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Universität Konstanz Geisteswissenschaftliche Sektion Fachbereich Geschichte und Soziologie

Magisterarbeit

Das Belgien, 1940-1944

Katrin-Isabel Krähling

Gutachter: Prof. Dr. Sven Reichardt Prof. Dr. Wolfgang Seibel

Konstanz, Juli 2005

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INHALT

VERZEICHNIS DER ABBILDUNGEN...... II VERZEICHNIS DER ABKÜRZUNGEN...... III

1 EINLEITUNG...... 1 1.1 Aufbau der Arbeit ...... 3 1.2 Quellen und Literatur...... 4 1.3 Theoretischer Rahmen ...... 7

2 DIE WIRTSCHAFTS- UND FINANZPOLITIK DES DEUTSCHEN REICHES IN DER VORKRIEGSZEIT...... 11 2.1 Die Wirtschaftspolitik...... 11 2.1.1 Autarkie, Wehrwirtschaft und Devisenmangel 1933-1936...... 11 2.1.2 Der Vierjahresplan ...... 16 2.2 Die Finanzpolitik ...... 19 2.2.1 Die Devisenbewirtschaftung und die Verfolgung von Steuerflucht ...... 19 2.2.2 Kooperationen und Konflikte der Kontrollorgane ...... 24 2.2.2.1 Das Devisenfahndungsamt ...... 25 2.2.2.2 Der Verstärkte Grenzaufsichtsdienst...... 27

3 DIE EINRICHTUNG DES DEVISENSCHUTZES IN BELGIEN ...... 32 3.1 Das Devisenschutzkommando Belgien ...... 33 3.2 Erste Maßnahmen (Mai 1940) ...... 35 3.3 Das deutsche Besatzungsregime...... 39 3.3.1 Aufgaben und Struktur der Militärverwaltung...... 40 3.3.2 Die Beziehung des Devisenschutzkommandos zum Militär...... 45 3.4 Die Einführung von vermögensrechtlichen Maßnahmen und ihre gesetzlichen Grundlagen...... 49 3.4.1 Die Devisenbewirtschaftung ...... 49 3.4.2 Die Kontrolle von Feindvermögen...... 51 3.4.3 Vermögensrechtliche Maßnahmen gegen Juden...... 54

4 DIE PRAXIS DER KONTROLLMAßNAHMEN ...... 57 4.1 Kontrolle und Fahndung ...... 57 4.1.1 Erfassen und Sichern der Bankschließfächer...... 57 4.1.2 Die Verfolgung von Devisenvergehen...... 63 4.2 Die Diamantenindustrie als Streitfall zwischen dem DSK und der Militärverwaltung.. 68 4.3 Die Bekämpfung des Schwarzen Marktes ...... 74 4.3.1 Die Pläne zur Regulierung des Schwarzmarktproblems...... 74 4.3.2 Das Scheitern der einheitlichen Ausrichtung der Kontrolle...... 77 I 5 DAS DEVISENSCHUTZKOMMANDO BELGIEN ALS INSTITUTIONELLE HYBRIDFORM ...... 83 5.1 Die Zuständigkeitsprobleme nach der Auflösung des Devisenfahndungsamtes...... 83 5.2 Das Devisenschutzkommando als Repräsentant des Fiskus?...... 89

6 FAZIT ...... 94

7 QUELLEN- UND LITERATURNACHWEIS...... 99 7.1 Quellen...... 99 7.2 Literatur ...... 100

8 ANHANG...... 106

VERZEICHNIS DER ABBILDUNGEN

Abbildung 1: Organigramm der Militärverwaltung in Belgien und Nordfrankreich...... 43 Abbildung 2: Räumliche Aufteilung der Militärverwaltung in Belgien und Nordfrankreich.. 44 Abbildung 3 Die Organisation der Exekutivkräfte in Belgien nach Charles/Dasnoy...... 47 Abbildung 4: Protokoll einer gewaltsamen Schließfachöffnung ...... 59 Abbildung 5: Die vorgesetzten Behörden des DSK Belgien ...... 85 Abbildung 6: Besondere Anordnung von Gerhard Rahier...... 106 Abbildung 7: Antrag auf Verleihung des Kriegsverdienstkreuzes I. Klasse mit Schwertern an Herbert Staffeldt ...... 107 Abbildung 8: „Erfolgsübersicht“ der Devisenschutzkommandos Niederlande, Belgien und Frankreich...... 109 Abbildung 9: „Faustpfand“ - Wert der Feind- und Judenvermögen ...... 111 Abbildung 10: Abschiedsgedicht für Gerhard Rahier im Mai 1942 ...... 112

II VERZEICHNIS DER ABKÜRZUNGEN

ABB Association Belge des Banques BArch Bundesarchiv, Berlin-Lichterfelde BA-MA Bundesarchiv-Militärarchiv, BTG Brüsseler Treuhandgesellschaft CEGES Centre d'Etudes et de Documentation Guerre et Sociétés contemporaines, Büssel DFA Devisenfahndungsamt DSK Devisenschutzkommando DVO Durchführungsverordnung FK Feldkommandantur Gestapa Geheimes Staatspolizeiamt GFP Geheime Feldpolizei GRMA German Records Microfilmed at Alexandria Higa Hilfsgrenzangestellter HSSPF Höherer SS- und Polizeiführer IMT Internationales Militärtribunal, Nürnberg Juva Judenvermögensabgabe KVR Kriegsverwaltungsrat LA NRW - Reg. Aachen Landesarchiv NRW, Hauptstaatsarchiv Düsseldorf, Reg. Aachen MBBNF Militärbefehlshaber in Belgien und Nordfrankreich MBF Militärbefehlshaber in Frankreich MGFA Militärgeschichtliches Forschungsamt MV Militärverwaltung. MVR Militärverwaltungsrat MVOR Militärverwaltungsoberrat OFK Oberfeldkommandantur OFP Oberfinanzpräsident OKH Oberkommando des Heeres OKVR Oberkriegsverwaltungsrat OKW Oberkommando der OZI Oberzollinspektor OZR Oberzollrat OZS Oberzollsekretär RFM Reichsfinanzministerium RGBl. Reichsgesetzblatt RMF Reichsminister der Finanzen RSHA Reichssicherheitshauptamt Sipo-SD / SS der NSDAP SVG Service des Victimes de la Guerre, Brüssel ÜWA Überwachungsstelle beim Militärbefehlshaber in Belgien und Nordfrankreich VGAD Verstärkter Grenzaufsichtsdienst VOBl. Verordnungsblatt des Militärbefehlshabers in Belgien und Nordfrankreich ZAM Zentralanmeldestelle ZI Zollinspektor ZR Zollrat III 1 EINLEITUNG

Am 10. Oktober 1940 wurde dem Büro des Devisenschutzkommandos Belgien in Brüssel durch einen V-Mann mitgeteilt, dass am gleichen Tage im Café Paon Rojale an der Place Madou in Brüssel Reichsmarknoten in größeren Mengen umgetauscht werden sollten. Die Ermittlungen dreier Beamten des Devisenschutzkommandos führten zur Festnahme eines deutschen Gefreiten und eines staatenlosen Mannes. Beide Männer waren im Besitz von Reichsmarknoten und „wurden dem Gefängnis in St. Gilles zugeführt und die Ermittlungen fortgeführt.“1 Sie hatten gegen das geltende Devisenrecht verstoßen, das während der deut- schen Besatzung Belgiens im Zweiten Weltkrieg den Besitz von ausländischen Noten sowie Reichsbanknoten untersagte.2

Derartige Devisenschutzkommandos (DSK) wurden speziell für die vom Deutschen Reich besetzten Gebiete eingerichtet und mit der Fahndung nach Devisen und Vermögenswerten beauftragt, die der deutschen Kriegswirtschaft zugeführt werden sollten.

Diese Magisterarbeit3 widmet sich der Untersuchung des Devisenschutzkommandos Belgien, das im Mai 1940 als Dienststelle des Wehrmachtsgefolges in Belgien einrückte und an der Seite des Militärbefehlshabers in Belgien und Nordfrankreich (MBBNF) seine Tätigkeit als Kontroll- und Fahndungsorgan durchführte. Seine primäre Aufgabe bestand neben der Erfas- sung von so genanntem Feind- und Judenvermögen in der Kontrolle der Devisenbewirtschaf- tung. Im Vordergrund der Analyse stehen Fragen der institutionellen Herkunft und Zugehö- rigkeit der Dienststelle, sowie die Kommando- und Hierarchiestrukturen.

1 Vermerk beim Devisenschutzkommando Belgien, gez. Oberzollinspektor [Name unleserlich], 10.10.1940, CEGES AA585-76. 2 Devisenverordnung vom 17.06.1940, VOBl. 2. Ausgabe Nr.21. Bereits am 10. Mai war eine vorläufige Devi- senverordnung durch den Oberbefehlshaber des Heeres erlassen und damit eine planmäßige Devisenbewirtschaf- tung für Belgien eingeführt worden, die sich an die Bestimmungen des Altreiches anlehnte; Heeresgruppenver- ordnungsblatt, 1. Ausgabe, Nr.7. 3Diese Magisterarbeit ist im Rahmen des Forschungsprojektes „Holocaust und Polykratie in Westeuropa, 1940- 1944“ unter der Leitung von Prof. Dr. Wolfgang Seibel entstanden, dem ich an dieser Stelle herzlich danken möchte. Er hat mich auf das Thema aufmerksam gemacht und die Entstehung der Arbeit betreut, sowie mich bei der Finanzierung der Archivbesuche unterstützt. Ebenso herzlich danke ich Prof. Dr. Sven Reichardt, der mir stets durch Rat und Tat zur Seite stand. Dr. Insa Meinen hat mich auf die Quellenbestände in Brüssel und Düs- seldorf aufmerksam gemacht, während Dr. Eric Laureys mir durch seine Hilfsbereitschaft und großzügige Art vielleicht mehr geholfen hat als ihm bewusst ist. Freundliche Unterstützung aus dem Zollwesen habe ich auch durch Herrn Detlev Zuckarelli erhalten, der mich mit Quellenhinweisen und nützlichen Anmerkungen versorgt hat. Ihnen allen danke ich.

1 Gerade die Frage der institutionellen Zugehörigkeit wurde bereits in den Kriegsjahren disku- tiert und schon damals bemängelten Angehörige der Militärverwaltung, dass die disziplinari- sche Unterstellung des Devisenschutzkommandos nie eindeutig geregelt worden ist.4 Ich gehe von der These aus, dass es sich beim Devisenschutzkommando um eine Sonder- dienststelle der Vierjahresplanbehörde handelte, die sich für die Beschaffung von kriegswich- tigen Finanzmitteln der Erfahrung von abkommandierten Mitgliedern des Zollfahndungs- dienstes bediente. Das Devisenschutzkommando war ein Schlüsselakteur in der Durchsetzung fiskalischer Maß- nahmen in den besetzten Gebieten Belgiens und Nordfrankreichs, dessen administrativer Hin- tergrund in den überlieferten Quellen der Dienststelle nur unzureichend dokumentiert wird. Daher ist es für die Bewertung des Dienstes erforderlich, zunächst die historischen Hinter- gründe zu erforschen, um ein Bild des Akteurs zu erhalten und seinen Charakter einordnen zu können. Hierfür finden sich Antworten in den Herrschaftsstrukturen sowie in der Wirtschafts- bzw. Steuerpolitik des Dritten Reiches in der Vorkriegszeit. Die wirtschaftspolitischen Zwänge nach der Weltwirtschaftskrise und der Devisenmangel des Reiches, der durch Hitlers forcierte Aufrüstung noch verstärkt wurde, sowie die zunehmend antisemitischen Maßnahmen der Reichsfinanzverwaltung (Reichsfluchtsteuer und Judenvermögensabgabe) bilden den finanz- politischen Hintergrund der Vorkriegszeit. Besonders aufschlussreich sind die organisatori- schen Veränderungen in der Reichsfinanzverwaltung der dreißiger Jahre. Im Bereich des Grenzschutzes erhielt der Grenzaufsichtsdienst durch die Einrichtung von -Grenzkommissariaten einen ernstzunehmenden und ambitionierten politischen Kon- kurrenten. Die Folge waren Konflikte um Zuständigkeiten und Kompetenzquerelen zwischen dem Reichsfinanzministerium und dem Geheimen Staatspolizeiamt (Gestapa), sowie eine Annäherung der Finanzverwaltung und der Reichswehr/Wehrmacht bezüglich der Einrichtung eines Verstärkten Grenzaufsichtsdienstes (VGAD). Eine Analyse der Herrschaftsstrukturen des Dritten Reiches in der Vorkriegszeit mit besonde- rem Augenmerk auf die Verwicklung der genannten Behörden in die Angelegenheiten des Grenzschutzes, ist besonders aufschlussreich, da auf diese Weise Thesen generiert werden können, die sowohl die Funktion als auch die Organisation des Devisenschutzkommandos Belgien verständlicher machen und in einen breiteren Kontext einordnen.

4 Siehe Kap.3.3.2 S. 46 und Kap. 5.1, S. 85f in dieser Arbeit. 2 1.1 Aufbau der Arbeit

Da die Entstehung der Devisenschutzkommandos in den Quellen sehr schlecht dokumentiert ist, werden im ersten Teil dieser Arbeit zunächst die Strukturen und die Aufgaben des Grenz- aufsichtsdienstes/Zollgrenzschutzes5 der Reichsfinanzverwaltung und der Grenzpolizei der Gestapo beschrieben, aus denen meiner Ansicht nach die Devisenschutzkommandos in der Vorkriegszeit hervorgegangen sind. Die Darstellung der institutionellen Verknüpfungen des Zollwesens, der Polizei und Wehr- macht, sowie die Konflikte um Kompetenzen und Zuständigkeiten soll zeigen, dass erstens, die Existenz und die Aufgaben des Devisenschutzkommandos Belgien aus der spezifischen Herrschaftsstruktur des NS-Staates resultieren; zweitens, die Gründung des Devisenschutzkommandos als Sonderdienststelle der Vierjahres- planbehörde erfolgte, um funktionalen Erfordernissen gerecht zu werden, nämlich der Bil- dung eines schlagkräftigen Einsatzorganes mit Autorisation von höchster Stelle, das nicht von den Kompetenzquerelen der Reichsbehörden abhing; und Drittens, das Devisenschutzkommando Teil eines größeren Planes im Konzept der Wirt- schaftsautarkie des Vierjahresplanes darstellte.

Der Hauptteil der Arbeit beschäftigt sich direkt mit der Organisation und den Tätigkeiten des Devisenschutzkommandos Belgien, das seine Hauptstelle im Mai 1940 in Brüssel einrichtete und im Netzwerk der Besatzungsbehörden und deutschen Dienststellen im Bereich des Mili- tärbefehlshabers in Belgien und Nordfrankreich agierte. Daher werden die Strukturen und Aufgaben des Militärregimes beschrieben, sowie die vermögensrechtlichen Maßnahmen, die die legale Handlungsgrundlage des Devisenschutzkommandos bildeten. Durch die Beschreibung der Aufgaben und Tätigkeiten des Devisenschutzkommandos von der Zeit des Einmarsches im Mai 1940 und der Einführung einer Zivilverwaltung unter dem deutschen Reichskommissar Grohé im Juli 1944 sollen nähere Informationen über die Aktivi- täten, das Selbstverständnis und die institutionelle Zugehörigkeit im Alltag des Kommandos gewonnen werden. Hierfür wird näher auf die Kontrolle der Devisenbewirtschaftung bei den Banken Belgiens, die Verfolgung von so genannten Devisenvergehen und die Ermittlungstä- tigkeiten der Dienststelle mit ihren Kooperationen und Konflikten mit den anderen deutschen Dienststellen und Behörden eingegangen, sowie auf die Antwerpener Diamantenindustrie und die Maßnahmen der Militärverwaltung im Frühjahr 1943 zur einheitlichen Ausrichtung der Schwarzmarktbekämpfung durch das Devisenschutzkommando.

5 Der Grenzaufsichtsdienst wurde 1937 in umbenannt. 3 Die Untersuchung des Auftrages, der Alltagsgeschäfte und ihrer Umsetzung in der Praxis bil- det die Grundlage für die Charakterisierung der Dienststelle, die sich aufgrund von ungeklär- ten Zuständigkeitsverhältnissen als besonders schwierig erweist. Im letzten Kapitel werden daher die Unterstellungsverhältnisse des Devisenschutzkommandos näher untersucht und die Beziehung des DSK zu den Behörden des Militärs und der Reichsfinanzverwaltung, aber auch zu Gestapo und SS diskutiert.

1.2 Quellen und Literatur

Ein großer Teil dieser Magisterarbeit basiert auf der Auswertung von archivalischen Quellen. Dabei handelt es sich in erster Linie um Primärquellen, welche die Verwaltungspraxis des Devisenschutzkommandos Belgien dokumentieren und in die Kategorie der Sachüberreste eingeordnet werden können6: Befehle und Anordnungen, Korrespondenzen, Notizen, Akten- vermerke und ähnliche Akten, die in der täglichen Praxis entstanden sind. Diese Quellen kön- nen nach einer Quellenkritik als nichtintentional und zuverlässig eingestuft werden, da sie die Nähe zu den historischen Vorgängen dokumentieren, einem gewissen Gegenwartszweck dien- ten und nicht zur Unterrichtung der Nachwelt verfasst worden sind. Für den Historiker ergeben sich gerade aus dem letzten Punkt –neben allen Vorteilen – auch besondere Schwierigkeiten, da gegen Ende des Krieges viele Akten von den deutschen Be- hörden systematisch vernichtet worden sind. Hiermit sollte verhindert werden, dass brisantes Material in alliierte Hände fallen könnte und somit Details über die verbrecherischen Ma- chenschaften des NS-Regimes bekannt würden. Jene Akten, welche die planmäßige Vernich- tung und die Zerstörung durch den Bombenkrieg überstanden haben, dokumentieren daher nur unvollständig die historischen Vorgänge. Dieser Umstand betrifft ebenfalls die Archivbe- stände der Devisenschutzkommandos. Besonders Akten, welche den administrativen und or- ganisatorischen Hintergrund der Kommandos im Altreich betreffen, sind so dünn gesät, dass manche Fragen offen bleiben müssen, bzw. nur hypothetisch beantwortet werden können. In diesem Fall erweisen sich Sekundärquellen, die nach dem Krieg entstanden sind als äußerst hilfreich. Im konkreten Fall des Devisenschutzkommandos geben Veröffentlichungen von Funktionären der ehemaligen Reichsfinanzverwaltung über die Geschichte und Organisation

6 Vgl. Ahasver von Brandt: Werkzeug des Historikers. Eine Einführung in die historischen Hilfswissenschaften, Stuttgart, 1998, 15. Auflage, S.48-60. 4 des Zollgrenzdienstes wichtige – wenn auch teilweise tendenziöse – Hinweise zu seiner Ent- stehungsgeschichte.7 Für diese Magisterarbeit wurden Akten aus verschiedenen Provenienzen eingesehen: Die wichtigsten und umfangreichsten Bestände von Primärquellen über das Devisenschutzkom- mando Belgien befinden sich in Brüssel im Centre d'Etudes et de Documentation Guerre et Sociétés centemporaines (CEGES), von denen Teile der Serie AA 585 (Archives du Devisen- schutzkommando) für diese Arbeit verwendet worden sind.8 In dieser Serie befinden sich Ak- ten aus den Büros des Devisenschutzkommandos Belgien, die während der deutschen Besat- zung entstanden sind. Da das Devisenschutzkommando „mindestens“ in sehr enger Kooperation mit dem Verwal- tungsapparat des Militärbefehlshabers in Belgien und Nordfrankreich operiert hat,9 wurden auch die Bestände dieser Behörde hinzugezogen. Diese sind im Bundesarchiv-Militärarchiv (BA-MA) in Freiburg im Breisgau archiviert und spiegeln die Vorgänge aus der Perspektive der exekutiven und legislativen Spitze des besetzten Belgiens wider. Die Tätigkeitsberichte des Militärverwaltungschefs Reeder als auch die Korrespondenzen und Protokolle, die in der Serie RW 36 überliefert sind, erwiesen sich für diese Arbeit als äußert nützlich. Neben diesen beiden für die Arbeit besonders wichtigen Archiven, habe ich ebenfalls Doku- mente aus den Beständen der Reichsfinanzveraltung und der rheinischen Zollbehörden (Köln, Aachen) verwendet: Das Bundesarchiv in Berlin (BArch) verfügt in der Serie R2 des Reichs- finanzministeriums nur über „eine handvoll“ nennenswerter Dokumente über die Devisen- schutzkommandos des Reiches, die in ihrem inhaltlichen Gehalt jedoch von großem Wert sind. Nennenswert sind in dieser Serie auch die wenigen erhaltenen Akten über das Devisen- fahndungsamt (DFA) in Berlin. So auch das nordrheinwestfälische Landesarchiv (Haupt- staatsarchiv Düsseldorf). Zudem habe ich während meines Aufenthaltes in Brüssel Akten in den Beständen des Service des Victimes de la Guerre (SVG) über den Antwerpener Diamantensektor eingesehen, sowie microverfilmte Quellen aus der Serie T 78 der German Records Microfilmed at Alexandria (GRMA). Diese Serie enthält Akten über die Verleihung von Kriegsauszeichnungen für die

7 Rudolf Mitze: Der Kampf der Zollverwaltung gegen Himmler und Heydrich, in: Zeitschrift für Zölle und Verbrauchssteuern (ZuV) 27 (1951), S. 234-236, 250-282; Walter Eulitz: Der Zollgrenzdienst. Seine Geschichte vom Beginn des 19. Jahrhunderts bis zur Gegenwart, Schriftenreihe des Bundesministeriums der Finanzen (Heft 6), Bonn, 1968. 8 Leider war es mir aus zeitlichen, finanziellen und organisatorischen Gründen nicht möglich, die Serie vollstän- dig zu bearbeiten, da während meiner Archivreise nach Brüssel Teile des Bestandes nicht zugänglich waren. Eine weitere Reise zu einem späteren Zeitpunkt hätte sowohl den Zeitplan als auch den finanziellen Rahmen der Magisterarbeit gesprengt. 9 Siehe Kap. 3.3.2 S. 45 ff in dieser Arbeit. 5 Angehörigen des Devisenschutzkommandos Belgien, die einiges Licht auf die hierarchischen Verhältnisse des Kommandos wirft.

Die Sekundärliteratur zum Thema ist sehr dünn gesät. Das Devisenschutzkommando als Insti- tution wurde bisher weder systematisch aufgearbeitet noch einer umfassenden Untersuchung unterzogen. Jedoch finden sich in der Literatur – wenn das Devisenschutzkommando Erwäh- nung findet – häufig Thesen, die das DSK als Dienststelle der Gestapo oder Einheit der SS sehen.10 Die Forschung im Bereich der Judenverfolgung ist generell weiter fortgeschritten und um ein Vielfaches umfangreicher als die Veröffentlichungen über die Enteignung von Feindvermö- gen. Jedoch finden sich in der Literatur über die Maßnahmen gegen Juden hilfreiche Beiträge über das DSK als Akteur der fiskalischen Verfolgung. Für Belgien sind hier die Ausführun- gen im Abschlußbericht der Commission d'étude sur le sort des biens des membres de la Communauté juive de Belgique spoliés ou délaissées pendant la guerre 1940-1945 (Commis- sion Buysse) einschlägig. Auch die Beiträge von Maxime Steinberg behandeln das Devisen- schutzkommando ausschnittweise.11 Besonders hilfreich sind in diesem Zusammenhang die Forschungen von Eric Laureys über den Diamantensektor in Antwerpen.12 Die Aktivitäten des Devisenschutzkommandos sind daher in Verbindung mit der Verfolgung der Juden in Belgien auf dem Wege aufgearbeitet zu werden. Darüber hinaus fehlen noch wei- tere Arbeiten über die übrigen Tätigkeiten der Dienststelle sowie die Aufarbeitung sämtlicher institutioneller Fragen, die im Falle dieser Sonderbehörde an Bedeutung erlangen.

10 Diese Annahmen resultieren meiner Ansicht nach aus Schlussfolgerungen, die aufgrund einer engen Koopera- tion der Dienststellen entstanden sind. vgl. Israël Shirman: Un aspect de la «solution finale»: La spoliation eco- nomique des Juifs de Belgique, in: Cahiers d’Histoire de la Seconde Guerre Mondiale 4 (1974), S. 77; Adam LeBor: Hitler's Secret Bankers. How Switzerland Profited From Nazi Genocide, London, 1999, S. 33; Commis- sion d'étude sur le sort des biens des membres de la Communauté juive de Belgique spoliés ou délaissées pen- dant la guerre 1940-1945 [Commission Buysse]: Les biens des victimes des persécution anti-juives en Belgique. Spoliation, rétablissement des droits, résultats de la commission d'étude, rapport final, Juli 2001. S. 97 (im Fol- genden: Les biens des victimes). 11 Maxime Steinberg: L'étoile et le fusil. La question juive 1940-1942, Brüssel, 1983; ebenda: Polycratie et holo- causte: étapes at acteurs de la Judenpolitik en Belgique 1940-1944, in: Nationale Berichte, Forschungsprojekt „Holocaust und Polykratie in Westeuropa, 1940-1944“, unter der Leitung von Wolfgang Seibel, Universität Konstanz, 2001 [unveröffentlicht]. 12 Eric, Laureys: De beroving van de joodse diamantairs in Antwerpen, 1940-1944. Belangen van de Duitse oorlogsindustrie versus ontjoodsingspolitiek?, in: Cahiers d’Histoire du temps présent (7/2000), S. 149-187; ebenda: The Plundering of Antwerp's Jewish Diamond Dealers, 1940-1944, in: Confiscation of Jewish Property in Europe, 1933-1945. New Sources and Perspectives. Symposium Proceedings. Herausgegeben vom United States Holocaust Memorial Musem. Center for Advanced Holocaust Studies, 2003; ebenda: Het Diamantenscha- akspel. De politieke geschiedenis van de Belgische diamantsector tussen Schemeroorlog en Koude Oorlog (Dis- sertation, Freie Universität Brüssel, 2004) [unveröffentlicht]. 6 1.3 Theoretischer Rahmen

Die Herrschaftsstrukturen des Dritten Reiches waren in den vergangenen Jahrzehnten Ge- genstand einer Debatte, deren Grundzüge hier kurz erläutert werden sollen. Die wissenschaftliche Auseinandersetzung entbrannte entlang der grundsätzlichen Frage, ob der nationalsozialistische Staat mit an der Spitze monokratisch und streng hierar- chisch organisiert gewesen sei, die Entwicklung des Dritten Reiches daher in erster Linie von Entscheidungen Hitlers geprägt war, der die Ziele eines ideologisch geprägten Programms durchsetzten wollte, oder ob andererseits vielmehr die Strukturen und die Funktionen der In- stitutionen die Entwicklung des NS-Staates dominierten, der sich durch eine Vielzahl an Machtzentren und Sonderbehörden auszeichnete. Die so genannten Intentionalisten - hauptsächlich vertreten durch Karl Dietrich Bracher und Klaus Hildebrand13 - betonten bereits in den sechziger Jahren die zentrale Rolle Hitlers für die Funktionsweise der Diktatur: Hitler habe ein Programm zur rationalen Durchführung seiner politischen Ziele gehabt, geleitet von ideologischen Zwangsvorstellungen, in dem alle wesent- lichen Entscheidungen von seiner Person gefällt worden seien.14 Neben der Allmacht des Führers werden ebenfalls die ideologischen Überzeugungen der Hauptakteure in den Vorder- grund gestellt und somit die ungeheure Vernichtungskapazität des Dritten Reiches erklärt.15 In dieser Hitler- und ideologiezentrierten Perspektive wird zwar das Neben- und Durcheinan- der der traditionellen Ressorts, Staatsbehörden und Parteidienststellen zur Kenntnis genom- men, die nationalsozialistische Herrschaft aber nicht als polykratisch sondern, aufgrund der Allmacht Hitlers, als monokratisch charakterisiert: „Der Antagonismus der Machtfunktion ist einzig in der omnipotenten Schlüsselstellung des Führers aufgehoben, die gerade in dem un- übersichtlichen Nebeneinander und Gegeneinander der Machtgruppen und persönlichen Bin- dungen begründet [ist].“16 In der Annahme dieser Teile-und-herrsche-Taktik liegt der wesentliche Unterschied zu den so genannten Strukturalisten/Funktionalisten. Diese zweifeln die Autorität Hitlers nicht an, kriti- sieren jedoch seine – ihrer Ansicht nach – überbetonte Stellung. Die Herrschaftsstrukturen glichen aufgrund des unkoordinierten Neben- und Durcheinander von Behörden und Dienst-

13 Karl Dietrich Bracher: Die deutsche Diktatur, Entstehung, Struktur, Folgen des Nationalsozialismus, am Main, 1979, 6. Auflage; Klaus Hildebrand: Monokratie oder Polykratie? Hitlers Herrschaft und das Dritte Reich, in: Karl Dietrich Bracher/ Manfred Funke/ Hans-Adolf Jacobsen (Hg.): Nationalsozialistische Diktatur 1933-1945. Eine Bilanz, Düsseldorf, 1983, S. 73-96. 14 Vgl. hierzu : Der NS-Staat. Geschichtsinterpretationen und Kontroversen im Überblick, deutsch von Jürgen Peter Krause, Hamburg, 2002, 3. Auflage, S. 119. 15 Kershaw: NS-Staat, S. 114-117. 16 Karl Dietrich Bracher: "Stufen totalitärer Machtergreifung", VfZ 4 (1956), S. 30-42, zitiert nach Kershaw, NS- Staat, S. 118. 7 stellen, Ministerien und Parteiämtern einem „organisiertem Chaos“, indem unklare Unterstel- lungsverhältnisse und Kompetenzüberschneidungen zu Konflikten führten.17 Das Dritte Reich habe keine straff organisierte sondern eine polykratische Struktur besessen, in der „neben den Ministerien […] an den Schnittstellen von Partei und Staat wichtige Machtbasen [entstan- den], deren Autorität sich allein aus einem Auftrag des Führers herleitete.“18 Der Polykratie-Begriff zielt in diesen Zusammenhang auf die Loslösung „der formalen Ver- waltungspraxis von der zentralen Staatsverwaltung“ ab.19 Für dringliche politische Aufgaben wurden zusätzlich zu den bestehenden Bürokratien neue, hauptsächlich durch Gefolgsleute der NSDAP besetzte Verwaltungen eingerichtet. Als bekanntestes Beispiel gilt hierfür die Vierjahresplanbehörde, die nach und nach das Reichswirtschaftsministerium verdrängte. „Ei- ne derartige Problemslösungsstrategie entsprang Hitlers tiefer Abneigung gegen die staatli- che Bürokratie und die Juristen, denen er Effektivität und Schlagkraft nicht zutraute [...].“20 Diese Entwicklung machte den Konkurrenzkampf der NSDAP als eine gesellschaftliche Be- wegung deutlich, der sich 1937/39 gegen die etablierte Staatsbürokratie vollzog. Auf diese Weise entstand nicht nur ein Dualismus von Partei und Staat, sondern das viel zitierte „orga- nisierte Chaos“, das sich aus den Verflechtungen der Instanzen ergab, weil das Regime auf den Sachverstand und die Erfahrung der traditionellen Ressorts nicht verzichten konnte.21

In der aktuellen Debatte werden Aspekte beider Denkschulen zu einer Synthese vereint, wel- che die Existenz einer monokratischen Staatsspitze mit einem polykratisch gegliederten Un- terbau verbindet.22 Uneinigkeit herrscht jedoch weiterhin in der Gewichtung der Einflussfak- toren auf die Entwicklung des Dritten Reiches. Dies zeigt aber auch, dass Monokratie und Polykratie im Dritten Reich keine Gegensätze darstellen müssen.23 Eine Verknüpfung der Denkschulen, wie sie Browning mit seinem Konzept des gemäßigten Strukturalismus vor- schlägt24, findet sich ebenfalls bei Hans-Ulrich Thamer25 und Wolfgang Seibel26, die beide die

17 Vgl. Martin Broszat: Der Staat Hitlers. Grundlegung und Entwicklung seiner inneren Verfassung, München, 1969, S.363-402. 18 Kershaw, NS-Staat, S. 122. 19 Hans-Ulrich Thamer: Monokratie-Polykratie. Historiographischer Überblick über eine kontroverse Debatte, in: Johannes Houwink ten Cate/ Gerhard Otto (Hg): Das organisierte Chaos. „Ämterdarwinismus“ und „Gesin- nungsethik“. Determinanten nationalsozialistischer Besatzungsherrschaft, Berlin, 1999, S. 29. 20 Hans Mommsen: Hitlers Stellung im nationalsozialistischen Herrschaftssystem, in: Hans Mommsen. Der Na- tionalsozialismus und die deutsche Gesellschaft. Ausgewählte Aufsätze. Zum 60. Geburtstag herausgegeben von Lutz Niethammer und Bernd Weisbrod, Hamburg, 1991, S. 78. 21 Wolfgang Seibel, Holocaust und „Polykratie“ in Westeuropa 1940-1944. Förderantrag an die Volkswagenstif- tung, August 1999, S. 15 22 Thamer: Verführung und Gewalt, Berlin, 1986, S. 340. 23 Ebenda: Monokratie-Polykratie, S. 29. 24 Christopher R. Browning: Der Weg zur "Endlösung", Entscheidungen und Täter, Bonn, 1998, S. 69. 25 Thamer, Monokratie-Polykratie, S. 34. 8 Interdependenz zwischen den handelnden Akteuren und ihren Intentionen einerseits und den institutionellen Strukturen andererseits betonen. Gerade in der Holocaustforschung spielt die wechselseitige Abhängigkeit der Akteure und Behörden mit den Strukturen eine besondere Rolle in der Frage, wie trotz der chaotischen Verwaltungsstrukturen ein effizienter Verwaltungs- und Verfolgungsapparat unterhalten wer- den konnte.27 Die Planung und Implementation des Völkermordes verlief arbeitsteilig zwi- schen den einzelnen Dienststellen und Behörden, ebenso wie die Vorbereitungen und die fi- nanziellen und ökonomischen Maßnahmen zur Durchführung des Zweiten Weltkrieges. Das Polykratiephänomen wies dabei sowohl eine horizontale als auch eine vertikale Dimension auf.28 Die vertikale Arbeitsteilung der verschiedenen Akteure schuf in den von der Wehr- macht besetzten Gebieten neben Rivalitäten auch Kooperationen, sowie Kollaborationen mit einheimischen Institutionen.29 Auf der horizontalen Achse führte das Nebeneinander der Ak- teure zu Machdifferenzierung und Rivalität, jenen unklaren Zuständigkeitsverhältnissen, die das organisierte Chaos charakterisierten.30 Die Verbindung der einzelnen Akteure zu den Strukturen, innerhalb derer sie agierten, wird durch die neuere Forschung betont31 und somit die Dichotomie zwischen dem Paradox von einem monokratischen Herrschaftsanspruch und den anarchischen von überlappenden Kom- petenzen beherrschten Herrschaftsstrukturen aufgehoben. „Individuals act within the context of social structures; they murder within the context of social structures. However, the individuals do the murdering- not the structures. Still, Structures influence not only the actions of the individuals themselves, but also the ef- fects of those actions.“32

Arbeitsteilige Strukturen befreien daher die Akteure nicht von ihrer Verantwortung, sondern können diese lediglich in ihren Handlungen beeinflussen. Jedoch schufen diese Strukturen Handlungsspielräume für die Akteure bzw. Anreize für unmoralisches Verhalten, die häufig

26 Seibel, Holocaust und „Polykratie“, S. 3. 27 Zur Frage des Paradoxes zwischen Polykratie und Effektivität siehe Wolfgang Seibel: Staatsstruktur und Mas- senmord. Was kann eine historisch-vergleichende Institutionenanalyse zur Erforschung des Holocaust beitra- gen?, in: Geschichte und Gesellschaft 24 (1998/4), S. 547 ff; ebenda: The Strength of Perpetrators – The Holo- caust in Western Europe, 1940-1944, in: Governance: An International Journal of Policy, Administration, and Institutions 15 (2002/2), S. 221-240. 28 Wolfgang Seibel: Forschungsprojekt “Holocaust und ‚Polykratie’ in Westeuropa, 1940-1944“, Bericht und Verlängerungsantrag an die Volkswagenstiftung, Januar 2002, S. 13 ff. 29 Gerald D. Feldman/ Wolfgang Seibel (Hg.): as Division-of-Labor-Based Crime – Evidence and Analytical Challenges, in: Feldman/Seibel: Networks of Nazi Persecution. Bureaucracy, Business, and the Or- ganization of the Holocaust, Oxford, 2005, S. 1f. 30 Zur Mehrdimensionalität des Polykratiephänomens (Arbeitsteilung und Machtdifferenzierung) siehe Feld- man/Seibel: Holocaust as Division-of-Labor-Based Crime; S. 1-10; Seibel: Bericht Holocaust und ‚Polykratie’, Januar 2002, S. 13 ff. 31 Wolfgang Seibel: Restraining or Radicalizing? Division of Labor and Persecution Effectiveness, in: Feldman/Seibel (Hg.): Networks of Nazi Persecution, S. 340. 32 Seibel: Strength of Perpetrators, S. 230. 9 von utilitaristischen Motiven bewegt, ihren eigenen Nutzen maximierten. Die Verbindung der beiden Denkschulen, von strukturbezogenen und akteurszentrierten-intentionalen Ansätzen findet dort statt, so Wolfgang Seibel, wo die Strukturen die utilitaristischen Motive von Indi- viduen formten.33

Dieses Konzept bietet einen schlüssigen Rahmen sowohl für die Entstehung der Sonderbe- hörde Devisenschutzkommando als auch für die Operationen der Dienststelle im besetzten Belgien, in das die innerdeutschen Kompetenzkonflikte beim Einmarsch durch eine “Invasion von Dienststellen“ übertragen worden ist.34 Für die Tätigkeiten und Befugnisse des Devisenschutzkommandos Belgien lassen sich bedeu- tende Handlungsfreiheiten nachweisen, die auf eine Autorisierung von hoher Stelle schließen lassen. Andererseits war das Devisenschutzkommando Belgien, ebenso Teil des „organisier- ten Chaos“ der Dienstsellen in Belgien, in dem die Hierarchie- und Zuständigkeitsverhältnisse zur Besatzungsbehörde und den Dienststellen im Altreich noch zu klären sein werden.

33 Ebenda: Restraining or Radicalizing, S. 353. 34 Hans Umbreit: Nationalsozialistische Expansion 1938-1941. Strukturen der deutschen Besatzungsverwaltun- gen im Zweiten Weltkrieg, in: Michael Salewski/ Josef Schröder (Hg.): Dienst für die Geschichte. Gedenkschrift für Walter Hubatsch, Göttingen/Zürich, 1985, S. 180. 10 2 DIE WIRTSCHAFTS- UND FINANZPOLITIK DES DEUTSCHEN REICHES IN

DER VORKRIEGSZEIT

Für das Verständnis der politischen, wirtschaftlichen, militärischen und gesellschaftlichen Zielsetzungen des Dritten Reiches ist das Trauma des Ersten Weltkrieges, des „Versailler Diktatfriedens“ – wie er von der Mehrheit der Deutschen wahrgenommen wurde – und das auf allen Ebenen gescheiterte System der Weimarer Republik von essentieller Bedeutung. Nach dem Niedergang des Deutschen Kaiserreiches von einer europäischen Großmacht zu einer wirtschaftlich und militärisch „entrechteten“ Republik, die durch den Frieden von Ver- sailles im Juni 1919 an die Einschränkungen der Siegermächte gebunden war; nach dem Hunger und der Arbeitslosigkeit der Nachkriegsjahre, sowie nach der verheerenden Inflation und der Weltwirtschaftskrise im Oktober 1929, legte die NS-Führung großes politisches Ge- wicht auf die Revision der Versailler Verträge. Gemäß dem politischen Selbstverständnis der Zeit, sollte das Deutsche Reich durch die „Wiederwehrhaftmachung“ wieder zu alter Stärke zurückgeführt werden.35 Von besonderer Bedeutung für diese Arbeit sind die wirtschaftlichen und finanzpolitischen Aspekte der Wiederaufrüstung. Durch eine Darstellung der wirtschaftspolitischen Zwänge und Zielsetzungen des Dritten Reiches und eine anschließende Beschreibung der administra- tiven Umsetzung dieser Ziele lassen sich sowohl die Aufgaben als auch die Existenz des De- visenschutzkommandos in einen historischen Gesamtzusammenhang einbetten.

