischer Betreuer der Tü- binger NMUN-Delegation. Ingvild Bode , M.A. (30) ist wissen- schaftliche Mitarbeiterin der Abtei- lung Internationale Beziehungen des Instituts für Politikwissenschaft. Sie hat bereits während ihres Studiums

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4. Die Vorbereitungen Halten einer guten und überzeugenden Rede; hierbei hatten sie auch die Mög- Die Vorbereitungen für die fünftägige Si- lichkeit, sich gegenseitig ein Feedback zu mulation in New York folgte auch in die- geben und voneinander zu lernen. Dar- sem Jahr einem bewährten Muster, das über hinaus lernten die Studierenden, wie sowohl einen theoretischen als auch einen eine Resolution bzw. ein Report und die praktischen Teil beinhaltete: Auf der ei- nen Seite standen das einmal wöchentlich stattfindende Seminar über die Vereinten Nationen sowie der NMUN-Workshop; auf der anderen Möglichkeiten für die Studierenden, das Erlernte in der Praxis anzuwenden und sich untereinander aus- zutauschen.

Das Seminar

Die Leitung für das Seminar „The United Nations System – Politics and Policies“ Die Delegierten bei der ersten Simulation hat dieses Jahr Prof. Dr. Andreas Hasen- clever übernommen. Untersucht wurde Positionspapiere aussehen müssen und unter anderem die Effektivität der Verein- wie deren Inhalte zu strukturieren sind. ten Nationen in jeweils unterschiedlichen Den Großteil der Arbeiten mussten die Politikfeldern sowie ihre innere Struktur. Teilnehmer allerdings zu Hause verrich- Zur Veranschaulichung wurden auch ten, so etwas das Verfassen der Positions- Fallbeispiele hinzugezogen. Diese Veran- papiere. Von diesem Dokument mussten staltung war ein reguläres Hauptseminar sie im Laufe der Vorbereitungen mindes- am Institut für Politikwissenschaft und tens zwei Entwürfe abgeben und erhielten für jeden NMUN-Teilnehmer verpflich- ein Feedback durch die Head Delegates tend. Sie wurde am Ende des Semesters und den Faculty Advisor bevor eine end- mit einer Hausarbeit oder einer Klausur gültige Fassung nach New York geschickt abgeschlossen. Nach Bekanntgabe, dass wurde. Um den Studierenden das Verfas- die Tübinger Delegation Japan in New sen dieser Papiere zu erleichtern, erhiel- York vertreten würde, wurde im Laufe des ten sie vorher die Aufgabe, sämtliche Semesters immer wieder Bezug auf dieses Konventionen, Verträge, Resolutionen Land genommen. etc. zu recherchieren, die mit den jeweili- gen Themen und den Komitees zu tun Der Workshop hatten und dabei die Position Japans zu Während das Seminar auch für Studie- diesen Dokumenten herauszufinden. Die- rende offen stand, die nicht an NMUN se so genannten Landmark Documents teilnahmen, konzentrierte sich der Work- sollten den Studierenden auch in New shop ausschließlich auf die Vorbereitung York als ein wichtiges Nachschlagewerk auf der bevorstehenden Simulation in dienen, wenn während der Verhandlun- New York. Organisiert wurde er wie jedes gen etwa eine bestimmte Konvention zur Jahr von zwei Head Delegates, diesmal Sprache kam. Tomasz Kruczek und Alexandra Schaal. Im Workshop bekamen die NMUN- Die Gastvorträge Interessierten eine Einführung in die Die landesspezifischen Informationen zu wichtigsten Grundlagen, die für eine Teil- Japan wurden den Teilnehmern bei zwei nahme an der Konferenz in New York un- Gelegenheiten vermittelt. Bei dem ersten erlässlich sind. Neben dem Auswendig- Treffen am 17. Dezember 2009 war Maki- lernen der „Rules of Procedure“ erhielten ko Yamauchi bei der Delegation zu Gast. die Studierenden Tipps und Tricks für das Mit ihrem Vortrag über die gegenwärtige

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Politik und Parteienlandschaft Japans hat Um den genauen Ablauf einer UN- sie ein interessantes Bild ihres Landes ge- Konferenz zu kennen, ist es unerlässlich, zeichnet. Auch der kulturelle Aspekt wur- vor NMUN mindestens eine Probesimula- de nicht vergessen und die Delegierten tion durchzuführen. Dieses Jahr nahmen absolvierten einen Japanisch-Crash-Kurs. die Tübinger Studierenden an drei sol- Am 19. Januar 2010 fand eine Videokon- chen Simulationen teil. Bei der ersten im ferenz mit der Professorin Atsuko Higas- November 2009 waren sie unter sich; hino von der Hiroshima City Universität, diese kleine Konferenz diente hauptsäch- die den Teilnehmern wichtige Informati- lich dazu, die in der Theorie erlernten onen zu spezifischen Fragen über die in- „Rules of Procedure“ in der Praxis anzu- ternationalen Beziehungen Japans gege- wenden. Das Hohenheim Castle Model ben hat. So wurden auch sehr viele Prob- Unted Nations (HCMUN) im Dezember leme geklärt, die die Delegierten bei der gab den Tübingern das erste Mal die Interpretation der japanischen Position in Möglichkeit, gemeinsam mit Studieren- ihren Komitees hatten. den anderer Universität an solch einer Konferenz teilzunehmen. Tübingen Mo- Kompaktphase und Exkursion del United Nations (TMUN), die dieses Am 23. Januar 2010, einem Samstag, Jahr am 5. und 6. Februar 2010 stattfand, fand eine Kompaktphase statt, in der die gilt traditionellerweise als Generalprobe NMUN-Teilnehmer gemeinsam die all- für NMUN. gemeine außenpolitische Position Japans in verschiedenen Gruppen ausarbeiteten. Departments Im Vorfeld hatten die Head Delegates und Neben der Teilnahme am UN-Seminar Faculty Advisor darauf geachtet, dass alle und den NMUN-Vorbereitungen musste Themen in den 15 Komitees so gut wie jeder Studierende sich in einem von sie- möglich abgedeckt sind. Es sollte sicher ben Departments engagieren, die als Zeil gestellt werden, dass die Gruppe in New hatten, Sponsoren zu finden, Geld für das York als eine Delegation auftritt und dass Projekt zu sammeln, TMUN zu organisie- nicht in 15 Komitees 15 verschiedene Po- ren, und die Presse auf unsere Arbeit sitionen vertreten werden. Bei einer opti- aufmerksam zu machen. So gab es neben onalen Exkursion nach Genf vom 28. den Brochure und Fundraising Depart- Februar bis 3. März 2010 bekamen die ments auch das Party Department, das Teilnehmer darüber hinaus die Möglich- PR Department, und das TMUN Depart- keit, Mitarbeiter der Vereinten Nationen ment. Darüber hinaus war ein Student zu treffen und Fragen zu stellen. damit betraut, unsere Homepage auf dem neusten Stand zu halten, und eine Stu- Sprachtrainings dentin damit, die Finanzen der Delegati- Wie schon in den letzten Jahren freute on zu verwalten. Die Studierenden wur- sich die Tübinger Delegation auch 2010 den zu Beginn des Semesters in eines die- über die Unterstützung des Deutsch- ser sieben Departments aufgeteilt und er- Amerikanischen Instituts in Tübingen nannten unter sich einen so genannten (d.a.i.) und von Cevey Consulting. Dank Head, der als Repräsentant der Gruppe dieser professionellen Sprachtrainings, über die interne Arbeit informierte. bei denen die Studierenden beim Halten ihrer Reden gefilmt wurden, erhielten die Teilnehmer wertvolle Tipps, wie sie auf überzeugende und selbstbewusste Weise ihre Argumente verdeutlichen können, ohne dabei die vorgegebene, häufig knap- pe Redezeit zu überschreiten.

Simulationen

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5. Hohenheim Model United immer leicht Konsens erreichen. Nations (HCMUN) Im Laufe des Tages haben die Chairs, so- wohl von Hohenheimer als auch Tübinger Die Model der Vereinten Nationen in Ho- Seite, die prozeduralen Fragen geklärt henheim war der erste auswärtige Test für und den Delegierten nützliche Tipps ge- die Tübinger Delegation, bei dem insge- geben, die ihnen bei der Arbeit an den samt ca. 40 junge Diplomaten die Inte- Resolutionen helfen sollten. Und abends ressen ihrer ausgewählten Länder in der wurden vier Resolutionsprojekte ange- Generalversammlung vertreten haben. nommen, wenn auch einige nur mit knappen Mehrheiten und erneuter Zäh- lung der Stimmen. Am Ende waren je- doch alle zufrieden, dass sie ihre Länder gut vertreten haben und die wichtigsten Punkte in die Resolutionen gekommen sind. Alle bis auf Kuba und Venezuela, die nachdem ihr Resolutionsprojekt keine Mehrheit bekommen hatte, den Sitzungs- saal demonstrativ verlassen haben! Ein kleiner Eklat zum Abschluss der HCMUN. Nach dem anstrengenden Arbeitstag vol- ler Verhandlungen, wurden alle in den Weinkeller des Schlosses zu einem ge- Besprechung des Resolutionsprojekts mütlichen Ausklang der Simulation bei Wir mussten recht früh aufstehen, um mit einer Weinprobe eingeladen. Es wurde in den Autos und öffentlichen Verkehrsmit- einer freundlichen Stimmung weiter ver- teln nach -Hohenheim zu gelan- handelt, jedoch eher über weniger ernste gen. Alle haben es rechtzeitig geschafft, Themen. Und Kuba und Venezuela waren und nach der Registrierung und einer auch dabei. kurzen Begrüßung seitens der Organisa- toren konnte die Simulation in dem wun- derschönen Schloss Hohenheim begin- nen. Eine Simulation, die in solchen Räumlichkeiten gehalten wird, gewinnt zusätzlich an Flair und erlaubt es den De- legierten, sich noch besser in die Diplo- matenrolle zu versetzen. Da die Mehrheit einig war, dass dem Thema „10-Year Re- view of the Implementation of the Millennium Development Goals” die größte Aufmerksamkeit der internationa- len Staatengemeinschaft geschenkt wer- den sollte, wurde die Agendaordnung sehr schnell angenommen. Man konnte Arbeit am Resolutionsprojekt viele gute Reden hören, in denen jeder die Errungenschaften seines Landes im Be- reich der MDG angepriesen hat. Sehr schnell haben sich auch mehrere Arbeits- gruppen gebildet, und es wurde insge- samt an fünf Resolutionsprojekten gear- beitet. Die Versuche, einige von den Pro- jekten zu vereinen, waren misslungen, und deswegen standen abends alle fünf zur Abstimmung – leider kann man nicht

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6. Die Tübinger Model United Nations (TMUN)

Zum wiederholten Male fanden im Win- im November 2009 und den Hohenheim ter vor der NMUN-Konferenz in Tübin- Castle Model United Nations (HCMUN) gen die Tübingen Model United Nations im Dezember 2009. In der Zwischenzeit (TMUN) statt. Die als „Generalprobe“ für hatten die Delegierten große Fortschritte Tübinger wie auch Studenten anderer hinsichtlich ihrer eigenen Fähigkeiten Unis gedachte Konferenz wurde am 5. gemacht sowie auch schon ein fundiertes und 6. Februar 2010 in den beiden Se- Wissen über die Vorgänge bei der UNO natsräumen der Neuen Aula durchge- und auch über die Ausarbeitung einer Po- führt. Studenten aus Hohenheim, Reut- sition für ihr Land. Dies wurde in beiden lingen, Duisburg, Witten/Herdecke, Komitees recht rasch deutlich, da viele Darmstadt, Saarbrücken und Mainz si- Impulse und Initiativen von den Tübinger mulierten zusammen mit den Tübingern Delegierten ausgingen. Für einige Dele- im Großen Senat die UNO- gierte anderer Universitäten war die Generalversammlung mit mehr als 40 TMUN die erste Konferenz überhaupt, Delegierten, im Kleinen Senat die Ar- was sich selbstverständlich sowohl in ei- beitsgruppe des Sicherheitsrates zu Kin- ner höheren Hemmschwelle, Reden zu dern und bewaffneten Konflikten mit 9 halten zeigte, als auch einer generellen Mitgliedern. Schüchternheit im Umgang mit den „er- Die Themenfindung ging in beiden Komi- fahreneren“ Delegierten. Glücklicherwei- tees recht schnell vonstatten, in der Gene- se war dies kein Problem, mit der die Tü- ralversammlung entschied man sich für binger Delegation zu kämpfen hatte. An beiden Tagen wurde intensiv verhandelt und um kleine Änderungen in der Resolution bzw. im Report gerungen – teilweise bis hinaus in die Essenspause, wo zwischen Kaffee und Cookies die letzten Verhandlungen stattfanden. Auch ein unbegründeter Feueralarm, der die Delegierten samt den Chairs zwischenzeitlich auf den Platz vor der Neuen Aula trieb, konnte die Stimmung nicht trüben. Ganz im Security Council Working Group: CAAC Gegenteil, manche Delegierte nutzten die das Thema „Climate Change/ Environ- Gelegenheit, echte deutsch Feuerwehr- mental Degradation as a Source of Con- und Polizeifahrzeuge aus nächster Nähe flict“, in der Arbeitsgruppe des zu fotografieren. So gingen noch einige Sicherheitsrats für Thema „Monitoring ungeplante Souvenirs mit nach Hause. the Violation of International Standards Auch die Party am 5. Februar, die in Pertaining to Children and Armed Con- flict“. Für uns Tübinger war es die dritte Probe- simulation nach der ersten, ganz internen

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Schreiben einer Rede Tübingen stattfand, konnte mit leckerem asiatischem Essen und weiteren Möglich- keiten zur Kontaktaufnahme punkten. Am nächsten Morgen hatten wir trotz der Feier mit keinem nennenswerten Schwund an Delegierten zu kämpfen und konnten bei unseren Themen direkt wei- termachen. Insgesamt kamen in der Ge- neralversammlung zwei Resolutionen zur Abstimmung, in der Arbeitsgruppe wurde ein Report eingereicht. Trotz eines etwas kleineren Teilnehmer- feldes als im Jahr zuvor und einigen klei- neren organisatorischen Problemen wäh- rend der Simulation war die TMUN 2010 wieder ein voller Erfolg. Unsere Studen- ten konnten ihre Vorbereitung vervoll- kommnen, und somit einen wichtigen Beitrag zum guten Abschneiden in New York leisten. Dies wird im selben Umfang sicher auch für TMUN 2011 gelten.

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7. Exkursion nach Genf (WTO), wo wir die Möglichkeit hatten, die ökonomische Seite der internationalen Vom 28. Februar bis zum 3. März war der Zusammenarbeit zu erforschen. Die WTO Großteil der Delegation auf einer Exkur- setzt sich vor allem für den freien Handel, sion in Genf. Mit zwei von der Universität die Nichtdiskrimination, Transparenz gemieteten sind wir morgens und Entwicklung ein, und um diesen Zie- früh, mit einer kleinen Verspätung wegen len gerecht zu werden, hat auch jedes der fehlenden Western Business Attires, los- im Moment 153 Mitgliedern ein Veto- gefahren, um nach ein paar Stunden recht. Mit Frau Christiane Wolf haben wir Fahrt und glücklichem Überqueren der erörtert, warum es sich für manche Län- Schweizer Grenze in unserem Hostel in der sehr gelohnt hat, der Organisation Genf anzukommen. Den Rest des Tages beizutreten, und warum andere immer haben wir auf einer Sightseeing Tour im noch zögern. Wir konnten auch erfahren, Stadtzentrum verbracht – der Genfer See dass die Verhandlungs- und dadurch mit dem Jet-d’eau ist wunderschön, auch auch Durchsetzungskapazitäten eines die Einkaufsstraßen bieten viel. Landes stark von der Größe der Delegati- on abhängen. Bei der WTO, anders als bei Am 1. März haben wir gleich um 9.30 Uhr der Vereinten Nationen, muss ein Kom- mit einem Termin bei dem United Nati- promiss erreicht werden, damit eine Poli- ons Development Programm (UNDP) an- tik implementiert wird. Deswegen wird so gefangen. Da viele Themen auf der Agen- lange verhandelt, bis alle dem Beschluss da von NMUN das Thema Entwicklung zustimmen. Zum Glück reicht bei NMUN betrafen, war es für uns sehr wichtig, ei- die einfache Mehrheit, sonst würde die nen Termin gerade bei UNDP zu bekom- Simulation nicht fünf Tage, sondern meh- men. Dies hat sich als nicht so einfach rere Monate dauern. erwiesen, da die meisten Mitarbeiter zu dieser Zeit mit dem Wiederaufbau von Haiti nach dem Erdbeben beschäftigt wa- ren, und teilweise auch auf die betroffene Insel ausgereist waren. Frau Barbara Goedde aus dem Bureau for Crisis Pre- vention and Recovery hat jedoch für uns Zeit gefunden und uns ausführlich über die Arbeit von UNDP, und vor allem über die Arbeit ihrer Abteilung berichtet hat. Wir haben über die Umsetzung der Mille- nium Development Goals erfahren, über Das Highlight des Tages war jedoch der den Human Development Index, und Besuch der Ständigen Vertretung Japans. dass UNDP kein Mandat hat, um Men- Mit richtigen japanischen Diplomaten schenrechte zu überwachen oder zu imp- sprechen zu können, die man später in lementieren. Frau Goedde hat auch über New York nachahmen sollte, war auf je- die Probleme berichtet, die bei der Pla- den Fall eine einmalige Erfahrung. Zuerst nung und Durchführung des Wiederauf- haben wir einen Vortrag über humanitäre baus auftreten, z.B. die Zusammenarbeit Hilfe und die japanische Entwicklungshil- mit den Nichtregierungsorganisationen fepolitik gehört. Japan hat nach dem und Koordination des Einsatzes von Zweiten Weltkrieg selber von Entwick- Hilfsagenturen. Die Delegation hat erfah- lungshilfe profitiert, und sobald die wirt- ren, dass das Wort Entwicklungshilfe für schaftliche Lage es erlaubt hat, hat es sich jeden Akteur eine andere Bedeutung hat, von einem Nehmer- in ein Geberland und dass es vieler Bemühungen bedarf, verwandelt. Die Informationen über die um ein erfolgreiches Projekt umzusetzen. Japan International Cooperation Agency Der nächste Termin in unserem Kalender (JICA), das Prinzip von Human Security, war bei der Welthandelsorganisation und die Zahlen zu den ODA-Ausgaben

