ZEITSCHRIFT FÜR DIE VEREINTEN NATIONEN UND IHRE SONDERORGANISATIONEN BONN • APRIL 1971 • 19. JAHRG. • EINZELH. 2,50 DM VEREINTE NATIONEN

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HERAUSGEBER: DEUTSCHE GESELLSCHAFT FUR DIE VEREINTEN NATIONEN (DGVN)

VERLAG: MÖNCH-VERLAG • KOBLENZ • POSTFACH 1560 DEUTSCHE GESELLSCHAFT FÜR DIE VEREINTEN NATIONEN BONN

INHALTSVERZEICHNIS Präsidium: Frau Theanolte Bähnisch, Staatssekretärin a. D., Hannover Prof. Dr. Paul Barandon. Gesandter a. D., Hamburg Dr. Rainer Barzel, MdB, Vorsitzender der CDU-Fraktion, Bonn Fritz Berg, Präsident des Bundesverbandes der Deutschen Industrie, Köln Die Auswirkungen des Deutsch-Sowjetischen Gewaltverzichtsvertrags Bundeskanzler Willy Brandt auf die Feindstaatenklauseln der UN-Satzung 37 Georg von Broich-Oppert, Botschafter a. D., Thomasberg/Siebengebirge von Brun-Otto Bryde Dr. Werner Dankwort, Botschafter a. D., Harwich/USA Landesbischof D. Hermann Dietzfelbinger, München Zur Frage der Befreiung von den Feindstaaten-Klauseln Felix von Eckardt, MdB, Staatssekretär a. D., der UN-Satzung 41 Bad Godesberg Bundesminister Dr. Erhard Eppler, Bonn Prof. Dr. Ludwig Erhard, MdB, von Jens Hacker Bundeskanzler a. D. Ministerpräsident a. D. Heinrich Hellwege, Neuenkirchen/NE Dr. Lorenz Kardinal Jaeger, Erzbischof, Paderborn Rotchina ante portas 43 Prof. Dr. Erich Kaufmann, Heidelberg Dr. Kurt Georg Kiesinger, MdB, Parteivorsitzender der CDU Die Konvention zur Beseitigung der Rassendiskriminierung 46 Prof. Dr. Herbert Lewin, Heusenstamm-Bastenwald von Professor Dr. Karl Josef Partsch Dr. Martin Löffler, Rechtsanwalt, Stuttgart Prof. Dr. Hermann Mosler, Max-Planck-Institut, Heidelberg Ludwig Rosenberg, ehemaliger Vorsitzender des DGB Rückzug aus >Territorien< oder aus >allen Territorien^ 53 Bundesminister Helmut Schmidt, Bonn Vizekanzler Walter Scheel von Dr. Bernhard Doli Erwin Schoettle, MdB, Stuttgart Dr. Gerhard Schröder, MdB, Bundesminister a. D., Bonn Bundesminister Käte Strobel, Bad Godesberg Aus dem Bereich der Vereinten Nationen 59 Herbert Wehner, MdB, Vorsitzender der SPD-Fraktion, Bonn Dr. Hermann Weinkauff, Präsident des Bundesgerichtshofes a.D., Karlsruhe Die Mitgliedschaften in den Sonderorganisationen der UN (Tabelle) . . 62 Prof. Dr. C. F. Frhr. v. Weizsäcker, Starnberg Hans-Jürgen Wischnewski, Bundesgeschäftsführer der SPD, Bonn Literaturhinweis 64

Vorstand : Frau Annemarie Renger-Loncarevic, MdB, Neuss (Vorsitzende) Dr. Walter Klein, Senatsdirektor a. D., Berlin (Stellv. Vorsitzender) Dr. Erhard Klotz, Bürgermeister, Neckarsulm (Stellv. Vorsitzender) Dr. Karl Schutz, Generalkonsul, Bonn (Schatzmeister) Herausgeber: Deutsche Gesellschaft für die Vereinten Nationen, Bonn. Prof. Dr. Eduard Wahl, Heidelberg (Ehrenvorsitzender) Chefredakteur: Kurt Seinsch, 53 Bonn, Simrockstraße 23, Fernruf 22 35 40 / 22 47 66. Oskar Bartheis, Oberregierungsdirektor, Stuttgart William Borm, MdB, Berlin Namentlich gezeichnete Beiträge geben die Meinung des Verfassers, nicht ohne Otto Dibelius, Oberkirchenrat, Bonn weiteres die des Herausgebers oder der Redaktion wieder. Dr. Klaus Hüfner, Dipl.