ROBERT KOCH INSTITUT Statistisches Bundesamt

Nach wie vor sind Magenbeschwerden ein häufiges Gesundheitsproblem. Nach aktuellen Studien­ ergebnissen des Robert Koch-Instituts hatten ein Fünftel der Erwachsenen in Deutschland schon einmal eine ärztlich diagnostizierte Gastritis, sieben Prozent schon einmal Magen- bzw. Zwölf­ fingerdarmgeschwüre (Ulkus). Letztere sind eine schwerere Krankheitsform, bei der es zu ernsten Komplikationen kommen kann. Sowohl die Sicht auf die Ursachen von Gastritis und Ulkus als auch die anteilige Bedeutung der Risiken haben sich in den letzten Jahrzehnten erheblich verändert. Vor der in den 1980er-Jahren gelungenen Entdeckung der weit verbreiteten bakteriellen Besiedlung mit H. pylori und dessen Heft 55 Beitrag zur Entstehung von Entzündungen und Geschwüren wurde vor allem psychosomatischen Gastritis, Magen- und Ursachen eine große Bedeutung zugeschrieben. Während in Deutschland die Verbreitung von Zwölffingerdarmgeschwüre H. pylori stark zurückgeht, gewinnt die weiter zunehmende Anwendung von potenziell magen­ schädigenden Arzneimitteln (z. B. NSAR und ASS) eine wachsende Bedeutung. Weitere Faktoren, wie Tabakkonsum, psychosoziale Belastungen und Ernährung, spielen aber auch eine Rolle, und das Zusammenwirken der Einflüsse ist sehr komplex. Mit den Protonenpumpenhemmern (PPI) stehen inzwischen hochwirksame Arzneimittel für die Behandlung und zur Prävention (»Magenschutz«) zur Verfügung. Aber auch deren anhaltend starker Verbrauchsanstieg ist nicht unproblematisch.

© Robert Koch-Institut ISBN 978-3-89606-220-8 ISSN (Print) 1437-5478 ISSN (Internet) 2192-8851

Das Robert Koch-Institut ist ein Bundesinstitut im Geschäftsbereich des Bundesministeriums für Gesundheit Gesundheitsberichterstattung des Bundes

Gesundheitsberichterstattung des Bundes Heft 55

Gastritis, Magen- und Zwölffingerdarmgeschwüre

Autor und Autorin: Reinhard Bornemann und Elisabeth Gaber

Herausgeber: Robert Koch-Institut, Berlin 2013

Gesundheitsberichterstattung des Bundes – Heft 55 3

Gesundheitsberichterstattung des Bundes

Die Gesundheitsberichterstattung des Bundes zusammengehörende Themen können gebün- (GBE) liefert daten- und indikatorengestützte delt und gemeinsam herausgegeben wer- Beschreibungen und Analysen zu allen Bereichen den. Die fortlaufende Erscheinungsweise des Gesundheitswesens. gewähr leistet Aktualität. Die Autorinnen und Autoren sind ausgewiesene Expertinnen und Experten aus dem jeweiligen Bereich. Rahmenbedingungen www.rki.de des Gesundheitswesens ▶ Informationssystem der Gesundheitsbericht- erstattung des Bundes Gesundheitliche Lage ▶ Das Informationssystem der Gesundheits- berichterstattung des Bundes liefert als Online-Datenbank schnell, kompakt und Gesundheits- Gesundheits- transparent gesundheitsrelevante Informa- verhalten und probleme, tionen zu allen Themenfeldern der Gesund- -gefährdungen Krankheiten heitsberichterstattung. Die Informationen werden in Form von individuell gestaltbaren Tabellen, übersichtlichen Grafiken, ver- ständlichen Texten und präzisen Definitio- Leistungen und Inanspruchnahme nen bereitgestellt und können herunter- geladen werden. Das System wird ständig ausgebaut. Derzeit sind aktuelle Informatio- nen aus über 100 Datenquellen abrufbar. Ressourcen der Ausgaben, Zusätzlich können über dieses System die Gesundheits- Kosten und GBE-Themenhefte sowie weitere GBE-Pub- versorgung Finanzierung likationen abgerufen werden. www.gbe-bund.de

Als dynamisches und in ständiger Aktualisierung ▶ GBE kompakt begriffenes System bietet die Gesundheitsbericht- ▶ Die Online-Publikationsreihe GBE kompakt erstattung des Bundes die Informationen zu den präsentiert in knapper Form Daten und Fak- Themenfeldern in Form sich ergänzender und auf- ten zu aktuellen gesundheitlichen Themen einander beziehender Produkte an: und Fragestellungen. Die vierteljährliche Veröffentlichung erfolgt ausschließlich in ▶ Themenhefte der Gesundheitsberichterstattung elektronischer Form. des Bundes www.rki.de/gbe-kompakt ▶ In den Themenheften werden spezifische Informationen zum Gesundheitszustand der Die Aussagen der Gesundheitsberichterstattung Bevölkerung und zum Gesundheitssystem des Bundes beziehen sich auf die nationale, bun- handlungsorientiert und übersichtlich prä- desweite Ebene und haben eine Referenzfunktion sentiert. Jedes Themenheft lässt sich einem für die Gesundheitsberichterstattung der Länder. der GBE-Themenfelder zuordnen; der innere Auf diese Weise stellt die GBE des Bundes eine Aufbau folgt ebenfalls der Struktur der The- fachliche Grundlage für politische Entscheidungen menfelder. Somit bieten die Themenfelder bereit und bietet allen Interessierten eine daten- der GBE sowohl den Rahmen als auch die gestützte Informationsgrundlage. Darüber hin- Gliederung für die Einzelhefte. Inhaltlich aus dient sie der Erfolgskontrolle durchgeführter 4 Gesundheitsberichterstattung des Bundes – Heft 55

Maßnahmen und trägt zur Entwicklung und rinnen und Bürger, Patientinnen und Patienten, Evaluierung von Gesundheitszielen bei. Verbraucherinnen und Verbraucher und ihre Der Leser- und Nutzerkreis der GBE-Pro- jeweiligen Verbände. dukte ist breit gefächert: Angesprochen sind Das vorliegende Heft 55 der Gesundheits- Gesundheitspolitikerinnen und -politiker, berichterstattung des Bundes »Gastritis, Magen- Expertinnen und Experten in wissenschaft­lichen und Zwölffingerdarmgeschwüre« lässt sich folgen- Forschungseinrichtungen und die Fachöffent- dermaßen in das Gesamtspektrum der Themen- lichkeit. Zur Zielgruppe gehören auch Bürge- felder einordnen:

Rahmenbedingungen des Gesundheitswesens

Gesundheitliche Lage

Gesundheits- Gesundheits- Krankheiten des Gastritis, Magen- und verhalten und probleme, Verdauungssystems Zwölffingerdarmgeschwüre -gefährdungen Krankheiten

Leistungen und Inanspruchnahme

Ressourcen der Ausgaben, Gesundheits- Kosten und versorgung Finanzierung Gesundheitsberichterstattung des Bundes – Heft 55 5

Inhaltsverzeichnis

1 Einleitung 7

2 Krankheitsformen, Diagnostik und Behandlung 7 2.1 Aufbau und Funktionsweise von Magen und Zwölffingerdarm ...... 7 2.2 Gastritis und Duodenitis ...... 8 2.3 Peptische Ulkuskrankheit...... 10 2.4 Angrenzende Krankheitsbilder ...... 11 2.4.1 Gastroösophageale Refluxkrankheit ...... 11 2.4.2 Funktionelle Dyspepsie ...... 12 2.5 Diagnostik und Behandlung ...... 12 2.5.1 Diagnostik...... 12 2.5.2 Medikamentöse Therapie ...... 13 2.5.3 Nichtmedikamentöse Therapieformen ...... 14 2.5.4 Interventionelle Therapie bei Ulkusblutung ...... 14 2.5.5 Therapieverlauf und -kontrolle ...... 15 2.5.6 Qualitätssicherung und Leitlinien ...... 15

3 Krankheitsursachen und -risiken 15 3.1 Arzneimittelgebrauch...... 15 3.1.1 Nichtsteroidale Antiphlogistika/Antirheumatika (NSAR/NSAID) einschließlich Acetylsalicylsäure (ASS) ...... 16 3.1.2 Thrombozytenaggregationshemmer und Antikoagulantien ...... 18 3.1.3 Corticosteroide/Glucocorticoide ...... 20 3.1.4 Weitere Arzneimittel ...... 20 3.1.5 NSAR/ASS plus H. pylori ...... 20 3.2 Alkohol- und Tabakkonsum ...... 21 3.3 Psychische, soziale und sonstige Risiken ...... 22 3.3.1 Psychosomatische Aspekte...... 22 3.3.2 Stressulkus ...... 22 3.3.3 Nacht- und Schichtarbeit ...... 23 3.3.4 Sonstige Ursachen für Gastritis und Ulkus ...... 23

4 (H. pylori) ...... 23 4.1 H. pylori als Krankheitsfaktor ...... 23 4.2 Übertragung von H. pylori ...... 25 4.3 Verbreitung von H. pylori ...... 25 4.3.1 Verbreitung weltweit ...... 25 4.3.2 Verbreitung in Deutschland ...... 26 4.4 Diagnostik von H. pylori ...... 28 4.5 Eradikations-Behandlung ...... 29

5 Verbreitung von Gastritis und Ulkus 31 5.1 Methodische Vorbemerkungen ...... 31 5.2 Häufigkeit in Deutschland ...... 32 5.3 Internationale Studienergebnisse ...... 36 5.4 Fazit und langfristige Perspektiven...... 38 6 Gesundheitsberichterstattung des Bundes – Heft 55

6 Prävention 39

7 Versorgung, Leistungen und Kosten 41 7.1 Stationäre Versorgung ...... 41 7.2 Ambulante Versorgung ...... 41 7.2.1 An der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmende Ärztinnen und Ärzte ...... 41 7.2.2 Anteil von Gastritis und Ulkus in der ambulanten Versorgung ...... 42 7.3 Endoskopische Untersuchungen...... 42 7.4 Arzneimittelanwendung ...... 43 7.4.1 Ergebnisse von GEDA 2009 ...... 43 7.4.2 Entwicklung der Verordnungsmengen ...... 43 7.4.3 Indikationen für PPI und Angemessenheit der Verordnungen ...... 45 7.5 Krankheitskosten ...... 46

8 Ausblick 46

9 Literatur 47

10 Glossar 56 Gesundheitsberichterstattung des Bundes – Heft 55 77

Gastritis, Magen- und Zwölffingerdarmgeschwüre

1 Einleitung 2 Krankheitsformen, Diagnostik und Behandlung Magenbeschwerden stellen in Deutschland eine weit verbreitete Gesundheitsstörung dar. In der 2 1 Aufbau und Funktionsweise von Magen und ambulanten Versorgung ist Gastritis (Magen- Zwölffingerdarm schleimhautentzündung) eine der am häufigsten dokumentierten Diagnosen. Geschwüre an Magen Für den Magen werden fachsprachlich mehrere und Zwölffingerdarm (peptische Ulzera) sind Begriffe verwendet: gaster, gastro- (griechisch), schwerwiegendere Krankheiten des oberen Verdau- ventriculus (lateinisch) und stomachus (griech.- ungstraktes, die mit zum Teil sogar lebensbedroh- lat.), für den Zwölffingerdarm: duodenum (lat.). lichen Komplikationen verbunden sein können. Ein Geschwür wird auch Ulkus bzw. ulcus (lat.) Die Ursachen und Risiken für Gastritis und pep- genannt. Gastritis bedeutet Magenschleimhaut- tische Ulzera sind vielgestaltig. Als Haupt risiken entzündung und Duodenitis eine Entzündung gelten eine Infektion mit dem Bakterium Helico- der Schleimhaut des Zwölffingerdarms. Bei den bacter pylori sowie die Anwendung von poten ziell Geschwüren (gastro-duodenale oder peptische magenschädigenden Arzneimitteln, vor allem von Ulzera genannt) werden Magengeschwüre (ulcus sogenannten nichtsteroidalen Antirheumatika ventriculi) und Zwölffingerdarmgeschwüre (ulcus (NSAR, engl. NSAID). Aber auch andere Faktoren, duodeni) unterschieden. Die englische Fachlitera- wie z. B. Rauchen, Stress und Ernährung spielen tur spricht von peptic ulcer für Magen- und Zwölf- eine Rolle. Das Zusammenwirken der Einflussfak- fingerdarmgeschwüre bzw. von stomach ulcer toren ist sehr komplex und viele Fragen sind noch für Magengeschwüre und von duodenal ulcer für nicht abschließend beantwortet. Zwölffingerdarmgeschwüre. Zudem verändern sich die Gewichte der Fakto- Magen und Zwölffingerdarm gehören zum Ver- ren über die Zeit. Während hierzulande die Ver- dauungstrakt. Der Magen ist ein beutelförmiges breitung der H. pylori-Infektion im Abnehmen Hohlorgan, das sich unterhalb des Zwerchfells begriffen ist, nimmt die Anwendungshäufigkeit der im Bauchraum befindet. Sein Fassungsvermögen genannten potenziell magenschädigenden Arznei- beträgt bei Erwachsenen 1,5 bis 2,5 Liter. In den obe- mittel weiter zu. Dieses ist ein wesentlicher Grund ren Teil des Magens mündet die Speiseröhre. Unter dafür, dass die Häufigkeit von komplizierten Krank- anderem im Zusammenhang mit der Lokalisation heitsfällen mit schweren Verläufen insbesondere von Magengeschwüren werden mehrere Bereiche bei Älteren nicht abnimmt. des Magens unterschieden (siehe Abbildung 1): Mit den Protonenpumpenhemmern (PPI) ste- hen inzwischen hochwirksame Arzneimittel für die Abbildung 1 Behandlung bestimmter Magenerkrankungen und Schematischer Aufbau von Magen und Zwölffingerdarm Quelle: eigene Darstellung auch für die Prävention (sogenannter Magenschutz) zur Verfügung. Aber auch deren anhaltend starker Kardia Fundus Verbrauchsanstieg ist nicht unproblematisch. Speiseröhre Speziell für diejenigen Fälle von Magen- und

Zwölffingerdarmerkrankungen mit Beteiligung von Zwölffingerdarm kleine H. pylori gibt es etablierte Behandlungs schemata Kurvatur mit Antibiotika. Diese müssen insbesondere im Hinblick auf Resistenzentwicklungen und Neben- wirkungen sachgerecht eingesetzt werden. Pylorus Korpus

große Kurvatur Antrum 8 Gesundheitsberichterstattung des Bundes – Heft 55

Kardia (Übergang von der Speiseröhre in den das Schleimhautuntergewebe (Submukosa). In Magen), Fundus (obere Magenkuppel), Korpus der Schleimhaut von Kardia, Fundus und Korpus (Hauptanteil, mit kleiner und großer Kurvatur), liegen die Magendrüsen, die ins Mageninnere Antrum (Magenausgang) und Pylorus (Magenpfört- münden. ner), welcher den Abschluss zum Zwölffingerdarm Das Absondern (Sekretion) von Magensaft und (Duodenum) hin bildet. Letzterer hat – wie der Magenschleim über diese Drüsen ist eine wesent­­ Name sagt – eine Länge von etwa 12 Fingerbreiten liche Funktion der Magenschleimhaut. Der Magen- und bildet den Anfangsteil des Dünndarms. Sein saft enthält unter anderem Verdauungsenzyme, nur wenige Zentimeter langer erweiterter Anfangs- insbesondere Pepsin, sowie Salzsäure (HCl) als teil wird als Bulbus duodeni bezeichnet, Zwölffin- Magensäure. Der Magenschleim dient vor allem gerdarmgeschwüre sind in den allermeisten Fällen dem Schutz des Magens vor einer Selbstverdauung hier lokalisiert. und, zusammen mit der Magensäure, zum Schutz Nach der schon im Mund durch Zerkauen und gegen Erreger. Wieviel Magensaft bzw. Magensäu- Vermischen mit enzymhaltigem Speichel begin- re abgesondert wird, hängt unter anderem von der nenden Nahrungsaufbereitung bildet der Magen Art und Menge der aufgenommenen Speisen ab, die zweite Station des Verdauungsprozesses. Hier manche Nahrungs- oder Genussmittel regen die wird dem Speisebrei der ebenfalls enzymhaltige Säurebildung besonders an. Magensaft zugesetzt, und durch die Magensäu- Schon im Magen und insbesondere im Zwölf- re werden in der Nahrung enthaltene Infektions­ fingerdarm wird der saure Speisebrei durch die erreger, z. B. Bakterien, abgetötet. Daneben werden Absonderung von Bikarbonat alkalisiert. Zusam- in der Magenschleimhaut noch weitere verdau- men mit der Magensäure reguliert das Bikarbonat ungsfördernde Stoffe ( und Hormone) pro- den pH-Wert des Magens bzw. den optimalen Säu- duziert, die auch über die Blutbahn (systemisch) erungsgrad des Speisebreis. wirken. Die Magenschleimhaut, ihre Durchblutung und Durch die Magenbewegungen (Peristaltik) wird ihre Immunabwehr bilden eine als Schleimhaut- der Speisebrei vermischt und zerkleinert und dann barriere bezeichnete Funktionseinheit. Eine intak- portionsweise in den Zwölffingerdarm weitergege- te solche Barriere schützt die Magenschleimhaut ben. Sowohl der Mageneingang (Kardia) als auch vor mechanischer und chemischer Beschädigung der Magenausgang (Pylorus) wirken wie Ventile, durch den Mageninhalt sowie vor eindringen- die einen Transport des Speisebreis bzw. des Ver- den Erregern. Die Schleimhaut befindet sich in dauungssaftes vorzugsweise nur in eine Richtung ständigem Umbau (Auf- und Abbau von Zellen) zulassen. Im Zwölffingerdarm werden dem ange- und regeneriert sich nach Beschädigungen meist dauten Speisebrei dann vor allem weitere Verdau- schnell. Wenn aber die Funktion gestört ist bzw. die ungsenzyme beigemischt, die überwiegend aus der Schwächung oder Beschädigung zu stark ist, dann Bauchspeicheldrüse sowie aus der Leber bzw. der kann es zu einer Schleimhautentzündung bis hin Gallenblase stammen. zur Geschwürsbildung und sogar zur Krebsent- Der gesamte Magen-Darm-Trakt verfügt über stehung kommen. ein weitgehend eigenständiges Nervensystem, das sogenannte enterische Nervensystem (ENS), das einen Großteil der Verdauungsfunktionen selbst- 2 2 Gastritis und Duodenitis ständig steuern kann. Diese Funktionen werden mitreguliert vom autonomen (unwillkürlichen) Die Gastritis ist eine entzündliche Reaktion der Nervensystem (ANS), das sich unterteilt in sympa- Magenschleimhaut auf verschiedene Ursachen. tisches und parasympatisches Nervensystem. Unter Als Krankheitsbegriff basiert »Gastritis« genau bestimmten Umständen, wie z. B. bei Stress, kann genommen auf Gewebeeigenschaften, nicht auf auch das zentrale Nervensystem (ZNS) in die Steu- definierten körperlichen Beschwerden. erung der Verdauung eingreifen. Es gibt kein typisches Beschwerdebild für die Die Magenwand ist ca. 2 – 3 mm stark und Gastritis. Häufig von Betroffenen angegebene besteht aus mehreren Schichten. Die beiden inners- Beschwerden bei der akuten Gastritis sind Völle- ten sind die Magenschleimhaut (Mukosa) und gefühl, Schmerzen im Oberbauch, Übelkeit bis hin Gesundheitsberichterstattung des Bundes – Heft 55 9

zu Brechreiz und Erbrechen. Diese Beschwerden Für die alleinige Unterscheidung der ätiolo­ können aber auch bei anderen Oberbaucherkran- gischen Zuordnung, d. h. der vermuteten Ursa- kungen vorkommen. Bei der chronischen Gastritis che einer Gastritis, war bislang die sogenannte hingegen bestehen zunächst oft nur geringfügige ABC-Einteilung sehr gebräuchlich (A: autoimmun, oder gar keine Beschwerden. B: bakteriell, C: chemisch-toxisch). Differenzierter Der Nachweis einer Gastritis erfolgt vor allem ist die ätiologische Einteilung der Gastritisformen durch eine endoskopische Untersuchung (»Magen- nach [3] (siehe Textkasten 2). spiegelung«) mittels Inspektion der Magenschleim- haut sowie anhand der feingeweblichen (histologi- Textkasten 2 schen) Befunde von entnommenen Gewebeproben Ätiologische Gastritis-Differenzierung nach [3] (siehe Abschnitt 2.5.1). Eine entzündliche Veränderung der Magen- – H. pylori positive Gastritis schleimhaut kann nach mehreren Aspekten diffe- – Gastritisformen ohne Assoziation zur H. pylori- renziert werden. Es existieren diverse Klassifizie- Infektion rungen mit zum Teil uneinheitlicher Anwendung. Chemisch induzierte/reaktive Gastritis Die derzeit wohl gebräuchlichste Einteilung ist die Granulomatöse Gastritis sogenannte Sydney-Klassifikation (Sydney system, Crohn-Gastritis begründet 1990 [1], aktualisiert 1996 [2]). Diese Eosinophile Gastritis Kollagen-Gastritis Systematik (siehe Textkasten 1) bietet ein umfas- sendes Schema, um verschiedene Gastritisformen – Gastritisformen mit möglicher Assoziation zu voneinander zu unterscheiden bzw. zu charakteri- H. pylori sieren, z. B. als »NSAR-bedingte chronische Kor- Autoimmungastritis pusgastritis schweren Grades mit starker Aktivität« Riesenfaltengastritis oder als »metaplastische atrophische Gastritis«. Lymphozytäre Gastritis Das besondere Interesse gilt den chronischen akti- – Seltene spezielle Gastritisformen ven Formen.

Textkasten 1 Sydney-Klassifikation Der weit überwiegende Teil der Gastritiden wird hierzulande der H. pylori positiven Gastritis Dimensionen der Sydney-Klassifikation und der chemisch induzierten Gastritis zugeord- net (siehe dazu auch die Kapitel 3 und 4). Dabei Ätiologie ( Ursachen bzw. Risikofaktoren) kommen auch Mischformen vor, d. h. mehrere Topographie (Ausdehnung und räumliche Anordnung) Faktoren treffen zusammen. Auf weitere, jedoch seltener vorkommende Gastritisformen wird in ▶ Betroffene Regionen: Antrum-, Korpus- oder Pangastritis (sich über den ganzen Magen diesem Bericht nicht gesondert eingegangen, erstreckend) siehe dazu z. B. [3]. Je nach Ursache der Gastritis können ihr Morphologie ( Erscheinungsbild und Eigenschaften) mehr oder weniger typische Eigenschaften zuge- ▶ Stärke bzw. Grad von Entzündung, Aktivität, ordnet werden. Die Differenzierung verschiede- Chronizität, Atrophie (Gewebeschwund), Metaplasie (Zellveränderungen) ner Gastritisformen hat zudem auch den Sinn, unterschiedliche­ Schädigungsmechanismen­ zu ▶ Vorhandensein und Dichte der H. pylori- Besiedlung erkennen, zielgerichtete (spezifische) Behand- lungsansätze zu verfolgen und auch die unter- ▶ Endoskopisch zu erkennende Eigenschaften (z. B. Rötungen, Blutungen, Erosionen) schiedlichen Risiken für Folgeerkrankungen wie Magengeschwüre oder Magenkrebs einzu- schätzen. Das gilt besonders für die chronische H. pylori-induzierte Gastritis. Zum Beispiel besteht bei einer Pangastritis (sich über den ganzen Magen erstreckend) mit 1010 Gesundheitsberichterstattung des Bundes – Heft 55

multifokaler Atrophie (Gewebeschwund an mehre- lung« von H. pylori aus dem Magen ermöglichen ren Stellen) und intestinaler Metaplasie (bestimm- und zur Schleimhautschädigung führen. ten Zellveränderungen) ein erhöhtes Risiko für die Entstehung von Magenkrebs. Für die Entwicklung eines Duodenalgeschwürs ist eine vorwiegend im 2 3 Peptische Ulkuskrankheit Antrum gelegene Gastritis eine typische Ausgangs- lage, für die Entstehung eines Magengeschwürs Mit Ulkus bzw. Ulzera werden tiefer gehende sind es Entzündungen in Korpus oder Antrum [3]. Beschädigungen der Schleimhaut bis in das Die H. pylori-Gastritis zeigt sich oft als chronisch Schleimhautuntergewebe (Submukosa) hinein aktive Gastritis, deren Schweregrad unter anderem bezeichnet. Der Begriff »peptische Ulkuskrank- durch diverse Virulenzfaktoren beeinflusst wird heit« (ulcus pepticum) umschreibt durch Ein- (siehe Kapitel 4). wirkung von Salzsäure und Pepsin entstandene Bei einer antrumbetonten Gastritis ist die gutartige Geschwüre in den Abschnitten des Ver- Magensäuresekretion meist verstärkt, bei einer dauungstraktes, welche mit Magensaft direkt in korpusbetonten oder Pangastritis ist die Säure­ Berührung kommen. Das sind Geschwüre des sekretion eher verringert. Bestimmte stellenwei- Magens (ulcera ventriculi) und des Zwölffinger- se Schleimhautschäden (Erosionen) finden sich darms (ulcera duodeni). nur selten bei einer H. pylori-Gastritis [3]. Die Entstehung eines Ulkus setzt im Allgemei- Bei der Autoimmungastritis erfolgt die Bildung nen eine entzündliche Gewebsschädigung infolge von unter anderem gegen Magenschleimhaut­ einer Gastritis voraus, jedoch führt eine Gastritis gewebe gerichteten Antikörpern. Dies führt zu nicht zwangsläufig zu einem Ulkus. Eine Zwischen- einer (meist auf den Korpus begrenzten) Gewebs- stufe zwischen Gastritis und Ulkus stellt die erosive degeneration (Atrophie) und zu einem erhöhten Gastritis dar. Dabei handelt es sich um einen ober- Magenkrebsrisiko. flächlichen Defekt der Magenschleimhaut, der im Alle pathologischen Prozesse, welche zu schwe- Unterschied zum Ulkus nicht bis in die Submukosa ren Schleimhautschäden führen, sind im Allgemei- reicht. Bei einer erosiven Gastritis kann es auch zu nen mit einer Atrophie verbunden. Je mehr und Blutungen kommen (hämorrhagische Gastritis). verbreiteter sich die Magenschleimhaut zurück­ Eine allgemeine Aussage, wie häufig eine Gas- gebildet hat, umso wahrscheinlicher ist es, dass tritis in ein Ulkus übergeht, ist schwer möglich, diese Veränderungen nicht (vollständig) rückgän- da viele Faktoren hierfür eine Rolle spielen. Eine gig zu machen sind. finnische Studie fand bei 11 % von Patientinnen Die daraus resultierende Entwicklung einer und Patienten mit einer chronischen Gastritis chronischen atrophischen Gastritis (CAG) ist ein ein Ulkus in den darauf folgenden 10 Jahren, im längerer Prozess, für dessen Stadien- bzw. Schwere- Vergleich zu nur knapp 1 % bei den Untersuchten gradeinteilung, jeweils im Zusammenhang mit aus einer Vergleichsgruppe mit unbeschädigter dem Vorkommen von gutartigen und bösartigen Magenschleimhaut [5]. Geschwüren, das sogenannte OLGA-System von Eine verbindliche Definition dafür, ab welcher Schweregraden vorgeschlagen und erprobt wur- Größe eine Erosion »Ulkus« genannt werden darf, de [4]. Dabei war Magenkrebs eher mit höhergra­ gibt es nicht. Üblicherweise wird von einem Ulkus digen und ausgedehnteren Atrophien assoziiert als gesprochen, wenn die Schleimhautläsion mindes- Magen- und Duodenalgeschwüre. tens 5 mm Durchmesser hat [6]. Von einer chronischen Gastritis sollte nur Peptische Ulzera können einzeln oder an meh- gesprochen werden, wenn die Diagnose durch reren Stellen des Magens bzw. Duodenums vor- einen entsprechenden histologischen Befund der kommen. Die bevorzugte Seite für Magengeschwü- Magenschleimhaut gesichert ist. re ist die kleine Kurvatur (siehe Abbildung 1), aber Eine Duodenitis ist eine mit der Gastritis ver- die Geschwüre können an allen Stellen zwischen gleichbare akute oder chronische Entzündung der Mageneingang und Magenausgang vorkommen. Schleimhaut des Zwölffingerdarms (Duodenum). Bei einem Duodenalulkus ist die typische Loka­ Dabei spielen meist vermehrte Säuresekretion und lisation der Bulbus duodeni, d. h. der Anfangsteil Zellveränderungen eine Rolle, die eine »Übersied- des Zwölffingerdarms. Gesundheitsberichterstattung des Bundes – Heft 55 1111