NMUN 2010 Tübingen Delegation 11 haben sich in New York als sehr hilfreich gibt aber Menschen, die sich darum erwiesen – die Delegation konnte wirk- kümmern, und nicht selten ihr eigenes lichkeitsgetreu die Interessen Japans ver- Leben dafür riskieren. treten. Auch im Bereich der Abrüstung - das Thema des zweiten Vortrags - konn- ten wir wertvolle Informationen mitneh- men. Nach der Erfahrung von Hiroshima und Nagasaki setzt sich die japanische Regierung für die atomare Abrüstung ein, und verfolgt entsprechende Politiken in der internationalen Arena. Am 2. März mussten wir sehr früh aufste- hen, um pünktlich bei der Ständigen Ver- tretung der Bundesrepublik Deutschland zu erscheinen. Wir haben uns sehr be- müht und sind sogar früher als die Refe- Zum Abschluss unserer Exkursion haben renten angekommen. Zuerst haben wir wir noch den Palais des Nations besich- einen Vortrag vom Herrn Rechenhoffer tigt, um uns die Räumlichkeiten anzu- gehört, der die deutschen Interessen bei schauen, in denen wichtige Beschlüsse der UNCTAD vertritt. Hier haben wir gefasst werden, und um die Geschichte nicht nur erfahren, was UNCTAD macht, der Vereinten Nationen am Ort, wo sie sondern auch was die Aufgaben der Dele- entsteht, zu erleben. gierten sind: Durchsetzung der Vorgaben Ein Besuch in der Schweiz wäre aber der Regierung, Sitzungsbesuche, Exper- nicht vollständig gewesen, wenn wir kein tentreffen, Gebertreffen, Koordinierung Käsefondue gegessen hätten! Deswegen (EU), und vieles mehr, was darauf hin- sind wir abends noch in ein Restaurant deutet, dass ein Diplomatenleben nicht am Genfer See gegangen, um uns bei die- von Langweile geprägt ist. Beim zweiten ser Schweizer Delikatesse über die Ein- Gespräch hat uns Herr Tröster veran- drücke der vergangenen beiden Tage aus- schaulicht, wie die Arbeit der Ständigen zutauschen. Vertretung organisiert ist, und hat uns Die Exkursion, die das Ziel hatte, die im Tipps gegeben, welche Eigenschaften wir Seminar und im Workshop erlangten the- mitbringen müssen, wenn wir beim Aus- oretischen und praktischen Kenntnisse wärtigen Amt tätig werden wollen. im realen Umfeld zu verifizieren, war ein Als nächstes sind wird in das wunder- Erfolg. schöne Palais Wilson gegangen, das der Wir möchten uns noch bei allen Personen erste Sitz der VN in Genf war, um uns mit und Organisationen bedanken, die uns einem Vertreter des Office of the High diese lehrreichen Tage ermöglicht haben. Commissioner for Human Rights zu tref- fen. Herr Schackel hat über die Men- schenrechte erzählt: welche Mechanis- men es im internationalen Recht gibt, um sie durchzusetzen, und wie sie implemen- tiert werden. Der interessanteste Teil sei- nes Vortrags war der Bericht über die Feldarbeit, also über den Bereich, in dem die meisten UN-Mitarbeiter eingesetzt werden. Die Missachtung der Menschen- rechte ist leider ein großes Problem, es

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8. National Model United Nations (NMUN)

Am 28. März 2010 war es dann soweit: Alle Tübinger Delegierte, komplett mit zwei Head Delegates und einem Faculty Advisor, trafen sich in der Hotellobby des Sheraton New York. Wie in jedem Jahr glich diese Lobby einem überfüllten Zoo, und spätestens jetzt wurde allen langsam klar, dass das Warten nun ein Ende hatte. Die Konferenz war angelaufen. Bis zum 1. Bei der japanischen Vertretung April sollten die Delegierten nun mit aller Entwicklung ist aber wohl nicht aufzuhal- Kraft und allem Geschick verhandeln, ten. taktieren, schreiben und Rede halten; die Doch die dies waren nicht die einzigen Position Japans nie außer Acht lassen Hürden, die die Delegierten bravourös und dabei auch eines nicht vergessen: meisterten: Da die Große Halle im Spaß an der Sache zu haben. Hauptgebäude der Vereinten Nationen noch renoviert werden musste, wurde die Eröffnungsfeier kurzerhand in den gro- ßen Ballsaal des Sheraton verlegt. Leider konnten hierbei bei weitem nicht alle Studierenden teilnehmen, die Warte- schlange reichte kurzzeitig bis zum Ein- gang des Hotels. Erfreulicherweise war der zuständige Under-Secretary-General, Herr Kiyotaka Akasaka, selbst ein Japa-

In der Generalversammlung ner, so dass unsere Delegierten gleich zu Da die Konferenz an einem Sonntag star- Beginn mit ihren Placards punkten konn- tete, wurde die Eröffnungsfeier auf den ten. Die Schlusszeremonie konnte jedoch Montag verschoben und es ging gleich mit zum Glück wie ursprünglich geplant im einer Sitzung am Abend los. In vielen Hauptgebäude der Vereinten Nationen Komitees war nach dieser Sitzung bereits stattfinden. die Agenda festgelegt, und es konnte mit inhaltlicher Arbeit begonnen werden. Dies stellte sich in diesem Jahr für einige Komitees als echte Herausforderung dar, da auf Grund technisch-organisatorischer Schwierigkeiten in einigen Räumen die Klimaanlagen wahlweise für arktische oder tropische Temperaturen sorgten – während an den ersten zwei Tagen, an- ders als üblich, kein Wasser in den Sit- zungssälen vorhanden war. Anzumerken bleibt noch, dass dank der immer stärker aufkommenden sozialen Netzwerke im Internet, vor allem Facebook, viel von der ursprünglichen Anfangsverwirrung verlo- ren geht. In vielen Komitees gab es Mehrheiten für eine bestimmte Agenda, bevor die Delegierten überhaupt in New York ankamen. Ein wenig „Flair“ geht da- durch natürlich schon verloren, diese

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Die Tübinger Delegation vor dem Hauptsitz der Vereinten Nationen in New York City, USA

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9. Erfahrungsberichte gefüllt. Und um diese Termine auch in- haltlich füllen zu können, haben wir einen Head Delegates Reader für unsere Teilnehmer zusam- Tomasz Kruczek – mengestellt, in dem ihnen die wichtigsten Alexandra Schaal Informationen und Dokumente zur Hand lagen. Mitte Oktober konnte das Projekt Konnichiwa, HCMUN, TMUN, Position beginnen, und in der ersten Sitzung ha- Papers, Genf, New York, NMUN, Distin- ben wir viele motivierte Studenten ken- guished Delegation, Outstanding Position nen gelernt, die sich als zukünftige Dele- Paper – so könnten wir in Kürze die meh- gierte sahen. In den nächsten Wochen reren Monate vom NMUN-Projekt be- haben wir den Teilnehmern die Rules of schreiben. Unter jedem dieser Begriffe Procedure vermittelt, und mit der Selbst- versteckt sich nicht nur einmalige Erfah- organisation der Gruppe in den Depart- rung, die wir als Head Delegates gemacht ments angefangen. Nach dem kleinen haben, sondern auch viele schöne Erinne- Test der theoretischen Kenntnisse und rungen, die wir an das Projekt und seine der Bekanntgabe des Landes, das wir ver- Teilnehmer haben. Bei der Übergabe der treten sollten (Japan!), hatten wir 22 De- Projektleitung haben wir von den alten legierte, mit denen wir in den nächsten Head Delegates gehört - „Einmal bei Monaten zusammen arbeiten und unser NMUN, für immer bei NMUN“, und im Wissen an sie weitervermitteln sollten. Es Nachhinein können wir sagen – ja, es war für uns eine große Freude, dass wir stimmt! das Land Nummer 1 aus unserer Prioritä- tenliste bekommen haben. Japan, ein In- dustriestaat mit ähnlicher Nachkriegsge- schichte wie Deutschland, mit einem Sitz im Sicherheitsrat, war eine Belohnung für die langjährige Teilnahme der Tübinger an NMUN und eine Herausforderung für uns, als Head Delegates, und auch für die Delegation. Die erste Aufgabe, die wir bewältigen mussten, war die Verteilung der 22 Delegierten auf 15 Komitees, in denen Japan bei NMUN vertreten war. Die Aufgabe war umso schwieriger, weil wir die Delegierten erst seit Kurzem ge- kannt haben, und wir mussten entschei- den, sowohl wer mit wem als auch wer alleine in einem Komitee sitzen sollte. Danach kam die erste Simulation, die wir unter uns organisiert haben, um die Rules of Procedure in einer realen Situation anwenden zu können, gefolgt von Tomasz Kruczek HCMUN in Stuttgart, und schließlich von Die Arbeit hat für uns im September den Delegierten selbst organisierter 2009, mehr als einen Monat vor dem TMUN. Wir waren sehr froh, den Fort- Workshopbeginn, angefangen. Zusam- schritt unserer Delegation sowohl in den men mit unserer Faculty Advisor, Ingvild rednerischen Fähigkeiten, als auch im Bode, haben wir einen Zeitplan für den diplomatischen Geschick und im Schrei- Workshop erstellt. Die Wochenendsve- ben der Resolutionen beobachten zu kön- ranstaltungen, darunter einige Simulatio- nen. Auch die Position Papers, von denen nen und Trainings, und natürlich die ge- wir drei Entwürfe korrigiert haben, sind wöhnlichen wöchentlichen Sitzungen ha- immer besser geworden und sich zum ben die bevorstehenden Monate recht gut Schluss eine Auszeichnung bei NMUN

NMUN 2010 Tübingen Delegation 15 verdient haben. Ende Februar/Anfang März haben wir eine Exkursion nach Genf geplant, damit die Teilnehmer eine bessere Vorstellung von der UN und der Konferenzdiplomatie bekommen konnten. Die Koordination der Termine, die wir bei verschiedenen Organisationen in Genf beantragt haben, war eine Herausforderung. Das Leben der Diplomaten ist abhängig von dem politi- schen Geschehen, und deswegen kamen die Zusagen erst recht kurzfristig vor un- serer Abreise. Zum Glück war die Ständi- ge Vertretung Japans sehr hilfsbereit, und zwei japanische Diplomaten haben sich Zeit für unsere Gruppe genommen; ein Briefing und eine Fragerunde waren das treffen zu müssen, ohne Probleme auch Highlight des Tages. spät in der Nacht oder morgens früh lö- Auch ein paar Wochen später konnten wir sen zu müssen, hätten wir die schönen erneut einen japanischen Diplomaten Momente nicht genießen können, wie treffen, diesmal schon in New York. Dass dieser in der Generalversammlung, als wir diesen Termin bekommen haben, ist wir als Distinguished Delegation ausge- frühzeitiger Planung zu verdanken – wir zeichnet wurden und den Applaus von waren nämlich die letzte Gruppe (und die über zwei Tausend Delegierten hören einzige unter den NMUN-Teilnehmern), konnten. Es war für uns eine Belohnung, die noch ein Briefing vor einer Reihe von als wir am Schluss die Lächeln auf den UN-Konferenzen bekommen hat. Gesichtern unserer Delegierten sehen Die NMUN-Konferenz selbst war für uns konnten – unsere Beteiligung hat sich schon zum zweiten Mal, aber zum ersten ausgezahlt. als HD, ein besonderes Erlebnis. Ale- Das möchten wir auch den nächsten Head xandra hat in ECLAC mitsimuliert, da wir Delegates wünschen: dass sie und ihre leider im Laufe der Vorbereitungen einen Delegation zum Schluss zufrieden sind, Teilnehmer verloren haben, und Tomasz dass sie viele intensive Monate zusammen durfte die Delegierten in ihren Komitees verbracht haben! Sayounara! besuchen, um ihnen notfalls noch mit Rat und Tat zur Seite stehen zu können. Wäh- rend sich Alexandra morgens früh auf die

Sitzungen in ihren Komitee vorbereitet hat, hat Tomasz an den Head Delegate Meetings teil-genommen, um vorgekom- mene Probleme zu besprechen und sich mit den anderen Head Delegates über ih- re Eindrücke und Arbeit auszutauschen. Als Head Delegates waren wir mit dem Projekt ständig beschäftigt, und es hat viel von unserer Freizeit in Anspruch ge- nommen. Wir können aber mit gutem Gewissen sagen, dass es sich gelohnt hat,

Alexandra Schaal und dass wir es sehr schätzen, diese Erfahrung gemacht zu haben. Ohne viel Arbeit, ohne schwierige Entscheidungen

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General Assambly Plenary welchen wir vorerst theoretisch und spä- Gregor Lilakewitsch – ter auch praktisch auf die Konferenz vor- Eric Schneider bereitet wurden, standen außerdem di- verse Probesimulationen und Exkursio- nen auf dem Programm. Obwohl ich an sich mit den Vorbereitungen für meine Abschlussprüfungen beschäftigt war, ent- schied ich mich dabeizubleiben. Das Projekt der Vorbereitung ist in ver- schieden Phasen unterteilt, die thema- tisch aufeinander aufbauen. Anfangs wurden wir mit dem theoretischen Rüst- zeug versehen, um in New York aktiv teil- nehmen zu können. So war es beispiels- weise essentiell die formalen Abläufe und Regeln der uns erwartenden Konferenz zu erlernen. Wann man was, wie sagen darf, oder wie man ein eigenes Vorhaben am gewinnbringendsten verfolgen kann, un- terliegt strengen formalen Vorgaben. Die Rules of Procedure geben vor wann und wie in den straffen Ablauf der Konferenz eingegriffen werden kann. Wie man zum Beispiel Einfluss auf die Tagesordnung nehmen kann ist exakt festlegt, und eben nur auf diesem Wege möglich. Früh gab Gregor Lilakewitsch es einen Test in dem diese Formalitäten Vor einigen Jahren bereits hatte ich zum abgefragt wurden. Bald darauf wurden in ersten Mal davon gehört, das die Univer- New York die Länder den teilnehmenden sität Tübingen eine Delegation zu der Delegationen zugeteilt und die inhaltliche großen UN Simulation nach New York Vorbereitung konnte beginnen. Unserer schicken kann. Ich war prinzipiell daran Tübinger Delegation wurde Japan zuge- interessiert teilzunehmen, war jedoch ordnet, was viele Plätze in vielen Komi- immer mit anderen Seminaren ausrei- tees und Ausschüssen bedeutete. Im let- chend beschäftigt. Dieses Jahr mache ich zen distributiven Schritt, wurde nun je- meinen Magister Abschluss, und mir war dem Tübinger Teilnehmer ein individuel- klar dass es wohl die letzte Gelegenheit ler Platz zugeordnet, wie mir beispiels- sein würde, an dieser Veranstaltung teil- weise ein Sitz in der Generalversamm- zunehmen. Ich informierte mich also über lung. Nun lag es an den einzelnen Teil- die entsprechenden Zulassungs- nehmern sich inhaltlicht und thematisch voraussetzungen (Die Teilnahme an ei- mit Japans Positionen in Bezug auf die nem weiteren spezifischem UN Seminar) uns ebenfalls bekanntgegebenen Tages- und bewarb mich um einen Platz. An- ordnungspunkte der Konferenz vertraut fangs waren wir relativ viele Teilnehmer, zu machen. Während diese inhaltlich- und mir kamen Zweifel, ob es denn aus- thematischen Vorbereitung größtenteils reichend Plätze geben würde für die ei- begleitend und individuell erfolgten, wur- gentliche Simulation in New York. Nach den wir als Gruppen durch mehrere Trai- den ersten Sitzungen wurde mir bewusst, ningseinheiten darauf vorbereitet, Reden wie groß der Arbeitsaufwand sein wird, zu schreiben, zu halten und gegebenen- den wir zu bewältigen haben werden: Ne- falls auch an sekundengenaue Zeitanga- ben den wöchentlichen Veranstaltungen ben anzupassen. am Institut für Politikwissenschaft, in

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Neben eigener Recherche, sowie Tipps und Ratschlägen unserer Head Delegates (Veranstaltungsleiterin unterstützt von zwei Teilnehmern des Vorjahres), hatten wir weiterhin die Möglichkeit in eine Vi- deokonferenz mit einer japanischen Poli- tikprofessorin direkte und konkrete Fra- gen zu stellen, um so die entsprechendem Positionen und Auffassungen Japans zu erfahren. Darüber hinaus besuchten wie auf einer Exkursion in Genf sowie später dann in New York die japanischen Vertre- tungen, und sprachen dort persönlich mit den jeweiligen Diplomaten, um weiteres Hintergrundwissen zu sammeln. Die in Erfahrung gebrachten Informationen über Japans Position, galt es in unmittel- barer Vorbereitung auf die Konferenz nun in einem zweiseitigen, so genanntem Po- sition Paper zusammenzufassen. Jedes Komitee und jeder Ausschuss befasst sich mit drei konkreten thematischen Tages- ordnungspunkten, die dann auf der Kon- ferenz idealerweise in die eigene Präfe- Eric Schneider renzordnung gebracht werden sollen. Zu jedem dieser drei Themen benannten wir die historischen, aktuellen und zu erwar- teten zukünftigen Standpunkte, um diese dann möglichst umfassend auf der Konfe- renz selbst einzubringen. Die simulierte UN – Konferenz war auf insgesamt fünf Tage angesetzt, von denen vier Tage in einem Hotel zu Verhandlun- gen genutzt werden konnten, bis dann am letzten Tag im Plenarsaal des UN Haupt- gebäudes die erarbeiteten Ergebnisse je- des einzelnen Komitees zur Abstimmung beziehungsweise zu Gehör kamen. Da ich der Vollversammlung zugeteilt worden war, hatte ich das Glück und die Ehre, di- rekt mitabstimmen zu dürfen, was neben der professionellen Atmosphäre während der Tagung selbst und der schieren Größe der gesamten Veranstaltung (4000 inter- nationale Teilnehmer) sicherlich zu den eindrucksvollsten Erlebnissen zählt, die ich in den intensiven letzten sechs Mona- ten machen durfte. Rückblicken war es für mich eine sehr lehrreiche Erfah- rung, bestehend aus eindrucksvollen Ein- blicken in reale Vorgänge und Institutio- nen der Weltpolitik, aber auch persönli- che Lernerfolge.

