Wilma Neruda Hat Nie Ein Konservatorium Besucht, Son- Dern Erhielt Violinunterricht Von Ihrem Vater Und Später Von Leopold Jansa
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Neruda, Wilma 1) („Ich spielte ein Konzert von de Beriot und von dem Tag an, außer ich machte Pausen, um zu studieren oder ande- re Sachen, habe ich immer regelmäßig öffentlich ge- spielt.“) (Übersetzung: Caroline Fridberg) Profil Wilma Neruda hat nie ein Konservatorium besucht, son- dern erhielt Violinunterricht von ihrem Vater und später von Leopold Jansa. Schon früh wurde ihre musikalische Begabung als Wunderkind und ihr kräftiger Bogenstrich bestaunt. Später bekannt als reisende Violinvirtuosin wurde sie oft als weiblicher Gegenpol zu Joseph Joachim beschrieben. Als anerkannte Kammermusikerin spielte sie regelmäßig in London in den Monday und Saturday Popularkonzerten als Primaria des Streichquartettes. Sie war Dozentin für Violine von 1867-1870 am Konservatori- um in Stockholm und von 1900-1902 am Sternschen Konservatorium in Berlin. Orte und Länder Wilma Neruda verbrachte ihre Kindheit in Brünn und Wien, bis sie ab 1847 als reisendes Wunderkind mit ih- ren Geschwistern außer in Deutschland und Öster- reich/Ungarn, in den Niederlanden, Belgien, Frankreich, England, Polen, Russland, Schweden und Dänemark kon- zertierte. Von 1864 bis 1869 lebte und arbeitete sie in Stockholm. Neben ihrer Konzerttätigkeit unterrichtete sie Violine am Königlichen Konservatorium (1867-1870). Eine Konzertreise 1869 nach London nahm sie zum An- Wilma Neruda, Brustbild mit Violine lass, dorthin überzusiedeln. Zahlreiche Konzerttourneen führten sie u.a. auf das europäische Festland, zweimal Wilma Neruda nach Australien (1890, 1891), nach Südafrika (1895) und Varianten: Wilma Norman-Neruda, Wilma Maria die USA (1899). Ab 1900 unternahm Wilma Neruda ihre Francisca Neruda, Wilma Maria Francisca Norman- Tourneen von Berlin aus, wo sie auch zwei Jahre Neruda (1900-1902)am Sternschen Konservatorium unterrichte- te. * 21. März 1838 in Brünn, Österreich † 15. April 1911 in Berlin, Deutschland Biografie Wilma Neruda erhielt ihren ersten Violinunterricht bei Violinvirtuosin, Kammermusikerin, Dozentin für Violine ihrem Vater, dem Domorganisten des Petersdoms in am Konservatorium in Stockholm und am Sternschen Brünn, und ab 1844 bei Leopold Jansa. Schon im Dezem- Konservatorium in Berlin ber 1846 begeisterte sie das Publikum bei ihrem Debut mit ihrer Schwester Amalie am Klavier im Wiener Musik- „Jag spelade en konsert af de Beriot, och alltifran den da- vereinssaal. Im Januar 1847 trat sie gemeinsam mit Jen- gen har jag, utan nagra afbrott för studier eller nagot an- ny Lind auf, mit der sie auch im Februar des gleichen nat, regelbundet spelat offentligt.“ (o.A. Interview mit Vil- Jahres bei der regierenden Kaiserin ein Konzert gab. helmina Neruda-Norman. In: Idun. Praktisk Veckotid- Nach ihrem dritten erfolgreichen Konzert in Wien organi- ning for Kvinnen och Hemmet. 