2.1 Die Wirtschaftspolitik

2.1.1 Autarkie, Wehrwirtschaft und Devisenmangel 1933-1936 Die Weltwirtschaftskrise, die sich aufgrund der internationalen Finanzverflechtungen ausbrei- tete, zeigte auf drastische Art und Weise die Schwachstellen des liberalen Wirtschaftssystems auf. Produktionsrückgang, Preisstürze und Massenarbeitslosigkeit waren die Folgen, von de- nen Deutschland zwar nicht stärker als andere Industrienationen betroffen war36, diese aber der instabilen Weimarer Demokratie letztendlich den Todesstoß versetzten. Aus diesen nega- tiven Erfahrungen der internationalen Handelsbeziehungen und der noch lebhaften Erinnerung

35 So die Formulierung Hitlers während einer Besprechung mit den Reichswehrbefehlshabern am 3. Februar 1933; zitiert nach Wilhelm Deist/ Manfred Messerschmidt/ Hans-Erich Volkmann/: Das Deut- sche Reich und der Zweite Weltkrieg. Ursachen und Voraussetzungen der Deutschen Kriegspolitik (Schluß- betrachtung), Band 1, hg. vom MGFA, Stuttgart, 1979, S. 708. 36 Volkmann: Die NS-Wirtschaft in Vorbereitung des Krieges, in: Deist/Messerschmitt/ Volkmann/ Wette, Das Deutsche Reich und der Zweite Weltkrieg, Bd.1, S. 178. 11 an die Nahrungsmittelblockade während des Ersten Weltkrieges entwickelte sich in bürger- lich-nationalen Kreisen die Autarkietheorie als Alternative zum weltwirtschaftlichen Freihan- del.37 Die Idee einer nationalen Wirtschaftsordnung, die auf der Selbstversorgung der Nation aufbaute, fand in den Reihen der NSDAP großen Anklang. Sie bildete einen idealen Boden für die anvisierte Lebensraumpolitik und würde - im Falle eines neuen Krieges – die wirt- schaftliche Unabhängigkeit und somit die Versorgung des Reiches garantieren. Von Anfang an gehörten Aufrüstung und Kriegsvorbereitung zum erklärten Ziel der national- sozialistischen Herrschaft, das direkt nach der Machtübernahme realisiert wurde. Mit der so genannten Wehrwirtschaft wurde ein bis dato neues Wirtschaftsprinzip eingeführt, das die marktwirtschaftliche Ordnung in ein staatsdirigistisches System transformierte.38 Kennzeich- nend war nicht der hohe Anteil der Aufrüstung an den wirtschaftlichen Maßnahmen, sondern die politische Absicht der „Gestaltung der Volkswirtschaft im Frieden für den Krieg unter militärischen Gesichtspunkten.“39 Versorgungsschwierigkeiten wie sie im Ersten Weltkrieg im militärischem wie zivilen Bereich aufgrund der Materialschlachten und Blockade auftra- ten, sollten auf diese Weise vermieden werden. Mit dem Ziel der wirtschaftlichen Autarkie, die erst nach und nach umgesetzt werden konnte, und der wehrwirtschaftlichen Ausrichtung des Systems verbinden sich gewisse Implikationen: Einerseits sollte auf diese Weise die verstärkte Rüstungsproduktion als Mittel zur Überwin- dung der Krise auf dem Arbeitsmarkt genutzt werden, der 1933 immer noch schwer unter den Folgen der Weltwirtschaftskrise litt. Der Arbeitsmarkt erholte sich jedoch, bevor die Rüs- tungskonjunktur richtig einsetzte. Die Absicht, die zukünftige Selbstversorgung Deutschlands mit Rohstoffen und Nahrungsmitteln zu garantieren, wurde noch in diesem Jahr mit Gesetzes- initiativen zur Außenhandelslenkung umgesetzt. Die für den Staat teuren Arbeitsbeschaf- fungsprogramme führten jedoch nicht zum erhofften Erfolg, sondern zu einer defizitären Handelsbilanz.40 Die Orientierung auf Selbstversorgung und Binnenwirtschaft bedeutete ei- nen Rückgang des Exportvolumens, der sich in den knappen Devisenreserven des Reiches bemerkbar niederschlug41 und für die Finanzierung der forcierten Aufrüstung ein ernsthaftes Problem darstellte. Die Staatsausgaben und davon besonders die Militärausgaben stiegen zwi- schen 1934 und 1938 enorm an. Durch Steuereinnahmen konnten 1938 lediglich 17,7 Mrd.

37 Volkmann: NS-Wirtschaft, S.190. 38 Die nationalsozialistische Wehrwirtschaft ist nicht gleichzusetzen mit Planwirtschaft, sondern vielmehr als eine staatliche Lenkung der Wirtschaftskraft in eine vom Regime gewünschte Richtung zu verstehen. Hierzu vgl. Volkmann: NS-Wirtschaft, S. 211. 39 So Reichspressechef Dietrich, zitiert nach Volkmann: NS-Wirtschaft, S. 208. 40 Werner Bührer: Wirtschaft, in: Wolfgang Benz/ Hermann Graml/Hermann Weiß (Hg.): Enzyklopädie des Nationalsozialismus, München, 2001, 4. Aufl., S.112f. 41 Avraham Barkai: Das Wirtschaftssystem des Nationalsozialismus. Ideologie, Theorie, Politik, 1933-1945, Frankfurt am Main, 1988, S. 165f. 12 RM der 30 Mrd. RM Staatsausgaben gedeckt werden.42 Um die Kriegsvorbereitungen, die über den Reichshaushalt finanziert wurden, nicht ins Stocken geraten zu lassen, wurde auf Initiative der Reichsbank ein System des deficit-spendings zur Finanzierung der Rüstungsvor- haben ins Leben gerufen. Bereits seit Mai 1933 konnte das Militär seine Rüstungsaufträge mit so genannten Mefo-Wechseln bezahlen. Vier große deutsche Unternehmen (Krupp, Siemens, Gute Hoffnungshütte und Rheinmetall), die direkt an der Aufrüstung beteiligt waren, hatten die Metallurgische Forschungsgesellschaft (Mefo) mit einem Aktienkapital von 1 Million RM gegründet.43 Jene Unternehmen, die Aufträge für die Reichswehr, bzw. die Wehrmacht44 ausführten, erhielten Mefo-Wechsel, die staatlich garantiert und bei der Reichsbank diskon- tierbar waren. Sie wirkten gesamtwirtschaftlich als eine Ausweitung des Zahlungsmittelvolu- mens ohne das Angebot der Güter zu steigern. Obwohl die von den Wechseln ausgehende Inflationsgefahr erkannt worden war, wurden bis 1938 12 Milliarden RM auf diese Weise ausgegeben. Etwa die Hälfte der militärischen Rüstungsausgaben wurde bis 1936 mit Mefo- Wechseln gedeckt. Bis zum Kriegsbeginn im September 1939 lag ihr Anteil bei etwa 20%.45

„Insgesamt betrachteten die politischen Entscheidungsinstanzen des Dritten Reiches die Rüstungsfinanzierung jedoch als ein Problem, das lediglich kurz- und mittelfristig, näm- lich bis zur Erlangung eines gewissen Rüstungsstandes, einer überbrückenden Lösung bis zur endgültigen Bereinigung im Zuge territorialer Expansion bedurfte. Sie zögerten daher auch nicht, zur Durchführung der Aufrüstung dem Staat eine hohe Schuldenlast aufzubürden. Ziel der NS-Machthaber war es, in möglichst kurzer Zeit ein möglichst hohes Rüstungsniveau zu erreichen, um mit begrenzten militärischen Aktionen das poli- tische und wirtschaftliche Einflussgebiet zu erweitern.“46

Die Rüstungswirtschaft wirkte sich jedoch nicht nur in Form der erhöhten Staatsausgaben, bzw. Staatsverschuldung prekär auf die deutsche Haushaltslage aus. Der erhöhte Bedarf an Rohstoffen und Nahrungsmitteln belebte die Nachfrage nach Importwaren beträchtlich ge- genüber verminderten Exporten.47 Dadurch fehlten nicht nur die Devisen, um die Importe zu bezahlen, sondern die Diskrepanz zwischen In-und Ausfuhr ließ die Devisenreserven der

42 Siehe Volkmann: NS-Wirtschaft, S. 247. Im Vergleich hierzu beziffert Stefan Mehl die staatliche Neuver- schuldung im Rechnungsjahr 1938/39 auf 27,4 Mrd. RM. In diesem Rechungsjahr stiegen nach Mehl die reinen Rüstungsausgaben (18,4 Mrd. RM) erstmals höher als alle Einnahmen aus Steuern und Zöllen (18,2 Mrd. RM) zusammen; siehe Stefan Mehl: Das Reichsfinanzministerium und die Verfolgung der deutschen Juden 1933- 1943, Berliner Arbeitshefte und Berichte zur Sozialwissenschaftlichen Forschung Nr. 38, Berlin, 1990, S.64. 43 Barkai: Wirtschaftssystem, S. 156. 44 Die Reichswehr wurde in Verbindung mit der Einführung der allgemeinen Wehrpflicht im März 1935 in die Wehrmacht umbenannt. Mit der Umbenennung folgte eine rasche Abkehr von den Einschränkungen des Versail- ler Friedensvertrages. Das bislang 100.000 Mann umfassende Reichsheer wurde auf eine Stärke von 550.000 Mann ausgeweitet. Ausführlich bei Gerd R. Ueberschär: Wehrmacht, in: Enzyklopädie des Nationalsozialismus, S. 98ff und (natürlich) bei Wilhelm Deist: Die Aufrüstung der Wehrmacht, in: Das Deutsche Reich und der Zweite Weltkrieg, Bd. 1, Ursachen und Voraussetzungen der deutschen Kriegspolitik, S. 415ff. 45 Barkai: Wirtschaftssystem, S. 156; Volkmann: NS-Wirtschaft, S. 247f. 46 Volkmann; NS-Wirtschaft, S. 248. 47 Ebenda: NS-Wirtschaft, S. 251f. 13 Reichsbank noch weiter schrumpfen. Während Anfang 1934 noch rund 400 Millionen RM der Reichsbank zur Verfügung standen, sanken die Gold- und Devisenreserven bis Juli 1934 auf 76,8 Millionen RM.48 Um das Rüstungsvorhaben des Deutschen Reiches nicht ernsthaft zu gefährden, reagierte Reichswirtschaftsminister und Reichsbankpräsident Hjalmar Schacht im September 1934 mit der Einführung des Neuen Plans. Dieser Plan, der hier nur vollständigkeitshalber und daher in groben Zügen dargestellt werden soll, sah eine direkte Staatskontrolle des gesamten Außen- handels vor. Jedes einzelne Importgeschäft musste von nun an durch Überwachungsstellen geprüft werden. Nur aufgrund der Bestätigung dieser Stellen teilten die Devisenstellen, die den regionalen Finanzämtern angegliedert wurden, die nötigen Devisen für das Geschäft zu.49 Diese Maßnahmen bedeuteten den Übergang von der bereits in der Amtszeit Brünings begon- nenen Devisenbewirtschaftung zur „’echten’ Einfuhrkontrolle“50. Dabei wurde die Dringlich- keit der Güter, die aus dem Ausland beschafft werden sollten, streng reglementiert. Rohstoffe und rüstungsrelevante Waren, die in Deutschland nicht in ausreichendem Maße vorkamen oder produziert werden konnten, erhielten absoluten Vorrang. Bevorzugte Handelspartner waren Länder, die auch im Gegenzug bereit waren, deutsche Erzeugnisse in direktem Tausch abzunehmen, um auf diese Weise für wieder eine ausgeglichene Handelsbilanz zu erreichen. „Die einschlägige Forschung“, so die Ansicht von Avraham Barkai, „ist sich darin weitge- hend einig, daß die tatsächliche Außenhandelspolitik und die damit verbundene Devisenbe- wirtschaftung hauptsächlich von politischen und nicht von wirtschaftlichen Erwägungen dik- tiert wurden“ 51, die deutsche Devisenkontrolle daher vielmehr eine politische Machtfunktion darstellte. Diese Einschätzung wird insbesondere an anderer Stelle zu berücksichtigen sein, wenn man bedenkt, dass die deutschen Besatzungsbehörden die Devisenbewirtschaftung dem besetzten Belgien ebenfalls auferlegten, wo sie durch die Oberfeldkommandanturen (OFK) und das Devisenschutzkommando ausgeführt wurde. 52

48 Volkmann: NS-Wirtschaft, S.252. 49 Ebenda: NS- Wirtschaft, S. 167. 50 Ebenda: NS-Wirtschaft, S. 255. 51 Barkai: Wirtschaftssystem, S. 170f. 52 Trotz dieser machtpolitischen Dimension, gilt die Devisenbewirtschaftung per definitionem als „Regulierung des Zahlungsverkehrs mit dem Ausland durch staatliche Einschränkungen und Kontrollen zur Eindämmung von Kapitalflucht und Rationierung knapper Devisenvorräte“ (zitiert nach: http://www.infobitte.de/free/lex/allgLex0/d/devisenbewirtschaftung.htm, zuletzt besucht am 30.01.05). Die Prob- leme der Rationierung knapper Devisenbestände und der Kapitalflucht treffen auf die ökonomische Situation des Deutschen Reiches vor und während des Zweiten Weltkrieges zu. 14 Bis 1936 konnten die Nationalsozialisten eine Reihe von Erfolgen auf dem Arbeitsmarkt ver- zeichnen. Insbesondere durch die weltwirtschaftliche Erholung, aber auch durch die Einfüh- rung der allgemeinen Wehrpflicht und des Reichsarbeitsdienstes war die Arbeitslosigkeit deutlich gesunken, die Industrieproduktion dagegen drastisch gestiegen, „bezeichnenderweise bei Investitionsgütern wesentlich stärker als bei Konsumgütern.“53 Die Aufrüstung schuf wei- tere Arbeitsplätze. Dieses Ergebnis konnte jedoch nicht darüber hinweg täuschen, dass sich die Rohstoff- und Devisensituation des Dritten Reiches immer noch nicht gebessert hatte. Die Devisenreserven schrumpften 1936 weiter auf 71, 9 Millionen RM und blieben weiter kritisch.54 Wichtige Rohstoffeinkäufe konnten nicht getätigt werden, so dass die Produktion im Sommer 1936 erstmals ins Stocken geriet und das Rüstungsprogramm ernsthaft gefährde- te. Die Wehrwirtschaft, war an einem Punkt angelangt, an dem entweder das Tempo gedros- selt werden sollte oder die Rüstungsproduktion gestrafft auf ein zeitlich greifbares Ziel ausge- richtet werden sollte. Für Hitler hatte eine möglichst rasche Aufrüstung absolute Priorität, so dass er bereits im Frühjahr dem Oberbefehlshaber der und Ministerpräsidenten für das Preußische Staatsministerium, Generaloberst Göring, den „Auftrag zur Prüfung und An- ordnung aller erforderlichen Maßnahmen“ erteilte, „um die weitere Wehrhaftmachung si- cherzustellen.“55 Hermann Göring bestellte als neuer Rohstoff- und Devisenkommissar einen mit Vertretern der Partei, Staat, Wehrmacht und Wirtschaft besetzten Rohstoff- und Devisenstab ein, um die Engpässe durch zentrale Lenkungsmaßnahmen zu überwinden. Um die Finanzierung der Auf- rüstung zu garantieren, wurden die Devisenangelegenheiten im Preußischen Staatsministeri- um geregelt, während die Rohstoffe gemeinsam mit dem Wehrwirtschaftsstab bearbeitet wur- den.56 Doch auch diese Maßnahmen blieben von mäßigem Erfolg gekrönt, denn die Rohstoffversor- gung der Rüstungsbetriebe blieb weiter unzureichend. Im zweiten Halbjahr 1936 verzeichnete das Reich einen Devisenfehlbestand von einer halben Milliarde RM57, was Göring dazu ver- anlasste eine Devisensonderaktion durchführen zu lassen: Er ordnete die erstmalige „Erfas- sung der im deutschen Besitz befindlichen ausländischen Wertpapiere sowie die beschleunigte Eintreibung deutscher Warenaußentände und die möglichste Realisierung deutscher Aus-

53 Bührer: Wirtschaft, S. 113 54 Barkai: Wirtschaftssystem, S.167. 55 Zitiert nach Volkmann: NS-Wirtschaft, S. 278 (Weisung Hitlers, 4.4.1936, PA Büro Reichsminister) 56 Heinz Dietmar Petzina: Der Nationalsozialistische Vierjahresplan von 1936. Entstehung, Verlauf, Wirkungen, Mannheim, 1965 [Dissertation], S. 40. Über den Umgang mit Devisenfragen im Preußischen Staatsministerium ist heute wenig bekannt. Fest steht jedoch, dass Göring dem ihm unterstellten Chef des preußischen Geheimen Staatspolizeiamtes (Gestapa), , im Sommer 1936 den Auftrag zur Gründung des Devisen- fahndungsamtes erteilte. Siehe dazu Kapitel 2.2.2, S. 25. 57 Petzina: Vierjahresplan, S. 44. 15 landsbeteiligung“ an.58 Die fehlende halbe Milliarde RM konnte auf diese Art und Weise be- schaffen werden. Dabei erwies es sich für Göring als äußerst nützlich, den Weg der verschärf- ten Devisenbewirtschaftung mittels Sonderabgaben und Sonderbesteuerungen (vor allem von Juden) auch künftig weiterzuverfolgen.

2.1.2 Der Vierjahresplan Die Ernennung Görings zum Rohstoff- und Devisenkommissar im April 1936 verdeutlicht die machtpolitische Stellung der NSDAP nach drei Jahren Herrschaft gegenüber der traditionellen Ministerialbürokratie: Göring hatte seine Machtposition gegenüber Reichswirtschaftminister Schacht beträchtlich ausbauen können und forderte die „Unterordnung der wirtschaftspoliti- schen Exekutive“ unter seine Autorität.59 Paradoxerweise kamen ihm das Problem der prekä- ren Finanzlage des Reiches sowie das Ziel der möglichst schnellen Aufrüstung dabei zugute. Hitler, der auf keinen Fall von diesem Ziel abrücken wollte, verfasste 1936 zum Reichspartei- tag in Nürnberg eine geheime Denkschrift, in der er den so genannten zweiten Vierjahresplan verkündete und forderte: „I. Die deutsche Armee muss in 4 Jahren einsatzfähig sein. II. Die deutsche Wirtschaft muss in 4 Jahren kriegsfähig sein.“60 Unter dem Jubel der Massen gab der Führer als Ziel der deutschen Wirtschaftspolitik an, „den Lebensstandart des breiten Volkes zu verbessern“ und das deutsche Volk von der viel be- schworenen bolschewistischen Gefahr zu schützen. Dieser Plan, der auf dem „Parteitag der Ehre“ der Öffentlichkeit als Aufwertung der Lebensverhältnisse verkauft worden ist, bedeute- te in Realität nichts anderes als „Wehrwirtschaft in reiner Form“61, die konkrete Vorbereitung des kommenden Krieges in Friedenszeiten. Dass Hitler unter dem Vierjahresplan keine abstrakte Zielsetzung verstand, sondern durchaus ernst gemeinte Absichten damit verband, verdeutlichte er durch den Erlass der Verordnung zur Durchführung des Vierjahresplanes vom 18. Oktober 1936, durch die er Hermann Gö- ring als Beauftragten für den Vierjahresplan einsetzte und ihn mit umfangreichen Kompeten- zen ausstattete: „Die Verwirklichung des von mir auf dem Parteitag der Ehre verkündeten neuen Vier- jahresplans erfordert eine einheitliche Lenkung aller Kräfte des deutschen Volkes und die straffe Zusammenfassung aller einschlägigen Zuständigkeiten in Partei und Staat.

58 Schreiben von Schacht an Göring, 5.8.1937, zitiert nach Petzina: Vierjahresplan, S. 45. Die rechtlichen Vor- aussetzungen bot das Gesetz über die Devisenbewirtschaftung vom 4.2.1935 (RGBl. 1935, S. 105) und diverse Durchführungsverordnungen (DVO). Der Depotzwang für ausländische Wertpapiere wurde durch die 7. DVO vom 19.11.1936 (RGBl. 1936, S.946) festgelegt. 59 Petzina: Vierjahresplan, S.38. 60 Zitiert nach Volkmann: NS-Wirtschaft, S. 283. 61 Chef des Wehrwirtschaftsstabes Thomas, Dezember 1936, zitiert nach Volkmann: NS-Wirtschaft, S. 282. 16

Die Durchführung des Vierjahresplans übertrage ich dem Ministerpräsidenten General- Göring.

Ministerpräsident Generaloberst Göring trifft die zur Erfüllung der ihm gestellten Auf- gaben erforderlichen Maßnahmen und hat soweit die Befugnis zum Erlaß von Rechts- verordnungen und allgemeinen Verwaltungsvorschriften. Er ist berechtigt, alle Behör- den, einschließlich der obersten Reichsbehörden und alle Dienststellen der Partei, ihrer Gliederungen und der ihr angeschlossenen Verbände anzuhören und mit Weisungen zu versehen.“62

Die Inthronisation Görings in eine zentrale Machtposition zwischen Führer und obersten Staatsbehörden zeigt einerseits den enormen Machtzuwachs, den sich die Partei als Staat im Staate angeeignet hatte, andererseits wurden auf diese Weise die Kriegsvorbereitungen des Reiches institutionalisiert. Göring, der schon früher den Führungsanspruch gegenüber dem Reichswirtschaftsministeri- um erhoben hatte, machte keinerlei Hehl daraus, von seinen Vollmachten Gebrauch zu ma- chen.63 Daher begnügte er sich auch nicht mit der Aufstellung eines Arbeitsstabes, der die Durchführung des Vierjahresplanes innerhalb des bestehenden institutionellen Rahmens kon- trolliert hätte.64 Er rief stattdessen die so genannte Vierjahresplanbehörde ins Leben, die ihren Sitz im Preußischen Staatsministerium hatte, dem Göring als Ministerpräsident vorstand. Die Aufgabenbereiche wurden speziellen Geschäftsgruppen zugewiesen, welche die Bereiche Roh- und Werkstoffe, landwirtschaftliche Produktion, Arbeitseinsatz, Preisüberwachung und Devisenangelegenheiten abdeckten. Eine „straffere staatliche Kontrolle und direkte Wirtschaftsbetätigung des Staates“65 wurde im Rahmen des Vierjahresplanes vollzogen. Verstärkte Investitionen für Rohstoffe sollten die wirtschaftliche Grundlage für die baldige Expansion des Reiches bilden, die Ausgaben dann möglichst durch die zu besetzenden Gebiete ausgeglichen werden. Eine „Blitzkriegstrategie“ wurde entwickelt, um die Versorgung der Bevölkerung zu garantieren. Da es der deutschen Wirtschaft in den vergangenen Jahren nicht gelungen war, größere Mengen an Rohstoff- und Lebensmittelvorräten anzulegen, sollte der Bedarf auf Dauer durch die Ausplünderung der eroberten Gebiete gedeckt werden.66 Schon hier zeichnete sich die spätere Entwicklung des Vierjahresplanes zum „wirtschaftlichen Ausbeutungsinstrument“ ab67.

62 RGBl. 1936, Teil I, S. 887 63 Petzina: Vierjahresplan, S.38. 64 Volkmann: NS-Wirtschaft, S. 286. 65 Barkai: Wirtschaftssystem, S. 207. 66 Ebenda: Wirtschaftssystem, S. 219; 67 Petzina: Vierjahresplan, S. 173. 17 Als zentrale Lenkungsinstanz der Wirtschaft hatte der Vierjahresplan das Reichswirtschafts- ministerium, sprich Schacht, machtpolitisch auf die Plätze verwiesen und damit eindeutig den wirtschaftspolitischen Kurs der folgenden Jahre vorgeben. Der Wirtschaftsminister vertrat – im Vergleich zu der militärisch dominierten Haltung der Parteiführung - eine eher von öko- nomischen Gesichtspunkten geleitete Auffassung darüber, wie die Rüstungsvorhaben von statten gehen sollten und wollte der Außenhandels- und Finanzkrise der Jahre 1935/36 mit einem gemäßigten Tempo der Rüstungsproduktion begegnen. Erfolglos bestand er auf die Konsolidierung der Finanzen und trat schließlich 1937 von seinem Amt als Reichswirt- schaftsminister zurück. Nach einer kurzen Übergangsphase, in der Göring die Geschäfte des Ministeriums leitete, wurden Anfang 1938 mit der Einsetzung Walter Funks als neuen Reichswirtschaftsminister die Beziehungen zwischen der Vierjahresplanbehörde und dem Ministerium neu geregelt. Durch diese Organisationsreform wurden Teile des Vierjahresplanes in das Wirtschaftsminis- terium eingegliedert, da Kompetenzüberschneidungen zwischen dem Vierjahresplan und den Fachministerien die fristgerechte Durchführung bedrohten.68 Görings Machtposition wurde durch diese Maßnahmen nicht angegriffen, da „das Wirtschaftsministerium [...] mit der Er- nennung von Walter Funk zum Minister zum Exekutivorgan des Beauftragten für den Vierjah- resplan geworden [war], an dessen Weisung es formal und faktisch gebunden war.“69 Trotz seiner Machtfülle stellte der Vierjahresplan jedoch nie eine umfassende Aufsichts- und Pla- nungsinstanz der gesamten Wirtschaft dar, weil er seine Tätigkeit vor allem auf die strategisch wichtigen Sektoren ausrichtete.70 Das Jahr 1938 erwies sich jedoch nicht nur unter organisationellen Aspekten als Wendepunkt. Hinsichtlich der Devisenbewirtschaftung erweiterten die Expansionsmaßnahmen des Dritten Reiches, die zur Angliederung Österreichs und der Sudetengebiete führten, auch den Wirt- schaftsraum des Vierjahresplanes. Allein die in Österreich vorgefundenen Gold- und Devi- senbestände reichten aus, um die deutsche Rohstoff- und Devisenbewirtschaftung für das Jahr 1938 zu garantieren.71 Auf exekutiver Ebene kam 1938 das Devisenschutzkommando bei der Angliederung Österreichs zum ersten Mal zum Einsatz, danach folgten noch vor Kriegsbeginn das sowie Böhmen und Mähren.72 In finanzpolitischer Hinsicht fiel ab 1938 auch

68 Petzina: Vierjahresplan, S. 62. 69 Ebenda: Vierjahresplan, S.65. 70 Barkai: Wirtschaftssystem, S. 212. 71 Volkmann: NS-Wirtschaft, S. 324f. 72 Schreiben des Reichskommissars für die besetzten Niederländischen Gebiete an den MBBNF, 01.11.1943, BA-MA RW36-217; GRMA T 78-61. 18 die Verfolgung und Ausplünderung der deutschen Juden in den Kompetenzbereich des Vier- jahresplanes

2.2 Die Finanzpolitik

Im nationalsozialistischen Staat war die gesamte Finanz- und Geldpolitik nicht von den politi- schen Zielen der Führung zu trennen.73 Der Primat der „Wehrhaftmachung“ und die damit verbundenen wirtschaftlichen und finanzpolitischen Implikationen warfen ihre Schatten weit in die Handlungen und Organisation der Reichsfinanzverwaltung. Hauptaufgabe des Reichs- finanzministeriums war es den Staat mit den erforderlichen Finanzmitteln durch die Erhebung von Steuern und Zöllen zu versorgen, die er für seine Zwecke benötigte. Im Folgenden wer- den die wichtigsten Maßnahmen der Reichsfinanzverwaltung bei der Erschließung von drin- gend erforderlichen Zahlungsmitteln vor dem monetären Hintergrund der „Vorfinanzierung des Krieges“74, dem ideologischen Hintergrund einer sich radikalisierenden Judenverfolgung und dem strukturellen Hintergrund der Anpassung des Behördenapparates an die staatlichen Zielsetzungen beschrieben.

2.2.1 Die Devisenbewirtschaftung und die Verfolgung von Steuerflucht Das Problem der prekären Finanzlage resultierte jedoch nicht aus den rüstungswirtschaftli- chen Anstrengungen der nationalsozialistischen Regierung. Es stellte ursprünglich vielmehr ein Erbe aus der Weimarer Zeit dar, als die Haushaltslage des Staates schwer unter den Repa- rationszahlungen an die Siegermächte des Ersten Weltkrieges und unter der Weltwirtschaft- krise gelitten hatte.75 Bereits im Jahre 1931 hatte die Regierung Brüning im Zuge der berühm- ten Weimarer Notverordnungen (Art. 48, 2 WRV) „aus politischer Not“ die Devisenbewirt- schaftung eingeführt und Emigration zahlungskräftiger Steuerzahler mit einer Sonderabgabe belegt.76 Diese so genannte Reichsfluchtsteuer wurde im Rahmen der „Vierten Verordnung des Reichspräsidenten zur Sicherung der Wirtschaft und Finanzen und zum Schutz des inne- ren Friedens“ erlassen,77 um das Problem der Steuer- und Kapitalflucht aus Deutschland zu verhindern bzw. den Auswandernden eine letzte Abgabe, aufgrund einer patriotischen Ver-

73 Willi A. Boelcke: Die Finanzpolitik des Deutschen Reiches. Eine Darstellung in Grundzügen, in: Karl Dietrich Bracher/ Manfred Funke/ Hans-Adolf Jacobsen (Hg): Deutschland 1933-1945. Neue Studien zur nationalsozia- listischen Herrschaft, Düsseldorf, 1993, 2. Aufl., S. 95. 74 Ebenda: Finanzpolitik, S. 96. 75 Dennoch soll nicht darüber hinweggetäuscht werden, dass die Probleme der finanziellen und wirtschaftlichen Konsolidierung der Staatsfinanzen in der Folgezeit auf die Wehrwirtschaft zurückzuführen sind. 76 Dorothee Mußgnug: Die Reichsfluchtsteuer, 1931-1935, Berlin, 1993, S. 24. 77 RGBl. 1931, Teil I S. 699f. 19 pflichtung, abzuverlangen.78 Ab einem Jahreseinkommen von 20.000 RM oder einem Ver- mögen von 200.000 RM musste ein Viertel des gesamten steuerpflichtigen Vermögens an den Fiskus entrichtet werden. Das Gesetz zielte in erster Linie auf Abgaben von wohlhabenden Steuerpflichtigen und Un- ternehmen ab, die im Begriff waren ihr Vermögen ins Ausland zu transferieren und so dem Reichsfiskus zu entziehen. Die Höhe der Bemessungsgrenze stellte jedoch eine rein politische Entscheidung dar, bei der es zu entscheiden gab, ob eine abschreckende Wirkung einem ho- hen Steueraufkommen vorgezogen werden sollte.79

Nach der Machtergreifung erwies sich die Reichsfluchtsteuer als probates Mittel das Steuer- aufkommen mit den politisch-ideologischen Zielsetzungen des NS-Regimes zu verbinden. Gemäß dem simplen Grundsatz „Der Staat braucht Geld!“80 (Fritz Reinhardt, Staatssekretär im Reichsfinanzministerium und „alter Kämpfer“ der NSDAP) setzte die Reichsfinanzverwal- tung den Freibetrag auf ein Vermögen von 50.000 RM und ein Einkommen von jährlich 10.000 RM herab. Im Kontext einer zunehmend antisemitischen Politik, Boykotten und Re- pressalien gegen Juden erweiterte diese Maßnahme nicht nur rein rechnerisch den Personen- kreis der Reichsfluchtsteuerpflichtigen. Sie richtete sich zunehmend – obwohl die Steuer for- mell für alle deutschen Staatsbürger gleichsam galt – gegen jüdische Emigranten, die vor dem Naziterror flohen und entwickelte sich durch stetige Verschärfungen zur „antijüdischen Zwangssteuer“.81 Da die Auswanderung der jüdischen Bevölkerung bei der NS-Führung als durchaus er- wünscht galt, eigneten sich die Maßnahmen gegen Juden, um Sachzwänge und Ideologie des NS-Staates miteinander zu verbinden: Die fiskalische Judenverfolgung erwies sich als wirk- sames Mittel der Finanzkrise zu begegnen und muss daher in einem Wechselverhältnis mit den wirtschaftlichen Zielen des Staates gesehen werden.82

78 Mußgnug: Reichsfluchtsteuer, S. 18 ff. 79 Ebenda: Reichsfluchtsteuer, S. 20. 80 Zitiert nach Mehl: Reichsfinanzministerium, S. 38. 81 Siegfried Wurm: Die finanzielle Vernichtung der Juden im Dritten Reich. Wie vollzog sich der Griff der Nati- onalsozialisten nach dem jüdischen Vermögen?, Berlin, 1999, S. 132. Paradoxerweise wurde eine Klage gegen die Verfassungsmäßigkeit der Reichsfluchtsteuer im Jahr 1932 vom Reichsrechnungshof mit der Begründung abgewiesen, dass sie keinen Widerspruch zum Gleichheitssatz darstelle, noch das Auswanderungsrecht aller Deutschen betreffe; Mußgnug: Reichsfluchtsteuer, S. 25. 82 Die jüdische Auswanderung wurde 1941 durch ein Verbot erschwert, aber nicht völlig unterbunden. Bis dahin instrumentalisierte das NS-Regime wider dem ursprünglichen Geist des Steuergesetzes, die Reichsfluchtsteuer als Einnahmequelle. Von einer „Lenkungssteuer“, die Auswanderungswilligen Anreize zum Verbleiben im Reich bieten sollte, konnte Mitte der dreißiger Jahre keine Rede mehr sein; vgl. Wurm: Finanzielle Vernichtung, S. 132; auch Ilse Birkwald: Die Steuerverwaltung im Dritten Reich, in: Leesch/ Birkwald/ Blumberg: Geschichte der Finanzverfassung und -verwaltung in Westfalen seit 1815, Münster 1998, 3. Sonderausgabe, S 255. 20 Während das Reich durch diese regelrechte Strafsteuer im ersten Jahr keine nennenswerten Einnahmen verbuchen konnte, stiegen die Erträge ab dem Rechnungsjahr 1933/34 von 1 Mil- lion RM auf 17 Millionen RM sprunghaft an. Den Höhepunkt erreichte das Reichsfluchtsteu- eraufkommen im Rechnungsjahr 1938/1939 mit rund 342 Millionen RM durch die von dem in der „Reichskristallnacht“ ausgelöste Emigrationswelle. In den Jahren 1933-1944 verdiente der NS-Staat an der jüdischen Auswanderung mehr als 941 Millionen RM.83 Nach der Entrichtung der Reichsfluchtsteuer konnten die Emigranten jedoch nicht frei über ihr Vermögen verfügen. Die seit 1931 geltenden Devisengesetze beschränkten den Transfer von Devisen.84 Die Ausfuhr der Reichsmark – sei es als Versand oder Mitnahme - war legal nur mit einer Genehmigung der Devisenstellen möglich, die organisatorisch dem Reichswirt- schaftsministerium unterstanden, aber funktional den Landesfinanzämtern angegliedert wor- den sind. Oberstes Ziel der Devisenbewirtschaftung war es, die im Reich vorhandenen Devi- sen sinnvoll zu bewirtschaften und die Kapitalflucht mit Devisen zu unterbinden.85 Grund- sätzlich bestand die Möglichkeit Barbeträge nach einer Anmeldung ins Ausland zu transferie- ren. Bewilligten die Devisenstellen 1933 noch die Ausfuhr von bis zu 15.000 RM, so wurden diese Barbeträge in den Folgemonaten drastisch gekürzt, bis die Barzuteilung im Oktober 1934 vollkommen eingestellt worden ist.86 Zudem wurde die Devisenbewirtschaftung auch durch Herabsetzen der Freibeträge der Geldmenge, die ohne Genehmigung mit ins Ausland genommen werden durfte, beträchtlich verschärft: Waren 1933 noch 200 RM pro Person zu- lässig, wurde der Betrag Anfang 1934 auf 50 RM und bis September 1934 schließlich auf 10 RM reduziert,87 so dass die Auswanderer praktisch mittellos das Land verließen. Das in Deutschland zurückgebliebene Guthaben – rund 96 % des Gesamtvermögens – unterlag als „Auswanderungssperrguthaben“ der Verfügung der Devisenstellen, bis es mit Genehmigung in Deutschland gebliebenen Angehörigen übergeben, transferiert oder im Falle der Ausbürge- rung als Vermögen von Reichsfeinden eingezogen wurde.88

83 Die Zahlen stammen von Mehl: Reichsfinanzministerium, S. 44. 84 Das Deutsche Reich hatte aufgrund der hohen Verschuldung des Staates 1931 per Verordnung des Reichsprä- sidenten die Devisenbewirtschaftung eingeführt; RGBl. 1931, Teil I, S. 421. 85 Vorhandener Devisenbesitz musste ab Juli 1931 der Reichsbank zum Kauf angeboten werden. Anfangs waren von der Anmeldepflicht lediglich Werte ab einem Freibetrag von umgerechnet 20.000 RM betroffen, der in den folgenden Wochen mehrfach und drastisch herabgesetzt wurde. Ab Oktober galt eine laufende Anmeldepflicht für sämtliche erworbenen Devisen, siehe Susanne Meinl/ Jutta Zwilling: Legalisierter Raub. Die Ausplünderung der Juden im Nationalsozialismus durch die Reichsfinanzverwaltung in Hessen, Frankfurt, 2004, S. 403 ff. 86 Gerd Blumberg: Etappen der Verfolgung und Ausraubung und ihre bürokratische Apparatur, in: Alfons Kenkmann/ Bernd-A. Rusinek (Hg.): Verfolgung und Verwaltung. Die wirtschaftliche Ausplünderung der Juden und die westfälischen Finanzbehörden, Münster, 2001, 2. Aufl., S. 18. 87 Ebenda: Etappen der Verfolgung, S. 18. 88 Meinl/Zwilling: Legalisierter Raub, S. 42f. 21 Wie im Falle der Reichsfluchtsteuer galten diese Maßnahmen im ursprünglichen Sinn der Gesetze nicht primär der Benachteiligung jüdischer Auswanderer. Vielmehr verstand es die nationalsozialistische Regierung die bereits bestehenden Gesetze im Rahmen ihrer weltan- schaulichen Ziele zu instrumentalisieren. Mit unverkennbarer Deutlichkeit brachte dies die Reichsfinanzverwaltung im Gesetzestext des Steueranpassungsgesetzes auf den Punkt und legalisierte die fiskalischen Diskriminierungen: „Die Steuergesetze sind nach nationalsozia- listischer Weltanschauung auszulegen.“89

Fiskalische Maßnahmen, die sich direkt gegen Juden richteten, ergingen ab 1938 auf Initiative Görings. Ab dem 26. April 1938 bestand für das gesamte in- und ausländische Vermögen von Juden ab 5.000 RM eine Anmeldepflicht. Dazu gehörten außer Gebrauchsgegenständen, sämtliche Firmenwerte, Kunst- und Schmuckgegenstände, Urheberrechte und Rentenansprü- che.90 Die Verordnung zur Vermögensanmeldung erleichterte den staatlichen Aufsichts- und Vollzugsorganen nicht nur die Kontrolle der als „potentielle Steuerflüchtlinge“91 angesehenen jüdischen Bevölkerung, sondern ermächtigte ebenfalls den Beauftragten für den Vierjahres- plan die Maßnahmen zu treffen, „die notwendig sind, um den Einsatz des anmeldepflichtigen Vermögens im Einklang mit den Belangen der deutschen Wirtschaft sicherzustellen.“92

„Die wirtschaftliche Ausplünderung der Emigranten ist zudem im Zusammenhang mit der Devisen- und Exportpolitik des NS-Staates zu analysieren. Für einen Staat, der wie das NS-Regime mit massiven außenwirtschaftlichen Defiziten zu kämpfen hatte, war ei- ne rigide Devisen- und Ausfuhrpolitik nicht ungewöhnlich. Im NS-Staat stand diese Po- litik aber unter dem besonderen Vorzeichen der rassistischen Verfolgung. Die deutschen Juden wurden durch massive Bedrohung zur Emigration gedrängt, in deren Fall die fis- kalische Ausplünderung drohte.“93

Bei diesen speziell gegen Juden gerichteten Maßnahmen tritt die Partei als Initiator im Ge- gensatz zur traditionellen Finanzverwaltung in den Vordergrund. Bereits im Jahr 1936 hatte Hitler in der Denkschrift zum Vierjahresplan angekündet eine Sondervermögensabgabe für Juden einzuführen, die bislang – auch im Hinblick auf außenpolitische Rücksichtsnahmen –

89 RGBl. 1934, Teil I, S. 925 90 Helmut Genschel: Die Verdrängung der Juden aus der Wirtschaft im Dritten Reich, Göttingen, 1966, S.150 f. 91 Martin Friedenberger: Die Rolle der Finanzverwaltung bei der Vertreibung, Verfolgung und Vernichtung der deutschen Juden, in: Martin Friedenberger/ Klaus-Dieter Gössel/ Eberhard Schönknecht (Hg.): Die Reichsfi- nanzverwaltung im Nationalsozialismus. Darstellung und Dokumente, Bremen, 2002, S. 13. 92 Ebenda: Finanzverwaltung, S. 152. 93 Christiane Kuller: Finanzverwaltung und Judenverfolgung. Antisemitische Fiskalpolitik und Verwaltungspra- xis im nationalsozialistischen Deutschland, in: zeitenblicke 3 (2004), Nr. 2, http://zeitenblicke.historicum.net/2004/02/kuller/index.html [Seite zuletzt besucht am 13.09.2004]. 22 nicht verwirklicht worden war.94 Anlass zur Einführung einer jüdischen Sondersteuer – der so genannten Judenvermögensabgabe (Juva)- bot die Ermordung des deutschen Legationsrates Ernst vom Rath in Paris durch den jüdischen Einzeltäter Herschel Grynspan. Ebenfalls auf Initiative von Hermann Göring wurde am 12. November 1938 - unmittelbar nach der Reichs- - mit der „Verordnung über eine Sühneleistung der Juden deutscher Staatsange- hörigkeit“95 diese Sondersteuer eingeführt und die jüdische Bevölkerung in ihrer Gesamtheit, aufgrund einer „feindlichen Haltung des Judentums gegenüber dem deutschen Volk und Reich“96, zu einer Kontribution von einer Milliarde Reichsmark gezwungen.97 Göring griff auf diese Weise direkt in den Geschäftsbereich der Reichsfinanzverwaltung ein und Ver- knüpfte seine Finanzsorgen bei der Durchführung des Vierjahresplanes mit der Judenpolitik der Partei.98 Reichsfinanzminister Lutz Graf Schwerin von Krosigk kommentierte später die Intervention Görings: „Jetzt sollten die Juden in Deutschland eine einmalige Buße von einer Milliarde Reichsmark zahlen. Ich war für die notwendige Verordnung nicht zuständig, da ich mit ‚Judenangelegenheiten’ nichts zu tun hatte, aber wegen der finanzrechtlichen Formulie- rung und wegen der Durchführung bedurfte man meiner Mitwirkung. [...] Die volle poli- tische Verantwortung für die aufzuerlegende Buße trügen der Führer und er, Göring; ich hätte lediglich als sogenanntes ‚beteiligtes’ Ressort mitzuwirken.“99

Unüberhörbar in den Äußerungen Schwerin Krosigks ist die Missbilligung von Görings Ver- halten gegenüber der Reichsfinanzverwaltung. Versuche das Traditionsressort für die Ziele der Partei zu instrumentalisieren führten zu einigen Spannungen zwischen den Verantwortli- chen in der Reichsfinanzverwaltung und führenden Parteifunktionären, die – gerade im Hin- blick auf das Devisenschutzkommando und seine institutionelle Verflechtung – nicht ohne Konsequenzen blieben.