-Volkswirt, Berlin Verlag: Mönch-Verlag, 54 Koblenz, Postfach 1560. Verlagssitz: 5401 Waldesch über Dr. Karlheinz Knauthe, Rechtsanwalt, Berlin Koblenz, Hübingerweg 33, Fernruf (0 26 28) 766 und 767 Jens Naumann, M. A., Berlin Postscheckkonto: Ludwigshafen 3949. Bankkonto: Dresdner Bank Koblenz 13266 — Manfred H. Obländer, Bonn Kreissparkasse Koblenz 6080. Dr. Gerd Poetschke, Privatdozent, München Heinz Putzrath, Bonn Alle Rechte, auch die der fotomechanischen Wiedergabe, sind vorbehalten. Für Waldemar Reuter, Mitglied des Bundesvorstandes fotomechanische Vervielfältigung zum innerbetrieblichen Gebrauch sind pro Foto• des DGB, Düsseldorf kopierblatt 10 Pf vom fotokopierenden Unternehmen in Wertmarken an die In• Rudolf Werner, MdB, Hannover kassostelle für Fotokopiergebühren beim Börsenverein des Deutschen Buchhandels Frau Dr. Hildegard Wolle-Egenolf, in Frankfurt a. M. zu entrichten, gemäß dem zwischen dem BDI und dem Börsen• Rechtsanwältin, Wiesbaden verein abgeschlossenen Rahmenabkommen vom 14. 6. 1958. Dr. Karl König, Senator, Vorsitzender Landesverband Berlin Anzeigenverwaltung: Mönch-Verlag, 54 Koblenz, Postfach 1560, Walter Gaßmann, Direktor, Fernruf (0 26 28) 766 und 767. Vorsitzender Landesverband Baden-Württemberg Dr. Philip Frhr. von Brand, Druck : Peter Buchbender, 53 Bonn, Breite Straße 13—15, Fernruf 31721. Vorsitzender Landesverband Bayern Erscheinungsweise: zweimonatlich. — Preis: Jahresabonnement (6 Hefte) 12,— DM; bei Zustellung durch den Verlag (Inland) 14,80 DM; für Mitglieder der Deutschen Gesellschaft für die Vereinten Nationen beträgt der Bezugspreis jährlich 9,— DM (zuzüglich Portospesen 2,80 DM); Einzelheft 2,50 DM. Die Bezugszeit gilt Generalsekretariat: ganzjährig mit weiterer Verlängerung, falls nicht einen Monat vor Ablauf des Deutsche Gesellschaft für die Vereinten Nationen, Kalenderjahres gekündigt wird. Bezug durch den Verlag und den Buchhandel. 53 Bonn, Simrockstraße 23, Telefon 22 47 66. Die Auswirkungen des Deutsch-Sowjetischen Gewaltverzichtsvertrags auf die Feindstaatenklauseln der UN-Satzung BRUN-OTTO BRYDE

Der nachstehende Beitrag und der auf ihn folgende befassen tatsächlich nicht vorliegt. In diesem Zusammenhang ist vor sich beide mit dem Verhältnis des zwischen der Bundesrepu•allem die Frage wichtig, welche Auswirkungen der Vertrag blik Deutschland und der Sowjetunion am 12. August 1970 in auf die sogenannten Feindstaatenartikel der UN-Satzung Moskau unterzeichneten Vertrags (Moskauer Vertrag) und den (Art. 107 und 53) hat. Wenn die Sowjetunion nämlich in dem Artikeln 53 und 107 der Satzung der Vereinten Nationen. Der Vertrag auf die von ihr wiederholt in Anspruch genomme• Vertrag hat zum Ziel, sich jeder Drohung mit Gewalt und nen Interventionsrechte auf Grund dieser Artikel verzichtet jeder Anwendung von Gewalt gegen den Vertragspartner zu hat, liegt eine Gegenleistung vor3. Damit gewinnt diese Un• enthalten. Hierbei bezieht sich der Vertrag ausdrücklich auftersuchun g Bedeutung für die Bewertung des deutsch-sowje• das Gewaltverbot des Artikels 2 der UN-Satzung. Andererseits tischen Vertrages. Allerdings sollten die einleitenden Aus• besagen die Artikel 53 und 107 der UN-Satzung, daß sich führungen über die komplexe Zielsetzung der Parteien deut• ehemalige Feindstaaten, also auch Deutschland, unter be• lich gemacht haben, daß diese Frage die Bewertung des Ver• stimmten Voraussetzungen auf Bestimmungen der Satzung trages weder im Positiven noch im Negativen abschließend nicht gegen die ehemaligen Siegermächte berufen und stützenentscheide n kann. können. Überlagert der Moskauer Vertrag diese sogenannten Feindstaatenartikel der Satzung und macht er sie obsolet 2. Aktualität der Feindstaatenartikel oder haben sie auch weiterhin Bedeutung? Das untersuchen Eine Aufgabe von Rechten aus den Artikeln 53 und 107 der zwei Völkerrechtler: Der erste ist Referent an der Forschungs•UN-Satzung ist allerdings nur dann ein nennenswerter