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General Assembly 1st Committee dutzenden Reden und sehr hilfreichen Dörthe Warnk – Daniel Soesanto Speech Trainings machten alle einen selbstbewussten und kompetenten Ein- druck. Die Probesimulationen im Schloss Ho- henheim und in Tübingen befähigten uns nicht nur im Einklang mit den „rules of procedure“ zu agieren, sondern sorgten auch dafür, dass wir uns vollkommen auf die substantielle Diskussion konzentrie- ren konnten. Sie waren eine wertvolle Übung, von der wir später in New York profitieren sollten. Einen weiteren essentiellen Beitrag zu unserer Vorbereitung leistete auch die Exkursion nach Genf. Wir hatten dort die Möglichkeit, UN-Institutionen zu besu- chen und Repräsentanten zu treffen, die uns persönlich von ihrer Arbeit berichten und wertvolle Einblicke geben konnten. Darüber hinaus statteten wir auch den ständigen Vertretungen Japans und Dörthe Warnk Deutschlands Besuche ab, wo wir wichti- Die Teilnahme der Eberhard-Karls Uni- ge Informationen und Ratschläge aus ers- versität Tübingen an NMUN hat bereits ter Hand von wirklichen Diplomaten er- eine 13-jährige Tradition. Dieses Jahr hat hielten. Nicht zuletzt erwies sich die Ex- der Workshop „Model United Nations“ kursion nach Genf auch als eine Maß- nun uns und unseren Kommilitonen die nahme, die Studenten aus vielen ver- Möglichkeit gegeben, bei dieser Simulati- schiedenen Studiengängen und mit un- on, welche hochwichtige Themen wie in- terschiedlichsten Hintergründen näher ternationale Abrüstung und Sicherheit zueinander brachte und unsere Delegati- behandelt, dabei zu sein. on zusammenschweißte. Vorbereitungsphase Aufgrund dieser intensiven und interes- Das Fundament der erfolgreichen Teil- santen Vorbereitungsphase wurden wir nahme unserer Delegation wurde in der und unsere Kommilitonen in die Lage intensiven Vorbereitungsphase gelegt, die versetzt, unser Land mit hoher Authenti- bereits sechs Monate vor der Simulation zität und Würde zu vertreten. in New York begann. In dieser Zeit durch- New York liefen wir ein wohl strukturiertes Pro- gramm mit mehreren Speech Training Bei der ersten Sitzung waren wir beein- Sessions, Probesimulationen und einer druckt von der Geschwindigkeit und dem Exkursion nach Genf, einem der weltweit Selbstbewusstsein mit welchen andere bedeutendsten Standorte der UN. Delegationen vorpreschten. Jedoch war Zu Beginn des Workshops wirkten viele nicht jeder, der sich lautstark und ener- von uns bei Reden sehr nervös. Es war gisch artikulieren konnte, gleichzeitig schwierig sich auf den wichtigen Inhalt auch gut vorbereitet und kompetent. Ins- seiner Rede zu konzentrieren, da wir we- besondere japanische Diplomaten – so der in der eigenen Muttersprache spre- unser Eindruck nach dem Besuch der chen durften, noch die Leute kannten, die ständigen Vertretung Japans – versuchen vor uns saßen. Daher waren die Speech eher durch ihr breites Wissen und stetige Trainings eine wertvolle Übung, um rhe- Bemühungen, einen Konsens voranzu- torische Fähigkeiten und Ausdrucksstärke treiben, aufzufallen, anstatt sich ständig zu verbessern. Nach ein paar Wochen, in den Mittelpunkt zu stellen und nach

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Aufmerksamkeit zu lechzen. Wir versuch- ten diesem japanischen Weg zu folgen. Von Beginn an versuchten wir das Thema „Privatization of War: Employing and Arming Independent Militias” zu vermei- den, da Japan sich offensichtlich noch keine Gedanken darüber gemacht hat, wie es sich diesbezüglich positioniert. Den ja- panischen Diplomaten in Genf war das Thema gänzlich unbekannt, so dass wir selbst eine japanische Position zu diesem Thema entwickeln mussten. Letztendlich war dies nicht notwendig, da unser Komi- tee sich schnell dazu entschieden hatte, das von Japan favorisierte Thema „Illicit Arms Sales“ zu diskutieren. Allerdings zeigte sich, dass unsere gewöhnlichen Al- liierten in diesem Bereich aus Großbri- tannien, Südafrika und Argentinien häu- Daniel Soesatno fig nicht anwesend und ansonsten auch mit anderen Delegationen von amerikani- sehr passiv waren. Daher mussten wir uns schen Universitäten zusammen zu arbei- bereits zu Anfang nach neuen Partnern ten, weil diese extrem ambitioniert an den umsehen, die wir rasch in den Delegatio- Start gingen und in wenigen Fällen von nen aus Peru, Kanada und Südkorea fan- uns eingebrachte Vorschläge schlichtweg den. Da wir in unserem Komitee doppelt ignorierten. Nichtsdestotrotz zahlte sich besetzt waren, nutzten wir die Möglich- in diesen Momenten unsere langwierige keit uns aufzuteilen und parallel an zwei und intensive Vorbereitungsphase aus, da Arbeitspapieren aktiv mitzuarbeiten. Da- andere Delegationen schnell unser um- bei hielten wir jedoch auch engen Kontakt fangreiches Wissen zum Thema realisier- und unterrichteten uns gegenseitig über ten, was sie davon überzeugte, mit uns den Stand der Dinge. zusammenzuarbeiten und schließlich dem Ferner versuchten wir ebenfalls über die kooperativen Geist der UN Rechnung zu Fortschritte der anderen Arbeitspapiere tragen. Aus unserer Sicht ist dies auch der informiert zu bleiben und schafften es so- zentrale Punkt, den wir in New York ge- gar, dass unsere Ideen in einigen mitein- lernt haben. In der UN geht es nicht dar- bezogen wurden. Diese doppelgleisige um, das eigene Land stets in den Mittel- Strategie stellte sich im Nachhinein als punkt aller Geschehnisse zu rücken. sehr klug heraus, denn die Arbeitspapie- Vielmehr sollen andere Staaten davon re, welche wir maßgeblich mitgestaltet überzeugt werden, dass man gemeinsame hatten, wurden unerklärlicherweise von Interessen teilt und daher kooperieren der Mehrheit abgelehnt. Hingegen konnte sollte, selbst wenn es Jahre dauert, die ein anderes Arbeitspapier, das von Mit- gewünschten Ergebnisse zu erzielen. gliedern der Afrikanischen und Europäi- schen Union eingereicht wurde und di- Zu guter letzt möchten wir die Gelegen- rekt als oberste Klausel ein japanisches heit nutzen und denjenigen Dank aus- Projekt beinhaltete, zu unserer großen sprechen, die uns ermöglicht haben an Freude verabschiedet werden. NMUN teilzunehmen, insbesondere un- Obwohl wir eine zwei-Personen Delega- seren Sponsoren. Des Weiteren möchten tion waren und unser Teamwork gut wir uns auch bei unserem Faculty Advisor funktionierte, hatten wir keine Zeit zu Ingvild Bode sowie den beiden Head De- entspannen und mussten rund um die legates Alexandra Schaal und Tomasz Uhr von früh morgens bis spät in die Kruczek für ihr außerordentliches Enga- Nacht arbeiten. Oft war es nicht einfach gement bedanken.

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Wir sind uns sicher, dass das, was wir während dieses Workshops gelernt ha- ben, für uns über das Studium hinaus von großer Hilfe sein wird. Solch eine Gele- genheit bietet sich nicht oft im Studium und hat daher einen besonderen Wert. Wir hoffen, dass dieses Projekt auch in Zukunft viel Unterstützung erhält.

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General Assembly 2nd Committee Und schließlich motivierte uns beide na- Katharina Wingsch - türlich die Aussicht nach New York zu Peter Eppinger fliegen und mit Studenten aus aller Welt über Themen von globalem Interesse zu verhandeln. Was wir uns im Vorfeld wohl weniger umfangreich vorgestellt hatten, war die Vorbereitung auf dem Weg dahin.

Unsere Vorbereitung Die Vorbereitungsphase in Tübingen vor NMUN erstreckte sich über ca. fünf Mo- nate; in wöchentlichen Sitzungen arbeite- ten wir uns Schritt für Schritt in unsere Rolle als japanische Delegation bei den VN ein. Begleitend besuchten wir ein wö- chentliches Seminar, das die Vereinten Nationen und ihre wesentlichen Wir- kungsfelder behandelte. Dies war sehr hilfreich, da es uns den theoretischen Un- terbau lieferte, der unser Verständnis für die gesamte Organisation geschärft hat. Das Seminar wurde ebenso wie der Work- shop selbst und alle weiteren Veranstal-

Katharina Wingsh tungen auf Englisch durchgeführt. So wurden unsere sprachlichen Fähigkeiten, Unsere Erwartungen mündlich wie schriftlich, geschult. Da ei- Bevor wir das Projekt National Model ne eloquente Ausdrucksweise für die Si- United Nations gemeinsam in Angriff mulation unerlässlich ist, erhielten wir in nahmen, hatten wir beide noch eher vage zwei Redetrainings sogar professionelle und teilweise ganz unterschiedliche Vor- Unterstützung. Für diese Trainings sowie stellungen von dem was da kommen soll- eine Videokonferenz mit einer japani- te. schen Professorin für Internationale Be- Katharina wollte als Geschichte – und ziehungen, waren uns auch Sondertermi- Englisch – Studentin zunächst ihre Fä- ne und selbst Wochenenden nicht zu higkeiten in einem neuen Bereich testen. schade. Sie wollte im theoretischen und prakti- Nachdem wir schon in den ersten Wo- schen verstehen, wie eine so große, gera- chen die Prozessordnung („rules of pro- dezu monolithische Organisation wie die cedure“) in der Theorie erlernten, konn- Vereinten Nationen arbeiten und funkti- ten wir unsere Kenntnisse dann bei zwei onieren kann. Außerdem war sie gespannt Probesimulationen in die Tat umsetzen. auf die Zusammenarbeit mit Studenten Zunächst waren wir in Hohenheim zu aus den verschiedensten Fachrichtungen HCMUN eingeladen, wo wir erste prakti- und auf neue Sichtweisen. sche Gehversuche auf dem Parkett der Auch Peter wollte die Funktionsweise der multilateralen Verhandlungen machten. VN verstehen, einen Einblick in interna- In Tübingen organisierten wir dann auch tionale Verhandlungen gewinnen und unsere eigene Simulation (TMUN), die seine bisherigen Erfahrungen vertiefen. mit Teilnehmern aus ganz Deutschland Als Student der Internationalen Volks- und qualitativ hochwertigen Ergebnissen wirtschaftslehre interessierten ihn beson- ein voller Erfolg wurde. ders die wirtschafts- und finanzpoliti- Es war besonders spannend, sich als Eu- schen Fragestellungen, die im zweiten ropäer im Rahmen der inhaltlichen Vor- Komitee der Generalversammlung ver- bereitung mit der japanischen Geschich- handelt werden. te, Kultur und Politik zu befassen. Zwei-

NMUN 2010 Tübingen Delegation 22 fellos war es eine Herausforderung, sich in die Rolle eines japanischen Diplomaten zu begeben und japanische Interessen verstehen zu lernen und – im besten Fall – ein intuitives Gespür für die japanische Sichtweise zu entwickeln. Diese Arbeit war einerseits sehr wichtig um das Positi- onspapier für unser Komitee zu erarbei- ten und andererseits unerlässlich für die erfolgreiche Arbeit mit anderen Delegati- onen im Komitee. Das Arbeiten in einer großen Gruppe, als japanische Delegati- on, aber auch die Partnerarbeit für unser Komitee war ein nützliches Training für die kommenden Gespräche und Verhand- lungen in New York. Zum Abschluss der Vorbereitung stand noch die freiwillige, aber sehr informative Exkursion nach Genf, wo wir neben Un- terorganisationen der VN auch die deut- sche und japanische ständige Vertretung besuchten. Großartig war auch die Gele- genheit, sich vor Ort – in der Japanischen Peter Eppinger Thema diskutieren konnten. Vertretung bei den Vereinten Nationen in Dankbar waren wir in dieser Zeit für un- New York – noch den letzten Feinschliff sere wertvolle Vorbereitung, die sich voll- für die Simulation zu holen. auf bezahlt machte. So gelang es uns früh,

in einer Arbeitsgruppe um die Vereinig- Unsere Konferenz in New York ten Staaten und einige andere Delegatio- Die Arbeit eines Diplomaten bei den VN nen die inhaltliche Führung zu überneh- erfordert zahlreiche Fähigkeiten, die wir men. Dabei waren es nicht nur typische uns in den Monaten vor NMUN einzeln, japanische Verbündete mit denen wir zu- zu zweit und mit der gesamten Delegation sammenarbeiteten, sondern besonders erarbeitet haben. Doch am ersten Tag der auch diejenigen, die durch gute Vorberei- Konferenz in New York – man befand tung glänzten. In dieser Gruppe konnten sich mit ca. 300 Personen in einem Raum wir die japanischen Vorstellungen zum – wurde uns schlagartig bewusst, dass zu Thema „Hilfe für Entwicklungsländer in mindestens 50 % die eigene Geduld und der Finanzkrise“ in vollem Umfang ein- Ausdauer über Erfolg oder Misserfolg der bringen und ungeliebte Vorschläge ge- Konferenz mitentscheiden würden. Es schickt abweisen. Zugleich waren wir war eine positive Überraschung, dass es stets aktiv im Austausch mit anderen Ar- in unserem Komitee während der infor- beitsgruppen, wo wir die japanischen mellen Beratungen kooperativ und nie- Ideen einbrachten und für unseren Ent- mals respektlos zuging. Keine Überra- wurf warben. So waren die vier Tage der schung hingegen war die teilweise man- Simulation von aufreibenden Verhand- gelhafte Kenntnis der Komitee-Regeln lungen, Kompromissen und langwieriger von Seiten vieler Delegationen; dies kos- Lobbyarbeit geprägt. Am Ende konnten tete wertvolle Zeit, was sich dann leider wir eine Resolution durchsetzen, die mit darin äußerte, dass wir während der großem Nachdruck die Verbreitung des mehrtägigen Konferenz nur ein von Japan favorisierten Konzepts der Menschlichen Sicherheit („Human Secu- rity“) forderte und förderte. Dieses Do- kument wurde schließlich auch vom Vor-

NMUN 2010 Tübingen Delegation 23 sitzenden ausgewählt und am letzten Tag der Simulation mit großer Mehrheit im geschichtsträchtigen Plenarsaal von der UN Generalversammlung verabschiedet.

Unser Fazit Eine einmalige Erfahrung. Nicht nur die Simulation in New York mit ihren gigan- tischen Ausmaßen, sondern gerade die Vorbereitung auf die Konferenz, die teil- weise sehr intensiv war und viel von uns abverlangte. Der persönliche Lerneffekt, sei es in thematischer Hinsicht – die VN und ihre Funktionsweise und die spezifi- schen Themen im Komitee, oder im Er- lernen rhetorischer Fähigkeiten. Aber auch im organisatorischen Bereich waren gerade die Monate vor New York sehr lehrreich – so haben wir die TMUN Simu- lation ausgerichtet, Partys geplant und die Finanzierung des gesamten Projekts organisiert. Wir möchten den Projektleitern und un- seren Sponsoren danken, dass sie diese tolle Erfahrung möglich gemacht haben!