94 Antijüdische Maßnahmen, insbesondere in Hinblick auf wirtschaftliche „Arisierungen“ und Enteignungen, erfolgten zunächst schleichend, da das Reich in seinen Handelsbeziehungen von den außenpolitischen Partnern abhängig war und Sanktionen fürchtete. Mit steigender wirtschaftlicher Unabhängigkeit ab 1937/38 wurden dann die antijüdischen Maßnahmen auch auf wirtschaftlichem und fiskalischem Gebiet nach und nach umgesetzt. Auf die Verordnung für die Vermögensanmeldung folgte eine scharfe Kritik der ausländischen Presse und Diploma- tie. Siehe hierzu Genschel: Verdrängung der Juden, S. 141 ff, 152f. 95 RGBl 1938, Teil I, S. 1579. Göring verabschiedete diese Verordnung aufgrund der Rechtsgrundlage der Durchführungsverordnung des Vierjahresplanes. 96 So der Wortlaut der Verordnung. RGBl 1938, Teil I, S. 1579. 97 Ausführlich bei Meinl/Zwilling: Legalisierter Raub, S. 45 f und 119 ff. 98 Vgl. auch Mehl: Reichsfinanzministerium, S. 64. 99 Lutz Graf Schwerin von Krosigk: Memoiren, Stuttgart, 1977, S. 190. 23 2.2.2 Kooperationen und Konflikte der Kontrollorgane Durch die Pogromnacht verstärkte sich die seit 1933 eingesetzte Auswanderungswelle enorm. Häufig versuchten Emigranten, in der Hoffnung ihr Hab und Gut über die Grenze zu retten, die strengen Devisenbestimmungen zu umgehen. Für die Kontrollorgane an den Grenzen, deren Aufgabe primär darin bestand die Staatsgrenzen aus wirtschaftlichen, militärischen und politischen Gründen zu schützen, sowie den Schmuggel von Waren und Devisen zu unterbin- den, brachte diese Entwicklung neben dem damit verbundenen Mehraufwand auch einen Be- deutungszuwachs in der Reichspolitik mit sich. Bei der Überwachung der Devisengesetze und der Auswanderung kooperierten beide Teile der Finanzverwaltung, das Steuer – und Zollwesen, eng mit Dienststellen der Gestapo, denn, so die Meinung Heinrich Himmlers, „Vergehen gegen die vom Reich erlassenen Devisenbestimmungen sind grundsätzlich als politische Straftaten anzusehen, da sie unmittelbar zum Schutz der deutschen Volkswirtschaft, insbesondere zur Aufrechterhaltung der Währung und des für das Reich lebensnotwendigen Außenhandels erlassen sind. Demnach schädigt derjenige, der gegen die Devisengesetze verstößt, die deutsche Volkswirtschaft unmittelbar und betä- tigt sich damit staatsfeindlich.“100

Die Kooperation zwischen der Reichsfinanzverwaltung und der Gestapo basierte auf den prinzipiell gemeinsamen Zielen der Behörden, der Verhinderung der Kapitalflucht, wurde jedoch durch den Anspruch der Gestapo auf die Vormachtstellung in der Grenzüberwachung unterminiert, so dass sich die Zusammenarbeit von Anfang an konfliktreich gestaltete.101 Diese teils latent, teils offen geführten Konflikte spiegeln einerseits den Kampf der traditio- nellen Ministerialbürokratie gegen die Partei wider, die mit und Reinhard Heydrich die Führung in der Sicherheits- und Polizeipolitik an sich genommen hatte. Ander- erseits dokumentieren sie die Handlungslogik, die zur Einrichtung der Devisenschutzkom- mandos für die besetzten Gebiete geführt hat. Im Kontext dieser Arbeit sind zwei Vorgänge von Bedeutung, die Licht auf den administrativen Hintergrund des Devisenschutzkommandos Belgien werfen: Die Einrichtung des Devisenfahndungsamtes in Berlin sowie die Gründung des Verstärkten Grenzaufsichtsdienstes (VGAD).

100 Stellungnahme des Reichsführers SS und des Chefs der Deutschen Polizei, zitiert im Rundschreiben des De- visenfahndungsamtes an die Zollfahndungsstellen, 16.6.1939, BArch R2/5927. 101 Vgl. hierzu Thomas Sandkühler: Von der „Gegnerabwehr“ zum Judenmord. Grenzpolizei und Zollgrenz- schutz im NS-Staat, in: Beiträge zur Geschichte des Nationalsozialismus, Bd. 16. „Durchschnittstäter“. Handeln und Motivation, Berlin, 2000; Eulitz: Zollgrenzdienst, S.106f, Mitze: Kampf der Zollverwaltung; Mehl: Finanz- ministerium, S. 30f. 24 2.2.2.1 Das Devisenfahndungsamt Am 1. August 1936 hat Hermann Göring in seiner Eigenschaft als Beauftragter für den Vier- jahresplan das so genannte Devisenfahndungsamt gegründet und die Leitung SS- Gruppenführer Reinhard Heydrich übertragen.102 Eine vorherige Absprache mit dem Reichs- minister der Finanzen ist nicht erfolgt, „obwohl es in dessen Geschäftsbereich empfindlich eingriff.“103 Das Ziel der neu geschaffenen Dienststelle bestand primär in der Bekämpfung der Devisenvergehen, die die „Aufbauarbeit“ des Vierjahresplanes bedrohten.104 Bis zu seiner Auflösung im April 1941 fungierte das Devisenfahndungsamt als eine zentrale Instanz zur einheitlichen Ausrichtung der involvierten Ressorts und Dienststellen, insbesondere der Devi- senstellen und Zollfahndungsstellen, „eine Art von Zollkriminalpolizei zur Bekämpfung weit- verzweigter und besonders schwer aufzudeckender Schmuggelfälle, Verbrauchsteuerhinter- ziehungen, Devisenzuwiderhandlungen und dergl.“105 - den Hauptorganen in der Überwa- chung der Kapitalflucht.

Nach der Verordnung zur Durchführung des Vierjahresplanes konnte das Devisenfahndung- samt den Zollfahndungsstellen, dem Steuerfahndungsdienst bei den Landesfinanzämtern und den Hauptzollämtern in sachlicher Hinsicht Anweisungen erteilen. Als vorgesetzte Dienststel- le der Devisenschutzkommandos, welche die Arbeit der Zollfahndungsstellen in den besetzten Gebieten fortsetzten, war das Devisenfahndungsamt nach 1938 auch über die Reichsgrenzen hinaus tätig. Auffällig ist die Nähe zur Gestapo – geographisch wie personell. Das Devisenfahndungsamt war formell eine Dienststelle des Beauftragten für den Vierjahresplan und somit unter Gö- rings Kontrolle, zog aber noch in den ersten Monaten seines Bestehens von der Wilhelmstraße in Berlin in die berühmt berüchtigte Prinz-Albrecht-Straße Nr. 8, dem Hauptquartier der Ges- tapo.106 Personell bestand das Amt, soweit sich das anhand der sehr spärlich überlieferten Quellen beurteilen lässt, neben Angehörigen der Gestapo, wie z.B. Reinhard Heydrich, dessen Vertreter Dr. , der als Abwehrchef auch für die Gestapo-Grenzpolizei verantwort-

102 Schreiben des Ministerpräsidenten, Generaloberst Göring an den RMF, Ministerialdirektor Ernst, 8.7.1936, BArch R2/5927. 103 Schreiben des Archivs des ehemaligen RFM, Dr. Siegert, an die Britische Kontrollkommission, Hart, 21.6.1948: Übersendung einer Aufzeichnung über das DSK, BArch, R2 Anh./49. 104 Schreiben des Staatssekretär Körner (für den Beauftragten für den Vierjahresplan) an den Reichsminister der Finanzen, 4.4.1941, Barch R2/5927. 105 Schreiben des Archivs des ehemaligen RFM, Dr. Siegert, an die Britische Kontrollkommission, Hart, 21.6.1948: Übersendung einer Aufzeichnung über das DSK, BArch, R2 Anh./49. 106 „Der Vierjahresplan“ Folge 2, Febr. 1938, BArch R2/5927. Der Umzug des Amtes geht aus der Korrespon- denz zwischen dem Reichsminister der Finanzen und dem Devisenfahndungsamt hervor, die ebenfalls in der Serie R2/5927 archiviert ist. 25 lich war, und Heydrichs späterem Stellvertreter Müller, aus abkommandierten Angehörigen der Reichsfinanzverwaltung. Göring hatte in einem persönlichen Schreiben an das Finanzmi- nisterium gebeten, einige von ihm genannten Personen „zur Unterstützung zur Verfügung zu stellen.“107 Darunter waren der damalige Bezirkszollkommissar Herbert Staffeldt, Gründer und späterer Leiter des Devisenschutzes in den besetzten Westgebieten und sein zeitweiliger Vertreter Quetting explizit genannt.108 "In Wahrheit war es jedoch so, dass das Devisenfahndungsamt nichts war als eine Ange- legenheit Staffeldt's, der geschickt für seine ehrgeizigen Pläne die Einrichtung des Vier- jahresplanes und sein gutes Verhältnis zu Heydrich verwertete. Staffeldt war in Wirk- lichkeit der Leiter des Devisenfahndungsamtes."109

Somit wurde auf dem Gebiet der Devisenkontrolle noch eine weitere Dienststelle tätig, die nicht nur den Überwachungsapparat verstärkte, sondern auch das Alltagsgeschäft durch Kompetenzüberschneidungen und Eingriffe in die Verantwortlichkeit der Reichsfinanzver- waltung verkomplizierte. Die Einmischung einer neuen Dienststelle in den Aufgabenbereich des Fiskus musste zwangsläufig zu Konflikten führen. So kämpften die Zuständigen im Fi- nanzministerium wie auch in den Landesfinanzämtern/Oberfinanzpräsidenten und Hauptzoll- ämtern um jeden Meter Boden, den sie gut machen konnten.110 Sie erreichten, dass das DFA lediglich sachlich weisungsbefugt gegenüber den Hauptzollämtern und den Zollfahndungs- stellen war. Die Dienstaufsicht und damit die disziplinarische Unterstellung blieb bei den Prä- sidenten der Landesfinanzämter.111 Der Grenzaufsichtsdienst blieb ebenso Teil der Finanz- verwaltung, obwohl Himmler und Heydrich verschiedene Anläufe unternahmen, den gesam- ten Grenzschutz unter dem Kommando der Gestapo zu vereinen.

107 Schreiben Göring an Ministerialdirektor Ernst im RFM, 8.7.1936, BArch R2/5927. 108 Staffeldt, der als 31-Jähriger als Referent von Göring persönlich angefordert wurde, durchlief eine steile Kar- riere im Devisenschutz. Noch im November 1936 wurde er zum Oberzollinspektor (OZI) befördert und erreichte in den kommenden Jahren, der genaue Zeitpunkt ist nicht bekannt, den Rang eines Regierungsrates. Ab dem 20. April 1940 wurde er mit Kriegsauszeichnungen, dem Kriegsverdienstkreuz Erster und Zweiter Klasse mit und ohne Schwertern, übersät. Der Chef der drei Devisenschutzkommandos in Frankreich, den Niederlanden und Belgien stammte zwar gebürtig aus Potsdam, wurde aber aus dem Einflussbereich des Präsidenten des Landesfi- nanzamtes in Köln zum DFA abkommandiert, wie später die meisten Angehörigen des DSK Belgien auch. Er war Angehöriger der SS und Direktor der Geheimen Feldpolizei und hatte sehr gute persönliche Beziehungen zu Göring und Heydrich. Nach der Auflösung des Devisenfahdnungsamtes kehrte er zur Reichsfinanzverwaltung zurück. BArch R2/5927; BArch, R2/ Anh./82; BA-MA RW 36/217; BA-MA RW36/211. 109 Schreiben des Oberregierungsrates Dr. Bollenhagen an das Archiv des ehemaligen Reichsfinanzministeriums, Ministerialrat Dr. Siegert, 22.12.1948, BArch R2/Anh./ 82. 110 Die amtliche Bezeichnung „Landesfinanzamt“ für die Mittelinstanzen der Reichsfinanzverwaltung wurde am 1. April 1937 in „Der Oberfinanzpräsident“ (OFP) umbenannt. Die Namensgebung war irreführend, da es sich um Reichs- und nicht um Landesbehörden handelte. In ihrer Funktion als Mittelbehörde zwischen dem Reichsfi- nanzministerium als Zentralbehörde und den Finanzämtern und Hauptzollämtern als Vertreter auf lokaler Ebene hat sich nichts geändert. 111 Schreiben der Reichsstelle für Devisenbewirtschaftung, Hartenstein, an die Präsidenten der Landesfinanzäm- ter (Devisenstellen), 16.9.1936, BArch R2/5927. 26 Das Devisenfahndungsamt stellte zweifellos eine der Dienststellen dar, die den NS-Staat als „Doppelstaat“112 charakterisierten. Göring schuf sich mit dem DFA parallel zur bestehenden Bürokratie eine Kontrolldienststelle, die von Parteifunktionären geführt wurde und in den Tätigkeitsbereich der Finanzverwaltung eingriff: Dem einzigen Ressort im Staat, das nicht gleichgeschaltet war, geleitet von einem Minister, der aus der Weimarer Zeit übernommen worden war und nicht der NSDAP angehörte.113

2.2.2.2 Der Verstärkte Grenzaufsichtsdienst Die Spannungen im Verhältnis zwischen der Gestapo und dem Reichsfinanzministerium, trotz eines grundsätzlichen Konsenses über die Notwendigkeit der Grenzsicherung, bildeten sich heraus, weil beide Instanzen die Durchführung des Grenzschutzes für sich beanspruchten. Im Gestapa war die Grenzpolizei Teil der Abwehrpolizei, d.h. Teil des zivilen Nachrichtendiens- tes, der seit Anfang 1935 Werner Best unterstand, der wiederum eng mit der militärischen unter zusammenarbeitete.114 Best richtete Grenzpolizeikommissariate mit überwiegend abwehrpolitischen Aufgaben, wie der Paßnachschau, Fahndung, sowie der Bekämpfung von Spionage und Landesverrat, paral- lel zum Grenzaufsichtdienst der Finanzverwaltung ein. 1936/37 zeigte sich, dass Himmler und Heydrich beabsichtigten, den gesamten Grenzaufsichtsdienst der Gestapo zu unterstellen. Inwieweit dieses Vorhaben mit der Gründung des Devisenfahndungsamtes zusammenhängt, kann aufgrund der mangelnden Quellen leider nur noch spekuliert werden. Auffällig ist je- doch, dass Heydrich, wenige Monate nachdem mit der Einrichtung des Amtes ein organisato- rischer Rahmen geschaffen wurde, Schritte unternahm, seine machtpolitische Stellung auszu- bauen. Neben diesen Motiven boten die zunehmenden Kompetenzüberschneidungen auch sachliche Gründe den Grenzschutz bei der Gestapo zu zentralisieren. Die Kompetenzkonflikte entwickelten sich trotz der arbeitsteiligen Durchführung der Aufgaben als grundsätzliche Dif- ferenzen zwischen den beiden Diensten.115

112 Ernst Fraenkel: Der Doppelstaat, Frankfurt am Main und Köln, 1974. 113 Die verhinderte Gleichschaltung des Finanzministeriums ist ausführlich bei Mehl, Reichsfinanzministerium, S. 24 ff beschrieben. Er betont, dabei eine Nazifizerierung von unten nach oben: Während der Einfluss der Partei auf Ministerialebene fast ausschließlich durch den Staatssekretär Fritz Reinhardt erfolgte, waren im Gegensatz hierzu besonders die Beamten im Zolldienst weitaus empfänglicher für die NS-Ideologie; vgl. auch Gerd Blum- berg: Die Zollverwaltung und die Devisenstelle im Dritten Reich, in: Wolfgang Leesch/ Ilse Birkwald/ Gerd Blumberg: Geschichte der Finanzverfassung und -verwaltung in Westfalen seit 1815, Münster, 1998, Sonder- ausgabe, S.290 ff. 114 Ulrich Herbert: Best. Biographische Studien über Radikalismus, Weltanschauung und Vernunft, 1903-1989, Bonn, 1996, 2.Aufl., S. 181-186. 115 Sandkühler: „Gegnerabwehr“, S. 95. 27 Höhepunkt des „harten Kampfes“,116 den sich die Zollverwaltung und der Reichsführer SS während des gesamten Jahres 1936 und den Winter 1936/37 hindurch lieferten, war eine Chef-Besprechung unter Görings Schirmherrschaft im Preußischen Staatsministerium, an der fast alle führenden Köpfe aus Partei, Militär und die Reichsminister beteiligt waren. Bereits vor der Sitzung erklärte Himmler dem Staatssekretär Reinhardt, der als Vertreter des Reichs- finanzministers Schwerin von Krosigk erschienen war, dass er von Hitler bevollmächtig sei, zur besseren Sicherung der Grenzen die Zollverwaltung an der Grenze abzulösen und durch die SS und die Gestapo zu ersetzten, so der Bericht des Organisationsreferenten der Zollabtei- lung Ministerialrat Dr. Mitze, der ebenfalls an der Sitzung teilgenommen hatte.117 Durch ei- nen überzeugenden Vortrag und fundiertes Fachwissen der Vertreter der Finanzverwaltung konnte Göring, so Mitze, noch während der Besprechung davon überzeugt werden den Zoll- grenzschutz, so die damals neu eingeführte Bezeichnung, bei der Reichsfinanzverwaltung zu belassen. Erst Jahre später, nach dem Attentat am 20. Juli 1944, wurde das gesamte Zollwesen gemeinsam mit großen Teilen der militärischen Abwehr dem Reichssicherheitshauptamt un- terstellt. Die Kompetenzstreitigkeiten, in die die Gestapo verwickelt war, reduzierten sich jedoch nicht auf das Gebiet der Grenzsicherung. Auch im Bereich der Sicherheits- und Abwehrpolitik entwickelten sich Spannungen zwischen militärischer und ziviler Abwehr. Trotz enger Koor- dination der beiden Abwehrchefs Best und Canaris kam es zu Überschneidungen und Rivali- täten zwischen den Nachrichtendiensten.118 „Gerade weil es an institutionalisierten Formen der Konfliktaustragung innerhalb des NS-Regimes fehlte, wurden Zuständigkeitsbereiche und Weisungsbefugnisse der ein- zelnen Machtgruppen wie Dominien abgesteckt, die zu verteidigen ‚Ehrensache’ der Be- teiligten war. Verletzungen des eigenen Territoriums wurden daher als Angriff auf die eigene Identität und ‚Ehre’ der jeweiligen Machtgruppe angesehen und kamen einem Verlust an Autonomie und korporativen Selbstbewusstsein gleich. Dies galt für die Wehrmacht insofern in besonderem Maße, als sich das Selbstverständnis der Wehr- machtsführung nicht auf die Funktion des Staatsdieners unter anderem beschränkte, sondern eine soziale Führungsfunktion in der Gesellschaft mit einschloss.“119

Eine Möglichkeit, einen Kampf gegen einen Rivalen zu führen, bietet die Verbrüderung mit einem Gleichgesinnten. Die Militärführung und die Reichsfinanzverwaltung erkannten schon früh ihre gemeinsamen Interessen. Himmlers Machthunger und die Erweiterung der SS zur

116 Eulitz: Zollgrenzdienst, S. 106 117 Mitze: Der Kampf der Zollverwaltung, S. 260 ff; vgl. auch den Bericht von Walter Eulitz: Zollgrenzdienst, S. 106f. 118 Herbert: Best, S. 184. 119 Ebenda: Best, S. 184f. 28 Hausmacht waren, so Mitze, der Militärführung ebenfalls ein Dorn im Auge.120 Die Wehr- macht hatte ihrerseits Interesse daran, dass die Zollverwaltung weiter an der Grenze tätig blieb und wurde zum „großen Bundesgenossen“ der Zollverwaltung im Kampf gegen Himm- ler und Heydrich.121 In diesem Kontext ist auch die Bildung des Verstärkten Grenzaufsichtsdienstes (VGAD) zu sehen, der bereits im Jahre 1933 als gemeinsames Projekt des Reichskriegsministeriums und der Reichsfinanzverwaltung geplant worden war und im September 1937 schließlich einge- richtet wurde. Im Falle außenpolitischer Spannungen oblag ihm die Grenzüberwachung und die Grenzsicherung „nach den Erfordernissen der Reichsverteidigung“.122 Der VGAD, der als Organisation zur Reichsfinanzverwaltung gehörte, wurde von den Oberfi- nanzpräsidenten mit Hilfe des Stammpersonals aus den Hauptzollämtern und Hilfsgrenzange- stellten (Higas), d.h. militärisch ausgebildeten Wehrpflichtigen, gebildet. Taktisch unterstand er dem Oberkommando des Heeres (OKH)/Generalquartiermeister. Im Mobilmachungsfall ging der VGAD in die militärische Grenzwacht über und schied somit aus der Reichsfinanz- verwaltung aus.123 Dieser Dienst steht im direkten Kontext der allgemeinen Militarisierung und Kriegsrüstung des Reiches. Dabei erwies es sich als äußerst nützlich, dass sich der Zoll- grenzschutz hauptsächlich aus ehemaligen Soldaten und jungen SS- und SA-Angehörigen rekrutierte, die bereits an der Waffe ausgebildet waren. Denn in der ersten Phase der Planun- gen bestimmten noch die Einschränkungen der Versailler Verträge die militärische Realität. Die Aufstellung von militärisch ausgebildetem Personal an den Grenzen als Schutzmaßnahme für den Ernstfall, konnte auf diese Weise ganz legal außerhalb des Hunderttausendmannhee- res erfolgen.

Was die Beziehung zur Gestapo angeht, so verfügte Göring zwar im Mai 1937, dass der neu eingesetzte Generalinspektor des Zollgrenzschutzes, Hoßfeld, Rahmenanweisungen in grenz- politischen Angelegenheiten durch die Gestapo-Führung entgegenzunehmen hatte, der Zoll- grenzschutz lehnte sich dennoch immer näher an die Heeresführung an. Dies äußerte sich un- ter anderem in der Uniformierung der Grenzer, die ebenfalls feldgrau, sich nur noch in klei- nen Details von der Uniform der Wehrmacht unterschied.124

120 Mitze: Kampf der Zollverwaltung, S. 235. 121 Ebenda: Kampf der Zollverwaltung, S. 250. 122 RFM/OKH: Bestimmungen für die Vorbereitung eines Verstärkten Grenzaufsichtsdienstes an den Grenzen gegen Holland, Belgien, Luxemburg, Frankreich, Schweiz, Österreich, Tschechoslowakei, Polen und Litauen vom September 1937 (BA-MA RHD 18/4a) zitiert nach Sandkühler: „Gegnerabwehr“, S. 100. 123 Sandkühler: „Gegnerabwehr“, S. 100f. 124 Ebenda: „Gegnerabwehr“, S. 143, FN 51: Ab Juli 1937 hatte die Uniform des VGAD zollgrüne Kragenspie- gel mit einem Akanthusblatt und einem grünen Ärmelstreifen mit dem Reichsadler am linken Unterarm. 29 Im Krisenfall sollten selbst die eigenständigen Grenzpolizeikorps der Gestapo der Befehlsge- walt des Heeres unterstellt werden. „Spätestens mit der Aufstellung des VGAD tritt die Gesta- po an der Grenze und in der Grenzzone unter die Leitung eines am Sitz des Grenz-Abschnitts- Kommandos befindlichen [sic!] Dienststelle der Geh. Staatspolizei,“ um die Sicherung der Grenzzone im militärischen und abwehrpolizeilichen Sinne einheitlich ausrichten zu kön- nen.125 Diese Grenzpolizeieinheiten wurden mit der Aufstellung der Grenzwacht des Heeres – also im Kriegsfall – in Einheiten der Geheimen Feldpolizei (GFP) umgewandelt und somit Teil der militärischen Abwehr.126

Die eigentümliche Stellung des VGAD zwischen Heer, Finanzverwaltung und der Gestapo weist eine auffällige Parallele zum Devisenschutzkommando Belgien auf: Die Angehörigen des Kommandos stammten ebenfalls aus dem Zollgrenzschutz. Allerdings wurden sie nicht aus den Hauptzollämtern rekrutiert, sondern – und hier liegt der entscheidende Unterschied – aus den Zollfahndungsstellen. Sie waren allesamt Mitglieder der Geheimen Feldpolizei und somit Militärangehörige.127 Inwieweit die Gestapo – etwa über das Devisenfahndungsamt – in die Angelegenheiten des Devisenschutzes involviert war, wird im Folgenden noch zu disku- tieren sein. Für eine Zugehörigkeit der Angehörigen des DSK Belgien bei der Gestapo oder SS – wie etwa die Angehörigen des DSK Frankreich128 - lassen sich in den Quellen weder Belege noch Hinweise finden.129 Vielmehr wurden die Beamten aufgrund langjähriger Erfah- rung im Zollfahndungsdienst aus dem Bereich des OFP Köln zum Devisenfahndungsamt ab- kommandiert.130 Dies äußerte sich nicht nur an den zollspezifischen Diensträngen und Uni- formen, die auch im DSK weiterhin Verwendung fanden, sondern auch am Alter des abkom- mandierten Personals131: Als das Kommando 1940 in Belgien einrückte, lag der Altersdurch- schnitt von jenen rund 25 Personen, deren Geburtsdaten überliefert sind, bei 43 Jahren.132 Die

125 Sandkühler: „Gegnerabwehr“, S. 102. 126 Ebenda: „Gegnerabwehr“, S. 102. 127 Akten zur Verleihung des Kriegsverdienstkreuzes an Angehörige des DSK, GRMA T81-61. 128 LeBor: Hitler’s Secret Bankers, S. 42. 129 Von allen Zollbeamten wurde eine Mitgliedschaft in einer NS-Organisation erwartet. Staatssekretär Fritz Reinhard forderte am 1.8.1937 bei einer Tagung, „dass der Nachwuchs der Zollverwaltung grundsätzlich der SS angehören soll.“ Zitiert nach Blumberg: Zollverwaltung, S. 294, FN 14. 130 Schreiben des Reichsmarschalls des Großdeutschen Reiches, Beauftragter für den Vierjahresplan an den Militärbefehlshaber für Belgien und Nordfrankreich, geheim, 17.5.1943, Im Auftrage, gez. Dr. Gramsch, BA/MA RW 36/211. 131 Dienstliche Stellung des Devisen- Schutz- Kommandos [sic!] in den besetzten Gebieten, undatiert, vermutlich von Dr. Siegert (Abwicklungsstab des ehemaligen Reichfinanzministeriums), 1948, BArch R2/ Anh./82. 132 Der jüngste der altersmäßig Greifbaren, Zollinspektor (ZI) Karl Hellvoigt, wurde am 29.7.1906 in Itzehoe geboren. Er kam als 34-Jähriger mit dem DSK nach Belgien und wurde mit der Leitung der Außenstelle Lüttich beauftragt. Später wurde er zur Hauptstelle nach Brüssel versetzt und übernahm die Leitung der Gruppe „Fahn- dung“. Der Älteste, Oberzollsekretär (OZS) Arthur Langer, wurde am 17.10.1888 in Preusmütz geboren. Er war in der Außenstelle Antwerpen mit der Erfassung und Sicherung von Diamantenbeständen beschäftigt. Staffeldt 30 Verbindung des DSK mit der Geheimen Feldpolizei scheint offenbar nicht über die Gestapo zustande gekommen zu sein. Staffeldt könnte hier das verbindende Glied gewesen sein, der, im Rang eines Direktors der Geheimen Feldpolizei, seine Dienststelle möglicherweise eben- falls zur GFP brachte. Dafür würde der Umstand sprechen, dass die DSK-Angehörigen zur Gruppe der Geheimen Feldpolizei „z.b.V.“(zur besonderen Verfügung) gehörten und nicht am normalen Dienst teilnahmen. Über die genauen Umstände kann jedoch aufgrund der lücken- haften Überlieferung nur spekuliert werden.

Der Fall des VGAD lässt insofern Rückschlüsse auf die Einrichtung das DSK zu, da anhand seiner Entstehungsgeschichte der Hintergrund jener Institutionen dokumentiert wird, die auch im Fall des Devisenschutzes involviert waren und die Handlungslogiken der beteiligten Ak- teure aufzeigen. Der Entstehungsprozess beider Dienststellen vollzog sich beinahe gleichzei- tig. Beide sind im Zuge der Kriegsvorbereitungen entstanden und spiegeln den Konflikt der traditionellen Staatsinstitutionen mit den Organisationen der NSDAP wider. Es ist fraglich, ob es ohne die konfliktreiche Ménage à trois von Zoll, Heer und Polizei je einen VGAD gegeben hätte. Hier konnten sich die alten Ressorts behaupten und ihren Ein- fluss sichern. Bemerkenswert in dieser Angelegenheit ist, dass spätestens ein halbes Jahr spä- ter, im März 1938, mit dem Devisenschutzkommando eine Dienststelle geschaffen wurde, deren Entstehung in den gleichen Kontext fällt, dieses Mal jedoch die Fäden von den Partei- funktionären gezogen wurden. Inwiefern Göring diesen Machtkampf im Blick hatte als er das Devisenschutzkommando einrichten ließ, lässt sich nicht mehr rekonstruieren. Jedenfalls schuf er sich mit dem DSK eine Dienststelle für die besetzten Gebieten, mit der er die Ge- wichte im innerdeutschen Machtkampf zu seinen Gunsten verschieben konnte.

schätzte an ihm besonders seinen „Eifer und sein Geschick“. (BA-MA RW 36-445). Die 25 Personen, deren Alter aufgrund von Kurzbiographien in den Akten bekannt ist, stellen gewiss nur einen Teil des Personals dar, bestätigen aber, dass die Forderung nach erfahrenen Zollfahndern erfüllt worden ist. Die Iststärke des DSK be- trug 1942 samt Kraftfahrern und Schreibkräften 60 Mann, sank jedoch bis zum Juli 1944 auf insgesamt 31. (GRMA T 78-61). 31 3 DIE EINRICHTUNG DES DEVISENSCHUTZES IN BELGIEN

Der Begriff Devisenschutz entstammt aus dem ideologisch geprägten Sprachgebrauch des Dritten Reiches. Auffällig ist die terminologische Nähe zur Schutzhaft. Schutz wird hier als Sicherstellen oder in Gewahrsam nehmen verstanden, „wenn der eigene Schutz [einer] Person oder die Aufrechterhaltung der öffentlichen Sittlichkeit, Sicherheit und Ruhe diese Maßregel dringend erforderten.“133 Obwohl der Terminus der Schutzhaft sowohl als der Schutz der Volksgemeinschaft vor Delinquenten als auch der Schutz des Delinquenten vor dem Zorn des Volkes ausgelegt werden kann, zielt der Schutzbegriff darauf ab, Personen – oder hier Devi- sen – in Gewahrsam zu nehmen und auf diese Weise Schaden von Staat und Volk abzuweh- ren. Von Devisen kann jedoch – anders als bei Personen –eine Gefahr nur dann ausgehen, wenn sie in nicht oder in unzureichender Menge vorhanden sind. In den zeitgenössischen Quellen findet sich keine Begriffsbestimmung für den Terminus De- visenschutz. Aus der Praxis des Devisenschutzkommandos lässt sich jedoch ableiten, dass der Begriff über die bloße Kontrolle der Devisenbewirtschaftung hinausging. Vielmehr sind unter dem Begriff sämtliche Maßnahmen zu subsumieren, welche auf die Überwachung von ver- mögensrechtlichen Bestimmungen abzielen.

Der Devisenschutz steht in engem Zusammenhang mit der deutschen Expansionspolitik. Er wurde überall dort eingeführt, wo sich das Deutsche Reich den Zugriff auf das Vermögen der Länder sichern konnte, die das NS-Regime in seiner Gewalt hatte: Neben Belgien wurden auch in Frankreich, den Niederlanden, Polen, Serbien und in Griechenland Devisenschutz- kommandos eingerichtet.134 Die Existenz von Devisenschutz-Referenten bei der deutschen Wirtschaftsdelegation in Rumänien und beim Reichskommissar in Norwegen lässt darauf schließen, dass in diesen Ländern ebenfalls Devisenschutzkommandos tätig waren.135 Dabei sind zwei Aspekte hervorzuheben: Erstens, die Einrichtung des Devisenschutzes ist unweigerlich mit der Person Hermann Görings verbunden, der bereits bei der Gründung des Devisenfahndungsamtes federführend war. Durch Herbert Staffeldt, dem er den Devisen- schutz in Frankreich, Belgien und den Niederlanden unterstellte, gründete Göring spätestens im März 1938 – der genaue Zeitpunkt ist leider nicht überliefert – das erste Devisenschutz-

133 Zitiert nach: http://de.wikipedia.org/wiki/Schutzhaft (Seite zuletzt besucht am 31.5.2005). 134 Schreiben DFA, Tischer an das Amt des Generalgouverneurs für die besetzten polnischen Gebiete, Referat für den Devisenschutz, 15.3.1940 BArch R2/5105; Schnellbrief RMF an OZI Ziemer, 13.5.1941; BArch R2/ Anh./ 82; Militärbefehlshaber in Frankreich (MBF) Verwaltungsstab, Gerhard, an den Kommandanten von Groß-Paris, Verwaltungsstab, 2.2.1942; BArch R2/ Anh./ 82. 135 Schreiben des Reichsmarschalls des Großdeutschen Reiches; Beauftragter für den VJP, Staatssekretär Körner an den RMF, 4.4.1941, BArch R2/5927. 32 kommando zur Sicherung der Devisenbestände in Österreich.136 Weitere Einsätze des Kom- mandos folgten mit der Ausweitung des deutschen Machtbereiches im Oktober 1938 im Sude- tengebiet, im März 1939 in Böhmen und Mähren sowie am 1. September 1939 in Polen.137 Zweitens, handelte es sich mit dem Devisenschutzkommando um eine Dienststelle, die außer- halb der Reichsgrenzen – und ausschließlich dort – tätig wurde. Änderte sich der formelle Status des besetzten Gebietes, wie z.B. im Falle der Angliederung Österreichs, so wurde die Tätigkeit des DSK durch die Zollfahndungsstellen der Finanzverwaltung fortgeführt. Auch in Polen wurden die beiden Devisenschutzkommandos in Warschau und Krakau in „Zollfahn- dungsstellen (Devisenschutzkommandos)“ umgewandelt.138 Grenzübergreifende Einsätze von DSK-Angehörigen erforderten eine ausdrückliche Genehmigung des Devisenfahndungsamtes und durften nur in Kooperation mit den lokal zuständigen Dienststellen durchgeführt wer- den.139

3.1 Das Devisenschutzkommando Belgien

Als eine der ersten deutschen Dienststellen, die der „kämpfenden Truppe unmittelbar auf dem Fuße folgend“ 140 in Belgien einmarschierten, nahm das Devisenschutzkommando Belgien bereits am 11. Mai 1940, einen Tag nach dem deutschen Überfall, seine Tätigkeit auf. Der äußerst frühe Einsatz des Kommandos lässt darauf schließen, dass es sich um einen geplanten und gut vorbereiteten Einsatz gehandelt haben muss. Vom Falle Polens, zum Vergleich, ist bekannt, dass Göring als Beauftragter für den Vierjahresplan eine Woche vor dem geplanten Überfall, am 23. August 1939, dem Devisenfahndungsamt Berlin den Auftrag erteilt hat, den Devisenschutz in Polen einzurichten.141 Es ist anzunehmen, dass die Planungen für den West- feldzug ähnlich verliefen, zumal die Heeresführung den gesamten Winter 1939/40 die Gele-

136 Die Quellenlage und die frühen Einsätze der einzelnen Devisenschutzkommandos zeigen, dass die belgischen Historikerkommission (Commission Buysse) in ihrer Ansicht irrt, das Devisenschutzkommando sei durch das Reichssicherheitshauptamt gegründet worden (Les biens des victimes, S. 97). Dies war schon aufgrund der zeit- lichen Abfolge schwer möglich. Das RSHA wurde erst am 27. September 1939 gegründet; anderthalb Jahre nachdem das erste Devisenschutzkommando seine Tätigkeit aufgenommen hatte. 137 Schreiben der MV Wirtschaftsabteilung Gruppe VIII an das Präsidialbüro der MV, 27.9.1943, BA-MA RW 36-217. 138 Schreiben DFA, Tischer an das Amt des Generalgouverneurs für die besetzten polnischen Gebiete, Referat für den Devisenschutz, 15.3.1940, BArch R2/5105: Die Umwandlung erfolgte im Zuge der Durchführung der Zollverordnung. Die Zollfahndungsstellen wurden der Abteilung Finanzen (Zoll) beim Amt des Generalgouver- neurs in personeller und finanzieller Beziehung unterstellt. Sachliche Weisungen erhielten die weiterhin durch das DFA. 139 Fernschreiben des DFA, Staffeldt an das DSK Belgien in Brüssel, 22.7.1940, CEGES AA 585-88B. 140 Vgl. verschiedene Schriftstücke der Korrespondenz zur Verleihung des Kriegsverdienstkreuzes an Angehöri- ge des DSK bzw. die Liste der Gefolgschaftsmitglieder des DSK Belgien; beide aus GRMA T78-61. 141 Schreiben DFA, Tischer an das Amt des Generalgouverneurs für die besetzten polnischen Gebiete, Referat für den Devisenschutz, 15.3.1940, BArch R2/5105. 33 genheit hatte, die Besatzungsverwaltungen im Westen vorzubereiten.142 Über die Vorplanun- gen und Aufstellung des Devisenschutzkommandos Belgien ist nichts überliefert. Nur soviel ist bekannt, dass das Kommando am Tag der Westoffensive bereit stand und durch den Befehl des Generalquartiermeisters des Heeres im OKH vom 10. Mai 1940 in Belgien eingesetzt wurde.143 Mit der Verlagerung des Operationsgebietes der Wehrmacht nach Westen, rückte das DSK zunächst in Lüttich und in Brüssel ein. Dies geschah noch während der Kampfhand- lungen – Brüssel fiel am 18. Mai 1940, Belgien kapitulierte am 28. Mai – und noch vor der Bildung eines deutschen administrativen Besatzungssystems.

Das Devisenschutzkommando Belgien war – gemessen an seiner personellen Stärke – eine kleine Dienststelle, deren Mitarbeiterzahl zwischen 1942 und 1944 von 60 Personen stetig abnehmend auf 31 sank.144 Das Kernpersonal – die ausführenden Zöllner – belief sich bei temporären Schwankungen auf rund 30 Beamte – alle im Besitz eines Ausweises der Gehei- men Feldpolizei. Kraftfahrer und weibliche Schreibkräfte verstärkten das Team.145 Intern gliederte sich die Dienststelle streng hierarchisch in eine Hauptstelle in Brüssel und Außenstellen in Antwerpen, Gent, Lüttich und Charleroi. Letztere wurde jedoch – vermutlich im Oktober 1941 – aufgelöst.146 Zollrat (ZR) Rahier, der Leiter des DSK Belgien und ehema- liger Leiter der Zollfahndungsstelle , führte zentral von Brüssel die Aktivitäten sei- ner Dienststelle. Gerhard Rahier unterstand Herbert Staffeldt, dem Leiter des Devisenschutzes in den besetzten Westgebieten im Devisenfahndungsamt Berlin, von dem er seine Weisungen empfing. Die Kommandokette von Göring zum Leiter des DSK in Brüssel war daher relativ kurz, so dass die Nähe zum Reichsmarschall dem Kommando ein Maß an Autorität verlieh, das angesichts der geringen Größe der Dienststelle beträchtlich war.147

Obwohl es sich beim Devisenschutzkommando primär um eine von Göring eingesetzte Dienststelle handelte, die sich in ihren Einsätzen auf eine allgemeine Ermächtigung durch den

142 Siehe Hans Umbreit: Auf dem Weg zur Kontinentalherrschaft, in: Bernhard R. Kroener/ Rolf-Dieter Müller/ Hans Umbreit (Hg.): Das Deutsche Reich und der Zweite Weltkrieg. Organisation und Mobilisierung des deut- schen Machtbereichs, Bd. 5,1 Kriegsverwaltung, Wirtschaft und personelle Ressourcen 1939-1941, Stuttgart 1988, S. 56. 143 Schreiben des MBBNF, MVCHef, Wi, Gr.VIII an den MVChef, Präsidialbüro, MVOR Dr. Reinhold, 27.9.1943, BA-MA RW 36/217. 144 Es liegen leider nur für diesen Zeitraum Daten vor. 145 GRMA T 78-61 (verschiedene Dokumente zur Verleihung des Kriegsverdienstkreuzes an die Angehörigen des DSK) 146 Schreiben Staffeldt an den MBBNF, Kriegsverwaltungsrat (KVR) Dr. Mühleneisen, 31.12.1942, GRMA T 78-61. 147 Vgl. auch Laureys: Diamantschakspel, S. 249. 34 Vierjahresplan berief148, waren die Angehörigen des DSK lediglich von der Finanzverwaltung zum Devisenfahndungsamt abkommandiert worden, nicht aber formell ausgeschieden. Das Reichsfinanzministerium betreute die Beamten weiterhin „personell beschränkt“, hatte jedoch gegenüber dem DSK keinerlei Weisungsbefugnis.149 Die Weisungen erfolgten durch den Vierjahresplan, „der sich dazu des Devisenfahndungsamtes bediente, vom Devisenfahndung- samt oder von den Militärbefehlshabern.“150 Als höchster Repräsentant des deutschen Rei- ches in Belgien steuerte die Behörde des Militärbefehlshabers in Belgien und Nordfrankreich sämtliche Maßnahmen und Einsätze in seinem Befehlsbereich.151 Somit stellte die Militär- verwaltung für Belgien die aufgrund der territorialen Zuständigkeit sachlich übergeordnete Behörde dar, die sich dennoch mit der Zentrale des Devisenschutzes in Berlin abstimmen musste. Das Devisenschutzkommando Belgien bewegte sich daher als Sonderdienststelle innerhalb des Dreiecks Militär, Finanzverwaltung und Vierjahresplan. Die Frage der institutionellen Zuord- nung und ihren Implikationen ist daher stets direkt oder indirekt mit den folgenden Ausfüh- rungen verknüpft.