Fak• stelle für Völkerrecht und ausländisches öffentlichestor für diRechte Bewertun g des Vertrages, wenn diese Vorschriften der Universität Hamburg, der zweite Assistent des Institutsnoc h aktuelle Bedeutung haben. Die Beantwortung dieser für Ostrecht der Universität Köln. Frage wird dadurch erschwert, daß gerade die Auslegung dieser Artikel besonders umstritten ist4. Die Frage nach dem 1. Bedeutung der Feindstaatenartikel durch die Artikel berechtigten und betroffenen Staatenkreis5 für den Gewaltverzichtsvertrag wirft allerdings im Verhältnis von Sowjetunion und Bundes• republik keine Probleme auf, da die Sowjetunion bei jeder Der deutsch-sowjetische Gewaltverzichtsvertrag vom 12. Au• Auslegung zum ersteren, die Bundesrepublik zum letzteren gust 19701 ist eines der bedeutendsten politischen Ereignisse gehört. des letzten Jahres. Als politisches Ereignis ist er auch in Erheblich schwieriger ist die Frage nach dem Inhalt der erster Linie zu bewerten. Die völkerrechtliche Analyse seines Feindstaatenartikel zu beantworten. Art. 107 dispensiert die Inhalts ist demgegenüber zwar wichtig, aber doch von nach• Siegermächte für Kriegsfolgemaßnahmen von den Be• geordneter Bedeutung. Das ergibt sich schon daraus, daß stimmungen der UN-Satzung und Art. 53 (1) 3" erlaubt Re• wesentliche Zielsetzungen der Parteien im Vertragstext kaum gionalabkommen, die sich gegen das Wiederaufleben aggres• einen Niederschlag gefunden haben. Für das beiden gemein• siver Politik richten, Maßnahmen gegen eine solche Politik same Ziel, die gegenseitigen Beziehungen2 zu verbessern, für ohne Einschaltung der UN-Organe zu ergreifen. Der gegen das Bestreben der Bundesrepublik, der Sowjetunion die Pro• die Erneuerung aggressiver Politik in der Zukunft gerichtete pagandawaffe des deutschen >Buhmanns< aus der Hand zu Art. 53 (1) 3 ist dabei in seinem denkbaren Anwendungsbe• nehmen, und die auf der gleichen Ebene liegende Hoffnung reich aktueller als Art. 107, insbesondere nachdem der der Sowjetunion, durch Beweise ihrer Friedlichkeit Auflocke- Kriegszustand zwischen den Gegnern des Zweiten Welt• rungserscheinungen im westlichen Lager zu verstärken, ist kriegs beendet ist7. Art. 53 setzt voraus, daß ein gegen die offensichtlich die Tatsache, daß überhaupt ein Vertrag zu• Wiederaufnahme aggressiver Politik durch die ehemaligen stande gekommen ist, wichtiger als dessen genauer Inhalt. Feindstaaten gerichtetes Abkommen geschlossen worden ist. Sehr sorgfältig rechtlich fixiert wurden dagegen neben dem Ob solche Abkommen heute bestehen, ist zweifelhaft8. Das Gewaltverzicht (Art. 2), der dem Vertrag den Namen gibt, allein würde dem Art. 53 jedoch seine Aktualität nicht neh• die Fragen hinsichtlich der Zukunft des Status quo in Mittel• men, da entsprechende Abkommen in Zukunft geschlossen europa, der in der Vergangenheit der Hauptgegenstand der werden könnten. Auseinandersetzung zwischen den beiden Ländern war, da Entscheidend ist vielmehr, zu welchen Maßnahmen die die Bundesrepublik ihn vor allem hinsichtlich der deutschen Feindstaatenartikel berechtigen. Nach Auffassung der So• Teilung und der Oder/Neiße-Grenze ändern, die Sowjetunion wjetunion, die durch Sinn und Wortlaut von Art. 53 gedeckt sichern wollte. Die Tatsache, daß das Ergebnis dieser Aus• ist, erlaubt diese Vorschrift eine präventive Intervention einandersetzung rechtlich niedergelegt ist, während die zu• schon bei aggressiven Tendenzen, also internen politischen vor genannten politischen Zielsetzungen und Hoffnungen Vorgängen9. Diese Inanspruchnahme