Magengeschwüre korrelieren mit stärkerer Ent- Geschwürs durch die Magen- bzw. Duodenalwand zündung der Magenschleimhaut im Korpus sowie in die Bauchhöhle, was mit starken Schmerzen verringerter Säureausschüttung und Atrophie der verbunden ist und einen lebensbedrohlichen Not- Mukosa an mehreren Stellen (multifokale Atro- fall darstellt. Perforationen treten wesentlich sel- phie). Duodenalulzera dagegen korrelieren mit tener auf als Blutungen. stärkerer Entzündung im Antrum bzw. weniger Chronische Ulzera können symptomarm oder starker Entzündung im Korpus [7]. sogar symptomlos verlaufen. Dies gilt besonders Die häufigsten ätiologischen Faktoren für die für Läsionen durch NSAR/ASS, bei denen eine Blu- Entstehung von peptischen Geschwüren sind – tung oder sogar eine Perforation der erste Hinweis ähnlich wie für die Gastritis – eine Besiedlung mit auf ein Geschwür sein kann. H. pylori, Nebenwirkungen von speziellen Medi- kamenten (insbesondere NSAR/ASS) und die Kombination aus beidem. Daneben gibt es eine 2 4 Angrenzende Krankheitsbilder ganze Reihe weiterer Ursachen, wie z. B. das mit Magensäureübersekretion verbundene Zollinger- Nachfolgend sollen zwei Krankheiten kurz erwähnt Ellison-Syndrom, stattgehabte Magenresektionen, werden, die ebenfalls sehr verbreitet sind und für Tumore und schließlich Geschwüre ohne erkenn- die es mehrere Gemeinsamkeiten mit Gastritis bare Ursache, sogenannte idiopathische Ulzera und Ulkus gibt. Diese betreffen unter anderem das (Übersicht siehe [6]). Duodenalgeschwüre sind zu Beschwerdebild, diagnostische und therapeutische einem höheren Anteil mit einer H. pylori-Infektion Maßnahmen bzw. Leistungen, wie z. B. Endosko- verbunden als Magengeschwüre. Wesentliche Fak- pie, Nachweis und Eradikation von H. pylori oder toren bei Duodenalulzera sind auch erhöhte Säu- eine Medikation mit Säureblockern (PPI). resekretion und ein unzureichender alkalischer Ausgleich durch Bikarbonatsekretion. Magen- und Duodenalulzera weisen Gemein- 2 4 1 Gastroösophageale Refluxkrankheit samkeiten, aber auch Unterschiede auf. Beim Magengeschwür treten Schmerzen eher nach der Bei der gastroösophagealen Refluxkrankheit (engl. Nahrungsaufnahme auf, im mittleren bis linken gastroesophageal reflux disease – GERD) kommt Oberbauch. Beim Zwölffingerdarmgeschwür tritt es zu einem »Zurückfließen« von Mageninhalt meist ein Nüchternschmerz auf, der sich durch bzw. Magensaft in die Speiseröhre (Ösophagus), Nahrungsaufnahme verringert; er ist gelegentlich was dort zu Schäden und/oder Beschwerden (z. B. begleitet von Übelkeit und Erbrechen. Ulzera im Sodbrennen) führt. Magen sind in der Regel größer als im Zwölffinger- Bei einem Teil der Betroffenen kommt es darm und benötigen deshalb länger zur Abheilung. zu Entzündungen bis hin zu Erosionen in der Eine häufige und ernste Komplikation von Schleimhaut oder sogar zu Gewebeveränderungen Ulzera sind Blutungen. Bei einer Blutung aus Spei- bis hin zum Karzinom der Speiseröhre. Als Kom- seröhre, Magen oder Zwölffingerdarm spricht man plikation sind auch hier Blutungen möglich (siehe von einer »oberen gastrointestinalen Blutung« auch [8]). Der oft diskutierte Zusammenhang mit (engl. upper gastrointestinal bleeding – UGIB). einer H. pylori-Besiedlung – wobei der H. pylori- Anzeichen dafür können (je nach Schwere der Blu- Infektion sogar ein protektiver Effekt zugeschrie- tung) ein Blutnachweis im Stuhl, dunkle Stuhlver- ben wird – ist klinisch ohne Relevanz. färbung (Teerstuhl) oder Erbrechen von Blut sein. Die gastroösophageale Refluxkrankheit ist in Auftreten können auch deutliche Anzeichen eines den westlichen Industrieländern sehr verbrei- akuten Blutverlustes wie Schwindel bis hin zum tet, und vieles spricht dafür, dass die Verbreitung Schock oder Zeichen eines chronischen Blutverlus- zunimmt. Aus der Studie »Gesundheit in Deutsch- tes wie Anämie (Blutarmut), gefolgt von Schwäche, land aktuell 2009« (GEDA 2009) des Robert Koch- Atemnot oder Angina pectoris (Durchblutungsstö- Instituts ergibt sich, dass schätzungsweise 24 % rung des Herzens). der Erwachsenen von Sodbrennen oder saurem Eine weitere, sehr ernste Komplikation eines Aufstoßen betroffen sind, rund 14 % gaben an, Ulkus ist ein »Durchbruch« (Perforation) des »mäßig« oder sogar »stark« darunter zu leiden. 1212 Gesundheitsberichterstattung des Bundes – Heft 55

2 4 2 Funktionelle Dyspepsie schen Verfahren zu entscheiden. Bei Hinweisen auf akute oder schleichende Blutungen aus dem Unter dem Begriff »funktionelle Dyspepsie« (oder Magen-Darm-Trakt, aber z. B. auch bei unklarem »Reizmagen«) wird ein breites Spektrum von Gewichtsverlust, ist in jedem Fall eine intensivere Symp tomen zusammengefasst, die überwiegend bzw. sogar invasive Diagnostik angezeigt. im Oberbauch lokalisiert sind. Das sind vor allem In diesem Fall ist eine Gastroskopie (Magen- Schmerzen, vorzeitiges Sättigungs- bzw. Völle- spiegelung) als die Standardmethode zur Diagnos- gefühl oder Übelkeit. Diese Beschwerden können tik des oberen Magen-Darm-Traktes anzusehen, vielfältige Ursachen haben. Dabei ist zu unterteilen weil hiermit am besten der obere Verdauungstrakt in organische Ursachen (z. B. Gastritis und Ulkus) bzw. seine Schleimhäute als Ganzes betrachtet und »idiopathische Dyspepsie« (bei letztlich unge- werden können und dabei z. B. Entzündungen, klärter Ursache) [9]. Auch psychische Einflüsse Gewebeveränderungen, Geschwüre, Tumoren, können eine wesentliche Rolle spielen. aber auch Passagebehinderungen­ usw. gesehen Bei Dyspepsie wird vielfach, insbesondere bei werden können. sogenannten »Alarmsymptomen« (z. B. Blutung, Eine Magenspiegelung bzw. Gastroskopie Blutarmut, unklarer Gewichtsverlust), eine endo- umfasst die Untersuchung von Speiseröhre, Magen skopische Diagnostik eingesetzt. Es findet zudem und Zwölffingerdarm in einem Durchgang und häufig eine versuchsweise Behandlung mit Säure- heißt deshalb genauer Ösophago-Gastroduodeno- blockern statt. Die aktuelle deutschsprachige Leit- skopie (ÖGD). linie zu H. pylori und Ulkuskrankheit [10] und der Die Magenspiegelung kann, je nach Belast- Maastricht IV/Florence Consensus Report [11] befas- barkeit und eventuellen Begleiterkrankungen sen sich auch mit Indikationen für eine H. pylori- der zu Untersuchenden, ambulant oder stationär Eradikationsbehandlung bei funktioneller Dyspep- durchgeführt werden. Sie dauert im Regelfall etwa sie und positivem H. pylori-Nachweis (zu H. pylori 15 – 30 Minuten. Die/der zu Untersuchende muss siehe Kapitel 4). dazu nüchtern sein und erhält eine Beruhigungs­ medikation (Sedierung) über die Vene sowie eine örtliche Betäubung des Rachens. Der biegsame 2 5 Diagnostik und Behandlung Spiegelungsschlauch (Endoskop) wird zügig durch den Mund über den Rachen, die Speiseröhre und Das Vorgehen zum Nachweis einer Infektion mit den Magen bis etwa in die Mitte des Duodenums Helicobacter pylori und zur Eradikationsbehand- vorgeschoben. Beim anschließenden Zurückzie- lung ist in Kapitel 4 dargestellt. hen des Geräts erfolgt dann die genaue Inspektion des Anfangsabschnitts des Zwölffingerdarms, des Magens und der Speiseröhre. Dabei werden aus 2 5 1 Diagnostik auffälligen Arealen Schleimhautproben (Biopsien) zwecks feingeweblicher (histologischer) Unter­ Die diagnostischen Methoden, die bei Gastritis suchung entnommen. und peptischem Ulkus eingesetzt werden, sind Eine Gastroskopie erlaubt den Nachweis eines nicht ausschließlich für diese Krankheiten reser- Magen- oder Duodenalulkus sowie für diesen viert, sondern kommen bei verschiedenen anderen Fall auch die genaue Bestimmung der Größe, der Beschwerden bzw. diagnostischen Fragestellungen Lokalisation und der sichtbaren (morphologischen) zum Einsatz. Eigenschaften eines solchen Geschwürs. Mittels Mittels körperlicher Untersuchung kann der zusätzlicher Biopsie ist auch eine histologische Ausgangsort von Beschwerden durch Abtasten Einschätzung der Gastritisform sowie die Bestim- der Magenregion bzw. des Oberbauches oft ein- mung des H. pylori-Status möglich (zur H. pylori- gegrenzt werden, die Aussage ist jedoch ungenau, Diagnostik ausführlicher in Kapitel 4). Während bzw. es gibt dabei keinen typischen Befund für eine bei einem Magengeschwür zum Ausschluss eines Gastritis oder ein Ulkus. Magenkarzinoms mehrere Gewebeproben unter Anhand der Beschwerden bzw. Symptome ist anderem vom Ulkusgrund und -rand entnommen dann über die Indikation zu weiteren diagnosti- werden müssen, ist die Biopsie eines Zwölffinger- Gesundheitsberichterstattung des Bundes – Heft 55 1331

darmgeschwürs wegen des dort nicht gegebenen borgenes) Blut, wie er auch zur Früherkennung »Entartungsrisikos« im Allgemeinen nicht erfor- von Darmkrebs eingesetzt wird, kann auch gering­ derlich. fügigere Blutungen aus dem oberen Magen-Darm- Grundsätzlich besteht bei endoskopischen Trakt anzeigen. Untersuchungen, als invasiven Eingriffen, ein gewisses, wenn auch minimales Risiko der Blu- tung, der Organverletzung (z. B. Speiseröhren- oder 2 5 2 Medikamentöse Therapie Magenperforation) oder der Infektion, sowie von Nebenwirkungen der eingesetzten Medikamente. Zur Therapie insbesondere der Ulkuskrankheit Bei einer vermuteten Ulkusblutung ist eine stehen eine Reihe wirksamer Medikamente als Endoskopie das wichtigste Mitttel zur Diagnostik Ulkustherapeutika zur Verfügung. Die derzeit und gegebenenfalls auch zur Therapie, da mittels größte Bedeutung und stärkste Wirksamkeit dabei Endoskopie auch z. B. eine direkte Blutungsstillung haben Protonenpumpenhemmer (auch Protonen- erfolgen kann. pumpeninhibitoren, PPI), welche die Sekretion Mittels Endoskopie nachgewiesene obere gas­ der Magensäure hemmen. Die Stärke der Hem- trointestinale Blutungen werden nach der Forrest- mung ist dosisabhängig.­ Daneben gibt es noch Klassifikation eingeteilt, welche die Intensität und die H2-Rezeptor-Antagonisten (»H2-Blocker«), weitere Charakteristika einer solchen Blutung dif- die Anta­zida (Säurebinder) und die - ferenziert. Analoga. Bei der Chromoendoskopie werden Schleim- Bei der Behandlung von H. pylori-assoziierten hautabschnitte mit bestimmten Farbstoffen ein- Geschwüren steht die Bekämpfung (Eradikation) gefärbt, um so Unregelmäßigkeiten besser erken- dieser Erreger mittels Antibiotika im Vordergrund nen und etwa Biopsien gezielter durchführen zu (siehe Kapitel 4). können. Als Ergänzung der Gastroskopie bilden Die PPI finden einen breiten und zunehmenden solche Verfahren aber die Ausnahme. Inzwischen Einsatz zur Therapie und zur Prävention (»Magen- kommen neue chromogene (farbgebende) Verfah- schutz«) von Ulzera und H. pylori-assoziierter Gas- ren zum Einsatz (NBI, FICE). tritis sowie auch bei gastroösophagealem Reflux Die bei der Diagnostik des Bauchraums im und bei Dyspepsie (siehe auch Kapitel 6 und 7). Prinzip gut einsetzbare »äußere« Sonographie Die große und anhaltende Zunahme der PPI-Ver- (Ultraschall) ist bei der Untersuchung von Magen ordnungen ist aber nicht nur auf den bestimmungs- bzw. Duodenum meist nicht sehr hilfreich. Anders gemäßen Einsatz im Zusammenhang mit Gastritis verhält sich dies bei der »inneren« bzw. Endo-Sono- und Ulkus zurückzuführen. graphie. Über ein dem Endoskop äußerlich ähn- Am häufigsten werden derzeit PPI mit den liches Gerät können die den oberen Verdauungs- Wirkstoffen Omeprazol und Pantoprazol verordnet. trakt umgebenden Bereiche von innen sonogra- Über den Einsatz der PPI bei akuter Gastritis bzw. phisch dargestellt werden, d. h. die Organwände, Ulkus hinaus sind kaum belastbare Studien zur mit Gefäßen und Lymphknoten, sowie eventuelle angemessenen Verordnungsdauer bei den jewei- darin oder dahinter liegende Veränderungen, wie ligen Indikationen vorhanden. Es gibt Hinweise etwa Tumoren. darauf, dass es nach einem insbesondere abrupten Röntgenuntersuchungen spielen zur Diagnos- Absetzen zum erneuten Aufflammen (rebound) der tik von Gastritis und peptischen Geschwüren kei- Magensäureproblematik kommen kann [12, 13] und ne oder nur ausnahmsweise eine Rolle. Bei Ver- der Eindruck einer Gewöhnung entsteht, was unter dacht auf eine Tumorerkrankung im Bereich des anderem eine Empfehlung zum Ausschleichen die- Magens können auch Computertomographie (CT) ser Medikation nahelegt. oder Kernspinresonanzspektroskopie (nuclear mag- Ein weiteres Problem, das angesichts des netic resonance, NMR) zum Einsatz kommen. Umfangs des PPI-Einsatzes diskutiert wird, sind Das Vorhandensein von Blut im Stuhl kann, deren Nebenwirkungen, insbesondere bei Lang- speziell bei »Teerstuhl«, sehr wahrscheinlich auf zeitanwendungen (z. B. [14, 15]). Epidemiologi- eine Blutungsquelle aus dem oberen Magen-Darm- sche Studien legen den Verdacht nahe, dass eine Trakt hindeuten. Ein Stuhltest auf »okkultes« (ver- Langzeitbehandlung mit PPI, auch dosisabhängig, 1414 Gesundheitsberichterstattung des Bundes – Heft 55

zu Störungen im Knochenstoffwechsel und ver- Alkohol oder Nikotin, Stressfaktoren), dann liegt es mehrt zu osteoporotischen Frakturen führen nahe, zu versuchen, diese Faktoren mit Blick auf kann (z. B. [16]). Außerdem scheint das Risiko für die individuellen Möglichkeiten zu beeinflussen Darm- und Lungeninfektionen, ausgehend von (siehe auch Kapitel 6). einer bakteriellen Besiedelung im oberen Gastro- intestinaltrakt anzusteigen (z. B. [17, 18, 19]). Auch über interstitielle Nephritiden (bestimmte Nieren- 2 5 4 Interventionelle Therapie bei Ulkusblutung entzündungen) wird im Zusammenhang mit PPI- Behandlung berichtet (z. B. [20]). Es wird geschätzt, dass etwa die Hälfte der obe- Diese Beobachtungen sollten zu einem begrün- ren gastrointestinalen Blutungen durch peptische deten und angemessenen Einsatz dieser Medika- Ulzera verursacht werden (peptic ulcer bleeding). mente mahnen und insbesondere bei älteren Men- Eine endoskopische Intervention bei Ulkusblu- schen und bei Langzeitanwendung die jeweils nied- tungen soll eine aktive Blutung stoppen und/oder rigste effektive Dosierung anstreben lassen. deren Wiederauftreten (Rezidivblutung) verhin- Neue Entwicklungen bzw. Alternativen zu PPI dern. Um dies zu erreichen, stehen verschiedene sind derzeit nicht bekannt. Methoden zur Verfügung. Dazu gehören Verfah- Auch H2-Rezeptor-Antagonisten hemmen die ren mit Einspritzung (Injektionstherapie), Abklem- Magensäureproduktion, allerdings über einen mung (mit Endoclips) oder thermische Verödung anderen Wirkmechanismus als die PPI und nicht (wie die Argon-Plasma-Koagulation) in der Blu- so stark wie diese. H2-Blocker bildeten lange, bis tungsregion. Welche dieser lokalen Behandlungs- zur Einführung der PPI, die Standardmedikation formen am günstigsten sind, bleibt derzeit noch bei der Ulkuskrankheit, werden heute jedoch selte- offen [21]. Am effektivsten erscheinen Kombina­ ner eingesetzt, z. B. bei Unverträglichkeit von PPI. tionstherapien [22]. Antazida binden bzw. neutralisieren die bereits In der weit überwiegenden Zahl der Fälle ist gebildete Magensäure. Klassischer Vertreter ist das eine Blutungsstillung auf endoskopischem Weg Natriumhydrogenkarbonat, auch (Natrium-)Bikar- möglich. Durch moderne endoskopische Verfah- bonat oder »doppeltkohlensaures Natron« genannt, ren sind Operationen seltener geworden. Operiert das heute jedoch als veraltet gilt. Moderne Anta- werden muss jedoch meist, wenn eine starke Blu- zida sind z. B. und ent- tung trotz endoskopischer Intervention anhält oder haltende Kombinationspräparate. Sie sind nicht eine Perforation des Geschwürs vorliegt. Detail- verschreibungspflichtig und werden daher bis auf lierte Empfehlungen zum Umgang mit oberen Ausnahmen nicht mehr von der GKV erstattet. Sie gastrointestinalen Blutungen werden in aktuellen können jedoch eine durchaus vernünftige Selbst- internationalen Konsensusempfehlungen darge- bzw. Zusatzmedikation darstellen. stellt [23]. Prostaglandin-Analoga (z. B. ), die Risikofaktoren für eine ungünstige Prognose säurehemmend und schleimfördernd wirken, fan- sind die Stärke der Blutung, eine ungünstige Loka- den in einer frühen Phase der PPI-Anwendung lisation der Blutung, Anhalten der Blutung wäh- einen breiteren Einsatz, als man einerseits nicht rend der Endoskopie sowie Kreislaufinstabilität mehr mit H2-Blockern zufrieden war, andererseits [22]. Auch höheres Alter und Begleiterkrankungen aber noch Vorbehalte vor einem breiten PPI-Einsatz vergrößern das Risiko. hatte. Auch haben Prostaglandin-Analoga eine hohe Zwei aktuelle Cochrane Reviews [24, 25] befas- Nebenwirkungsrate (vor allem Durchfall). sen sich mit der Frage, inwieweit die Anwendung von PPI das Risiko von Rezidivblutungen reduzie- ren kann, welche PPI-Anwendungsregimes (Zeit- 2 5 3 Nichtmedikamentöse Therapieformen punkt des Beginns, Zeitdauer, Dosierung) am effi- zientesten bzw. am günstigsten sein könnten, unter Wenn im konkreten Fall Hinweise darauf bestehen, anderem bezüglich Rezidivblutungen, Notwendig- dass Beschwerden mit Lebensstilfaktoren zusam- keit von weiteren endoskopischen Eingriffen oder menhängen (z. B. Beschwerdeverstärkung durch einer Operation, Notwendigkeit von Bluttransfu- bestimmte Kostform und -häufigkeit, Konsum von sionen, stationärer Verweildauer sowie Letalität. Gesundheitsberichterstattung des Bundes – Heft 55 15

