Martin Moszkowicz Filmproduzent Im Gespräch Mit Jochen Kölsch Kölsch: Seien Sie Herzlich Willkommen Bei Unserem Alpha-Forum
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Sendung vom 26.9.2013, 21.00 Uhr Martin Moszkowicz Filmproduzent im Gespräch mit Jochen Kölsch Kölsch: Seien Sie herzlich willkommen bei unserem alpha-Forum, meine Damen und Herren. Heute geht es um das große Kino. Das große Kino braucht große Produzenten. Denn solche Projekte mit einem Budget von 100 Millionen Euro herzustellen, verlangt viel Mut. Und ein solcher großer Produzent, der größte in Deutschland, ist heute bei mir Gast im Studio: Martin Moszkowicz von der "Constantin Film" in München. Herr Moszkowicz, was ist großes Kino? Moszkowicz: Großes Kino, das ist ein Kino, das die Menschen bewegt und berührt und bei dem dieses gemeinsame Erlebnis in einem großen Kinosaal ein Erlebnis ist, das man sonst nirgends bekommen kann. Kölsch: In der heutigen Internetwelt ist Kino ja eine Kunstform, die sich nicht ganz leicht tut. Was ist denn das Besondere am Kino? Moszkowicz: Ich glaube gar nicht, dass sich Kino schwertut, ich glaube vielmehr, dass gute Geschichten, dass außergewöhnlich gute Geschichten die Menschen immer interessiert haben. Das Besondere am Kino ist ja zunächst einmal nur die Auswertungsform, nämlich der Umstand, dass ein Film in einem dunklen Saal mit ein paar anderen Kinobesuchern vorgeführt wird. Filme werden heute jedoch auf ganz verschiedene Arten konsumiert: zu Hause auf dem Fernseher, auf dem Tablet-Computer, auf dem Handy, wo auch immer. Das ist auch gut so, das verändert sich ständig. Das Kino und der Spielfilm verändern sich ja auch konstant seit ungefähr 120 Jahren, seit es diese Kunstform gibt. Kölsch: Warum haben Sie dieses Vertrauen ins Kino? Ist es der Kinosaal, ist es die Zuschauersituation im Kino? Was ist das Besondere daran? Moszkowicz: Nun ja, zunächst einmal ist es die Faszination, Menschen dazu zu bewegen, sich in ein Kino zu begeben und zu sagen: "Ich will mir gerne diesen Film anschauen!" Das ist zum einen natürlich eine Frage des Produkts selbst, also des Films, aber das ist auch eine Frage des Marketings und all dessen, was damit zusammenhängt. Aber ich glaube, dass das schon das Besondere ist. Im Gegensatz zu vielen anderen medialen Formen, die man, wenn es sich gerade ergibt, irgendwie nebenbei mitnehmen kann, ist das Kino immer noch das Medium, für das man sich bewusst entscheiden muss, weil man dann zwei Stunden seines Lebens nichts anderes macht: In diesen zwei Stunden konzentriert man sich nur auf dieses eine Produkt. Das empfinde ich doch als faszinierend und vielleicht macht das auch den großen Unterschied aus zu allen anderen medialen Formen. Kölsch: Kino ist ja weltweit die wirksamste Kunst- und Kulturform, denn sie erreicht wirklich Milliarden von Menschen. Sie haben soeben gesagt, dass es für großes Kino gute Geschichten braucht. Was ist denn heute eine gute Geschichte fürs Kino? Moszkowicz: Oh ja, das ist eine gute Frage, denn das herauszufinden, ist eben ein bisschen die Kunst. Das geht auch nicht immer gut und so manche Filme, die ich produziert oder mitproduziert habe, funktionierten eben nicht, weil ihnen irgendetwas fehlte. Zunächst einmal steht jedenfalls immer die Geschichte, die Story im Mittelpunkt: Warum soll man diese Geschichte verfilmen? Was möchte man erzählen? Wenn man sich da etwas ausgesucht hat – und es gibt ja ganz verschiedene Möglichkeiten, wie man sich so etwas aussucht –, dann kann so