1.8.1890, 3. Jg. Nr. 31. S. sierte der Vater Konzertreisen für seine Kinder durch – 1 – Neruda, Wilma ganz Europa. Bis 1849 konzertierten sie in Brünn, Ol- penhagen. mütz, Prag, Berlin, Leipzig, Baden – hier trat auch der Lady Hallé – Wilma Neruda verstarb am 15.4.1911 in Ber- Bruder Viktor mit dem Cello das erste Mal mit auf – Zit- lin. tau, Breslau, Bratislava, Hannover, Bremen, Hamburg, Mehr zu Biografie Amsterdam, Brüssel, Potsdam, Magdeburg, Erfurt, Jena, Darmstadt und schließlich London und Manchester. Seit Wie viele musikalische Wunderkinder stammte Wilma Ende 1849 reiste die Familie als Quartett in folgender Be- Neruda aus einer Musikerfamilie. Am 21. März 1838 wur- setzung: Wilma, Schwester Marie – Violine, Vater Josef de sie als drittes Kind des Domorganisten Josef Neruda – Viola und Viktor – Cello. (1807-1875) und seiner Frau Francisca, geborene Merta, Mehrere Konzerttourneen führten Wilma Neruda und ih- in Brünn geboren. Früh führte Josef Neruda seine Kin- re Geschwister in den 1850er Jahren nach Russland und der an die Musik heran. Die ältere Schwester Amalie Polen. Nach dem Tod des Bruders Viktor (1852) über- (1834-1890) lernte Klavier und der Bruder Viktor nahm im Jahr 1857 der Bruder Franz den Cellopart im (1836-1852) Violine. Gerade das Instrument des größe- Familientrio und -quartett. ren Bruders erregte besonders die Neugier der kleinen Am 13.11.1861 debütierte Wilma Neruda mit ihrer Wilhelmine, und sie übte heimlich auf seiner Geige. Als Schwester Marie und dem Bruder Franz in Stockholm im der Vater die Begabung seiner Tochter bemerkte, unter- „Mindre Teater“. Außer einigen Konzerten in Brünn tra- richtete er sie auf der Violine. 1844 gab er seine Stelle als ten sie von 1861-1863 fast ausschließlich in Skandinavien Organist auf, und die Familie zog nach Wien. Dort er- auf. Im Januar 1864 heiratete Wilma Neruda den schwe- hielt Wilma Unterricht bei Professor Leopold Jansa dischen Komponisten und Dirigenten Ludvig Norman (1795-1875), der zu der Zeit eine führende Rolle im Wie- (1831-1885), von dem sie sich fünf Jahre später wieder ner Musikleben einnahm. Im Dezember 1846 präsentier- trennte. Aus dieser Ehe gingen zwei Söhne hervor. Ne- te sie sich mit großem Erfolg das erste Mal mit ihrer ben ihrer vielfältigen Konzerttätigkeit war sie von Schwester Amalie in einem öffentlichen Konzert im Mu- 1867-1870 als Geigenlehrerin an den „Kungliga Musikals- sikvereinssaal in Wien mit dem Konzert in D-Dur von ka Akademien“ tätig. Charles de Beriot. Außerdem brachte sie in diesem Kon- Nach ihrem erfolgreichen Konzert in London am zert die „Elegie“ von Heinrich Wilhelm Ernst und die „Va- 17.5.1869 entschloss sie sich, ihren Lebensmittelpunkt riationen“ für Violine und Klavier von Leopold Jansa zur dorthin zu verlegen. Seit November des gleichen Jahres Aufführung. bis 1898 spielte sie regelmäßig in der Winter- und Früh- Nach ihrem dritten glänzenden Auftritt in Wien organi- jahrssaison als Primaria Quartett mit Louis Ries, Zerbini sierte der Vater Konzertreisen für seine Töchter und den und Alfredo Piatti (dem englischen Quartett von Joseph bald dazukommenden Viktor, nun mit dem Cello, in Joachim) in den Monday- und Saturday Popular Concer- ganz Europa. Die Tourneen führte die Familie von Wien ten. Regelmäßige Solokonzertauftritte mit dem Hallé Or- nach Brünn, Olmütz, Berlin, Leipzig, Prag, Breslau, Dres- chester führten sie nach Manchester. Trotz ihrer regen den in den Norden Deutschlands und schließlich nach Konzerttätigkeit in England unternahm sie Tourneen Amsterdam und Brüssel. Am 