von Interventionsrech• sich weniger leicht fassen lassen, ist nicht ohne Einfluß auf ten ist besonders deshalb für die Bundesrepublik gefährlich, die innerdeutsche Diskussion um den Vertrag geblieben. weil die Sowjetunion den Begriff der aggressiven Tendenzen Insbesondere die Argumentation, die Bundesrepublik habe recht weit auszulegen geneigt ist (Gewinn einiger Mandate Zugeständnisse ohne Gegenleistung gemacht, ist zum Teil durch die NPD, Vertriebenentreffen, revanchistische < Äuße• daraus zu erklären, daß die Leistungen der Bundesrepublik rungen einzelner Politiker zur Oder/Neiße-Frage). Mit der hinsichtlich der Anerkennung des Status quo im Vertrag Gestattung einer präventiven Intervention, die durch das sichtbar, mögliche Vorteile des Vertragsschlusses jedoch schon Selbstverteidigungsrecht des Art. 51 UN-Satzung nicht ge• deswegen unsichtbar sind, weil die atmosphärische, erst in rechtfertigt wäre, dispensiert Art. 53 vom Gewaltverbot des der Zukunft erwartete Verbesserungen betreffen. Art. 2 (4) UN-Satzung. Eine solche Intervention würde jedoch Aber selbst wenn man sich darauf einläßt, die Diskussion auch gegen das Kriegsverbot des Kellogg-Paktes10 sowie auf feststellbare Rechtsgewinne und -Verluste zu beschrän• gegen das allgemeine Gewaltverbot des Völkergewohnheits• ken, ist fraglich, ob eine > Gegenleistung< der Sowjetunion rechts verstoßen. Nach dem immer noch geltenden Völker-

Vereinte Nationen 2/71 37 rechtsgrundsatz, daß Verträge Dritten keine Lasten aufer• on dieser gegenüber ihre Interventionsansprüche immer wie• legen können11, kann keine Bestimmung der UN-Satzung der bekräftigt hat. Auf jeden Fall wäre eine Inanspruch• der Bundesrepublik als Nichtmitglied den Schutz des allge• nahme von Einmischungsrechten unterhalb der Gewalt• meinen Völkerrechts entziehen. Damit verlieren aber die schwelle leichter zu begründen als ein Recht auf militärische Feindstaatenartikel viel von ihrer Schärfe, da sie sich letztlich Intervention. darauf beschränken, Maßnahmen zu erlauben, die die UN- Nach allem ergibt sich, daß die Feindstaatenartikel eine un• Satzung verbietet, das allgemeine Völkerrecht jedoch gestattet. veränderte Aktualität haben, und sei es nur, weil sie der So• Ein Beispiel für eine solche Maßnahme könnte die Repressa• wjetunion die Behauptung von Interventionsrechten in lie des klassischen Völkerrechts sein. Auch für die Kriegs• Deutschland vor der Weltöffentlichkeit erleichtern. Eine ver• folgemaßnahmen nach Art. 107 war die Gestattung bis zur tragliche Klarstellung, die das in Zukunft ausschließt, wäre Beendigung des Kriegszustands von Bedeutung, da das all• für die Bundesrepublik also in jedem Fall ein Erfolg. gemeine Völkerrecht dem Sieger über den Besiegten Rechte einräumt, die unter der UN-Satzung nicht mehr gegeben 3. Sowjetische Interventionsansprüche und sind12. der Gewaltverzicht in Art. 2 des Vertrages Für die abweichende Auffassung, daß die Feindstaatenartikel Prüft man die Auswirkungen des Moskauer Vertrages auf die auch das allgemeine Völkerrecht durchbrechen, kann sich die behaupteten sowjetischen Interventionsansprüche, so findet Sowjetunion allerdings auch auf westliche Lehrmeinungen man in den offiziellen Verlautbarungen deutscher und sowje• stützen1*. Obwohl keiner dieser Versuche, ein auf dem Ge• tischer Stellen wenig Hilfe. Diese vermeiden klare rechtliche danken der Bestrafung oder Ächtung beruhendes Sonder• Aussagen und sprechen statt dessen unjuristisch davon, daß recht für die Feindstaaten des Zweiten Weltkrieges