3.2 Erste Maßnahmen (Mai 1940)

Der deutsche Vorstoß in Belgien verlief schneller als erwartet und ließ der einheimischen Be- völkerung die Szenarien der deutschen Besatzung während des Ersten Weltkrieges wieder lebendig werden.152 Eine Massenflucht nach Westen setzte ein. Rund vier Millionen Zivilisten und Politiker – rund die Hälfte der belgischen Bevölkerung – flüchteten nach Frankreich.153 Die Leitung der belgischen Nationalbank war ebenfalls, bis auf den Direktor Goffin, geflohen und hatte dafür gesorgt, dass im Zuge dieser Flucht sämtliche Gold- und Devisenwerte Bel- giens ins Ausland gebracht wurden. Dabei handelte es sich um einen Wert von insgesamt 24 Milliarden Belgische Francs an Gold, Devisen, Wertpapieren, Notenbeständen sowie um die Notendruckplatten des Landes, die den deutschen Besatzern nicht in die Hände fallen sollten.

148 MBBNF, Gruppe XII, Abschlußbericht 1944, S. 79, BA-MA RW 36/227; Der Leiter des Devisenschutz- kommandos Belgien, gez. Rahier, Besondere Anordnung (Abschrift), 17.4.1941, BA-MA, RW 36/326. 149 Schreiben Ministerialrat Dr. Galleiske an die Abwicklungsstelle des Reichsfinanzministeriums, Ministerialrat Dr. Siegert, 30.10.1948, Barch R2/Anh. /82. 150 Ebenda. 151 Kurz vor dem Beginn des Angriffs hatte Hitler die exekutive Befugnis des Oberbefehlshabers des Heeres auf das Operationsgebiet der Wehrmacht ausgedehnt, vgl. Umbreit: Kontinentalherrschaft, S. 57. 152 Vgl. Wilfried Wagner: Belgien in der deutschen Politik während des zweiten Weltkrieges, Boppard, 1974, S. 111 und 184 f. 153 Werner Warmbrunn: The German Occupation of Belgium 1940-1944, New York, 1993, S. 45. Viele der Flüchtlinge kehrten jedoch nach einigen Wochen wieder nach Belgien zurück. 35 154 Lediglich ein Wechselbestand von 1,6 Milliarden Belgischen Francs war im Land zurück- gelassen worden. Die Privatbanken und Postscheckämter verfügten ebenfalls über ungenü- gende Kassenbestände.155 Um zu verhindern, dass die übrigen, insbesondere privat gehorteten Vermögensbestände, wei- terhin ins Ausland gebracht würden, wurde die Devisenkontrolle an der belgisch- niederländischen Grenze den Formationen der Grenzwacht-Regimenter übertragen, die seit Beginn des Kriegszustandes den VGAD in sich aufgenommen hatten. An der Grenze zu Frankreich verhinderten Einheiten des Zollgrenzdienstes, die im Zuge der Expansion eben- falls in die besetzten Gebiete einrückte, den weiteren Abfluss von Kapital aus Belgien.156

Im deutschen Interesse gehörte die Sicherung und Erfassung der noch vorhandenen Devisen- bestände zu einer der wichtigsten Aufgaben dieser frühen Tage der Besatzung. Aus diesem Grunde war durch das OKH bereits am 10. Mai 1940 eine vorläufige Devisenbewirtschaftung eingeführt worden, die den Zahlungsverkehr mit dem Ausland regelte, sprich die Mitnahme oder Ausfuhr von Zahlungsmitteln nach dem reichsdeutschen Vorbild bis auf wenige, geneh- migungsbedürftige Ausnahmen untersagte.157 Dabei war es die Aufgabe des Devisenschutzkommandos eine erste Bestandsaufnahme der verbliebenen Vermögenswerte durchzuführen, die Werte zu erfassen und sichern, sowie nach verborgenen zu fahnden. Dies geschah in erster Linie durch die Kontrolle der Banken. Im rückwärtigen Heeresgebiet führten die Mitglieder des DSK noch vor der Einrichtung der deutschen Besatzungsverwaltung so genannte devisenrechtliche Ermittlungen bei den Banken durch und sammelten Informationen über die Gold- und Devisenbestände der Geldinstitute in Belgien, ihre ausländischen Konten, Wertpapiere, Schließfächer und deren Inhaber. Die Ban- ken wurden ersucht Listen über die Inhaber der Schließfächer in dreifacher Ausfertigung zu erstellen und dem DSK zukommen zu lassen. Für die weitere Verfügung über die Schließfä- cher und ausländischen Zahlungsmittel war von nun an eine Genehmigung des Kommandos erforderlich.158 Damit sollte verhindert werden, dass die Inhaber der Schließfächer – und es

154 Das belgische Gold wurde in den Tresoren der Banque de in Dakar aufbewahrt. Nach der Unterzeich- nung des deutsch-französischen Waffenstillstandsabkommens im Juni 1940 boten sich die Briten an, das Gold aus der französischen Kolonie in die USA zu verschiffen. Die kollaborierende Regierung Pétains gab jedoch dem Drängen der Deutschen nach und lieferte das Gold und die Devisen an die Deutschen aus. Verhoeyen: La Belgique occupée. De l’an 40 à la libération, Brüssel, 1994, S. 229 ff; Götz Aly: Hitlers Volksstaat. Raub, Ras- senkrieg und nationaler Sozialismus, Frankfurt am Main, 2005, S. 261. 155 Tätigkeitsbericht Nr. 5 vom 7.7.1940, MVChef Reeder für den MBBNF, BA-MA RW36/174, S. 18. 156 Ebenda, S. 25. 157 Heeresgruppen-Verordnungsblatt für die besetzten Gebiete, 1. Ausgabe Nr. 7, 10.5.1940. 158 DSK Belgien über devisenrechtliche Ermittlungen bei der Banque de Prêts et Dépots in Brüssel, 26.5.1940, CEGES AA 585-24. 36 existierten landesweit rund 70.000 Safes159 – die wertvollen Inhalte möglicherweise ins Aus- land schafften, bevor diese durch das DSK eingesehen werden konnten. Diese Maßnahmen betrafen jedoch nicht nur die belgische Bevölkerung. Durch den Einsatz des DSK hatten die deutschen Behörden nun die Möglichkeit, auch die Vermögen von geflo- henen deutschen Juden, die durch das Netz der Zollfahndungsstellen und Zollämter im Alt- reich geschlüpft waren, nachträglich zu kontrollieren.160

Die Sofortmaßnahmen des Devisenschutzkommandos erschöpften sich jedoch nicht in der Bestandsaufnahme der Banken. Ebenfalls von Bedeutung war die Fahndung nach verborge- nen, abgabepflichtigen Gold- und Devisenwerten, insbesondere in Privatwohnungen. Diese Ereignisse sind jedoch nur noch schemenhaft überliefert, so dass keine gesicherten Aussagen getroffen werden können. Verschiedene Quellen berichten von einem brutalen Vorgehen des Kommandos, von Gewaltanwendung, auch von Folter.161 Offenbar führte das DSK Haus- durchsuchungen bei Privatleuten durch und beschlagnahmte vorgefundenes Gold und Devi- sen. Ein Vorfall, der sich in Eupen um den 18. Mai 1940 zugetragen hat, wirft etwas Licht in die Angelegenheit. Nur wenige Stunden nachdem bekannt wurde, dass die ehemaligen deutschen Gebiete Eupen-Malmedy wieder ins Großdeutsche Reich eingegliedert werden sollen, führte das Devisenschutzkommando dort Hausdurchsuchungen nach Gold- und Devisenwerten in einer Weise durch, die einen Bürger, der scheinbar nicht direkt betroffen, jedoch „in höchsten Grade empört“, sich bei dem Grohé des angrenzenden Regierungsbezirks Köln- Aachen schriftlich beschwerte.162 Der Reichsdeutsche Alfred P. berichtet in seinem Brief, dass er während seines „12-jährigen Aufenthaltes in Eupen nie einem derartigen Zwang aus- gesetzt gewesen ist, wie ihn das Devisenschutzkommando ausgeübt“ hat und betont, dass es nach der allgemein großen Freude, die die Rückkehr ins Reich verursacht habe, „ein Aufruf zur Abgabe vorhandener Gold- und Devisenbestände an die Reichsbank genügt hätte, und derselbe Zweck wäre erreicht, ohne Teile der Bevölkerung zu verbittern.“163 Herr P., der nicht

159 Tätigkeitsbericht Nr. 5 vom 7.7.1940, MVChef Reeder für den MBBNF, BA-MA RW36/174, S. 24. 160 Vgl. Laureys: Diamantenschaakspel, S. 110 ff. 161 Diese Berichte beziehen sich nicht nur auf die frühen Maßnahmen im Mai 1940, sondern auch auf spätere Einsätze, z.B. die Razzien in der Antwerpener Diamantenindustrie. Vgl. Eric Laureys: De beroving van de joodse diamantairs in Antwerpen, 1940-1944. Belangen van de Duitse oorlogsindustrie versus ontjoodsingspolitiek?, in: Cahiers d’Histoire du temps présent (7/2000), S. 170. Vgl auch LeBor: Hitler’s Secret Bankers, S. 42 ff; LeBor berichtet von Misshandlungen des Devisenschutzkommando Frankreich, das von ei- nem Experten für Tierkrankheiten in Foltermethoden geschult worden war. Diese Praktiken können jedoch nicht vorbehaltlos auf die Schwesterdienststelle in Belgien übertragen werden. Sie geben jedoch – unter Vorbehalt – Auskunft über die Ermittlungstaktiken im Devisenschutz unter Staffeldt. 162 Schreiben des Alfred P. aus Eupen an den Gauleiter Grohé, 30.5.1940, LA NRW - Reg. Aachen Nr. 19988. 163 Ebenda. 37 glauben wollte, dass diese Übergriffe im Sinne des Führers seien, bat Grohé die Angelegen- heit an höherer Stelle bekannt zu geben. Es ist in diesem Zusammenhang beachtlich, dass sich das Vorgehen des DSK nicht gegen etwaige Devisenflüchtlinge oder Delinquenten richtete, sondern gegen eine in diesem Gebiet überwiegend aus Volksdeutschen bestehende Bevölkerung. Die Angehörigen des Komman- dos haben durch ihr Vorgehen systemtreue Bürger gegen sich aufgebracht, die – wenn man den Ausführungen des Beschwerdeführers Glauben schenken darf – sich den Devisenbestim- mungen im Reich ohne weiteres gebeugt hätten. Die Frage nach dem Grund hierfür wirft ein eindeutiges Licht auf die Dienststelle und ihr Selbstverständnis: Die ehemals deutschen Gebiete Eupen-Malmedy, die durch den Vertrag von Versailles Belgien zugeführt worden waren, sollten dem Reich, d.h. dem angrenzenden Regierungsbezirk Köln-Aachen angegliedert werden. Damit waren sie der reichsdeutschen Gesetzgebung und Rechtsprechung unterworfen. Die Kontrolle der Devisenbestimmungen oblag somit nicht mehr dem DSK Belgien, sondern den Zollfahndungsstellen des Gaus. Bevor dieser Fall eintreten konnte, nutzte das DSK kurz nach der Bekanntgabe der Eingliederung die letzte Chance, in diesem Gebiet abgabepflichtige Devisen zu beschlagnahmen. Dieser Eifer zeugt von einem besonderen, ressortpartikularistischen Selbstverständnis des Kommandos, das in offensichtlicher Konkurrenz zu den Kollegen derselben Zollfahndungsstellen, aus de- nen die Angehörigen des DSK abkommandiert worden waren, seine Erfolgsbilanz erhöhen wollte.

Einen besonderen Fall stellte Antwerpen als traditioneller Standort der Diamantenindustrie dar. Hier hielten sich verhältnismäßig viele jüdische Diamantenhändler und reiche Fabrikan- ten –sowohl belgische als auch ausländische – auf, von denen viele aufgrund der Kriegsereig- nisse geflüchtet und nicht wiedergekehrt waren.164 Dabei rückten die Diamanten, die einerseits für die Händler leicht über die Grenze zu schmuggeln waren, andererseits ihren Wert auf den internationalen Finanzmärkten auch bei kriegsbedingter Inflation nicht verloren, in das Blickfeld des deutschen Interesses. Am 20. Mai 1940 verfügte das OKH per Verordnung die Beschlagnahme von sämtlichen Edelsteinen, natürlich oder bearbeitet, Diamantpulver, Industriediamanten und Halbedelsteinen.165 Die Beschlagnahme hob– jedenfalls formell – das Eigentum nicht auf, sondern schränkte die Ver-

164 Frensel, „Über Anwendung der Feindvermögensverordnung im Bereich des Devisenschutzkommandos, Ausstenstelle Antwerpen“, undatiert, SVG 497.230.035-280. 165 Verordnung über Beschlagnahme in den besetzten Gebieten der Niederlande, Belgien, Luxemburg und Frankreichs vom 20. Mai 1940 – veröffentlicht im Verordnungsblatt des MBBNF vom 17.06.1940 (BeschlagnahmeVO) 38 fügungsgewalt des Eigentümers ein. Auch jene Personen, die Diamanten lediglich in Gewahr- sam hatten oder treuhänderisch verwalteten, fielen unter die Beschlagnahmeverordnung und waren verpflichtet die genaue Menge und Art der Ware beim Devisenschutzkommando in Antwerpen anzumelden.166 Einer ähnlichen Logik folgte die Einführung der Feindvermögens- verordnung nur drei Tage später. Am 23. Mai 1940 schuf ebenfalls das OKH durch Brau- chitsch den Rahmen für ein Verfügungsverbot für Angehörige von eigens definierten Feind- staaten über ihre Vermögen.167 Es ist auffällig, dass es den deutschen Behörden bei den ersten Anordnungen in Belgien in erster Linie um die Sicherung des Kapitalbestandes ging. Der frühe Zeitpunkt, bzw. die Paral- lelität der ersten Maßnahmen zu den noch andauernden Kampfhandlungen, zeigen den unver- kennbaren Stellenwert, der der Devisenbeschaffung beigemessen wurde. Beachtenswert ist auch, dass sich die Sicherung der in Belgien vorhandenen Werte im Rahmen der im Krieg als angemessen betrachteten Maßnahmen vollzog und sich nicht an den ideologisch- antisemitischen Wertvorstellungen der Reichspolitik orientierte. Spezielle Maßnahmen gegen Juden und deren Vermögen wurden erst fünf Monate später, am 28. Oktober 1940 mit der Verordnung über Maßnahmen gegen Juden (Judenverordnung),168 erlassen; ein Indiz für die Zurücksetzung von ideologischen Fragen gegenüber Sachzwängen in der Frühphase der Be- satzung.

3.3 Das deutsche Besatzungsregime

Nach der Kapitulation der belgischen Armee nahm der General der Infanterie Alexander Frei- herr von Falkenhausen am 1. Juni 1940 formell seinen Posten als Militärbefehlshaber für Bel- gien und Nordfrankreich in Brüssel ein; 3 Wochen nachdem das Devisenschutzkommando Fuß in das Land gesetzt hatte.169 Die Einsetzung einer Militärverwaltung anstatt einer Partei- stelle oder eines Bevollmächtigten Hitlers war nicht selbstverständlich.170 Sie bedeutete die Ausübung der vollziehenden Gewalt in dem besetzten Gebiet durch eine militärische Behör- de, die ihre eigenen Machtstrukturen hatte und nicht direkt dem Führer unterstellt war.

166 OFK 672 Außenstelle Antwerpen, Verordnung, 5.7.1940, CEGES AA 585-76. 167 Verordnung betr. das feindliche Vermögen in den besetzten Gebieten der Niederlande, Belgiens, Luxemburgs und Frankreichs (Feindvermögensverordnung) vom 23. Mai 1940, veröffentlicht im Verordnungsblatt (VOBl.) des MBBNF 2, Nr. 7., siehe auch MBBNF, Abschlußbericht der Gruppe XII, S. 26, 1944, BA-MA RW 36/227 und Kap. 3.4.2 Die Kontrolle von Feindvermöge,. S.51 in dieser Arbeit. 168 VOBl. des MBBNF, 20, Nr. 1. 169 Aus Gründen der Chronologie wird das Besatzungsregime nach dem DSK beschrieben, obwohl es sich um eine übergeordnete Behörde handelte. 170 Wolfram Weber: Die innere Sicherheit im besetzten Belgien und Nordfrankreich 1940-1944. Ein Beitrag zur Geschichte der Besatzungsverwaltungen, Düsseldorf, 1978, S. 167. 39 General von Falkenhausen unterstand von Anfang an dem Oberkommando des Heeres unmit- telbar und erhielt seine Weisungen durch den Generalquartiermeister, der im Generalstab des Heeres die Heeresversorgung auf die operativen Ziele und Aufgaben abstimmte. Neben der materiellen Versorgung der Armeen und den Nachschüben fielen auch Fragen der Kriegsver- waltung, der vollziehenden Gewalt und die Einsetzung der Militärverwaltungen in den besetz- ten Gebieten in seinen Aufgabenbereich. Der Posten des Generalquartiermeister des Heeres wurde ab dem 1. Oktober 1940 von dem General der Artillerie Eduard Wagner besetzt.171 Durch die direkte Unterstellung unter das OKH unterschied sich die Militärverwaltung grund- legend von zivilen Besatzungsregimen, wie sie z.B. in den Niederlanden eingerichtet wurde. Dort unterstand der Chef der Zivilverwaltung, Arthur Seyß-Inquart, direkt dem Führer. Die ideologische Nähe zum Regime war daher in den zivilen Besatzungsverwaltungen ausgepräg- ter als in jenen, die von der Wehrmacht geführt wurden.172 Falkenhausen jedoch stand dem NS-Regime kritisch gegenüber und war als Vertreter der deutschen Militäropposition anzuse- hen. Mit ihm verbanden sich die Hoffnungen des OKH auf eine völkerrechtskonforme Besat- zungsherrschaft.173 Die Einbeziehung der beiden nordfranzösischen Departements Pas-de-Calais und Nord in den Befehlsbereich Falkenhausens hatte rein praktische Gründe. Sie lagen zu dieser Zeit bereits außerhalb des Gefechtsgebietes der kämpfenden Verbände und bildeten andererseits ein Druckmittel im Umgang mit der französischen Regierung in Vichy.174

3.3.1 Aufgaben und Struktur der Militärverwaltung General von Falkenhausen konnte bei seinem Amtsantritt auf einen gut vorbereiteten Stab von Wehrmachtsangehörigen und Verwaltungsbeamten zurückgreifen, die unverzüglich die Arbeit aufnahmen. Uniformierte Kriegsverwaltungsbeamte, die aus der Reichsverwaltung, bzw. der freien Wirtschaft abgezogen worden waren, wurden in allen Abteilungen der Militärverwal- tung als Fachleute eingesetzt. Im Zuge der Angriffsplanungen während des Winters 1939/40 war die Heeresgruppe B der Wehrmacht mit den Vorbereitungen der Besatzungsverwaltung

171 Friedrich Weinknecht, Generalleutnant a.D.: Der Generalquartiermeister des Heeres. Amt und Mensch, in: Elisabeth Wagner (Hg.): Der Generalquartiermeister. Briefe und Tagebuchaufzeichnungen des Generalquartier- meisters des Heeres General der Artillerie Eduard Wagner, München, 1963, S.247 ff; Otto Eckstein, Oberst i.G. a.D.: Die Tätigkeit des Generalquartiermeisters Eduard Wagner, in : Wagner: Generalquartiermeister, S. 272 ff. 172 Vgl. Hans Umbreit: Die Organisation der Besatzungsherrschaft, in: Johannes Houwink ten Cate/ Gerhard Otto (Hg.): Das organisierte Chaos. „Ämterdarwinismus“ und „Gesinnungsethik“: Determinanten nationalsozia- listischer Besatzungsherrschaft, Berlin, 1999, S.45 f; / Walter Hailer: Die Militärverwaltung in Belgien und Nordfrankreich, in: Reich, Volksordnung, Lebensraum. Zeitschrift für völkische Verfassung und Verwaltung 6 (1943), S. 15. 173 Umbreit: Kontinentalherrschaft, S. 59. 174 Ebenda: Kontinentalherrschaft, S. 65. 40 betraut worden.175 In enger Kooperation mit Verwaltungsexperten wie dem Kölner Regie- rungspräsidenten Eggert Reeder, wurde eine Militäradministration konzipiert, die den belgi- schen Verwaltungsapparat intakt ließ und diesen als so genannte Aufsichtsverwaltung gemäß den völkerrechtlichen Bestimmungen der Haager Landkriegsordnung vom 18.10.1907 leite- te.176 Nach der Flucht der belgischen Regierung ins Exil, übte die Administration des Militärbe- fehlshabers als exekutive, legislative und judikative Spitze die Aufsicht über die landeseigene Verwaltung aus177, d.h. sie erhielt die landeseigene Verwaltung weitestgehend aufrecht und übte eine „überwachende Kontrolle“ durch die Militärverwaltung aus.178 Zuvor hatte die bel- gische Regierung für den Fall einer deutschen Besatzung, ein Gesetz vorbereitet, das jede Behörde ermächtigte, sobald sie von ihrer vorgesetzten Dienststelle abgeschnitten war, deren administrative Aufgaben zu übernehmen.179 Auf dieses Weise sollte das Funktionieren des Behördenapparates während der Abwesenheit der verantwortlichen Minister sichergestellt werden. Die Amtsgeschäfte in den Zentralbehörden führten die Staatssekretäre (Secrétaires Généraux) weiter, die gleichfalls wie König Leopold III. im Land geblieben waren. Sie unter- lagen der unmittelbaren Aufsicht der Militärverwaltung. Wenn erforderlich, d.h. wenn es in den Interessen des Reiches lag, wurden Verwaltungsge- schäfte nicht an die belgischen Behörden übertragen, sondern selbst durch die Militärverwal- tung wahrgenommen. Dies war besonders bei der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ord- nung und Sicherheit der Fall, sowie in kriegswirtschaftlichen Angelegenheiten. 180

Die deutsche Militärverwaltung befand sich in einer ambivalenten Situation. Nach den völker- rechtlichen Auflagen der Haager Landkriegsordnung hatte sie die belgische Regierung zu ersetzen, das Land zu bewirtschaften, sowohl die Versorgung der belgischen Bevölkerung als auch der deutschen Truppen zu garantieren und durfte dabei die Interessen des Reiches nicht aus den Augen verlieren. Von zentraler Bedeutung für die deutsche Seite war neben der Auf- rechterhaltung der politischen Stabilität und militärischen Sicherung des Landes, die wirt- schaftliche und finanzielle Ausbeutung des besetzten Gebietes zugunsten der heimischen

175 Ausführlich bei Wagner: Belgien in der deutschen Politik, S.104 ff; Umbreit: Kontinentalherrschaft, S. 55 ff. 176 Vergleichende Übersicht von Ministerialdirektor Dr. Werner Best, Kriegsverwaltungschef: „Die deutschen Aufsichtsverwaltungen in Frankreich, Belgien, den Niederlanden, Norwegen, Dänemark und dem Protektorat Böhmen und Mähren.“ Stand Ende August-Anfang September 1941, S. 25, BA-MA RW 36/219. 177 Ebenda, S. 25, BA-MA RW 36/219. 178 Wolfram Weber: Innere Sicherheit, S. 22. 179 Wagner: Belgien, S. 180; Weber: Innere Sicherheit, S.25 f. 180 Vergleichende Übersicht von Ministerialdirektor Dr. Werner Best, Kriegsverwaltungschef: „Die deutschen Aufsichtsverwaltungen in Frankreich, Belgien, den Niederlanden, Norwegen, Dänemark und dem Protektorat Böhmen und Mähren.“ Stand Ende August-Anfang September 1941, S. 25, BA-MA RW 36/219. 41 Kriegswirtschaft. Dabei ergab sich immer wieder ein Gegensatz zwischen der Wehrwirt- schaftsorganisation der Behörden in Berlin, die rücksichtslos gegen die Bedürfnisse der belgi- schen Bevölkerung einen maximalen wirtschaftlichen Gewinn aus den eroberten Gebieten ziehen wollten und der Besatzungsverwaltung, die trotz ihrer Unterstützung der Ausbeutung auch den belgischen Bedarf zu decken hatte.181

Die Behörde Falkenhausens gliederte sich funktional in einen militärischen Kommandostab und einen administrativen Militärverwaltungsstab. Der Kommandostab, an dessen Spitze der Chef des Generalstabes, Major Bodo von Harbou, stand, war für die Betreuung der Truppe und rein militärische und sicherheitspolitische Aufgaben zuständig. Chef des Verwaltungssta- bes (Militärverwaltungschef) und damit die „eigentliche Schaltstelle der deutschen Militär- verwaltung“ war Eggert Reeder.182 Er war NSDAP-Mitglied und bekleidete (1940) den Rang eines SS-Brigadeführers. Reeders Person und Position dokumentierten eine Verbindung zur Partei und SS; ein Umstand, der erheblich dazu beitrug, sich den Eingriffen aus Berlin, insbe- sondere des Reichssicherheitshauptamts (RSHA), bis zu einem gewissen Grade zu erweh- ren.183 Reeders Aufgabenbereich umfasste neben der Verwaltungsabteilung und dem Präsidialbüro die breit angelegte Wirtschaftsabteilung, die in ihren Gruppen die wichtigsten wirtschaftli- chen und finanziellen Aufgaben durchführte (siehe Abbildung 1).

181 Hans Umbreit: Sonderformen des bürokratischen Apparates in den besetzten Gebieten: Die Rüstungsinspek- tionen, in: Wolfgang Benz/ Johannes Houwink ten Cate/ Gerhard Otto (Hg.): Die Bürokratie der Okkupation. Strukturen der Herrschaft und Verwaltung im besetzten Europa, Berlin, 1998, 144f. Umbreit betont in diesem Zusammenhang: „Der Militärbefehlshaber in Brüssel beispielsweise mißfiel mit der Auffassung, daß die Indust- rie des Landes unbedingt beschäftigt werden muss, um Arbeitslosigkeit zu vermeiden.“ ebenda, S. 145. 182 Jürgen Klöckler/ Insa Meinen/ Wolfgang Seibel: Einleitung, in: Nationale Berichte, Forschungsprojekt „Ho- locaust und Polykratie in Westeuropa, 1940-1944“, unter der Leitung von Wolfgang Seibel an der Universität Konstanz, S. XXVII [unveröffentlicht]. 183 In Belgien konnte sich die SS nicht in dem Ausmaße wie in anderen besetzten Gebieten etablieren. Himmlers SS-Apparat stieß bei den Militärverwaltungen von Belgien und Frankreich auf „strukturell stärkere Widerstän- de“ als in der Zivilverwaltung der Niederlande. Ein Höherer SS- und Polizeiführer wurde in Frankreich 1942 eingesetzt, in Belgien erst nach der Umwandlung der Besatzungsverwaltung in ein Reichskommissariat im Juli 1944 und blieb, in Anbetracht der militärischen Lage, wirkungslos: Wolfgang Seibel: Holocaust und „Polykra- tie“ in Westeuropa, 1940-1944, S. 16. 42

d. DAF Zentral- im Reich G.m.b.H. G.m.b.H. verkehrs- Brüsseler Treuhand Werbe.- u. Betreuungs- dienst f. aus- Beauftragter Allg. Waren- auftragsstelle länd. Arbeiter

-

Mineralöl Feind- und Kreditwesen, Judenvermögen Versicherungen Bank-, Geld- u. Arbeitseinsatz Verbrauchsfragen Sozialwesenund

Zentralgruppe u. Abteilungsbüro Leder Textil Tabak Energie Leiters Chemie Leiter der Bergbau Altmaterial Wirtschaft Allgemeines Eisen u. Stahl Gewerbliche Eisen u. Metall Steine u. Erden verarb. Industrie Nichteisenmetalle

Wirtschaftsabteilung StändigerVertreter des WIRTSCHAFTSABTEILUNG

Persönlicher Stab des Chefs der Militärverwaltung Referent des Leiters wirtschaft Wirtschaftl. Zahlungs- u.

Preisregelung Forst- u. Holz- Ausw. Waren-, Devisenverkehr Transportbedarf Landwirtschaft Ernährungs- und

MA RW 36/188) - (Quelle: BA Dienstst. d. Statistische Zentralstelle Einsatzstab d. Nebenzahlstelle Abrechnungs- u. Verwaltungsstabes Reichsl. Rosenberg Pressestelle des Mil. Kraftfahrstaffel Ordonnanzdienst PRÄSIDIALBÜRO Nordfrankreich General- und persönliches Referat des Militärver- waltungschefs sowiepolitische Fragen Militärbefehlshaber Gesetzgebung Dolmetscherstelle Militärverwaltungschef Beauftragter des Chefsder Sicherheitspolizei und des SD nisation des Stabes Personalien u. Orga- Kultur Fürsorge Finanzwesen Landesplanung Verkehrswesen Veterinärwesen Wasserwirtschaft Leiters Leiter Ständiger Vertreter des Polizei Wegebau der Verwaltungsabteilung Post- und Justiz und Rechtsstelle und Propaganda Medizinalwesen VERWALTUNGSABTEILUNG Volkstumsfragen Nachrichtenwesen Landesverw. auch Wucherbekämpfung : Organigramm der Militärverwaltung in Belgien und 1 dienst Kreuzes d. Reichs- kommissar d. D. Roten abteilung Beauftragter Universitäts- Beauftragter arbeitsführers Kriegsgräber- Propaganda- Abbildung 43 Territorial war der Aufbau der Militärverwaltung dreistufig gegliedert. Unterhalb der Brüssler Behörde übten in jeder Provinz Belgiens bzw. in den beiden nordfranzösischen Departements je eine Oberfeldkommandantur (OFK) oder Feldkommandantur (FK) als administrative Mit- telinstanzen die Verwaltungsgeschäfte aus. Die Unterscheidung erfolgte allein auf dem Gebiet der militärischen Aufgaben.184 Auch in den dem MBBNF untergeordneten Behörden wurden militärische und zivile Aufgabenbereiche getrennt voneinander behandelt. In den Komman- danturen übten ebenfalls Kommandostäbe die militärischen Besatzungsaufgaben aus. Auf Bezirksebene, die je ein bis zwei belgische Arrondissements umfasste, waren Kreiskomman- danturen eingerichtet.

Abbildung 2: Räumliche Aufteilung der Militärverwaltung in Belgien und Nordfrankreich185

184 Vergleichende Übersicht von Ministerialdirektor Dr. Werner Best, Kriegsverwaltungschef: „Die deutschen Aufsichtsverwaltungen in Frankreich, Belgien, den Niederlanden, Norwegen, Dänemark und dem Protektorat Böhmen und Mähren.“ Stand Ende August-Anfang September 1941, S. 25, BA-MA RW 36/219. 185 Quelle: BA-MA RW36/200 44 3.3.2 Die Beziehung des Devisenschutzkommandos zum Militär Mit der Einrichtung einer durch die Wehrmacht geführten Verwaltung sollte nach außen der Eindruck einer Annexion Belgiens vermieden werden, da sie dem Charakter nach – im Ver- gleich zu den Zivilverwaltungen in anderen besetzten Gebieten – als vorübergehend angelegt und als provisorisch anzusehen waren.186 Nach innen wollte man durch die militärische Organisation eine straffe und effiziente Exeku- tive erwirken, die alle Verwaltungssparten in einer Hand zusammenfasste.187 Die „Einheit der Verwaltung“188, wie sie als Ausdruck des nationalsozialistischen Führerprinzips postuliert wurde, hatte jedoch mit der historischen Realität wenig zu tun. Die Expansion des deutschen Herrschaftsgebietes trug nicht zur Überwindung der reichsinternen Kompetenzquerelen bei. Vielmehr wurden die Rivalitäten und Kompetenzkonflikte der konkurrierenden Machtgrup- pen von Partei und Staat in die besetzten Gebiete übertragen.189 Das organisierte Chaos, wie es typisch für den NS-Staat war, marschierte im Gefolge der Wehrmacht in die Besatzungs- gebiete Belgiens und Nordfrankreichs mit ein.

„Die Invasion der vielen Dienststellen, Beauftragten und Sonderbevollmächtigten, die der Wehrmacht ins Operationsgebiet nachfolgten, waren in ihrer Unüberschaubarkeit und Unkontrollierbarkeit aber auch für Militärs ein Ärgernis. Auch wenn ihnen wenigs- tens ein Teil dieser Organe nominell unterstellt wurde [...], so hatten sie doch in der Pra- xis wenig Einfluß auf deren Tätigkeit.“190

Das Devisenschutzkommando war eine dieser Dienststellen. Allein die Existenz der Dienst- stelle, d.h. ihre Gründung als funktionales Äquivalent zu den Zollfahndungsstellen der Reichsfinanzverwaltung, wirft die Frage nach ihrer Daseinsberechtigung auf. Aufgrund der herausragenden Bedeutung der Devisenbeschaffung für die Kriegsfinanzierung, die in den besetzten Gebieten durchaus von den Zollfahndern der Reichsfinanzverwaltung hätte durch- geführt werden können, wurden jene Zollfahnder mit der Aufgabe betraut, die eigens vom Finanzministerium abkommandiert worden waren und direkt einem führenden Parteifunktio- när unterstanden. Das Devisenschutzkommando stellte einerseits den verlängerten Arm Gö- rings dar und markierte seinen Einflussbereich und seine Ziele über die Reichsgrenzen hinaus. Andererseits schuf sich der Beauftragte für den Vierjahresplan mit dem DSK eine eigene Dienststelle, die er ohne Absprache mit dem Finanzminister im Sinne der Parteiinteressen führen konnte.

186 Wagner: Belgien in der deutschen Politik, S. 105 ff; Umbreit: Kontinentalherrschaft, S.111 ff; Raul Hilberg: Die Vernichtung der europäischen Juden, Frankfurt am Main, 1999, 9. Aufl., S. 632f. 187 Umbreit: Kontinentalherrschaft, S. 103. 188 Reeder/ Hailer: Militärverwaltung, S. 12. 189 Thamer: Monokratie-Polykratie, S. 21. 190 Umbreit: Kontinentalherrschaft, S. 104. 45

Was nun die formelle Beziehung des Devisenschutzkommandos zur Wehrmacht im Allge- meinen und zur Militärverwaltung im Speziellen angeht, so ist– auch hier – eine eindeutige Charakterisierung nicht möglich. Die Situation war ambivalent. Als Einsatztruppe mit einer von Göring erteilten Ermächtigung zur Ausführung seiner im zivilen Bereich angesiedelten Funktion, war das DSK dem Verwaltungsstab des Militärbefehlshabers unterstellt, der dem Kommando gegenüber über eine sachliche Weisungsbefugnis verfügte:191 In der Wirtschafts- abteilung Reeders war das DSK der Gruppe V Auswärtiger Waren-, Zahlungs- und Devisen- und Kapitalverkehr, der für die Devisenbewirtschaftung zuständigen Abteilung, unmittelbar unterstellt.192 Somit „handelt[e] es sich bei den Angehörigen der Devisenschutzkommandos Belgien um Zivilpersonen, die der Wehrmacht unterstellt, bzw. in ihrem unmittelbaren Auf- trag tätig“ waren.193

Das DSK Belgien war allerdings noch auf eine weitere Art und Weise mit der Wehrmacht verbunden. Die Mitgliedschaft der DSK-Angehörigen in der Gruppe der Geheimen Feldpoli- zei z.b.V. (D) unterstellte diese direkt der militärischen Abwehr im Oberkommando der Wehrmacht (OKW). Generell besaßen sämtliche Mitarbeiter der GFP den formellen Status von Wehrmachtsbeamten, obwohl sie sich größtenteils aus der zivilen Abwehr, d.h. Sicher- heitspolizei und Gestapo, rekrutierten.194 Die Historiker Jean-Léon Charles und Philippe Das- noy ordnen das Devischenschutzkommando direkt dem militärischen Kommandostab des MBBNF unter (siehe Abbildung 3).195

Charles und Dasnoy gehen in ihren Ausführungen nicht näher auf die Verbindung des DSK mit der GFP und dem Kommandostab ein. Bemerkenswert an dieser Stelle ist jedoch, dass sie das Devisenschutzkommando in diesem Zusammenhang erwähnen und ihm eine eigenständi- ge Angliederung –nicht etwa als Unterabteilung der Geheimen Feldpolizei – einräumen.

191 MBBNF, MVChef, Abt. Wi, Ref. Wi-Übw., Aktenvermerk, 1.6.1943, BA-MA RW 36/211. 192 MBBNF, MVChef, Abt. Wi., Sonderverordnungen Nr. 19, 14.9.1940, CEGES AA 585-70. 193 Vermerk/Entwurf: MVChef –pers 176-, 11.4.1942, GRMA T 78-61; Schreiben MBBNF, Chef der Militär- verwaltung –pers 176-, gez. Reeder an den Kommandostab, Abt. II A., 11.4.1942, GRMA T 78-61. 194 Hermann Weiß: Geheime Feldpolizei (GFP), in: Benz/ Graml/ Weiß: Enzyklopädie des Nationalsozialismus, S.479f; Klaus Gessner: Geheime Feldpolizei. Zur Funktion und Organisation des geheimpolizeilichen Exekutiv- organs der faschistischen Wehrmacht, Berlin, 1986, S. 63ff. 195 Jean-Léon Charles/Philippe Dasnoy: Les dossier secrets de la police allemand en Belgique (La Geheime Feldpolizei en Belgique et dans le nord de la France), Tome premier: 1940-1942, Brüssel, 1973, S. 33. 46

Abbildung 3 Die Organisation der Exekutivkräfte in Belgien nach Charles/Dasnoy196

Oberkommando der Wehrmacht Reichssicherheitshauptamt

Militärbefehlshaber in Belgien und Nordfrankreich Reichssicherheits- Polizeiamt

Abwehrstelle Kommandostab Ordnungspolizei Belgien

Beauftragter für die Sicherheits- polizei und den Sicherheitsdienst Devisenschutz- Hafenpolizei Geheime Brüssel kommando Feldpolizei

Gestützt wird diese Darstellung durch das Bundesarchiv-Militärarchiv in Freiburg im Breis- gau in der Online-Beständeübersicht der Abteilung Ausland/Abwehr des OKW (BA-MA RW5): Dort wird der Aufbau der Abteilung beschrieben und explizit in der Zentralabteilung Gruppe Finanzen („ZF: Finanzen, Verbindung mit den Devisenschutz-Kommandos“) dieses Unterstellungsverhältnis hergestellt.197 Auf Anfrage stellte sich jedoch heraus, dass diese Do- kumente im Bundesarchiv nicht mehr auffindbar sind. Nach Auskunft des Archivs sei die betreffende Serie neu organisiert und die Akten mit anderen Signaturen versehen worden. Jedenfalls können die Dokumente, die diese Verbindung dokumentieren, nicht gefunden wer- den. Das ist umso unglücklicher, da die Quellenlage zur Organisation des Devisenschutz- kommandos ohnehin schon schlecht genug ist. Charles und Dasnoy, jedenfalls, haben nach eigenen Angaben mit diesen Beständen noch ge- arbeitet. Gestützt wird diese Information auch durch Indizien aus der Verwaltungspraxis in Brüssel, denn soviel ist bekannt: Das Devisenschutzkommando befand sich auf dem Verteiler

196 Organigramm erstellt nach der Vorlage von Charles und Dasnoy: Les dossiers secrets, I, S. 33. 197 www.bundesarchiv.de (zuletzt besucht am 30.5.2005). 47 des Kommandostabes/Oberquartiermeister und erhielt durch diesen die regelmäßigen Anord- nungen für die Versorgung.198 Die überlieferten Quellen dokumentieren keine abwehrpolizeiliche Agitation des DSK, ledig- lich Kooperationen zwischen GFP und DSK in devisenpolitischen Maßnahmen.199 Der Status der Angehörigen des DSK als Feldpolizisten „zur besonderen Verfügung“ zeigt, dass es sich beim DSK in Belgien – zumindest bis es ab Frühjahr 1943 zur Schwarzmarktbekämpfung eingesetzt wurde – um eine Dienststelle handelte, die ihre primäre Funktion im zivilen Sektor durchführte. Insgesamt bleibt an dieser Stelle nichts weiter als die Unterstellung des DSK unter den Kommandostab zur Kenntnis zu nehmen und die damit verbundenen Fragen und Implikationen offen zu lassen.

Bezüglich der Nähe des Devisenschutzes zum Militärbefehlshaber sind zwei Aspekte hervor- zuheben: Erstens arbeitete die Brüsseler Hauptstelle unter Gerhard Rahier in unmittelbarer Nachbarschaft zur Behörde des MBBNF. Das anfängliche Hauptquartier des Devisenschutzes in Belgien in der rue Guimard 18 in Brüssel wurde im Zeitraum zwischen Dezember 1940 und April 1941 zugunsten der Büros in der rue de la Loi 31 beim Militärbefehlshaber aufge- geben.200 Vermutlich erleichterte der Ortswechsel nach der Phase der Einrichtung der Besat- zung die Kooperation der Behörden. Der zweite Gesichtspunkt zielt auf ein gegenteiliges Argument ab: Das Devisenschutzkom- mando Belgien agierte trotz der grenzübergreifenden Besatzungsverwaltung nach Nordfrank- reich lediglich innerhalb der Staatgrenzen Belgiens. Die beiden nordfranzösischen Departe- ments, die unter General von Falkenhausens Kommando standen, fielen in das Operationsge- biet des Devisenschutzkommandos Frankreich, das in Lille eine Außenstelle eingerichtet hat- te.201 Das nicht deckungsgleiche Einsatzgebiet des Devisenschutzkommandos mit dem Mili- tärbefehlshaber unterstreicht die Eigenständigkeit des Kommandos.