ein Film u. U. viele Millionen Menschen auf der ganzen Welt faszinieren und bewegen. Das ist sicherlich eine der Triebfedern für das, was ich mache. Kölsch: Eine Reihe von Filmen, die die "Constantin" produziert hat, sind ja quasi legendär geworden, angefangen mit der "Unendlichen Geschichte" über "Der Name der Rose" ... Moszkowicz: Das sind große Klassiker geworden. Kölsch: So etwas ist natürlich schwer zu finden, und deswegen machen Sie dann eben, wenn ich das so kritisch anmerken darf, auch mal die circa 20. Verfilmung der "Drei Musketiere". Warum erzählt man denn so eine Geschichte wieder neu? Moszkowicz: Heute – und das hat sich in den letzten 20, 30 Jahren sicherlich massiv verändert – besteht die große Kunst darin, auf der einen Seite dem Publikum etwas zu geben, bei dem es das Gefühl hat, dass es darüber selbst auch etwas weiß. Die Bereitschaft der Menschen, sich komplett unvorbereitet auf irgendeine Geschichte einzulassen, ist heute geringer als früher. Das liegt daran, dass das Zeitkontingent der Menschen nicht mehr so groß ist, dass man das heute gerne viel klarer festlegen möchte. Auf der anderen Seite muss eine Geschichte aber auch so erzählt werden, dass sie nicht langweilt, dass das Publikum nicht das Gefühl hat: "Ach, das kenn ich doch alles schon!" Bei den "Drei Musketieren" gab es verschiedene Überlegungen. Einerseits gab es da eine technologische Entwicklung, denn inzwischen hatte sich das 3-D-Kino in vielen Bereichen einfach durchgesetzt gehabt. Deswegen haben wir gesagt, dass wir diese Story eben noch einmal in 3D erzählen müssen für ein jugendliches Kinopublikum. Darüber hinaus ist diese Geschichte ja einer der großen Klassiker der Weltliteratur: Das ist auch der Grund, warum in den letzten 80, 90 Jahren dieses Buch über 30 Mal verfilmt worden ist. Das hat einen einfachen Grund: Das ist einfach eine tolle Story. Der Erfolg unseres Films – er hat weltweit über 150 Millionen Euro eingespielt – hat uns dann ja auch recht gegeben, dass es dafür ein Bedürfnis, dass es dafür einen Markt gab. Aber die Entscheidung, was man macht, ist schon ein sehr komplexer Prozess. Das hängt damit zusammen, dass man jedes Jahr viele, viele Tausend Stoffe sichtet, dass man viele Gespräche führt mit Regisseuren, mit Autoren. Daraus versucht man dann sozusagen die Sachen herauszumendeln, die dann realisiert werden. Das ist eben die große Kunst, und die "Constantin Film" und natürlich Bernd Eichinger als Produzent haben das über viele, viele Jahre relativ perfekt hinbekommen. Wir wollen das natürlich in Zukunft auch weiterhin so machen. Das ist kein einfaches Unterfangen und man liegt auch immer wieder mal daneben, aber wenn man sich die letzten 30 Jahre der "Constantin" im Großen und Ganzen so anschaut, dann stellt man fest, dass da doch ein paar wirkliche Klassiker entstanden sind. Das ist natürlich toll. Kölsch: Sie bzw. zunächst einmal Bernd Eichinger hatten ja den Mut, genau mit dieser Art von Filmen für die "Constantin" eben nicht fernsehorientierte Produktionen, sondern im Grunde genommen Hollywood Konkurrenz zu machen. Das machen und schaffen Sie eben auch mit Filmen wie "Die drei Musketiere". Der neue "Tarzan", der im Herbst kommen wird, ist ebenfalls eine Produktion, die man eigentlich eher aus Hollywood kommend vermuten würde. Moszkowicz: Erstens ist es so, dass mein eigener gesamter Background sehr international ist. Ich habe viele, viele Jahre meines Lebens in ganz unterschiedlichen Ländern verbracht, ich habe in unendlich vielen