zu schaf• die Feindstaatenartikel »vom Tisch«, »obsolet«, »überlagert« fen, überzeugen kann, sind natürlich westliche Stimmen be• oder »überdeckt« seien183. Auszugehen ist jedenfalls von der sonders geeignet, die Argumentation der Sowjetunion zu un• Tatsache, daß kein ausdrücklicher, die Art. 53 und 107 kon• terstützen. Gerade die Möglichkeit zur Argumentation und kret ansprechender Verzicht erklärt wird. Daraus allein kann Rechtsbehauptung sind jedoch die entscheidenden Faktoren man allerdings nicht auf die Absicht der Sowjetunion schlie• der Diskussion um die Feindstaatenartikel. Die Sicherheit ßen, an diesen Ansprüchen festzuhalten. So einleuchtend das der Bundesrepublik hängt weit mehr von politischen und mi• Argument erscheinen mag, wenn die Sowjetunion tatsächlich litärischen Fakten ab als von völkerrechtlichen Konstruktio• von der Berufung auf die Feindstaatenartikel abrücken wolle, nen, und die Frage der Feinstaatenartikel dürfte wohl auch könne sie das auch ausdrücklich erklären, so wenig würde es nie ein internationales Gericht beschäftigen. Die Bedeutung diplomatischer Ausdrucksweise im allgemeinen und außen• dieser Artikel liegt daher vor allem in ihrer Verwendbar• politischem Stil der Sowjetunion im besonderen entsprechen, keit als Propagandawaffe zur Verunsicherung der Bundes• das Abrücken von einem so festen Bestandteil der sowjetischen republik und zur Rechtfertigung von Interventionsansprü• Nachkriegspolitik wie dem Sonderrecht für den besiegten chen gegenüber der Weltöffentlichkeit. Eine solche Verwen• Aggressor formell zu verkünden. Auch in den Verträgen mit dung ist jedoch nicht nur dann möglich, wenn eine rechtliche den westlichen Siegermächten finden sich im übrigen solche Analyse das Bestehen von Interventionsansprüchen zweifels• Formulierungen nicht. Ein Verzicht auf die Rechte aus den frei ergibt, sondern schon, wenn die Ansprüche sich durch Art. 107 und 53 hätte für die Siegermächte auch den Nachteil, eine nicht völlig abwegige Konstruktion absichern lassen, daß er diese Rechte endgültig vernichten würde19. Auch im und diese Konstruktion die Zustimmung eines Teils (auch Falle einer Beendigung oder eines Bruchs des Vertrages der westlichen) Völkerrechtslehre findet. Schon aus diesem könnte dann nicht auf sie zurückgegriffen werden. Das er• Grund muß eine größere Rechtssicherheit, die die zukünftige klärt, warum dem Verzicht die Verpflichtung vorgezogen Inanspruchnahme von Interventionsrechten durch die So• wird, die auf Grund der (weiterbestehenden) Feindstaaten• wjetunion ausschließt, ein wichtiges Ziel deutscher Außen• artikel gestatteten Maßnahmen zu unterlassen. politik sein. Eine solche Verpflichtung könnte Art. 2 des Vertrages, der den Gewaltverzicht zwischen den beiden Parteien regelt, Besondere Bedeutung kommt den Feinstaatenartikeln schließ• enthalten. Im Verhältnis zu den Westmächten wird eine ent• lich noch hinsichtlich von Interventionen politischer und sprechende Verpflichtung aus der Londoner Erklärung vom wirtschaftlicher Natur unterhalb der Gewaltschwelle zu. Sol• 20 che Maßnahmen sind von Art. 53 gedeckt, und gegen sie 3. Oktober 1954 abgeleitet , in der es heißt, daß die drei wird die Bundesrepublik nicht mit gleicher Eindeutigkeit Mächte durch das allgemeine Völkerrecht geschützt, wie es hinsicht• »sich bei ihren Beziehungen mit der Bundesrepublik an lich militärischer Gewalt durch das Gewaltverbot der Fall die in Artikel 2 der Satzung der Vereinten Nationen ent• ist. Inhalt und Umfang eines allgemeinen, auch indirekte