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General Assembly 3rd Committee vor den anderen Delegierten hält, die auf Manon Richard – jedes Wort, jeden Haltungsfehler und je- Stefanie Kasparek des Zittern der Stimme und Hände ach- ten, war wohl mit eine der schwersten Übungen hierbei. Doch unter der Leitung unseres Faculity Advisers wurde schon die erste interne Simulation zu einem Er- folg. Die Rules of Procedure fanden ihre Anwendung und Reden wurden schneller geschrieben und sicherer gehalten. Das Business-Attire half die nötige Disziplin und Vorstellung zu vermitteln, sich wie ein Diplomat zu verhalten und zu ver- handeln. Erste Kontakte wurden enger und langsam konnte man so etwas wie ein Gruppengefühl bemerken. Nach Hause ging man mit dem guten Gefühl und der Erkenntnis die wichtigsten Punkte in ei- ner Resolutionen untergebracht zu haben. Sowohl die externe Simulation in Hohen- heim, als auch die eigens organisierte jährliche Tübinger TMUN Simulation hal- fen, die Arbeit mit dem Komitee-Partner auszuprobieren und sich auf eine ge- Manon Richard meinsame Strategie, mit Hinblick auf New York, festzulegen. Auch ermöglichte Die erste Erfahrung, die wir alle mit diese sehr wertvolle Erfahrung es uns in NMUN machen mussten, war ein über- New York mit Selbstbewusstsein und füllter Raum voller Studenten, die erwar- Know-How die Interessen Japans zu ver- tungsvoll auf das schauten was nun treten. Natürlich war hierfür eine lange, kommen mochte. An diesem ersten Tag intensive und gewissenhafte Recherche vor den hoffentlich zukünftigen Mit- über Japan unerlässlich. Durch unseren Delegierten zu stehen und in Kürze in Faculty Adviser erhielten wir ebenfalls die Englisch erklären zu müssen, warum ge- Chance in einer Skype-Videokonferenz nau man ein Teil dessen sein möchte, Fragen an eine japanischen Professorin hört sich einfacher an, als es war. Doch zu richten und wertvolle Informationen schnell war dieses Gefühl der ersten Un- aus erster Hand zu erhalten. Auch der Be- sicherheit vergessen und schon in der such einer Japanerin im Seminar half nächsten Woche stellte sich eine Ernst- sehr ein Gefühl für die Mentalität dieses, haftigkeit in der Gruppe ein, die dem Pro- uns doch sehr fremden, Landes zu be- jekt Model of United Nations gerecht kommen. wurde. Neben dem Lernen der Rules-of- Mit dem Wissen Japan in der 3. General- Procedure erfuhren wir recht schnell, was versammlung zu vertreten und damit in den kommenden Monaten an intensi- auch Klarheit über die Themen in New ver Arbeit auf uns zukommen würde. Der York zu haben, begannen wir uns mit hohe Zeitaufwand, verbunden mit fast dem eigentlichen Inhalt zu befassen. Die wöchentlichen Aufgaben wie Reden- Kultur, die Politik, die sozialen, ökonomi- schreiben, Recherche, Speech-Training schen und juristischen Bereichen, alles und dem nebenbei Organisieren der in- bedeutete die Grundlage, um für Japan ternen Delegationsaufgaben, stellte eine das Bestmöglichste zu erreichen. Und Herausforderung dar, die es zu bewälti- auch in dieser Phase der Vorbereitung gen galt. Der Moment indem man das war es unentbehrlich, sich als Team gut erste Mal eine selbstgeschriebene Rede aufzustellen, die Arbeit effektiv zu vertei-

NMUN 2010 Tübingen Delegation 25 len und sich auf gewisse Aspekte in einem Meer aus Informationen zu konzentrie- ren. Rückblickend auf die erste Version unseres Position Papers kann man es nur eine Aneinanderreihung von Verträgen, Organisationen und Fakten nennen. Doch im weiteren Verlauf schafften wir es, ein in sich schlüssiges Konzept auszuarbeiten und unsere Position und Verhandlungs- spielraum im finalen Position Paper klar- zumachen. Die vergangenen letzten Monate der Vor- bereitungsphase waren eine tolle Erfah- rung, um mit Gleichgesinnten unsere Grenzen zu entdecken und sie gemeinsam zu überwinden. Sich in so kurzer Zeit gut kennenzulernen, sich gegenseitig bei den delegationsinternen Aufgaben zu unter- stützen, sich auszutauschen oder sich mit anderen über deren Erfolg und gute Re- den zu freuen, schuf unter vielen ein Ge- fühl des Zusammenhalts und der Loyali- tät. Doch es wurde auch gestritten um je- des Wort, dass man geschrieben sehen wollte, oder auch gerade nicht. Kompro- Stefanie Kasparek misse wurden hart erkämpft und manchmal musste man feststellen, dass Verantwortlichen, die sich viel Zeit für trotz der guten Beziehung zwischen den uns nahmen, war ein Highlight, dass ohne Delegierten es ein harter Kampf um man- die Delegation in dieser Form nie möglich chen doch so bedeutungslos scheinenden gewesen wäre. Inhalt gab und man letztendlich nicht Doch letztendlich galt all die harte Arbeit immer auf der Gewinnerseite stand. nur einer Sache: New York! Nach ein paar Trotzdem den Respekt vor dem Anderen letzten Instruktionen und aufmunternden nicht zu verlieren und in seine Rolle zu Worten unseres Faculty Advisers vor Ort bleiben, war ein ebenso großer Lerner- ging es endlich los. Die Simulation starte- folg, wie die Verhandlungskompetenz, die te und alles andere wurde unwichtig. man erlangte und durch jede neue Ver- Auch wenn ein bisschen von der Atmo- handlung festigte. sphäre verloren ging, dadurch dass die Willkommenszeremonie erst am folgen- Die Exkursion nach Genf war eine weitere den Tag im Hotel stattfand, war es den- spannende Phase unserer Vorbereitung, noch überwältigend so viele Studenten die uns die einmalige Chance gab deut- verschiedenster Nationen um sich zu ha- sche und japanische Diplomaten kennen- ben. Ein bisschen angespannt, aber voller zulernen und sich mit ihnen über aktuelle Zuversicht und Freude auf das was in den Themen sowie über unsere speziellen In- nächsten Tagen kommen mag, erhob sich teressengebiete zu unterhalten. Auch der Japan das erste Mal „present and voting“. Besuch der „Heiligen Hallen“ der UN, Allerdings hatten wir nicht damit ge- UNDP, OHCHR und WTO und deren rechnet, dass es so schwierig werden würde, eine Mehrheit für unsere Agenda zu finden. Hierbei fanden wir schnell un- seren engsten Verbündeten für die kom- menden Tage gefunden: die USA. Japan hatte bei allen drei Themen eine klare Po-

NMUN 2010 Tübingen Delegation 26 sition und kein Problem die Themen zu Großteil des Komitees von uns überzeu- behandeln. Daher konnten wir relativ gen konnten. Doch mit das Schönste an entspannt in die Verhandlungen gehen. der anstrengenden Arbeit dieser Tage war Nach Stunden des zähen Verhandelns das Lob des Chairs über dieses tolle Wor- und des mehrmaligen Scheiterns einer king Paper, dass es hoffentlich schafft ei- Agenda Setting, fand sich endlich eine ne Resolution zu werden. Leider reichte Mehrheit für eine Reihenfolge, die nicht am Ende die Zeit nicht aus, um es wirk- unsere Präferenz war. Jedoch hofften wir lich zu Abstimmung zu bringen. Mit die- unser wichtigstes Thema, welches als ser kleinen Enttäuschung endete am zweites auf der Agenda stand, in den fol- Mittwochabend für uns die Simulation. genden Tagen ebenfalls behandeln zu Doch dies war am nächsten Morgen können. Somit diskutierten wir zuerst schnell vergessen, als wir als Japans De- einmal „a global standard of education“. legierte endlich in die Generalversamm- Die Agenda war nun gesetzt und auf ein- lung der UN eintreten konnten, um selbst mal ging alles sehr schnell: erster Caucus, in unserer Rolle als Japan den Abstim- erste Verhandlungen, erste Missver- mungsknopf zu drücken. Die Abschieds- ständnisse, erste Notfalllösungen… Vor- zeremonie die ebenfalls in der General- bereitet auf die Situation, dass nicht jeder versammlung stattfand, war ein würdiger Delegierte die Position seines eigenen Abschluss für das vergangene halbe Jahr. Landes genauso gut kennt wie wir und Mit einem weinenden und einem lachen- weiß, wer Freund und Feind ist, teilten den Auge schauen wir zurück auf fünf an- wir uns auf um möglichst viele Länder strengende und erlebnisreiche Tage, vol- von unserer Position zu überzeugen. ler neuer Erfahrungen und neu gewonne- Nicht damit zu rechnen war allerdings, ner Freunde. Mit neuem Respekt, aber dass einige afrikanische Länder die Zu- auch mit dem Wissen um manchen Makel sammenarbeit mit Japan kategorisch ab- der UN, sehen wir nun die Arbeit all de- lehnten, ohne jedoch zu wissen, wie wich- rer, die im Rahmen der Vereinten Natio- tig Japan als einer der weltweit größten nen jeden Tag aufs Neue versuchen die Spender für Afrika ist. Auf der anderen Welt ein bisschen besser zu machen. Mit Seite waren wir schon am ersten Tag er- einer Mischung aus Stolz und Wehmut folgreich dabei mit den USA, Großbritan- haben wir uns ein letztes Mal umge- nien und anderen europäischen Staaten schaut, dann unsere Anzüge ausgezogen an einem Working Paper zu arbeiten. und damit unsere diplomatische Rolle als Zwischen all den langen Caucus schafften „the delegates from Japan“ niedergelegt. wir es ebenfalls, durch beharrliches Nach- richtenschreiben an den Chair, dreimal auf der Speakerslist zu erscheinen, wor- auf wir stolz waren, da selbst die USA nur einmal vom Chair als Speaker registriert wurde und wir somit eine der Delegatio- nen in unserem Komitee waren, die am öftesten ihre Position deutlich machen konnten. Unsere erste Rede war schon aufregend. Vor bekannten Gesichtern in den vorhergegangenen Simulationen zu sprechen war kein Vergleich zu den mehr als 300 Leuten, von denen die Mehrzahl englische native speaker waren und über- zeugt werden mussten. Die folgenden Ta- ge vergingen wie im Flug, voller intensi- ver Arbeit auf die wir stolz sein konnten, da viele Länder aller Kontinente sich da- mit einverstanden zeigten und wir einen

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Security Council und guten Mutes begann ich also die Kon- Jérôme Ingenhoff ferenz und suchte meinen Weg zum Secu- rity Council, einem der wichtigsten und mächtigsten Organe der UN, in dem Ja- pan die Ehre hatte, als nicht-ständiges Mitglied vertreten zu sein.

Schon bei meiner Ankunft in unserem Sitzungszimmer wartete die erste Überra- schung: erfahrungsgemäß sind die “klei- nen” Gremien, in den weniger Länder vertreten sind, mit nur einem Delegati- onsmitglied pro Land besetzt; so war auch ich auf mich allein gestellt und hatte keine(n) Partner(in). Andere Universitä- ten hatten offensichtlich andere Vorstel- lungen, sodass ich, zusammen mit Costa Rica, und Österreich, welches aber vor allem mit Abwesenheit glänzte, sämtlich Doppel-Delegationen gegenüberstand, also paarweise auftretenden Landesver- tretern. Meine ursprüngliche Besorgnis, allein auf weiter Flur unterzugehen, wäh- rend andere Delegationen doppelte Ver- handlungsmöglichkeiten hatten, verflüch- tigte sich aber schnell, als die äußerst ko- operative und professionelle Haltung aller Jérôme Ingenhoff Anwesenden zum Tragen kam. Dabei kam der Qualität unseres Committees zugute, Zu Beginn dieses Berichtes einer außer- dass fast jede Delegation mindestens ei- gewöhnlichen Erfahrung in New York, ein nen Head Delegate in den Sicherheitsrat paar Worte zur Vorbereitung – auch entsand hatte; dies zeigte sich beim siche- wenn auf den vorherigen Seiten sicherlich ren Umgang mit Regeln und Sprache, je- schon viel dazu gesagt wurde. Als eines doch auch im großen Ehrgeiz und in der der Mitglieder unserer Delegation mit Entschlossenheit der Diplomaten. Nicht MUN-Erfahrung (vor unserem Workshop nur waren fast alle Delegationen bestens hatte ich bereits an fünf anderen Konfe- vorbereitet, sie waren auch erpicht, ihr renzen teilgenommen) habe ich vom Wissen zu zeigen, ihre Fähigkeiten zu be- Workshop in einer Weise profitiert, die weisen und ihre Ideen zu verwirklichen – mit meiner Erfahrung nicht vergleichbar was in einem ersten informellen Mei- und aufzuwiegen ist. Damit meine ich nungsaustausch sehr schnell offensicht- nicht nur die Möglichkeit, sich inhaltlich lich wurde. Als japanischer Vertreter mit mit den Themen und kulturell mit Japan einigem politischen und vor allem wirt- auseinanderzusetzen, sondern vor allem schaftlichen Gewicht (wenn auch ohne das Gefühl, Teil einer richtigen Delegati- Veto) bot ich den versammelten Mächten on zu sein, die als Ganzes auftritt, um ihr meine Dienste als Vermittler und Organi- Land auf internationalem Parkett zu ver- sator an – mit vornehmer Zurückhaltung treten. Dieses Gefühl hat mich, und ich und Diplomatie, die den Japanern so ei- auch glaube viele Andere auch, nicht nur gen ist. während des Workshops, sondern auch während der Konferenz begleitet. Schnell stellte sich heraus, dass es wenig Interesse gab, das Thema “ Combating Mit gutem Gefühl, guter Vorbereitung Maritime Piracy” zu diskutieren – die

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Gemüter schieden sich nun daran, ob standen, sorgte für schnelle und effektive Nukleare Abrüstung oder der Konflikt in Verhandlungen mit erstaunlichen Ergeb- Afghanistan und Pakistan diskutiert wer- nissen – aber auch den üblichen Kom- den sollten. Für mich ein kritischer Mo- promissen, die sich bei einer Resolution, ment – während das erste Thema auf der der alle Vetomächte zustimmen müssen, Bühne der Weltpolitik von Japan aktiv nicht vermeiden lassen. So hatten wir ei- und mit hoher Legitimation verfochten ne harte Linie gegenüber Nordkorea und wird, wird über das zweite ein Mantel des Iran – aber ohne das Wort “Sanktion” zu Schweigens gebettet, da das pazifistische benutzen; das Versprechen, Technologie Japan den verbündeten USA nicht auf die und Know-how über Atomenergie- Füße treten will. Nach einiger Überzeu- Erzeugung zu teilen – aber ohne genau zu gungsarbeit und der Aussicht, sogar beide sagen, wann und mit wem; eine Stärkung Themen zu diskutieren, konnten sich die des NPT – mit dem Verweis, dass bald USA, China und Russland aber darauf ei- ohnehin die 2010 NPT Review Conferen- nigen, nukleare Abrüstung in Angriff zu ce ansteht; usw… Doch diese Kompromis- nehmen, was auch die Europäischen Ve- se ließen unsere tolle Kooperation nicht tomächte im Rat begrüßten. Sogleich gin- vollkommen unrealistisch erscheinen – gen die Verhandlungen los, und Japan schließlich sollte und wollte kein Land konnte sich als Vorkämpfer einer Welt von seinen Interessen abweichen. ohne Atomwaffen präsentieren, zugleich aber die Bedeutung ziviler Nukleartech- Dennoch wäre unsere Zusammenarbeit in nik hervorheben. der Realität historisch gewesen: Alle an- wesenden Staaten ließen sich zu einem Die interessante Zusammensetzung des Bekenntnis hinreißen, einen Teil ihrer Sicherheitsrates, mit vielen kleinen und Atomwaffen zu entsorgen; alle gestanden weniger entwickelten Staaten (Burkina ein, dass man auch auf Israel, Indien und Faso, Vietnam, Uganda, Kroatien…) sorg- Pakistan zugehen müsse, anstatt sie als te dafür, dass die Verpflichtung zur ge- Besitzer von Atomwaffen zu ignorieren; genseitigen Unterstützung bei der fried- und nach einem regelrechten Verhand- fertigen Nutzung von Atomenergie, wie lungsmarathon kurz vor der Abstimmung im Nuclear Non-Proliferation Treaty einigten sich die USA und China auf die (NPT) festgeschrieben, stets debattiert Aufnahme zweier Klauseln über die Ein- wurde – was wiederum Japan zugegen dämmung der Produktion waffenfähiger kam, als High-Tech Staat mit hoher Be- radioaktiver Stoffe, und zugleich über die reitschaft zur Kooperation. Gefahr der Verlagerung von Nuklearwaf- fen in den Weltraum. Harter Tobak und Sowohl in vereinzelten, bilateralen Ver- große Themen, wie sie einer großen Kon- handlungen, als auch als bei der Leitung ferenz gerecht wurden. Ich hätte niemals von moderierten Diskussionsrunden (so gedacht, auf so hohem Niveau arbeiten zu genannten “moderated caucuses”, einer können und war über meine gute Vorbe- inoffiziellen Arbeitsweise bei NMUN) reitung durch unseren Workshop heil- wurde Japan oftmals herangezogen, froh. konnte dieser Rolle aber gerecht werden. Der Sicherheitsrat arbeitete an nur einer Als das Thema abgeschlossen war, wen- Resolution, an der alle Länder beteiligt deten wir uns mit gleichem Elan der Situ- waren! Wenn das nur in der realen Welt ation in Afghanistan und Pakistan zu. Au- so klappen könnnte… Die professionelle ßerdem wurde unsere Arbeit noch durch Atmosphäre (alle wurden ihren Rollen als ein Krisenthema, einen großen Taifun in Diplomaten nicht nur gerecht, sondern Birma und katastrophale soziale Zustände schienen darin aufzugehen – diplomatic dort, unterbrochen. Die “Krise” fand zwar conduct at it’s finest!), der hohe Kennt- keinen großen Anklang (“Was hat eine nisstand und nicht zuletzt die Tatsache, Umweltkatastrophe im Sicherheitsrat zu dass wir uns auch menschlich gut ver- suchen?”, fragte manch einer), das Af-

NMUN 2010 Tübingen Delegation 29 ghanistan-Thema umso mehr. Japan beim abendlichen Beisammensein. Es konnte sich nach getaner Arbeit was das bleibt jedoch die Erinnerung an eine fan- “hard topic” nukleare Abrüstung betrifft tastische Konferenz, interessante Be- ein wenig zurücknehmen und den USA kanntschaften und sogar neue Freund- das Feld überlassen, die gemeinsam mit schaften. Großbritannien gekonnt ihre Vision einer zukünftigen Strategie in Afghanistan und Pakistan präsentierten und verteidigten. Japan engagierte sich in den “soft topics” im Bereich Wiederaufbau, Sozialprojekte und Entwicklungshilfe, mit einigen gleichgesinnten Staaten. So konnte der Sicherheitsrat am Ende über zwei Resolu- tionen abstimmen, die sich aber – wieder ungewöhnlich – nicht konkurrierten, sondern sich wunderbar ergänzten.

Unsere Chair bzw. President staunten am Ende nicht schlecht und lobten uns für das hohe Niveau unserer Arbeit, und die vielen guten Ideen, die wir gemeinsam zu Papier gebracht hatten. Ihnen selber ge- bührte aber auch viel Lob; anders als ich es aus manch anderem Committee hörte, sorgte unsere Madam President für knallharte Disziplin und das Einhalten der Regeln. Unsere Delegationen mach- ten ihr es aber auch nicht allzu schwer – wieder einmal machte sich die Erfahrung der vielen (vielleicht zu vielen?) Head De- legates bemerkbar.