2 5 5 Therapieverlauf und -kontrolle men erzielbare Leitlinienqualitätsstufe. Für die in dieser Leitlinie für eine Vielzahl von individuellen Bei einem Magengeschwür, bei einem mehr als Konstellationen beschriebenen Handlungsemp- 2 cm großen Zwölffingerdarmgeschwür sowie bei fehlungen wird jeweils ein »Empfehlungsgrad« einem komplizierten Ulkus mit stattgehabter Blu- angegeben, der auf der »Evidenzstärke« der dahin- tung sollte bis zur endoskopischen Feststellung des terstehenden wissenschaftlichen Literatur sowie Heilungserfolgs die säurehemmende Therapie mit der »Konsensusstärke«, also dem Grad des Einver- dem PPI fortgesetzt werden. Insbesondere beim nehmens der an der Leitlinienentwicklung betei- Magengeschwür ist bei endoskopischer Kontrolle ligten Fachleute zu den jeweiligen Empfehlungen, auch bei abgeheiltem Ulkus eine Biopsieentnahme basiert. erforderlich, um ein bösartiges Geschwür (Malig- Speziell zur Durchführung von Endoskopien nom) ausschließen zu können. gibt es Empfehlungen der Deutschen Gesellschaft Zu den Indikationen für Kontrollendoskopien für Verdauungs- und Stoffwechselkrankheiten bei der Ulkuskrankheit, bzw. zu deren Zeitpunkt, (DGVS) [27]. Entsprechend gibt es auch eine »Emp- gibt es allerdings keine einheitlichen Empfehlun- fehlung der Bundesärztekammer zur Qualitäts- gen; eine Routine-Kontrollendoskopie wird jeden- sicherung in der gastrointestinalen Endoskopie« falls nicht generell empfohlen [23, 26]. Sie sollte [28], gültig gleichermaßen für den ambulanten jedoch grundsätzlich bei einem peptischen Ulkus wie stationären Bereich. Speziell zur Sedierung mit Komplikationen durchgeführt werden, gege- in der gastrointestinalen Endoskopie gibt es eine benenfalls in Verbindung mit der Überprüfung S3-Leitlinie von 2008 [29], verfügbar auch »in des Eradikationserfolgs von H. pylori (siehe auch patientenfreundlicher Sprache« [30]. Kapitel 4). Eine weitere AWMF-Leitlinie (derzeit in Über- Bei einem durch die Einnahme von NSAR/ASS arbeitung) existiert zur gastroösophagealen Reflux- verursachten Magengeschwür (siehe Kapitel 3) soll- krankheit [8]. Ferner gibt es »Empfehlungen zur te in erster Linie geprüft werden, ob auf die Ein- Therapie bei funktioneller Dyspepsie und Reiz- nahme dieser Medikamente verzichtet werden kann darmsyndrom« von der Arzneimittelkommission oder auf eine magenschonendere Ersatzmedikation der deutschen Ärzteschaft [31]. ausgewichen werden kann. Darüber hinaus gibt es Leitlinien aus anderen Die aktuelle Leitlinie empfiehlt zusätzlich eine Ländern, z. B. die »Evidence-Based Clinical Practice Dauermedikation mit PPI, wenn eine gastroduo- Guideline« des britischen National Institute for denale Blutung während einer NSAR-Dauermedi- Health and Care Excellence (NICE) zum Vorgehen kation auftritt und diese Medikation beibehalten bei der Behandlung von Dyspepsie [32]. werden muss [10]. Außerdem sollte auf das evtl. gleichzeitige Vorliegen von H. pylori getestet und gegebenenfalls eine Eradikationstherapie durch- 3 Krankheitsursachen und -risiken geführt werden (siehe auch Kapitel 4). Zur Sekundärprophylaxe siehe auch Kapitel 6. Als einer der wichtigsten Risikofaktoren bzw. Ursa- Zur Therapiekontrolle der H. pylori-Eradikation chen für Gastritis und peptisches Ulkus gilt die siehe Kapitel 4. Besiedlung des Magens mit dem Bakterium Helico- bacter pylori. Die zahlreichen Aspekte dazu – Patho- genese, Übertragung, Verbreitung, Diagnostik und 2 5 6 Qualitätssicherung und Leitlinien Eradikationsbehandlung – werden in einem eige- nen Kapitel (Kapitel 4) dargestellt. Seit 2009 ist die thematisch umfassende AWMF- S3-Leitlinie »Helicobacter pylori und gastroduode- nale Ulkuskrankheit« verfügbar [10]. AWMF ist die 3 1 Arzneimittelgebrauch Arbeitsgemeinschaft der wissenschaftlichen medi- zinischen Fachgesellschaften, welche in Deutsch- Zahlreiche Arzneimittel haben unerwünschte land die Dokumentation medizinischer Leitlinien Nebenwirkungen im Magen- und Darmbereich. koordiniert. »S3« ist die höchste in diesem Rah- Einige Wirkstoffklassen von Medikamenten haben 1616 Gesundheitsberichterstattung des Bundes – Heft 55

sogar ein besonderes Risiko für Schleimhautschä- sionen und Geschwüre bis hin zu lebensgefähr­ den, bis hin zu gastroduodenalen Ulzera bzw. deren lichen gastrointestinalen Blutungen und Perfora- Komplikationen wie Perforation oder Blutungen im tionen reichen. Magen oder Zwölffingerdarm. Die wichtigsten bzw. am häufigsten eingesetz- ten Wirkstoffe der NSAR und der Umfang ihrer Verordnung in der gesetzlichen Krankenversiche- 3 1 1 Nichtsteroidale Antiphlogistika/ rung (GKV) zeigt Tabelle 1. Antirheumatika (NSAR/NSAID) einschließlich Acetylsalicylsäure (ASS) Tabelle 1 Häufigste Wirkstoffe der NSAR und deren Verordnungs- mengen in Millionen DDD (defined daily dose, definierte Arzneimittel aus der Stoffgruppe der nichtsteroi- Tagesdosen) 2010 in der GKV dalen Antiphlogistika/Antirheumatika (nichtstero- Quelle: [33] idale Antirheumatika/NSAR – engl. non-steroidal antiinflammatory /NSAID), wirken entzün- Wirkstoff Verordnete Mio DDD dungshemmend (antiphlogistisch), schmerzlin- in der GKV 2010 dernd (analgetisch) und fiebersenkend (antipyre- nichtselektive NSAR (tNSAR) / ASS tisch) und finden daher einen breiten Einsatz. Diese Acetylsalicylsäure (ASS) eingeschränkt Medikamente hemmen die Enzyme Cyclooxyge- verordnungsfähig nase-1 und -2 (COX-1 und COX-2) in jeweils unter- Diclofenac 448,0 schiedlichem Ausmaß. Es werden deshalb zusätz- Ibuprofen 389,6 lich nichtselektive/traditionelle NSAR (tNSAR) und COX-2-selektive NSAR (sog. COX-2-Hemmer oder Meloxicam 15,5 Coxibe) unterschieden. Naproxen 15,0 Die Cyclooxygenasen (COX) sind als Enzyme Indometacin 13,6 erforderlich zur Synthese von Prostaglandinen. Acemethacin 9,2 Prostaglandine­ spielen einerseits eine wichtige Rol- Piroxicam 7,2 le bei Entzündungen und haben andererseits wich- COX-2-Hemmer (Coxibe) tige Funktionen zum Schutz der Magenschleim- haut (z. B. Regulation von Epithelzellwachstum, Etoricoxib 60,4 Schleim- und Säuresekretion). COX-1 ist vor allem Celecoxib 23,1 für den »Magenschutz« wichtig, COX-2 hingegen für Entzündungsreaktionen. Die gastrointestinalen Nebenwirkungen von Aufgrund ihrer biochemischen Eigenschaften NSAR/ASS wurden in zahlreichen Studien unter- werden NSAR nach oraler Einnahme in die Magen- sucht und belegt [34, 35, 36, 37, 38]. In einigen Stu- schleimhaut aufgenommen, was zu einer direkten dien wurden Risikounterschiede zwischen den ver- Schleimhautschädigung führen kann. Darüber hin- schiedenen Wirkstoffen gefunden, die Ergebnisse aus erfolgt eine systemische Aufnahme über den sind aber uneinheitlich [36, 37, 38, 39]. Blutkreislauf, was eine COX-1 Hemmung in der Eine entscheidende Rolle für das Schädigungs- gastrointestinalen Mukosa (Schleimhaut) bewirkt, risiko durch die Medikamente spielen Dosierung mit den o. g. Folgen einer Schwächung des Schleim- sowie Dauer der Einnahme. Ganz entscheidend als hautschutzes. Bei einer Medikation mit COX-Hem- wesentliche zusätzliche Risiken gelten potenziell mern kommt es also einerseits zu erwünschten magenschädigende Begleitmedikationen, Alter der Effekten bei der Entzündungs- und Schmerzhem- Betroffenen, Vor- bzw. Begleiterkrankungen und mung, andererseits können, als unerwünschte weitere gastrointestinale Risiken. Nebenwirkung, aber auch Schutzmechanismen Insbesondere Ältere sowie diejenigen, wel- der Magenschleimhaut gestört werden. Daneben che vorher schon einmal ein gastroduodenales gibt es noch weitere Ulkus-begünstigende (ulze- Ulkus oder eine gastroduodenale Blutung hatten, rogene) Schädigungsmechanismen durch NSAR. haben ein erhöhtes Risiko für eine obere gastro- Die resultierenden Schäden an der Schleimhaut intestinale Blutung. Als Risikofaktor gilt auch die können von Schleimhautveränderungen über Ero- zusätzlich zu NSAR/ASS erfolgende Einnahme Gesundheitsberichterstattung des Bundes – Heft 55 17

von Antikoagulantien (Mitteln zur Hemmung der nicht unerhebliche kardiovaskuläre und weitere Blutgerinnung) oder Corticosteroiden (z. B. zur Ent- gesundheitliche Risiken heraus, die dazu führten, zündungshemmung) [10]. dass einige der Coxibe wieder vom Markt genom- Die Krankheiten, wegen derer die NSAR verbrei- men werden mussten und für die verbleibenden tet eingesetzt werden, haben häufig einen chroni- Coxibe seitdem etliche Einschränkungen bezüglich schen Verlauf und erfordern deshalb eine NSAR- der Indikationen und Kontraindikationen für die Langzeitanwendung (z. B. Arthritis, entzündliche Einnahme zu beachten sind [33]. Gelenkerkrankungen, chronische Schmerzen). ASS Es wird auch davon ausgegangen, dass sich der wird sehr häufig gegen Schmerzen eingesetzt sowie Risikounterschied zwischen nichtselektiven NSAR mit niedriger Dosierung langzeitig zur sekundär- und Coxiben, bzw. der Vorteil der Coxiben bezüg- präventiven »Blutverdünnung« (Thrombozyten- lich Ulzera und Blutungen, bei gleichzeitiger Ein- aggregationshemmung) z. B. nach Herzinfarkt oder nahme von ASS verringert [38, 40]. Somit haben Schlaganfall. Letzteres geschieht oft zusätzlich zu sich die Hoffnungen, die auf die Coxibe gerichtet einer NSAR-Anwendung. waren, nur teilweise erfüllt. Die aktuelle S3-Leitlinie Aufgrund der hohen gastrointestinalen Toxizi- [10] hält hierzu fest, dass – bezogen auf die gas­ tät der nichtselektiven NSAR (tNSAR) stellte man troduodenalen Komplikationen – die Verordnung hohe Erwartungen an selektive COX-2-Inhibitoren von Coxiben eine Alternative zur Einnahme einer (Coxibe), die um das Jahr 2000 eingeführt wurden Kombination eines nichtselektiven NSAR (tNSAR) und speziell für schwere gastrointestinale Neben- mit einem PPI darstellen kann. wirkungen ein geringeres toxisches Potenzial auf- In den Jahren von 2001 bis 2010 stieg die Verord- weisen. Aber auch durch die COX-2-Hemmung nungsmenge von tNSAR (ohne ASS) in der GKV ins- kann sich die Abheilung bestehender Läsionen bzw. gesamt um fast 30 % (siehe auch Abbildung 2). Die Ulzera in der Magenwand verzögern. In den Jahren dabei am häufigsten verordneten Wirkstoffe waren nach der Einführung der Coxibe stellten sich zudem Diclofenac und Ibuprofen (siehe auch Tabelle 1).

Abbildung 2 Entwicklung der Verordnungsmengen für traditionelle/nichtselektive NSAR und Coxibe in Millionen DDD (defined daily dose, definierte Tagesdosen) in der GKV von 2001 bis 2010 Quelle: [33] Millionen DDD 1.000

900

800

700

600

500

400

300

200

100

2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007 2008 2009 2010 Jahr tNSAR Coxibe 1818 Gesundheitsberichterstattung des Bundes – Heft 55

Abbildung 3 Verordnete Tagesdosen von Antiphlogistika/Antirheumatika (ATC-Code M01) in der GKV 2006 und 2010 nach Altersgruppen; definierte Tagesdosen (DDD) pro Versicherte Quelle: [41, 42]

35 Tagesdosen

30

25

20

15

10

5

0 – 4 5 – 9 10 – 14 15 – 19 20 – 24 25 – 29 30 – 34 35 – 39 40 – 44 45 – 49 50 – 54 55 – 59 60 – 64 65 – 69 70 – 74 75 – 79 80 – 84 85 – 89 90 + Altersgruppe 2006 2010

Abbildung 3 zeigt, dass NSAR am häufigsten von Blutplättchen. Zur Hemmung der Thrombo- älteren Menschen verordnet werden, häufig und zytenaggregation wird am häufigsten ASS einge- zunehmend aber auch schon im mittleren Lebens- setzt, insbesondere bei der Sekundärprophylaxe alter. bzw. Nachsorge von kardiovaskulären und zere­ Zu der Menge der in der GKV verordneten Medi- brovaskulären Erkrankungen wie Herzinfarkt und kamente kommt noch – neben der über die PKV Schlaganfall (aber in niedrigerer Dosierung als bei abgerechneten Menge – die nicht geringe Menge der Anwendung gegen Schmerzen, sog. low dose dazu, die als frei verkäuflich erworben wird bzw. als ASS – meist 100 mg pro Tag). Am häufigsten sind Selbstmedikation eingesetzt wird. Freiverkäuflich die Anwendungen deshalb bei Älteren (siehe auch für die orale Einnahme sind derzeit nur die Wirk- Abbildung 5). Neben dem »klassischen« ASS wird stoffe Ibuprofen, Diclofenac und Naproxen sowie häufig auch das »modernere« Clopidogrel einge- ASS (Stand Juni 2012). Über eine Einschränkung setzt, von dem man sich unter anderem geringere der Freiverkäuflichkeit wird diskutiert. Nebenwirkungen erhoffte. Jedoch erhöht nicht nur Der Konsum von Diclofenac und Ibuprofen (die ASS, sondern auch Clopidogrel das Risiko für gas­ in geringerem Maße vom Körper aufgenommen troduodenale Schädigungen bzw. Schleimhautblu- werden als ASS) ist in Deutschland schon so ausge- tungen (z. B. [35, 38, 44, 45, 46]). Dieses Risiko steigt dehnt, dass diese Substanzen bereits im Grundwas- zudem, wenn ASS und Clopidogrel gleichzeitig ser und auch in Trinkwasserproben nachgewiesen angewendet werden (sog. duale Hemmung) oder werden können [43]. wenn das ASS zusammen mit einem NSAR ange- wendet wird. Die Entwicklung der in der GKV in den letzten 3 1 2 Thrombozytenaggregationshemmer und 10 Jahren verordneten Tagesdosen von Thrombo- Antikoagulantien zytenaggregationshemmern ist aus Abbildung 4 ersichtlich. Der Trendbruch 2003/2004 entstand, Antithrombotische Mittel – das sind Thrombozy- weil 2004 für ASS die Verordnungsfähigkeit zu tenaggregationshemmer und Antikoagulantien – Lasten der GKV sehr stark eingeschränkt wurde, werden zur Vermeidung von Thrombosen bzw. so dass seitdem ASS von vielen Betroffenen selbst Embolien eingesetzt. Dies sind Blutgefäßveren- bezahlt wird. Es ist davon auszugehen, dass der gungen bzw. Blutgerinsel durch »Verklumpung« tatsächliche ASS-Verbrauch nach wie vor hoch ist Gesundheitsberichterstattung des Bundes – Heft 55 19

Abbildung 4 Entwicklung der Verordnungsmengen für antithrombotische Mittel in Millionen DDD (defined daily dose, definierte Tagesdosen) in der GKV von 2001 bis 2010 Quelle: [47]

Millionen DDD 1.400

1.200

1.000

800

600

400

200

2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007 2008 2009 2010 Jahr Thrombozytenaggregationshemmer Antikoagulantien

Abbildung 5 Verordnete Tagesdosen von antithrombotischen Mitteln (ATC-Code B01) in der GKV 2006 und 2010 nach Altersgruppen, definierte Tagesdosen (DDD) pro Versicherte Quelle: [41, 42]

80 Tagesdosen

70

60

50

40

30

20

10

0 – 4 5 – 9 10 – 14 15 – 19 20 – 24 25 – 29 30 – 34 35 – 39 40 – 44 45 – 49 50 – 54 55 – 59 60 – 64 65 – 69 70 – 74 75 – 79 80 – 84 85 – 89 90 + Altersgruppe 2006 2010 bzw. zusätzlich zu den von der GKV übernomme- fügbarer Clopidogrel-Generika ist dieser Wirkstoff nen Verordnungen noch eine sehr große Anzahl ein Vielfaches teurer als ASS. Abbildung 5 zeigt, von ASS-Tagesdosen angewendet wird. dass antithrombotische Mittel besonders häufig im Im Jahr 2010 wurden zu Lasten der GKV 629 höheren Lebensalter verordnet werden und zudem Millionen Tagesdosen ASS und 151 Millionen Tages- speziell bei Hochaltrigen in den letzten Jahren sehr dosen Clopidogrel verordnet. Trotz inzwischen ver- deutliche Zuwächse zu verzeichnen sind. 2020 Gesundheitsberichterstattung des Bundes – Heft 55

Wegen der demografischen Entwicklung und Das Risiko wird auch beeinflusst durch die des damit verbundenen wachsenden Bedarfs an Dosis und die Dauer der Einnahme, das Alter der »Gefäßschutz« muss davon ausgegangen werden, Patientinnen und Patienten, einer Vorgeschichte dass die Verbreitung des Magenrisikos durch anti- mit Gastritis bzw. Ulkus, weitere Erkrankungen thrombotische Medikationen in nächster Zeit eher sowie Begleitmedikationen. noch steigen wird. Deshalb wäre jeweils abzuwä- gen, welche Medikation einen optimalen Kompro- miss zwischen maximal gefäßprotektiver Wirkung 3 1 4 Weitere Arzneimittel und geringstmöglicher gastrointestinaler Neben- wirkung darstellt. Auch bestimmte Chemotherapeutika (bzw. Krebs- Insbesondere eine laufende Studie (ASPREE) medikamente), spezielle Immunsuppressiva (absto- mit ca. 18.000 über 70-jährigen Teilnehmenden in den ßungshemmende Medikamente z. B. nach Organ- USA und in Australien zu Wirkungen und Neben- transplantationen) und das Diuretikum Spirono- wirkungen der Dauereinnahme von 100 mg ASS lacton können Ulzerationen verursachen [52]. In pro Tag dürfte hierzu einige Antworten liefern [48]. der Diskussion sind auch die möglichen gastroduo- Antikoagulantien hemmen die Blutgerinnung denalen Risiken von Bisphosphonaten, die breite über einen anderen Wirkmechanismus als Throm- Anwendung in der Osteoporosebehandlung finden bozytenaggregationshemmer. Solche Arzneimittel und insbesondere in Kombination mit NSAR schä- verstärken bei bestehender Schleimhautschädigung digend sein können. eine Blutungsneigung. Es werden ferner die gastrointestinalen Risiken der selektiven Serotonin-Wiederaufnahme-Hem- mer (SSRI) diskutiert, einer Klasse von Arznei- 3 1 3 Corticosteroide/Glucocorticoide mitteln, die zur Behandlung von Depressionen eingesetzt werden und auch die Blutgerinnung Corticosteroide bzw. deren Untergruppe der Glu- beeinflussen können. Es wurde ein erhöhtes Risiko cocorticoide werden zur Entzündungshemmung für gastrointestinale Blutungen gefunden, beson- und Immunsuppression eingesetzt. Häufige Indi- ders in der Kombination mit NSAR, ASS oder/und kationen sind z. B. rheumatische und allergische Thrombozytenaggregationshemmern [53, 54]. Eine Krankheiten, darunter allergisch bedingtes Bron- dänische Studie fand auch einen Zusammenhang chialasthma, zunehmend aber auch eine chronisch- mit unkomplizierten peptischen Ulzera [55]. obstruktive Lungenerkrankung (COPD) und wei- SSRI sind die inzwischen am häufigsten verord- tere Krankheitsbilder, was Glucocorticoide zu einer neten Antidepressiva, mit einer deutlichen Verord- breit eingesetzten Medikamentengruppe macht. nungszunahme in den letzten 10 Jahren (von 137 Bei systemischer, d. h. innerer Anwendung, zäh- Mio. definierten Tagesdosen DDD 2001 auf 530 len Glucocorticoide zu denjenigen Medikamen- Mio. DDD 2010 in der GKV) [56]. ten, denen eine Mitwirkung bei der Entstehung von Magen- oder Duodenalulzera bzw. bei daraus resultierenden gastrointestinalen Blutungen zuge- 3 1 5 NSAR/ASS plus H. pylori schrieben wird, denn diese hemmen zum einen die Prostaglandinsynthese und vermindern damit den Das Zusammenspiel von NSAR und H. pylori Schleimhautschutz, zum anderen steigern sie die wurde lange kontrovers diskutiert, und die Studien- Magensäureproduktion. Mehrere Studien fanden ergebnisse dazu sind uneinheitlich. Das liegt auch eine Risikoerhöhung bei hoher Dosierung (z. B. daran, dass die Ausgangsbedingungen sehr kom- [49, 50, 51]), jedoch wurde ein höheres Risiko für plex sein können in Bezug auf Indikationen, Wirk- gastroduodenale Schäden auch kontrovers disku- stoffe, Dosierung, Einnahmedauern usw., und tiert. Unstrittig ist, dass bei einer Einnahme in der dass die Studiendesigns und die eingesetzten Kombination mit einem NSAR (wie z. B. häufig Methoden sehr variieren [57, 58]. bei rheumatisch entzündlichen Erkrankungen) das Diverse Ergebnisse legen aber nahe, dass die gastroduodenale Risiko größer ist als durch NSAR Infektion mit H. pylori und die Einnahme von allein (siehe auch [10]). NSAR weitgehend voneinander unabhängige Gesundheitsberichterstattung des Bundes – Heft 55 2121

gastro­ ­duodenale Risikofaktoren mit eher unter- (1.785 Personen im Alter von 18 – 88 Jahren) ergab schiedlichen Schädigungsmustern sind, wobei sich eine umgekehrte Beziehung zwischen Alko- es aber auch gemeinsame Schädigungsmuster holkonsum und dem Nachweis von H. pylori-Anti- gibt [58]. Es scheint auch so, dass sich die Patho­­ körpern [60]. Auch im Bundes-Gesundheitssurvey ge­nese von Magenulzera und Duodenalulzera 1998 (BGS98; Daten von 6.545 18- bis 79-Jährigen) beim gleichzeitigen Vorliegen beider Risikofak­ zeigte sich in allen Altersgruppen und für beide toren unterscheidet. Geschlechter solch ein inverser Zusammenhang Aus systematischen Reviews kann gefolgert wer- bei »regelmäßigem moderaten« Konsum (hier bis den, dass eine Infektion mit H. pylori das Risiko für zu 20 – 50 g pro Tag) [61]. peptische Ulzera und Ulkusblutungen bei Lang- Die ESTHER-Studie (2000 – 2002: 9.444 Perso- zeitanwendungen von NSAR erhöht [6, 59]. Das nen im Alter von 50 – 74 Jahren aus dem Saarland) Risiko beim Vorliegen beider Faktoren ist dabei untersuchte unter anderem den Zusammenhang größer als die jeweiligen Risiken bei nur einem zwischen Alkoholkonsum und dem Vorkommen Faktor. von chronischer atrophischer Gastritis (CAG), für Zudem gilt eine H. pylori-Infektion als ein welche eine H. pylori-Infektion als wesent licher zusätzlicher Risikofaktor für eine Ulkusblutung Risikofaktor gilt. Die gefundenen Verbreitungs- bei einer niedrig dosierten Langzeiteinnahme von muster sprechen unter anderem dafür, dass Alko- ASS [6]. holkonsum bis zu 60 g pro Woche mit geringerem CAG-Vorkommen assoziiert ist [62]. Bei starkem Alkoholkonsum fand sich diese Beziehung jedoch 3 2 Alkohol- und Tabakkonsum nicht. Ein Zusammenhang zwischen Rauchen und der Verbreitung von CAG wurde in der ESTHER- Auch in Bezug auf die möglichen Risiken von Studie nicht gefunden. Alkoholkonsum und Rauchen für gastroduodenale Ein Review kommt zu dem Ergebnis, dass epi- Erkrankungen ergeben sich vielfältige Aspekte. demiologische Untersuchungen einen Zusam- Zum Beispiel kann unterschieden werden nach menhang zwischen Zigarettenrauchen und ver- akuten und chronischen Folgen, nach Art, Menge schiedenen gastrointestinalen Erkrankungen, und Dauer des Alkoholkonsums sowie Alter der darunter der peptischen Ulkuskrankheit, gezeigt Betroffenen und dem Vorliegen weiterer Risiko- haben [63]. Zum einen verstärke Nikotin schädi- faktoren. gende Einflüsse auf die Magenschleimhaut, z. B. Zusammenhänge zwischen dem Konsum von von H. pylori induzierte Schäden. Zum anderen Alkohol und Tabak bestehen zur Magensäure­ behindere Nikotin vermutlich schützende Ein- sekretion, zur Magenschleimhautdurchblutung, flüsse z. B. durch eine Verringerung der Mukosa- zur H. pylori-Infektion, zum Eradikationserfolg von durchblutung und die Verzögerung der Regenera- H. pylori sowie zu Entstehung, Komplikation oder tionsprozesse. Der Erfolg einer H. pylori-Eradika- Heilung von Ulzera. tionsbehandlung wird durch Rauchen verringert Es wird davon ausgegangen, dass Alkohol in (siehe auch Abschnitt 4.5). sehr hoher Konzentration die Magenschleimhaut In einer großen dänischen Kohortenstudie schädigt und dies mit akuten Mukosaläsionen bzw. (26.518 Teilnehmende) wurde der Zusammen- Mukosablutungen assoziiert ist. Alkohol und auch hang von Tabak- und Alkoholkonsum mit dem andere Bestandteile von alkoholischen Getränken Vorkommen von blutenden bzw. perforierten pep- stimulieren zudem in unterschiedlicher Weise die tischen Ulzera untersucht [64, 65]. Der Konsum Magensäuresekretion. von mehr als 42 Drinks (alkoholischen Getränke- Da Alkohol auch eine antibakterielle Wirkung einheiten) pro Woche, verglichen mit weniger als hat, könnte geschlussfolgert werden, dass sich einem Drink pro Woche, erhöhte das Risiko eines Alkoholkonsum ungünstig auf die Lebensbedin- blutenden Ulkus auf mehr als das Vierfache. Das gungen von H. pylori im Magen auswirkt. Solche Rauchen von mehr als 15 Zigaretten täglich, vergli- Zusammenhänge wurden bei mehreren bevölke- chen mit Menschen, die niemals geraucht hatten, rungsbezogenen Studien in Deutschland unter- erhöhte das Risiko eines perforierten Ulkus auf sucht. Aus den Daten der VERA-Studie 1987/88 mehr als das Dreifache. 2222 Gesundheitsberichterstattung des Bundes – Heft 55