198 MBBNF, Kommandostab, Oberquartiermeister, Besondere Anordnungen für die Versorgung an das DSK Brüssel, CEGES AA 585-70. 199 Leitender Feldpolizeidirektor beim Militärbefehlshaber in Belgien und Nordfrankreich, Tätigkeitsbericht für den Monat April 1944, 4.5.1944, BA-MA RW 36/166. 200 Dies geht aus verschiedene Korrespondenzen aus den Beständen CEGES AA 585/26; AA 585/76 hervor. Wann genau der Umzug stattgefunden hat, ist nicht überliefert. 201 Schreiben DSK Frankreich, Außenstelle Lille an DSK Belgien, 08.03.1944, CEGES AA 585/75. 48 3.4 Die Einführung von vermögensrechtlichen Maßnahmen und ihre gesetzli- chen Grundlagen

Während der ersten Monate der Besatzung Belgiens führte die deutsche Militärverwaltung eine Reihe von Verordnungen ein, die den Umgang mit Devisen, Wertpapieren und dem so genanntem Feind- und Judenvermögen reglementierten. Diese Verordnungen bildeten die legale Handlungsgrundlage des Devisenschutzkommandos Belgien, das für die ordnungsge- mäße Einhaltung zu sorgen hatte. In diesem Kontext sind drei Kategorien zu unterscheiden, die jeweils einer unterschiedlichen Logik folgten: Erstens, die Einführung einer planmäßigen Devisenbewirtschaftung für Bel- gien und Nordfrankreich. Sie richtete sich gegen alle in Belgien befindlichen Personen und regelte den Umgang mit und dem Besitz von ausländischen Währungen. Zweitens, die Kon- trolle feindlichen Vermögens und drittens, die Kontrolle jüdischen Eigentums. Die Devisen- bewirtschaftung unterschied sich daher grundlegend von der Anmeldung der Vermögensver- hältnisse.

3.4.1 Die Devisenbewirtschaftung Nach der Einführung der vorläufigen Devisenbewirtschaftung am 10. Mai 1940 durch das OKH und der vorläufigen Erfassung und Sicherstellung der in Belgien vorhandenen Devi- senwerte durch das Devisenschutzkommando, erließ die Militärverwaltung am 17. Juni 1940 eine umfassende Devisenverordnung nach deutschem Muster.202 Sie diente der Erfassung des gesamten Zahlungsverkehrs Belgiens mit dem Ausland und führte auf alle Zahlungen ins Ausland, an Ausländer oder mit ausländischen Zahlungsmitteln eine Genehmigungspflicht ein. Gleichzeitig wurden alle belgischen Guthaben von Ausländern gesperrt.203 Mit ausländi- schen Zahlungsmitteln und Forderungen in ausländischer Währung durften „ausser den Reichskreditkassen [...] nursolche [sic!] Kreditinstitute handeln, die vom Militärbefehlshaber hierzu ermächtigt [waren] (Devisenbanken)“ 204. Ebenfalls abhängig von einer Erlaubnis war die Ausfuhr von Gold, Edelmetallen und Wertpa- pieren, der Handel mit Wertpapieren, die Verfügung über ein ausländisches Grundstück, so- wie die Einräumung von Krediten an Ausländer.

202 Devisenverordnung für die besetzten Gebiete Belgien und Luxemburg vom 17.6. 1940, VOBl. 2. Ausgabe. 203 MBBNF, MVChef, Reeder, Tätigkeitsbericht Nr. 5, S. 25f, 7.7.1940, BA-MA RW 36/174. 204 Devisenverordnung, 17.6.1940, §3. 49 Neben der Kontrolle der Finanzströme zielte die Devisenbewirtschaftung auf das Erfassen des Devisenbestandes in Belgien ab. So wurde ebenfalls durch die Verordnung vom 17. Juni 1940 verfügt, dass auch die Devisenwerte von Inländern einer Anzeigepflicht unterlagen. Diese bezog sich auf alle ausländischen Zahlungsmittel, Forderungen, Wechsel, Schecks, auch For- derungen gegen Ausländer, Gold, Edelmetalle, ausländische Wertpapiere oder auf ausländi- sche Währung laufende Wertpapiere. Kurz: Alle Werte, die in irgendeiner Form im Ausland Verwendung finden konnten unterla- gen den Bestimmungen der Devisenverordnung und waren daher anmeldepflichtig. Alle Gold- und ausländischen Geldsorten, die sich in Belgien befanden, sollten auf diese Weise für die Devisenbewirtschaftung nutzbar gemacht werden.205 Oder anders formuliert: „Der Zweck der Devisenbewirtschaftung besteht u.a. darin, die [für das Reich] lebens- notwendigen Zahlungen auf dem Gebiete des Waren-, Dienstleistungs- und Kapital- verkehrs im weitesten Sinne sicherzustellen. In Verfolgung dieses Zwecks ist die Er- fassung aller Goldvorräte, Devisen und devisengleichen Werten unbedingt notwen- dig.“206

Die lebensnotwenigen Zahlungen des Reiches bezogen sich natürlich auf die Versorgung der deutschen Rüstungsindustrie und Kriegswirtschaft.

Von einer Zwangsablieferung wurde im Juni 1940 zunächst noch abgesehen. Diese wurde jedoch kurz darauf, am 2. August 1940, eingeführt und bedeutete nichts anderes als ein Ver- bot des Besitzes von ausländischen Zahlungsmitteln. Im Wortlaut der Verordnung hatten In- länder Goldmünzen und US-Dollarnoten, Schweizer Franken, Schwedische Kronen und Fran- zösische Francs „anzubieten und auf Verlangen zu verkaufen“.207 In der Praxis bedeutete dies, dass die Besitzer von Devisen verpflichtet waren diese der Emissionsbank zu einem für das Deutsche Reich günstigen Umrechungskurs zum Kauf anzubieten. Die Differenz floss in die Kassen der Reichshauptkasse in Berlin.208

Die materiellen Bestimmungen der Devisenverordnung wurden im Laufe der Besatzung durch eine Reihe weiterer Durchführungsverordnungen der Militärverwaltung in Brüssel ständig

205 Vermerk MBBNF, MVChef/Wi, Gr. V, 7.5.1941,BA-MA RW 36/326. 206 Der Leiter des Devisenschutzkommandos Belgien, ZR Rahier, „Besondere Anordnung“ an die Association Belge des Banques, 17.4.1941, CEGES AA 585/76 und BA-MA RW 36/326. 207 Zweite Durchführungsverordnung (DVO) zur Devisenverordnung, 2.8.1940, VOBl., 9. Ausg, Nr. 5 (berich- tigt in der 10. Ausg. , Nr. 2). 208 Die Reichshauptkasse, zu der ab Kriegsbeginn auch die „Beutestelle“ gehörte, war Teil des Reichsfinanzmi- nisteriums und unterstand direkt dem Staatssekretär Reinhardt; siehe Meinl/Zwilling: Legalisierter Raub, S. 230. 50 verfeinert und den deutschen Bedürfnissen angepasst, z.B. durch die Einführung eines Depot- zwanges für die oben genannten Wertpapiere bei einer Devisenbank.209

Da Belgien vor dem Krieg keinerlei Devisenbewirtschaftung gekannt hatte, konnte die Mili- tärverwaltung nicht auf einen eingespielten belgischen Behördenapparat zurückgreifen. Des- halb übernahm die Militärverwaltung selbst die Durchführung der Devisenbewirtschaftung:210 Sie oblag der Leitung der Gruppe V der Wirtschaftsabteilung und wurde von den Devisenstel- len, die bei den OFKs gegründet wurden, ausgeführt.211 Die erforderlichen Genehmigungen prüften und erteilten ebenfalls die Devisenstellen der OFKs, die sowohl die sachliche als auch örtliche Zuständigkeit besaßen.212 Das Devisenschutzkommando wurde durch die Devisen- verordnung mit den notwendigen Vollmachten ausgestattet, „von jedermann Auskünfte und Meldungen [zu] verlangen, die sich unmittelbar und mittelbar auf devisenrechtlich erhebliche Umstände beziehen.“213 In diesem Zusammenhang ist die sachliche Unterstellung des Devisenschutzkommandos unter die Militärverwaltung und die Gruppe V zu sehen. Das DSK sorgte als polizeiliches Organ im Finanzsektor für die ordnungsgemäße Durchführung der Verordnung, die Gewährleistung der Devisenbewirtschaftung und damit für die Sicherung der Devisenbestände vor einer mögli- chen Kapitalflucht ins Ausland.

3.4.2 Die Kontrolle von Feindvermögen Die Einführung einer Kontrolle für feindliches Vermögen folgte einer Logik, die sich grund- sätzlich von der Devisenbewirtschaftung unterschied. Während letztere eine finanzpolitische Maßnahme darstellte, war die Einführung der Feindvermögenskontrolle ein Akt hochpoliti- scher Brisanz, deren Grundlagen seit Sommer 1938 in Berlin erarbeitet wurden.214 Auf Initia- tive des Auswärtigen Amtes diskutierten Vertreter des OKW, Reichswirtschaft-, Finanz- und Justizministerium im Zuge der deutschen Kriegsvorbereitungen die Zuständigkeiten für die im Mobilmachungsfall notwendigen Maßnahmen.215

209 Vierte DVO zur Devisenverordnung, 27.8.1940, VOBl., 13. Ausg., Nr. 3. 210 MBBNF, MVChef, Reeder, Tätigkeitsbericht Nr. 5, S. 25f, 7.7.1940, BA-MA RW 36/174. 211 Undatierte Quelle, Herkunft vermutlich aus der Militärverwaltung, Wirtschaftsabteilung, CEGES AA 585/76. 212 MBBNF, MVChef/ Abt. Wi., Sonderverordnungen Nr. 19, 14.9.1940, CEGES AA 585/70. 213 Devisenverordnung, 17.6.940, § 1. 214ausführlich bei Stephan Lindner: Das Reichskommissariat für die Behandlung feindlichen Vermögens im Zweiten Weltkrieg, Zeitschrift für Unternehmensgeschichte, Beiheft 67, Stuttgart, 1991, S. 22 ff. 215 Ebenda: Reichskommissariat, S. 22. 51 Frankreich und England hatten kurz nach Ausbruch des Krieges derartige Feindvermögens- verordnungen gegenüber deutschem Eigentum erlassen.216 Das Auswärtige Amt zögerte im Jahr 1939 jedoch noch aus taktischen Gründen: Die Maßnahmen des Deutschen Reiches soll- ten sich streng innerhalb der vom Völkerrecht gesteckten Grenzen bewegen und nur reziprok als Antwort auf die Maßnahmen der Feindstaaten erfolgen.217 Am 15. Januar 1940 erließ der unter Görings Vorsitz stehende Ministerrat für die Reichsverteidigung die Verordnung über die Behandlung feindlichen Vermögens, welche die Zwangsverwaltung des Kapitals Angehö- riger von definierten Feindstaaten durch deutsche Behörden anordnete.

In Belgien war die Behandlung feindlichen Vermögens – wie bereits erwähnt – als eine der ersten Maßnahmen im Mai 1940 durch das OKH eingeführt worden.218 Hier betonte man e- benfalls die reziproke Natur der Maßnahmen, die „durch das Vorgehen einer Reihe feindli- cher Staaten ausgelöst“ und durch den Ministerrat für die Reichsverteidigung als „Vergel- tungsmaßnahme“ 219 gegen die Zwangsmaßnahmen in manchen Staaten gegen deutsches Pri- vateigentum eingeführt wurde. Im Sommer und Herbst des Jahres 1940 wurde durch verschiedene Durchführungsverordnun- gen die Anmeldung einzelner Vermögenswerte bei der Gruppe XII der Wirtschaftsabteilung der Militärverwaltung (Anmeldestelle für Feind- und Judenvermögen) angeordnet. Darunter fielen neben Zahlungsmitteln, die sich in Belgien befanden, Wertpapiere, Grundstücke, For- derungen, Beteiligungen an Unternehmen220, auch gewerbliche Rechte und Urheberrechte. Über das im besetzten belgischen Gebiet befindliche Feindvermögen durfte nur mit Geneh-

216 England: Trading with the Enemy Act (1939) und Trading with the Enemy (Custodian) Order (1939), Frank- reich: Drei Notverordnungen vom 1.9.1939 betr. das Verbot und die Beschränkung der Beziehungen mit dem Feinde sowie die Anmeldung und Sequestrierung von Gütern, die im Eigentum von Feinden stehen, vgl. MBBNF, MVChef, Gruppe XII, Abschlußbericht 1944 (Treuhandvermögen), S. 23, BA-MA RW 36/227 (im Folgenden: Gruppe XII, Abschlußbericht). 217 Die Verantwortlichen Akteure auf der deutschen Seite verschweigen jedoch, dass England und Frankreich die genannten Gesetze erst nach dem deutschen Angriff auf Polen – also ebenfalls als reziproke Maßnahme – einge- führt haben; vgl. Verhoeyen: La Belgique occupée, S.167. 218 Verordnung betr. das feindliche Vermögen in den besetzten Gebieten der Niederlande, Belgiens, Luxemburgs und Frankreichs (Feindvermögensverordnung), 23.5.1940, VOBl., 2. Ausg., Nr.7. 219 Gruppe XII, Abschlußbericht, S.23: Militärverwaltungsrat (MVR) Dr. Pichier, der Verfasser des Berichtes, betont an dieser Stelle, dass nicht alle Staaten, die sich mit Deutschland offiziell im Krieg befanden, feindliche Staaten im Sinne der Verordnung waren, beispielsweise Polen und Belgien. Andere Staaten jedoch, mit denen die diplomatischen Beziehungen abgebrochen worden waren, beispielsweise Ägypten und der Irak, zu Feindstaa- ten erklärt werden mussten, weil sie nach dem Vorbild von England und Frankreich Schritte gegen deutsches Privateigentum unternommen hatten; ebenda, S. 24. 220 Unternehmen, die „unter massgebenden Feindeinfluss“ standen, wurden unter die Aufsicht eines kommissari- schen Verwalters der Brüssler Treuhandgesellschaft (BTG) gestellt, die vom MBBNF bestellt wurden. Wann ein massgebender Feindeinfluss vorlag, wurde durch die Verordnung nicht festgesetzt. In der Regel wurde dies unterstellt, wenn mehr als 50 % des Kapitals eines Unternehmens in Feindbesitz war; Gruppe XII, Abschlußbe- richt, S.54. 52 migung der Militärverwaltung verfügt werden, d.h. die liquiden Vermögenswerte ruhten auf Sperrkonten, die von der MV kontrolliert wurden. Anmeldepflichtige Personen waren nicht nur feindliche Staatsangehörige (mit Ausnahme von Kriegsgefangenen), die sich im besetzten belgischen Gebiet aufhielten, sondern auch Perso- nen, die in Belgien feindliches Vermögen besaßen oder verwalteten.221 Dies ermöglichte den deutschen Behörden den Kreis der potentiellen Adressaten der Verordnung auszuweiten. Die Einführung des Begriffs des Aufenthaltsfeindes führte noch einen Schritt weiter: Als solche galten Angehörige eines nichtfeindlichen Staates, z.B. Belgier, die sich zwischen dem 10. Mai 1940 und dem Zeitpunkt des Inkrafttretens der Feindvermögensverordnung am 17. Juni 1940 in einem Feindland aufgehalten hatten. Sie wurden auch dann als Aufenthaltsfeinde angese- hen, wenn sie später in ein neutrales Land umgesiedelt waren.222 Vor dem Hintergrund der großen belgischen Flüchtlingsbewegung im Mai 1940 nach Frankreich, d.h. in ein feindliches Land im Sinne der Verordnung, und der Tatsache, dass viele Belgier nicht wieder zurückge- kehrt sind, ermöglichte dies den deutschen Behörden den Zugriff auf deren Vermögen, indem sie den Exilanten eine deutschfeindliche Gesinnung unterstellten. Somit galten bei der Defini- tion eines vermögensrechtlichen Feindes sowohl das „Domizil-“ als auch das „Nationalitäts- prinzip“223. Die ständige Verfeinerung und Anpassung der Rechtslage wurde durch die Einführung des Depotzwanges für Wertpapiere bei den Devisenbanken im Dezember 1943 abgeschlossen.224 Auf diese Weise wollte die Militärverwaltung die feindlichen Wertpapiere bei einigen weni- gen Banken konzentrieren. Diese Maßnahme konnte jedoch wegen der Räumung Belgiens nach der Invasion der Alliierten im Sommer 1944 nicht mehr durchgeführt werden.225

Grundsätzlich galt bei der Behandlung feindlichen Vermögens jedoch stets, dass es sich ledig- lich um eine „Sicherstellung und Erhaltung“ handelte.226 Der Besitzer verlor zwar die Verfü- gungsgewalt über sein Vermögen, blieb aber formell der Eigentümer. Noch im April 1944

221 Im Sommer 1940 galten folgende Staaten per Definition des Reichsjustizministeriums als feindlich im Sinne der Verordnung: Das Vereinigte Königreich Großbritannien, Nordirland und die überseeischen Besitzungen und Kolonien, Protektorate und Mandatsgebiete, sowie Kanada, der Australische Bund, Neuseeland und die Südafri- kanische Union, Ägypten, der Sudan und der Irak. (Dritte DVO zur Feindvermögensverordnung vom 24.10.1940, VOBl., 19. Ausg., Nr. 2). Im September 1941 wurde auch die Sowjetunion in diese Reihe aufge- nommen.(Vierte DVO zur Feindvermögensverordnung vom 9.9.1941, VOBl., 55. Ausg., Nr. 2); Die Vereinigten Staaten von Amerika kamen im Mai 1942 hinzu (Fünfte DVO zur Feindvermögensverordnung vom 4.5.1942, VOBL., 75. Ausg., Nr. 7). 222 Gruppe XII, Abschlußbericht, S. 27. 223 Lindner: Reichskommissariat, S. 30. 224 Achte DVO zur Feindvermögensverordnung vom 13.12.1943, VOBl., 113. Ausg., Nr. 3. 225 Gruppe XII, Abschlußbericht, S. 33. 226 Ebenda: Abschlußbericht, S. 53. 53 betonte das Auswärtige Amt gegenüber dem Militärbefehlshaber in Brüssel, dass das Eigen- tum feindlicher Staatsangehöriger lediglich sichergestellt werden dürfe, jedoch nicht eingezo- gen oder liquidiert.227 Das feindliche Vermögen stellte für Deutschland einerseits ein wichti- ges Faustpfand für zukünftige Friedensverhandlungen dar, andererseits war es ein bedeuten- des Wirtschaftspotential für die eigene Kriegsführung.228

3.4.3 Vermögensrechtliche Maßnahmen gegen Juden Die Kontrolle jüdischen Vermögens folgte zunächst ähnlichen Mustern wie die Kontrolle von Feindvermögen, sie hatte auf längere Sicht jedoch ein weitaus radikaleres Ziel: Sie diente der schrittweisen Enteignung der Juden und deren Ausschluss aus dem belgischen Wirtschaftsle- ben. Dieser Prozess der Arisierung229 vollzog sich innerhalb legaler Formen und zeigt den engen Zusammenhang zwischen Enteignung und Holocaust.230

Die ersten antijüdischen Maßnahmen vom 28. Oktober 1940 bereiteten den Weg für den Zugriff der Besatzungsmacht auf das Vermögen und den Besitz von jüdischen Personen. Die so genannte Judenverordnung231 enthielt neben einer Begriffbestimmung, welche Personen als jüdisch anzusehen waren,232 Vorschriften über die Ausscheidung von Juden aus öffentli- chen Ämtern, der Eintragung in ein Register und über die Anmeldung „jüdisch beeinflusster Unternehmen“233 bei der Anmeldestelle für Feind- und Judenvermögen der Militärverwal- tung. Ein halbes Jahr später, am 31. Mai 1941, konkretisierte die Militärverwaltung die Rechtsgrundlage durch zwei weitere Verordnungen, die im Wesentlichen die geltende Rechts- lage im Reich wieder spiegelten.234 Von nun an mussten Juden ihre Eigenschaft als Jude

227 Erlass des Auswärtigen Amtes an den MBBNF, 18.4.1944, BA-MA RH 36/119. 228 Lindner: Reichskommissariat, S. 34; Gruppe XII, Abschlußbericht, S.93. GRMA T 77-1217: Wert der Feind- und Judenvermögen, siehe Anhang S. 111. 229 Der Prozess der Arisierung bezeichnet die Überführung jüdischen Besitzes in nicht-jüdische Hände. Der Terminus entstammt der nationalsozialistischen Weltanschauung und ist daher stark ideologisch geprägt. Er wird jedoch mangels Alternativen weiterverwendet. 230 Martin Dean: Raub jüdischen Eigentums in Europa, in: Constantin Goschler/ Philipp Ther (Hg.): Raub und Restitution. „Arisierung“ und Rückerstattung des jüdischen Eigentums in Europa, Frankfurt am Main, 2003, S. 26. 231 Verordnung über Maßnahmen gegen Juden (Judenverordnung) vom 28.10.1940, VOBl., 20. Ausg. Nr. 1. 232 Nach der Definition der Nürnberger Gesetze vom 15. September 1939 (RGBl. 1939 Teil I, S. 1333) galt als Jude, wer von mindestens drei jüdischen Großeltern abstammte (Voll- oder Dreivierteljuden), oder wer von zwei jüdischen Großeltern abstammte (Halbjuden) und am 15. September 1935 der jüdischen Religionsgemeinschaft angehörte. Die Definition und ihre Hintergründe sind ausführlich bei Hilberg: Vernichtung der europäischen Juden, S.69 ff beschrieben. 233 Gruppe XII, Abschlußbericht, S. 110. 234 Verordnung zur Ergänzung der Judenverordnung vom 31.5.1941, VOBl., 44. Ausg. Nr.1.; Verordnung über wirtschaftliche Maßnahmen gegen Juden (Dritte Judenverordnung) vom 31.5.1941, VOBl., 44. Ausg. Nr. 2.; siehe auch Gruppe XII, Abschlußbericht, S. 111. 54 durch eine schriftliche Erklärung bei den Banken angeben. Für Gründstücke in jüdischem Besitz wurde eine Anmeldepflicht angeordnet sowie ein Depotzwang für Wertpapiere und die Überführung der Bargeldguthaben auf Sperrkonten bei den Devisenbanken. Juden und an- meldepflichtige Unternehmen durften keine Guthaben bei anderen Kreditinstituten besitzen. Sollte dies doch der Fall sein, mussten diese bis zum 15. Juli 1941 zu einer Devisenbank transferiert werden. Sowohl die Guthaben von Juden als auch die deponierten Wertpapiere wurden bei den Devisenbanken als jüdisch gekennzeichnet und Informationen auf Anfrage an die Anmeldestelle für Judenvermögen der Gruppe XII übermittelt.235 Des Weiteren war die Militärverwaltung befugt für jedes anmeldepflichtige Unternehmen und jede anmeldepflichtige Vermögensmasse einen kommissarischen Verwalter zu beauftragen, der von der Brüsseler Treuhandgesellschaft (BTG) überwacht wurde – einer belgischen Ge- sellschaft, die durch die Militärverwaltung gegründet und kontrolliert worden war.236 Die jü- dischen Besitzer verloren somit das Verfügungsrecht über ihr Eigentum.

Im Unterschied zur Behandlung feindlichen Besitzes, wurden die Maßnahmen gegen Juden ab dem Jahr 1942 auf deren gesamte Habe ausgeweitet – auch Hausrat und Möbel, mit dem Ziel sie Bombengeschädigten im Altreich zukommen zu lassen.237 Als Hitler im Januar 1942 die Konfiszierung der Möbel von deportierten Juden (die so genannte Möbelaktion) anordnete, begannen Juden, die sich in die Liste der Deportationen eintragen mussten, ihren Hausrat zu verkaufen. Um dies zu unterbinden, reagierte die Militärverwaltung mit dem Verbot für Ju- den, Rechtsgeschäfte ohne Genehmigung durchzuführen.238 Deutsch-jüdische Emigranten, die bereits vor Kriegsausbruch nach Belgien geflohen waren, mussten darüber hinaus den gesamten Einzug ihres Vermögens hinnehmen. Im April 1942 erließ die Militärverwaltung per Verordnung den Verfall des Vermögens von Juden zugunsten des Deutschen Reiches. 239 Sie verfügte die umfassende Konfiszierung des Besitzes der deut-

235 Gruppe XII, Abschlußbericht, S. 43. 236 Die BTG war zudem mit dem Erfassen von jüdischen und feindlichen Einflüssen in der belgischen Wirtschaft beauftragt. Im Bereich der Vermögensüberwachung von Feinden und Juden kooperierte sie eng mit dem Devi- senschutzkommando; siehe Les biens des victimes, S. 40 ff. Der genaue Umgang mit den unter Verwaltung gestellten Unternehmen, Zwangsverkäufe und Erhaltung der Unternehmen wir ausführlich beschrieben bei der Commission Buysse, Les biens des victimes, S.55 ff. 237 Siehe u.a. MBBNF, MVChef; Reeder, Tätigkeitsbericht Nr. 24, April - Juni 1943, S. D32, 1.8.1943, BA-MA RW 36/193: „Die Erfassung und der Abtransport des Mobiliars freigewordner und freiwerdender Judenwoh- nungen erfolgt nun mehr zu Gunsten der Bombengeschädigten im Reich. Bisher sind auf dem Wasserwege ab- transportiert ca. 31.500 cbm Möbel, was 1000 Waggons à 15 tons = 25 Zügen à 40 Waggons entspricht. Ausser- dem wurden den hiesigen Quartierämtern 397 Wohnungen, 371 Zimmer und nahezu 7000 Einzelgegenstände zur Verfügung gestellt.“ 238 Verordnung zur Ergänzung über wirtschaftliche Maßnahmen gegen Juden vom 21.9.1942. 239 VOBl., 73. Ausg., Nr. 3. (22.4.1942). 55 schen Juden, die aufgrund der Elften Verordnung zum Reichsbürgergesetz ihre deutsche Staatsangehörigkeit verloren hatten.240 Das Jahr 1942 stellte für die Juden in Belgien insgesamt ein Wendepunkt dar. Es markiert den Beginn der Deportationen in die Vernichtungslager im Osten. Im Zuge dieser Maßnahmen begann die Militärverwaltung ab März 1942 die unter Verwaltung stehenden Unternehmen zugunsten des Reiches zu liquidieren.241 Der geplanten Enteignung der liquiden Vermögens- werte auf den Sperrkonten kamen jedoch die Alliierten zuvor.242

Die Liquidierungsmaßnahmen zeigen, dass die Besatzungsmacht im Umgang mit dem Besitz von Juden noch einen Schritt weiter ging als mit dem Feindvermögen, bei dem sich die deut- schen Behörden in Berlin aus Vorsicht vor außenpolitischen Gegenmaßnahmen gegenüber deutschem Besitz zurückhielten. Im Allgemeinen galt der Grundsatz, dass die Feindvermö- gensverordnung Vorrang vor den Bestimmungen über die Behandlung jüdischen Eigentums hatte. Das Vermögen eines Juden, der die Staatsangehörigkeit eines Feindstaates im Sinne der Verordnung besaß, wurde entsprechend den Bestimmungen der Feindvermögensverordnung behandelt und der Besitz von der Liquidation ausgenommen.

Die generelle Zielrichtung der Vermögensenteignung, insbesondere der Anmeldepflicht, hatte eine doppelte Dimension: Sie diente neben den utilitaristischen Zielen, die Kriegswirtschaft am Laufen zu halten, auch der Identifikation von Juden in der belgischen Gesellschaft und wurde somit Teil des Vernichtungsprozesses.243

240 Die Elfte Verordnung zum Reichsbürgergesetz vom 25. November 1941 vereinfachte den Einzug jüdischen Vermögens im Reich. Dem deutschen Staat fiel nun das Vermögen von jüdischen Emigranten automatisch zu, ohne wie bisher individuell zu enteignen und dies im Reichsanzeiger bekannt zu geben, vgl. Meinl/Zwilling: Legalisierter Raub, S.46. 241 Les biens des victimes, S. 82; Jean-Marc Dreyfus: Die Enteignung der Juden in Westeuropa, in: Goschler/Ther: Raub und Restitution, S. 44.; Maxime Steinberg: L'étoile et le fusil. La question juive 1940-1942, Brüssel, 1983, S. 37 ff. 242 Dreyfus: Die Enteignung der Juden, S. 52.; ausführlich in: Les biens des victimes, S.38 ff und S. 43 ff. 243 Dean: Raub jüdischen Eigentums, S.28; Steinberg: L'étoile et le fusil, S. 37. 56 4 DIE PRAXIS DER KONTROLLMAßNAHMEN

Der Aufgabenbereich des Devisenschutzkommandos umfasste im weitesten Sinne die Kon- trolle der Einhaltung der Devisen- und Vermögensbestimmungen der Militärverwaltung. Als Exekutivorgan mit polizeilicher Funktion überwachte das DSK die anmeldepflichtigen Ver- mögenswerte, fahndete nach illegalen Werten, Devisenschmugglern und so genannten Devi- senkriminellen, also jenen Personen, die versuchten sich den vermögensrechtlichen Maßnah- men der Militärverwaltung zu entziehen. Nachdem im vorherigen Kapitel der theoretische Rahmen für die Agitation des Devisenschutzkommandos beschrieben wurde, werden im Fol- genden die Praxis der Devisenkontrolle und weitere Betätigungsfelder dargestellt.

4.1 Kontrolle und Fahndung

4.1.1 Erfassen und Sichern der Bankschließfächer Die Einrichtung der Behörde des Militärbefehlshabers in Belgien und Nordfrankreich berühr- te die im Mai 1940 begonnenen frühen Sicherungs- und Erfassungsmaßnahmen des Devisen- schutzkommandos zunächst kaum. Belgien war in devisenwirtschaftlichen Angelegenheiten nach wie vor terra incognita für die deutschen Besatzer. Daran hatten die drei Wochen Vor- sprung des DSK wenig geändert. Es existierten keine systematischen Informationen über den Wert, den Umfang oder die Besitzer von Devisen, Wertpapieren und Vermögen in Belgien, die das Krieg führende Reich zu erfassen trachtete. Während sich die Militärverwaltung in Brüssel einrichtete, führte das Devisenschutzkommando die Sicherung der im Land verblie- benen Werte fort, um sich einen Überblick über die finanzpolitische Situation zu verschaffen. Dies geschah in erster Linie über die Kontrolle der Banken. Die Erfassung der Devisenwerte, insbesondere von Privatpersonen, gestaltete sich jedoch außerordentlich schwer.244 Das Devi- senschutzkommando konzentrierte daher die frühen groß angelegten Maßnahmen auf die Öff- nung und Sichtung von Bankschließfächern, wo hauptsächlich Devisen und ausländische Wertpapiere verwahrt wurden. Grundsätzlich war die Dienststelle bei dieser Aufgabe auf die Kooperation der Banken ange- wiesen. Ob freiwillig oder nicht, gemäß der Devisenverordnung vom 17. Juni 1940 waren die Kreditinstitute verpflichtet dem Devisenschutzkommando Auskünfte zu erteilen. Das DSK ging daher Schritt für Schritt vor. Zunächst wurde veranlasst, dass die Schließfachräume in den Banken und deren Zweigstellen gesperrt wurden und nur mit Genehmigung der Diensts-

244 Tätigkeitsbericht Nr. 5 vom 7.7.1940, S. 24, MVChef Reeder für den MBBNF, BA-MA RW36/174. 57 testelle geöffnet werden, sowie über die Schließfächer und ihre Inhalte verfügt werden konn- ten.245 Diese Maßnahme erschien offenbar angesichts der rund 70.000 Schließfächer im Land, der geringen Größe des Kommandos und der Fluchtgefahr der Besitzer notwendig.246 Um systematisch vorzugehen forderte der Leiter des Devisenschutzkommandos, Zollrat Ra- hier, die Banken auf, Listen der Schließfächer mit Angaben über die Mieter beim DSK einzu- reichen.247 Die Banken übersandten daher die Aufstellungen mit den Daten der Safes an das Kommando, vereinbarten die Termine für die Schließfachöffnungen und kontaktierten ihre Kunden, die bei der Öffnung zugegen sein sollten. Im Sommer und Herbst 1940 galt das Hauptaugenmerk des Devisenschutzkommandos den Schließfachöffnungen, die täglich und mit einem straff organisierten Ablauf durchgeführt wurden. Von den rund 150 Kunden, die pro Bank stündlich bestellt worden waren, erschienen jedoch verhältnismäßig wenige zur Öffnung ihrer Safes.248 Besonders in Antwerpen blieben viele Kunden den Schließfachterminen - so der Jargon des DSK - fern. Die Banque de Com- merce in Antwerpen teilte am 10. September 1940 dem DSK Antwerpen mit, dass ca. 300 ihrer Kunden der Aufforderung zur Öffnung der Schließfächer zu erschienen, nicht nachge- kommen waren. Da in Antwerpen viele jüdische Diamantenhändler lebten, ist es anzunehmen, dass diese Personen bereits das Land verlassen hatten.249 Um die Aktion nicht unnötig zu ver- zögern, wurde daher veranlasst, dass im Falle der Abwesenheit eines Kunden oder bei der Weigerung des Besitzers, sein Safe zu öffnen, dieses gewaltsam in Anwesenheit eines Ge- richtsvollziehers aufgebrochen wurde. Für jede gewaltsame Öffnung wurde ein Protokoll in zweifacher Ausfertigung erstellt, das den Inhalt des Safes, dessen Verbleib und die anwesen- den Personen dokumentierte.

245 Vermerk ZI Lutz, Leiter der Gruppe „Schließfachöffnungen“, 6.6.1940, CEGES AA 585-23. 246 Die MV veranlasste parallel zu den inländischen Sicherungsmaßnahmen des DSK die Sperrung der ausländi- schen Guthaben der Banken. Durch die Gruppe VIII (Bankenaufsicht/ Geld- und Kreditwesen/ Versicherung) der Wirtschaftsabteilung forderte sie die Belgischen Bankenvereinigung Association Belge des Banques (ABB) auf, bei allen angeschlossenen Banken, die Depots und Guthaben im Ausland besitzen, zu veranlassen, dass, diese Depots sofort gesperrt werden. Es sollte verhindert werden, dass die ausländischen Korrespondenten der Banken oder Bevollmächtigten über diese Guthaben verfügen konnten. (Schreiben des MBBNF; Wi., Gr. VIII, gez. O- berst Nagel an den Präsidenten der ABB, Willy Munck, 7.6.1940, CEGES AA 585-24). Die Reaktion blieb nicht aus: Die belgischen Instanzen sahen sich nicht willig oder fähig diese Anordnung auszuführen. Der Generalsek- retär der Finanzen (Plisnier) persönlich schaltete sich in diese Angelegenheit ein und stellte klar, dass er nach den Erlassen seiner abgewanderten Regierung nicht befugt sei, „irgendwelche Anweisungen, die über das von Deutschland besetzte Gebiet hinausgehen, zu erteilen“. Vermerk, MBBNF, Wi., Gr. VIII, 12.6.1940, CEGES AA 585-24. 247 DSK Belgien, ZR Rahier, „Besondere Anordnung zu beschleunigten Durchführung der Schließfachöffnung und Bearbeitung der ausländischen Wertpapiere in offenen Depots“ an sämtliche Banken, 1.8.1940, CEGES AA 58-80/2. 248 Ebenda., CEGES AA 58-80/2. 249 Schreiben der Banque de Commerce Antwerpen an das DSK Antwerpen, 10.9.1940, CEGES AA 595-28. 58 Abbildung 4: Protokoll einer gewaltsamen Schließfachöffnung250

250 CEGES AA585-25. 59 Fanden sich bei der Öffnung der Safes Werte, die unter die Anbietungspflicht der Devisen- verordnung fielen, so wurden diese auf ein Sperrkonto, das auf den Namen des Besitzers ein- gerichtet wurde, transferiert. Devisen wurden auf diese Weise vor einem Zugriff des Besitzers geschützt bis sie durch das Deutsche Reich angekauft wurden, zu einen Umrechnungskurs der „gegebenenfalls noch bekannt gegeben“ wurde.251 Der Ankaufswert der gesperrten Devisen lag unter dem aktuellen Kurs des internationalen Zahlungsverkehrs. Die Differenz zwischen dem Ankaufspreis und dem tatsächlichem Wert spielte Finanzmittel in die Hände der Deutschen, die angesichts der chronischen Devisenmise- re des Reiches und der Importabhängigkeit der Rüstungsindustrie dringend benötigt wur- den.252 Im Gegenzug zu den Devisen wurden die aufgefundenen Wertpapiere, die unter die Anbie- tungspflicht fielen, zunächst nicht veräußert, sondern bei den Devisenbanken in offenen De- pots zusammengezogen und verwahrt.253 Wie sich bei der Öffnung der Safes herausstellte, waren die Kontrollen des Devisenschutz- kommandos eine notwendige Maßnahme, um die Devisenbewirtschaftung ordnungsgemäß durchzuführen. Nicht alle Banken hatten ihre Zweigstellen über die Anordnungen des DSK informiert, etwa über die Sperrung der Schließfachräume bis zum Öffnungstermin oder das Verfügungsverbot. Auch die zahlreichen Kunden, die nicht zu den Schließfachöffnungen er- schienen bzw. keinen Bevollmächtigten geschickt hatten, zeigen, dass die Einhaltung dieser landesweiten Verletzung des Bankgeheimnisses – sei es aus Absicht oder Unkenntnis – eines Kontrollorganes bedurfte.