und haltenen Grundsätze halten werden«21. nichtmilitärische Mittel umfassenden Interventionsverbots sind strittig14. Die UN-Vollversammlung hat in mehreren De• Ganz ähnlich heißt es in Art. 2 Satz 2 des Moskauer Ver• klarationen versucht, das Prinzip der Nichtintervention nä• trages: her zu bestimmen, zuletzt im Oktober 1970 in der decla• »(die Parteien) übernehmen die Verpflichtung, sich in ih• ration on Principles of Friendly Relations<15. In dieser wird ren gegenseitigen Beziehungen gemäß Art. 2 der Charta ein umfassendes Interventionsverbot formuliert, das direkte der Vereinten Nationen der Drohung mit Gewalt oder und indirekte Einflußnahme auf innere Angelegenheiten ei• der Anwendung von Gewalt zu enthalten«. nes anderen Staates mit politischen, wirtschaftlichen und »jeder anderen Art« von Mitteln umfaßt Die Deklaration" Daß trotz der deutlichen Parallele im Wortlaut bezweifelt versteht sich dabei als Auslegung geltenden, auf der UN-Sat• wird, ob diese Formulierung die gleiche Bedeutung hat wie zung basierenden Völkerrechts17. Soweit diese Grundsätze die hinsichtlich der Westmächte22, hat seinen Grund in der aus der UN-Charta hergeleitet werden18, können sie wegen Vorgeschichte des Vertrags. Während des deutsch-sowjeti• der Feindstaatenartikel zu Lasten der Bundesrepublik durch• schen Meinungsaustausches über einen Gewaltverzicht schlug brochen werden. Aber selbst wenn sich durch die wiederholte die Sowjetunion am 21. November 1967 den Austausch von Annahme derartiger Deklarationen mit breitest möglicher Erklärungen vor, in denen die Parteien sich verpflichten Unterstützung ein entsprechendes Völkergewohnheitsrecht sollten, gebildet haben sollte, ist zweifelhaft, ob dies auch für die »eine Politik zu betreiben, die den Bestimmungen und Bundesrepublik gelten würde, da zumindest die Sowjetuni• Prinzipien der Charta der Vereinten Nationen, insbeson-

38 Vereinte Nationen 2/71 dere der in Artikel 2 der Charta enthaltenen Verpflich• nicht unbedingt aus, wenn man an die Verwendung des Be• tung entspricht, sich in den internationalen Beziehungen griffs >friedlich< z. B. in friedliche Koexistenz< denkt. Auch der Androhung oder Anwendung von Gewalt zu enthal• nach seinem übrigen Inhalt regelt Art. 2 des Vertrags nur ten;« den Verzicht auf militärische Gewalt. Das ist eine empfind• liche Lücke, besonders weil der völkerrechtliche Schutz der In der diese Entwürfe begleitenden Erklärung stellte die So• Bundesrepublik gerade gegenüber solchen Interventionen wjetunion fest, ein so formulierter Gewaltverzicht widerspre• schwach ist und weil solche Einmischungen wahrscheinlicher che dem Fortbestehen der Rechte aus Art. 53 und 107 nicht23. sind, als der Einmarsch sowjetischer Truppen. Es wäre da• Ziel einer derartigen Argumentation dürfte der Abbruch des her zu begrüßen gewesen, wenn der Vertrag auch diese Gedankenaustausches über den Gewaltverzicht gewesen Frage geregelt hätte, indem neben dem Gewaltverzicht ein sein24. genereller Interventionsverzicht in den Vertrag aufgenom• Dieser Vorgang zwingt naturgemäß zu einer sehr sorgfältigen men worden wäre (etwa in Anlehnung an die Formulierun• und kritischen Würdigung von Gewaltverzichtserklärungen gen der oben erwähnten UN-Deklaration). Hinsichtlich des unter Bezugnahme auf die UN-Satzung. Dabei ist aber fest• Verbots militärischer Interventionen ist der Wortlaut von zustellen, daß, abgesehen von dem geänderten politischen Hintergrund, auch die danach vorgeschlagene und die nun• Art. 2 des Vertrages dagegen eindeutig. mehr