In einer britischen Fall-Kontrollstudie wurden produktion erhöhen (sprichwörtlich »sauer sein«). 1986 – 1991 mögliche Risikofaktoren für eine obere Stress und Depression können die Entleerung gastrointestinale Blutung bei über 60-Jährigen ana- des Magens verlangsamen und damit die Gefahr lysiert. Während aktueller Alkoholkonsum keine eines Gallerefluxes (Rücklauf von Gallensaft in den signifikante Risikoerhöhung ergab, erhöhte Rau- Magen) erhöhen. Stress kann auch die pathogene chen das Risiko signifikant [49]. Wirkung von H. pylori verstärken. Nicht alle Men- Eine schwedische Kohortenstudie fand bei Män- schen reagieren jedoch physiologisch in gleicher nern und Frauen, die rauchten, eine Verdopplung Weise auf Stress [70]. der Sterblichkeitsrate an peptischem Ulkus im Zusätzlich können psychische Belastungen Vergleich zu denen, die nie geraucht hatten [66]. auch zu Veränderungen von Ernährungs- und Kon- Die Studienergebnisse sind, auch wegen der sumgewohnheiten führen, z. B. zu unregelmäßi- Komplexität, uneinheitlich. Insgesamt gesehen gem Essen oder »Frustessen«, mehr Süßigkeiten- kann von einem ungünstigen Einfluss von Tabak- verzehr oder stärkerem Rauchen, was zusätzliche konsum auf Gastritis und Ulkus ausgegangen Risiken für den Magen birgt. werden. Aus Ergebnissen von epidemiologischen Studien wird geschlussfolgert, dass psychische Belastungen bzw. Stress bei einem großen Anteil der Betrof- 3 3 Psychische, soziale und sonstige Risiken fenen zur Ulkusentstehung beitragen und dass Angst, Stress und Depression auch die Heilung 3 3 1 Psychosomatische Aspekte von bestehenden Geschwüren behindern können [70, 71]. Ein gutes Beispiel hierfür ist die Zunahme Beginnend um etwa 1950 setzte sich das Kon- von blutenden Magengeschwüren bei Älteren nach zept durch, dass Magen- bzw. Zwölffingerdarm- schweren Erdbeben in Japan [72]. geschwüre stressbedingt aufträten. Das peptische Die oft wichtige Rolle von psychosozialen Fakto- Ulkus galt als klassische stressbezogene Krankheit ren könnte zur verstärkten Aufmerksamkeit dafür (z. B. [67]) bzw. hatte den Charakter einer psycho- in der ärztlichen Betreuung und in manchen Fäl- somatischen Erkrankung, und es wurde sogar eine len auch zu veränderten Behandlungsoptionen »Ulkuspersönlichkeit« angenommen. Ab etwa den von dyspeptischen Beschwerden beitragen, z. B. 1990er-Jahren vollzog sich jedoch – unter anderem psycho­therapeutischen Interventionen. durch die Entdeckung von Helicobacter pylori und die zunehmende Technologisierung in der Gastro­ enterologie – ein Paradigmenwechsel, in dessen 3 3 2 Stressulkus Folge die psychosomatischen Aspekte dieses Lei- dens in den Hintergrund traten [68]. Durch eine sehr schwere Erkrankung/Verletzung Inzwischen entwickelten sich, im Rahmen bedingter großer physischer und psychischer eines bio-psycho-sozialen Krankheitskonzeptes, Stress stellt in der Kombination einen Sonderfall multifaktorielle Betrachtungsweisen, in denen dar und kann vermehrt zu Ulzera führen, z. B. psychosoziale Faktoren ebenfalls einen wichtigen nach schweren bzw. umfangreichen Verletzun- Platz haben [69]. gen (Polytrauma) oder Verbrennungen, großen Erkenntnisse über die Bedeutung von Emo­ chirurgischen Eingriffen, Schock oder Sepsis. Die tionen, belastenden Lebensereignissen, Angst und Betroffenen sind vorwiegend Intensivpatientin- Stress in Verbindung mit den Funktionen des Ver- nen bzw. ‑patienten. Bei solchermaßen kritisch dauungssystems sowie mit dem Immunsystem Erkrankten sind größere gastrointestinale Blutun- haben z. B. zu dem Begriff »Gehirn-Bauch-Achse« gen eine schwerwiegende Komplikation und mit (brain-gut axis) geführt. Das Zusammenspiel von hohem Sterberisiko verbunden. Als Ursachen bzw. zentralem, vegetativem und enterischem Nerven- Mechanismen für die Entstehung von Stressulzera system bei den Verdauungsvorgängen ist äußerst gelten vor allem eine Minderdurchblutung des Ver- komplex und erst zum Teil erforscht. So reagiert dauungstraktes sowie die Reduktion von schleim- der Magen z. B. auf Anspannung und Entspan- hautschützenden Faktoren. Mukosaveränderun- nung. Stress und Ärger können die Magensäure- gen beginnen oft schon kurz nach dem Eintreten Gesundheitsberichterstattung des Bundes – Heft 55 23

der schweren Erkrankung/Verletzung. Bei einigen figkeit. Beim (primären) Hyperparathyreoidismus Verletzungsarten kommt es auch zur verstärkten handelt es sich um eine vermehrte Ausschüttung Magensäuresekretion. Die Vorbeugung der Min- des Hormons der Nebenschilddrüse (parathyre- derdurchblutung durch eine optimierte intensiv- oideales Hormon), was über einen Anstieg des medizinische Behandlung und ein frühzeitiger Calciums im Blut und Stimulation der Gastrinpro- Beginn der enteralen Ernährung (d. h. über den duktion und Säuresekretion ebenfalls zu vermehr- Verdauungstrakt) gelten als wichtige Eckpunkte ter Ulkusbildung führen kann. Beide Erkrankun- der Vermeidung bzw. Behandlung von Stressulzera gen sind sehr selten. (siehe auch Kapitel 6). Auch bei chronisch entzündlichen Darmerkran- kungen, insbesondere bei Morbus Crohn, besteht eine erhöhte Geschwürsneigung der Schleimhäu- 3 3 3 Nacht- und Schichtarbeit te des Verdauungstraktes. Diese Krankheit betrifft zwar vorwiegend die unteren Darmabschnitte, Die Verschiebung der tageszeitlichen physiologi- kann aber auch zu Entzündungen und Ulzera­ schen Rhythmen durch Nacht- und Schichtarbeit tionen der gastroduodenalen Schleimhaut führen. und die damit verbundene Aufhebung des »biolo- In etlichen, vor allem älteren epidemiologischen gischen und sozialen Gleichklangs« (Desynchro- Studien wurde noch ein größerer Teil der Fälle von nisation) erhöhen die Risiken für gesundheitliche peptischen Ulzera als solche mit unklarer Ursa- Störungen. Dazu gehören auch Magenbeschwer- che ausgewiesen. Dies wird inzwischen kritisiert, den bzw. weitere gastrointestinale Störungen weil etwa die H. pylori-Nachweise ungenügend [73, 74]. Diese sind bei Schichtarbeitenden weit gewesen seien, keine verlässlichen NSAR/ASS- verbreitet und häufiger als bei ausschließlich Tag- Konsum­daten dokumentiert worden seien oder arbeitenden. Ein erhöhtes Risiko speziell auch für Differentialdiagnosen, wie die o. g. Krankheiten Gastritis und gastroduodenale Ulzera wurde in Zollinger-Ellinger-Syndrom, Hyperparathyreoi- einigen (zum Teil aber älteren) Studien gefunden dismus und Morbus Crohn, nicht ausgeschlossen (z. B. [75]). Bei der Interpretation der Ergebnisse wurden (z. B. [57]). sind jedoch einige methodische Einschränkungen Auch bei zunächst nicht gelingendem Nachweis zu berücksichtigen. Schichtarbeitende unterschei- von H. pylori können manchmal dennoch verbor- den sich unter anderem bezüglich ihres sozioöko- gene Infektionen eine Rolle spielen. So fand eine nomischen Status (SES) und damit z. B. auch in Studie bei einem Teil von zunächst als »unklar« der Häufigkeit einer Infektion mitH. pylori (siehe angesehenen Ursachen von Duodenalulzera dann Kapitel 4) oder auch bezüglich ihres Rauchver- doch eine H. pylori-Besiedlung, allerdings nicht im haltens. Welchen zusätzlichen Risikoanteil die Magen, sondern im Duodenum [76]. Schichtarbeit hat, ist deshalb schwer abzugren- Auch bezogen ältere Studien, die die Einflüs- zen. se von Nahrungs- und Genussmitteln auf die Ent- stehung von Gastritis und Ulkus untersuchten, H. pylori als potenziellen Faktor meist noch nicht 3 3 4 Sonstige Ursachen für Gastritis und Ulkus mit ein.

Von den weiteren, vergleichsweise selteneren Ursachen von Gastritis und Ulkus seien hier drei 4 Helicobacter pylori (H. pylori) genannt: Zwei davon basieren auf einer Störung der 4 1 H. pylori als Krankheitsfaktor Hormonregulation. Das Zollinger-Ellison-Syn- drom (ZES) hat als Ursache einen Gastrin produ- Lange Zeit galt die Meinung, dass im sauren Milieu zierenden Tumor, z. B. in der Bauchspeicheldrüse des Magens keine Bakterien leben können. Durch oder im Dünndarm. Der Blutspiegel des Gastrins, die Forschungen von Marshall und Warren in den eines Hormons, welches die Magensäuresekretion 1980er-Jahren (z. B. [77]), wofür die beiden später anregt, steigt dabei auf ein Vielfaches an, unter den Nobelpreis erhielten, änderte sich das Verständ- anderem mit der Folge einer erhöhten Ulkushäu- nis von Gastritis und Ulkus grundlegend, und es 2424 Gesundheitsberichterstattung des Bundes – Heft 55

setzte sich nach und nach die Erkenntnis durch, H. pylori gehört zu den Bakterienspezies mit dass bei einem wesentlichen Anteil dieser Krank- der höchsten genetischen Vielfalt. Praktisch jede heiten eine bakterielle Infektion mit Helicobacter mit H. pylori infizierte Person trägt ihren individu- pylori eine große Rolle spielt. Inzwischen gilt als ellen H. pylori-Stamm. Im Laufe der oft lebenslan- gesichert, dass H. pylori an der Entstehung von gen Besiedlung kann H. pylori einen großen Teil chronischer Gastritis, Magen- und Zwölffinger- seiner ursprünglichen Erbsubstanz austauschen, darmgeschwüren (ulcera ventriculi bzw. ulcera duo- was vermutlich zur optimalen Anpassung an die deni) sowie auch MALT-Lymphomen (mucosa asso- jeweilige Wirtsperson beiträgt. ciated lymphoid tissue) und Adenokarzinomen des Auch auf der Wirtsseite gibt es eine ganze Rei- Magens (eine Form von Magenkrebs) beteiligt ist. he möglicher Einflussfaktoren auf den Besied- Derzeit wird davon ausgegangen, dass bei lungs- und Krankheitsverlauf, wie etwa individuelle einem großen Teil der Magengeschwüre und dem Unterschiede im Immunsystem, Begleiterkran- überwiegenden Teil der Zwölffingerdarmgeschwü- kungen oder zusätzliche Risiken [78]. re die Besiedlung mit H. pylori eine entscheidende Wenn nun ein besonders aggressiver H. pylori- Rolle spielt. Stamm auf eine besonders ungünstige genetische Die Magenschleimhaut ist neben ihrem sau- Veranlagung oder anderweitige Risikokonstellation rem Milieu durch weitere Schutzmechanismen der Wirtsperson trifft, steigt die Wahrscheinlich- gut gegen das Eindringen von Bakterien geschützt. keit für eine Erkrankung. Angesichts der geneti- H. pylori hat hier jedoch durch hochgradige Anpas- schen Variabilität von H. pylori und der komplexen sung eine ökologische Nische gefunden, so dass Wirtsfaktoren ist es aber derzeit nicht möglich, eine dauerhafte Besiedlung durch diesen Erreger vorherzusagen, welche von H. pylori besiedelten möglich ist. Menschen ohne Beschwerden bleiben und welche Das Wechselspiel zwischen dem Erreger und ein Ulkus, ein Karzinom oder ein MALT-Lymphom dem menschlichen Wirtsorganismus ist sehr kom- entwickeln. plex. Ob der Kontakt eines Menschen mit H. pylori Viele Träger von H. pylori haben keine Beschwer- zu einer dauerhaften Besiedlung führt und danach den oder Krankheitszeichen. Es wird geschätzt, zu einer Gewebsschädigung bzw. Erkrankung dass es nur bei 10 – 20 % der H. pylori-Infizierten zu beiträgt, hängt von vielfältigen Faktoren ab. Eine einer klinisch manifesten Erkrankung kommt [79]. wichtige Rolle spielt dabei das von H. pylori pro- Die Intensität der H. pylori-assoziierten Gastri- duzierte Enzym Urease. Dieses ermöglicht den tis verläuft bei Kindern deutlich milder als bei Bakterien eine »Umhüllung« mit einer basischen Erwachsenen. Eine Ursache hierfür könnte eine »Ammoniak wolke«. Dadurch können die Bakte- allmähl iche Reifung des Immunsystems sein, was rien das saure Milieu der Magenschleimhautober- in höherem Alter eine stärkere bzw. letztendlich fläche über leben, bis sie in den pH-neutraleren für die Magenschleimhaut schädlichere Immun- Magenschleim vorgedrungen sind und sich dort antwort hervorruft [80]. festsetzen können. Nach seiner Ansiedlung beein- Neuere Forschungen ergaben, dass außer flusst H. pylori die Physiologie des Magens, unter H. pylori weitere mikrobielle Spezies im Magen anderem die Säureausschüttung, und nimmt somit vorkommen können [81, 82]. In den letzten Jahren Einfluss auf seine Umweltbedingungen. Ferner ist der mikrobiellen Besiedlung des Verdauungs- bewirkt H. pylori eine Immunantwort des Körpers. traktes des Menschen und deren Zusammenhang Verschiedene Gene bzw. Genprodukte von mit gastrointestinalen Regulationsmechanismen, H. pylori lassen den Erreger mehr oder weniger mit dem Immunsystem sowie mit Gesundheit und pathogen (krankmachend) auftreten, z. B. scheint Krankheiten insgesamt zunehmende Aufmerk- ein als cag-Pathogenitätsinsel bezeichneter Gen- samkeit gewidmet worden [83]. Es ist dies ein For- komplex, welcher das cagA-Gen enthält, besonders schungsgebiet, wo auch dank der modernen gen- mit Gewebsschädigung und auch Tumorentste- analytischen Möglichkeiten viele neue Erkenntnis- hung assoziiert zu sein. Das vacA-Gen beeinflusst, se entstehen. Erwähnt sei dazu z. B. das Human wie aggressiv das Protein VacA ist, welches auf die Microbiome Project [84]. Magenzellen wie ein Zellgift wirkt und auch die Unter anderem gibt es Hinweise darauf, dass es Immunantwort beeinflusst. einen Zusammenhang zwischen der Veränderung Gesundheitsberichterstattung des Bundes – Heft 55 25

der mikrobiellen Besiedlung des menschlichen einzelner H. pylori-Stämme zwischen Müttern und Verdauungstraktes und bestimmten chronischen ihren Kindern gezeigt werden [89, 90, 91]. Krankheiten gibt. So wird auch die Frage gestellt, Diskutiert wird, ob H. pylori durch kontaminier- ob H. pylori außerhalb des Magens protektiv wir- tes Trink- bzw. Brauchwasser übertragen werden ken kann und seine allmähliche Abnahme in den kann. Dazu gibt es widersprüchliche Studienergeb- Industrieländern mit einer Zunahme anderer Pro- nisse. Der Nachweis von H. pylori in entsprechen- bleme, z. B. Asthma und Allergien, gekoppelt sein den Proben ist dadurch erschwert, dass H. pylori könnte [85]. Es gibt Studien, deren Ergebnisse für nach wenigen Tagen eine Ruheform (»viable but solche Zusammenhänge sprechen [86, 87], wobei nonculturable state«) annimmt. Mit Hilfe moder- H. pylori aber nur eine Komponente im Kontext ner Methoden konnte nachgewiesen werden, dass vielfältiger Veränderungen sein kann. ein Überleben des Bakteriums in sogenannten Bio- filmen innerhalb von Trinkwasserverteilungsanla- gen möglich ist [90, 92]. 4 2 Übertragung von H. pylori Es gibt keine eindeutigen Hinweise auf eine zoonotische Übertragung von H. pylori, obwohl der Zu den Übertragungswegen von H. pylori, des- Keim auch in Primaten und anderen Tieren ange- sen Haupt- bzw. exklusives Erregerreservoir der züchtet werden konnte [10]. Es wird daher davon Mensch ist, gibt es noch viele Unklarheiten bzw. ausgegangen, dass das Halten von Haustieren oder offene Fragen [80, 88]. Prinzipiell kommen fol- der Kontakt zu Nutztieren wohl keine Infektions- gende Übertragungswege in Betracht: quellen für H. pylori darstellen [88, 93]. Es ist davon auszugehen, dass der direkte ärzt- ▶▶ von Mensch zu Mensch, oral-oral, d. h. von liche oder pflegerische Patientenkontakt einen Mund zu Mund bzw. über den Speichel oder Risikofaktor für eine H. pylori-Infektion bei den Erbrochenes, Betreuenden darstellt [10]. So gibt es Hinweise auf ▶▶ von Mensch zu Mensch, fäkal-oral, d. h. über ein erhöhtes Infektionsrisiko speziell bei Gastro- den Stuhlgang, enterologinnen und Gastroenterologen sowie bei ▶▶ über die Umwelt (z. B. verunreinigtes/konta- Endoskopie-Personal [94]. miniertes Wasser oder evtl. über kontaminierte Nahrungsmittel), ▶▶ von Tier zu Mensch (im Sinne einer Zoonose). 4 3 Verbreitung von H. pylori

Der Erreger kann im Speichel, im Erbrochenen 4 3 1 Verbreitung weltweit und auch im Stuhl von Infizierten nachgewiesen werden [10]. Es wird deshalb davon ausgegangen, Die Infektion mit H. pylori ist weltweit sehr stark dass die Übertragung von H. pylori bei engem zwi- verbreitet und betrifft schätzungsweise etwa die schenmenschlichen Kontakt vor allem auf oral-ora- Hälfte der Weltbevölkerung. Dabei weist die Ver- lem Wege, in Abhängigkeit von den hygienischen breitung große geografische Unterschiede auf, ins- Umständen gegebenenfalls auch fäkal-oral erfolgt, besondere zwischen Industriestaaten bzw. entwi- wobei der genaue Übertragungsmodus noch unklar ckelten Ländern und Entwicklungsländern. In den ist. entwickelten Ländern liegt die Prävalenz (Anteil Es gibt deutliche Hinweise darauf, dass die Über- der betroffenen Bevölkerung) in einem Bereich tragung bevorzugt im Säuglings- und Kleinkindes­ von 10 % bis 50 %, in Entwicklungsländern wird alter bzw. bis zum Alter von drei Jahren stattfindet, sie auf bis zu 80 – 90 % geschätzt. und zwar hauptsächlich innerhalb von Familien, Die Prävalenz variiert auch innerhalb von Län- wobei auch eine Infektion bei älteren Geschwistern dern und Regionen, z. B. in Abhängigkeit von eth- eine Rolle spielt. Vermutlich spielen aber insbeson- nischer Zugehörigkeit und sozioökonomischem dere infizierte Mütter eine Rolle: Zum einen ist statis- Status [10, 95, 96]. tisch das Risiko für die Kinder vor allem bei infizier- Während die Prävalenzen in den Entwicklungs- ten Müttern erheblich erhöht, zum anderen konnte ländern bereits im jungen Alter ein hohes Niveau eine hohe molekularbiologische Übereinstimmung erreichen, gibt es in den entwickelten Ländern 2626 Gesundheitsberichterstattung des Bundes – Heft 55

einen Prävalenzanstieg mit dem Alter. Das heißt, 4.3.2 Verbreitung in Deutschland die Verbreitung von H. pylori wird von Generation zu Generation immer geringer. Da die Infektion a) Erwachsene meist in der Kindheit erfolgt, gehen die höheren Prävalenzen in den höheren Altersgruppen auf Die internationale EUROGAST-Studie untersuchte deren größere Infektionswahrscheinlichkeit in in den 1990er-Jahren die Verbreitung von H. pylori- ihrer jeweiligen Kindheit zurück, einerseits wegen Antikörpern (als Hinweis auf eine bestehende oder damals größerer Verbreitung in der Umgebung, stattgehabte Infektion) in den beiden Altersgrup- andererseits durch früher schlechtere hygienische pen 25 – 34 Jahre und 55 – 64 Jahre [101]. Drei der Bedingungen. Solch eine Entwicklung über Gene- 17 teilnehmenden Orte lagen in Deutschland (Augs- rationen wird (Geburts-)Kohorteneffekt genannt. burg, Deggendorf, Mosbach), wo insgesamt 543 Per- Infolge dieses Kohorteneffektes nimmt die Häu- sonen einbezogen wurden. Bei den 55- bis 64-Jähri- figkeit der Infektion mit H. pylori in vielen Ländern gen hatten dort ungefähr doppelt so viele H. pylori- ab. Auch die zunehmende Antibiotikaanwendung Antikörper wie bei den 25- bis 34-Jährigen, was auf in den entwickelten Ländern kann dazu beigetra- einen Kohorteneffekt (siehe 4.3.1) hinweist. gen haben und weiter beitragen [97]. Diskutiert wird auch die Möglichkeit einer Überwindung der Abbildung 6 Infektion bzw. das Fehlen eines Nachweises der Verbreitung von H. pylori bei Erwachsenen in Deutschland, Anteil der Untersuchten mit H. pylori-Antikörpern auf sie hinweisenden Antikörper (Serokonversion). nach Region und Altersgruppen Mögliche Geschlechtsunterschiede bezüglich Quelle: RKI, BGS98, n = 6.748 [102]

Prävalenz und Inzidenz (Neuinfektionsrate) der Prozent H. pylori-Infektion sind noch in der Diskussion, 70 bzw. die Studienergebnisse hierzu sind uneinheit- 60 lich. Eine Meta-Analyse (Übersichtsstudie) schloss anhand der einbezogenen Studien (18 für Erwach- 50 sene, 10 für Kinder), dass bei Erwachsenen die Infektion bei Männern etwas häufiger vorkommt, 40 aber für Kinder sich dieser Geschlechtsunterschied nicht zeige [98]. 30 DNA-Analysen der weltweit beim Menschen 20 gefundenen Varianten von H. pylori lassen darauf schließen, dass der moderne Mensch seit wenigs- 10 tens rund 60.000 Jahren, also mindestens seit seiner Verbreitung von Afrika aus mit Helicobacter 18 – 29 30 – 39 40 – 49 50 – 59 60 – 69 70 – 79 pylori besiedelt ist. Die genetischen Unterschiede Altersgruppe des Bakteriums spiegeln die Verbreitungsgeschich- West Ost te und die Wanderungsbewegungen der Mensch- heit seit der Steinzeit wider [99]. Auch die o. g. Im Rahmen des Bundes-Gesundheitssurveys Virulenzfaktoren des Bakteriums sind geografisch 1998 (BGS98) wurde bei 6.748 (von insgesamt unterschiedlich verteilt, was bestehende regionale 7.124) Teilnehmenden im Alter von 18 – 79 Jahren Verbreitungsunterschiede der mit H. pylori assozi- eine Antikörper-Bestimmung gegen H. pylori mittels ierten Krankheiten zumindest teilweise erklären ELISA-Test (siehe Abschnitt 4.4) durch­geführt [102]. könnte [100]. Der Anteil derer mit Antikörpernachweis stieg mit Die Helicobacter-Foundation, 1994 vom Helico- wachsendem Alter an (siehe Abbildung 6). In fast bacter-Mitentdecker Barry J. Marshall gegründet, allen Altersgruppen gab es dabei kaum Geschlechts- bietet unter anderem Informationen zur weltwei- unterschiede bezüglich der Prävalenz. Unterschiede ten Verbreitung der H. pylori-Infektion an (http:// zeigten sich jedoch beim Ost/West-Vergleich. In den www.helico.com/). neuen Bundesländern (»Ost«) waren in allen Alters- gruppen die Anteile höher als in den alten Bundes- ländern (»West«) (siehe Abbildung 6). Gesundheitsberichterstattung des Bundes – Heft 55 27

