Kultur Korea 한국문화 Ausgabe 2/2012
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Kultur Korea Korea Kultur 한국문화 한국문화 Ausgabe 2/2012 Ausgabe 한국 문화 Kultur Ausgabe 2/2012 SPEZIAL: RELIGION UND GLAUBE IN KOREA Wo die Mönche Kampfsport machen. Ein Tag im Golgulsa-Tempel Kirche der Superlative. Die Yoido Full Gospel Church Islam in Korea – gestern und heute „Gottesstaat“ Nordkorea? Titelbild: © Set Byol Oh Eine 1906 im Stil eines traditionellen koreanischen Hauses (한옥/ Hanok) erbaute Kirche der Anglican Church of Korea (Anglikanische Kirche Korea) in Onsuri auf der Insel Ganghwa. Von außen betrachtet lässt das Gebäu- de nicht erkennen, ob es sich um einen buddhistischen Tempel oder um ein christliches Gotteshaus handelt. Die Kirche ist nach St. Andreas, dem Hauptschutzheiligen der Kirche, benannt. Foto: Nils Clauss Durihana Church Seoul 2009 Die Durihana Church Seoul nimmt sich vieler nordkoreanischer Flüchtlinge an. Auf dem Holzschnitt links sind Süd- und Nordkorea ohne Grenzverlauf als vereintes Land dargestellt. Editorial Auch wenn sich weniger als 50 Prozent der Koreaner zu einer Religion bekennen, ist ihr Leben doch viel stärker von religiösen Einflüssen bestimmt, als es auf den ersten Blick scheinen mag. Traditionen aus dem Buddhismus und dem Volksglauben haben ebenso Einfluss auf den koreanischen Alltag wie der Konfuzianismus, der als philoso- phischer Leitgedanke alle Bereiche der Gesellschaft durchdringt. In dieser Ausgabe von Kultur Korea möchten wir Ihnen Bekanntes und Überra- schendes aus der koreanischen Glaubenswelt präsentieren. Wussten Sie, dass erste Kontakte zwischen Korea und dem Islam bereits im neunten Jahrhundert existierten oder dass der nordkoreanische Staatsgründer Kim Il-sung aus einer Familie über- zeugter Christen stammt? Des Weiteren erfahren Sie mehr über die Yoido Full Gospel Church - die größte Einzelkirche der Welt, deren Gottesdienste ganze Fußballstadien füllen - und über buddhistische Mönche, die nicht nur im Gebet, sondern auch im Kampfsport bewandert sind. Eine in Seoul lebende, moderne Schamanin stellt den koreanischen Volksglauben vor und eine Berliner Imbissbesitzerin aus Korea versorgt ihre Gäste nicht nur mit Suppe, sondern auch mit Bibelversen. Wir wünschen Ihnen viel Freude beim Lesen! Die Mitarbeiter des Koreanischen Kulturzentrums 1 INHALT 1 Editorial 2 Inhalt ÜBERBLICK 4 Zum Verständnis der Religionen in Korea von Prof. Dr. Hee-Sung Keel 9 7 Buchbesprechung – Myung-Hwa Cho. „Blaue Jade”, ein deutscher Roman aus Korea von Dr. Knut Lohmann 9 Religionen in Korea - ein Überblick von Dr. Heinz-Jürgen Loth BUDDHISMUS 25 14 Haeinsa, „Tempel der Reflexionen auf ruhiger See” von Bodo Hartwig 18 Die buddhistische Jungto-Gesellschaft in Deutschland von Gesine Stoyke 22 Wo die Mönche Kampfsport machen. Ein Tag im Golgulsa-Tempel von Rainer Rippe CHRISTENTUM 25 Missionare mit Charisma & Marketingtalent. Karl Gützlaff & Norbert Weber von Dr. Sylvia Bräsel 29 Priester Alwin Schmid. Baumeister koreanischer Kirchen von Gesine Stoyke 30 Interview mit Mike Lee, deutschsprachiger Pastor in der koreanischen Kirchen- gemeinde „Full Gospel Church Düsseldorf“ (FGCD) von Gesine Stoyke 34 34 Südkoreaner auf Seelenfang von Malte E. Kollenberg 46 36 