gewählte Formulierung entscheidende Unterschiede 4. Die Problematik von Artikel 4 des Vertrages aufweist. Während in dem sowjetischen Entwurf auf die »Bestimmungen und Prinzipien der Charta« insgesamt Be• Dieses Ergebnis wird jedoch durch Art. 4 des Vertrages ge• zug genommen wurde, ist im Moskauer Vertrag die Verpflich• fährdet. Diese Vorschrift, die die rechtlich komplizierteste tung festgelegt, sich »gemäß Artikel 2 der Charta der Dro• des ganzen Vertragswerkes ist26, bestimmt: hung mit Gewalt oder der Anwendung von Gewalt zu ent• halten«. Durch die Berufung auf Artikel 2 wird also nicht die »Dieser Vertrag zwischen der Bundesrepublik Deutschland gesamte UN-Satzung Bestandteil des Vertrages. Diese Vor• und der UdSSR berührt nicht die von ihnen früher ab• schrift wird vielmehr nur zur Inhaltsbestimmung des abso• geschlossenen zweiseitigen und mehrseitigen Verträge und lut erklärten Gewaltverzichts herangezogen. Noch viel ein• Vereinbarungen.« deutiger ist schließlich der erste Teil von Art. 2 Satz 225 des Legt man diesen Artikel so aus, daß Rechte und Pflichten, Vertrages, in dem es heißt: die einer Vertragspartei auf Grund von Verträgen mit Drit• »Demgemäß werden sie ihre Streitfragen ausschließlich ten zustehen27, unberührt bleiben, so hat der Vertrag die der mit friedlichen Mitteln lösen ...« Sowjetunion auf Grund der UN-Satzung (eines mehrseitigen Vertrages der Sowjetunion) zustehenden Rechte aus den Diese Formulierung läßt eine andere Auslegung als die, daß Feinstaatenartikeln unverändert gelassen. Die Konsequenzen die Sowjetunion sich verpflichtet, keine Gewalt gegenüber einer solchen Auslegung für den Vertrag sind leicht zu sehen. der Bundesrepublik anzuwenden, nicht zu. Eine militärische Dem feierlichen Verzicht auf Gewaltanwendung in Art. 2 Intervention bereits bei Vorgängen in der Bundesrepublik, würde das Beharren auf einem einseitigen Interventionsrecht die die Sowjetunion als aggressive Tendenzen wertet und die zwei Artikel weiter folgen. Der Gewaltverzicht, der sowohl keine Selbstverteidigung nach Art. 51 der UN-Satzung recht• nach dem Willen der Parteien wie objektiv Herzstück des fertigen, ist danach ausgeschlossen. Vertrages ist, wäre ad absurdum geführt. Demgegenüber Interventionen unterhalb der Schwelle militärischer Gewalt, sollte jede Auslegung die zentrale Bedeutung des Gewaltver• also insbesondere politische und wirtschaftliche Einmi• zichts zum Ausgang nehmen. Dann kann aber eine Ausle• schungsversuche schließt der Wortlaut des Vertrags dagegen gung, die den Vertragszweck so eindeutig verfehlt, nicht rich-

Den >Anti-Rassismus-Tag< stellte die Kommission für Menschenrechte der Verein• ten Nationen auch in die• sem Jahr wieder durch eine besondere Sitzung heraus. Der Tag geht auf einen Be• schluß der Vollversammlung von 1966 zurück: Mit ihm soll auf die immer noch in der Welt weit verbreitete Diskriminierung von Ras• sen, Hautfarben, Geschlech• tern, Religionen und weite• ren Andersartigkeiten auf• merksam gemacht werden. Der Anti-Rassismus-Tag ist der 21. März: An diesem Tag des Jahres 1960 wurden in Sharpesville (Südafrika• nische Republik) 68 fried• liche Demonstranten er• schossen. — Das Bild zeigt die Kommission für Men• schenrechte während Ihrer Sondersitzung im Rahmen ihrer 25. Tagung, die am Europäischen Sitz der Ver• einten Nationen in Genf vom 22. Februar bis 26. März 1971 stattfand. (Vgl. im übri• gen Partsch, Die Konven• tion zur Beseitigung der Rassendiskriminierung, in: VN 1/71 S. 1 ff. und S. 46 ff. dieser Ausgabe.)