11. Juni 1849 debütierte u.a. nach Brünn, Wien, Leipzig, Frankfurt, Holland und Wilma Neruda mit dem Violinkonzert von Charles de Be- Skandinavien. riot in London in der Philharmonic Society. Nach dem Tod Ludvig Normans (1885) heiratete Wilma Seit Ende 1849 gehörte auch die Schwester Marie Neruda 1888 ihren langjährigen Kammermusikpartner (1840-1922) mit zum Familienensemble, so dass die Fa- Charles Hallé und nannte sich fortan Lady Hallé. Mit milie nun auch als Streichquartett in folgender Beset- ihm unternahm sie 1890 und 1891 Konzerttourneen zung auftrat: Wilma – Violine 1, Schwester Marie nach Australien und 1895 nach Südafrika. Kurz nach der (1840-1922) – Violine 2, Vater Josef – Viola und Viktor Rückkehr aus Südafrika verstarb Charles Hallé im Okto- – Cello. ber des gleichen Jahres. Im Herbst 1850 reiste die Musikerfamilie von Brünn Nach einer erfolgreichen Tournee in die USA im Jahr über Prag, Berlin, Danzig, Königsberg nach Petersburg. 1899 siedelte Lady Hallé anschließend nach Berlin über. Der Tod Viktors 1852 ließ sie die Tournee abbrechen und Hier unterrichtete sie von 1900-1902 am Sternschen nach Brünn zurückkehren. Konservatorium. Regelmäßig konzertierte sie außer in Von dort aus unternahm Wilma Neruda mit ihrem Vater Berlin weiter in London, Manchester, Stockholm und Ko- und den Geschwistern in den 1850er Jahren ausgedehn- – 2 – Neruda, Wilma te Konzertreisen in das östliche Europa. Ab 1857 über- Nicht nur ihre Vorliebe für Kammermusik hatte sie mit nahm der Bruder Franz (1843-1915) den Cellopart des Joseph Joachim gemeinsam, sie wurde auch in ihrem verstorbenen Bruders Viktor. Spiel oft mit ihm verglichen. Als Hans von Bülow nach Vom Herbst 1861 bis zum Sommer 1863 konzertierten London kam, konzertierte er mehrere Male mit ihr und Wilma, Marie und Franz Neruda fast ausschließlich in zeigte sich hingerissen von ihrem Spiel, wie er im Febru- Skandinavien. Vom schwedischen Königshaus unter Kö- ar 1880 in der 16. Ausgabe der „Signale“ berichtete: „Der nig Carl XV. wird Wilma Neruda 1862 zum Ehrenmitg- Geist, die Seele, das Leben, die Wärme, der Adel, der lied der Königlichen Hofkapelle ernannt und erhält 1863 Styl, die aus der innigsten Vertiefung in das Kunstwerk, die Auszeichnung „Literis et artibus“. Auch der dänische aus dem liebevollsten Aufgehen in demselben sich entfal- König ist von ihrer Kunst begeistert und ehrt sie 1862 tende Hoch-Blüthe idealer Individualität, die verklärte mit der Goldmedaille „Igenio et arti“. Auferstehung des Subjects als Lohn für seine Hingebung Während ihrer zahlreichen Aufenthalte in Stockholm an das Object, darin liegt das Machtgeheimnis dieser Zau- lernte Wilma Neruda den Komponisten und Dirigenten berin über die Herzen der Zuhörer. Darin ist sie groß wie Fredrik Vilhelm Ludvig Norman (1831-1885) kennen, Joachim, darin ist sie so einzig, wie er.“ den sie im Januar 1864 heiratete. Da sie im gleichen Doch immer wieder präsentierte sie sich auch solistisch Jahr nach Stockholm übersiedelte löste sich das Neruda in den Kristallpalast- und den Philharmonischen Konzer- Quartett auf. Im November 1864 wurde der Sohn Ludvig ten. Norman-Neruda geboren. Aufgrund ihrer großen Hochachtung vor der Kunst Wil- Schon auf ihrer Tournee nach Schweden 1861 wurde Wil- ma Nerudas