Die Schießfachaktionen dienten nicht nur der Sicherung und Erfassung der Devisen und Wertpapiere im Rahmen der Devisenbewirtschaftung. Die Kontrollen erstreckten sich auch auf die Erfassung des Feindvermögens und ab Ende Oktober 1940 auch des Besitzes von Ju- den. Das Devisenschutzkommando arbeitete in diesem Sinne eng mit den Gruppen V (Aus- wärtiger Waren, Zahlungs- und Devisenverkehr) und XII (Anmeldestelle für Feind- und Ju- denvermögen) der Militärverwaltung zusammen. Oft lag die Initiative bei der Militärverwal-

251 Protokoll der Öffnung des Schließfaches von Paul G. bei der Bank Comptoir du Centre am 22.8.1940 durch das DSK Belgien, CEGES AA 585-23. 252 Die Devisenankäufe in Belgien erfolgten durch die Emissionsbank/Banque d’Emission, einer belgischen Bank, die von der deutschen Militärverwaltung im Juni 1940 gegründet und kontrolliert wurde. Die Emissions- bank sollte die Aufgaben der Belgischen Nationalbank als Notenbank ersetzen, die nicht das nötige Vertrauen der Militärverwaltung besaß. Die MV konnte führende Persönlichkeiten der belgischen Wirtschaft zur „loyalen Mitarbeit“ in der Emissionsbank bewegen: Als Präsident Herr Goffin (ehemals Direktor der Banque Nationale de Belgique) und als Vorsitzender des Verwaltungsrates Herr Galopin (Vorsitzender der Société Générale de Belgique): MBBNF, MVChef, Reeder, Tätigkeitsbericht Nr. 5, S. 20, 7.7.1940, BA-MA RW 36/174. 253 Schreiben des MBBNF, Wi., Gr. XII, gez. Oberkriegsverwaltungsrat (OKVR) Hartenstein an das DSK Brüs- sel, 11.10.1940, CEGES AA 585-28. 60 tung, die Anweisungen oder Aufträge an das DSK übermittelte. So übersandte die Gruppe XII z.B. Listen mit Safes von Firmen, Hotels, Anwälten etc., die geöffnet und auf anmeldepflich- tige Werte geprüft werden sollten. Stieß das Devisenschutzkommando im Zuge der Kontrol- len auf meldepflichtiges Kapital im Sinne der Feind- oder Judenverordnung, so wurden diese konfisziert und bei der Anmeldestelle angezeigt.254

Die Schließfachöffnungen in den Räumen der Banken markierten - obwohl es sich nicht um die einzige Tätigkeit handelte - die erste Phase der Aktivitäten des Devisenschutzkommandos Belgien. Im Sommer und Herbst 1940 bis ins Frühjahr 1941 widmete sich die Dienststelle in besonderem Maße dem gezielten Erfassen der im Lande vorhandenen Devisenwerte. Bis zum Februar 1941 waren auf diese Weise und lediglich auf Grundlage der Devisenverordnung ausländische Banknoten im Wert von insgesamt 21,5 Millionen RM zur Deutschen Reichs- bank transferiert worden.255 Im April 1941 beendete Zollrat Rahier die offiziellen und systematisch angelegten Schließ- fachaktionen.256 Er ordnete gleichzeitig an, dass die Schließfächer von Personen in deutscher Kriegsgefangenschaft blockiert blieben und vorläufig nicht gewaltsam geöffnet werden soll- ten. Dies stellte keine Schonung der Kriegsgefangenen dar, denn die Banken waren bereits damit beschäftigt, die deutschen Lageradressen ihrer Kunden in Erfahrung zu bringen, damit das Devisenschutzkommando die Schließfachschlüssel bei den Lagerkommandanten der Ge- fangenen anfordern konnte.257 Das DSK nahm auch tatsächlich Kontakt mit den Gefangenen in deutschen Lagern auf, ließ diese vernehmen und forderte die Schlüssel an. Verweigerte der Besitzer seine Zustimmung, so wurde das DSK schriftlich benachrichtigt und öffnete die Schließfächer gewaltsam.258

Ebenfalls im April 1941 trat ein Vorfall ein, der das Selbstverständnis des Devisenschutz- kommandos und sein Funktionieren als bloßes Exekutivorgan relativiert: Rahier reagierte eigenmächtig und ohne Absprache mit den zuständigen Stellen beim Militärbefehlshaber auf

254 Schreiben des MBBNF, Wi., Gr. XII, gez. Oberkriegsverwaltungsrat (OKVR) Hartenstein an das DSK Brüs- sel, 11.10.1940, CEGES AA 585-28; Verhoeyen: Le Belgique occupée, S. 165. 255 MBBNF, MVChef, Reeder, Tätigkeitsbericht Nr. 14 der Militärverwaltung für den Monat Februar 1941, S. 99, geheim, 2.3.1941, BA-MA RW 36/184. In diesem Monat wurden nach Reeders Angaben allein Devisen im Wert von 12 Mio. Bfr. und Gold im Wert von 11 Mio. Bfr. aufgrund der Devisenbestimmungen abgeliefert. 256 Der Leiter des Devisenschutzkommandos Belgien, ZR Rahier, 17.4.1941, CEGES AA 585-76. 257 Ebenda, CEGES AA 585-76. 258 Protokoll (Abschrift), Sonderführer Burde, Sonderführer Ziems, Prenzlau, 22.8.1941, CEGES AA 585-28: Der belgische Kriegsgefangene Hauptmann Léon G. verweigerte seine Kooperation bei der Öffnung seines Schließfaches. Er gab an, dass sich keine Devisen in dem Safe befänden, und dass ihm bekannt sei, dass die Öffnung ohne seine Zustimmung gewaltsam erfolgen würde. Bezeugt und mit Unterschrift wurde die Aussage des Hauptmanns dem DSK übersandt. 61 eine Gesetzeslücke in den Verordnungen der Militärverwaltung, die im Zuge der Schließfach- öffnungen offenkundig wurde. In einem Brief an die Association Belge des Banque ordnete er „auf Grund allgemeiner Ermächtigung und im Einvernehmen mit dem Kommissar für das Feindvermögen“ an: „Goldmünzen sowie Feingold und legiertes Gold (roh oder als Halbmaterial) und auslän- dische Zahlungsmittel (gemäß der zweiten und vierten Durchführungsverordnung zur De- visenverordnung anmelde- und ablieferungspflichtig), die durch die Öffnung der Schließ- fächer vorgefunden wurden, sowie die bei den Banken auf den offenen Depots befindli- chen Gold- und Devisenbestände, sind durch die Bank für Rechnung der Eigentümer s o f o r t ausnahmslos – gleichgültig ob In- oder Ausländer, ausgenommen die neut- ralen Ausländer – der Emissionsbank bezw. ihrer Zweigniederlassung anzubieten, zu verkaufen und der Gegenwert auf Sperrkonten bei den betreffenden Banken für die Eigentümer zu hinterlegen.“259 [eigene Akzentuierung, KIK]

Hier überschritt Rahier eindeutig seine Kompetenzen. Die Anordnung war gesetzlich nicht abgedeckt, denn die Anbietungspflicht der Gold- und Devisenbestände bezog sich bis dato lediglich auf Inländer. Die Devisenbestände von Feinden oder geflüchteten Belgiern blieben demnach unangetastet, eine Bevorzugung, die dem Leiter des DSK nicht angebracht erschien. Die Verantwortlichen in der Militärverwaltung, die durch die Association Belge des Banques umgehend informiert worden war, waren prinzipiell der gleichen Ansicht wie das Devisen- schutzkommando. In einer Chef-Besprechung, an der sämtliche Leiter der beteiligten Gruppen der Wirtschaftsabteilung – Gruppe V, VIII und XII – sowie für das DSK Rahier und sein – vermutlich extra angereister - Vorgesetzter Staffeldt teilnahmen, wurde festgestellt, „dass der sinngemäss richtigen Anordnung des Devisenschutzkommandos nach aussen hin die rechtli- che Grundlage fehlte.“260 Rahier war sich dessen offensichtlich bewusst und hatte daher aus- drücklich die allgemeine Ermächtigung betont, die ihm im Rahmen des Vierjahresplanes er- teilt worden war. Diese offenbar nicht weiter definierte Vollmacht Görings machte das DSK von den Anweisungen der Militärverwaltung – sprich jener Stelle, die in Belgien sämtliche hoheitsrechtlichen Befugnisse innehatte – weitgehend unabhängig. Des Weiteren hatte die Anordnung Rahiers politische Implikationen, die offenbar außerhalb des Gesichtsfeldes des DSK lagen, oder zumindest außerhalb seiner primären Interessen: Da das Vermögen von Ausländern und Feinden von der Verfügung betroffen waren, befürchteten die Verantwortlichen der Militärverwaltung eine Intervention der ausländischen Konsulate beim Auswärtigen Amt in Berlin, falls das Vorgehen des Devisenschutzkommandos im Wege

259 Schreiben DSK Belgien, ZR Rahier an die Association Belge des Banques (Abschrift), 17.4.1941, BA-MA RW 36/326 und CEGES AA 585-76. 260 MBBNF, Wi, Gr. XII, Notiz über die Besprechung bei der Gruppe V, 5.5.1941, BA-MA RW 36/326. 62 einer neuen Feindvermögens-DVO geregelt werden würde.261 Um dies zu vermeiden und trotzdem die bestehende Besserstellung der abwesenden Feinde gegenüber den „Devisenin- ländern“ abzuschaffen, entschieden sich die Gruppenleiter, dass die Brüsseler Treuhandge- sellschaft aufgrund der Feindvermögensverordnung als Sammelverwalter für die bereits bei den Banken deponierten und aus Safeöffnungen stammenden Gold- und Devisenbestände eingesetzt wurde.262 Die Brüsseler Treuhand wurde ermächtigt für den abwesenden Besitzer der Anbietungspflicht gemäß der Devisenverordnung nachzukommen. Der Erlös wurde auf einem Sperrkonto auf den Namen des Besitzers hinterlegt.

Das eigenmächtige Vorgehen des Devisenschutzkommandos hatte die Militärverwaltung in eine missliche Lage gebracht. Aus den offiziellen Dokumenten geht keinerlei Wertung über das Verhalten des DSK vor, doch vermutlich fiel die Reaktion hinter den Kulissen der Mili- tärverwaltung weniger erfreut aus.

4.1.2 Die Verfolgung von Devisenvergehen Nach der Einstellung der systematisch organisierten Schließfachkontrollen widmete sich das Devisenschutzkommando hauptsächlich der Verfolgung von Verstößen gegen die Devisenbe- stimmungen. Die Aufgaben und Methoden der Dienststelle waren dabei recht vielgestaltig – wie auch die Delikte. Grundsätzlich galt die Zuständigkeit des DSK in sämtlichen finanzpoli- zeilichen Angelegenheiten. Darunter fiel auch die Festnahme und Überführung von Personen, die im Reich wegen Steuerschulden oder anderer Devisenvergehen gesucht wurden und sich in Belgien aufhielten.263 Da es sich vorwiegend um schwer aufzudeckende Fälle handelte, war das DSK auf die Kooperation mit anderen, meist deutschen Dienststellen und Behörden an- gewiesen, die im Zuge ihrer Arbeit Devisenfunde oder Verdachtsfälle zur weiteren Verfol- gung an das DSK weiterleiteten. Vertrauensmänner und Denunzianten spielten in den Ermittlungen des Kommandos ebenfalls eine wichtige Rolle. Das DSK griff dabei auf das Agentennetz der Sicherheitspolizei und des Sicherheitsdienstes der SS (Sipo-SD) zurück.264 Diese V-Männer standen – wenn notwendig – unter dem Schutz sämtlicher deutscher Dienststellen und wurden nach erfolgreicher Ermitt- lung mit (maximal) 10 % des konfiszierten Wertes entlohnt. Die Belohnung wurde durch die

261 MBBNF, Wi, Gr. XII, Notiz über die Besprechung bei der Gruppe V, 5.5.1941, BA-MA RW 36/326. 262 Ebenda; auch MBBNF, Wi, Gr. V, OKVR Dr. Flad, Vermerk, 7.5.1941, BA-MA RW 36/326. 263 DSK Antwerpen, Oberzollrat (OZR) Andres an den Generalstaatsanwalt bei dem Landgericht Berlin, 15.7.1940, CEGES AA 585-88B. 264 Beauftragter des Chefs der Sipo-SD, Dienststelle Antwerpen, SS-Hauptturmführer und Kriminalrat [Name unleserlich], 5.7.1941, SVG 497.230.035-704. 63 beschlagnahmten Werte von Juden im Arbeitseinsatz finanziert. Es handelte sich um den Verwertungserlös von beschlagnahmten Schmuckgegenständen.265

Was nun die Fahndungen des Devisenschutzkommandos angeht, verfügten die Beamten be- reits im Sommer 1940 über Informanten, deren Hinweise am 11. Juli 1940 in Antwerpen zu einer Großrazzia des Kommandos führten. Durch Agentenmeldungen und eigene Beobach- tungen hatte das DSK von einem breit angelegten Devisenhandel in den Straßen der Stadt erfahren. Die angekauften Devisen wurden durch Schieberkuriere mit gefälschten Passier- scheinen nach Nordfrankreich gebracht, von wo sie weiter nach Spanien verschoben wurden. Der Straßenhandel nahm bereits am Vormittag „derartige Formen an, dass dadurch der gan- ze Verkehr behindert wurde.“266 Das DSK riegelte die betreffenden Straßen ab, leitete die Passanten in den nahe gelegenen Diamantklub und stellte dort die ausländischen Zahlungs- mittel, Gold und Diamanten der Passanten sicher. Die Devisen wurden noch am gleichen Tag der Reichskreditkasse zum Kauf angeboten. Das Devisenschutzkommando leitete seine Fahndungen in den meisten Fällen durch den An- stoß einer anderen Dienststelle ein. Diese erfolgten größtenteils durch die Militärverwaltung, die Sipo-SD, die DSK-Büros in Frankreich und Holland, sowie verschiedene Dienststellen im Reich, beispielsweise wenn Ermittlungen die Zollfahndungsstellen des Altreiches nach Bel- gien führten.267 Auch die Auslandsbriefprüfstellen arbeiten zumindest bis Ende 1941 sehr eng mit dem DSK bei der Überprüfung von Briefmarkensendungen zusammen.268 Da die Brief- marken einerseits als Zahlungsmittel der Devisenverordnung unterlagen und andererseits zur Übermittlung von geheimen Nachrichten missbraucht werden konnten, wurden die Briefsen- dungen aus Gründen der Abwehr kontrolliert und die Briefmarkenfunde für weitere Ermitt- lungen an das DSK weitergeleitet.269 Es handelte sich bei diesen Maßnahmen jedoch haupt- sächlich um Ermittlungen, die nur eine geringe Bedeutung für die Devisenbewirtschaftung besaßen. Nennenswerte Summen konnte das DSK nicht ausmachen, noch an der abwehrmä-

265 DSK Belgien, Brüssel an William Frensel, Antwerpen, 13.1.1943, SVG 497.230.035-104. 266 Bericht DSK Antwerpen, ZI Reichwald (Fahndung), 12.7.1940, CEGES 595-88B. 267 Zum Beispiel kooperierten das DSK Belgien und die Zollfahndungsstelle Nürnberg im November 1943 in den Ermittlungen gegen eine Krankenschwester des Deutschen Roten Kreuzes, die in Antwerpen gemeinsam mit verschiedenen Angehörigen der Wehrmacht illegale Devisengeschäfte getätigt haben soll. Nach ihrer Rückkehr nach Deutschland fiel der Fall in die Zuständigkeit der Zollfahndung; Schreiben der Zollfahndungsstelle Nürn- berg an das DSK Brüssel, 30.11.1943, CEGES AA 585-76. 268 Die Auslandsbriefprüfstellen waren der militärischen Abwehr unterstellt. Sie wurden 1944 gemeinsam mit der Abwehr des OKW in die Sicherheitspolizei überführt; siehe Der Prozess gegen die Hauptkriegsverbrecher vor dem Internationalen Militärgerichtshof [im Folgenden: IMT (internationales Militärtribunal)], Nürnberg, 14. November 1945 – 1. Oktober 1946, veröffentlicht in Nürnberg, 1948. 269 MBBNF, Wi, Gr. V an das OKH/ Gen St d H/ Gen Qu Abt. K Verw., 2.12.1941, CEGES AA 585-76. 64 ßigen Prüfung der Briefe sich beteiligen, so dass die Kontrolle des Briefmarkenverkehrs ab Dezember 1941 nur noch in Fällen von über 50 RM an das DSK abgegeben wurde.270

Das Devisenschutzkommando litt unter dem kriegsbedingten Arbeitskräftemangel und gab deshalb die Ermittlungen in Bagatelldelikten an andere Dienststellen ab oder stellte diese völ- lig ein. Die Überprüfung des Umzugsgutes von Auswanderern auf anmeldepflichtige Wertge- genstände, Schmuck oder Diamanten wurde dem belgischen Zoll und dem Office de Compen- sation übertragen, die das DSK in Verdachtsfällen konsultierten.271 Dennoch ermittelte das Kommando häufig in kleineren und größeren Fällen verschiedenster Art, die ihm von außen zugetragen wurden: Es handelte sich dabei häufig um vertrauliche Hinweise über Verstöße von Einzelpersonen, gefälschte Reichskreditkassenscheine, die als Hilfswährung eingesetzt worden waren, aber auch um organisierten Devisenhandel, um nur einige Fälle zu nennen.272 Letztere stellten oft Delikte von größerer Bedeutung dar, da es sich um systematisch organisierte Devisenvergehen handelte. Das DSK Antwerpen erfuhr bei- spielsweise über eine vertrauliche Mitteilung, dass in Antwerpen große Mengen französische Francs zum Preis von 45 belgischen Centimes pro Francs aufgekauft wurden. Die französi- schen Francs wurden daraufhin über die Grenze nach Lille geschmuggelt, um dort für 50 bel- gische Centimes pro Francs verkauft zu werden. Die belgischen Francs wurden nach Antwer- pen zurückgebracht und das Geschäft begann von neuem.273 Das Devisenschutzkommando konnte diese Schmuggeleien und systematischen Verstöße ge- gen das geltende Recht, die in Belgien keine Einzelfälle darstellten, nicht ungeahndet lassen. Im Frühsommer 1943 deckten die Fahnder der Dienststelle umfangreiche Devisenschiebun- gen auf. Sie hatten herausgefunden, dass Wertpapiere und Gold im Werte von rund 5 Millio- nen RM aus den Niederlanden über Belgien in die Schweiz verschoben worden waren. In ei- nem anderen Fall gelang es dem DSK Devisenwerte im Gesamtwert von rund 1 Million RM sicherzustellen.274

Auch im Bereich der Feindvermögenskontrolle führten die Aktivitäten des DSK zu nennens- werten Ergebnissen für das Kommando. Diverse belgische Unternehmen, die aufgrund maß-

270 MBBNF, Wi, Gr. V an das OKH/ Gen St d H/ Gen Qu Abt. K Verw., 2.12.1941, CEGES AA 585-76. 271 Office de Compensation, Direction des Devises, Note pour Monsieur Gérard, 6.5.1941, BA-MA- RW 36/326; auch das Scheiben des MBBNF; Wi Gr. V, OKVR Flad an das Office de Compensation, Generaldirektor Gérard, 19.5.1941, BA-MA RW 36/326. 272 Verschiedene Fälle, die in den Beständen des CEGES AA 585-26, -76,- 73/1, -88W, -89/1 überliefert sind. 273 Meldung des DSK Antwerpen, OZR Andres, 11.7.1940 [handschriftlich korrigiert auf 1943], CEGES AA 585-88B 274 MBBNF; MVChef, Reeder, Tätigkeitsbericht Nr. 24, April – Juni 1943, S. D 25, 1.8.1943, BA-MA RW 36- 193. 65 geblichen Feindeinflusses unter Verwaltung gestellt worden waren, bewahrten ihr Aktienkapi- tal nicht in Belgien auf. Befanden sich diese Wertpapiere in Gebieten, die gleichfalls unter deutscher Besatzung standen, insbesondere im besetzten Frankreich, konnten diese durch Vermittlung des Devisenschutzkommandos erfasst und zurückgeführt werden.275 Obwohl diese Rückführungen bis zum Stand des Abschlußberichts der Gruppe XII der Militärverwal- tung lediglich „in einzelnen Fällen“ erfolgt seien,276 machten die Werte einen großen Posten in der Erfolgsbilanz des Devisenschutzkommandos aus: Im Zeitraum vom Einmarsch bis zum 1. September 1943 führte das DSK Belgien ausländische Wertpapier im Wert von mehr als 2 Milliarden RM zurück nach Belgien.277

Einen Sonderstatus im Rahmen der Devisenbewirtschaftung genoss die königliche Familie Belgiens. Dies belegt ein Brief, der von der Devisennachschau des Hauptzollamtes Frankfurt abgefangen und an das DSK Belgien übermittelt worden war.278 Das Schreiben, das an die Fondation Médicale Reine Elisabeth in Brüssel gerichtet war, enthielt einen Scheck über mehr als 5.000 Schweizer Franken und war im eigentlichen Sinne der Devisenverordnung bei der Emissionsbank anzubieten, ebenso die Auslandsguthaben der Familie. Ermittlungen des DSK ergaben, dass die Vermögen nicht angemeldet waren. Das DSK informierte daher die für diese Fragen zuständige Gruppe V der Wirtschaftsabteilung der Militärverwaltung und bat um eine Entscheidung. Fast ein Jahr später, im September 1941, entschied der Militärbefehls- haber, dass „zur Zeit“ keine Anzeige-, Anbietungs- und Depotpflicht gegenüber dem Privat- vermögen des belgischen Königshauses besteht.279 Der Verstoß gegen die Devisenverordnung blieb daher für das Königshaus – wohl aus politischen Gründen – ungeahndet.

Generell standen jedoch auf die Missachtung der Verordnung hohe Strafen. Die Strafbestim- mungen der Devisenverordnung vom 17. Juni 1940 sahen bei vorsätzlicher Nichtbeachtung Gefängnisstrafen bis zu 10 Jahren vor, sowie eine Geldstrafe bis zum zehnfachen Betrag der Werte des Delikts.280 Der Versuch allein war dabei schon strafbar. Zusätzlich wurde das cor- pus delicti eingezogen. Für fahrlässige Verstöße war eine Geldstrafe vorgesehen. Die gleichen

275 Gruppe XII, Abschlußbericht, Anlage VI, S. 7. 276 Gruppe XII, Abschlußbericht, Anlage VI, S. 7. 277 Erfolgsübersicht der Devisenschutzkommandos Niederlande, Belgien und Frankreich in der Zeit vom Ein- marsch (Mai 1940 bis 1. Sept. 1943) (Abschrift), 9.9.1943, BA-MA RW 36-217. Der Verfasser der Quelle wird leider nicht genannt. Ort (Paris), Datum und die detailgetreue Information lassen jedoch darauf schließen, dass es sich um ein internes Dokument handelt und daher der Verfasser im engen Umkreis von Herbert Staffeldt zu suchen ist, der seine Zelte beim Militärbefehlshaber in Frankreich in Paris aufgeschlagen hatte. Siehe Anhang S. 109. 278 DSK Belgien, OZR Andres an den MBBNF, Wi Gr. V, 26.11.1940, BA-MA RW 36/326. 279 MBBNF, Wi, Gr. V, OKVR Flad an das DSK Belgien in Brüssel, 3.9.1941, BA-MA- RW 36/326. 280 Devisenverordnung vom 17.6.1940, §17, VOBl., 2. Ausgabe Nr. 21. 66 Strafen trafen jene Personen, die die Anordnungen der Dienststellen des Militärbefehlshabers, der Reichskreditkassen oder des Devisenschutzkommandos nicht rechtzeitig oder ordnungs- gemäß ausführten. Für die Aburteilung und das Strafmaß waren die Wehrmachtsgerichte der Oberfeldkommandanturen eingesetzt, die eng mit dem DSK kooperierten. Verdachtsfälle ga- ben die OFKs an das Kommando ab, das die Ermittlungen führte. Das DSK kümmerte sich um die gesamte Vorarbeit des Devisenstrafverfahrens, stellte gegebenenfalls Strafanzeige, bereitete den Fall für die Verhandlung vor und übermittelte schließlich den Bericht nach ab- geschlossener Ermittlung samt Rechtsgrundlagen und Vorschlag für das Strafmaß an das Ge- richt der zuständigen OFK.281

Der Fall des Landvermessers René W. aus Brüssel dokumentiert den Ablauf des Verfahrens: Monsieur W. wurde verhaftet als die Feldgendarmerie aus politischen Gründen seine Woh- nung durchsuchte und bei dieser Gelegenheit 20 englische Pfund in Gold fand. Das Devisen- schutzkommando, dem der Fall überstellt wurde, ermittelte gegen René W.282 Dieser gab an, er habe die Pfund in Gold nicht bei der Emissionsbank gemeldet, da er nicht über die Einzel- heiten der Devisenbestimmungen informiert gewesen sei. Er habe ohnehin nicht an einen Verkauf gedacht, da er die Goldstücke als Wertanlage behalten wollte. Monsieur W., der sich einsichtig zeigte, gegen die Devisenbestimmungen verstoßen zu haben, unterzeichnete ein Schuldbekenntnis beim DSK und war bereit „als persönliche Sicherheit“ der Dienststelle 20.000 bfrs. zu übergeben, die auf seine Strafe angerechnet wurden.283 Die Goldstücke wur- den beschlagnahmt. Als nächstes stellte das Devisenschutzkommando Brüssel einen Strafan- trag und übersandte die Akten des Falls an die OFK 672 (Brüssel). Das Gericht der Komman- dantur verurteilte den Landvermesser erstens, zu einer Geldstrafe in Höhe von 1.200 RM an- statt einer Gefängnisstrafe von einem Monat und zweitens, zu einer weiteren Geldstrafe in Höhe von 400 RM, ersatzweise für je 20 RM einen Tag Gefängnis. Außerdem wurden die konfiszierten 20 englischen Pfund in Gold zugunsten der Militärverwaltung eingezogen.

Die Härte der Strafe angesichts des aus heutiger Sicht eher minderschweren Falles unter- streicht die weit reichende Bedeutung der Einhaltung der Devisenbestimmungen für die deut- schen Interessen. Mit zunehmender Radikalität des Krieges kam der straffen Durchführung der Devisenbeschaffung eine besondere Bedeutung zu. Die Militärverwaltung betonte ein- dringlich, dass die Verstöße gegen die Devisenbestimmungen im Interesse des Reiches

281 DSK Belgien, ZI Mittelstädt an das Gericht der OFK 672 Brüssel, 10.12.1943, CEGES AA 585-88A. 282 Vermerk DSK Belgien, OZS Jaeschke, 12.5.1944, CEGES AA 585-88W. 283 DSK Belgien, OZS Jaeschke, „Verhandelt“, 12.5.1944, CEGES AA 585-88W. 67 schnell und wirksam geahndet werden müssen, um die vorhandenen Devisen für kriegswirt- schaftlich dringende Zwecke einsetzen zu können.284 Im Herbst 1943 veranlassten die prekäre Wirtschaftssituation und die Kriegsentwicklung Hermann Göring durch einen Erlass strenge Sparmaßnahmen zu verfügen. Er betonte: „Im totalen Krieg ist auch die Finanzwirtschaft des Reiches zu einem Teilgebiet der Kriegsführung geworden, auf dem ein Versagen den Zusammenbruch der Wirtschaft nach sich ziehen müsste und damit entscheidend für den Ausgang des Krieges werden könnte.“285

4.2 Die Diamantenindustrie als Streitfall zwischen dem DSK und der Militär- verwaltung

Für die deutschen Besatzer war von Anfang an die Stadt Antwerpen als traditioneller Standort des Diamantenhandels von besonderer Bedeutung. Diamanten wurden im Reich als strate- gisch wichtige Rohstoffe dringend für die Finanzierung kriegswichtiger Importe benötigt. Vor Ausbruch des Zweiten Weltkrieges war Antwerpen der weltweit wichtigste Umschlagplatz für Diamanten und Edelsteine gewesen, der seit dem 15. Jh. eng mit der Immigration von jüdi- schen Geschäftsleuten und Handwerkern verbunden war.286 90 % der Betriebe befanden sich daher zu Beginn der Besatzung im Mai 1940 in jüdischem Besitz. Diese Kombination aus jüdischen Händlern und Diamanten, deren Wert gerade im Krieg im Deutschen Reich als harte Währung hoch geschätzt wurde, war für das Besatzungsregime von zweifachem Interesse: Ökonomische Ziele trafen hier auf ideologische, d.h. antisemitische Motive. Eric Laureys hat dies in seinen Arbeiten über den Diamantensektor detailliert heraus- gearbeitet.287 Er betont die Paradoxie dieser Situation für die Militärverwaltung, die die Be- deutung der jüdischen Händler für das Krieg führende Reich erkannt hatte: Ein funktionierender Handel, kontrolliert durch die Militärverwaltung hatte in den Augen der verantwortlichen Akteure der Wirtschaftsabteilung einen größeren Nutzen für die deutsche Rüstungsindustrie als ein stillgelegter Markt, in dem der Handel in den Schwarzmarkt oder ins Ausland abdriften und sich auf diese Weise dem Zugriff der Besatzungsbehörden entzie-

284 MBBNF, MVChef, Anordnung über die Durchführung von Devisenstrafverfahren, undatiertes Schriftstück, CEGES AA 585-76. 285 Erlass des Reichsministers der Luftfahrt vom 30.10.1943, zitiert nach MBBNF, Oberquartiermeister Oberst v. Hauenschild, Besondere Anordnung für die Versorgung Nr. 84/43, geheim, 27.12.1943, BA-MA RW 36/102. 286 Laureys: Plundering of Antwerps Jewish Diamond Dealers, S.58. 287 Ebenda: Plundering; S. 61 ff; ebenda: Diamantenschaakspel; S. 249 ff; ebenda: De beroving van de joodse diamantairs in Antwerpen; siehe auch: Les biens des victimes, S. 94 ff. In Rahmen und der Fragestellung dieser Magisterarbeit kann ich der Komplexität der Geschichte des Antwerpener Diamantensektors nicht gerecht wer- den und reduziere das Thema daher auf die für die Organisationsgeschichte des DSK bedeutenden Aspekte. Bei allen weiterführenden Fragen sei auf Eric Laureys verwiesen. 68 hen würde. In Brüssel richtete die Militärverwaltung zur Kontrolle der Diamantenindustrie das Referat Diamant bei der Gruppe I (Gewerbliche Wirtschaft) unter der Leitung von KVR Holstein ein. Als lokale Vertretung wurde in Antwerpen KVR Lemberg, dem Kommissar für die Diamantwirtschaft in Belgien, bei der FK 520 eingesetzt und mit weit reichenden Voll- machten ausgestattet.288 Aufgrund des Personalmangels in der MV richteten die Besatzer zur Kontrolle des Diamantensektors beim belgischen Wirtschaftsministerium zunächst die Dia- mantkontrollstelle ein, die jedoch im November 1940 aufgelöst und am 30. Januar 1941 durch das Office Central du Diamant (Zentralbüro) ersetzt wurde.289

Um den Erwerb von Importen für die Nachschübe der Fronttruppen garantieren zu können, entschied sich die Militärverwaltung das Vertrauen der jüdischen Händler zu gewinnen und zunächst auf Zwangsmaßnahmen zu verzichten. Mit einer „Charmeoffensive“ 290 (zwischen Mai 1940 und der Einführung der Judenverordnung im Oktober) lockte die Militärverwaltung geflohene Händler unter Garantieversprechen wieder zurück nach Antwerpen:

„In order to adjust the Antwerp diamond industry to meet German needs, a degree of caution was required. The collaboration and the trust of diamond circles were of para- mount importance, not only to control the industry but also to prevent diamonds from disappearing into the black market or even being exported illegally. In particular, the German authorities hoped to recover the considerable stocks that many Antwerp dia- mond dealers had taken with them in their flight to southern France. As long as a rea- sonable chance existed that these dealers could be persuaded to return to Antwerp, the Germans refrained from looting the industry. KVR Lemberg consequently opted for a ‘friendly’ approach.”291

So wurden frühe Plünderungen des Devisenschutzkommandos durch Lemberg unterbunden. Das DSK hatte in der Frage über den Umgang mit den jüdischen Diamantiers eine grundsätz- lich andere, weitaus radikalere Position als die Militärverwaltung bezogen und drängte auf die baldige Durchführung der Beschlagnahme-Bestimmungen, die – wie oben erwähnt – im Mai 1940 durch das OKH erlassen worden waren und am 5. Juli 1940 durch die MV konkretisiert wurden.292 Um die Diamantenflucht zu unterbinden hatte das DSK gleich nach dem Einmarsch mit mas- siven Maßnahmen gegen die Diamantiers bis Ende Juni 1940 bereits 32.000 Karat an Dia- manten sichergestellt.293 Lembergs Politik den Emigranten die Rückkehr durch das (falsche)

288 Ebenda: De beroving, S. 154; siehe auch Maxime Steinberg: Polycratie et holocauste, S. 119-126. 289 Ausführlich in Les biens des victimes, S. 103 ff; Laureys: De beroving, S.154 ff. 290 Laureys: Plundering, S. 61, 291 Ebenda: Plundering, S. 61 f. 292 Oberfeldkommandantur 672, Außenstelle Antwerpen, gez. Essen, Verordnung, 5.7.1940, CEGES AA 585-76. 293 Ebenda: Diamantschaakspel, S. 249 ff. 69 Versprechen, sie würden ungestört bleiben, schmackhaft zu machen, erwies sich als erfolg- reich. Zahlreiche Händler kehrten tatsächlich zurück nach Antwerpen und nahmen die Ge- schäfte wieder auf.294 Die gänzlich unterschiedlichen Vorstellungen, auf welche Weise Antwerpen besser für die deutschen Belange zu nutzen sei, führten in den ersten Besatzungsmonaten zum Konflikt zwi- schen der Militärverwaltung (Lemberg) und dem Devisenschutzkommando Antwerpen, da beide Anspruch auf die Kontrolle des Diamantenhandels erhoben.295 Absprachen und Kom- promisse ergaben lediglich kurzfristige Lösungen, die jedoch wieder in Kompetenzstreitigkei- ten mündeten. Im Sommer 1940 wurde der Streit mit der MV zunächst entschärft, indem sie dem Devisenschutzkommando Antwerpen die direkte Kontrolle über die Deklaration der An- meldungen von Diamanten einräumte.296

Welche Gründe könnte die Militärverwaltung gehabt haben, dem Kommando, das formell der Weisung der Besatzungsbehörde unterstellt war, so weit entgegen zu kommen und den Kon- flikt nicht mit einem Befehl – die Kommandostruktur in der Militärverwaltung war ja eindeu- tig – Ruhe und Ordnung herzustellen? Die offiziellen Akten schweigen über die Hintergrün- de, jedoch scheint das DSK das Unterstellungsverhältnis unter die Wirtschaftabteilung in der täglichen Praxis nicht gerade überbewertet zu haben. Seine Handlungsbefugnis bekam das Kommando in erster Linie aus Berlin, von wo Göring als Beauftragter für den Vierjahresplan und Reichsmarschall für das Großdeutsche Reich als eine der mächtigsten Personen des Re- gimes seinen Schutzschirm über das Devisenschutzkommando breitete. Mit Görings Ermäch- tigung im Rücken lehnte sich das Devisenschutzkommando gegen die Militäradministration auf.

Auch nach dem Kompromiss stellte das DSK die vorsichtige Politik KVR Lembergs weiter in Frage und drängte auf eine radikalere Überwachung der Anmeldepflicht der Diamanten.297 Die deklarierten Waren stellten nur einen Bruchteil der tatsächlichen Bestände dar und waren

294 Laureys: Plundering, S. 63. 295 Ebenda: Diamantschaakspel, S. 249 ff. 296 Geregelt wurde die Anmeldepflicht für Diamanten im Rahmen der Beschlagnahme-Verordnung vom 5. Juli 1940, wonach alle Diamanten und Edelsteine formell als beschlagnahmt galten. Auch hier blieb das Eigentum zunächst formell erhalten, die Verfügungsgewalt der Besitzer wurde aber eingeschränkt. Im Unterschied zur Feindvermögensverordnung wurde das DSK und nicht die Gruppe XII als Anmeldestelle eingesetzt. 297 Die Hintergründe und Details des Streits werden ausführlich bei Laureys: Diamantenschaakspel, S. 249 be- schrieben; siehe auch Les biens des victimes, S. 104. 70 aufgrund der Anmeldung einfach zu lokalisieren. Große Mengen wurden versteckt oder auf dem Schwarzmarkt gehandelt.298 Die Gründe für die Spannungen zwischen Lemberg und dem Devisenschutzkommando er- scheinen in dieser Situation relativ klar, da beide Instanzen zwar das gleiche Ziel verfolgten, jedoch aufgrund ihrer Stellung und ihres Auftrages einen anderen Blickwinkel hatten. Lem- berg und die Militärverwaltung mussten in Antwerpen, um auf Dauer erfolgreich zu sein, das Vertrauen der jüdischen Händler gewinnen, notfalls durch Zugeständnisse. So erlaubte Lem- berg auch weiterhin die Konfiszierung der Diamantenbestände nicht, obwohl die Rechts- grundlage hierfür durch die Beschlagnahme-Verordnung geschaffen worden war.299 Das Devisenschutzkommando hingegen, das als Exekutivorgan eingesetzt war, hatte offenbar eine kurzfristigere Perspektive – die des schnellen Erfolges. Als Devisenpolizei, die die Ab- wanderungen von Diamanten verhindern sollte, konnte (oder wollte) das DSK nicht zusehen, wie die reichen Diamantiers mit den im Vergleich zu anderen Wertgegenständen einfach zu versteckenden Edelsteinen entweder ins Ausland oder in den Schwarzhandel abtauchten. Auf der anderen Seite belegt das Verhalten der Angehörigen des Devisenschutzkommandos auch, dass diese sich selbst nicht nur als ein Exekutivorgan ansahen. Ähnlich, wie in dem be- schriebenen Fall über die eigenmächtige Ergänzung der Feindvermögensbestimmungen durch ZR Rahier, zeigt sich auch hier, dass das Selbstverständnis des Kommandos darüber hinaus- ging. Das DSK griff aktiv in die Politik der MV ein und suchte diese durch eigene Akzente zu ergänzen. Diese Akzente äußerten sich in Antwerpen in Form von Exzessen, die die milde und vernünf- tige Politik Lembergs schwer störten und die jüdischen Händler in die Emigration trieben. Die Meinungsverschiedenheiten zwischen dem DSK und der MV erreichten ihren Höhepunkt als die Zahl der vermögenden Juden, die das Land verließen, immer weiter anstieg.300 Auf Ihrer Flucht vor dem Naziterror nahmen die Emigranten häufig auch Diamanten mit, die bereits ordentlich deklariert und bei den Behörden erfasst worden waren. Um der Abwanderung ein Ende zu setzen bereitete die Gruppe I der Wirtschaftsabteilung ein Zwangsdepot für Diaman- ten vor und verhandelte wieder einmal mit dem DSK. Am 6. Februar 1941 einigten sich Lem- berg und Rahier darauf, dass sich das Devisenschutzkommando nur noch im Rahmen der Ka- pitalflucht mit Diamanten beschäftigen und in diesem Sektor keine polizeilichen Aufgaben

298 Les biens des victimes, S. 99. 299 Jedoch wurde Druck auf die Händler ausgeübt, die Diamanten an die deutsche Kriegswirtschaft zu verkaufen. In Belgien war diese Vertreten durch Karl Urbanek, der für die Reichststelle für technische Erzeugnisse handelte und Hans Plümer, der im Namen des Amtes für den Vierjahresplan, Diamanten aufkaufte. Urbanek bezahlte etwa 20% des tatsächlichen Wertes der Diamanten; siehe Laureys: Plundering, S.62. 300 Les biens des victimes, S. 104. 71 übernehmen solle. Die Absprachen jedoch erscheinen als eine Farce. Noch im Februar bis in den Oktober des Jahres führte das DSK auf eigene Initiative – vermutlich auf Befehl Staf- feldts – gewaltige Plünderungsaktionen durch.301 In den Devisenschutzkreisen wurde wieder einmal die Politik der Militärverwaltung, die Diamantenflucht durch eine Zwangsdeponierung zu unterbinden, in aller Öffentlichkeit in Frage gestellt. Im Zuge der Radikalisierung der wirtschaftlichen und militärischen Lage nach dem Kriegseintritt der Sowjetunion vollzog das DSK in enger Zusammenarbeit mit der Sipo-SD Razzien in der Diamantenbörse und dem Diamantenring in Antwerpen ohne davor die zustän- dige Feldkommandantur 520 oder die Gruppe I in Brüssel zu informieren.302 Mit diesen Akti- onen, die sich durch besonders brutales Auftreten und menschenunwürdiges Vorgehen aus- zeichneten, brachten DSK und Sipo-SD die MV nicht nur in Misskredit bei den Diamanten- händlern, sondern forcierten auch weiter deren Auswanderung. Lembergs Politik basierte auf dem Vertrauen und der Kooperation der Händler, die nun verstärkt das Land verließen. Bis November 1941 waren insgesamt 15 Diamantenhändler mit rund 13.600 kt. bereits angemel- deten Diamanten außer Landes geflohen.303 Die Razzien wurden schließlich durch die Emig- ration der vermögenden Händler beendet.304 Reaktionen der Militärverwaltung – Reeder per- sönlich war von den Vorfällen informiert worden – finden sich in den Archiven keine.