Interview mit Park Young Ai, Inhaberin des koreanischen Restaurants „IXTHYS“ in Berlin von Dr. Stefanie Grote 38 Kirche der Superlative. Die Yoido Full Gospel Church von Anne Schneppen 40 Interview mit Rev. Myung-chul Jung, Senior Pastor der Dorim Church der Yeong Dong Po Presbytery von Gesine Stoyke 43 Evangelische koreanische Gemeinde Berlin e.V. - Interview mit Pastor Sungho Cho von Dr. Stefanie Grote ISLAM 46 Islam in Korea von Dr. Stefanie Grote 48 Interview mit Don Baker, Professor für Koreanische Kultur an der University of British Columbia von Dr. Stefanie Grote 53 2 18 VOLKSGLAUBE 50 Das Jahr des „Schwarzen Drachens“ von Ha Phuong Le 53 Schamanismus: ein Glaube, der die koreanische Seele immer noch anspricht von Myung-Ok Yoo 56 Wahrsagepraktiken in Korea – aktuell wie eh und je von Gesine Stoyke KALEIDOSKOP 58 Namuamitabul... Ave Maria...von Anne Stern-Ko 30 60 „Gottesstaat“ Nordkorea? von Malte E. Kollenberg 63 Gedichte von Reiner Kunze 64 Obdachlos in Korea von Su-Zi Schütz EXTRAWELT 66 Wanderer zwischen zwei Welten von Neil Dowling (Text) und Nils Clauss (Fotos) KULTUR 72 KLTI Essay-Wettbewerb: „Meine Eindrücke beim Lesen koreanischer Literatur“ von Edgar Vogel 74 Transfer Korea - NRW 2011/12/13. Das 9. Internationale Künstler- und Kunstaustauschprogramm von Dr. Christian Esch PORTRÄT 77 Interview mit dem in Korea lebenden, deutschen Jazz-Musiker 66 Martin Zenker von Dr. Stefanie Grote KOREA IM ALLTAG 80 Koreanischer Sprachführer 81 Rezept VERANSTALTUNGEN VERANSTALTUNGEN - Rückblick 82 10. Deutsch - Koreanisches Forum (17.-18. Nov. 2011) von Rhan Gunderlach KOREANISCHES KULTURZENTRUM - Vorschau 77 85 Kurse 86 Ausstellungen 87 BUNDESWEITE VERANSTALTUNGEN APRIL - JUNI 2012 3 ÜBERBLICK Zum Verständnis der Religionen in Korea Von Prof. Dr. Hee-Sung Keel Professor emeritus der Sogang University eligion kann man als die Methode um- Laut einer Erhebung über die religiöse Zugehö- schreiben, aus einem transzendentalen rigkeit der Bevölkerung betrachtet sich etwa die RBlickwinkel die ultimativen Fragen des Hälfte der Koreaner als einer Religion zugehörig. Lebens zu verstehen und darauf zu reagieren. Die Religion spielt im Leben der modernen Men- Während ihrer langen Geschichte von mehreren schen eine wichtige Rolle. Als säkularer Staat, tausend Jahren haben die Koreaner entweder der auf einer freien demokratischen politischen an den von außen auf die koreanische Halbinsel Ordnung mit einer Verfassung basiert, wird in Foto: privat Foto: einströmenden religiösen Traditionen oder an Korea die religiöse Freiheit des Einzelnen voll- den in Korea gewachsenen religiösen Traditio- ständig gewahrt. Die koreanische Gesellschaft Prof. Dr. Hee-Sung Keel nen partizipiert und sich in ihrem Leben von ei- ist eine pluralistische Gesellschaft, in der ver- studierte Philosophie nem transzendentalen Blickwinkel leiten lassen. schiedene Religionen vergleichsweise friedlich an der Seoul National Als religiöses Wesen (Homo religiosus) möchte koexistieren: Dazu zählen Buddhismus, Christen- University und Theolo- die Menschheit immer ein Leben führen, das tum (Katholizismus und Protestantismus), Glau- gie an der Yale Univer- auf einem ewigen und absoluten Fundament bensrichtungen mit einer langen