Am Ende konnten wir alle auf extrem ar- beitsreiche Tage mit hohem Tempo und Niveau zurückblicken – und auf drei Re- solutionen (und ein Statement zur Krise), die allesamt einstimmig angenommen wurden und den Willen unseres Commit- tees zur Zusammenarbeit und zum Kon- sens widerspiegelten. Für mich persönlich fand die Konferenz noch ein besonders schönes Ende, da mich die anderen Dele- gierten des Sicherheitsrates zum “Outstanding Delegate” wählten. Als alles vorbei war, schwankte ich zwischen Freu- de, weil alles ein gutes Ende genommen hatte (und endlich Erholung von der an- strengenden Woche winkte), und Trauer darüber, dass alles so schnell gegangen war – gerne hätte ich viele Menschen bes- ser kennengelernt und weiter so erstaun- lich mit ihnen gearbeitet und diskutiert, sowohl während der Sitzungen als auch

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Security Council Working Group on konnte. Children and Armed Conflict Wir sind ein paar Tage früher in New (CAAC) York eingetroffen, um Zeit zu haben, vor Ana Ilievska der Konferenz den Jetlag zu überwinden und die Stadt zu besichtigen. Schon am ersten Tag während des Eincheckens er- lebte ich eine große Überraschung: es kamen insgesamt 2500 Studenten aus der ganzen Welt, um an der Simulation teil- zunehmen. Keine große Freude für die Sheraton-Angestellten, doch ein Erlebnis für uns Studenten. Ich hatte etwas Derar- tiges noch nie erlebt und war in der gro- ßen Gruppe sehr stolz darüber, meine Universität zu vertreten, Menschen aus der ganzen Welt kennen zu lernen und fünf Tage lang „Delegierte“ eines mir da- vor politisch weitgehend unbekannten Landes wie Japan zu sein. Es ging sofort nach der Eröffnungszere- monie mit den Komiteesitzungen los, welche dann drei Tage lang manchmal auch von 08:00 bis 23:00 Uhr stattfan- Ana Ilievska den. In meinem Komitee saßen viele AmerikanerInnen: was mir am Anfang Selbstverständlich hat man als Romanis- Respekt abnötigte, waren ihre mutter- tik-Student in einem Raum voller Politik- sprachlichen Sprachkenntnisse. Doch es studenten zunächst Zweifel daran, in eine stellte sich sofort heraus, dass alle „Dele- solche Veranstaltung wie die National gierten“ sehr freundlich und verhand- Model United Nations Konferenz aufge- lungswillig waren, so dass wir in den nommen zu werden. Doch bald stellte nächsten langen Tagen eine äußerst an- sich heraus, dass es hierbei viel mehr um genehme und diplomatische Arbeitsat- soziale Kompetenzen als um die Studien- mosphäre hatten. Freundschaften wurden fächer geht und dass alles, was in der geschlossen, Erfahrungen geteilt und Veranstaltung vorgestellt wird, auch schon war die Konferenz zu Ende. An die- schnell gelernt werden kann – Interesse sem Punkt muss ich anmerken, dass die und Engagement vorausgesetzt. Bald be- Tipps und Tricks, die uns unsere Head- fand ich mich in einer vertrauten Gruppe, Delegierten während der Vorbereitungs- angenehmen Arbeitsatmosphäre und mit- zeit gegeben haben von großer Hilfe für ten in einem spannenden Prozess, der uns mich waren, denn nur durch ihre Erfah- die Vereinten Nationen “von innen her- rung konnte man auch wissen, wie sich aus“ näher brachte. Die Vorbereitungs- die einzelnen Delegierten während der phase war dabei sehr zeit- und ar- Sitzung verhalten bzw. verhalten könn- beitsaufwendig, doch im Nachhinein bin ten. ich unseren Head-Delegierten und der Am Tag vor der Schlussfeier erfuhr ich, Projektleiterin sehr dankbar dafür, dass dass ich die höchste Auszeichnung für die sie uns diesem Aufwand ausgesetzt und einzelnen NMUN-Teilnehmer bekommen uns motiviert haben: dies führte dazu, habe – Outstanding Delegate in meinem dass ich mich später in New York in mei- Komitee. Doch vielmehr als die Auszeich- nem Komitee sowohl durch formelles als nung an sich hat mich das Vertrauen und auch durch themenspezifisches Wissen die Anerkennung seitens meiner Mitdele- sehr schnell durchsetzen und so den Ab- gierten im Komitee beeindruckt, die für lauf der Debatte erfolgreich mitgestalten mich gestimmt hatten. Ich bin sicher,

NMUN 2010 Tübingen Delegation 31 dass ich diese Auszeichnung erstens der angenehmen Atmosphäre in der Tübinger Delegation und somit meinen Kommili- tonInnen und den Projektleitern zu ver- danken habe, desweiteren den Mitdele- gierten in meinem Komitee, die durch ih- re Kompetenz und Professionalität eine gute Basis für erfolgreiche gemeinsame Arbeit bildeten. Es gab selbstverständlich auch Kritikpunkte und Dinge, die man hätte besser machen können. Doch allein die Tatsache, dass ich an einer solchen Erfahrung teilnehmen dürfte, überschat- tet alles Negative. Der letzte Tag der Konferenz hat im UNO-Hauptquartier selbst stattgefunden. Dort versammelten sich am späten Nachmittag alle teilnehmenden Delegati- onen, um der Schlussfeier beizuwohnen. Es war für mich ein unglaubliches Gefühl, da zu sitzen, wo Tausende von Diploma- ten durch die Jahrzehnte verhandelt und ihre Länder vertreten haben; da, wo Men- schen wie Kofi Annan und Nelson Mande- la ihre Reden gehalten haben – für Frie- den und Freiheit. Am Ende dieser Konferenz kann ich die Vereinten Nationen und ihre Vorgehens- weise viel besser verstehen: warum sie manchmal nicht vollkommen effizient und der Prozess von der Entscheidung bis zur Handlung langwierig sein kann, wa- rum es so schwierig und zur selben Zeit so wundervoll ist mit Menschen aus ver- schiedenen Ländern und Kulturen zu- sammen zu arbeiten, warum es unheim- lich wichtig ist, offen und kompromissbe- reit mit diesen Menschen umzugehen. Und eine Sache habe ich auch für mich selbst und mein Weltverständnis gelernt: wir leben in einer äußerst komplexen Ge- sellschaft, doch es genügt oft ein bisschen guter Wille und der große Wunsch, die Welt zu verbessern, um durch kleine Ber- ge wie die NMUN-Konferenz große Gipfel zu erreichen.

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International Court of Justice einen Verstoß gegen die so genannte Völ- Christoph Meyer kermordkonvention vor und „Belgium vs. Senegal“ – Belgien wirft Senegal vor, im Falle des ehemaligen Diktators des Tschad Hisséne Habré, der unter ande- rem im Verdacht steht, für Folter in sei- ner Heimat die Verantwortung zu tragen, gegen die Pflicht des „aut dedere aut iudi- care“ (entweder ausliefern oder anklagen“ ) zu verstoßen. Fünfzehn Richter aus ver- schiedenen Nationen (sowohl in der Si- mulation als auch in der Realität) waren gefragt ihre Kenntnisse des Internationa- len Rechts anzuwenden und waren selbstverständlich auch darauf angewie- sen, schon im Vorfeld so gründlich wie möglich Verträge, Lehrbücher, Präze- denzfälle und den Stand der Verfahren vor dem echten IGH zu recherchieren. Ebenso waren die Councils gefragt Argu- mentationsstränge zu entwickeln, die ge- eignet waren, die Richter von der Recht- mäßigkeit ihres jeweiligen Standpunktes zu überzeugen. Dabei muss betont wer- Christoph Meyer den, dass jede Gruppe von Councils, die ca. aus 5 Personen bestanden, in beiden Die Simulation des Internationalen Ge- Fällen ein Land zu vertreten hatten. Die richtshofes im Frühjahr 2010 war eine Komplexität der Fälle lässt ahnen, welch Premiere für NMUN, noch nie zuvor hatte aufwändige Vorbereitungen getroffen es dieses Komitee bei den NMUN gege- werden mussten um dieser Aufgabe nur ben und dennoch verlief die Simulation annähernd gerecht zu werden. Die Atmo- sehr erfolgreich. Während in allen ande- sphäre im Gericht kann als sehr professi- ren Komitees die Interessen der verschie- onell beschrieben werden. Die Bedeutung denen Mitgliedsstaaten im Vordergrund des IGH und die Bedeutung der Verfah- standen, mühsam um Kompromisse für ren für die Fortentwicklung internationa- die Ausarbeitung von Resolutionen und len Rechts schien alle Teilnehmer zu be- Berichten gerungen wurde, hatten die De- eindrucken. Das verlieh den Verhandlun- legierten im IGH eine ganz andere Aufga- gen eine gewisse Würde, die dazu führte, be: Wir waren berufen internationales dass ein sehr höfliches, aber auch arbeit- Recht zu auszulegen und verbindliche sames Klima entstand. Entscheidungen zu treffen. Dabei gab es Die formelle Sitzung und die informellen grundsätzlich zwei verschiedene Funktio- Beratungen des Gerichts hielten sich zeit- nen zu erfüllen: Die Aufgabe der „Coun- lich circa die Waage, so dass alle Teil- cils“ war es die Rechtsmeinung ihres nehmer die Gelegenheit hatten zu Wort Landes zu vertreten, die Aufgabe der zu kommen und sich einzubringen. Als Richter hingegen war es nach eingehen- sehr sinnvoll erwies sich der so genannte der Anhörung der Argumente beider Sei- „moderated caucus“ in dem die Richter ten und auf Grundlage des Völkerrechts ihre Meinungen unter der Moderation des eine Entscheidung zu treffen. Zwei Fälle vorsitzenden Richters vortrugen. Es zeig- wurden zwischen dem 28. März und dem te sich jedoch bald, dass es nicht einfach 1. April 2010 verhandelt, die auch zur Zeit werden sollte ein gemeinsames Urteil zu vor dem echten IGH anhängig sind: „Cro- verfassen, denn wer kann sich schon in atia vs. Serbia“ – Kroatien wirft Serbien zweieinhalb Tagen darüber einig werden

NMUN 2010 Tübingen Delegation 33 was genau ein Völkermord ist. Der echte IGH benötigte im seinem Urteil „Bosnia vs. Serbia“ immerhin 13 Jahre um ein endgültiges Urteil zu fällen. Für uns Stu- denten war es jedoch eine einmalige Er- fahrung, einmal auf der anderen Seite des Gerichtssaales zu stehen. Man durfte end- lich einmal von dem Gutachtenstil des Jurastudiums abweichen und seinen ei- genen Gedankengängen mehr Gewicht verleihen. Doch genau so ertragreich war die Vorbereitungsphase in der wir uns in- tensiv mit diesen bedeutsamen Fällen auseinandersetzen durften. Mein Fazit der Teilnahme an der ICJ-Simulation des NMUN ist, dass ich in meiner beruflichen Zukunft unbedingt Berührungspunkte mit dem internationalen Recht haben möchte. Ich danke allen herzlich, die uns die Teilnahme an diesem Projekt ermög- licht haben.

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Economic and Social Council uns außerdem die „Rules of Procedure“, Kira Knipper – Sonja Bernecker das A und O jeder NMUN Sitzung, die ei- ne Woche später auch durch einen schriftlichen Test abgefragt wurden. So sollte sichergestellt werden, dass alle die- se RoP wirklich verstanden und anwen- den konnten. Zunächst wurden wir aber in verschiedene Working Groups einge- teilt, denn schließlich verlangte das Pro- jekt eine Menge Vorarbeit in verschiede- nen Bereichen: So war Sonja Mitglied im PR-Department und ich im Brochure- Department. Auch das waren zeitintensi- ve Aufgaben, die uns aber als Gruppe / Delegation zusammenwachsen ließen. In den kommenden Vorbereitungswochen folgten zahlreiche Aufgaben und Übun- gen: Mehrere kleine und große Speech- Trainings, die uns auf die „reale“ Situati- on in New York vorbereiten sollten, wa- ren sehr hilfreich und effektiv. Mit viel Übung lernten wir, vor allem unter Zeit- druck, kurze, aber bedeutende Reden zu schreiben. Eine „Alltagssituation“ für ei- nen NMUN-Delegierten! Außerdem hal- fen uns die Trainings bei Haltung, Kör-

Kira Knipper persprache und Aussprache.

Eine weiteres Thema, dass uns durch den Die Vorbereitung gesamten Kurs begleitete, war das Positi- on Paper: Mehrere Abgabetermine muss- Alles begann im Oktober 2009, als wir in ten eingehalten werden, mehrere Versio- die erste Sitzung des NMUN-Seminars nen geschrieben werden, bis wir es in kamen. Einige Teilnehmer waren bereits New York einreichten. Schließlich zeigte in irgendeiner Weise mit dem Projekt in dieses Paper den Standpunkt unseres Berührung gekommen, wir waren jedoch Landes auf und repräsentierte auf zwei das erste Mal dabei. Zunächst wurde uns Seiten unsere gesamte Recherchearbeit in die NMUN ganz allgemein vorgestellt - bestem Englisch. Als unsere „Visitenkar- welche Ideen stecken dahinter, wie viel te“ sollte es die Delegation in den ver- Arbeit kommt auf uns zu und wie gestal- schiedenen Komitees natürlich im besten tet sich das Seminar. Bereits hier konnte Licht darstellen. Ich denke, dass dies der man merken, dass vielen Teilnehmern der prägendste „theoretische“ Teil der Vorbe- Arbeitsaufwand nicht bewusst gewesen reitung war – in das Position Paper floss war: Sitzungen an Wochenenden, viel Re- viel Arbeit und auch eigener Ehrgeiz, cherche, viele Abgabetermine. Außerdem denn schließlich wollten wir uns alle von sollte jeder Teilnehmer eine kurze Rede unserer besten Seite präsentieren. halten, wieso er/sie für das Projekt in Die wichtigste praktische Vorbereitung Frage kommt und wie er/sie zur Delegati- waren jedoch die verschiedenen Simulati- on beitragen kann - natürlich auf Eng- onen: Während unserer ersten, gruppen- lisch. Auch wenn uns das gesamte Ar- internen Simulation, kamen wir zum ers- beitsausmaß hier noch nicht bewusst ten Mal mit der Praxis in Kontakt und wurde, merkten wir sehr schnell: Reden merkten sehr schnell, wie sich diese doch werden ein essentieller Bestandteil des von der Theorie unterscheiden kann – NMUN Projekts sein! Vorgestellt wurden aber auch, wie essentiell wichtig eine gute

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Vorbereitung auf das jeweilige Land und dessen Positionen ist. Bei der zweiten Si- mulation, an der wir in Hohenheim teil- nahmen, war bereits deutlich, wie viel die Delegation dazugelernt hatte und bei der darauffolgenden Tübinger MUN Simula- tion hatten wir die Möglichkeit, unser ganzes Können unter Beweis zu stellen. Auch für uns selber war es ein schönes Erlebnis, eine stetige Verbesserung und erreichte Lernzeile direkt sehen zu kön- nen. In einer letzten Sitzung, kurz vor dem Abflug nach New York, wurde unser Können dank unserer Head Delegates noch ein letztes mal getestet: Jetzt konn- ten wir erleben, wie man mit Delegierten umgeht, die sich daneben benehmen oder persönliche Angriffe starten. Denn auch in diesen Situationen muss man sich stets diplomatische verhalten und sich auf kei- Sonja Bernecker nen Fall auf eine persönliche Ebene bege- ben. hintenanzustellen. Schließlich hatten wir spätestens seit TMUN, wo das Agendaset- In New York ting in der Generalversammlung zwei Stunden gedauert hatte, Erfahrung mit Selbst die beste Vorbereitung kann es komplizierten Tagesordnungsdebatten. wohl nicht verhindern, dass man sich am Unsere Mitdelegierten schienen jedoch ersten Tag in New York mehr oder weni- entschlossen, keine Zeit mit organisatori- ger ins kalte Wasser geworfen fühlt. Das schen Prozessen zu verlieren, sodass wir jedenfalls war unser Gedanke, als wir am bereits nach wenigen Minuten eine fertige Sonntagabend aus der allerersten Sitzung Tagesordnung hatten – ohne dass eine des Ecosoc-Plenums herauskamen. Im einzige Rede gehalten worden wäre, und Vorfeld hatten wir uns intensiv mit den darüber hinaus mit unserer letzten Präfe- auf der Agenda stehenden Themen ausei- renz als erstem (und einzigem) Thema, nandergesetzt, die von Japan bevorzugte das während der nächsten Tage bespro- Tagesordnung festgelegt, Argumente ge- chen werden sollte. sammelt und natürlich überzeugende Re- Am Montag, nachdem wir uns von diesem den zum Agendasetting vorbereitet. Wir Schock erholt und eilig einige substantiel- waren zuversichtlich, dass wir auf diese le Reden vorbereitet hatten, begannen wir Weise die anderen Delegierten davon uns in unserem Komitee mehr und mehr überzeugen könnten, über die Implemen- zu Hause zu fühlen. Ungefähr 40 der 54 tation internationaler Abkommen zur gemeldeten Delegationen waren auch Verbesserung der Gesundheit weltweit anwesend, und schnell bewahrheitete sich oder aber über nachhaltigen Städtebau zu das Sprichwort, dass „die anderen“ übli- diskutieren und das für Japan kritischste cherweise auch nur mit Wasser kochen. Thema – wirtschaftliche und soziale Wenn wir im Voraus befürchtet hatten, Gleichberechtigung der Geschlechter – dass wir in New York auf extrem gut vor- bereitete, kompetente und eloquente De- legierte treffen würden, stellte sich bald heraus, dass, bei aller Bescheidenheit, diese Beschreibung zumindest ein wenig auch auf uns selbst zutraf. Immerhin ging es uns nicht wie den beiden Delegierten NMUN 2010 Tübingen Delegation 36