Bundesweit wurden bei 40 % aller Untersuch- Abbildung 7 ten H. pylori-Antikörper nachgewiesen, in den Verbreitung von H. pylori bei Kindern und Jugendlichen, alten Bundesländern waren es 37,9 %, in den neu- Anteil der Untersuchten mit H. pylori-Antikörpern nach Geschlecht und Alter en Bundesländern 48,5 %. Der Anstieg von 21,7 % Quelle: RKI, KiGGS 2003 – 2006, n = 14.102 [104] bei den 18- bis 29-Jährigen auf 60,5 % bei den Prozent 70- bis 79-Jährigen passt auch hier zu der Annah- 12 me, dass es bei der Verbreitung von H. pylori in Deutschland einen Kohorteneffekt gibt, was auch 10 durch die Ergebnisse der KiGGS-Studie für unter 8 18-Jährige untermauert wurde (siehe Abbildung 7). Mit den Ergebnissen des BGS98 wurden auch 6 die Unterschiede der H. pylori-Verbreitung nach Sozialstatus (SES) untersucht. Sowohl in den alten 4 als auch in den neuen Bundesländern zeigten sich 2 dabei für die Untersuchten mit niedrigem SES erheblich höhere Prävalenzen (50,9 %) als bei denen mit mittlerem (39,3 %) und mit höherem 1 – 2 3 – 6 7 – 10 11 – 13 14 – 17 SES (28,9 %) [102]. Altersgruppe Von den 529 Untersuchten im BGS98, die anga- Mädchen Jungen ben, schon einmal ein peptisches Ulkus gehabt zu haben, hatten 61 % einen Nachweis von H. pylori- ligte mit Migrationshintergrund hatten in allen Antikörpern. Das Risiko, an einem Ulkus erkrankt Altersgruppen eine ungefähr sechsfache H. pylori- zu sein, steigt allerdings ebenso wie die H. pylori- Antikörperprävalenz im Vergleich zu Nicht- Prävalenz mit dem Alter an. Von den 1.567 Betei- Migranten, insgesamt 23,5 % versus 3,8 %. Signifi- ligten, die angaben, »jemals eine Gastritis gehabt kante Ost-West-Unterschiede fanden sich nur bei zu haben«, hatten 46 % einen H. pylori-Antikör- Nicht-Migranten, von denen in den neuen Bun- pernachweis [102]. desländern (einschließlich Berlin) 5,6 % und in Die ESTHER-Studie (2000 – 2002, 9.444 den alten Bundesländern 3,4 % H. pylori-Antikörper 50- bis 74-Jährige aus dem Saarland) untersuch- aufwiesen. te unter anderem die Verbreitung von H. pylori- Deutliche Prävalenz-Unterschiede zeigten sich Antikörpern und zusätzlich das Vorliegen des bei Migranten wie bei Nicht-Migranten bezüglich spezifischen cagA (siehe Abschnitt 4.1). 52,6 % des Sozialstatus: Mit steigendem Sozialstatus sank der Untersuchten waren H. pylori-positiv, wobei die Prävalenz und war bei den Untersuchten mit jeweils rund die Hälfte davon cagA-positiv bzw. dem niedrigsten Sozialstatus bis zu fünfmal höher cagA-negativ waren [62]. als bei denjenigen mit dem höchsten Sozialstatus. Ein deutlicher Zusammenhang war auch bezüg- lich der Geschwisterzahl nachweisbar. Bei Mig- b) Kinder und Jugendliche ranten stieg die H. pylori-Prävalenz von 16 % (0 – 1 Geschwister) auf 35 % (3 und mehr Geschwister), Im Rahmen des Kinder- und Jugendgesund- für Nicht-Migranten entsprechend von 3,4 % auf heitssurveys (KiGGS) des Robert Koch-Instituts 4,5 % [104]. (2003 – 2006), der insgesamt 17.641 Kinder und Bereits früher waren im Raum Ulm mehrere Jugendliche einbezog, wurde bei einem Teil der epidemiologische Studien zur Verbreitung von Untersuchten das Vorhandensein von IgG-Anti- H. pylori bei Kindern und teilweise auch bei deren körpern gegen H. pylori im Blutserum untersucht Eltern durchgeführt worden. Im Rahmen der [103]. Die gewichtete Seroprävalenz für H. pylori- Einschulungsuntersuchungen 1996 wurden 945 Antikörper bei den 1- bis 17-Jährigen lag bei 7,1 % 5- bis 7-Jährige mittels C13-Harnstoff-Atemtest (sie- [104]. Mit steigendem Alter nahm die Prävalenz he Abschnitt 4.4) untersucht. 1997 wurden ent- zu (siehe Abbildung 7). Die Jungen hatten gering- sprechend 1.221 Kinder und auch 1.074 Elternteile fügig höhere Prävalenzen als die Mädchen. Betei- einbezogen. 2828 Gesundheitsberichterstattung des Bundes – Heft 55

Insgesamt ergab sich eine H. pylori-Prävalenz wurde (unter Berücksichtigung weiterer Einfluss- bei den Kindern von 13,4 % (1996) bzw. 11,3 % faktoren) gefunden, dass bei H. pylori-Infektionen (1997). Große Unterschiede gab es nach Nationa- atopische Ekzeme seltener auftraten [108], was die lität: Bei nur 6,1 % (1996) bzw. 4,9 % (1997) der Hypothese einer Wechselbeziehung zwischen bak- deutschen Kinder wurde eine H. pylori-Infektion teriellen Infektionen und allergischen Krankheiten festgestellt, hingegen bei 44,8 % bzw. 44,1 % der stützen würde (siehe Abschnitt 4.1). türkischen Kinder und bei 24,8 % bzw. 22,7 % der Kinder anderer Nationalitäten [93]. Bei den 1997 mit einbezogenen Elternteilen 4 4 Diagnostik von H. pylori wurde durchschnittlich bei 36,4 % eine H. pylori- Infektion festgestellt, von den deutschen Eltern Um eine bestehende H. pylori-Infektion nachzu- waren rund ein Viertel infiziert, von den türkischen weisen, stehen verschiedene diagnostische Ver- rund 85 %. Aus den Ergebnissen wurde unter ande- fahren zur Verfügung, welche sich bezüglich rem geschlossen, dass H. pylori-infizierte Eltern, Indikation, Einsatzmöglichkeiten, Praktikabilität, insbesondere infizierte Mütter, eine Schlüsselrolle Akzeptanz, Testgütekriterien (wie Sensitivität und bei der H. pylori-Übertragung haben [105]. Spezifität) und Kosten unterscheiden [10, 88, 109]. In den Ulmer Studien fanden sich übrigens kei- Eine wesentliche Unterteilung der Verfahren ne Hinweise darauf, dass eine H. pylori-Infektion ist diejenige in »invasive« und »nicht-invasive«. typische Magen-Darm-Beschwerden bei den Kin- Die invasiven Verfahren basieren auf der Unter- dern verursacht. suchung von Gewebeproben (Biopsien) aus der In einer weiterführenden Kohortenstudie Magenschleimhaut, die bei einer Magenspiege- wurden 1997/98 137 1- bis 4-jährige Kinder tür- lung (Gastro-Duodenoskopie) gewonnen werden. kischer Nationalität kinderärztlich begleitet, um Die Gewebeproben sollten an mehreren Stellen die H. pylori-Übertragung und auch ein eventuel- entnommen werden, weil sowohl die Intensität les Verschwinden des H. pylori-Nachweises (sog. einer Schleimhautentzündung als auch der ggf. Rekonversion) zu untersuchen. Es ergab sich, dass Nachweis von H. pylori stellenweise mehr oder eine solche Rekonversion des Nachweises häufiger weniger ausgeprägt sein kann, weswegen eine eintrat als das Auftreten neuer Infektionen. Daraus Mehrfachentnahme­ die »Trefferwahrscheinlich- wurde geschlossen, dass eine H. pylori-Infektion im keit« bzw. Aussagekraft der Untersuchung erhöht. Kindesalter oft nicht dauerhaft fortbesteht, wobei Daneben sind aber auch H. pylori-Schnelltests ein Zusammenhang mit der (ebenfalls erhobenen) gebräuchlich, mittels derer die Gewebeproben Einnahme von Antibiotika gesehen wurde [106]. gleich vor Ort auf H. pylori untersucht werden kön- Auch bei Leipziger Schülerinnen und Schülern nen (sog. »Bedside-Tests«). Hierbei ist der Heli- wurde mittels C13-Harnstoff-Atemtest die Verbrei- cobacter-Urease-Test (HUT), bei dem spezifische tung von H. pylori untersucht. Zunächst wurden Stoffwechselaktivitäten von H. pylori enzymatisch im Jahr 1998 Einzuschulende untersucht, im Jahr nachgewiesen werden, die schnellste, unkompli- 2000 dann Zweitklässler und schließlich im Jahr zierteste und kostengünstigste Methode. 2006 Achtklässler, um möglichst immer dieselben Ein bakteriologischer Nachweis kann durch das Geburtsjahrgänge zu erfassen [107]. Ein Ergebnis Anlegen eine Kultur aus der Biopsieprobe erfolgen. der Studie war, dass sich die H. pylori-Prävalenz in Diese langwierige, aufwändige und teure Methode dieser Kohorte mit den Jahren kaum änderte, sie lag wird üblicherweise nur zur Resistenzbestimmung bei 6 – 7 %. (Im Vergleich zu den Ulmer Ergebnis- eingesetzt. Dies erlaubt, dass bei zunächst erfolg- sen ist anzumerken, dass der Anteil der Kinder mit los behandelten Betroffenen die Antibiotikaemp- Migrationshintergrund in Leipzig geringer war.) findlichkeit des individuellen H. pylori-Stammes Anhand der Leipziger Ergebnisse für die Ein- im Hinblick auf weitere Therapieversuche unter- zuschulenden sowie von Fragebogenangaben ihrer sucht wird. Eltern wurde auch der mögliche Zusammenhang Eine molekulargenetische Diagnostik der von H. pylori-Infektion, durchgemachten Atem- Gewebeproben mittels PCR (polymerase chain wegsinfektionen und dem Auftreten eines atopi- reaction, Polymerase-Kettenreaktion) kann zum schen Ekzems (Neurodermitis) analysiert. Dabei H. pylori-Erregernachweis sowie gegebenenfalls Gesundheitsberichterstattung des Bundes – Heft 55 29

auch zur Antibiotika-Resistenzbestimmung ein- dere der Harnstoff-Atemtest, der bisher favorisier- gesetzt werden. ten (Primär-)Diagnostik einer H. pylori-Infektion Mittels nicht-invasiver Methoden kann eine gleichwertig sind, jedoch noch nicht abschließend H. pylori-Infektion direkt oder indirekt nachge- geklärt [110], jedoch könnte es, speziell aus Patien- wiesen werden. Beim »direkten« Harnstoff-Atem- tensicht, wünschenswert sein, soweit wie möglich test wird in Flüssigkeit gelöster 13C-markierter nicht-invasive Verfahren einzusetzen. (nicht-radioaktives Kohlenstoffisotop) Harnstoff In klinischen Studien mit Beteiligten ohne getrunken. Der Harnstoff wird von H. pylori auf- Beschwerden und epidemiologischen Studien wer- genommen und es können dann in der Atemluft den vor allem nicht-invasive Verfahren angewendet. spezifische Stoffwechselprodukte vonH. pylori nachgewiesen werden. Für die Ergebnisse der Testverfahren können 4 5 Eradikations-Behandlung Vorbehandlungen und begleitende Medikamen- teneinnahmen eine Rolle spielen. So können Die sogenannte Helicobacter-Eradikation ist eine falsch-negative Ergebnisse unter anderem bis zu medikamentöse Behandlung mit dem Ziel der vier Wochen nach erfolgloser Eradikationstherapie völligen Entfernung dieser Bakterien aus dem bzw. unter der Einnahme von Protonenpumpen- Magen. Dieses ist jedoch nicht bei jeder Infektion hemmern entstehen. mit H. pylori angemessen und sinnvoll. Eine »indirekte« nicht-invasive Nachweismetho- Welche Beschwerden, Befunde, Diagnosen de bietet der serologische Nachweis von H. pylori- und weiteren Umstände eine sinnvolle Indika­ spezifischen Antikörpern im Blut mittels soge- tion für eine Eradikationsbehandlung darstellen, nanntem ELISA (enzyme-linked immuno sorbent wird anhaltend diskutiert und in entsprechende assay, Enzym-Immunoassay). Hierbei ist zusätzlich Empfehlungen bzw. Leitlinien gekleidet. Die aktu­ auch eine Unterscheidung von Infektionen durch elle deutsche AWMF-S3-Leitlinie »Helicobacter cagA-positive und cagA-negative H. pylori-Stämme pylori und gastroduodenale Ulkuskrankheit« der möglich, die sich hinsichtlich ihrer Pathogenität Deutschen Gesellschaft für Verdauungs- und Stoff- unterscheiden (s. o.). Einschränkend muss gesagt wechselkrankheiten (DGVS) [10] (vgl. Abschnitt werden, dass der serologische Nachweis auch eine 2.5.6) formuliert solche Empfehlungen unter Ein- zurückliegende, inzwischen nicht mehr bestehen- beziehung des Maastricht-Konsenses, einer interna- de H. pylori-Infektion anzeigen kann (Antikörper- tionalen Übereinkunft zum Umgang mit H. pylori- persistenz bzw. »Serumnarbe«). Serologische Tests Infektionen. Die o. g. Leitlinie basiert noch auf dem eignen sich z. B. da, wo der direkte Nachweis oft »Maastricht III Consensus Report« [111]. Inwieweit »falsch-negativ« ausfällt (z. B. bei blutenden Ulzera, der im Mai 2012 erschienene »Maastricht IV/ atrophischer Gastritis oder MALT-Lymphom). Florence-Consensus Report« [11] zu Änderungen Ein Antigennachweis im Stuhl ist ebenfalls in den deutschen Leitlinienempfehlungen führen möglich und wird oft bei Kindern eingesetzt. wird, bleibt abzuwarten. Weitere nicht-invasive Nachweismethoden Ein Abwägen der gewünschten Effekte bzw. haben (noch) zum Teil erhebliche Mängel und unerwünschten Nebenwirkungen ist auch wegen Einschränkungen. der nicht unerheblichen Nebenwirkungen einer Welche Nachweismethoden, mit ihren jewei- antibiotischen Eradikationsbehandlung­ sowie ligen Vorteilen, aber auch Einschränkungen, bei möglicher Resistenzentwicklungen von H. pylori den vielfältigen Beschwerdebildern, Befunden und und anderen Bakterien gegen Antibiotika wichtig. Therapievarianten zur Erstdiagnostik und zur Ver- Konsens ist z. B., dass vor einer Eradikations­ laufskontrolle jeweils angewendet werden, hängt behandlung erst der Nachweis einer aktuell beste- von vielen Kriterien ab. Zum angemessenen und henden H. pylori-Infektion geführt werden muss. zuverlässigen klinischen Einsatz der unterschied­ Empfohlen wird dann, dass eine Eradikation lichen Methoden geben die S3-Leitlinie [10] und der durchgeführt werden sollte, wenn aktuell oder in neue Maastricht IV/Florence Consensus-Report [11] der Vergangenheit ein peptisches Ulkus diagnos- umfangreich Auskunft. Dabei erscheint die Fra- tiziert wurde. Empfohlen wird eine Eradikation ge, inwieweit die nichtinvasiven Tests, insbeson­ auch bei einer atrophischen Gastritis. Im Zusam- 3030 Gesundheitsberichterstattung des Bundes – Heft 55

menhang mit der Verordnung von »traditionellen« tens nach dem Versagen einer Zweitlinientherapie nichtsteroidalen Antirheumatika (tNSAR) und ASS vorgenommen werden sollten [11]. (Acetylsalicylsäure) – anerkannt ulzerogenen Fak- Nach einer Eradikationsbehandlung sollte toren – ist bei zusätzlich diagnostizierter H. pylori- grundsätzlich eine Erfolgskontrolle durchgeführt Infektion für die Entscheidung, ob eine Eradikation werden, wegen der Aussagefähigkeit des Tests bzw. durchgeführt werden sollte, zu berücksichtigen, ob der Gefahr von falsch-negativen Befunden aber frühestens nach 4 Wochen. ▶▶ eine Dauermedikation (> 4 Wochen) von tNSAR/ Für das fehlende Anschlagen einer Eradika- ASS vorgesehen ist oder schon eine längerfris- tionstherapie spielen insbesondere Antibiotika- tige Einnahme vorausging, Resistenzen des individuellen H. pylori-Stammes ▶▶ zusätzliche Risiken für gastrointestinale Neben- und/oder mangelnde Therapietreue (Compliance wirkungen bestehen (z. B. Alter über 65 Jahre, bzw. Adherence) der Behandelten eine wichtige Ulkusanamnese, bestimmte Begleitmedika­ Rolle, daneben z. B. unzureichende Säuresuppres- tionen), sion oder fortgesetztes Rauchen. Mangelnde The- ▶▶ tNSAR oder ASS oder eine Kombination von rapietreue kann bedeuten, dass eine nicht nach beiden eingenommen werden, Anwendungsschema durchgeführte oder vorzei- ▶▶ Komplikationen (z. B. obere gastrointestinale tig abgebrochene Eradikation das Überleben eines Blutung) unter der laufenden Medikation auf- Teils der Bakterien erleichtert und dadurch auch getreten sind deren Resistenzentwicklung fördert. Die Compli- ance wird jedoch durch die zum Teil komplexen (Übersicht in [112]). Eine H. pylori-Eradikation kann Therapieschemata und die potenziellen Nebenwir- jedoch NSAR-Ulzera bzw. Ulkusblutungen nicht kungen der Antibiotika (z. B. Bauchbeschwerden, komplett vorbeugen. Durchfall, Pilzinfektionen auf Haut und Schleim- Zur Eradikationsbehandlung bei peptischem häuten, allergische Hautausschläge oder auch sys- Ulkus liegen einige Cochrane-Reviews (metho- temische allergische Reaktionen) erschwert. disch besonders hochwertige Ausarbeitungen) Die starke antibiotische Eradikationsherapie hat vor [113, 114]. Bei der Indikationsstellung für eine nämlich einen Einfluss auf das Ökosystem der bak- Eradikation spielen auch weitere Diagnosen bzw. teriellen Besiedlung (»natürliche Flora«) z. B. der Risiken dafür eine Rolle (z. B. Dyspepsie/Reizma- Haut sowie der Schleimhäute von Mund, Darm gen, MALT-Lymphom, Magenkarzinom). und Vagina. Durch den Einsatz von gleich zwei Grundsätzlich kommen für die Eradikations- oder mehr Antibiotika wird die Flora insbeson- behandlung eine Vielzahl von Antibiotika gegen dere in Rachen und Darm gravierend beeinflusst, H. pylori in Betracht, jedoch haben sich nur weni- und es wird ein Überwuchern mit Enterobakterien ge in der klinischen Anwendung als brauchbar sowie mit Pilzen begünstigt. Gleichzeitig kommt erwiesen. es zu einer Selektion resistenter Erreger, die zwi- In der aktuellen Leitlinie [10] werden als soge- schenzeitlich auch ausgeschieden werden können. nannte Erstlinientherapie vier Varianten empfoh- Es wird zwar davon ausgegangen, dass sich die len: Die »italienische« und die »französische« Flora innerhalb von einigen Wochen nach der Anti- Tripeltherapie (Dreifachkombination bestehend biotika-Behandlung wieder normalisiert, diskutiert aus jeweils einem PPI, dazu als Antibiotika Cla- wird aber auch, ob es nicht doch zu langfristigen rithromycin und entweder Metronidazol (»ital.«) Veränderungen der Flora kommen kann. oder (»frz.«)), sowie die sogenannte Jedenfalls ist eine gründliche Information und Sequenztherapie und die Vierfachtherapie. Bei Beratung der Betroffenen wichtig sowie evtl. auch den beiden letzteren kommen nacheinander oder der Einsatz von die Nebenwirkungen mindernden gleichzeitig alle drei o. g. Antibiotika zum Einsatz. Medikamenten (z. B. Probiotika). Die Behandlungsdauer beträgt i.d.R. 7 Tage bzw. Die Resistenzraten von H. pylori gegen Antibio- bei der Sequenztherapie 10 Tage. Beim Versagen tika in Deutschland werden in der ResiNet-Stu- der Erstlinientherapie stehen weitere Antibiotika die beobachtet, die vom an der Universität Frei- bzw. Therapieoptionen zur Verfügung, zudem sind burg angesiedelten Nationalen Referenzzentrum Antibiotika-Resistenztests möglich, welche spätes- (NRZ) Helicobacter in Kooperation mit dem Robert Gesundheitsberichterstattung des Bundes – Heft 55 3131

Koch-Institut durchgeführt wird. Einbezogen in 5 Verbreitung von Gastritis und Ulkus die Erhebung werden Patientinnen und Patienten aus gastroenterologischen Sentinelpraxen (»Stich- 5 1 Methodische Vorbemerkungen probenpraxen«), bei deren Magenbiopsie H.pylori nachgewiesen wurde. Betrachtet man die drei Anti- Bei der Erfassung der Verbreitung von Gastritis biotika aus den o. g. Tripeltherapien (Amoxicillin, und Ulkus sowie deren Risikofaktoren und Krank- und Metronidazol), so ist bei den heitsfolgen in der Bevölkerung gibt es eine Reihe Studienteilnehmenden die H. pylori-Resistenz von methodischen Problemen und Besonderheiten. gegen Metronidazol am verbreitetsten: Bei 31 % Bei Gastritis und speziell bei deren chronischen der nicht Vorbehandelten und bei 49 % der nur Formen gibt es viele symptomlose oder symptom­ einmal Vorbehandelten (Stand Dezember 2012) arme Verläufe. Während die meisten von kompli- [115]. Resistenzen gegen Clarithromycin bestanden zierten peptischen Geschwüren Betroffenen deut- bei 7 % bzw. 60 %. Gegen beide Antibiotika gleich- liche Symptome haben, sind viele Betroffene mit zeitig hatten 4 % bzw. 31 % der Unbehandelten bzw. unkomplizierten Geschwüren asymptomatisch einmal Vorbehandelten Resistenzen. Bei mehr- oder symptomarm bzw. werden ohne gesicherte mals Vorbehandelten erreichen die Resistenzraten Diagnose behandelt. bis zu 81 %. Resistenzen gegen Amoxicillin gibt es Für eine gesicherte Diagnose von Gastritis bzw. bisher hingegen kaum. Ulkus sind endoskopische Untersuchungen, in der Die Resistenzraten sind regional bzw. interna­ Regel gekoppelt mit einer Biopsie bzw. Histologie, tional unterschiedlich [116, 117]. Bei nicht Vorbehan- notwendig. Diese werden wegen des Aufwands, delten in Deutschland gelten sie im europäischen und weil invasive Untersuchungen bei Gesunden Vergleich derzeit noch als günstig. In Südeuropa problematisch sind, im Allgemeinen nicht in bevöl- hingegen ist die Resistenzsituation deutlich kerungsbezogenen Studien angewendet. schlechter. Internationale Studienergebnisse deu- Bevölkerungsbezogene Studien mit dem Ziel, ten ferner darauf hin, dass speziell bei Kindern die Verbreitung einschließlich der leichteren höhere Resistenzraten gegen Clarithromycin beste- Krankheitsformen zu erfassen, beruhten deshalb hen, vermutlich wegen dessen Anwendung bei bisher größtenteils auf Befragungsergebnissen. Atemwegsinfekten [118]. Klinische Studien hingegen haben meist andere Das Wiederauftreten von H. pylori bei Erwach- Fragestellungen, unterschiedliche Kriterien der senen nach einer Eradikation ist in entwickelten Probandenauswahl bzw. Unterschiede in der Ländern selten und wird als ein Wiederaufflam- Probandenzusammensetzung, unterschiedliche men der Infektion (durch H. pylori-Bakterien, die diag­nostische Kriterien, meist eine beschränkte in »Nischen« überlebt haben) angesehen. In Ent- Anzahl von Teilnehmenden und oft einen unkla- wicklungsländern kommt es jedoch häufiger zu ren Bezug zur Gesamtbevölkerung. einem Wiederauftreten, wofür vor allem Reinfek- Bei Studien sind sehr oft auch die Einflussfak- tionen aus der Umgebung verantwortlich gemacht toren, insbesondere H. pylori-Infektion und Medi- werden [119]. kamentenanamnese, von Interesse. Die H. pylori- Testung erfolgt jedoch nicht einheitlich, ebenso variiert auch, welche Medikationen in welchen Dosierungen, Kombinationen, Einnahmedauern usw. erfasst werden. Das heißt, dass die Risiko- faktoren in ihrer Komplexität schwer zu erfassen sind, insbesondere wenn die Probandenzahlen klein sind. Dementsprechend variieren auch die Studien- ergebnisse. Erschwerend kommt hinzu, dass auch die Einflussfaktoren auf Gastritis und Ulkus zeit­ liche Trends und regionale Unterschiede aufweisen. Große Aufmerksamkeit gilt den komplizierten Fällen, die nicht selten medizinische Notfälle sind 3232 Gesundheitsberichterstattung des Bundes – Heft 55

und immer noch häufig mit schweren Folgen für Aus der Erhebung GEDA 2009 ergibt sich eine die Betroffenen verbunden sind. Insbesondere Lebenszeitprävalenz (Anteil der Erwachsenen, die Blutungen und Perforationen führen mit großer nach eigener Angabe schon einmal eine ärztlich Wahrscheinlichkeit zu stationärer Behandlung und diagnostizierte Gastritis oder Duodenitis hatten) invasiven Eingriffen. Die Behandlungsfallzahlen von 20,5 % (Frauen 23,3 %, Männer 17,5 %). Insge- im Krankenhaus und ihre Entwicklung können samt 4,1 % waren (auch) in den letzten 12 Mona- deshalb wichtige Hinweise auf die Verbreitung und ten davon betroffen (5,2 % der Frauen und 3,0 % den Trend der »schweren Fälle« geben. der Männer). Im Alter von unter 65 Jahren waren dabei Frauen deutlich stärker betroffen als Männer (siehe auch Abbildung 8). 5 2 Häufigkeit in Deutschland Abbildung 8 In der Studie »Gesundheit in Deutschland aktuell Verbreitung (12-Monats-Prävalenz und Lebenszeitprävalenz) von Gastritis/Duodenitis in der Bevölkerung; Anteil der 2009« (GEDA 2009) des Robert Koch-Instituts Erwachsenen, die nach eigener Angabe jemals eine (ärztlich [120] wurden unter anderem anamnestische Anga- festgestellte) Schleimhautentzündung im Magen oder ben zu Gastritis/Duodenitis und peptischem Ulkus Zwölffi ngerdarm hatten (darunter in den letzten 12 Monaten) erfragt (siehe Textkasten 3). nach Alter und Geschlecht Quelle: RKI, GEDA 2009, n = 21.262 Prozent Textkasten 3 30 Fragen zu Gastritis/Duodenitis und peptischem Ulkus in GEDA 2009 27

24 ▶ »Hat ein Arzt bei Ihnen jemals eine Schleimhautentzündung des Magens oder 21 des Zwölffingerdarms, also eine Gastritis oder Duodenitis, festgestellt?« – ja/nein/ 18 weiß nicht ▶ »Ist eine solche Schleimhautentzündung 15 auch in den letzten 12 Monaten aufgetre- 12 ten?« – ja/nein/weiß nicht ▶ »Hat ein Arzt bei Ihnen jemals ein 9 Geschwür des Magens oder des Zwölffin- gerdarms, also ein Ulkus, festgestellt?« 6 – ja/nein/weiß nicht ▶ »Ist eine solches Geschwür auch in den 3 letzten 12 Monaten aufgetreten?« – ja/nein/

weiß nicht 18 – 29 30 – 44 45 – 64 ≥65 18 – 29 30 – 44 45 – 64 ≥65 ▶ »Wenn Sie in den letzten 12 Monaten am Frauen Männer Magen oder am Zwölffingerdarm eine jemals darunter in den letzten 12 Monaten Schleimhautentzündung oder ein Geschwür hatten, waren die mit dieser Erkrankung verbundenen Beschwerden Insgesamt 7 % (Frauen 6,4 %, Männer 7,6 %) für Sie« – keine oder nur eine geringfügige hatten schon einmal ein Magen- oder Zwölffinger- Belastung/eine mäßige Belastung/eine darmgeschwür (peptisches Ulkus). Eine stärkere starke Belastung/weiß nicht Betroffenheit der Frauen, wie bei der Gastritis, zeigt ▶ »Welche Behandlung erfolgte?« – keine/ sich in diesen Zahlen nicht. Im Bundes-Gesund- ausschließlich mit Hausmitteln und/oder heitssurvey 1998 (BGS98, siehe auch Abbildung 9) selbst gewählten Arzneimitteln/mit ärzt- war die stärkere Ulkus-Betroffenheit der Männer lich verordneten Arzneimitteln/weiß nicht im Vergleich zu den Frauen noch ausgeprägter. Damals gaben insgesamt 7,9 % (6,7 % der Frauen, Gesundheitsberichterstattung des Bundes – Heft 55 33