verschiedenen Teilen der Welt Filme produziert. Ich sehe mich auch so ein bisschen als jemand, der andere Kulturen ganz gut kennt und daher auch weiß, worauf die Menschen dort vielleicht reagieren. Wir haben in der Tat im Rahmen der Arbeit, die wir für die "Constantin Film" machen, bereits schon sehr, sehr früh damit angefangen, uns zu internationalisieren. Das heißt, wir haben angefangen, über den rein deutschsprachigen Film hinaus, der aufgrund seiner Sprache auf den deutschen Markt limitiert ist – der ja im Vergleich zum Weltmarkt wiederum nur ein kleiner Binnenmarkt ist –, englischsprachige Produktionen herzustellen. Diese Produktionen funktionieren natürlich auch in Deutschland gut, aber sie werden vor allem für den Weltmarkt produziert. Kölsch: Das sind Filme, die auf Englisch produziert werden und die dann in Deutschland in einer deutschen Version laufen. Moszkowicz: Genau, die werden dann auf Deutsch synchronisiert, so wie das bei jedem Hollywoodfilm auch gemacht wird. Aber die Intention besteht in der Tat zunächst einmal darin, Filme zu produzieren, die auf der ganzen Welt erfolgreich sind. Und inzwischen gibt es eben auch viele Länder auf der Welt, in denen das Kino immens boomt. In den westlichen Ländern ist das Kinogeschäft eher stagnierend, weil es da ein gewisses Plateau erreicht hat. Aber in Märkten wie Russland, China oder Brasilien, Mexiko sieht das ganz anders aus: Dort ist Kino eine unglaubliche Attraktion, dort werden viele neue Kinos gebaut. In China werden pro Woche 40 Kinos neu gebaut! Das ist natürlich ein immenser Markt, an dem wir natürlich gerne teilnehmen wollen. Wir sind eine Firma – und das entspricht auch dem, was ich selbst gerne habe, nämlich Erfolg mit dem, was ich mache –, die von Anfang an den größtmöglichen Erfolg haben wollte. Und den hat man eben dann, wenn man Filme für den Weltmarkt herstellt. Kölsch: Das erinnert mich fast ein wenig an die Autoindustrie: Die aufkommenden Märkte für die deutschen Premiumprodukte liegen auch nicht vornehmlich in Europa. Moszkowicz: Ja, das stimmt. Aber bei den Autos ist es ja so, dass Deutschland wirklich weltweit ein Zentrum in dieser Branche ist. In der Kinobranche liegt das Zentrum ganz klar in Los Angeles bzw. Hollywood. Wobei man aber sagen muss, dass sich dort eine Unmenge von Menschen aus aller Herren Länder zusammengefunden haben, um dort Filme zu machen. Es gibt dort auch ganz, ganz viele deutsche Regisseure, Autoren und Schauspieler, aber auch Teammitglieder wie Tonleute, Kameraleute usw. Kölsch: Auch Komponisten. Moszkowicz: Genau. Aber das gilt natürlich nicht nur für die Deutschen, denn es gibt in Hollywood auch jede Menge Franzosen, Italiener, Spanier usw. Das ist ja auch das Faszinierende an Hollywood: Das ist wirklich ein Schmelztiegel, in dem sich Menschen aus ganz vielen verschiedenen Kulturen zusammenfinden, um dort Filme zu machen, Filme, die möglichst viele Menschen auf der Welt erreichen. Denn genau das ist ja das Ziel. Kölsch: Die "Constantin" hat ja ebenfalls ein Standbein in Hollywood und Sie selbst arbeiten auch häufig dort. Moszkowicz: Genau, ich habe in den 90er Jahren fast ständig dort gearbeitet und gelebt. Ich bin Ende der 80er Jahre bzw. zu Beginn der 90er Jahre zur "Constantin" gekommen ... Kölsch: Durch Bernd Eichinger. Moszkowicz: Genau, das war die Zeit, in der er sich so ein bisschen aus Deutschland verabschiedet hat und nach Amerika gehen wollte, um sich dort ein Standbein aufzubauen und von dort aus Filme zu produzieren.