Estlands, die auf die Frage, welches Land werden konnte – obwohl wir zu den ers- sie denn repräsentieren würden, zuerst ten gehörten, die es eingereicht hatten. auf ihrem Stimmzettel nachlesen muss- Abgestimmt wurde es dann als Entwurf ten, und wir führten beim Roll Call auch Nummer 10 von 10, nach nur fünf Minu- keine Dialoge wie diesen: Chair: „Re- ten Zeit zum Lesen und einer stundenlan- public of xy?“ Delegierter: „Yeah“. Chair: gen Abstimmungsprozedur. Das Ergebnis „Are you present, or present and voting?“ – zwei Stimmen zu wenig – spiegelte Delegierter: „I’m here!“ … Umso dankba- vermutlich diese Umstände wieder, und rer waren wir, als wir schließlich mit eini- wir waren letzten Endes froh, dass wir gen wirklich fitten und professionellen doch bloß Teilnehmer einer Simulation Ecosoclern zusammenarbeiten konnten. waren und nicht ein wirklicher, potentiell Unsere Strategie, Japan als Vorreiter der weltverbessernder Resolutionsentwurf Gleichberechtigung darzustellen und das soeben im Papierkorb gelandet war. Augenmerk auf Frauenförderung in Nachkriegsgesellschaften zu lenken, ging insofern auf, als dass unser Working Pa- per, an dem wir zuerst nur mit drei Län- dern geschrieben hatten, nach und nach immer mehr Sponsoren und Unterzeich- ner fand und schon am Dienstag beim Chair eingereicht werden konnte. Auch wir als „Japan“ wurden zunehmend popu- lär, und Kira schließlich sogar zur Spre- cherin des asiatischen Blocks gewählt. Danach war die Lage entspannter; wir konnten uns mit der Teilnahme an den formellen Sitzungen abwechseln und auch mal das Sheraton verlassen. Auf ei- nem Hinweiszettel der Veranstalter wur- de uns empfohlen, dafür unsere Namens- schilder abzulegen, um nicht als NMUN- Teilnehmer und damit als Touristen er- kannt zu werden. Ob das funktioniert hat, darf bezweifelt werden; jedenfalls wurde man auch im Starbucks und im Subway nebenan von den Leuten am Nebentisch meistens mit „Which country are you?“ begrüßt. Das machte einem noch einmal deutlich, wie viele Teilnehmer NMUN wirklich hat – Tausende, die endlose Schlangen vor den Aufzügen bilden, durch massenhaftes Skypen das WLAN im Hotelfoyer zusammenbrechen lassen und Subway und Co. Vermutlich alljähr- lich den Rekordumsatz bescheren. Doch was wäre das Diplomatenleben oh- ne Rückschläge? Unserer kam am Mitt- woch, als der Chair uns lakonisch mitteil- te, dass unser Working Paper „kinda lost“ sei, und die von uns eilig nachgelieferte Version wegen akuter Überlastung der Drucker und Kopierer erst in buchstäb- lich letzter Minute dem Komitee vorgelegt

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Committee for Development Policy batten europäischer Medien. Dieses Land Julia Palme war besonders weit weg und das was es ausmacht unglaublich fremd. Im Rahmen der Vorbereitungsphase, die einen Work- shop mit Redetraining, Probesimulatio- nen und das Entwickeln von Position Pa- pers beinhaltete, organisierten die Semi- narleiter eine Konferenzschaltung mit ei- ner japanischen Professorin der Hiroshi- ma University. Sie bestätigte, dass Japan und auch seine Rolle in den Vereinten Nationen schwierig zu fassen sei. Nichts- destotrotz wurde dadurch bei mir nach- haltiges Interesse geweckt und ich begann nach den Knackpunkten und Widersprü- chen japanischer Entwicklungspolitik zu suchen, denn ich sollte Japan im Commit- tee for Development Policy vertreten. Ebenso beeindruckend war dann auch der Besuch der Ständigen Vertretung Japans bei den Vereinten Nationen in New York. Durch die intensive und gewinnbringende Vorbereitungsphase, wurde das Selbstver- trauen, in Bezug auf Redekompetenz und Julia Palme diplomatisches Gebaren, gestärkt. Dass Trotz ausgeprägtem Hang zur Skepsis ge- zeigte sich dann auch ganz deutlich auf genüber Planspielen und den Vereinten der Konferenz in New York. Die gute Vor- Nationen, siegte die Neugier und ich ent- bereitung war die Basis, um aktiv an der schied mich zur Teilnahme am NMUN- Konferenz teilzunehmen und das Gesche- Projekt der Tübinger Eberhard-Karls hen in den Ausschüssen deutlich zu be- Universität. Ich kann heute behaupten, einflussen. Außerdem erlaubte es, die dass mir diese Entscheidung einige neue Verhandlungsdynamiken besser zu beo- Blickwinkel eröffnet und Erfahrungen ge- bachten, da einige Delegationen noch bracht hat. Als bekannt wurde, dass Tü- damit beschäftigt waren, sich mit dem bingen Japan vertreten wird, herrschte Handwerkzeug auseinanderzusetzen. Das erst einmal eine Art Ratlosigkeit. Gut, es Committee for Development Policy hatte war klar, dass Japan als zweitgrößter Bei- nicht zur Aufgabe eine Resolution zu ver- tragszahler der UN und wichtige Wirt- abschieden, sondern als Expertenaus- schaftsmacht, einiges an Gewicht auf der schuss einen kohärenten Report mit Konferenz haben dürfte. Klar war auch, Handlungsanweisungen und Lösungs- dass Japans jüngere Geschichte immer möglichkeiten zu erarbeiten. Demzufolge noch stark die Außenbeziehungen beein- war die gemeinsame Arbeit weniger ein flusst und seine Beziehungen zu der Wettbewerb, sondern ein Zusammenwir- Volksrepublik China eher ambivalent sind ken. Das hieß, dass viel auf inhaltlicher und so weiter und so fort – aber viel mehr Ebene diskutiert wurde. Natürlich gab es auch nicht. Die Frage, wie man sich am einige Differenzen, aber es war ganz deut- besten als Vertreter Japans verhalten soll- lich, dass die Problemlösung im Mittel- te, stand lange ungelöst im Raum: Eher punkt stand und weniger die vehemente zurückhaltend, aber doch bestimmt; an- Durchsetzung von Partikularinteressen. führend oder doch nur mitformend? Ja- Bis auf einige Ausnahmen waren die De- pan ist auf den ersten Blick weit weniger legationen aktiv und gut vorbereitet, so- kontrovers als manch andere Staaten und dass nach kleineren Einfindungsschwie- prägt weniger die Schlagzeilen und De- rigkeiten, die Zusammenarbeit Spaß ge- NMUN 2010 Tübingen Delegation 38 macht hat. Der Ausschuss umfasste zwar nur ca. 50 Teilnehmer, aber davon viele Doppeldelegationen, für die es einfacher war den Überblick zu behalten. Anderer- seits empfand ich es als positive Heraus- forderung, mich mit den Doppeldelegati- onen auseinanderzusetzen und trotzdem Verbündete zu finden. Nicht immer wa- ren sich die Doppelbesetzungen in ihrem Vorgehen einig. Die Möglichkeit tun zu können, was ich für richtig hielt, empfand ich eher als Erleichterung. In einem grö- ßeren Komitee verhält es sicher anders. Mir ist aufgefallen, dass in unserem Ko- mitee vornehmlich Amerikaner, Kanadier und Deutsche die verschiedenen Staaten vertraten. Ich hätte mir gewünscht, dass es mehr Teilnehmer aus den verschie- densten Ländern, besonders eben auch aus den Entwicklungsländern, gibt. Ich denke, es wäre im Sinne der VN Prinzi- pien, dieses Ungleichgewicht aufzuheben. Gerade Studenten und Schülern aus Ent- wicklungs- und Schwellenländern sollte es ermöglicht werden, an diesem Lern- projekt teilzunehmen. Ich würde behaup- ten, dass das eines der größten Defizite der NMUN Konferenz war. Denn der per- sönliche Gewinn an Erfahrung, an Fähig- keiten und neuen Perspektiven ist uner- messlich. Weiterhin, bietet NMUN die einmalige Möglichkeit, ein Gefühl für die Schwierigkeiten und Hindernisse der rea- len UN-Diplomaten und der Konferenz- diplomatie zu bekommen.

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Committee for Sustainable die eigentliche Arbeit informell stattfin- Development det. Simon Schulz Die Simulation NMUN 2010 selbst war für den einzelnen Teilnehmer eine über- wältigende Erfahrung. Die Konferenz fand in einem Hotel am Times Square im Herzen New Yorks statt und während sich draußen Menschen aus aller Welt durch die überfüllten Straßen Manhattans drückten, ging es auf der Konferenz nicht weniger international und gedrängt zu. Die schiere Menge von nicht weniger als 2000 Studenten bedeutete für den Au- ßenstehenden sicherlich reines Chaos. Die Konferenz selbst war aber alles ande- re als chaotisch. Die eindrücklichste Er- fahrung während der drei Tage des De- battierens war sicherlich wie eine große Gruppe von sich gegenseitig zuvor unbe- kannten Individuen, die auch noch per definitione ganz unterschiedliche Interes- sen vertraten, dank der Einhaltung der Regeln des diplomatischen Umgangs in der UN ganz beeindruckende Ergebnisse aushandeln konnten. An diesem Spekta- Simon Schulz kel teilzunehmen und teilzuhaben bot wertvolle Einsichten in Dynamiken und Das Abenteuer NMUN 2010 begann für ungeschriebene Gesetze solcher großen uns Studenten schon im Spätsommer Konferenzen. Zusätzlich konnte man die 2009. Das ganze Wintersemester über eigene Durchsetzungsfähigkeiten auf bereiteten wir uns in Seminaren und höchstem Niveau trainieren und viele Workshops auf die Teilnahme an der Kniffe und Tricks erlernen, die ohne Konferenz vor. Zur Vorbereitung gehör- Zweifel auch auf anderen Gebieten der ten insbesondere auch die Teilnahme an Kommunikation von höchstem Wert sein einer Übungskonferenz in Hohenheim werden. Über die Auseinandersetzung und die Organisation und Teilnahme an über die Themen kam der persönliche einer eigenen Konferenz in Tübingen. Auf Aspekt nicht zu kurz. Es bot sich nach ihnen lernten wir das Handwerk der UN Ende der Sitzungen vielfach die Möglich- konferieren. Sie ermöglichten auch die keit mit Studenten aus vielen verschiede- Herausbildung eines Teamspirits in der nen Ländern ins Gespräch zu kommen, Delegation, der immer wieder durch ge- den Finger an den Puls der Weltöffent- meinsame Vorbereitungstermine ausge- lichkeit zu legen und persönliche Hinter- baut wurde und bei NMUN die Kohärenz gründe kennenzulernen. der vertretenen Positionen und eine kol- legiale gegenseitige Hilfeleistung ermög- In meinem speziellen Komitee der lichte. Vorweg sei gesagt, dass sich diese „Commission on Sustainable Develope- Vorbereitung bei der Konferenz auszahl- ment“ (CustD) herrschte eine sehr kolle- te. Die erlangten Fähigkeiten und das giale Atmosphäre vor. Resolutionen wur- ausführliche Wissen über die UN machte den im Wesentlichen im Konsens erarbei- es uns einfach aus der Menge der Teil- tet, was umso höhere Anforderungen an nehmer herauszustechen, was das A und die Lösung von möglichen Konflikten O eines Verhandlungsformats ist, bei dem stellte. Tragbare Kompromisse mussten

NMUN 2010 Tübingen Delegation 40 ausgehandelt werden und die Übersicht über die Arbeitsgruppen gehalten werden. Letztendlich konnte ich die wichtigsten japanischen Überzeugungen mit einbrin- gen, wenn sich auch nicht verhindern ließ, dass die Entwicklungsländer durch ihre große Zahl einige den japanischen Interessen nicht entsprechende Empfeh- lungen einbringen konnten. Japans Ver- handlungskraft beruht auf der engen Zu- sammenarbeit mit den USA. Auf den Themengebieten der CustD ist diese aber eher brüchig, was die Aufgabe sehr er- schwerte.

Im Rückblick wird zweifellos klar, dass man vieles dessen was ich hier gelernt habe auf den kleinen Minikonferenzen, die wir zuvor in Deutschland organisiert hatten, nicht erlernen konnte. Zumindest die internationale Komponente von NMUN ist einzigartig vorteilhaft und rechtfertigt allein die Teilnahme. Festzu- stellen wie Studenten aus anderen Län- dern denken und zu lernen wie man ar- gumentativ mit verschiedenen kulturellen Eigenheiten umgehen kann ist eine blei- bende Erfahrung. Die Konferenz endete mit einer Abschlusszeremonie in den hei- ligen Hallen der UN auf die man sonst wohl nie Zugriff gehabt hätte.

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Commission on the Status of unserer Delegation, um ein Gefühl für Women den Ablauf einer Konferenz zu bekommen Christine Diebold und auch um die Möglichkeit zu haben die „Rules of Procedure“ anzuwenden. Wir hatten zwei weitere Simulationen in Hohenheim und Tübingen. Anfang November stand fest, dass wir Ja- pan repräsentieren und ich Japan in der „Commission on the Status of Women“ (CSW) vertreten würde. Da die CSW ein „Report Writing Committee“ ist, war für mich die Simulation in Tübingen beson- ders wichtig, da ich dort das erste Mal in einem „Report Writing Committee“ saß. Dieses Wissen war sehr hilfreich in Bezug auf New York; denn je besser man die Re- geln/Theorie verstanden hat, desto eher kann man sich auf den Inhalt konzentrie- ren. Ein aufschlussreiches Erlebnis war der Besuch in Genf. Dort hatten wir die Mög- lichkeit z.B einer Mitarbeiterin des UNDP (United Nations Development Program) spezifische Fragen zu unseren Themen, Christine Diebold die wir in New York vielleicht diskutieren würden, zu stellen. Außerdem besuchten Warum nimmt man an NMUN teil? Ist wir auch die „Permanent Mission of Ja- man neugierig, braucht man eine neue pan to the UN“ und konnten auch hier Herausforderung, oder hat man schon ein themenspezifische Fragen stellen auf wel- eine gewisse Vorstellung was einen bei che wir überraschend offene Antworten einer UN-Simulation könnte und will he- bekamen. rausfinden, ob sich diese Vorstellung bes- Gut gerüstet für NMUN haben wir uns tätigt? In meinem Fall trifft wohl von al- also in New York getroffen, um dort für 5 lem etwas zu. Einerseits war es die Neu- Tage in die Rolle eines japanischen UN- gier und die Herausforderung, anderer- Delegierten zu schlüpfen. Obwohl ich in seits wollte ich meine Vorstellungen über einem verhältnismäßig kleinen Commit- die Arbeit bei der UN bestätigt wissen. tee saß, musste ich sehr schnell feststel- Dass es eine Herausforderung bezüglich len, wie schwer es sein würde, wenn nicht der Menge an Arbeit wird, zeichnete sich fast unmöglich, mit allen Delegierten zu bereits nach dem ersten Treffen ab. reden, zu diskutieren und einen gemein- Gleichzeitig stieg die Neugier: einmal in samen Konsens zu finden. Nach nur we- die Rolle eines Delegierten zu schlüpfen, nigen Agenda Setting Speeches konnte das hörte sich doch sehr interessant an. sich unser Committee auf die Agenda ei- Die Vorbereitung in Tübingen war inten- nigen. Die Agenda entsprach meiner Vor- siv. Wir lernten die „Rules of Procedure“, stellung und daher ging ich motiviert in Reden zu schreiben, Reden zu halten, In- die Gespräche. Die ersten zwei Tage liefen formationen zu einer davor uns unbe- zu meiner Zufriedenheit. Unser Commit- kannten Position eines Landes zu finden tee teilte sich in unterschiedliche Grup- und diese Position unabhängig von der pen auf, um alle Aspekte des zu diskutie- eigenen Meinung zu vertreten. Natürlich renden Themas abzudecken. ist es wichtig, die ganze Theorie auch mal Unsere Gruppe beschäftigte sich mit dem in der Praxis zu erproben. Wir fingen Thema „Economic Empowerment of klein an mit einer Simulation innerhalb Women“. Wir waren eine bunt gemischte

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Gruppe, die sehr gut zusammen arbeitete. Gruppe, diskutiere etwas „diplomati- Da es bei den „Report Writing Commit- scher“, kann Gruppendynamiken besser tee“ üblich ist, dass es bei der Abstim- erkennen und auch verstehen. Außerdem mung normalerweise maximal Enthal- hat sich gezeigt, dass Vorbereitung wich- tungen aber keine Gegenstimmen gibt, tig ist, aber eben auch nicht alles. Vieles konnten auch Länder wie der Iran, muss man spontan entscheiden. Die Neu- Deutschland, Japan und China zusam- gier und die Herausforderung haben sich menarbeiten. Während der Arbeit in der also gelohnt. Meine Vorstellung über die Gruppe zahlte sich die gute inhaltliche UN hat sich bestätigt. Die United Nations Vorbereitung aus. sind meiner Ansicht nach ein sehr wichti- Am letzten Tag änderte sich dann die ger Bestandteil der Internationalen Be- Stimmung. Unsere Gruppe war sehr früh ziehungen und wenn man einmal hinein- mit dem Segment fertig, im Vergleich zu geschnuppert und gemerkt hat wie kom- allen anderen Gruppen. Das heißt unser plex das ganze System ist, kann man auch Teil war für zwei bis drei Stunden der ein- verstehen, warum manche Entscheidun- zige frei verfügbare Text und wurde daher gen so lange dauern. sehr gründlich von allen durchgelesen. Plötzlich störte man sich an Kleinigkeiten. Manche Länder teilten uns mit, dass man gegen unser Segment stimmen würde, wenn wir unseren Teil nicht ändern wür- den Wir waren etwas fassungslos und än- derten das ein oder andere. Wir versuch- ten mit viel Geduld die anderen Länder zu überzeugen, dass sie nicht gegen unseren Teil stimmen sollten, immerhin steckte vier Tage Arbeit dahinter. Die USA hatte in der Zwischenzeit entschieden, dass sie sich nicht nur enthalten wird, sondern gegen unseren Teil stimmen muss. Das nicht etwa wegen des Inhalts sondern weil Iran in unserer Gruppe mitgearbeitet hat. Leider konnten wir nicht genügend Länder umstimmen und somit wurde un- ser Teil nicht angenommen. Das war ent- täuschend, da wir vier Tage lang daran gearbeitet hatten. Die ganzen anderen Segmente (7 Stück) wurden 15 Minuten vor der Abstimmung für alle ausgedruckt und es blieb eigentlich kaum Zeit alle Teile auch nur zu überfliegen. Aber ich denke gerade aus solchen Situation kann man lernen. Trotz allem hat die Simulation sehr viel Spaß und mich um einige Erfahrungen reicher gemacht. Im Rückblick muss ich sagen, dass alle von uns wirklich viel geleistet haben. Die Entwicklung die man in diesem halben Jahr macht war für mich erst im Nachhi- nein nachzuvollziehen und erkennbar. Ein paar Dinge will ich hier erwähnen: Ich rede entspannter als vorher vor einer

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Economic Commission for Latin dacht: Japan ist erst seit wenigen Jahren America and the Caribbean Mitglied der ECLAC, und nach Aussage Alexandra Schaal der japanischen Botschaftsmitglieder, mit denen wir sprachen, auch nicht unbedingt stark an der Region interessiert. Aber ei- nes hatten wir ja schon im letzten Jahr, mit Saudi-Arabien gelernt: Wie man aus einer Minimalvorgabe und groben Rich- tungshinweisen eine verhandlungssichere Position zimmert. Als hilfreich erwiesen sich auch die recht schwammig gehalte- nen Themen in der ECLAC.