Warum ging das Devisenschutzkommando derart forciert gegen die Diamantenhändler und damit gegen die Politik der Militärverwaltung vor? Wollte sich das DSK vielleicht gegen die MV profilieren? Oder lagen dem Ungehorsam gegen die Besatzungsbehörde etwa ideologi- sche Überzeugungen zugrunde? Die Zusammenarbeit mit der Sipo-SD, den Repräsentanten der SS und der Gestapo lässt auf einen antisemitisch motivierten Hintergrund schließen. Generell waren die Parteiorganisatio- nen stärker ideologisch geprägt als Staatsbehörden oder militärische Dienststellen. Wie weit das NS-Gedankengut innerhalb des Zolls übernommen worden ist, lässt sich nicht mehr mit Bestimmtheit feststellen. Gerd Blumberg berichtet, dass die Zollgrenzbeamten mehr als ande- re Staatsbedienstete in die Partei eingegliedert waren, betont aber, dass die Beitritte in NS- Organisationen „von oben“, das heißt aus dem Finanzministerium durch Staatssekretär Rein- hardt, forciert wurden: „Trotz der allgemeinen Bereitschaft, Mitglied in einer Organisation der NSDAP zu werden, zeigten viele Beamte noch im Dezember 1937 wenig Interesse aktiv zu

301 Laureys: Diamantschaakspel, S. 249 ff. 302 Ebenda: Diamantschaakspel, S. 249 ff. 303 Ebenda: Plundering, S. 64 f., Les biens des victimes, S. 104 f. 304 Les biens des victimes, S. 104. 72 werden.“305 Die Abberufung der einzelnen Zöllner zum DSK basierte nicht offiziell auf ideo- logischen Kriterien. Die Beamten sollten zur Ausführung ihres Auftrages vielmehr „erfah- ren“ und „energisch“ sein.306 Dass in den Kreisen des Devisenschutzkommandos zumindest ein gewisser Hang zum Anti- semitismus – um es vorsichtig zu formulieren – bestanden hat, belegt die Teilnahme an der so genannten Aktion Iltis. Die Sipo-SD führte am 3. und 4. September 1943 in Brüssel und Ant- werpen gleichzeitig zwei Razzien in den jüdischen Vierteln durch, an denen sich das Devisen- schutzkommando mit all seinen Kräften beteiligte.307 Diese konzertierte Aktion diente primär zwei Zielen: Die Sipo-SD ergriff in Brüssel 750 belgische Juden. In Antwerpen, wo rund 250 Menschen erfasst wurden, stellten diese Razzien das Ende der Judenfrage dar. Die Stadt galt danach als judenrein. Das Hauptinteresse des Devisenschutzkommandos hingegen galt den versteckten Wertgegenständen dieser Personen.308 Die Lösung der Judenfrage in Belgien lag nicht im Aufgabenbereich des DSK. Alles in allem zeigt sich bei der Ausführung sämtlicher Einsätze, ob Schließfachöffnungen, Fahndungen oder Razzien, dass das Hauptinteresse des Kommandos im Auffinden von verborgenen Wer- ten lag. Juden rückten dabei immer wieder ins Zentrum der Operationen. Der Grund scheint dabei jedoch nicht eine ausgeprägte antisemitische Haltung des Kommandos gewesen zu sein, sondern die Wahrnehmung der Juden als eine Risikogruppe, die aufgrund der Maßnahmen durch die Besatzungsmacht besonders geneigt war das Land zu verlassen und mit ihrem Le- ben ihr Hab und Gut ins Ausland zu retten. Hier verschmelzen antijüdische und ökonomische Motive untrennbar miteinander. Hatten zu Beginn der Besatzung noch wirtschaftliche Imperative den Vorrang, so gewannen im Laufe der Zeit antijüdische an Gewicht. Eric Laureys bringt dies als Quintessenz seiner Untersu- chung auf den Punkt: „Die Analyse der Beraubung der jüdischen Diamantairs zeigt mit ande- ren Worten das Bild eines symbiotischen Verhältnisses zwischen einer ökonomisch- strategischen und antijüdischen Politik.“309

305 Blumberg: Zollverwaltung, S. 294. 306 Schreiben des Reichsmarschalls des Großdeutschen Reiches, Beauftragter für den Vierjahresplan an KVV Chef Dr. Beyer, den MBBNF, den MBF, den Reichskommissar für die besetzten niederländischen Gebiete, ge- heim, gez. Dr. Gramsch, 17.5.1943, BA-MA RW 36/211. 307 Steinberg: Holocauste et polycratie, S. 168 ff. 308 Ebenda: Holocauste et polycraite, S. 169. 309 Laureys: De beroving, S. 185. Originalwortlaut: „De analyse van de beroving van den joodse diamantairs produceert met andere woorden het beeld van een symbiotische verhouding tussen de economisch-strategische en de anti-joodse politiek.” 73 4.3 Die Bekämpfung des Schwarzen Marktes

4.3.1 Die Pläne zur Regulierung des Schwarzmarktproblems Die wirtschaftliche Entwicklung und die zunehmende Verknappung von Rohstoffen und Le- bensmitteln im Laufe des Krieges stellten die Militärverwaltung vor ein großes Problem. Die Entwicklung des Schwarzmarktes und der Preise bedeuteten eine „ernste Gefahr für die Aus- nutzung des Befehlsbereichs durch die deutsche Kriegswirtschaf [...], die die Militärverwal- tung lebhaft beschäftigte“.310 Es fehlte an einem leistungsfähigen Kontrollapparat, der die Einhaltung der gesetzlich festgelegten Preise überwachte und so die Versorgung der Bevölke- rung und der Wirtschaft garantierte. Weder die im Wirtschaftsektor tätigen deutschen Dienst- stellen noch die belgischen hielten sich konsequent an die Vorgaben der Bewirtschaftung und die staatlichen Preisregulierungen. Chaotische und „tendenziell anarchische Verhältnisse“ 311 waren die Folge einer Vielzahl agierender Dienststellen, die ohne eindeutige Kompetenzab- grenzungen, aber mit einer dadurch bedingten Rivalität häufig selbständig die Ankaufskondi- tionen von Rohstoffen mit den Belgiern direkt regelten, ohne die von der Wirtschaftsabteilung vorgegebenen Preis- und Mengenbeschränkungen zu beachten.312 Der Anstieg des Schwarz- marktes und der Preise ist symptomatisch für den Verlust der Autorität der Militärverwaltung im Laufe der Besatzung.313 Um die Effektivität der Ausbeute zu steigern, das gegenseitige Überbieten und der „Kampf aller gegen alle auf dem Schwarzmarkt“ einzudämmen314 hatte die Militärverwaltung bereits 1941 die Zentralanmeldestelle (ZAM) eingerichtet, die durch die Regulierung von Schwarz- marktankäufen die Situation verbessern sollte. Dabei ging es nicht darum, den Schwarzmarkt zurückzudrängen, sondern ihn für die deutschen Belange sinnvoll zu nutzen.315 Im Sommer

310 MBBNF, MVCHEF, Reeder, „Übersicht über die Arbeitsleitung der einzelnen Gruppen der Militärverwal- tung f. d. Zeit vom 1. Dezember 1941-15. März 1942“ – geheime Kommandosache, 16.3.1942, BA-MA RW 36/204. 311 Franz-O. Gilles/ Gerhard Otto: Verwalteter Beutepartikularismus. Finanz-, Verwaltungs- und Wirtschaftkon- trolle und nationalsozialistische Besatzungspolitik in den von Deutschland besetzten Gebieten. Ein Tagungsbe- richt, Berliner Arbeitshefte und Berichte zur Sozialwissenschaftlichen Forschung Nr. 56, Berlin, Februar 1991, S. 29. 312 Ebenda: Verwalteter Beutepartikularismus, S. 29. 313 Über die Erosion der Autorität der Militärbefehlshaber in den besetzen Gebieten siehe Umbreit: Kontinental- herrschaft, S. 103f. Die Militärverwaltung stand in einem Spannungsverhältnis zu den aus Berlin dirigierten Sonderdienststellen einerseits und den Kampftruppen der Wehrmacht andererseits, die aufgrund ihres Auftrages weniger bereit waren, Rücksichten auf die kriegswirtschaftlichen Vorgaben zu nehmen. Beschlagnahmungen und Requisitionen bedeuteten besonders störende Eingriffe in das Wirtschaftsleben. Über die Spannungen und den Dualismus zwischen den Kampftruppen und der Besatzungsverwaltung siehe ebenfalls Umbreit: Kontinen- talherrschaft, S. 105 ff. 314 MBBNF, MVChef, Wi/Abt. Wi-Übw., Schwarzmark in Belgien, Übersicht, 3.6.1943, BA-MA RW 36/211. 315 MBBNF, MVChef an Abt. Wi, „Die von der Militärverwaltung gesteuerten, im deutschen Interesse 1942 aufgebrachten Leistungen Belgiens und Nordfrankreichs“ – geheime Kommandosache, S. 38f, 20.7.1943 [Ein- gangsstempel], BA-MA RW 36-207. 74 1942 wurde die Zentralanmeldestelle in eine Überwachungsstelle (ÜWA) umgewandelt. Hermann Göring hatte in seiner Eigenschaft als Beauftragter für den Vierjahresplan die Or- ganisation der Schwarzmarkteinkäufe an sich genommen und dem Oberst der Luftwaffe, Veltjens, als Beauftragter für Sonderaufgaben beim Beauftragten für den Vierjahresplan übertragen. Die ÜWA, „welche die Erfüllung berechtigter Wünsche auf dem schwarzen Markt regelt[e]“316, war die einzige Organisation, die auf dem schwarzen Markt tätig werden durfte und war direkt der Militärverwaltung unterstellt. Oberst Veltjens hatte der ÜWA ge- genüber jedoch unmittelbare Weisungsbefugnis.317

Die Kehrtwendung im Umgang mit dem so genannten Schleichhandel vollzog sich ab Ende 1942, als die Probleme immer virulenter wurden. Die bisherige Regulierung des Schwarz- marktes durch die Militärverwaltung erwies sich als wenig wirkungsvoll, so dass der Ruf nach einem effektiven Aufsichtsorgan laut wurde. In einem Bericht an Ministerialdirektor Schlumprecht, dem Leiter der Wirtschaftsabteilung, bezeichnete Dr. Domke aus der Gruppe I – schleich – noch im Dezember 1942 den Umfang des Schleichhandel als „praktisch gar nicht so sehr groß, [...] aber psychologisch als ausserordentlich schädlich,“ da er Besuchern aus dem Reich, die im Hotel Schwarzmarktwaren angeboten bekämen, den Eindruck vermittelte, Belgien wäre ein Land, indem es alles zu kaufen gäbe und in dem keine Ordnung herrsche.318 Der Schwarzhandel wurde jedoch nach wie vor in großem Stil durch deutsche Dienststellen betrieben. Aber auch belgische Großorganisationen wie das Rote Kreuz oder die belgische Winterhilfe partizipierten in starkem Umfang und verfolgten dabei – so die Ansicht in der Wirtschaftsabteilung – nicht nur soziale Zwecke, sondern hätten dabei die Absicht, die Waren „vor allem den Deutschen vor der Nase wegzukaufen.“319

316 MBBNF, MVChef /Wi Gr. I – schleich – KVR Dr. Domke an Ministerialdirektor Dr. Schlumprecht, Entwurf, 22.12.1942, BA-MA RW 36/211. 317 MBBNF, MVChef, Wi, „Abschlußbericht der ‚Überwachungsstelle beim Militärbefehlshaber in Belgien und Nordfrankreich’ über die legalisierte Ausschöpfung des schwarzen Marktes in Belgien und Nordfrankreich, 13.3.1942-5.3.1943 bzw. 31.5.1943“, S. 5f, CEGES AA 1373-29. 318 MBBNF, MVChef /Wi Gr. I – schleich – KVR Dr. Domke an Ministerialdirektor Dr. Schlumprecht, Entwurf, 22.12.1942, BA-MA RW 36/211. Neben dem Eindruck der Herren aus dem Reich - dies sei hier am Rande er- wähnt, beschäftigte Domke besonders die Gemütlichkeit und die Preise in den Offizierskasinos. So sei das Offi- zierskasino in Paris ausgezeichnet und befriedige auch höhere Ansprüche, während im Vergleich das Standort- kasino in Brüssel nicht dazu einlade, einen Abend dort zu verbringen, da die Bedienung zu ungeschult und das Ambiente zu primitiv sei. Die spezifischen Probleme Domkes zeigen deutlich, wie es zu Spannungen zwischen den Kampftruppen und der Besatzungsverwaltung der Wehrmacht kommen konnte. Domkes Bericht ist auf den 22. Dezember 1942 datiert. Am gleichen Tag erteilte Hitler den deutschen Truppen, die seit einem Monat und praktisch ohne Nachschub in Stalingrad von der Roten Armee eingeschlossen waren, den berühmten Durchhal- tebefehl und untersagte ihnen die Waffen niederzulegen und zu kapitulieren. 319 MBBNF, MVChef /Wi Gr. I – schleich – KVR Dr. Domke an Ministerialdirektor Dr. Schlumprecht, Entwurf, 22.12.1942, BA-MA RW 36/211. 75 Von Seiten der Besatzungsbehörden bestand daher ein dringender Handlungsbedarf, um die Bewirtschaftung im deutschen Interesse weiterhin zu garantieren. In Zusammenarbeit mit dem Beauftragten für den Vierjahresplan regulierte die Wirtschaftsabteilung der Militärver- waltung die Kontrolle des Schwarzmarktes völlig neu. Grundlage waren zwei Befehle Gö- rings im März und April 1943 zur Bekämpfung des Schleichhandels, die die Agitation deut- scher Dienststellen auf dem schwarzen Markt gänzlich untersagten.320 Im Frühjahr 1943 bestanden in diesem Zusammenhang grundsätzlich zwei vorrangige Rege- lungsprobleme: Erstens die einheitliche und strenge gerichtliche Verfolgung von Bewirtschaf- tungsverstößen durch Wehrmachtsgerichte, die allen dreien Teilstreitkräften übergeordnet waren. Offenbar bestanden Probleme mit den bestehenden Gerichten der OFKs. Die Militär- verwaltung beklagte sich über zu milde Urteile und über die mangelnde Befolgung der Ver- ordnungen des Militärbefehlshabers durch Marine- und Luftwaffendienstellen.321 General von Falkenhausens Autorität als Angehöriger des Feldheeres wurde offenbar von den anderen Truppengattungen nicht in vollem Maße anerkannt. Der Wunsch nach einer einheitlichen Wehrmachtsgerichtsbarkeit im Befehlsbereich Falkenhausens hatte daher nicht nur wirt- schaftspolitische Implikationen, sondern kann auch als Maßnahme zur Wiederherstellung oder Erhaltung der Autorität des Militärbefehlshabers gesehen werden.

Zweitens musste schnellstens ein effektives Exekutivorgan zur Kontrolle der deutschen Dienststellen eingesetzt werden. Das Devisenschutzkommando schien hierfür prädestiniert: Es bestand aus geschulten Beamten, die in Belgien allesamt als Mitglieder der Geheimen Feldpolizei auch formell gegen Wehrmachtseinheiten vorgehen konnten. Im Frühjahr 1943 wurden daher Gespräche zwischen den verantwortlichen Stellen geführt, zunächst zwischen Hofrichter für die MV (Gruppe VIII), Ministerialrat Kadgien für den Vier- jahresplan und Regierungsrat Staffeldt für das DSK, die die Ausweitung des Auftrages des Kommandos erarbeiteten. Vertreter der Reichsfinanzverwaltung wurden nicht hinzugezogen. Die drei Devisenschutzkommandos unter Staffeldt in Belgien, Frankreich und den Niederlan- den sollten als alleiniges Exekutivorgan im gesamten Westen den Schwarzmarkt in enger Zu-

320 17.3.1943: Erlass über den Schwarzen Lebensmittelmarkt; 2.4.1943: Erlass über die Bekämpfung des Schwarzmarktes in bewirtschafteten Rohstoffen und Fertigwaren (Befehl zur Einstellung des Schwarzmarktes); siehe die Korrespondenz des MBBNF, General der Infanterie, Falkenhausen an den Reichsmarschall des Groß- deutschen Reiches, Beauftragter für den Vierjahresplan, undatierter Entwurf, BA-MA RW 36/211; auch GRMA T 77-1217, BA-MA RW 36/365. 321 Schreiben des MBBNF, General der Infanterie, Falkenhausen an den Reichsmarschall des Großdeutschen Reiches, Beauftragter für den Vierjahresplan, undatierter Entwurf, BA-MA RW 36/211. 76 sammenarbeit mit den Besatzungsbehörden bekämpfen.322 Das Vorgehen gegen den belgi- schen Schleichhandel hingegen sollte nach Ansicht der Verantwortlichen der Militärverwal- tung den zuständigen belgischen Landesbehörden überlassen werden. Die formale Ausweitung des Aufgabenbereichs des Devisenschutzkommandos auf die Be- wirtschaftung erforderte eine neue Handlungslegitimation, die der Reichsmarschall in Aus- sicht gestellt und in Brüssel in Form eines schriftlichen Befehls erwartet wurde. Ein persönli- cher Befehl Görings würde – so die Ansicht in der MV – für die „nötige politische Rückende- ckung“ sorgen, falls höhere Dienststellen oder mächtige Organisationen wie die Organisation Todt betroffen wären.323 Für die operative Ausführung der Schwarzmarktbekämpfung, zusätzlich zu den bestehenden Aufgaben im Devisenschutz, war die Aufstockung des Personalbestandes unerlässlich. Staf- feldts Bitte, weitere 10-15 Beamte insgesamt für alle drei Länder abzuordnen, konnte jedoch im Vierjahresplan intern nicht entsprochen werden, obwohl der Einsatz des DSK in Görings Interesse lag. Mitte Mai stellte der Reichsmarschall daher Staffeldt von sämtlichen fahn- dungsfremden Aufgaben frei und kündigte an, dass die bisherigen Devisenbewirtschaftungs- aufgaben in Zukunft neu geregelt werden sollten, damit das DSK seine neue Aufgabe ausfüh- ren konnte. Der Vierjahresplan bat daher die Reichsfinanzverwaltung, einige erfahrene und energische Beamte für diese Aufgabe abzukommandieren.324

4.3.2 Das Scheitern der einheitlichen Ausrichtung der Kontrolle Die Planungen zur Bekämpfung des Schwarzmarktes in Form eines einheitlich ausgerichteten Kontrollorgans verliefen in enger Zusammenarbeit mit Göring und erstreckten sich über den gesamten besetzten Westen. Nach dem ersten Rückschlag, dem Versagen der Personalunter- stützung durch den Vierjahresplan intern, ergaben sich im Zuge der Planungen jedoch weitere Probleme, die das Projekt ernsthaft gefährdeten. Die Einsetzung des DSK zur Kontrolle der Einkäufe, die von den Militärs, der Organisation Todt und anderen Stellen getätigt wurden, hatte auch den Sinn, alle anderen Exekutivorgane in diesem Feld zu entlasten.325 In Belgien war seit Anfang 1943 die ÜWA neu organisiert und

322 MBBNF, MVChef, Wi/ Gr. VIII, Vermerk über die „Besprechung im Vierjahresplan mit Ministerialrat Dr. Kadgien über die Neuregelung der Schwarzhandelsbekämpfung“, 7.5.1943, BA-MA RW 36/211. 323 MBBNF, MVChef, Wi, Vertraulicher Aktenvermerk von Dr. Noth an KVR Dr. Baumer, 14.5.1943, BA-MA RW 36/211. 324 Schreiben des Reichsmarschalls des Großdeutschen Reiches, Beauftragter für den Vierjahresplan an KVV Chef Dr. Beyer, den MBBNF, den MBF, den Reichskommissar für die besetzten niederländischen Gebiete, ge- heim, gez. Dr. Gramsch, 17.5.1943, BA-MA RW 36/211. 325 MBBNF, MVChef, Wi, Vertraulicher Aktenvermerk von Dr. Noth an KVR Dr. Baumer, 14.5.1943, BA-MA RW 36/211. 77 beim „Beauftragten des Chefs der Sicherheitspolizei und des Sicherheitsdienstes“ ein Polizei- apparat unter der Führung von SS-Sturmbannführer Alfred Naujocks eingerichtet worden.326 Neben dem Referat Naujocks kamen als Ermittler ebenfalls die Feldgendarmerie, die Krimi- nalabteilung der Sipo-SD, der Zollgrenzschutz und die GFP zum Einsatz, die entweder nicht über ausreichend Personal verfügten – das Schleichhandelsdezernat der Sipo-SD in Belgien bestand aus drei Personen327 - oder nach der Beurteilung der Militärverwaltung nicht genü- gend kriminalistisch geschult gewesen seien.328 Ob es sich bei der einheitlichen Neuausrich- tung der Kontrolle lediglich um eine wirtschaftspolitische Zielsetzung handelte, die Versor- gung des Reiches mit den für den Krieg dringend benötigten Rohstoffen zu gewährleisten, oder ob auch machtpolitische Überlegungen eine Rolle spielten, wird in den überlieferten Schriftstücken nicht thematisiert. Für die Militärverwaltung mussten diese Planungen jedoch die Möglichkeit eröffnen, ihre Machtposition als Kontrolleur und Kommandoinstanz wieder zu stärken. Noch während der Planungsphase im Juni 1943 traten ernsthafte Probleme auf, die in erster Linie strukturell bedingt und auf das polykratische Institutionengefüge zurückzuführen sind. Herbert Staffeldt berichtete der Wirtschaftsabteilung in Brüssel, dass sein Einsatz in Holland und Frankreich auf „gewisse Schwierigkeiten“ stoße und dass deshalb mit einem offiziellen Einsatz nicht zu rechnen sei.329 Die Schwierigkeiten Staffeldts waren durch die Konkurrenz zur SS determiniert, in die das DSK durch seine neue Aufgabe getreten war; denn weder der Höhere SS- und Polizeiführer (HSSPF) in Frankreich noch die holländische Zivilverwaltung erkannten die Handlungsbefugnis des Kommandos ohne eine schriftliche Ermächtigung durch Göring an. Dieser Befehl des Reichsmarschalls war jedoch zur Überraschung und Enttäu- schung der Behörden in Belgien nicht in schriftlicher Form erteilt worden, so dass es Staffeldt und dem Devisenschutzkommando an der nötigen politischen Rückendeckung mangelte.330 In Belgien jedoch, wo es unter der Militärverwaltung keinen HSSPF gab und somit die Machtposition der Sipo-SD im Vergleich zu den anderen beiden Staaten weniger institutiona- lisiert und daher eher schwach war,331 begrüßte die Militärverwaltung den Einsatz des DSK und verhandelte mit den Vertretern der SS in ihrem Befehlsbereich. Der Beauftragte des

326 Gilles/ Otto: Verwalteter Beutepartikularismus, S. 30. 327 MBBNF, MVChef, Wi/Wi-Übw., KVR Dr. Domke, Vertraulicher Aktenvermerk, geheim, 5.6.1943, BA-MA RW 36/211. 328 MBBNF, MVChef, Wi./ Ref. Wi-Übw., Schwarzmarkt in Belgien, Übersicht, 3.6.1943, BA-MA RW 36/211; siehe auch MBBNF, MVChef, Wi, Ref. Wi-Übw., Vermerk über die Besprechung am 28. Juni 1943 über die Bekämpfung des Schwarzhandels, 6.7.1943, BA-MA RW 36/211. 329 MBBNF, MVChef, Wi/Wi-Übw., KVR Dr. Domke, Aktenvermerk über die Besprechung bei KVR Dr. Bau- mer, Regierungsrat Staffeldt und KVR Dr. Domke, geheim, 4.6.1943, BA-MA RW 36/211. 330 MBBNF, MVChef, Wi/Wi-Übw., KVR Dr. Domke, Vertraulicher Aktenvermerk, geheim, 5.6.1943, BA-MA RW 36/211. 331 Seibel: Holocaust und „Polykratie“, S. 37; Weber: Innere Sicherheit, S. 40 ff. 78 Chefs der Sicherheitspolizei und des SD für den Bereich des Militärbefehlshabers in Belgien und Nordfrankreich, Obersturmbannführer Ehlers, erschien Anfang Juni mit dem Leiter der Abteilung V der , SS-Hauptsturmführer und Kriminalrat Reimer, beim Gene- ral-Referat des Leiters der Wirtschaftsabteilung und erklärte, dass auch er der gleichen An- sicht sei wie seine Dienststelle in Holland und es nicht gern sehe, dass die Schwarzhandelsbe- kämpfung auseinander falle. Seitens der Militärverwaltung wurde im Gegenzug darauf hin- gewiesen, dass die Angehörigen des Devisenschutzkommandos in ihrer Stellung als Beamte der GFP besonders geeignet seien gegen Wehrmachtsangehörige vorzugehen. Ehlers – so lässt es die Dokumentation der MV glauben – schien sich der Argumentation zu ergeben und verwies auf seine Vorgesetzten in Berlin, denen er zu berichten hätte. Er selber würde keinen großen Wert darauf legen, die Angelegenheit zentral zu bearbeiten.332

Für den Befehlsbereich des Militärbefehlshabers in Belgien und Nordrankreich war es daher notwendig, dass das DSK, nachdem der schriftliche Befehl durch Göring nicht erfolgt war, die notwendige politische Rückendeckung durch die Militärverwaltung erhielt, die ja eben- falls ein besonderes Interesse an der Lösung des Schwarzmarktproblems hatte. Offen bleibt die Frage, warum Göring, in dessen Interesse die effektive Versorgung des Rei- ches mit Rohstoffen lag, Staffeldt die notwendige Handlungsermächtigung nicht erteilt hatte. Denkbar wäre eine Intervention des Reichssicherheitshauptamtes in Berlin. Aus den überlie- ferten Korrespondenzen und Sitzungsprotokollen geht hervor, dass die Frage des schwarzen Marktes nicht nur ein regional begrenztes Problem der Besatzungsbehörden darstellte, son- dern auch die obersten Reichsbehörden wie den Vierjahresplan, das RSHA, das Reichswirt- schafts- und das Munitionsministerium in Berlin einbezog.333 Für Belgien lag es nun in den Händen der Besatzungsbehörde, dem Devisenschutzkommando durch eine Dienstanweisung die notwendige Ermächtigung zu erteilen. In diesem Zuge verän- derte sich auch das Unterstellungsverhältnis des DSK innerhalb der Militärverwaltung. Bisher war das DSK zunächst der Gruppe V (Auswärtiger Waren, Zahlungs- und Devisenverkehr) der Wirtschaftsabteilung unterstellt gewesen und dann zur Gruppe VIII (Bankenaufsicht/ Geld- und Kreditwesen/ Versicherung) übergegangen.334 Nachdem nun Göring Mitte Mai das

332 MBBNF, MVChef, Wi/Wi-Übw., KVR Dr. Domke, Vertraulicher Aktenvermerk, geheim, 5.6.1943, BA-MA RW 36/211. 333 MBBNF, MVChef, Wi, Leiter der Wirtschaftsabteilung, Vermerk (Besprechung am 5. Juli 1943), 6.7.1943, BA-MA RW 36/211. 334 Wann genau dies geschah ist nicht bekannt. Es ist jedoch anzunehmen, dass die Unterstellung unter die Grup- pe VIII nicht lange vor Juni 1943 erfolgte: In einem Vermerk, der Militärverwaltung vom 1. Juni 1943 heißt es zur Unterstellung des DSK: „[...] Das diesem [dem Militärbefehlsaber] zustehende Weisungsrecht wurde bisher 79 DSK autorisiert hatte, die Kontrolle des Schwarzmarktes zu übernehmen, betonte er, dass das DSK wie auch Staffeldt, sowie die neu anzufordernden Beamten bei der Reichsfinanzverwal- tung weiterhin dem Militärbefehlshaber als Teil seines Apparates unterstanden.335 Innerhalb des Apparates wurde das DSK allerdings durch die neue Dienstanweisung in der Wirtschafts- abteilung dem General-Referat/ Referat Wirtschaftsüberwachung unterstellt.336 In der Praxis war das Devisenschutzkommando daher dem General-Referat des Leiters der – Wirtschaftsabteilung meldepflichtig, das wiederum den Vierjahresplan – gemäß dem Wunsch Görings – auf dem Laufenden halten sollte.337 Laut der offiziellen Einsetzung ermittelte das DSK gegen Verstöße gegen die Bewirtschaftungs-, Preis- und auch gegen die Arbeitseinsatz- bestimmungen und wurde explizit dazu angehalten, eng mit den sonstigen Polizeiorganen zusammenzuarbeiten, insbesondere mit der Sicherheitspolizei und der Feldgendarmerie.338 Die Dienstanweisung des Devisenschutzkommandos bildete daher einen formalen Kompro- miss mit den übrigen polizeilichen Dienststellen in Belgien, obwohl die Aufteilung des Kom- petenzbereichs nach wie vor ein ungeklärtes Problem blieb. Um die Streitfrage vorläufig zu entschärfen, grenzte die Militärverwaltung die Aufgabenbereiche zunächst geografisch ab: Während die Sipo-SD, d.h. das Referat Naujocks, mit Ermittlungen gegen die Schwarzmarkt- verstöße im Landesinnern beauftragt wurde, wurde das DSK angewiesen, diese Tätigkeit in erster Linie an den Grenzen Belgiens aufzunehmen.339 Die bisherigen Aufgaben des Devisen- schutzes blieben jedoch innerhalb des Landes regional weiterhin unbegrenzt. Während die Sipo-SD eine Entscheidung aus Berlin über die operative Aufgabenabgrenzung erwartete, entschied die Militärverwaltung indessen, dass zunächst Arbeitserfahrungen ge- sammelt werden und die weitere Entwicklung abgewartet werden sollte. Solange das Devi- senschutzkommando personell nicht entsprechend ausgestattet sei, könne eine Aufgabenver- teilung sowieso nicht erfolgen.340

für die devisenfahndungsmässigen Aufgaben durch MVCh. Wi/Abt., Gruppe V, jetzt Gruppe VIII, ausgeübt.“ BA-MA RW 36/211. 335 Schreiben des Reichsmarschalls des Großdeutschen Reiches, Beauftragter für den Vierjahresplan an KVV Chef Dr. Beyer, den MBBNF, den MBF, den Reichskommissar für die besetzten niederländischen Gebiete, ge- heim, gez. Dr. Gramsch, 17.5.1943, BA-MA RW 36/211. 336 MBBNF, MVChef, Wi/ Abt. , Wi-Übw., KVR Dr. Domke, Dienstanweisung des Devisenschutzkommandos, Juni 1943, BA-MA RW 36/211. 337 Schreiben des Reichsmarschalls des Großdeutschen Reiches, Beauftragter für den Vierjahresplan an KVV Chef Dr. Beyer, den MBBNF, den MBF, den Reichskommissar für die besetzten niederländischen Gebiete, ge- heim, gez. Dr. Gramsch, 17.5.1943, BA-MA RW 36/211. 338 MBBNF, MVChef, Wi/ Abt. , Wi-Übw., KVR Dr. Domke, Dienstanweisung des Devisenschutzkommandos, Juni 1943, BA-MA RW 36/211. 339 Der Leiter des Devisenschutzkommandos Belgien, gez. OZI Dr. Möckel (in Vertretung) an den MBBNF, Gruppe Mineralöl, 8.6.1943, BA-MA RW 36/211. 340 MBBNF, MVChef Wi/Abt., Ref. Wi/Übw., Vermerk (Besprechung am 28. Juni 1943 über die Bekämpfung des Schwarzmarktes), 6.7.1943, BA-MA RW 36/211. 80 So war es schließlich auch die ausbleibende personelle Aufstockung des Devisenschutzkom- mandos, die das gesamte Unterfangen der einheitlichen Ausrichtung der Schwarzmarktbe- kämpfung zum Scheitern verurteilte. Nach langen Monaten des Planens, der Koordination und der Absprachen zwischen den Behörden und Dienststellen teilte Ministerialrat Kadgien aus dem Vierjahresplan am 28. August 1943 dem Militärbefehlshaber mit, dass keine weite- ren Beamten für das Devisenschutzkommando zur Verfügung gestellt werden könnten.341 Nachdem Göring bereits im Mai Staffeldt von allen fahndungsfremden Aufgaben freigestellt hatte, weil die Verstärkung intern nicht aufzubringen war, hatte nun auch die Reichsfinanz- verwaltung ihre Unterstützung versagt, weitere Zöllner abzukommandieren. Die Gründe hier- für sind in den kriegsbedingten Personalnöten zu suchen, von denen auch das Zollwesen be- sonders nach der Ausdehnung der Reichsgrenzen, bzw. der Grenzen des deutschen Besat- zungs- und Gefechtsgebietes betroffen war. Die Konsequenzen für das Devisenschutzkommando wurden von Kadgien deutlich formu- liert: „Das Devisenschutzkommando wird daher, wie von den beteiligten Stellen mit Ihrer [MBBNF] Zustimmung bereits mündlich besprochen worden ist, von einer selbständi- gen Schwarzmarktbekämpfung absehen. Es wird sich darauf beschränken, zu seiner Kenntnis gelangende Schwarzmarktfälle, soweit es nicht nur Nebentaten zu Devisenver- stößen sind, den zuständigen Strafverfolgungsbehörden zur Kenntnis zu geben.“342

Die Pläne zur Neuausrichtung und Vereinheitlichung der Kontrollorgane in Brüssel platzten somit wie eine Seifenblase. Die Militärverwaltung musste also weiter auf die Exekutivorgane der verschiedenen polizeilichen Stellen setzen. Die Feldgendarmerie wurde kriminalistisch geschult343 sowie die Beziehung zur Sipo-SD in der Schwarzmarktbekämpfung neu geregelt. Um Verstöße gegen die Bewirtschaftungs- und Devisenvorschriften vorzubeugen, die sich mit zunehmender Dauer des Krieges häuften, wurde die Truppe ebenfalls laufend über den Sinn und Zweck der Vorschriften unterrichtet.344 Zum 2. Oktober 1943 gründete die Wirtschaftsab- teilung der MV eine neue Gruppe X Wirtschaftsüberwachung unter der Leitung des ehemali- gen General-Referenten MVR Dr. Baumer. Sturmbannführer Naujocks kam als Referent zur

341 Schreiben des Reichsmarschalls des Großdeutschen Reiches, Beauftragter für den Vierjahresplan, gez. Dr. Kadgien (im Auftrag) an den MBBNF in Brüssel, 28.8.1943, BA-MA RW 36/211. 342 ebenda, BA-MA RW 36/211. 343 MBBNF, MVChef, Wi, Ref. Wi/Übw. Bericht über die Auswirkung der Befehle zur Einstellung des Schwarzmarktes, 17.6.1943,GRMA T 77-1217. 344 Rundschreiben des OKW an den Generalstab des Heeres/ Gen Qu., Ch H Rüst u. BdE, Oberkommando der Marine/ Allgemeines Marineamt/C, Reichsminister der Luftfahrt u. Oberbefehlshaber der Luftwaffe (nachricht- lich an die Wehrmachtsbefehlshaber, Chef- und Wehrmachtintendanten, SS-Führungshauptamt, Kommando der Waffen-SS, Reichsführer SS und Chef der deutschen Polizei, Organisation Todt, Reichsarbeitsdienst, National- sozialistisches Kraftfahrerkorps, LSW, Reichsminister der Finanzen, Reichsminister der Wirtschaft, Reichs- bankdirektorium, Hauptverwaltung der Reichskreditkassen), 1.6.1943,BA-MA RW5/v-679. 81 Gruppe X und unterstand somit formell der Militärverwaltung. Die ÜWA wurde am 1. Okto- ber aufgelöst.345

Das gesamte Projekt der Vereinheitlichung der Schwarzmarktbekämpfung unter dem Kom- mando der Militärverwaltung – und damit verbunden die Restabilisierung der Autorität des Militärbefehlshabers – stand und fiel mit der Personalverstärkung des Devisenschutzkom- mandos. Erschwerend in der Praxis erwies sich die mangelnde politische Rückendeckung durch Göring, die entweder aufgrund einer Intervention der SS in Berlin nicht gewährleistet wurde oder – zumindest nach Ausbleiben – das Konkurrenzverhältnis SS-DSK entfachte und die Durchführung der Schwarzmarktkontrolle beträchtlich belastete.

345 Verfügung des Chefs der Militärverwaltung, Leiter der Wirtschaftsabteilung, gez. MVV Chef Dr. Beyer (im Auftrage), 2.10.1943, BA-MA RW 36/211. 82 5 DAS DEVISENSCHUTZKOMMANDO BELGIEN ALS INSTITUTIONELLE HYBRID-

FORM

In den vorangegangenen Kapiteln wurden die Aufgabengebiete und Tätigkeitsbereiche des Devisenschutzkommandos Belgiens mit seinen Kooperationen und Konflikten beschrieben. Für die Beurteilung dieser Verbindungen und Spannungen mit anderen Diensten ist es erfor- derlich, die Frage zu klären, um was für eine Dienststelle es sich beim Devisenschutzkom- mando Belgien handelte. Die Dienststelle war eine Kreuzung unterschiedlicher Ressorts und Behörden: Die einzelnen Angehörigen der Dienststelle als Zöllner und Mitglieder der Gehei- men Feldpolizei hörten auf den Befehl des Beauftragten für den Vierjahresplan und wurden im Alltagsgeschäft im Wesentlichen durch die Wehrmacht dirigiert. Diese Verflechtung bedeutete nicht nur die Verbindung von unterschiedlichen Kompetenzen der vorgesetzten Stellen in der Institution des DSK, sondern auch – wie gezeigt worden ist – ein Aufeinandertreffen unterschiedlicher Interessen. In diesem Kontext stellt sich das Problem der institutionellen Zugehörigkeit des Devisenschutzkommandos, d.h. welchem Dienstherr dieses Sonderkommando disziplinarisch unterstellt war. Damit verknüpft sich auch die Frage, ob sich bei der Charakterisierung des DSK die klassischen Unterscheidungen zwischen Staats- und Parteibehörden, bzw. zivilen und militärischen Dienststellen aufrechterhalten las- sen.

5.1 Die Zuständigkeitsprobleme nach der Auflösung des Devisenfahndungs- amtes

Durch die Schaffung des Devisenfahndungsamtes hatte Hermann Göring die kriegswichtige Aufgabe der Finanzbeschaffung in die Hände von NSDAP-Funktionären übertragen und trat auf diese Weise mit dem zuständigen staatlichen Ressort, der Reichsfinanzverwaltung, in di- rekte Konkurrenz. Das Devisenfahndungsamt sollte die Reichsfinanzverwaltung nicht ersetz- ten, sondern lediglich ergänzen. Es war im August 1936 mit dem Ziel gegründet worden, „die Aufbauarbeit im Vierjahresplan bedrohenden Devisenvergehen schlagkräftiger als bisher bekämpfen zu können" und um im Kontext der Kriegsvorbereitungen die Kontrollorgane an den Reichsgrenzen zur effektiven Devisenbewirtschaftung einheitlich auszurichten.346 Nach- dem diese Aufgaben in der allgemeinen Entwicklung des Krieges in den Hintergrund gerückt

346 Schreiben des Reichsmarschalls des Großdeutschen Reiches, Beauftragter für den Vierjahresplan, Staatssek- retär Körner an den Reichsminister der Finanzen, 4.4.1941, BArch R2/5927. 83 waren, löste Göring das Devisenfahndungsamt mit der Angabe, es habe seine Aufgaben „zu- friedenstellend gelöst“, zum 1. April 1941 wieder auf.347 Zeit seines Bestehens stellte das Devisenfahndungsamt als Dienststelle des Vierjahresplanes jenes Organ dar, durch das Göring seine Devisenschutzkommandos organisiert und befehligt hatte. Nach dem Wegfall dieses organisatorischen Rahmens im Frühjahr 1941 und damit auch der Kommando führenden Dienststelle des Devisenschutzkommandos, entstand eine Lücke, die insbesondere bezüglich der disziplinarischen Unterstellung des DSK einige Fragen auf- wirft. Göring verfügte zwar, dass nach der Auflösung die abkommandierten Beamten zur Reichsfi- nanzverwaltung zurückkehrten, behielt sich jedoch vor, den Leiter des Devisenschutzes in den besetzten Gebieten weiterhin mit Weisungen zu versehen.348 Damit wurde der Devisenschutz jedoch nicht formell zur Angelegenheit des Finanzministeriums. In Realität blieb das Devi- senschutzkommando weiterhin eine Dienststelle Görings, die nun direkt aus dem Vierjahres- plan dirigiert wurde. Sachliche Weisungen erhielt das Devisenschutzkommando nach wie vor durch die Militäradministration in Brüssel oder durch Göring, nicht aber durch die Finanz- verwaltung, deren Aufgaben lediglich in der persönlichen Betreuung, insbesondere in der Be- zahlung der Beamten lagen. Zuständig für die personelle Betreuung der Zöllner war der OFP Kühne in Köln.349 In der Kommandostruktur zwischen DSK und Göring ist so gesehen lediglich die Koordinati- onsstelle Devisenfahndungsamt weggefallen. Direkte Auswirkungen auf die Tätigkeiten des DSK Belgien lassen sich keine feststellen. Das Kommando verrichtete seine Aufgaben wie bisher an der Seite der Militärverwaltung, die sich bei Bedarf direkt mit der Vierjahresplan- behörde – wie im Falle der Schwarzmarktbekämpfung – koordinierte.

347 Schreiben des Reichsmarschalls des Großdeutschen Reiches, Beauftragter für den Vierjahresplan, Staatssek- retär Körner an den Reichsminister der Finanzen, 4.4.1941, BArch R2/5927. 348 Ebenda, BArch R2/5927. 349 Schreiben des OFP Köln, Kühne an den RMF, 18.4.1941, BArch R2/5927. 84 Abbildung 5: Die vorgesetzten Behörden des DSK Belgien

In der Frage der disziplinarischen Unterstellung stellte der Wegfall des DFA ein ungelöstes Problem dar. Die Aufsplittung der personellen Betreuung und der Weisungsbefugnis führte dazu, dass die konkreten Zuständigkeiten und Verantwortlichen selbst für die Zeitgenossen nicht klar waren.350 Gerade in Disziplinarfragen, ist für eine wirksame Durchführung bei der vorgesetzten oder verantwortlichen Stelle sowohl Autorität und Zuständigkeit für betreffende die Person vonnöten. Beim Devisenschutzkommando entstand durch diese Trennung einer- seits und die Überlappung von ungeregelten Zuständigkeiten andererseits ein organisatori- sches Vakuum. Das Beispiel der Kriegsauszeichnungen für die Angehörigen des Kommandos veranschaulicht die Situation. Die Angehörigen des Devisenschutzkommandos wurden trotz der allgemeinen hohen Aner- kennung ihrer Verdienste erst relativ spät mit Auszeichnungen bedacht.351 Aufgrund „beson-

350 Schreiben des MBBNF, MVChef –pers 76-, Reinhold an Schlumprecht, vertraulich, 14.1.1942, GRMA T78- 61. 351 Sowohl die Militärverwaltung als auch die Reichsfinanzverwaltung und Reichsmarschall Göring lobten die Verdienste des Kommandos für die Kriegführung des Reiches. Vgl. z.B. das Schreiben des OFP Köln, Kühne an den MBF, z.H. Ministerialdirektor Dr. Michel, an den MBBNF, z.H. Ministerialdirektor Dr. Schlumprecht und an den Reichskommissar für die besetzten niederländischen Gebiete, z. H. Minister Dr. Fischböck, 6.1.1942, GRMA T78-61. 85 derer Zuständigkeitsschwierigkeiten“ wurde bis zum Jahr 1942 noch keinem einzigen der Männer des DSK – mit Ausnahme von Staffeldt, der in besonders guter Beziehungen zu Gö- ring stand – ein Orden verliehen352, während die in den besetzten Gebieten eingesetzten Be- amten des Zollgrenzschutzes oder bei den Militärbefehlshabern und den Reichskommissaren bereits in großer Zahl mit dem Kriegsverdienstkreuz bedacht worden waren.353 Schließlich wandte sich Anfang 1942 OFP Kühne aus Köln an die Verantwortlichen der drei Besatzungs- verwaltungen in den besetzten Westgebieten, denen die Männer der drei Devisenschutzkom- mandos in ihrem Befehlsbereich unterstellt waren, „mit der dringenden Bitte, den bewährtes- ten Männern unter ihnen zu der längst verdienten Auszeichnung zu verhelfen.“354 In Belgien befasste sich der Verwaltungsstab mit der Angelegenheit und prüfte die Unterstel- lungsverhältnisse. OKVR Dr. Flad, der sich mit der Angelegenheit beschäftigte, kam – wie oben beschrieben – zu dem Ergebnis, dass es sich bei den Angehörigen des Devisenschutz- kommandos um Zivilpersonen handelte, die im Auftrag der Wehrmacht tätig waren. Die Fra- ge der personellen und disziplinarischen Unterstellung blieb aber weiterhin offen: „Solange keine Klärung erfolgt ist, wird man davon ausgehen müssen, daß die Heimat- dienststellen vorläufig für Personalfragen der abgeordneten Angehörigen der Devisen- schutzkommandos weiter zuständig geblieben sind.“355

Bei den Heimatdienststellen – gemeint war der OFP Köln – war die Unsicherheit ähnlich ausgeprägt. Als der Reichsminister der Finanzen im April 1941 dem Oberfinanzpräsidenten Kühne die Betreuung der Devisenschutzkommandos übertrug und somit auch Staffeldt und Quetting in seinen Aufgabenbereich fielen – beide waren jedoch seit Jahren formell aus der Reichsfinanzverwaltung ausgeschieden und über den Etat des Wirtschaftsministeriums be- zahlt worden – waren die Einzelheiten zwischen den einzelnen Behörden ebenso wenig ge- klärt, so dass Kühne dem Minister seine Zweifel vortrug und schrieb: „Ich gehe davon aus, daß die weitere Gehaltszahlung für diese beiden Beamten, die nicht mehr Reichsfinanzbeamte sind, geregelt ist.“356

352 Herbert Staffeldt hatte seine erste Auszeichnung am 20. April 1940 erhalten. Aufgrund eines persönlichen Handschreibens des Reichsmarschalls Göring war ihm schon vor der Westoffensive das Kriegsverdienstkreuz II. Klasse ohne Schwerter verliehen worden; MBBNF, MVChef, Wi/Gr. VIII an den MVChef, Präsidialbüro, Mili- tärverwaltungsoberrat (MVOR) Dr. Reinhold, 27.9.1943, BA-MA RW 36/217. 353 Schreiben des OFP Köln, Kühne an den MBF, z.H. Ministerialdirektor Dr. Michel, an den MBBNF, z.H. Ministerialdirektor Dr. Schlumprecht und an den Reichskommissar für die besetzten niederländischen Gebiete, z. H. Minister Dr. Fischböck, 6.1.1942, GRMA T78-61. 354 ebenda, GRMA T78-61. 355 Schreiben des MBBNF, MVChef –pers 76-, Reinhold an Schlumprecht, vertraulich, 14.1.1942, GRMA T78- 61. 356 Schreiben des OFP Köln, Kühne an den RMF, 18.4.1941, BArch R2/592. 86 Auf die Konsequenzen der Ämtervielfalt waren die Behörden des Reiches offenbar nicht vor- bereitet, so dass der Wegfall eines Dienstes unvorhergesehene organisatorische Probleme hervorbrachte.