Abbildung 9 Verbreitung (Lebenszeitprävalenz) von peptischem Ulkus; Anteil der Erwachsenen, die angaben, jemals ein (ärztlich festgestelltes) Magen- oder Zwölffingerdarmgeschwür gehabt zu haben; BGS98 und GEDA 2009 nach Altersgruppen und Geschlecht Quellen: RKI, BGS98 und GEDA 2009

20 Prozent

18

16

14

12

10

8

6

4

2

18 – 29 30 – 44 45 – 64 ≥65 18 – 29 30 – 44 45 – 64 ≥65 Frauen Männer

BGS98 GEDA 2009

9,2 % der Männer) an, schon einmal ein pepti- vs. 4,9 %). Insbesondere für Westdeutschland war sches Ulkus gehabt zu haben. Für die (im BGS98 dieses Gefälle (Gradient) sehr ausgeprägt [121]. Die erfasste) vergleichbare Altersgruppe 18 – 79 Jahre Angaben, jemals eine Gastritis/Magenschleim- ergibt sich aus GEDA 2009 eine Lebenszeitpräva- hautentzündung gehabt zu haben, zeigten diesen lenz eines peptischen Ulkus von insgesamt 6,7 % sozialen Gradienten nicht. In GEDA 2009 zeigten (Frauen 6,0 %, Männer 7,3 %), welche aufgrund sich auch bezüglich der Lebenszeitprävalenz eines der dabei ausgeblendeten ab 80-Jährigen etwas peptischen Ulkus keine solchen Sozialgradienten. geringer ist. Bezieht man auch noch die Ergebnisse­ In einer Erhebung im Jahr 2004 wurden rund des Gesundheitssurveys Ost-West 1991/92 ein, bei 4.000 Personen der 18- bis 79-jährigen Bremer dem insgesamt rund 10 % (der damals befagten Bevölkerung unter anderem gefragt: »Wurde bei 25- bis 69-Jährigen) ein peptisches Ulkus gehabt Ihnen eine chronische Erkrankung festgestellt, so zu haben angaben (Frauen rund 8 % und Män- dass Sie deshalb zumindest ab und zu zum Arzt ner rund 12 %), so passen die Ergebnisse zu einem gehen oder regelmäßig Medikamente einnehmen Trend, der vor allem für die Männer eine sinkende müssen?« Dazu gaben 6,0 % der Frauen und 5,6 % Ulkus-Lebenszeitprävalenz in den letzten beiden der Männer an, dass sie chronisch an einer Gas- Jahrzehnten zeigt. tritis litten [122]. Im Bundes-Gesundheitssurvey 1998 (BGS98) In der o. g. Studie »Gesundheit in Deutschland gaben Angehörige der unteren sozialen Status- aktuell 2009« (GEDA 2009) wurden diejenigen, gruppe ungefähr doppelt so häufig an, schon ein- die angaben, dass bei ihnen in den letzten 12 Mona- mal ein Magen- oder Zwölffingerdarmgeschwür ten eine Gastritis/Duodenitis oder ein Magen- bzw. gehabt zu haben, wie die Befragten der oberen Sta- Zwölffingerdarmgeschwür aufgetreten sei, nach tusgruppe (Männer: 11,6 % vs. 6,2 %; Frauen 8,7 % der Belastung gefragt, die die damit verbundenen 3434 Gesundheitsberichterstattung des Bundes – Heft 55

Abbildung 10 Beschwerden für sie dargestellt hätten. Die Ergeb - Anteile der von Gastritis/Duodenitis oder Ulkus in den letzten nisse sprechen dafür, dass bei dem weit überwie- 12 Monaten Betroffenen nach Stärke der Belastung durch genden Teil die Belastung größer als nur »gering- die Beschwerden nach Alter und Geschlecht, n = 920 von insgesamt 21 262 fügig« war (siehe Abbildung 10). Rund ein Drittel Quelle: RKI, GEDA 2009 der Betroffenen gaben sogar eine »starke Belas-

Prozent tung« durch die Beschwerden an. 100 Daten zur Verbreitung der chronischen atro- phischen Gastritis (CAG) sind rar, die wenigen 90 verfügbaren Studien sind zudem sehr unein- 80 heitlich in der Probandenauswahl und den Diag­ nosemethoden. Erschwerend ist, dass die CAG 70 typischerweise keine Beschwerden macht. In zwei Übersichtsartikeln zu englischsprachigen 60 Publikationen wurde versucht, Größenordnungen 50 und Verbreitungsmuster der CAG abzuschätzen [123, 124]. Zusammenfassend wurde geschätzt, dass 40 die Neuerkrankungsrate an einer CAG bei Vorlie- gen einer H. pylori-Besiedlung ungefähr fünfmal so 30 groß ist wie bei Abwesenheit von H. pylori [124]. In den europäischen Studien stieg die Häufigkeit von 20 CAG mit dem Alter an und die CAG scheint in der 10 älteren Bevölkerung weit verbreitet zu sein [123]. In der bevölkerungsbezogenen ESTHER-Studie wurde 2000 – 2002 mittels der Untersuchung von

18 – 44 45 – 64 ≥65 18 – 44 45 – 64 ≥65 9.444 50- bis 74-Jährigen aus dem Saarland ver- Frauen Männer sucht, die Verbreitung der CAG in Deutschland abzuschätzen. Bei rund 6 % der Untersuchten wur- Belastung: geringfügig mäßig stark de aus serologischen Pepsinogenwertbestimmun-

Abbildung 11a Anteil GEK-versicherter Frauen, denen im Jahr 2006 die ICD-10-Diagnosen K29, K25 – K28 bzw K25 – K29 insgesamt zugewiesen wurden, nach Alter und Diagnosecodes Quelle: GEK, ISEG

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K29 K25 – K28 K25 – K29 Gesundheitsberichterstattung des Bundes – Heft 55 3535

gen auf das Bestehen einer chronisch atrophischen sprechenden Anteile der in GEDA 2009 Befragten Gastritis geschlossen. Bei den 70- bis 74-Jährigen (Abbildung 8). Aber auch die Versicherten daten der traf dies auf rund 9 % zu. Geschlechtsunterschiede GEK legen nahe, dass Frauen (inzwischen) häufi- wurden dabei nicht deutlich [125]. ger von Gastritis betroffen sind als Männer. Auch aus den Routinedaten der GKV ergeben Für das Jahr 2010 weist die Krankenhaus­ sich Hinweise zur Verbreitung von Gastritis und diagnosestatistik rund 187 Tausend Behandlungs- Ulkus. Die Abbildungen 11a und 11b zeigen die pro- fälle für peptisches Ulkus und Gastritis/Duode- zentualen Anteile von Versicherten in der Gmünder nitis (ICD-10: K25 – K29) aus. Das entspricht 165 Ersatzkasse (GEK), für die im Rahmen der ambu- Fällen pro 100.000 der Bevölkerung (altersstan- lanten Versorgung im Jahr 2006 mindestens eine dardisiert auf die sog. alte Europabevölkerung). der Gastritis oder Ulkus betreffenden Diagnosen Während es dabei im Jahr 2000 noch einen erheb- K25, K26, K27, K28 oder K29 nach ICD-10 (siehe lichen Geschlechtsunterschied gab (Frauen 138 auch Tabelle 2) kodiert wurde. Fälle; Männer 161 Fälle), war dieser 2010 kaum Für die Bewertung der dargestellten 12-Monats- (noch) vorhanden (Frauen 163 Fälle; Männer 166 Fäl- Prävalenzen der GEK-Versicherten im Jahr 2006 le). Diese Annäherung basiert vor allem auf einem sind jedoch methodische Aspekte zu bedenken: Anstieg bei den Frauen. Bei den Männern war nur Aufgrund von Analysen der Daten des ADT-Panels bei den ab 65-Jährigen ein Anstieg zu verzeichnen. durch das Zentralinstitut für die kassenärztliche Die Häufigkeit stationärer Behandlungen wegen Versorgung (ZI) kann davon ausgegangen werden, Ulkus und Gastritis/Duodenitis pro 100.000 der dass es aus mehreren Gründen in der ambulanten Bevölkerung steigt mit dem Lebensalter stark an. Betreuung eine Überkodierung für »Gastritis und Für die ab 65-Jährigen beträgt sie derzeit rund das Duodenitis« (ICD-10: K29) und gleichzeitig eine Fünffache der unter 65-Jährigen. Die Letalität, d. h. Unterkodierung von »Dyspepsie« (ICD-10: K30) der Anteil der Sterbefälle an den Krankenhausfäl- gibt bzw. gab [126] (siehe auch Kapitel 7). Diese len mit den o. g. Diagnosen (ICD-10: K25 – K29), Überkodierung ist vermutlich ein wesent licher erhöhte sich in den letzten 10 Jahren um rund ein Grund dafür, dass die Anteile der gesetzlich Versi- Viertel, von 2 % im Jahr 2000 auf 2,5 % im Jahr cherten mit einer Gastritisdiagnose innerhalb eines 2010 (von 3.022 von 151 Tsd. auf 4.595 von 187 Tsd.). Jahres (Abbildung 11a und 11b) höher sind als die ent- Das bedeutet, dass diese Krankenhausfälle 2010 im

Abbildung 11b Anteil der GEK-versicherten Männer, denen im Jahr 2006 die ICD-10-Diagnosen K29, K25 – K28 bzw K25 – K29 insgesamt zugewiesen wurden, nach Alter und Diagnosecodes Quelle: GEK, ISEG

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K29 K25 – K28 K25 – K29 3636 Gesundheitsberichterstattung des Bundes – Heft 55

Durchschnitt einen schwereren Verlauf nahmen Es gibt interessante bevölkerungbezogene Stu- als vor 10 Jahren [127]. dien aus anderen europäischen Ländern, die auch Ergebnisse einer örtlichen Langzeitstudie, die durch die dort zum Teil günstigeren Datenerhe- alle Fälle von blutenden und/oder perforierten pep- bungsmöglichkeiten erlaubt wurden. Solche Studi- tischen Ulzera in der Düsseldorfer Universitätskli- en können dazu beitragen, Trends und sich verän- nik von 1986 bis 1995 einbezog, legen nahe, dass dernde Einflussfaktoren zu erkennen. Wenn auch neben der kurzfristigen Sterblichkeit (rund ein nicht alle Ergebnisse auf Deutschland übertragbar Zehntel der Betroffenen starben innerhalb eines sind, ist doch anzunehmen, dass es bei unseren Monats) auch die längerfristige Sterblichkeit noch europäischen Nachbarn viele ähnliche Entwicklun- deutlich erhöht ist [128, 129]. gen und oft auch vergleichbare epidemiologische Wie ungleich noch vor zwei Jahrzehnten die Muster gibt. stationäre Behandlungshäufigkeit von Gastritis Die bevölkerungsbasierte Kalixanda-Studie in und Ulkus bei Frauen und Männern war, zeigen zwei nordschwedischen Gemeinden untersuch- auch Ergebnisse der Krankenhausstatistik der DDR te 1999 – 2001 unter anderem 1.001 Erwachsene für 1989. Männer hatten damals fast doppelt so (20 – 80 Jahre alt) mittels Gastroduodenoskopie. hohe Fallzahlen pro 100.000 der Bevölkerung wie Bei 4,1 % wurden dabei peptische Ulzera diagnos- Frauen [130]. tiziert [133]. Ein Fünftel der Betroffenen hatten Eine Studie, die die Veränderung der 1-Jahres- keine Beschwerden/Symptome. Ein weiteres inte- Inzidenz (Neuerkrankungsrate) von blutenden ressantes Ergebnis war, dass bei rund 20 % derer peptischen Ulzera in der Düsseldorfer Bevölke- mit Ulkus weder H. pylori noch eine Einnahme von rung 1989/90 im Vergleich mit 1999/2000 unter- NSAR/ASS festgestellt wurde. Die Studie schluss- suchte, kam zu dem Ergebnis, dass es kaum Inzi- folgerte daraus, dass »idiopathische« peptische denz-Unterschiede in den beiden Zeiträumen gab Ulzera bzw. solche ohne die beiden Hauptrisiko- [131]. Im ersteren Zeitraum waren es 51,4 Fälle, faktoren nicht selten sind. 10 Jahre später 48,7 Fälle pro 100.000 sogenannte Eine klinische Studie aus Großbritannien (2005 »Personenjahre«. Verändert hatten sich jedoch die bis 2010) fand unter 386 von einem (endoskopisch Merkmale der Betroffenen: höheres durchschnitt- diagnostizierten) peptischen Ulkus Betroffenen liches Lebensalter, häufigere regelmäßige Einnah- einen Anteil von 12 %, bei denen weder in der me von NSAR (45 % versus 27 %) und seltenere Anamnese eine NSAR-Anwendung vorlag noch Ulkusanamnese (25 % versus 59 %). Daraus wurde H. pylori nachgewiesen wurde [134]. geschlussfolgert, dass die anhaltende Häufigkeit Verschiedene britische Studien zeigten auch, blutender Ulzera wesentlich auf eine anwachsen- dass ein niedrigerer sozialer Status mit einem höhe- de ältere Bevölkerung mit zunehmendem NSAR- ren Risiko für ein peptisches Ulkus gekoppelt war. Gebrauch zurückzuführen sei. So lag bei 5.577 schottischen berufstätigen Män- nern, die ab 1970/73 25 Jahre lang beobachtet wurden, das Risiko in der untersten von sechs 5 3 Internationale Studienergebnisse sozialen Statusgruppen für eine Krankenhausauf- nahme wegen Magen- und Duodenalgeschwüren Eine Erhebung von 2006 in 25 EU-Ländern bezog oder Tod daran 1,7 mal höher als in der obersten über 15-Jährige ein und fragte nach einer Reihe von sozialen Statusgruppe [135]. gesundheitlichen Problemen, unter anderem, ob In einer Analyse der Todesursachen 20- bis die Befragten jemals ein peptisches Ulkus gehabt 64-jähriger Männer in England und Wales für hätten. In Deutschland wurden dazu 1.551 Perso- 1991/93 waren peptische Ulzera (Codes 531 – 533 nen befragt. Im EU-25-Durchschnitt gaben 4 % der nach ICD-9) eine derjenigen Todesursachen mit über 15-Jährigen an, jemals ein peptisches Ulkus sehr großer sozialer Ungleichheit. Die (altersstan- gehabt zu haben. In Deutschland waren es 2 % und dardisierte) Sterblichkeit daran war in der unters- damit weniger als z. B. in Frankreich (5 %), den Nie- ten von sechs sozialen Statusgruppen fünfmal derlanden (4 %), Großbritannien (3 %), Dänemark so hoch wie in der obersten [136]. Die Daten von (8 %), Finnland (4 %), Schweden (6 %), Tschechien 2001/03 für England und Wales zeigen für 25- bis (4 %) und Polen (6 %) [132]. 64-jäh­rige Männer für die Todesursache Magen- Gesundheitsberichterstattung des Bundes – Heft 55 37

und Duodenalulkus einen deutlichen Sozial­ die Hälfte der Betroffenen hatten NSAR bzw. ASS gradienten der Sterblichkeit in einer ähn­lichen eingenommen. Größenordnung [137]. Eine landesweite Studie in den Niederlan- In eine retrospektive bevölkerungsbezogene den kam unter anderem zu dem Ergebnis, dass dänische Studie wurden für die Region Fünen im Zeitraum von 1980 bis 2003 die stationären (Bevölkerung 470.000) aus dort verfügbaren Behandlungszahlen wegen unkomplizierter pep- Registern und Datenbanken alle Erwachsenen tischer Ulzera stark abgenommen hatten. Rela- mit einem im Zeitraum 1993 – 2002 diagnostizier- tiv kon stant geblieben oder sogar etwas häufiger ten peptischen Ulkus einbezogen [138]. Wichtige geworden waren jedoch die Behandlungsfallzahlen Ergebnisse der Studie waren, dass die Neuerkran- für peptische Ulzera mit Komplikationen (Blutung kungsrate an unkomplizierten peptischen Ulzera oder Perforation) [141]. in diesem Zeitraum sank, die Inzidenz von blu- Die Geschlechtsproportion der stationären Fäl- tenden Ulzera sich jedoch nicht veränderte. Der le pro 100.000 der Bevölkerung wegen peptischer Anteil der vermutlich durch die Einnahme von Ulzera verringerte sich zwischen 1980 und 2003 in NSAR/ASS (mit)bedingten Ulzera stieg von 39 % den Niederlanden dahingehend, dass Männer zwar im Jahr 1993 auf 53 % im Jahr 2002. immer noch häufiger betroffen waren als Frauen, Ein Drittel der von einem blutenden Ulkus der Unterschied sich aber verringert hatte [141]. Betroffenen und ein Siebentel derer mit perfo- In einer bevölkerungsbasierten dänischen Stu- riertem Ulkus hatten innerhalb von 3 Monaten die wurde die Sterblichkeit von stationär Aufge- erneut ein Ulkus mit Komplikationen. Von denen nommenen mit erstmaliger Diagnose eines Ulkus mit komplizierten Ulzera starben 11 %, von denen mit Komplikationen (Blutung oder Perforation) mit unkomplizierten Ulzera knapp 3 % im ers- untersucht [142]. Einbezogen waren über 9.000 ten Monat nach dem Auftreten. In den folgenden Fälle aus den Jahren 1991 – 2003 (7.232 mit Blutung, 11 Monaten war die Sterblichkeit in beiden Gruppen 2.061 mit Perforation). Die 30-Tage-Sterblichkeit im Vergleich zur Bevölkerung immer noch 4- bis betrug bei den von Blutungen Betroffenen rund 5-fach erhöht [138]. 11 %, bei den von Perforationen Betroffenen rund Bei 88 % von denjenigen, deren erstmals fest­ 25 %. gestelltes Ulkus eines mit Komplikationen war, war Im Rahmen einer schwedischen Studie wurden vorher noch niemals ein unkompliziertes Ulkus landesweit alle stationären Fälle von peptischen festgestellt worden [138]. Dieses Ergebnis zeigte Ulzera mit Komplikationen in den Jahren von 1974 die Schwierigkeit, Hochrisikopatientinnen und bis 2002 einbezogen und im Zusammenhang mit -patienten zu identifizieren und mit (sekundär) der Entwicklung des Gebrauchs von NSAR/ASS präventiven Maßnahmen zu erreichen. und der Einführung der PPI untersucht [143]. In Die niederländische Gesundheitsberichterstat- Schweden verdreifachte sich in diesem Zeitraum tung kam zu dem Ergebnis, dass in den 1990er- die verschriebene Menge von NSAR/ASS. Frauen Jahren bis in die 2000er-Jahre hinein die Jahres- erhielten diese Medikamente häufiger als Männer prävalenz von peptischen Geschwüren in den Nie- und die Einnahme stieg insbesondere bei Frauen derlanden gesunken war, dabei für Männer stärker im mittleren Alter und Älteren. In den 1970er- und als für Frauen [139]. 1980er-Jahren nahm die Häufigkeit von kompli- Eine bevölkerungsbezogene niederländische zierten Ulzera in Schweden zu. Mitte bis Ende der Studie verglich die Häufigkeit von stationären 1980er-Jahre gab es zwei wichtige Änderungen in Fällen unter anderem wegen akuter Ulkusblu- der Behandlung von peptischen Ulzera, zum einen tungen, die Häufigkeit von erneuten Blutungen die Entdeckung von H. pylori und zum anderen die sowie die Sterblichkeit der Betroffenen für die bei- Einführung der hochwirksamen Protonenpum- den Zeiträume 1993/94 und 2000. Die Inzidenz peninhibitoren (PPI). Danach sank in der schwedi- für blutende peptische Ulzera unterschied sich schen Bevölkerung die Häufigkeit von peptischen nicht zwischen den beiden Zeiträumen, auch die Ulzera mit Komplikationen [143]. Diskutiert wird, Häufigkeit einer erneuten Blutung blieb mit rund welchen Einfluss das Zusammenspiel von vier einem Fünftel der Fälle gleich, die Sterblichkeit wichtigen Faktoren (Zunahme von NSAR/ASS- lag gleichermaßen bei rund 15 % [140]. Ungefähr Gebrauch, Abnahme der H. pylori-Verbreitung, 3838 Gesundheitsberichterstattung des Bundes – Heft 55

Entwicklung des Rauchverhaltens, Anwendung der liche Arbeit und größerer psychosozialer Stress PPI) auf die Häufigkeit von komplizierten pepti- bei niedrigerem sozioökonomischen Status. Die schen Ulzera in Schweden hatte, wobei die Rauch- Entwicklung der Rauchprävalenzen und die der prävalenz in Schweden in den letzten 20 Jahren NSAR/ASS-Anwendung als zunehmend bedeuten- gesunken war. Die Studie schließt, dass die Zunah- dem Risikofaktor sowie die abnehmende H. pylori- me des NSAR/ASS-bedingten Risikos kompensiert Prävalenz könnten auch die sozioökonomischen wurde durch den großen Einsatz der PPI, so dass Unterschiede beim peptischen Ulkus verändert komplizierte Ulzera nicht häufiger auftraten. haben und weiter verändern [146]. Weltweit gesehen spielen peptische Ulzera als Es wird angenommen, dass sich die Häufigkeit Todesursache keine große Rolle. Der WHO World der unkomplizierten peptischen Ulzera stärker Health Report 2004 [144] benennt hierfür einen verrringert hat als die der komplizierten Ulzera. Die Anteil von 0,3 % aller Sterbefälle. Laut WHO-Sta- Studienlage zur aktuellen Entwicklung der kompli- tistik gab es in den letzten Jahrzehnten in vielen zierten peptischen Ulzera ist uneinheitlich. Einige europäischen Ländern einen Rückgang der Mor- Studien zeigen eine stabile Rate (z. B. in Dänemark talität aufgrund von peptischen Ulzera [145]. Aber und Niederlanden) andere eine fallende Rate (z. B. das trifft nicht für alle Länder zu. in Schweden) [147]. Aktuell gibt die WHO für die europäische Regi- Die Sterblichkeit bei blutenden und perforier- on hierfür eine mittlere Sterberate von rund 3 Ster- ten peptischen Ulzera ist nach wie vor hoch, auch befällen pro 100.000 der Bevölkerung an, bei ab Rezidivblutungen sind häufig. 65-Jährigen rund 13 (Frauen 10; Männer 17) pro In welchem Maße der therapeutische und prä- 100.000 der Bevölkerung [145]. Eine Bewertung der ventive Einsatz der inzwischen weit verbreiteten zum Teil erheblichen Sterblichkeitsunterschiede PPI den Trend von Komplikationen senken kann, allein zwischen den westlichen Ländern ist wegen wird sich zeigen. methodischer Unterschiede nur sehr eingeschränkt Die stationäre Behandlungshäufigkeit von Gas- möglich. tritis und Ulkus hat sich in Deutschland – bezogen auf die Bevölkerung – in den letzten Jahren erhöht. Aufgrund des Kohorteneffektes derH. pylori-Prä- 5 4 Fazit und langfristige Perspektiven valenz, wegen der NSAR/ASS-Einnahmesteigerung, insbesondere bei Älteren, sowie dem demografi- Zusammenfassend lassen sich einige epidemiolo- schen Wandel sind insbesondere die von komplizier- gische Aspekte und Trends ableiten, die vermutlich ten Ulzera Betroffenen nun durchschnittlich älter. auch für Deutschland zutreffen. Vieles deutet darauf hin, dass sich die Anteile der Die Häufigkeit von Gastritis und insbesonde- beiden als Hauptrisiken geltenden Einflussfakto- re peptischem Ulkus steigt mit dem Lebensalter ren H. pylori-Infektion und NSAR/ASS-Anwendung an. Von Gastritis sind Frauen inzwischen häufiger verschoben haben (z. B. [134]). Die Bedeutung von betroffen als Männer. Der Geschlechtsunterschied H. pylori hat sich verringert, diejenige von NSAR/ beim peptischen Ulkus hat sich verringert – Män- ASS erhöht. ner waren hiervon früher deutlich häufiger betrof- Der Anteil der peptischen Ulzera, die nicht in fen als Frauen. Zusammenhang mit den beiden Hauptrisiken Die sich verändernden Geschlechtsunterschiede gebracht werden können (»non-H. pylori, non- könnten im Zusammenhang mit einer häufigeren NSAID ulcer« bzw. »idiopathische« Ulzera) scheint bzw. stärker zunehmenden Anwendung von NSAR/ zuzunehmen. Dabei wird unter anderem disku- ASS durch Frauen stehen, auch sich verändernde tiert, inwieweit es »idiopathische« Ulzera schon seit Rauchgewohnheiten könnten hierbei eine Rolle langem häufiger als vermutet gab, diese Tatsache spielen. aber durch eine große Verbreitung von H. pylori in Die Gründe für die sozioökonomischen Unter- der Bevölkerung »maskiert« war und nun zuneh- schiede der Ulkusprävalenz sind bzw. waren zum mend sichtbar wird, weil die H. pylori-Verbreitung großen Teil wohl in Unterschieden der H. pylori- in den entwickelten Ländern so stark abnimmt (z. B. Prävalenz zu sehen. Jedoch spielen sicher auch [148]). Andererseits könnte aber auch eine frühere andere Faktoren eine Rolle, wie schwere körper- H. pylori-Infektion von Betroffenen, die durch eine Gesundheitsberichterstattung des Bundes – Heft 55 39