Schon am ersten Abend der Konferenz war mir klar, dass ich mich in diesem Komitee bei Weitem mehr würde behaup- ten müssen als in der Arabischen Liga im letzten Jahr. Es war eine sehr volatile Mi- schung aus einigen Delegierten von US- amerikanischen Universitäten, die zum Teil schon zum vierten, fünften Mal an den NMUN teilnahmen, und vielen, vie- len Erstdelegierten, die mit großen Au- gen herumsaßen und ziemlich verloren Alexandra Schaal wirkten. Da die erfahrenen Delegierten vor allem europäische, hochindustriali- ‚Das Komitee, das keiner wollte‘ – so sierte Länder darstellten und die „Frisch- kann man die Economic Commission for linge“ die kleineren, lateinamerikani- Latin America and the Caribbean (EC- schen, drohte schon gleich zu Beginn ein LAC) wohl am Besten beschreiben. Nach- riesiges Ungleichgewicht in der eigentlich dem wir Delegationsleiter versucht hat- für Lateinamerika arbeitenden Kommis- ten, eine ausgewogene und faire Komitee- sion. verteilung zu bewerkstelligen, stellte sich Dies war aber auch eine Chance für mich heraus, dass ausgerechnet der Delegierte, persönlich, da ich – im Einklang mit der der alleine für dieses 44-köpfige Komitee offiziellen japanischen Position – auf eine eingetragen war, aus persönlichen Grün- Führungsrolle der in der Region selbst den doch nicht mitkommen konnte. Da beheimateten Länder drängen konnte, sich niemand so recht für die ECLAC be- was mich schon mit meiner ersten Rede geistern wollte/konnte, und es die kom- als Fürsprecherin der lateinamerikani- plette Restkonstruktion gesprengt hätte, schen Länder etablierte. Diese Rolle blieb einen Delegierten woanders abzuziehen, mir – und ich ihr – bis zum Ende der beschlossen wir, mich als Ersatz zu be- Konferenz treu und verschaffte mir ein nennen. großes Potenzial an Hilfe und Stimmen. Dann also noch einmal, dieses Mal als Da das einzige andere asiatische Land im respektierte und respektable japanische Komitee, Südkorea, ziemlich untertauch- Delegierte, also Technik statt Öl und an- te, war das auch bitter nötig. schmiegsame Kooperation von den meis- Ironischer weise war es besonders die ten Seiten anstelle der vorherigen Stel- (amerikanische) Delegation, die Deutsch- lung als menschenrechtlich gesehen leicht land vertrat, die sich als sehr „pushy“ und suspekter saudi-arabischer Delegierter. im negativen Sinne als dauerpräsent er- Diese Einschätzung erwies sich als leicht wies. Dass bei einem solchen Auftritt verfehlt. Die Vorbereitung auf das Komi- auch viel Dampfplauderei dahinter steckt, tee wurde dann doch schwieriger als ge- zeigte sich am vierten Tag der Konferenz:

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Die beiden „deutschen“ Delegierten hat- ten mal eben eine deutsche Entwick- lungsbank als Vorbild propagiert, die es gar nicht gibt – und verteidigten dieses angebliche Erfolgsmodell auch vehement gegen meine Einwände, dass „Japan“ noch nie von dieser Bank gehört habe. Erst als meine Hauptverbündeten, die meisten lateinamerikanischen Staaten, z.B. Ecuador, Honduras, Suriname, und Nicaragua damit drohten, eine faktisch fehlerhafte Resolution nicht durchzuwin- ken, fingen sie an, nachzuforschen. Und siehe da, sie hatten eine indische Ent- wicklungsbank als deutsche ausgegeben – was verständlicherweise für einige Lacher im Komitee sorgte. Diese Begebenheit zeigt ganz deutlich, dass man sich auch als Nichtmutter- sprachler in Englisch durchaus trauen sollte, den redegewandten Muttersprach- lern Paroli zu bieten – denn was die tat- sächliche faktische Vorbereitung angeht, sind die deutschen Unis meist weit vor- aus. Ein zweiter Auftritt in New York ist natür- lich um Einiges entspannter als der erste. Man weiß, worum es geht, wie man sich und seine Position zu verkaufen hat, und kann auch auf die „Frischlinge“ ganz gut eingehen. Für mich persönlich war das zweite Mal sogar wertvoller als das erste, da ich hierbei Zeit und Muße hatte, Freundschaften zu schließen, die sich auch über die Konferenz hinaus gehalten haben. Der Spannungsbogen, dass muss man jedoch zugeben, ist etwas abgeflacht. Insofern bleibt es mir ein Rätsel, warum Studenten vier oder fünf Mal an einer NMUN Konferenz als Delegierte teilneh- men. Das Tübinger Modell hat sich hier- bei in meinen Augen bewährt.

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International Atomic der Rules of Procedure angewandt und Energy Agency somit verinnerlicht werden. Fabienne Kröber – Nadia Baumann Die inhaltliche Vorbereitung und Erarbei- tung der japanischen Position der Komi- tees wurde ergänzt durch eine Videokon- ferenz mit einer japanischen Professorin, die spezielle Fragen im Vorfeld beantwor- tete. Eine Exkursion nach Genf rundete diese Vorbereitungsphase Anfang März ab. Wir bekamen dort nicht nur die Gele- genheit uns mit echten Diplomaten aus- zutauschen, sondern schnupperten im Pa- lais de Nation auch zum ersten Mal UN- Luft.

In New York konnten wir dann die Früchte der fundierten Vorbereitung ern- ten. Die Vorfreude wurde direkt nach der Ankunft durch die Ankündigung, dass die Eröffnungszeremonie nicht wie erwartet im Plenarsaal des UN-Hauptquartiers stattfinden würde, gedämpft. Nichtsdes- totrotz stürzten sich alle mit Feuereifer in die erste Abendliche Verhandlungsrunde. Nachdem in der Internationalen Atom- Fabienne Kröber energiebehörde (IAEA) die Agenda, ohne Wenn wir unsere NMUN Erfahrung in dass eine einzige Rede gehalten wurde, in drei Worten zusammenfassen müssten, der von Japan bevorzugten Reihenfolge, so müssen wir nach langwieriger Überle- angenommen wurde begann die tatsächli- gung erkennen, dass dies schlicht unmög- che diplomatische Arbeit: Kooperations- lich ist. Die Bandbreite der Erfahrungen partner mussten gefunden werden, Wor- und Eindrücke ist einfach zu groß. king Paper wurden ausgearbeitet und Die Vorbereitungsphase forderte das Or- verhandelt, Netzwerke zum Informati- ganisationstalent und Durchhaltevermö- onsaustausch aufgebaut und gepflegt und gen aller zukünftigen Delegierten. Es galt nebenbei schrieben wir Reden um sie sich innerhalb der Departements zu orga- dann vor einem 300-köpfigen Publikum nisieren und Aufgaben wie Fundraising zu halten. Durch solche Erlebnisse und oder das Erstellen einer Broschüre für Herausforderungen wurden wir uns unse- mögliche Sponsoren mussten im Vorfeld rer persönlichen Grenzen bewusst, lern- bewältigt werden. Das Großprojekt der ten aber auch diese ein Stück weit zu Vorbereitungszeit war sicherlich TMUN, überwinden und wuchsen über uns selbst die Tübinger UN Simulation, welche im hinaus. Alleingang von unserer Delegation auf die Beine gestellt wurde. Aber diese Simulati- Die intensive, fünftägige Arbeit als Dip- on im Februar 2010 war nicht der einzige lomaten, zusammen mit hunderten Dip- Probelauf für die Tübinger NMUN Dele- lomaten aus aller Herren Länder, schulte gation. Bereits im Dezember 2009 lud die unsere kulturelle Kompetenz, Verhand- Delegation aus Hohenheim zu einer ers- lungskompetenz, Kompromissbereit- ten Simulation. Bei diesen Gelegenheiten schaft und lehrte uns Respekt vor der Ar- konnten nicht nur die praktischen Fähig- beit echter Diplomaten. Die zeitweise zä- keiten, die während des Sprachtrainings hen Verhandlungen und das Schachern erworben wurden trainiert werden, son- um einzelne Worte und Formulierungen dern auch die theoretischen Kenntnisse in den Working Papers und Draft Resolu- NMUN 2010 Tübingen Delegation 46 tions erwiesen sich als Herausforderung für die Geduld und das Durchhalte- und Durchsetzungsvermögen der Delegierten. Der Respekt vor den Menschen, welche diese anstrengende und verantwortungs- volle Arbeit tagtäglich leisten geht einher mit einem tieferen Verständnis für die Arbeitsweise von Internationalen Organi- sationen und insbesondere einer realisti- scheren Einschätzung der Qualität der internationalen Verträge, Resolutionen und Dokumente. Entscheidungen und Verhandlungsergebnisse, welche uns in der Vergangenheit oftmals eher unbedeu- tend und inhaltslos erschienen, erweisen sich nach diesen eigenen Erlebnissen als große Errungenschaften und Leistungen, da wir in New York erfahren durften, wie schwer es sein kann Kompromisse zu tref- fen, die von möglichst vielen Nationen mitgetragen werden. Am Ende zahlten sich sowohl die muster- hafte Vorbereitung als auch die harte Ar- Nadia Baumann beit während der Konferenz aus, als unse- re Resolution, in die so viel Herzblut ge- Zwar haben wir in New York die Arbeit flossen war, mit überwältigender Mehr- der Vereinten Nationen nur simuliert und heit verabschiedet wurde. Den krönenden nicht wirklich die Welt verändert, doch Abschluss dieser einzigartigen Woche bil- hat NMUN ganz gewiss uns zum Positi- dete die finale Sitzung der Generalver- ven verändert. sammlung im UN-Hauptquartier mit an- schließender Abschlusszeremonie. Es vermittelte ein erhabenes Gefühl den bis auf den letzten Platz gefüllten Plenarsaal zu sehen, auf jedem Platz ein Student vol- ler Träume und Hoffnungen für die Zu- kunft und die geteilten Erfahrungen der vergangenen Tage in jeder Faser zu spü- ren. Mittlerweile erscheint einem das vergan- gene halbe Jahr der Vorbereitung und die Konferenz surreal und wie im Zeitraffer erlebt. Was bleibt sind tausende Bilder und Eindrücke, wertvolle Erfahrungen und hoffentlich lang andauernde Freund- schaften.

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Office of the United Nations High nen. Gerade Letzteres ist eine Vorausset- Commissioner for Refugees zung dafür, nach außen eine geschlossene Ella Daschkey – Camille Motte Delegation zu repräsentieren, was auf Grund der verschiedenen Charaktere nicht immer ganz einfach war. Zu Beginn der Sitzungen zeigte sich der Großteil der Teilnehmer, vor allem beim Üben der Reden, extrem zurückhaltend. Da die Reden aber zum festen Bestandteil vieler Sitzungen gehörten, konnte man schnell Verbesserungen bei den meisten Leuten erkennen. Dies zeigte sich beson- ders beim professionellen speech training mit der Firma Cevey Consulting, als viele Teilnehmer bereits überzeugende Reden in verschiedenen Themenbereichen hal- ten konnten. Dementsprechend war das persönliche Video, das bei dieser Gele- genheit gemacht wurde, eine Methode, die eigenen Reden auf eine neue Weise analysieren. Das Video half maßgeblich dabei, seine eigene Körpersprache ken- nenzulernen und sie somit noch überzeu- gender einsetzen zu können. Neben intensivem speech training hatten wir außerdem die Möglichkeit, durch per- sönliche Gespräche mit Japanern und ei- ner Expertin für japanische Außenpolitik,

Ella Daschkey nähere Informationen zur japanischen Außenpolitik und Kultur zu bekommen,

Als Vertreter der japanischen Delegation was vor allem bei späteren Verhandlun- beim National Model United Nations gen in New York sehr vorteilhaft war. 2010 in New York hatten wir in diesem Auf Grund der sehr guten Vorbereitung in Jahr eine besondere Herausforderung zu den einzelnen Sitzungen, konnte sich die meistern, da Japan u.a. als zweitwichtigs- Tübinger Delegation hervorragend bei ter Finanzgeber des UNHCR und weiterer den beiden Simulationen (Hohenheim UN-Organe eines der verantwortungs- Model United Nations und Tübingen Mo- vollsten Mitglieder der Vereinten Natio- del United Nations) behaupten. Neben nen verkörpert. der allgemeinen Vorbereitung waren die- se Simulationen von besonderer Bedeu- Die Vorbereitungsphase tung, da man dort nicht nur das Erlernte Die Vorbereitungsphase lässt sich im direkt umsetzen konnte, sondern auch Großen und Ganzen in drei verschiedene unmittelbar erfahren hat, wie solch eine Bereiche einteilen: (1) Allgemeine Vorbe- Simulation in New York verlaufen könnte. reitung, (2) Simulationen und (3) Exkur- Die Exkursion nach Genf war darüber sion nach Genf. Die allgemeine Vorberei- hinaus ein sehr sinnvolles, ergänzendes tung bestand darin, die wichtigsten Ver- Programm, da viele Teilnehmer vor dem haltensregeln der offiziellen Komitee- Problem standen, nicht genügend Infor- Sitzungen zu verinnerlichen, die Vorge- mationen über die japanische Position in hensweise beim Verfassen von Resolutio- englischer Sprache zu finden. Somit wa- nen zu üben, zu lernen, überzeugende ren die persönlichen Gespräche mit japa- Reden zu halten und auch darin, die an- nischen Diplomaten teilweise die einzige deren Teilnehmer richtig kennenzuler- verlässliche Informationsquelle. NMUN 2010 Tübingen Delegation 48

New York Nachdem die Teilnehmer unserer Delega- tion die ersten Positionspapiere der ande- ren Delegationen gelesen hatten, wurde vielen schnell klar, dass wir hervorragend vorbereitet in die Komitee-Sitzungen ge- hen würden. Während unsere Teilnehmer aus anderen Komitees z.T. mit schlecht vorbereiteten Delegierten von anderen Universitäten konfrontiert waren und somit unrealistische Arbeitsgruppen bil- den mussten, konnten wir im UNHCR unter besten Bedingungen arbeiten, da der Großteil der Studenten höchst moti- viert in die Verhandlungen ging. Eines der wenigen Probleme trat in der ersten Sitzung auf, als die Agenda-Ordnung in- nerhalb von 5 Minuten festgelegt worden war, ohne zuvor eine einzige Rede gehört zu haben. Später stellte sich heraus, dass sich zahlreiche Delegationen ein paar Ta- Camille Motte ge vor Beginn der Konferenz über die In- ternetplattform Facebook bereits über die man bald zum nächsten Thema überge- Agenda-Ordnung geeinigt hatten. In den hen können. darauf folgenden Tagen verlief die Zu- Abschließend ist noch zu bemerken, dass sammenarbeit in den jeweiligen Arbeits- das gesamte Projekt eine große persönli- gruppen aber auf sehr hohem Niveau und che Erfahrung gewesen ist und die meis- äußerst diplomatisch. ten Teilnehmer der Uni Tübingen viele Weiterhin fiel auf, dass unsere Komitee- methodische sowie praktische Vorgehens- Vorsitzende wiederholt und zum Teil gro- und Verhaltensweisen bezüglich der Ar- ße prozedurale Fehler begangen hat und beit innerhalb einzelner Organe der Ver- sämtliche Hinweise darauf von anderen einten Nationen kennengelernt haben. Delegierten abwies, wodurch man bekam Das Projekt ist eine ausgezeichnete Gele- schnell den Eindruck, dass die Teilneh- genheit, neben den Einblicken in die Ar- mer besser über die jeweiligen Regeln Be- beitsweisen eines Diplomaten der Verein- scheid wussten. ten Nationen, vor allem seine persönli- Darüber hinaus war es in unseren Augen chen Fähigkeiten zu verbessern und sehr erstaunlich, dass wir innerhalb von 4 sämtliche Hemmschwellen abzulegen. Tagen nur eines der drei angesetzten Themen diskutieren und Resolutionen darüber verabschieden konnten. Zwar war von Vornherein klar, dass man nicht alle drei Themen in dieser Zeit im Detail besprechen kann, aber dass es nur eins sein würde war doch verwunderlich, zu- mal es bereits nach dem zweiten Tag den Anschein gemacht hatte, als würde