Was nun die Verleihung des Kriegsverdienstkreuzes angeht, so wurden die Vorschlagslisten des OFP Kühne zunächst an den Kommandostab zur Bearbeitung weitergeleitet, der die Lis- ten dann dem OKH zur Prüfung übermittelte.357 Da das Devisenschutzkommando durch den Befehl des OKH im Mai 1940 eingesetzt worden war, fiel die Ehrung schließlich auch in den Aufgabenbereich der Wehrmacht. Die ersten Auszeichnungen von Angehörigen des DSK mit dem Kriegsverdienstkreuz II. Klasse mit Schwertern erfolgten im Frühjahr 1942. Dies ist je- doch nicht der Initiative des Oberfinanzpräsidenten zu verdanken, der die Benachteiligung der Männer der des DSK offen angesprochen hatte. Staffeldt hatte Kühne zu dieser Maßnahme angeregt und den Stein ins Rollen gebracht.358 In späteren Verleihungsverfahren engagierte sich Staffeldt jedoch parallel und scheinbar ohne Absprache mit Kühne für die Auszeichnung seiner Leute.359

Interessanterweise fiel die Bewertung der Unterstellungsverhältnisse in Frankreich völlig an- ders aus. Auch hier hatte der oben genannte Befehl des OKH vom 10. Mai 1940 seine Gültig- keit. Am 9. Juni 1941 – kurz nach der Auflösung des Devisenfahndungsamtes – wiederholte der Generalquartiermeister den bestehenden Befehl360, ein Umstand der in militärischen Krei- sen in keiner Weise selbstverständlich war und die undeutlichen Hierarchie-, Kommando- und Zuständigkeitsverhältnisse unterstreicht. Diese Frage wurde Anfang 1942 nicht nur in Brüssel diskutiert, sondern stand etwa zur gleichen Zeit auch bei der Militärverwaltung in Paris auf der Agenda. Dort jedoch kam man auf Grundlage desselben Befehls des OKH/ Generalquar- tiermeisters vom 9. Juni 1941 zu dem Schluss, „dass das Devisenschutzkommando gemäß Anweisung des Oberkommandos des Heeres [...] dem Militärbefehlshaber in Frankreich un- tersteht. Es ist daher nicht als zivile deutsche Dienststelle anzusehen.“361

357 Schreiben des MBBNF, MVChef, Reeder an den Kommandostab des MBBNF, Abt. IIa, 11.4.1942, GRMA T 78-61. 358 Schreiben des Leiters des Devisenschutzes in den besetzten Gebieten, Staffeldt an den MBBNF, MVChef, 24.1.1942, GRMA T 78-61. 359 Siehe z.B. das Schreiben des Leiters des Devisenschutzes in den besetzten Gebieten, Staffeldt an den MBBNF, KVR Dr. Mühleneisen, 31.12.1942, GRMA T 78-61; Schreiben des Leiters des Devisenschutzes in den besetzten Gebieten, Staffeldt an den MBBNF, KVR Dr. Mühleneisen, 20.1.1943, GRMA T 78-61; Der Lei- ter des Devisenschutzes in den besetzten Gebieten, Staffeldt, Begründung, 12.4.1943, GRMA T 78-61. 360 Aktenvermerk des MBBNF, MVChef, Wi/ Wi-Übw., Dr. Domke, 1.6.1943, BA-MA RW 36/211. 361 Schreiben des MBF, MVChef, gez. Dr. Gerhardt an den Kommandanten von Groß-Paris, Verwaltungsstab, Abschrift, 2.2.1942, BArch R2/Anh./82; auch: Dienstliche Stellung des Devisen- Schutz- Kommandos [sic!] in 87

Offensichtlich war die Frage der disziplinarischen Unterstellung eine rein definitorische, denn auch das DSK Frankreich fiel in den Aufgabenbereich des OFP Köln. Allein die Tatsache, dass die Männer des Kommandos mit einem militärischen Orden ausgezeichnet worden wa- ren – und nicht etwa mit dem eigens von Hitler gestifteten Ehrenzeichen für den Zollgrenz- schutz – hat jedoch nur begrenzten Aussagewert. Das Kriegsverdienstkreuz wurde für beson- dere Verdienste in der Heimat oder hinter der Front sowohl an Militärangehörige als auch im Verlauf des Krieges in zunehmendem Maße an Zivilisten verliehen.362 Die Verleihung des Kriegsverdienstkreuzes II. Klasse mit Schwertern an elf weitere Angehö- rige des Devisenschutzkommandos im Spätsommer 1944 stellt auch die letzte Handlung dar, durch die das DSK Belgien historisch greifbar wird. Nach der Invasion der Alliierten im Juni 1944 und dem Ersetzten von Falkenhausens Militäradministration durch eine Zivilverwaltung im Juli blieb das DSK vorerst noch unter dem neuen Reichskommissar für die besetzten Ge- biete von Belgien und Nordfrankreich, dem ehemaligen Köln-Aachener Gauleiter Grohé, im Lande. Die Verwaltungsabteilung unter Reeder war dabei intakt geblieben und arbeitete unter dem Reichskommissar weiter. So wurden auch die letzten Verleihungsvorschläge zum 1. Sep- tember 1944 in Brüssel bearbeitet.363 Ob es noch zu diesen Ehrungen kam ist ungewiss. Fest steht jedoch, dass das Devisenschutzkommando seine Hauptstelle in Brüssel spätestens einige Tage danach bereits verlassen hatte.364

den besetzten Gebieten, undatiert, vermutlich von Dr. Siegert (Abwicklungsstab des ehemaligen Reichfinanzmi- nisteriums), 1948, BArch R2/ Anh./82. 362 Das Kriegsverdienstkreuz konnte in zwei Abteilungen – mit und ohne Schwertern – sowie in zwei Klassen verliehen werden. Nach der Stiftungsverordnung vom 18. Oktober 1939 wurde das Kriegsverdienstkreuz II. Klasse mit Schwertern „für besondere Verdienste bei Einsatz unter feindlicher Waffeneinwirkung oder für be- sondere Verdienste in der militärischen Kriegführung.“ verliehen. Ohne Schwerter wurde es verliehen, wenn für die besonderen Verdienste des Ausgezeichneten kein Einsatz unter feindlicher Waffeneinwirkung vorlag; siehe Kurt Klietmann: Auszeichnungen des Deutschen Reiches 1936-1945, Stuttgart, 2002, S. 37 ff. 363 Der Reichskommissar für die besetzten Gebiete von Belgien und Nordfrankreich, pers 176/13, Reinhold an den Wehrmachtsbefehlshaber in Belgien und Nordfrankreich, Kommandostab Abt. IIa, 17.8.1944, GRMA T 78- 61. 364 In den Beständen des CEGES AA 585-80/2 findet sich ein Briefumschlag mit Schriftstücken des Devisen- schutzkommandos und der Aufschrift: „Trouvé le 15/9/1944 dans les [???] de la chambre No. 10 -1er étage Devisenschutzko [sic!]“. Die Aufschrift des Couverts deutet daraufhin, dass nach den Zersetzungserscheinungen auf der deutschen Seite alliierte oder belgische Stellen das ehemalige Büro des Devisenschutzkommandos einge- nommen und die verbliebenen, nicht zerstörten Dokumente an sich genommen haben. 88 5.2 Das Devisenschutzkommando als Repräsentant des Fiskus?

In der Literatur wird das Devisenschutzkommando gelegentlich als Dienststelle der Gestapo, der SS, oder auch als Vertreter des Reichsfiskus charakterisiert.365 Was nun die Verbindungen zur SS betrifft, so sind diese im Falle des DSK Belgiens anhand der Quellen, die für diese Magisterarbeit bearbeitet wurden, nicht nachvollziehbar.366 Maxime Steinberg weist darauf hin, dass das DSK - wie sämtliche Polizeikräfte des Reiches – Himmler unterstanden habe, jedoch ohne dabei zur SS zu gehören.367 Während des Bestehens des Devisenfahndungsamtes unter Heydrich, dessen direkter Vorgesetzter ja der Reichsführer SS war, ist zumindest eine formelle Subordination des DSK unter Himmler nachvollziehbar. Himmler taucht in den Quellen des DSK jedoch überhaupt nicht auf, Heydrich nur im Kontext des Devisenfahn- dungsamtes, das – wie gezeigt worden ist – als eine Dienststelle des Vierjahresplanes unter Görings Einfluss stand. Die Nähe des Devisenfahndungsamtes zur Gestapo wurde bereits angesprochen. Jedoch ist die Tatsache, dass das DFA einige Zeit nach seiner Gründung in die Prinz-Albrecht-Straße Nr. 8 umgezogen ist, allein kein Beweis für eine Zugehörigkeit des Devisenschutzkomman- dos zur Gestapo.368 Interessanter erscheint hier die Frage, ob das DSK unter Heydrich ge- gründet worden ist, weil dieser für die deutschen Polizeikräfte verantwortlich war, oder ob machtpolitische Erwägungen im Kampf gegen die Zollverwaltung eine Rolle gespielt haben. Wie viele Fragen in diesem Zusammenhang bleibt auch diese unbeantwortet.

Nach dem Attentat am 20. Juli 1944 organisierte Hitler die Sicherheitskräfte unter der Auf- sicht des Reichssicherheitshauptamtes neu. In diesem Zuge wurde neben dem Zollgrenzschutz auch die Geheime Feldpolizei, die militärische Abwehr und ihre angeschlossenen Verbände in die Gestapo überführt.369 Die betreffende Personengruppe könnte daher auch das Devisen- schutzkommando umfasst haben. Im Falle des Zollgrenzschutzes jedoch stellte das Internati- onale Militärtribunal in Nürnberg fest, dass die Überführung in die Gestapo unvollständig

365 LeBor: Hitler’s Secret Bankers, S. 33; Shirman: Un aspect de la „solution final”, S. 77; Les biens des victims, S. 97; Laureys: Diamantschakspel, S. 110 ff. 366 Im Gegensatz zum Devisenschutzkommando Belgien setzte sich das Devisenschutzkommando Frankreich neben Zöllnern auch aus Soldaten und SS-Angehörigen zusammen, LeBor, Hitler's Secret Bankers, S. 42 ff. 367 Steinberg, Holocauste et polycratie, S. 37. 368 Spätestens ab dem Frühjahr 1940 residierte das DFA in der Hermann Göring Straße Nr. 5 in Berlin. Über die Gründe des erneuten Umzuges kann auch hier lediglich spekuliert werden. Eine Annahme, die sich jedoch auf- drängt, ist, dass nach der Neuorganisation der Polizeikräfte durch die Gründung des RSHA am 27. September 1939 das Devisenfahndungsamt das Gestapa verlassen hat. Der Umzug geht aus dem Schreiben des DSK Ant- werpen, OZR Andres an den Generalstaatsanwalt beim Landgericht Berlin, 15.7.1940, CEGES AA 585-88B hervor. 369 IMT, XXI, S. 556; Gerhard Paul: „Kämpfende Verwaltung“. Das Amt IV des Reichssicherheitshauptamtes als Führungsinstanz der Gestapo, in: Gerhard Paul/ Klaus-Michael Mallmann (Hg.): Die Gestapo im Zweiten Weltkrieg. 'Heimatfront' und besetztes Europa, , 2000, S. 54. 89 und zu einem so späten Zeitpunkt erfolgt war, dass der Gerichtshof der Ansicht war, dass es sich nicht um eine Organisation der Gestapo gehandelt habe.370 Ob die Umstrukturierungen im Herbst 1944 das Devisenschutzkommando überhaupt noch betroffen haben - das DSK Belgien war ja bereits abgezogen worden – ist ebenfalls fraglich. Die Beziehung des Devisenschutzkommandos zur Gestapo, so zeichnet sich das Bild nach dieser Untersuchung, gestaltete sich nicht als ein Unterstellungsverhältnis. Das Devisen- schutzkommando war sicherlich keine Dienststelle der Gestapo. Andernfalls hätte Staffeldt ohne Zweifel weniger Schwierigkeiten mit den Vertretern der Sipo-SD bei der Bekämpfung des Schwarzen Marktes gehabt. Mit dem Devisenschutzkommando beschäftigte sich bereits im Jahre 1948 das Archiv des ehemaligen Reichsfinanzministeriums, das auf Anfrage der britischen Kontrollkommission Nachforschungen über den Charakter der Dienststelle anstellte. Bereits damals wurde das Fehlen von aktenmäßigen Unterlagen beklagt. Die Befragungen dreier Funktionäre im höhe- ren Dienst der Finanzverwaltung371 ergaben für die Phase bis zur Auflösung des Devisen- fahndungsamtes jedoch, dass gar kein Zweifel daran bestehe, "dass die Devisen-Schutz- Kommandos [sic!] keine Dienststellen der Gestapo waren. […] Niemals [war] jemand bei der Zollabteilung auf diesen Gedanken gekommen."372

Die Verbindung zur Gestapo, so der Bericht eines unbekannten Verfassers innerhalb der Fi- nanzverwaltung, sei lediglich durch die Person Staffeldts und seiner Tätigkeit im Devisen- fahndungsamt hergestellt worden. Dort heißt es: "Eine gewisse lose Verbindung zur Gestapo scheint bei nur formeller Betrachtung der Angelegenheit [sic!] also lediglich durch die Person Staffeldts zustanden gekommen zu sein. Daß diese Verbindung nur scheinbar bestand und rein formalen Charakter hatte, geht aus der Tatsache hervor, dass die Gestapo zu keiner Zeit irgend einen [sic!] Ein- fluss auf die Devisenschutzkommandos hatte."373

370 IMT, XXI, S. 579. Zum Unterschied der Gestapo-Grenzpolizei und des Zollgrenzschutzes siehe auch IMT, XIX, S. 189 ff, 342 ff. 371 Dr. Siegert, 1943 im Rang eines Ministerialdirigenten im RFM und 1948 im Archiv des ehemaligen RFM tätig, holte sich schriftlich bei Oberregierungsrat Dr. Hermann Bollenhagen und Ministerialrat Dr. August Gal- leiske Informationen ein. Bollenhagen leitete das Referat Zollfahndungswesen im RFM bis er 1941 in die Nie- derlande versetzt wurde, Galleiske übernahm nach Bollenhagens Versetzung das Zollfahndungswesen. 1948 war er der Vorsteher des Abwicklungsstabes für das Wehrmachtsvermögen. (BArch, R2/ Anh./82). Aufgrund der Position der befragten Personen kann man davon ausgehen, dass sie über die Vorgänge, Strukturen und Proble- matiken ihrer Behörde nicht nur informiert waren, sondern auch zu den Entscheidungsträgern gehörten, die den Umgang mit dem DFA regelten. Einerseits beinhalten die Aussagen der drei Funktionäre wertvolle Informatio- nen über die Stellung des DSK und seiner Beamten, andererseits müssen diese stets unter Vorbehalt kritisch überprüft werden, da sie ein nachträgliches Bild wiedergeben. Es finden sich in den Aussagen (BArch R2/ Anh./82) kleinere Fehler und Ungenauigkeiten, z.B. in der Datierung der Ereignisse. 372 Schreiben des Ministerialrat Dr. Galleiske an die Abwicklungsstelle des Reichsfinanzministeriums, Ministeri- aldirigent Dr. Siegert, 30.10.1948, BArch R2/ Anh./82. 373 Undatiertes Dokument, Textfragment, Verfasser unbekannt, im Nachkriegskontext entstanden, BArch R2/ Anh./ 82. 90

Der unbekannte Autor, der im Wirkungskreis der Finanzverwaltung zu suchen ist, betont da- her, dass die Devisenschutzkommandos bis zu ihrer Auflösung im Jahre 1944 Dienststellen der Zollverwaltung gewesen seien. Diese Aussage erscheint sehr zweifelhaft und ist nach ge- nauerer Betrachtung nicht haltbar. Die Praxis der Abordnungen der Zollbeamten zum Devi- senfahndungsamt, bzw. später zu Göring, belegt dies. Als Göring, Reichsmarschall und zwei- ter Mann im Staat, für den Einsatz auf dem Schwarzmarkt weitere Beamte beim Reichsminis- ter der Finanzen anforderte, wurden diese verweigert. Die Finanzverwaltung hatte ihre eige- nen, durch die Kriegsverhältnisse bedingten Personalnöte. Den wiederholten Anträgen des Devisenschutzkommandos auf eine weitere Abordnung von Zollbeamten entgegnete die Zoll- verwaltung, dass sie aufgrund des großen Beamtenmangels ihre Bediensteten für ihre eigenen Aufgaben in Anspruch nehmen müsse "und nicht für Zwecke einer anderen Verwaltung zur Verfügung stellen könne".374

Obwohl sich auch innerhalb der Finanzverwaltung die Ansichten über die Devisenschutz- kommandos teilten, handelte es sich dabei um Dienststellen des Devisenfahndungsamtes, bis sie – wie im Falle Österreichs oder Polens – in Zollfahndungsstellen umgewandelt und aus- drücklich wieder in die Reichsfinanzverwaltung eingegliedert wurden. Die Tatsache, dass der OFP Köln die Beamten betreute, ändert daran nichts. „Man kann also sagen: Solange die Dienststellen 'Devisenschutzkommandos' hießen, waren sie nicht Dienststellen der Reichsfi- nanzverwaltung.“375

Ministerialdirigent Siegert, der die Nachforschungen im Archiv des ehemaligen Reichsfi- nanzministeriums 1948/49 durchführte, sah sich am Ende seiner Recherchen also vor einigen widersprüchlichen Aussagen, nämlich ob oder ob nicht die Devisenschutzkommandos Dienst- stellen der Zollverwaltung gewesen waren. Einige dieser Aussagen dürften mangels Kenntnis, bzw. verblassender Erinnerungen der Befragten zustande gekommen sein. Im Kontext der Nachkriegsuntersuchungen durch die Besatzungsmächte muss dabei auch berücksichtigt wer- den, dass die beteiligten Akteure wohl gerne auf unliebsame Aussagen bezüglich einer Ver- bindung ihres Amtes zur Gestapo verzichtet haben. Trotz des Nachkriegshintergrundes – im- merhin handelt es sich hier um die Zeit der berühmten Persilscheine – können die Aussagen

374 Schreiben des Archivs des ehemaligen Reichsfinanzministeriums, Ministerialdirigent Dr. Siegert an Ministe- rialrat Dr. Galleiske, 5.7.1948, BArch R2 Anh./82. 375 Schreiben des Oberregierungsrates Dr. Bollenhagen an das Archiv des ehemaligen Reichsfinanzministeriums, Ministerialdirigent Dr. Siegert, 22.12.1948, BArch R2/Anh./82. 91 der Befragten nach einer kritischen Analyse und im Vergleich mit anderen Quellen durchaus ernst genommen werden.

Da nun die Reichsfinanzverwaltung keinerlei Weisungsbefugnis über die Devisenschutz- kommandos hatte, konnte man das DSK Belgien überhaupt als eine Dienststelle des Fiskus betrachten? Die Schwierigkeit dieser Frage liegt in der Abordnung der einzelnen Beamten zum Devisen- fahndungsamt. Diese einzelnen Zöllner blieben Angehörige der Reichsfinanzverwaltung. Sie waren ebenfalls – jeder für sich – Angehörige der Geheimen Feldpolizei, ohne jedoch formell eine militärische Einheit oder eine Dienststelle des Zolls zu bilden. Die Gesamtheit der abge- ordneten Männer wurde erst im Devisenfahndungsamt zu einer Dienststelle zusammenge- schlossen und vermutlich liegt hier auch der Schlüssel zur Mitgliedschaft in der GFP. Man muss bei der Charakterisierung des Devisenschutzkommandos Belgien daher zwischen der Zugehörigkeit der DSK-Männer und der Unterstellung der Dienststelle als Ganzes unter- scheiden. Da Herkunft und personelle Betreuung der Männer durch eine andere Stelle als die Weisungsbefugnis wahrgenommen wurde, machte die Zollzugehörigkeit das DSK nicht zu einer Zolldienststelle, genauso wenig wie die Tatsache, dass Heydrich als Leiter des Devisen- fahndungsamtes automatisch bedingte, dass es sich beim DSK um eine Gestapo-Formation gehandelt habe. Nicht zu vergessen auch die Tatsache, dass das Reichsfinanzministerium we- der an der Gründung des Devisenfahndungsamtes noch an der Einrichtung der Devisen- schutzkommandos beteiligt wurde. Berücksichtigt man dies, so ist die Antwort auf die gestell- te Frage eindeutig: Das Devisenschutzkommando Belgien war keine Dienststelle der Reichsfi- nanzverwaltung, obwohl es sich ausschließlich aus Mitgliedern ihrer Verwaltung zusammen- setzte.

Die Gruppenzugehörigkeit des DSK lässt sich leichter ausschließen als bejahen. Es wurde festgestellt, dass es sich weder um eine reine Zoll- oder Militäreinheit handelte, noch um eine Dienststelle der Gestapo oder SS, obwohl das DSK mit all jenen Behörden in unterschiedli- cher Form in Berührung stand. Das Devisenschutzkommando Belgien war eine Sonderdienststelle par excellence, die das polykratische Herrschaftssystem des NS-Regimes widerspiegelte. Das Kommando stand als Hybridform an der Schnittstelle von Staat und Partei, und hob den Gegensatz zwischen militä- rischen und zivilen Einheiten auf. Bei der Charakterisierung der Natur der Dienststelle kann daher nicht auf die traditionellen Klassifizierungen von öffentlichen Diensten zurückgegriffen

92 werden. Die unterschiedlich ausfallende Interpretation der beiden Einsatzbefehle des OKH in Frankreich und Belgien legen nahe, dass es sich bei der Zuordnung der DSKs in starkem Ma- ße auch um eine Frage der jeweiligen Wahrnehmung handelte. Die verantwortlichen Akteure im Devisenfahndungsamt und der Behörde für den Vierjahres- plan haben vermutlich nicht an eine bewusste Verschmelzung von staatlich-zivilen Verwal- tungen, militärischen und Stellen der NSDAP gedacht als sie die Pläne zur Einführung einer Devisenpolizei geschmiedet haben. Vielmehr erscheinen diese komplizierten Verflechtungen und Unterstellungsverhältnisse das Produkt einer Verschmelzung gewesen zu sein, die sich aufgrund der Alltagsanforderungen ergeben hat.

Trotz all der Schwierigkeit das Devisenschutzkommando nach gängigen Mustern zu klassifi- zieren, ist eines jedoch gewiss: Hermann Göring war nicht nur der geistige Vater des Devi- senschutzes in den besetzten Gebieten, sondern mit Herbert Staffeldt an seiner Seite auch die Stelle, die beim Devisenschutzkommando Belgien das letzte Wort hatte.

93 6 FAZIT

Der Schlüssel zum Verständnis des Devisenschutzkommandos Belgien liegt in den Herr- schaftsstrukturen des Deutschen Reiches. Das DSK agierte in Belgien nicht nur als Teil der polykratischen Strukturen, sondern war eine Dienststelle, die eben aus diesen Strukturen, den administrativen Verflechtungen und Rivalitäten der Reichsbehörden in der Vorkriegszeit her- vorgegangen war. Dabei handelte es sich jedoch nicht um eine Dienststelle, die sich nach dem Prinzip des Ämterdarwinismus gegen andere Kräfte durchgesetzt hatte und ihren Einsatz und ihre Kompetenzen auf diesem Erfolg beruht hätten. Das Devisenschutzkommando stellte vielmehr eine Eigenkreation des NS-Regimes dar und spiegelte in einer Dienststelle die Staatsstrukturen wider: Mit Hermann Göring stand an der Spitze dieses Sonderkommandos eine einflussreiche, führerähnliche Persönlichkeit. Göring, der nicht nur die Gründung des DSK veranlasst hatte, sondern auch das Einsatzgebiet bestimmte, dirigierte das Kommando nach seinen Vorstellungen, bzw. Intentionen. Das Devisenschutzkommando, soviel ist sicher, wurde mit dem konkreten Auftrag, in den besetzten Gebieten zu agieren, ins Leben gerufen. Ein Einsatz im Reichsgebiet war nicht vorgesehen. Auf der anderen Seite spiegelte das DSK durch seine Verflechtung mit den Zoll- und Militär- behörden die polykratischen Strukturen des Reiches wider. In der Organisation der Hierar- chie- und Kommandostrukturen des Devisenschutzkommandos Belgien treffen daher im Klei- nen sowohl die Strukturmerkmale eines monokratisch organisierten als auch eines polykra- tisch gegliederten Staatswesens aufeinander. Betrachtet man den Vorgesetzten des Kommandos, so ist dies nicht weiter verwunderlich. Hermann Göring, verkörperte ebenfalls eine ungewöhnliche Mischung aus einer Vielzahl von zivil-politischen, militärischen und Parteiämtern und stellte selbst eine Schnittstelle von Par- tei, Militär und Staat dar. Nach eigenen Aussagen hatte er gerade in der Zwischen- und Vor- kriegszeit als ehemaliger Jagdflieger großes Ansehen bei den jungen Offizieren des Ersten Weltkrieges genossen, ein Umstand der in der NSDAP gerne gesehen wurde.376

Obwohl das Devisenschutzkommando weitestgehend nach den Maßgaben der Militärverwal- tung arbeitete, hatte das Kommando – wie gezeigt worden ist – bedeutende Handlungsspiel- räume, die sich gelegentlich in seinem eigenmächtigen Vorgehen äußerten. Die allgemeine Ermächtigung durch Göring, auf die sich das DSK gerne berief, kann daher als eine Art Füh- rerauftrag gewertet werden, der die konkreten Ziele der Devisenbeschaffung im Zweifelsfall

376 G.M. Gilbert: Nürnberger Tagebuch, Frankfurt am Main, 1962, S. 72. 94 über die Abhängigkeit des Kommandos von den Strukturen, d.h. hier die Unterstellung unter die Militärverwaltung, stellte. Inwiefern das Verhalten des DSK von utilitaristischen Motiven geleitet wurde, lässt sich an- hand der schwierigen Quellenlage kaum belegen. Die Angehörigen des Kommandos wussten jedoch, was sie taten. Sie waren aufgrund ihrer Erfahrung zum DSK abgeordnet worden, um verborgene Werte aufzuspüren. Das DSK stellte eine Spezialeinheit dar, die sich über das Feld der Devisenbewirtschaftung hinaus betätigte und in seine Fahndungen sämtliche anmel- depflichtige Vermögenswerte einbezog. Die Konsequenzen, die sich aus dem Vermögenseinzug einer jüdischen Familie oder eines Feindes für die Lebensumstände der betreffenden Personen ergaben, lagen auf der Hand. Auch wenn lediglich die Konfiszierung des Vermögens durch das DSK erfolgte, das die An- gelegenheiten an die Anmeldestelle für Feind- und Judenvermögen, bzw. an die Brüsseler Treuhandgesellschaft weiterleitete, war für jeden Einzelnen überschaubar, dass den Besitzern durch die Überweisung ihrer Vermögen auf Sperrkonten die Lebensgrundlage entzogen wur- de. Trotz dieser intentionalen Züge in der Vorgehensweise des Devisenschutzkommandos, war das DSK tief in die Strukturen des Besatzungsregimes und auch des Altreiches integriert, in denen es sich täglich mit den anderen Dienststellen und Behörden ins Benehmen setzen muss- te. Das scharfe Vorgehen des DSK gegen Juden, das heißt, das volle Ausnutzen und auch Über- schreiten seiner Handlungsspielräume, muss jedoch nicht zwingend als Konsequenz der ideo- logischen Überzeugungen der Angehörigen des Devisenschutzkommandos ausgelegt werden. Das Verhalten kann auf der anderen Seite auch als ein besonderer Ressorteifer interpretiert werden, durch den sich das Kommando gegenüber anderen Dienststellen profilieren wollte. Das Beispiel der Hausdurchsuchungen in Eupen-Malmedy kurz vor der Wiedereingliederung ins Deutsche Reich belegt, dass derartige Neigungen beim DSK existierten. Auch die Tatsa- che, dass die Angehörigen des Devisenschutzkommandos im Vergleich zu anderen Dienst- stellen trotz der hohen Anerkennung ihrer Dienste relativ spät mit Auszeichnungen bedacht worden waren, könnte den Ehrgeiz der DSK-Leute angestachelt haben. Die Belohnung blieb auch nicht aus. Ab 1942 regnete es nicht nur Orden für die einzelnen Beamten. Im Mai 1942 wurde Gerhard Rahier vom Devisenschutzkommando abberufen und

95 zum Oberfinanzpräsidenten Berlin-Brandenburg versetzt, was für Rahier einer Beförderung gleich kam.377

Das Devisenschutzkommando Belgien wurde daher ebenso durch die Strukturen wie auch die die ideologischen Vorgaben beeinflusst. Ob nun die Überzeugungen der Akteure oder die Strukturen des Regimes – um auf die eingangs beschriebenen Forschungsdebatte zurückzu- kehren – einen größeren Einfluss auf das Devisenschutzkommando ausgeübt haben, lässt sich aufgrund der Quellenlage nicht mehr mit Bestimmtheit sagen. Die Antwort fällt ebenso hyb- ride aus wie die Klassifizierung des Kommandos selbst, denn – soviel steht fest – der Devi- senschutz wurde von beiden Faktoren stark beeinflusst.

Das Alltagsgeschäft in Belgien war jedoch in besonderem Maße von der unüberschaubaren und schwerkontrollierbaren Zahl der Dienststellen geprägt. Im März 1942 beklagte sich die Militärverwaltung in einem geheimen Bericht über die mangelnde Effizienz bei der Erfassung von Leistungen: „Das Bestreben, alle ‚Leistungen in deutschem Interesse’ zu erfassen, um ein möglichst getreues und geschlossenes Bild zu geben, war nur bedingt von Erfolg. Für eine voll- wertige Erfassung fehlen oft die Voraussetzungen in der öffentlichen und in der wirt- schaftlichen Verwaltung. Auch machte die Vielgestaltigkeit der Einheiten der Besat- zungstruppen, der Behörden des Wehrmachtsgefolges und einer schwer zu übersehen- den Zahl von Organisationen und Beauftragten deutscher Behörden und Unternehmun- gen die Erfassungsaufgabe nicht übersichtlicher und damit nicht leichter.“378

Mit diesen Leistungen waren nicht nur Finanz- oder Vermögenswerte gemeint. Es handelte sich dabei vielmehr um eine neutrale Umschreibung der Ausbeutung Belgiens durch die Be- satzungsmacht und zielte auf Waren, Güter, Rohstoffe etc. ab, die von der Militärverwaltung erfasst und– im deutschen Sinne – für die Kriegswirtschaft bestimmt waren. Der Versuch, die Effizienz zu steigern und diesen Zustand durch die Vereinheitlichung der Schwarzmarktkon-

377Schreiben des Leiters des Devisenschutzes in den besetzten Gebieten, Staffeldt an den MBBNF, z. Hd. von KVR Dr. Mühleneisen (mit anhängender Begründung), 20.1.1943 [handschriftlich korrigiert auf den 27.1.1943] GRMA T 78-61. Zu dieser Zeit, im Mai 1942, wurde die Behörde des OFP Berlin-Brandenburg, die schon in den Jahren davor als die Zentrale Nachrichtenstelle für die Reichsfinanzverwaltung fungierte, umstrukturiert. Die Außenstelle für feindliches Vermögen des Oberfinanzpräsidenten Berlin-Brandenburg erfasste nicht nur die eingehenden Anmeldebögen aufgrund der Feindvermögensgesetzgebung, sondern hatte nach dem Erlass der Elften Verordnung zum Reichsbürgergesetz auch eine zentrale Aufgabe in der Abwicklung des dem Reich ver- fallenen Vermögens; ausführlich bei Meinl/Zwilling: Legalisierter Raub, S. 240 f. Rahiers Nachfolger war OZI Fritz Berckholz, der ehemalige Leiter der Außenstelle Lille des DSK Frankreich. Berckholz war ebenfalls Mitglied der GFP; Schreiben des Leiters des Devisenschutzes in den besetzten Gebie- ten, Staffeldt an den MBBNF, z. Hd. von KVR Dr. Mühleneisen, 20.1.1943 [handschriftlich korrigiert auf den 27.1.1943] GRMA T 78-61. 378 MBBNF, MVChef, Verfasser unbekannt, Bericht: „Die von der Militärverwaltung gesteuerten, im deutschen Interesse 1941 aufgebrachten Leistungen Belgiens und Nordfrankreichs“, geheim, 20.3.1942, BA-MA RW 36/210. 96 trolle in einer Hand zu überwinden, scheiterte nicht zuletzt am Widerstand der Sipo-SD, die nicht bereit war, das Heft aus der Hand zu geben.

Die Erfassung der Finanz- und Vermögenswerte speziell verlief trotz der verordneten Anmel- depflicht und der Kontrollen ebenso wenig vollständig.379 Der Gesamtwert des deklarierten und enteigneten Besitzes von Juden betrug im Juli 1944 rund 225 Millionen RM und stellte etwa ein Zehntel des erfassten Feindvermögens dar.380 Gerade der Wert des letzteren war nach der Invasion der Alliierten für die deutschen Behörden in den Vordergrund gerückt, da die Frage des Faustpfandes nun akut wurde.381 Das Devisenschutzkommando war für diese Bilanz nur teilweise mitverantwortlich. Viele Anmeldungen waren gemäß den Vermögensverordnungen freiwillig erfolgt. Auch soll die hohe Zahl der überwachten Vermögenswerte nicht darüber hinweg täuschen, dass nicht die gesamte Summe in die Kassen der Kriegswirtschaft geflossen ist. Bei der Invasion der Alliier- ten, die den allmählichen Rückzug der Deutschen mit sich brachte, war der Prozess der Kon- zentrierung und Enteignung des jüdischen Vermögens noch nicht abgeschlossen. Das Feind- vermögen sollte ohnehin nicht liquidiert werden. Jedoch hatte das Devisenschutzkommando große Summen im Zuge der Devisenstrafrechtspflege dem Reich zugänglich gemacht. 1942 waren mehr als 4,3 Millionen RM durch Strafverfahren zusammengekommen und direkt ein- gezogen worden.382

Eine endgültige Bilanz der Funde und Konfiszierungen des Devisenschutzkommandos Bel- gien ist nicht überliefert. Die bereits erwähnte Erfolgsübersicht aus dem Jahre 1943 ist daher der einzige Anhaltspunkt über die Summe der Erlöse.383 Laut der Übersicht hatte das DSK Belgien bis zum September 1943 Gold und Papierdevisen im Wert von 46 Millionen RM be- schafft. Der weitaus größte Posten dieser Übersicht mit mehr als 2,1 Milliarden RM stellten die rückgeführten ausländischen Wertpapiere dar, die hauptsächlich aus Unternehmensfonds aus Frankreich zurückgeholt wurden und größtenteils in die Kategorie des Feindvermögens fielen. Das Devisenschutzkommando war lediglich für die Kontrolle der Vorschriften und der Eintreibung der Werte zuständig. Wie letztendlich mit den verschiedenen Posten verfahren wurde, war eine Frage der Politik.

379 Les biens des victimes, S. 152. 380 MBBNF, MVChef, Wi, Gr. XII, Abschlußbericht, S. 119 f. Der angegebene Gesamtwert wird von der belgi- schen Historikerkommission jedoch als unglaubwürdig eingeschätzt, da in dieser Statistik auch Werte erfasst worden waren, über die die Besatzer nicht verfügten; Les biens des victimes, S. 155. 381 Gruppe XII, Abschlußbericht, S. 93. 382 MBBNF, MVChef an die Wi-Abt., geheime Kommandosache, S. 46, 20.07.1943, BA-MA RW 36/207. 383 Siehe Anhang, S. 109. 97 Die NS-Führung hatte schon früh die Bedeutung einer funktionierenden Kriegswirtschaft er- kannt. Das Debakel des Ersten Weltkrieges hatte in kriegswirtschaftlicher Hinsicht zwei Din- ge gelehrt: Erstens, ein mit modernen Waffen geführter Krieg wird nicht mehr allein durch militärisches Geschick an der Front entschieden. Ebenso von Bedeutung für den Ausgang eines Krieges ist das ökonomische Potential der Krieg führenden Parteien, das die Nachschü- be der Fronttruppen wie auch die Versorgung der Bevölkerung garantiert. Zweitens, lehrten die Jahre 1914-1918 wie destabilisierend sich eine schlechte Versorgungslage an der Heimat- front auf die Systemtreue der Bürger auswirken kann. Mit dem Wissen, dass sowohl die Nie- derlage als auch die Revolution von 1918 größtenteils wirtschaftlich determiniert waren, spielten ökonomische Faktoren bei den Vorbereitungen des Zweiten Weltkrieges eine beson- dere Rolle. Neben der Rüstungsproduktion wurden Rohstofflager und Getreidereserven ange- legt, die den Importbedarf des Reiches von drei Jahren ausgleichen konnten.384 Am 1. Sep- tember 1939 beruhigte der Völkische Beobachter die besorgte deutsche Bevölkerung mit der Meldung: „Speicher und Kühlhallen sind gefüllt. Genußfähigkeit der Lebensmittel auf lange Zeit gewährleistet.“385 Die günstige Lebensmittelversorgung der Zivilbevölkerung hatte im Zweiten Weltkrieg eine Regime stabilisierende Wirkung.386 Die Einbeziehung der besetzten Gebiete in die Versor- gung des Reiches entlastete die deutsche Bevölkerung davon, allein für die Kriegskosten auf- kommen zu müssen. Darüber hinaus stand das Volk nicht mehr in einem solch starken Kon- kurrenzverhältnis zur Kriegswirtschaft wie im Ersten Weltkrieg, wo der Rüstungsproduktion absolute Priorität auf Kosten der hungernden Zivilbevölkerung eingeräumt worden war. Das Devisenschutzkommando Belgien war zwar nicht direkt in die Versorgung der Bevölke- rung eingebunden, trug aber durch seinen Anteil an der Finanzierung der Kriegswirtschaft zur Entlastung des Staatshaushaltes und somit indirekt zur Versorgung der Bevölkerung bei.

Mit der Einrichtung der ersten Devisenschutzkommandos im Jahr 1938 schuf sich die NS- Führung frühzeitig ein Instrument, um Versorgungsengpässe, wie sie den Deutschen noch gut in Erinnerung waren, zu umgehen. Das Devisenschutzkommando stellte daher nicht nur eine polizeiliche Einheit dar, sondern war darüber hinaus Teil der Kriegstrategie des Deutschen Reiches.

384 Lothar Burchardt: Die Auswirkungen der Kriegswirtschaft auf die deutsche Zivilbevölkerung im Ersten und im Zweiten Weltkrieg, in: MGM 15,1 (1974), S. 65-97. 385 Der Völkische Beobachter. Berliner Ausgabe: Kampfblatt der national-sozialistischen Bewegung Groß- deutschlands, 1.9.1939, Nr. 244, S. 13. 386 Burchardt: Kriegswirtschaft, S. 80; 98 7 QUELLEN- UND LITERATURNACHWEIS

7.1 Quellen

Archivalische Quellen:

Centre d'Etudes et de Documentation Guerre et Sociétés contemporaines, Büssel: AA 585: Devisenschutzkommando

Bundesarchiv, Berlin Lichterfelde: R2 Reichsfinanzverwaltung R2/5927: Devisenfahndungsamt R2/5105: Generalgouvernement Anhang 49: Devisenschutzkommando Anhang 82: Archiv des ehemaligen Reichsfinanzministeriums

Bundesarchiv-Militrarchiv, Freiburg im Breisgau: RW 36: Militärbefehlshaber in Belgien und Nordfrankreich RH 36: Kommandanturen der Militärverwaltung RW 5: Oberkommando der Wehrmacht, Amt Ausland/Abwehr

German Records Microfilmed at Alexandria: Rolle T 78 Nr. 61: Oberkommando des Heeres, Heerespersonalamt, Militärbefehlshaber in Belgien und Nordfrankreich

Landesarchiv NRW, Hauptstaatsarchiv Düsseldorf: LA NRW - Reg. Aachen Nr. 19988.

Service des Victimes de la Guerre, Brüssel Microfiche Nr. 497.230.035: Antwerpen

Gedruckte Quellen:

Heeresgruppen-Verordnungsblatt für die besetzten Gebiete.

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105 8 ANHANG

Abbildung 6: Besondere Anordnung von Gerhard Rahier387

387 Quelle: CEGES AA 585-76. 106

Abbildung 7: Antrag auf Verleihung des Kriegsverdienstkreuzes I. Klasse mit Schwertern an Herbert Staffeldt 388

388 Quelle: BA-MA RW 36/217.

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Abbildung 8: „Erfolgsübersicht“ der Devisenschutzkommandos Niederlande, Belgien und Frankreich389

389 Quelle: BA-MA RW 36/217.

109

110 Abbildung 9: „Faustpfand“ - Wert der Feind- und Judenvermögen390

390 Quelle: GRMA T 77-1217.

111 Abbildung 10: Abschiedsgedicht für Gerhard Rahier im Mai 1942391

391 Quelle: CEGES: AA 585-76.

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