Eradika­tionsbehandlung verschwunden ist, noch nelle Hausmittel, die in vielen Fällen als hilfreich als Ulkusrisiko nachwirken. erfahren werden (z. B. diverse Kräutertees, Heil- Es kann sein, dass mit dem Sinken der H. pylori- erde). Verbreitung in den entwickelten Ländern und Stress und Ärger können unter anderem zu neben dem Anstieg der NSAR/ASS-Einnahme auch einer Stimulation der Magensaftsekretion führen. noch bisher weniger sichtbare Mechanismen bzw. Ein geeigneter Umgang mit Stress bzw. Entspan- Faktoren für peptische Ulzera deutlicher sichtbar nung kann sich deshalb günstig auswirken. werden und umso mehr an Gewicht gewinnen, je Medikamente, die als Nebenwirkung potenziell weiter die H. pylori-Verbreitung zurückgeht. magenschädigend sind (siehe Kapitel 3), sollten Insgesamt wird derzeit davon ausgegangen, angemessen angewendet werden. Alternativen soll- dass die Entwicklung der Prävalenzen von Gast- ten geprüft sowie möglicher Nutzen und möglicher ritis und Ulkus vor allem durch die Einflussfak­ Schaden dieser Medikamente sorgfältig abgewo- toren H. pylori, NSAR/ASS-Anwendung und Rau- gen werden [150]. Werden solche Medikamente chen geprägt ist. Aber diese Faktoren allein erklären angewendet, insbesondere längerfristig, sollten die Entwicklung und die Geburtskohorteneffekte die Betroffenen auf mögliche Magensymptome nicht hinreichend [149]. achten und diese der Ärztin/dem Arzt mitteilen. Es spricht daher einiges dafür, dass dem Zusam- Auch ein Ausweichen auf andere Medikamente ist menwirken der vielfältigen Einflussfaktoren, z. B. evtl. zu erwägen. von H. pylori-Infektion und derzeit weniger beach- Im Sinne einer angemessenen Anwendung teten individuellen Faktoren, wie z. B. Stress oder wird z. B. in der aktuellen Versorgungsleitlinie Ernährung, erhöhte Aufmerksamkeit geschenkt zum Kreuzschmerz [151] empfohlen, tNSAR in der werden sollte. Denn im Laufe der Jahrzehnte hat niedrigsten wirksamen Dosierung und so kurzzei- es sich gezeigt, dass ein zu einseitiges Verständ- tig wie möglich einzusetzen. nis von Gastritis und peptischen Ulzera, früher im Sowohl auf ärztlicher Seite als auch bei den Rahmen der »Stresshypothese«, aktuell vorwiegend Betroffenen kann eine gute Informiertheit über die als Infektionskrankheit, wohl nicht ausreicht [146]. Risiken der besagten Medikamente helfen, mög- lichen Schädigungen vorzubeugen. So weisen z. B. Fachinformationen zu NSAR bzw. ASS unter ande- 6 Prävention rem darauf hin, dass bei deren Gebrauch gastro- intestinale Ulzera, Blutungen oder Perforationen Die Betroffenen selbst haben viele Möglichkeiten, – auch mit letalem Ausgang – auftreten können. die Risiken für ihre Magenschleimhaut zu beein- Selbstmedikationen mit NSAR/ASS bzw. deren flussen bzw. Schäden zu vermeiden oder wenigs- Verordnungen durch andere Ärztinnen/Ärzte tens zu verringern. Das betrifft z. B. die Ernährung, sollten seitens der Patientinnen und Patienten den Umgang mit Stress und insbesondere die Ein- den behandelnden Ärzt/inn/en mitgeteilt werden nahme von potenziell magenschädigenden Arz- bzw. durch diese erfragt werden. Schmerzmittel- neimitteln. gebrauch z. B. wird nicht immer angegeben. Bestimmte Nahrungs- bzw. Genussmittel (z. B. Ein systematisches Review von randomisierten Geräuchertes, scharf Gebratenes, Fett, Alkohol, bzw. methodisch hochwertigen Studien kam zu Süßes, Koffein, einige Gewürze) regen die Produk­ dem Ergebnis, dass Misoprostol, doppelt dosierte tion von Magensäure besonders an bzw. erhöhen H2-Rezeptorantagonisten und Protonenpumpen- den Säurespiegel im Magen. Auch Anzahl, Tages- hemmer (PPI) effektiv in der Risikoreduzierung zeiten und Zusammensetzung der Mahlzeiten spie- von NSAR-assoziierten gastroduodenalen Ulzera len eine Rolle dabei, wie stark und wie lange die sind [152]. Misoprostol ist jedoch mit erheblichen Säure auf die Schleimhaut einwirken kann. Nebenwirkungen verbunden und wird in Europa Wer z. B. darauf achtet, welche Nahrungsmit- kaum mehr verwendet. In Deutschland werden zur tel und Ernährungsgewohnheiten bei sich jeweils Prophylaxe vor allem PPI angewendet. zur Verstärkung oder Verringerung von Magen­ Die gleichzeitige Anwendung eines PPI ver- beschwerden führen, kann daraus Ansatzpunkte ringert das Risiko von NSAR-assoziierten gastro- für Veränderungen ableiten. Auch gibt es traditio- intestinalen Schädigungen, schließt sie aber nicht 4040 Gesundheitsberichterstattung des Bundes – Heft 55

aus. Abgesehen von den hohen Kosten, die eine tung kam. Eine »automatische« Testung bei der generelle PPI-Begleitmedikation angesichts des Einleitung einer solchen Dauermedikation wird verbreiteten NSAR/ASS-Gebrauchs verursachen jedoch nicht empfohlen [10]. würde, sei darauf hingewiesen, dass auch für die Um das Auftreten von Stressläsionen bzw. PPI ihrerseits Nebenwirkungsrisiken bestehen. Stressulzera­ und damit verbundenen gastrointesti- Eine generelle begleitende Medikation mit einem nalen Blutungen z. B. bei schweren Erkrankungen, säuresupprimierenden PPI ist daher nicht angera- Traumata (Verletzungen), großen Operationen ten, aber unter bestimmten Voraussetzungen kann oder Schock (siehe Abschnitt 3.2.3) möglichst zu ein Magenschutz mit PPI sinnvoll sein, bzw. bei reduzieren, werden Medikamente mit unterschied- bestimmten Risiken sollte er erfolgen. lichen magenprotektiven Wirkmechanismen ein- Die aktuelle S3-Leitlinie empfiehlt z. B.: »Wenn gesetzt (Sucralfat, H2-Rezeptorantagonisten, PPI). eine Therapie mit traditionellen nichtsteroidalen Die Diskussion, wann und unter welchen Umstän- Antirheumatika (tNSAR) begonnen wird, sollte den welches Medikament in welcher Dosierung gleichzeitig eine Behandlung mit einem PPI erfol- und Dauer prophylaktisch eingesetzt werden sollte, gen, sofern mindestens ein Risikofaktor für eine ist noch im Gange [154, 155]. Bei der Risikoabwä- gastroduodenale Ulkuskrankheit vorliegt« [10]. Als gung spielt eine Rolle, dass die o. g. Medikamente Risikofaktoren insbesondere für eine obere gastro- ihrerseits Risiken haben können. intestinale Blutung gelten dabei ein Alter von über Eine generelle Stressulkusprophylaxe bei Inten- 60 bzw. 65 Jahren, männliches Geschlecht, frühere sivpatientinnen und -patienten, wie sie früher oft gastroduodenale Ulzera bzw. Blutung, orale Anti- durchgeführt wurde, gilt inzwischen als nicht ange- koagulation oder Einnahme von Corticosteroiden. zeigt. Eine Optimierung der intensivmedizinischen Eine generelle PPI-Komedikation bei tNSAR wird Therapie (z. B. Vermeidung von Mangeldurchblu- jedoch nicht empfohlen, bei unter 60-Jährigen soll- tung, früher Beginn der oralen Ernährung) trägt zur te gezielt nach Risikofaktoren gefragt werden. Vermeidung von Stressulzera bei. Es gibt Empfeh- Wenn tNSAR und ASS zusammen angewen- lungen, dass beim Vorliegen bestimmter Risikofak- det werden, empfiehlt die Leitlinie in jedem Fall toren, wie z. B. Beatmung von mehr als 48 Stun- zusätzlich einen PPI. Bei einer Coxibe-Dauerthe- den, Vorliegen einer erhöhten Blutungsneigung rapie (statt NSAR) zusammen mit ASS sollte beim (Koagulopathie) sowie bei Ulkus bzw. Blutung in Vorliegen von Risikofaktoren (siehe oben) zusätz- der Vorgeschichte eine Stressulkusprophylaxe ein- lich ein PPI eingenommen werden. gesetzt werden sollte. Insbesondere wenn schon Komplikationen ein- Derzeit werden verschiedene Ansätze zur Ent- getreten sind, z. B. Blutungen, sollten Rezidive und wicklung einer Impfung gegen H. pylori erforscht. weitere Schäden durch NSAR/ASS möglichst ver- Soweit erkennbar befinden sich die Ansätze dazu mieden werden. Das Risiko einer erneuten Blutung aber noch im In-vitro- (Reagenzglas-) bzw. Tier- kann durch die zusätzliche Gabe eines PPI gesenkt versuchsstadium, bzw. gibt es noch keinen Impf- werden [10]. stoff, der sich für die praktische Versorgung eignet Diskutiert wurde, ob bei Betroffenen mit kardia- [156, 157]. Auch bislang an Menschen durchgeführte ler Grunderkrankung (Herzkrankheit) und früherer Impfstudien zur Prävention der H. pylori-Infektion Ulkusblutung die Umstellung einer ASS-Medikati- haben keine positiven Ergebnisse erzielt. on auf Clopidogrel von Vorteil ist. Studienergebnis- Bei künftig eventuell verfügbaren Impfstoffen se zeigten, dass ASS unter Komedikation mit PPI wird zu unterscheiden sein zwischen einerseits pri- seltener zu einer Rezidivblutung führte als Clopi- märer Prophylaxe, d. h. Impfschutz für noch nicht dogrel ohne Magenschutz [153]. infizierte Menschen, z. B. in Hochrisikogebieten­ Bezüglich des Umgangs mit den kombinierten bzw. Entwicklungsländern, und andererseits sekun- Risiken von potenziell magenschädigenden Medi- därer Prophylaxe, d. h. Impfung von bereits Infizier- kamenten und einer Infektion mit H. pylori gibt es ten, um bei diesen die weitere Infektionsausbrei- noch viele offene Fragen [58]. Die aktuelle S3-Leit- tung bzw. Gewebsschädigung zu verhindern. Wie linie empfiehlt eine Testung auf H. pylori und bei üblich bei neuer Verfügbarkeit von Impfungen wird dessen Nachweis eine Eradikation, wenn es unter dann zu bestimmen sein, für welche Menschen bzw. NSAR- oder ASS-Dauermedikation zu einer Blu- Situationen deren Anwendung sinnvoll sein kann. Gesundheitsberichterstattung des Bundes – Heft 55 41

7 Versorgung, Leistungen und Kosten Trotz gestiegener Fallzahl waren das rund ein Zehntel weniger Belegungstage als 2000. Die In den nachfolgenden Darstellungen werden viel- durchschnittliche Verweildauer verringerte sich fach die Kodierungen aus dem System der Inter- dabei im gleichen Zeitraum von 9,2 Tagen im Jahr nationalen statistischen Klassifikation der Krank- 2000 auf 6,6 Tage im Jahr 2010. heiten und verwandter Gesundheitsprobleme, 10. Revision (ICD-10) der WHO erwähnt [158]. Tabelle 2 gibt eine Übersicht der Codes für Gastri- 7 2 Ambulante Versorgung tis und gastroduodenales Ulkus sowie die angren- zenden Krankheiten. 7 2 1 An der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmende Ärztinnen und Ärzte Tabelle 2 Übersicht zur Krankheitssystematik, angelehnt an die Die in Tabelle 2 genannten Erkrankungen wer- ICD-10 für »Krankheiten des Ösophagus, des Magens und den vorwiegend von Allgemeinärztinnen/Allge- des Duodenums (K20 – K31)« Quelle: eigene Darstellung nach [158] meinärzten und hausärztlichen Internistinnen/ Internisten behandelt; sofern spezielle, insbeson- ICD-10 Krankheiten dere endoskopische Maßnahmen erforderlich sind, K20 Ösophagitis (Speiseröhrenentzündung) durch Gastroenterologinnen/Gastroenterologen K21 Gastroösophageale Refluxkrankheit (GERD) bzw. fachärztliche Internistinnen/Internisten ohne Schwerpunkt. K22 Sonstige Krankheiten der Speiseröhre Im Jahr 2011 nahmen 1.942 Fachärztinnen/ K25 Ulcus ventriculi (Magengeschwür) Fachärzte (249 Ärztinnen und 1.693 Ärzte) mit K26 Ulcus duodeni (Zwölffingerdarmgeschwür) der Schwerpunktbezeichnung Gastroenterologie K27 Ulcus pepticum an der vertragsärztlichen Versorgung teil (Stand (pept. Geschwür an n. n. bez. Stelle) 31.12.11). Ein knappes Drittel (603) waren zur ver- K28 Ulcus pepticum jejuni tragsärztlichen Versorgung ermächtigte Ärztin- (unt. Dünndarmgeschwür) nen/Ärzte, z. B. in Krankenhäusern [159]. K29 Gastritis und Duodenitis Pro 100.000 der Bevölkerung nahmen 2010 im K30 Dyspepsie (Verdauungsstörung, »Reizmagen«) Durchschnitt 2,28 Gastroenterologinnen/Gastro- K31 Sonst. Krankh. des Magens und Duodenums enterologen an der vertragsärztlichen Versorgung teil (sog. Versorgungsgrad). Dabei gab es zum Teil deutliche regionale Unterschiede zwischen 7 1 Stationäre Versorgung den Bundesländern – von 1,47 bis 5,30. Für die alten Bundesländer lag dieser Versorgungsgrad Für das Jahr 2010 weist die Krankenhausdiagnose- im Durchschnitt etwa ein Drittel über dem der statistik (bei Behandelten mit Wohnsitz in Deutsch- neuen Länder (im Jahr 2000 noch 89 % darüber), land) 186.812 stationäre Behandlungsfälle für ein Unterschied, den es für die fachärztlich tätigen Gastritis/Duodenitis und peptisches Ulkus (ICD-10: Internist/inn/en insgesamt nicht gibt. K25 – K29) aus. Das waren rund ein Viertel mehr Von 2000 bis 2011 hat sich die Zahl der an der Fälle als noch im Jahr 2000. Für die übergeordnete vertragsärztlichen Versorgung teilnehmenden Ärz- Gruppe der Krankheiten des Ösophagus, des Magens tinnen und Ärzte mit der Schwerpunktbezeich- und des Duodenums (ICD-10: K20 – K31) betrug die nung »Gastroenterologie« um 70 % erhöht (ähn- Steigerung der Fallzahl sogar rund 30 %. Die Anzahl lich wie die der fachärztlich tätigen Internistinnen/ der Behandlungsfälle für Krankheiten des Verdau- Internisten insgesamt mit 74 %). Die Gesamtzahl ungssystems insgesamt (ICD-10 K00 – K93) stieg der an der vertragsärztlichen Versorgung teilneh- im selben Zeitraum, ebenso wie die aller stationären menden Ärztinnen und Ärzte hat sich im selben Behandlungsfälle, nur um 7 % bzw. 8 % [127]. Zeitraum jedoch nur um 10 % erhöht (von 126.832 Auf die stationären Behandlungsfälle wegen auf 139.538). Das heißt, dass für den Schwerpunkt Gastritis/Duodenitis und peptischem Ulkus ent- Gastroenterologie ein überdurchschnittliches fielen im Jahr 2010 1,242 Mio. Belegungstage. Ansteigen erfolgte. 4242 Gesundheitsberichterstattung des Bundes – Heft 55

7 2 2 Anteil von Gastritis und Ulkus in der beschwerden wesentlich häufiger die Diagnose ambulanten Versorgung »Dyspepsie« registrierte als die Diagnose »Gastri- tis« [126]. Vermutet wurde, dass diese Über- bzw. Eine Schätzung aus Daten des ADT-Panels für Unterkodierung­ unter anderem mit den Arznei- 2005 kommt zu dem Ergebnis, dass pro Quartal mittelrichtlinien zusammenhängen könnte, nach in Deutschland etwa 7 Millionen Patientinnen und denen die Verordnung von Protonenpumpenhem- Patienten wegen Gastritis/Duodenitis, gastroöso- mern (PPI) bei der Diagnose »Funktionelle Dys- phagealem Reflux, peptischem Ulkus und/oder pepsie« nicht indiziert sei [160]. Dyspepsie ambulant behandelt werden [160]. Die Diagnose Gastritis/Duodenitis wird in der ambulanten allgemeinmedizinischen und inter- 7 3 Endoskopische Untersuchungen nistischen Versorgung als einer der häufigsten Behandlungsanlässe kodiert. Aus einigen Bundes- Im Jahr 2011 wurden im Rahmen der vertrags- ländern gibt es im Rahmen eines gemeinsamen ärztlichen ambulanten Versorgung 1.661.238 Öso­ Länderindikators Angaben unter anderem zum phago-Gastroduodenoskopien abgerechnet [164]. Anteil der Behandlungsfälle, bei denen Gastritis/ Die Anzahl dieser Endoskopien sank in den letzten Duodenitis (ICD-10: K29) Behandlungsanlass bzw. Jahren leicht von 25 Untersuchungen pro 1.000 einer der Behandlungsanlässe war. GKV-Versicherte im Jahr 2007 auf 24 im Jahr 2011, Im Versorgungsbereich Nordrhein beispielswei- entprechend einem Rückgang von ca. 4 %. Auch se bewegte sich der Anteil der Diagnose »Gastritis/ hierbei gibt es regionale Unterschiede. So reichte Duodenitis« an den Behandlungsanlässen in den 2009 das Spektrum der Bundesländer von 18 bis Jahren 2002 bis 2011 in allgemeinmedizinisch aus- 36 ambulanten Gastroskopien pro 1.000 GKV-Ver- gerichteten Arztpraxen zwischen 5,8 % und 7,7 % sicherte [164, 165]. In den neuen Bundesländern [161]. In Berlin lagen die entsprechenden Zahlen waren es durchschnittlich etwas weniger (22) als 2004 bis 2007 (jeweils 1. Quartal) zwischen 6,7 % in den alten (25). und 7,7 % [162, 163]. In Berliner hausärztlich-inter- Die Höhe der Vergütung für eine Ösophago- nistischen Praxen waren es zwischen 7,6 % und Gastroduodenoskopie im ambulanten Bereich zu 8,3 % (2005 bis 2007, jeweils 1. Quartal). Lasten der Gesetzlichen Krankenversicherung kann Auch die Diagnose »Gastroösophageale Reflux- nur ungefähr geschätzt werden. Sie liegt derzeit in krankheit« (ICD-10: K21) gehört zu den häufigen der Größenordnung von 80 – 100 €. Daraus ist nicht Behandlungsanlässen. Während die Zahlen aus auf einen Anreiz für unangemessene Leistungsaus- dem ADT-Panel Nordrhein (einer Stichprobe weitungen zu schließen. bestimmter Arztpraxen) für Gastritis (K29) von Indikationen für diese endoskopische Untersu- 2002 bis 2011 vergleichsweise wenig Veränderung chung sind nicht nur Gastritis/Duodenitis, pepti- des Anteils aufweisen, stieg im gleichen Zeitraum sches Ulkus bzw. der Verdacht darauf. Sie werden in den allgemeinmedizinischen Praxen der Anteil auch aus anderen Gründen bzw. zu diagnostischen der Behandlungsfälle mit der Diagnose »Reflux« Abklärungen durchgeführt. Das trifft insbesonde- (K21) von 3,1 % auf 7,4 % [161]. re auch für die stationär durchgeführten diagnos- Auffällig ist, dass die Diagnose »Dyspepsie« tischen Endoskopien zu (z. B. unklare Blutarmut, (ICD-10: K30) wider Erwarten unter den 30 häu- akute starke abdominelle Beschwerden). Im Rah- figsten Behandlungsanlässen nicht vorkommt. men einer sicheren Diagnostik von Gastritis und Eine Analyse der ADT-Panel-Daten fand einen Ulkus sind sie aber im Allgemeinen üblich. Eine dif- Anteil von weniger als 0,5 % und kam zu dem ferentialdiagnostische Abklärung bei allen Patien­ Ergebnis, dass in sehr vielen Fällen stattdessen die tinnen und Patienten mit Oberbauchbeschwerden Diagnose »Gastritis« (ICD-10: K29) kodiert wurde, erscheint jedoch nicht realistisch, auch mit Blick was eine Überkodierung von Gastritis bzw. eine auf die damit verbundenen Beeinträchtigungen der Unterkodierung von Dyspepsie bedeuten würde Betroffenen bzw. möglichen Nebenwirkungen der [160]. Dies legten auch Ergebnisse einer Münche- Untersuchung, so dass einer Gastroskopie immer ner Qualitätsstudie nahe, die bei der Gastroskopie eine Abwägung von potenziellem Nutzen und von Patientinnen und Patienten mit Oberbauch- Schaden vorangehen sollte. Gesundheitsberichterstattung des Bundes – Heft 55 43

Die Zahl der stationären diagnostischen Öso- erfolgte. Diese Verteilung unterschied sich kaum phago-Gastroduodenoskopien wird seit einigen zwischen Frauen und Männern. Hochgerechnet Jahren in der amtlichen DRG-Statistik der Kran- ergibt sich daraus, dass ca. 3,7 % der Erwachsenen kenhäuser ausgewiesen. Für 2010 wurden 1.203.174 in den letzten 12 Monaten aufgrund von Gastritis solcher Untersuchungen registriert. Seit 2006 war oder peptischem Ulkus entsprechende Medikamen- die Zahl um rund 5 % gestiegen. te (siehe Abschnitt 2.5.2) ärztlich verordnet wurden.