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World Food Programme che Arbeit verrichten. Neben den Erler- François Dorais - Philipp zur Horst nen und dam praktischen Erproben der UN-Spielregeln bei diversen Simulatio- nen, mussten wir uns auch intensiv mit Japan auseinandersetzten. Viel wussten wir beide nicht über Japan. Vielleicht lag es auch daran, dass uns beide eher die Simpsons als die gezeichneten Figuren mit westeuropäischen Aussehen und asia- tisch klingenden Namen begeistern. Al- lerdings gingen wir beide die Aufgabe sehr euphorisch an, da Japan als großes Land genug Teilnehmerplätze für alle bot. Während unseren Annäherungs- versuchen an eine fremde Kultur wurden wir hervorragend von unseren 2 Head Delegates unterstützt. Man sollte an die- ser Stelle nochmals hervorheben, dass ohne die ständige Präsenz unserer „Chefs“ eine strukturierte und gründliche Vorbereitung nicht möglich gewesen wä- re. Insofern möchten wir sagen, dass der Inhalt unserer Arbeit niemals dem ganzen Projekt so dienlich gewesen wäre Hilf- François Dorais reich waren auch die direkten Begegnun- Warum es sich lohnt das NUMN-Projekt gen mit japanischen UN-Abgesandten. der Universität Tübingen zu unterstützen, Unabhängig von Lerninhalten und den soll gleich zu Beginn beantwortet werden. gemeinschaftlichen Vorbereitungs- Schlicht weg deswegen, weil es für alle aktivitäten machte uns das NMUN- Teilnehmer eine einzigartige Erfahrung Projekt auch etwas anderes klar. Nämlich ist, die einen auch persönlich weiter- das die Arbeit bei einem solchen kollekti- bringt. Zugegeben, das waren nun gleich ven Projekt nicht nur heißt für sich selbst zwei Floskeln auf einmal. Also werden wir zu arbeiten, sondern vor allem für die nun konkret. Einerseits ist das gesamte Gruppe. NUMN bedeutet in erster Linie, Projekt ein langer Prozess für den man dass jede nicht erledigte Aufgabe auch die viel Arbeit investieren muss und ander- Stagnation der Gruppenarbeit bedeutet. seits lernt man Dinge aus einer anderen Während unserer Konferenz waren alle Perspektive zu sehen. Der nun folgende Menschen schon fast unnatürlich freund- Erfahrungsbericht der beiden „Delegates lich. So wurden am ersten Sitzungstag the WFP“ auch fleißig Visitenkarten verteilt und ein soll beides nun beschreiben. wenig Small Talk betrieben. Aber spätes- Das sich Studenten neben dem Studium tens am zweiten Sitzungstag wurde dann auch noch ein so arbeitsintensives Projekt begonnen Reports zu schreiben. Es hatten wie NMUN aufbürden, beruht ausschließ- sich mehrere kleine Working-Groups ge- lich auf dem Ziel und Sinn des Projektes. bildet, die versuchten ihre Anliegen mehr Das Ziel liegt auf der Hand: New York. oder weniger durchzusetzen. Allerdings Der Sinn hingegen ist individuell ver- muss man sagen, dass das WFP als report schieden. Folglich war der Prozess der writing committee eher auf Konsenssuche Sinngebung bei uns beiden sehr unter- aus ist als wirklich kontrovers zu disku- schiedlich, da wir beide sehr unterschied- tieren. Folglich wurde unsere große Sorge liche Charaktere sind. nicht bestätigt, dass gerade Entwick- Trotz unterschiedlicher Sinngebung und lungsländer den Japanern vorwerfen Motiven mussten wir beide doch die glei- würden seine Entwicklungshilfe all zu NMUN 2010 Tübingen Delegation 50 sehr mit ihren eigenen wirtschaftlichen Vorteilen zu verknüpfen. Nein, ganz im Gegenteil konnte Japan schon sehr schnell viele Sympathiepunkte unter den Entwicklungsländern einsammeln. Diese lag wohl zum teil auch an den Reden der beiden japanischen Delegierten. Leider reihte sich eine uninspirierte Rede an die andere. „The Delegation of Germany is very impressed by the willingness on every other Delegation to make this ses- sion a success…. our meeting group is meeting overthere and is inviting every- one else to join us.“ Zugegen alle diese Reden wurden frei vorgetragen, aber spä- testens nach der dritten Rede waren wir beide in der Lage, synchron mit zu spre- chen. So war es den eher als kühl angese- Philipp zur Horst henen Japanern ihre Reden mit dem Pa- thos zu füllen, ohne welchen es die UN Eigentlich hätten sich mehr Delegationen vielleicht gar nicht mehr geben würde. an Pakistan an Beispiel nehmen sollen. Am dritten Sitzungstag gab es dann Leider taten sie es nicht und so mussten erstmal eine Lektion für uns. Entgegen wir noch eine weitere Lektion lernen. unserer sich als naiv hergestellten An- Verhandlung selbst in der UN sich nicht nahme, dass Diplomatie Zusammenarbeit kalkulierbar (zumindest bei NMUN). erfordert, mussten wir das Gegenteil fest- Während der Abstimmung war es dann stellen. Denn unserer beiden tags zuvor dem Iran vorbehalten ein „unfriendly erstellten Reports wurde über nach von amendment“ einzureichen, was soweit einer Delegierten aus der Schweiz kurzer- noch kalkulierbar war. hand umgeschrieben. Dies gab uns aller- Glücklicherweise betraf dies nicht unse- dings die Möglichkeit mit den „Buddies“ ren mit der USA und anderen erstellten aus der USA die hybride Schweiz gleich Report, sondern den zweiten Report der mal mit ihrer tatsächlichen Bedeutung USA (die USA hatten auch zwei Delegier- innerhalb der UN zu konfrontieren. „The te). Uns und unseren beiden, jetzt schon decision here are still made by the United nahestehenden, Gefährten aus den USA States“ merkte unserer Kollege aus den war sofort klar, dass der Iran niemals USA zu recht an. So nicken wir und füg- damit durchkommen sollte. Koste es was ten nur noch ein dezentes „and by Japan“ es wolle! an. Positiv fiel hingegen die pakistanische Allerdings konnten wir nicht damit rech- Delegation auf, welche durch unser zu- nen, dass gerade die Briten und die Deut- künftiges Führungspersonal der Bundes- schen uns in den Rücken fallen würden. wehr vertreten wurde. Diese akzeptierte Der Iran kam also doch mit seinem die Spielregeln sofort und beteiligte sich „unfriendly amendment“ durch. Dies war erst gar nicht an den Verhandlungen. etwas ärgerlich, aber am Ende trösteten wir uns in guter NMUN Tradition mit der Floskel, dass man ja nicht jeden Schlag gewinne müsse, um etwas zu verändern. Unser Fazit fällt durchweg positiv aus. Es hat sehr viel Spaß gemacht. Wir haben wirklich eine einzigartige Erfahrung ge- macht für die sich die viele Arbeit gelohnt hat. Abschließend möchten wir uns noch mal bei all denen bedanken, die es mög-

NMUN 2010 Tübingen Delegation 51 lich gemacht haben. Das Tübinger NMUN-Projekt ist nicht nur hervorra- gend organisiert, sondern vergrößert zugleich auch die individuellen Studien- möglichkeiten der Tübinger Studenten. Deshalb bitten wir unsere Sponsoren auch in Zukunft weiter so großzügig zu sein wir bisher und damit auch die Uni- versität Tübingen attraktiver zu machen.

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10. Beispiel eines preisgekrönten Position Papers

Delegation from Represented by Japan Eberhard Karls Universität Tübingen

Position Paper for the Security Council The issues before the Security Council are: Nuclear Disarmament and Non-Proliferation; The Security Situation in Af- ghanistan and Pakistan; and Combating Maritime Piracy. Japan is proud to serve the international community in the Security Council and is fully committed to solve these issues in the spirit of the Japanese peace constitution and our tradition of international cooperation.

I. Nuclear Disarmament and Non-Proliferation

Nuclear disarmament and the non-proliferation of nuclear-related military technology are fundamental issues of our time. The nuclear bomb, the most destructive weapon ever designed by men, poses not only a continuing threat to peace, but to the very existence of our planet, as nation states possess the unimaginable power to destroy our earth a dozen times over. It is with grave concern that Japan observes how states strive to assemble nuclear arsenals, flexing their muscles in political power play while toying with the future of our children. To this day, Japan remains the only country whose people ever had to suffer a nuclear strike. The effects of the attacks on Hiroshima and Nagasaki, 65 years ago, can still be felt throughout the generations by our people, and our land bears scars that will never heal. Survi- vors of these days live on to tell their tale of horror. Such human suffering shall never be repeated. Japan dedicates all its resources and effort to this noble aim. We call upon all nations to remember their commitment and follow us in ful- filling their obligations of disarmament. Therefore, Japan not only upholds international treaties, but embraces its responsibilities by taking on a leading role in global non-proliferation and disarmament regimes. Japan is a firm supporter of the Treaty on the Non-Proliferation of Nuclear Weapons (NPT ) and the Comprehensive Nuclear Test-Ban Treaty (CTBT ), and views with concern how states such as the Democratic People’s Republic of Korea and Iran have openly shown their disregard for these agreements. Japan believes this eighbour poses a serious threat to peace and safety of the international community. Even in light of the aggressive eighbour recently displayed by some states, Japan refuses to be drawn into the vicious cycle of arms racing, and instead dedicates all resources and nuclear technology to the promotion of the peaceful and secure use of nuclear energy. To this goal, Japan has initiated the Asia Senior-level Talks on Non-proliferation (ASTOP) in 2003, which provide a viable example of successful regional cooperation. Japan is also a leading advocate of the Fissile- Material Cut-off Treaty negotiations to ban the enrichment of nuclear material for weapons production. First and foremost, the people of Japan call upon all states to ratify international agreements and to join the Fissile- Material Cut-off Treaty negotiations. The CTBT must enter into force, and its highly beneficial global monitoring sys- tem must receive additional support. Japan continues to contribute the most advanced technology to its establishment and strongly advises all states to follow its lead. Moreover, the existing safeguards of the International Atomic Energy Agency (IAEA) must be strengthened. Japan urges all states to adopt the concept of national additional protocols, and the domestic control systems according to S/RES/1540 (2004). To ensure its effective and efficient implementation, regional cooperation and subsidiarity must be strengthened. Countries possessing nuclear technology should follow the Japanese example and create supportive regional frameworks such as the ASTOP. To de-escalate current conflicts, Ja- pan proposes the introduction of Nuclear Weapon Free Zones (NWFZ) under neutral supervision of UN authorities. A nuclear-weapon-free Korean Peninsula or even the abolition of nuclear weapons on the Asian continent lie within our reach, if we accept our responsibilities as global citizens. In the spirit of global peace and cooperation, Japan extends its hand offering support to all countries willing to join the pursuit of a nuclear free planet. Last year, the UN Security Council unanimously adopted S/RES/1887 (2009), pledging support for progress for efforts to end nuclear weapons proliferation. For the sake of the future of our children, our words must not remain empty promises.

II. The Security Situation in Afghanistan and Pakistan

Since October 2001, the situation in Afghanistan and in neighboring Pakistan has remained a great cause of concern for Japan and the international community. Japan contributes to the improvement of Afghan domestic security by financing training and payment of 80,000 Afghan police personnel. In addition, the Japanese Maritime Self-Defense Forces have supported naval operations in the Indian Ocean. However, domestic security only provides one pillar for the consolida- tion of peace in Afghanistan. Reconstruction and humanitarian assistance as well as the peace process must be pro- moted. Japan has devised a New Strategy for Afghanistan and Pakistan , which will be implemented from 2010 on- wards. Japan provides logistic and financial support for development programs such as rural development initiatives for job creation, infrastructure programs, health services and educational programs. This program, which reflects our tradi- tion of development assistance and the peace-centered spirit of our constitution, will provide for the other pillars crucial for the successful development of Afghanistan and thus for the improvement of regional security. Moreover, Japan

NMUN 2010 Tübingen Delegation 53 stresses the need for continued involvement not only in Afghanistan, but also in Pakistan, to promote the stability of the entire region. Japan has supported all relevant Security Council resolutions, in particular S/RES/1386 (2001), S/RES/1401 (2002) and S/RES/1890 (2009). However, Japan believes that current developments call for a strategy adaptation. The drastic in- crease in acts of terrorism and fighting presents proof for the need to expand involvement in Afghanistan, if the interna- tional community wishes to reach its goal of building an independent, secure and free country. The latest North Atlantic Treaty Organization (NATO) Report on Operations of the International Security Assistance Force (ISAF) and the Situation in Afghanistan highlights the importance of cooperation with Pakistan, whose border regions have been heav- ily affected by the war and provide shelter for Taliban and other Afghan insurgent forces. With respect to these developments, Japan urges all states to follow the example set by Japan and the USA, and to adopt a new strategic approach to the situation in Afghanistan and Pakistan. Japan increases its development assistance to Afghanistan to US$ 5 billion over the next 5 years and offers its expertise in reconciliation, disarmament, reintegration and rebuilding processes. We advise all nations to foster similar sustainable development initiatives. Following long- lasting cordial relations with Pakistan, Japan also increases its Official Development Assistance (ODA). In addition to extensive transport and energy infrastructure programs, Japan’s new strategy provides US$ 1 billion to the benefit of the Pakistani people, especially in the most affected provinces North West Frontier Province and in Southern Waziristan. Japan, as one of the world’s largest donors of ODA and a pioneer in development programs, asks all countries to join the Japanese efforts by increasing their ODA to continuously support both Afghanistan and Pakistan. Only through sus- tainable development and rebuilding measures to promote the welfare of the people can we improve the security situa- tion of the region and achieve the goal of freedom and safety for all people.

III. Combating Maritime Piracy

Since Japan intensified international trade relations and enthusiastically embraced the sea, it has become one of the world’s leading maritime nations; today, Japanese vessels carry the largest share of global trade’s tonnage. The sea is the channel through which we share our wealth and numerous exports with the rest of the world. Maritime piracy, which heavily impedes international trade and befouls the high seas, is a severe threat to the welfare of all people, and extinguishing it is of utmost importance. Japan steps up to its responsibilities: in 2009, the Japanese parliament passed the Law on the Penalization of Acts of Piracy and Measures against Acts of Piracy , enabling us to protect non-Japanese ships as well as our own, and to take more effective and appropriate measures against acts of piracy in cooperation with all countries concerned. Furthermore, 28 vessels of the Japanese Maritime Self-Defense Force have conducted over 87 anti-piracy missions in the Gulf of Aden to this date. In addition, regional security agreements between Japan, India and various other Asian nations, have significantly contributed to the decrease of piracy in South East Asia and provide an example for successful regional frameworks. Especially concerning jurisdiction conflicts and the concept of hot pursuit, such cooperative agreements are needed to enable the efficient persecution and capture of pirates. As a founding member of the International Maritime Organization (IMO) and its biggest contributor, Japan is highly committed to uphold and improve safety at sea and to the fight against piracy. Japan has ratified the United Nations Convention on the Law of the Sea (UNCLOS), the Convention for the Suppression of Unlawful Acts Against the Safety of Maritime Navigation (SUA Convention) and the International Convention for the Safety of Life at Sea (SOLAS), including its amended International Ship and Port Facility Security Code (ISPS-Code). These conventions clearly de- fine and outlaw all acts of maritime piracy, and we must use them as foundations in the fight against piracy. Japan high- ly welcomes the most recent improvements to increase maritime safety, such as the adoption of the ISPS-Code and the successful fight against piracy in South-East Asia, especially in the Malacca Straights. However, much remains to be done. The Gulf of Aden and the Somali coastal region now remain the most pirate-ridden waters of the world, and Ja- pan believes that the situation there must continue receive the international community’s attention. To this respect, Ja- pan reinforces the significance of recent Security Council resolutions addressing the situation in Somalia, especially S/RES/1897 (2009). Japan believes that to eradicate piracy, it is crucial to attack its root causes. In the Gulf of Aden, these causes lie on land with the instability of Somalia and the destitute situation of its people. Only by supporting the reconciliation and rebuilding of Somalia and by promoting its development will piracy off its coast be put to an end. Japan firmly supports the efforts made by Somalia’s eighbour states and the African Union in improving the security situation in the region, and pledges Japanese support to the cause. Nonetheless, immediate action is needed to ensure the safety of maritime trade while we attempt to extinguish the roots of piracy. The increased engagement of international naval forces is a prerequisite to stabilize trade routes. Japan believes that all nations must accept this responsibility and suggests following the successful example of regional frameworks in Asia. The issue of hot pursuit and the legal competences of naval forces in pursuing pirates must be clarified. Japan therefore calls upon all nations concerned with the safety of the high seas to join us in ratifying the UNCLOS, the SOLAS and the ISPS-Code, which are crucial steps in establishing comprehensive international maritime law. Furthermore, Japan strongly advocates the adoption of national laws, following Japan’s image, which facilitate the active engagement in combating piracy. We must provide a safe environment for maritime trade through military presence and the forceful implementation of international maritime law.

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11. Awards der Tübinger Delegation

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12. Presseartikel Schwäbisches Tagblatt 5. Mai 2010

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13. Danksagungen

An dieser Stelle möchte die Tübingen Dankbar ist unsere Delegation auch über Delegation 2010 die Gelegenheit nutzen, die seit vier Jahren bestehende all denen zu danken, die unser Projekt Zusammenarbeit mit dem in Tübingen finanziell und ideell unterstützt haben: ansässigen Unternehmen Cevey Consulting . Danken wollen wir hier vor Wir danken dem Unibund Tübingen , allem Marco Behrmann , der unseren der Robert Bosch Stiftung , sowie dem Teilnehmern an einem Sonntag ein sehr DAAD , die die Realisierung unseres hilfreiches Redetraining und nützliche Projektes wie schon in den letzten Jahren Strategietipps gegeben hat. durch eine erhebliche finanzielle Unterstützung ermöglicht haben.

Die Kooperation mit dem Deutsch- Amerikanischen Institut Tübingen (d.a.i.) ist für Tübinger Delegationen schon seit Jahren eine wesentliche Stütze bei ihrer Vorbereitung auf NMUN. Danken wollen wir hier vor allem Christine Pyka für ihre tatkräftige Unterstützung sowie Colleen Dockery für das Sprachtraining.

Sehr geholfen hat uns auch das Treffen mit Makiko Yamauchi , die uns sowohl die gegenwärtige Politik und Parteispezifik Japans, als auch viele kulturelle Aspekte des Landes näher gebracht hat. Dafür wollen wir ihr hier herzlich danken.

Ein großer Dank geht auch an die der Professorin Atsuko Higashino von der Hiroshima City Universität , die uns in einer Videokonferenz wichtige Informationen zu spezifischen Fragen über die internationalen Beziehungen Japans gegeben hat.

Auch die ehemaligen Head Delegates Bettina Ahrens und Monica Wagner sollen an dieser Stelle genannt werden. Sie haben uns viele hilfreiche und nützliche Tipps rund um die Betreuung des NMUN-Projekts gegeben und uns ihre Unterstützung zukommen lassen. Monica Wagner wollen wir zudem gesondert danken, dass sie uns bei TMUN 2010 als Co-Chair in der Generalversammlung unterstützt hat.

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