Tradition wie sity in den USA. 1977 erwarb er den Doktor begründet ist. Auch in der heutigen Welt hat der Schamanismus sowie Cheondogyo, Won- der Philosophie in Ver- sich dieser religiöse Anspruch nicht geändert. Buddhismus, Jeungsangyo und andere Religio- gleichenden Religions- Ungeachtet der Tendenz einer weltweiten nen, die sich während der großen historischen wissenschaften von der Säkularisierung lebt der Großteil der Menschheit Umwälzungen Ende des 19. Jahrhunderts auf Harvard University. Ab immer noch unter dem Einfluss irgendeiner koreanischem Boden herausgebildet haben. In 1977 war er Professor für Religionswissen- religiösen Tradition. Dies bezieht sich nicht nur Korea gibt es keine Religion, die sich des Status schaft an der St. Olaf auf diejenigen Länder, in denen der Islam eine einer „Staatsreligion“ erfreut. Die verschiedenen University in den USA, vorherrschende Stellung hat, sondern auch auf Bekenntnisse befinden sich in einem Zustand ab 1982 Professor für die europäischen Staaten, die am frühesten der Konkurrenz und der gegenseitigen Beein- Philosophie an der Seoul in das Zeitalter der „Postreligion“ eingetreten flussung und entfalten sich aktiv. National University und von 1984 bis 2004 Pro- sind. Auch wenn das Christentum dort viel von fessor für Religionswis- seinem gesellschaftlichen Einfluss verloren hat, In der koreanischen Gesellschaft führen diverse senschaft an der Sogang übt es nach wie vor als Lebenskonvention auf Religionen eine vergleichsweise friedliche Ko- University. Er ist Autor die Wertvorstellungen oder Lebensanschau- existenz - ein Phänomen, für das sich weltweit zahlreicher Bücher mit ungen der Menschen einen Einfluss aus. Auch wenige Entsprechungen finden lassen. Dass dies religionswissenschaftli- chem Hintergrund wie in den ehemaligen sozialistischen Ländern, in in Korea so ist, während in anderen Ländern auf z.B. Denken und Handeln denen sich ein vollständiger Bruch mit religi- der Welt aufgrund religiöser Differenzen schwer- des Seon: Zur Begründung ösen Traditionen vollzog, erlebt die Religion wiegende gesellschaftliche Konflikte ausgetra- des koreanischen Zen- eine Wiederauferstehung. Im „sozialistischen“ gen werden, bedarf einer besonderen Erklärung. Buddhismus durch Chinul China mit seiner Bevölkerung von 1,3 Milliarden In Korea koexistieren mit dem Buddhismus und (Harassowitz Verlag, 2005), Meister Eckhart: Menschen blühen der Taoismus, der Buddhis- dem Christentum zwei wichtige religiöse Tradi- An Asian Perspective mus und der Konfuzianismus wieder auf. Die tionen, die fast das gleiche Ansehen genießen. (Peeters Press, Louvain, Gesellschaft und Kultur Indiens, eines Landes Trotz einer minimalen Zahl von fanatischen 2007), Understanding mit einer Einwohnerschaft von 1,2 Milliarden Anhängern des protestantischen Glaubens, Shinran: A Dialogical Ap- Menschen, ist abgesehen vom Hinduismus für die sich feindselig gegenüber dem Buddhis- proach (Asian Huma- nities Press, 1995) und einen Außenstehenden schwer nachzuvollzie- mus verhalten, existiert in Korea zwischen den Bosal Yesu (보살 예수, hen. In Südamerika und auf den Philippinen hat beiden großen Religionen kein Konflikt, der Verlag Hyeonamsa, Se- die katholische Kirche niemals