7 4 Arzneimittelanwendung 7 4 2 Entwicklung der Verordnungsmengen

7 4 1 Ergebnisse von GEDA 2009 Abbildung 12 zeigt einen starken Anstieg der Ver- ordnungsmengen von Ulkustherapeutika, speziell In der Studie »Gesundheit in Deutschland aktuell von Protonenpumpeninhibitoren (PPI), deren Ein- 2009« (GEDA 2009) des Robert Koch-Instituts führung seit den 1990er-Jahren zudem allmählich (siehe auch Abschnitt 5.2) wurden diejenigen, die zur Verdrängung von Antazida und H2-Antago- angaben, dass bei ihnen in den letzten 12 Monaten nisten führte. eine Gastritis/Duodenitis oder ein Magen- bzw. Die PPI-Verordnungen in der GKV stiegen Zwölffingerdarmgeschwür aufgetreten sei, gefragt, von 192 Mio. DDD (defined daily dose – definierte welche Behandlung dafür erfolgte (siehe auch Text- Tagesdosen) im Jahr 1997 auf 2.272 Mio. DDD im kasten 3). Jahr 2010. Das ist ein Anstieg von mehr als 1.000 %. Rund 85 % gaben an, dass mit ärztlich verord- Verordnungen von Arzneimitteln aus der Gruppe neten Arzneimitteln behandelt wurde, 10 % wende- der H2-Rezeptorantagonisten hatten sich im selben ten nur Hausmittel bzw. »selbst gewählte Medika- Zeitraum ungefähr halbiert, auf 96 Mio DDD im mente« an, 5 % gaben an, dass keine Behandlung Jahr 2010. Die früher ebenfalls breiter eingesetz-

Abbildung 12 Entwicklung der Verordnungsmengen verschiedener Ulkustherapeutika in der GKV von 1997 bis 2010, in Millionen definierten Tagesdosen/DDD (Angaben in den für Deutschland 2006 aktualisierten DDD ) Quelle: [166, 167]

Millionen DDD 2.500

2.250

2.000

1.750

1.500

1.250

1.000

750

500

250

1997 1998 1999 2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007 2008 2009 2010 Jahr Antazida H2-Antagonisten Protonenpumpenhemmer (PPI) 4444 Gesundheitsberichterstattung des Bundes – Heft 55

ten Antazida sind zudem seit 2004 in der GKV Dass der Kostenantieg für die verordneten nur noch sehr eingeschränkt verordnungsfähig, Ulkustherapeutika, insbesondere für die PPI, in entsprechend sind die Verordnungsmengen sehr den vergangenen Jahren nicht genauso stark ausfiel gering (10 Mio. DDD im Jahr 2010). Da Antazida wie der Mengenanstieg, liegt unter anderem daran, freiverkäuflich sind, spielen sie im Rahmen der dass sich der Anteil der preiswerteren Generika Selbstmedikation durchaus weiterhin eine Rolle. (wirkstoffgleiche Nachahmerpräparate) erhöht hat. Da die H. pylori-Eradikationsbehandlungen mit Betrugen die durchschnittlichen Kosten je DDD der einer Kombination von mehreren unterschied­ PPI für die GKV z. B. im Jahr 2006 noch 0,85 €, so lichen Medikamenten erfolgen, die jeweils auch waren es 2010 nur noch 0,39 € [166, 167]. für andere Indikationen eingesetzt werden, lassen Auf Ulkustherapeutika-Verordnungen entfielen sich die spezifischen Verordnungsmengen nicht 2010 in der GKV Kosten von 927 Millionen Euro. In zuordnen, außer bei ZacPac®, einem Kombina­ den Jahren davor lagen diese teilweise sogar deut- tionspräparat, das speziell für die »französische« lich über einer Milliarde Euro. Viele Jahre lang Tripeltherapie (siehe 4.5) eingesetzt wird. Dessen wurden im Rahmen der Bemühungen um Kos- jährliche Verordnungsmengen in der GKV betru- tendämpfung die hohen Kosten der PPI und die gen laut Arzneiverordnungsreport in den Jahren großen Einsparpotenziale durch stärkere Verord- 2002 bis 2010 zwischen 1,0 und 1,5 Mio. DDD und nung von Generika thematisiert (z. B. [168]). Ent- geben keinen Hinweis auf aktuell ansteigende sprechend waren die höchsten Zuwachsraten der Anzahlen der Eradikationsbehandlungen. PPI-Verordnungen bei den preiswertesten Gene- PPI gehören inzwischen zu den am meisten rika zu verzeichnen; folglich haben sich die Ein- verordneten Arzneimitteln überhaupt. Wie Abbil- sparpotenziale reduziert, sie sind aber noch nicht dung 13 zeigt, betrifft die Steigerung der PPI-Ver- ausgeschöpft [169]. ordnungsmengen alle, insbesondere aber die höhe- Ferner wurden ab 2006 für Deutschland einige ren Altersgruppen der Erwachsenen. Seit Sommer DDD (hier im Sinne von empfohlenen Tagesdosen) 2009 sind einige PPI (Omeprazol und Pantoprazol) für PPI-Analogpräparate gesenkt (z. B. bei Panto­ in beschränkter Packungsgröße auch zum freien prazol von 40 mg auf 20 mg), was zusätzlich zu Verkauf zugelassen. Dabei wird im Rahmen der einer Kostenreduktion beitragen könnte. Selbstmedikation eine nur kurzzeitige Anwendung Die Wirksamkeit der unterschiedlichen Wirk- empfohlen. stoffe der diversen PPI-Präparate wird weitgehend

Abbildung 13 Verordnete Tagesdosen von Ulkustherapeutika (ATC-Code A02) in der GKV 2006 und 2010 nach Altersgruppen, definierte Tagesdosen (DDD) pro Versicherte Quelle: [41, 42]

140 Tagesdosen

120

100

80

60

40

20

0 – 4 5 – 9 10 – 14 15 – 19 20 – 24 25 – 29 30 – 34 35 – 39 40 – 44 45 – 49 50 – 54 55 – 59 60 – 64 65 – 69 70 – 74 75 – 79 80 – 84 85 – 89 90 + Altersgruppe 2006 2010 Gesundheitsberichterstattung des Bundes – Heft 55 45

als gleichwertig angesehen. Diskutiert werden men, erhielten pro Jahr 53 % eine Verordnung, 18 % Unterschiede bei möglichen Interaktionen mit zwei, 10 % drei und 19 % vier und mehr Verord- anderen Arzneimitteln, was zum Beispiel eine nungen. Für diejenigen, die über einen Zeitraum Bedeutung bei Älteren hat, die mehrere Medika- von vier Quartalen PPI verordnet bekamen, wur- mente, und diese zum Teil langfristig, einnehmen. den alle für sie kodierten Diagnosen betrachtet. Es gibt Hinweise darauf, dass das Absetzen der 18 % dieser Diagnosen betrafen das Verdauungs- PPI bzw. das Unterbrechen der Einnahme insbe- system, 15 % das Muskel-Skelett-System (Zahlen sondere nach langzeitiger Anwendung sehr schwie- von 2004). Die Analyse wertet dies als Hinweis rig sein kann (z. B. [170, 171]). Auch deshalb erschei- da rauf, dass PPI keineswegs überwiegend im Rah- nen sorgsame Indikationsstellung, angemessene men der Hauptindikationen »Gastritis und Duode- Dosierungen, gegebenenfallls intermittierende Ein- nitis« sowie »Gastroösophageale Refluxkrankheit« nahme und evtl. auch Versuche von schrittweiser eingesetzt werden, sondern zu einem großen Teil Dosisreduktion wichtig. auch als Begleitmedikation für NSAR bzw. zur Ver- besserung von deren Magenverträglichkeit dient [168]. 7 4 3 Indikationen für PPI und Angemessenheit Als wünschenswert sieht diese Analyse unter der Verordnungen anderem, dass die Therapieempfehlungen für die jeweiligen Indikationen in Bezug auf die Dosie- Ein wichtiger Diskussionspunkt ist, ob die PPI rung und Anwendungsdauer differenzierter for- in Bezug auf Indikation, Dosierung und Anwen- muliert werden und dass die Versorgungsfor- dungsdauer medizinisch angemessen aber auch schung mögliche Defizite im Umgang mit diesen wirtschaftlich eingesetzt werden. Dabei wird über Arzneimitteln aufdecken solle, um Effizienzpoten- die Gründe der starken Mengenausweitung der ver- ziale besser auszuschöpfen und eventuelle Über-, gangenen Jahre und mögliche Anhaltspunkte für Unter- und Fehlversorgung zu verringern [168]. Über-, Unter- und/oder Fehlversorgung diskutiert. Eine wichtige Frage sei dabei, welche Dosierungs- Relativ unstrittig erscheint in dieser Diskus­sion, und Verordnungsempfehlungen für eine »sekun- dass die erhebliche Mengenausweitung der PPI- däre« Begleitmedikation zu NSAR/ASS gelten sol- Verordnungen nicht allein aus Veränderungen der len – im Unterschied zur »primär« vorgesehenen Morbidität erklärt werden kann. Der Arzneiverord- Anwendung bei gastrointestinalen Erkrankungen. nungsreport konstatiert, dass der vermehrte klini- Auch das Zentralinstitut für die kassenärztliche sche Einsatz der PPI einerseits deren Wirksamkeit Versorgung (ZI) befasste sich mit dem Thema PPI- bei Ulkuskrankheit, Refluxkrankheit und bei der Verordnungen und organisierte dazu 2006 einen Prävention von NSAR/ASS-Nebenwirkungen wider- Expertenworkshop [126]. Die Verordnung von PPI spiegelt, andererseits aber die Refluxerkrankung sei bei allen Diagnosen ICD-10: K21 – K30 (siehe sicher nicht so stark zugenommen hat und die Tabelle 2) offensichtlich das Mittel der Wahl. Die H. pylori-Verbreitung sogar abnimmt. Angenommen Menge der verordneten PPI lasse eine probatori- wird deshalb, dass die PPI auch bei der sehr häufigen sche (versuchsweise) Behandlung fast aller Patien- funktionellen Dyspepsie eingesetzt werden, obwohl tinnen und Patienten mit diesen Krankheitsbildern für diese Indikation die wissenschaftliche Evidenz vermuten [173]. Die Verordnungsmengen legten nur durch wenige Studien gestützt wird [167]. nahe, dass es bei PPI-Verordnungen einen großen Der Arzneimittelatlas 2008 vermutete, dass Anteil von Langzeitbehandlungen und Wiederho- angesichts der gesunkenen Preise für die PPI die lungsverordnungen gebe [126]. Indikationen für die Verordnungen weniger rest- Als ein weiterer Erklärungsansatz für die gro- riktiv als in der Vergangenheit gestellt wurden, sah ßen und anhaltend wachsenden Verordnungs- aber 2008 keinen Grund, den Verbrauch als Über- mengen wird auch ein unangemessener Einsatz versorgung zu interpretieren [172]. von PPI in Krankenhäusern diskutiert, insbeson- Die Muster der PPI-Verordnungen untersuchte dere wenn die PPI im ambulanten Bereich nach auch die Gmünder Ersatzkasse (GEK) anhand der der Entlassung nicht abgesetzt werden bzw. keine Verordnungsdaten ihrer GKV-Versicherten [168]. schrittweise Dosisreduktion (step-down) versucht Von den Versicherten, die ein PPI verordnet beka- wird. Es wird zudem diskutiert, dass PPI gerade in 4646 Gesundheitsberichterstattung des Bundes – Heft 55

der Langzeitanwendung oft in zu hohen Dosierun- 14 % überproportional. Das weist auf eine gestiege- gen eingesetzt würden und dass nach einer Akut- ne Bedeutung dieser Krankheitsgruppe hin. Wel- behandlung bei Reflux- und Ulkuskrankheit oft kei- chen Anteil dabei Gastritis/Duodenitis und pepti- ne Dosisreduktion erfolge [174, 175]. sches Ulkus haben (K25-K29), kann nur teilweise Diese Problematik wird auch in anderen Län- geschätzt werden. Ihr Anteil der stationären Bele- dern diskutiert (z. B. [176]). Studien in Großbri- gungstage bezogen auf K20-K31 betrug immerhin tannien und den USA ergaben, dass dort ein sehr 70 % (Zahlen von 2010) [127]. großer Teil aller stationär Behandelten im Kran- Die Kosten für Apotheken (dazu gehören die kenhaus PPI erhielt und mit dieser Verordnung Arzneimittelkosten) waren für die Guppe K20-K31 entlassen wurde, wobei sehr oft keine Begrün- im Jahr 2008 jedoch nur 5 % höher als 2002. Das dung dafür angegeben bzw. keine Hinweise auf ist eine geringere Steigerung als für alle Krankhei- die Anwendungsdauer mitgegeben wurden. ten insgesamt mit 19 %. Auch eine Studie von 2006/07 aus Mecklen- burg-Vorpommern stützt die Vermutung, dass es auch hierzulande Probleme mit evtl. unange- 8 Ausblick messenem Einsatz der PPI im Krankenhaus gibt, jedenfalls hinsichtlich nicht hinreichend begrün- Es ist anzunehmen, dass in Deutschland aufgrund deter Entlassungsmedikation und Weiterverord- des beschriebenen Kohorteneffekts die Verbreitung nung. In mehr als der Hälfte der Fälle gab es in von H. pylori weiter zurückgehen wird. Der Rück- den Entlassungsbriefen keine Begründung für gang dieses Risikos für Gastritis und gastroduode- die empfohlene Weiterbehandlung mit PPI, bzw. nale Ulzera könnte allerdings mehr als aufgewogen nur in einem Drittel der Fälle erfolgte die Angabe werden durch eine vermutlich weitere Zunahme einer von der Studie als adäquat bewerteten Indi- des Verbrauchs von potenziell magenschädlichen kation. Rund zwei Drittel aller PPI-Verordnungen Arzneimitteln insbesondere von NSAR und ASS. aus dem Krankenhaus wurden mindestens einen Angesichts der steigenden Anzahl Älterer in der Monat lang durch die Hausärztinnen/Hausärzte Bevölkerung kann von einer entsprechenden fortgeführt [177]. Zunahme an potenziellen Indikationen für diese Arzneimittelanwendungen, z. B. für einen gefäß- protektiven ASS-Einsatz, ausgegangen werden. 7 5 Krankheitskosten Die Anteile der beiden derzeitigen Hauptrisi- kofaktoren (H. pylori und Arzneimittelnebenwir- Die Krankheitskostenrechnung des Statistischen kungen) für Gastritis und Ulkus werden sich ver- Bundesamts weist als sogenannte direkte Kosten mutlich weiter verändern, wobei auch die Einflüsse für 2008 von insgesamt 254.280 Mio. € den Krank- von weiteren Risiken wie Ernährungsweise, Stress heiten des Verdauungssystems (ICD 10: K00 – K93) und Tabakkonsum nicht zu vernachlässigen sind. 34.814 Mio. € zu, darunter den Krankheiten des Öso- Wie sich das Auftreten und die Krankheitslast phagus, des Magens und des Duodenums (ICD-10: von Gastritis und Ulkus weiter entwickeln, wird K20-K31) 3.600 Mio. €. (Eine feinere Untergliede- wesentlich von der Dynamik der Risikofaktoren rung der Krankheiten wird nicht gerechnet). Ein- abhängen. Es spricht vieles dafür, dass – sowohl richtungsbezogen wurden von den o.g. 3.600 Mio. € für die individuellen Fälle als auch für die epide- den Krankenhäusern 766 Mio. €, den Arztpraxen miologischen Aspekte – dem Zusammenwirken 816 Mio. € und den Apotheken 1.420 Mio. € zuge- der vielfältigen Einflussfaktoren, z. B. vonH. pylori ordnet [178]. mit Stress und Ernährung, stärkere Aufmerksam- Von 2002 bis 2008 stiegen die der Krankhei- keit geschenkt werden sollte. tengruppe K20-K31 zugeordneten Kosten um rund Eine mögliche Verringerung der Krankheits- 20 %, das ist etwas mehr als der Anstieg insgesamt last könnte vermutlich durch die Beeinflussung mit 16 %. Verglichen mit der Kostenentwicklung für der NSAR/ASS-Verschreibungsmuster erreicht alle Krankheiten stiegen für K20 – K31 die Kosten werden. für Arztpraxen mit 29 % versus 23 % und beson- Wünschenswert wäre, dass Komplikationen ders für Krankenhausbehandlung mit 45 % versus noch besser vorgebeugt werden kann sowie die Gesundheitsberichterstattung des Bundes – Heft 55 47

Sterblichkeit insbesondere bei komplizierten 9 Literatur Krankheitsfällen verringert wird. Dabei wäre es unter anderem hilfreich, noch besser bzw. präzi- 1. Misiewicz JJ, Tytgat GNJ, Goodwin CS et al. ser zu wissen, bei welchen individuellen Risiko- (1990) The Sydney System: a new classification konstellationen verstärkt mit Komplikationen zu of gastritis, 9th Congress of Gastroenterology rechnen ist. (OMGE) 26.-31.8.1990, Sydney, Australia. Pro- Vor allem mit den Protonenpumpenhemmern ceedings of the Working Party Report for the (PPI) stehen hochwirksame Arzneimittel zur The- Sydney World Congress of Gastroenterology. rapie und auch zur Prävention von Gastritis und Melbourne: Blackwell Scientific Publications; gastroduodenalen Ulzera zur Verfügung. Die enor- 1990, S 1–10 me Steigerung ihrer Verordnungsmengen seit der 2. Dixon MF, Genta RM, Yardley JH et al. (1996) Einführung in den 1990er-Jahren ist zu einem Teil Classification and grading of gastritis. The aus dem begleitenden Einsatz als Magenschutz updated Sydney System. International Work- bei der Anwendung von NSAR/ASS zu erklären. shop on the Histopathology of Gastritis, Hou- Häufig werden sie auch bei der gastroösophagealen ston 1994. Am J Surg Pathol 20(10): 1161–1181 Refluxkrankheit eingesetzt. Anzunehmen ist, dass 3. Malfertheiner P (2007) Gastritis und peptisches die PPI verbreitet auch bei funktioneller Dyspepsie Ulkus. In: Schölmerich J (Hrsg) Medizinische zum Einsatz kommen. Therapie 2007/2008. Springer, Berlin, S 763–777 Abgesehen von den hohen Kosten (deren 4. Rugge M, Meggio A, Pennelli G et al. (2007) Anstieg jedoch unter anderem durch verstärkten Gastritis staging in clinical practice: the OLGA Generikaeinsatz gebremst wurde) wird der so stark staging system. Gut 56(5): 631–636 verbreitete und weiter zunehmende Einsatz der 5. Sipponen P, Varis K, Fräki O et al. (1990) Cumu- PPI wegen deren auch langfristigen Nebenwir- lative 10-year risk of symptomatic duodenal and kungen inzwischen hinterfragt. Diskutiert wird, gastric ulcer in patients with or without chronic in welchen Dosierungen und welchen Anwen- gastritis. A clinical follow-up study of 454 outpa- dungsdauern bei welchen Indikationen die PPI tients. Scand J Gastroenterol 25(10): 966–973 verordnet werden sollten und wie eine angemesse- 6. Malfertheiner P, Chan FKL, McColl KEL (2009) ne Verschreibungspraxis erreicht werden kann. Ein . Lancet 374: 1449–1461 Hauptproblem ist, dass es noch sehr viele Unklar- 7. Dorer MS, Talarico S, Salama NR (2009) heiten über optimale Dosierungen und Anwen- Helicobacter pylori’s Unconventional Role in dungsdauern der PPI für die verschiedenen Indika- Health and Disease. PLoS Pathogens 5(10): 1–6 tionen gibt. Zudem müssten solche Erkenntnisse – e1000544 in die Praxis umgesetzt werden. Wünschenwert ist 8. Koop H, Schepp W, Müller-Lissner S et al. (2005) sicher ein sinnvoller, aber auch maßvoller Einsatz Gastroösophageale Refluxkrankheit – Ergeb- sowohl der NSAR/ASS als auch der PPI. nisse einer evidenzbasierten Konsensuskonfe- Auch in Bezug auf Helicobacter pylori gibt es renz der Deutschen Gesellschaft für Verdau- noch viele offene Fragen, z. B. zu den Faktoren, ungs- und Stoffwechselkrankheiten. Z Gastro- die die Besiedlung beeinflussen und zu denen, enterol 43: 163–194 die die Pathogenität dieses Erregers erhöhen. Die 9. Tack J, Talley NJ, Camilleri M et al. (2006) Func- Resistenzentwicklung von H. pylori gegen die ange- tional Gastroduodenal Disorders. Gastroenter- wendeten Antibiotika muss weiterhin beobachtet ology 130(5): 1466–1479 werden, unter anderem, damit Therapieschemata 10. Fischbach W, Malfertheiner P, Hoffman JC et angepasst werden können. al. (2009) S3-Leitlinie »Helicobacter pylori und Im Zusammenhang mit der weiteren Erfor- gastroduodenale Ulkuskrankheit« der Deut- schung des mikrobiellen Ökosystems des Men- schen Gesellschaft für Verdauungs- und Stoff- schen und den Folgen seiner Veränderung ist auch wechselkrankheiten (DGVS). Z Gastroenterol die Frage interessant, in welchen Zusammenhän- 47: 68–102 gen H. pylori mit anderen Erkrankungen steht, und 11. Malfertheiner P, Megraud F, O’Morain CA ob dies eventuell zu einer neuen Bewertung des et al. (2012) Management of Helicobacter Faktors Helicobacter führen kann. pylori – the Maastricht IV/Florence 4848 Gesundheitsberichterstattung des Bundes – Heft 55

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10 Glossar

analgetisch schmerzlindernd Antazida Magensäure bindende Arzneimittel antiphlogistisch entzündungshemmend ASS Acetylsalizylsäure (Arzneimittel, z. B. Aspirin®) Atrophie, atrophisch Gewebeschwund Bikarbonat Salz der Kohlensäure, im Gegensatz bzw. als Ausgleich zur Magensäure basisch wirkend Biopsie Entnahme einer Gewebeprobe CAG Abk. für chronische atrophische Gastritis Cox-2-Hemmer, Coxibe Medikamentengruppe; selektive NSAR, die vorzugsweise das Cox-2-Enzym hemmen DDD, defined daily dose »definierte Tagesdosis«, angenommene durchschnittliche Tagesdosis eines Arzneimittels Endoskopie, endoskopisch Diagnose (und ggf. Therapie) in Körperhöhlen mit entsprechenden Instrumenten Gastroenterologie Teilgebiet der Inneren Medizin, welches sich speziell mit dem Verdauungssystem befasst gastrointestinal Magen und Darm betreffend Gastroskopie, Gastroduodenoskopie »Magenspiegelung«, endoskopische Untersuchung, die meist Speiseröhre, Magen und Zwölffingerdarm umfasst GKV gesetzliche Krankenversicherung Helicobacter pylori im menschlichen Magen siedelnde Bakterienspezies histologisch feingeweblich Läsion eigentlich »Verletzung«, hier im Sinne eines oberflächlichen Gewebedefekts metaplastisch Zellveränderung, Umwandlung einer Gewebeart in eine andere (z. B. tumoröse) Mukosa Schleimhaut, z. B. Magenschleimhaut NSAR, NSAID nichtsteroidale Antiphlogistika/Antirheumatika engl. non-steroidal antiinflammatory drugs obere gastrointestinale Blutung Blutung aus Speiseröhre, Magen oder Zwölffingerdarm pathogen, Pathogenität krankmachend, das Potenzial krank zu machen peptisches Ulkus zusammenfassend für Magen- und Zwölffingerdarmgeschwüre PKV private Krankenversicherung PPI Protonenpumpeninhibitoren, Protonenpumpenhemmer, »Säureblocker« Pylorus Magenausgang, Magenpförtner Rebound (verstärktes) Wiederauftreten einer Erkrankung nach Absetzen eines Arzneimittels tNSAR Medikamentengruppe; traditionelle/nichtselektive NSAR (im Gegensatz zu den »selektiven« Coxiben) Ulkus, gastroduodenales Ulkus, Geschwür; im Magen oder Zwölffingerdarm; Gewebedefekt bis ins Schleimhautuntergewebe Plural: Ulzera ulzerogen die Entwicklung von Geschwüren (Ulzera) begünstigend Virulenz Infektionskraft eines Erregers Gesundheitsberichterstattung des Bundes – Heft 55 57 5858 Gesundheitsberichterstattung des Bundes – Heft 55 Gesundheitsberichterstattung des Bundes – Heft 55 59

Bibliografische Information Der Deutschen Bibliothek Die Deutsche Bibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie.

Herausgeber Robert Koch-Institut Nordufer 20 13353 Berlin

Redaktion Robert Koch-Institut Gesundheitsberichterstattung Elisabeth Gaber, PD Dr. Thomas Lampert General-Pape-Straße 62 12101 Berlin

Autor und Autorin PD Dr. med. Dr. PH Reinhard Bornemann Universität Bielefeld Dipl.-Math. Elisabeth Gaber Robert Koch-Institut, Berlin

Abonnentenservice Die Hefte »Gesundheitsberichterstattung des Adressen Bundes« können im Abonnement oder als Robert Koch-Institut einzelne Hefte kostenlos bezogen werden. Gesundheitsberichterstattung Postfach 650261 Zitierweise 13302 Berlin Robert Koch-Institut (Hrsg) (2013) Tel.: 030-18754-3400 Gastritis, Magen- und Zwölffingerdarmgeschwüre. Fax: 030-18754-3513 Gesundheitsberichterstattung E-Mail: [email protected] des Bundes. Heft 55. RKI, Berlin www.rki.de/gbe Grafik/Satz Statistisches Bundesamt, Zweigstelle Bonn Gisela Dugnus Gruppe H 1 Robert Koch-Institut Gesundheit, Soziales Graurheindorfer Straße 198 Druck 53117 Bonn Ruksaldruck, Berlin Tel.: 0228-99643-8121 Fax: 0228-99643-8996 ISBN 978-3-89606-220-8 E-Mail: [email protected] ISSN (Print) 1437-5478 www.gbe-bund.de ISSN (Internet) 2192-8851 Die politische und finanzielle Verantwortung für die Gesundheitsberichterstattung des Bundes liegt beim Bundesministerium für Gesundheit.

Gesundheitsberichterstattung des Bundes

Robert Koch-Institut in Zusammenarbeit mit dem Statistischen Bundesamt

Heft 55 September 2013

Gastritis, Magen- und Zwölffingerdarmgeschwüre

Berlin: Robert Koch-Institut ISBN 978-3-89606-220-8 ISSN (Print) 1437-5478 ISSN (Internet) 2192-8851 Stomach complaints are still a common health problem. According to the results of a recent survey conducted by the Robert Koch Institute, a fifth of the adult population of Germany has had a medi- cally diagnosed gastritis at some time or other, and seven percent a gastric or duodenal ulcer (ulcus). The latter is a severe form of illness which can involve serious complications. Opinions as to the cause of gastritis and ulcus, as well as the proportional significance of the risks, have changed considerably in recent years. Prior to the discovery in the 1980s of widespread bacterial colonisation with H. pylori and the contribution this makes towards the development of inflammations and ulcers, psychosomatic causes were regarded as being of greatest significance. Whereas the spread of H. pylori is on a sharp decline in Germany, the further increase in the use of which have the potential to damage the stomach (e.g. NSAID and ASA) is gaining in significance. Other factors such as tobacco consumption, psycho-social stress and nutrition also play a role, however, and the interplay of the influences is very complex. With proton pump inhibitors (PPI), highly effective medications for treatment and prevention also known as “gastric protection” have become available in the meantime, but the continuing sharp increase in the consumption thereof can pose problems too. ROBERT KOCH INSTITUT Statistisches Bundesamt

Nach wie vor sind Magenbeschwerden ein häufiges Gesundheitsproblem. Nach aktuellen Studien­ ergebnissen des Robert Koch-Instituts hatten ein Fünftel der Erwachsenen in Deutschland schon einmal eine ärztlich diagnostizierte Gastritis, sieben Prozent schon einmal Magen- bzw. Zwölf­ fingerdarmgeschwüre (Ulkus). Letztere sind eine schwerere Krankheitsform, bei der es zu ernsten Komplikationen kommen kann. Sowohl die Sicht auf die Ursachen von Gastritis und Ulkus als auch die anteilige Bedeutung der Risiken haben sich in den letzten Jahrzehnten erheblich verändert. Vor der in den 1980er-Jahren gelungenen Entdeckung der weit verbreiteten bakteriellen Besiedlung mit H. pylori und dessen Heft 55 Beitrag zur Entstehung von Entzündungen und Geschwüren wurde vor allem psychosomatischen Gastritis, Magen- und Ursachen eine große Bedeutung zugeschrieben. Während in Deutschland die Verbreitung von Zwölffingerdarmgeschwüre H. pylori stark zurückgeht, gewinnt die weiter zunehmende Anwendung von potenziell magen­ schädigenden Arzneimitteln (z. B. NSAR und ASS) eine wachsende Bedeutung. Weitere Faktoren, wie Tabakkonsum, psychosoziale Belastungen und Ernährung, spielen aber auch eine Rolle, und das Zusammenwirken der Einflüsse ist sehr komplex. Mit den Protonenpumpenhemmern (PPI) stehen inzwischen hochwirksame Arzneimittel für die Behandlung und zur Prävention (»Magenschutz«) zur Verfügung. Aber auch deren anhaltend starker Verbrauchsanstieg ist nicht unproblematisch.

© Robert Koch-Institut ISBN 978-3-89606-220-8 ISSN (Print) 1437-5478 ISSN (Internet) 2192-8851

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