Vereinte Nationen 2/71 39 tig sein, wenn der Wortlaut eine zweckgerechtere Deutung genauer als die Aussage, sie seien »obsolet«34. Es ist nämlich erlaubt. nicht ausgeschlossen, daß die Sowjetunion innenpolitische Vor• Eine solche Auslegung ist möglich, wenn man sich auf den gänge, die sie früher als »Wiederaufnahme von Angriffspoli• Sinn von Vertragsklauseln von der Art des Art. 4 besinnt. tik« im Sinne des Art. 53 (1) 3 qualifiziert hätte, nunmehr als Sie sollen verhindern, daß eine Partei gezwungen wird, auf Vertragsbruch ansieht, der sie zur Aufkündigung des Ver• Grund des abgeschlossenen Vertrages ältere Verpflichtungen trages berechtigt35, womit die Feindstaatenartikel wieder ihre zu verletzen. Eine solche Kollision kann jedoch nur eintre• alte Rolle einnehmen würden. Darauf könnte die Äußerung ten, wenn Pflichten aus neuem und altem Vertrag kollidie• Falins hinweisen, die Artikel würden überlagert, wenn der ren, nicht wenn auf Rechte verzichtet wird, die ein früherer Vertrag »erfüllt« sei30. Vertrag eingeräumt hat. Das gilt zumindest dann, wenn die Eine endgültige Beseitigung dieser Artikel muß also auch Rechte verzichtbar sind, was für die Interventionsrechte auf weiterhin Ziel der deutschen Politik sein. Ein Weg dazu ist Grund der Feinstaatenartikel zu bejahen ist28. Art. 4 läßt nach weitverbreiteter Ansicht die Aufnahme der Bundes• also nur Pflichten, nicht aber Rechte aus früheren Verträgen republik in die UNO37. Allerdings muß diese Frage vor ei• der Parteien unberührt. Auch Art. 4 ändert daher nichts nem Aufnahmeantrag sehr sorgfältig geprüft und nötigen• daran, daß die Sowjetunion nach Ratifizierung des Vertrags falls eine entsprechende Erklärung erreicht werden, damit die ein Recht zur bewaffneten Intervention in der Bundesrepu• Feindstaatenartikel nicht durch die Unterwerfung der Bun• blik nicht mehr geltend machen kann. desrepublik unter die UN-Satzung erst die volle Wirkung Allerdings kann wegen der Mehrdeutigkeit der Vorschrift erhalten, vor der im Augenblick das allgemeine Völkerrecht die Gefahr, daß die Sowjetunion, gestützt auf die oben aufge• schützt. Der sicherste und endgültige Weg zur Beseitigung zeigte und mit dem Wortlaut nicht unvereinbare Argumen• der Feindstaatenartikel ist jedoch ihre Streichung bei einer tation ihre Interventionsansprüche bei entsprechenden po• Revision der UN-Satzung. Das sollte auch nach einer etwai• litischen Gegebenheiten erneuert, nicht ausgeschlossen wer• gen Aufnahme der Bundesrepublik in die UNO schon deshalb den29. Bedenkt man, daß nach der hier vertretenen Auffas• ihr Ziel sein, weil diese Artikel durch ihre bloße Existenz sung Interventionsansprüche in dem von der Sowjetunion die Einteilung der Staaten in gute und böse, friedliebende behaupteten Umfang nicht bestanden haben und der Wert und Aggressoren verkörpern und diese Diskriminierung der eines Verzichts auf sie für die Bundesrepublik daher nur in Vergangenheit angehören sollte. Sowohl Aufnahme in die größerer Rechtssicherheit besteht, ist dieses Ergebnis der Ana• UNO wie Satzungsrevision sind ohne Zustimmung der So• lyse nicht sehr positiv, da möglicherweise die Auseinander• wjetunion38 nicht zu erreichen. Das aber setzt ein gewandel• setzung um den Inhalt der Art. 107 und 53 nur durch eine tes Verhältnis zwischen Bundesrepublik und Sowjetunion solche um Art. 4 des Vertrages ersetzt worden ist. Insgesamt voraus, für das der Vertrag vom 12. August 1970 einen An• läßt sich jedoch sagen, daß die Position der Bundesrepublik fang setzt. Zumindest insofern stellt der Vertrag einen Bei• in einer etwa wieder auflebenden Diskussion über sowjetische trag zur Lösung des Problems der Feindstaatenartikel dar. Interventionsrechte durch den eindeutigen Gewaltverzicht in Art. 2 des Vertrages besser wäre als vorher. Anmerkungen: Ein Formulierungsvorschlag für eine klarere Fassung des 1 Der Text findet sich im Bulletin der Bundesregierung vom 17. Au• gust 1970, S. 1094. Vertrages ist nicht leicht. Die Bundesrepublik hat auf den 2 Nicht zuletzt in wirtschaftlicher Hinsicht; vgl. z. B. Moersch, Mos• Art. 4 selbst den größten Wert gelegt. Einmal mußte sie die kauer Vertrag als neue Ausgangslage für die wirtschaftlichen Be• Positionen ihrer westlichen Verbündeten aufrechterhalten30, ziehungen, in: Auswärtiger Dienst 1970, S. 172 ff. 3 Oppermanns Auffassung (Die Gewaltverzichtsposition der BRD, zum anderen hat sie ihrer Meinung nach durch Art. 4 den in: Außenpolitik 1970, S. 453 ff., S. 464), der Verzicht auf die Feind• Briefwechsel zur deutschen Einheit zwischen Adenauer und staatenklauseln sei selbstverständliche Voraussetzung zu einem Abkommen ohne Notwendigkeit eines »quid pro quo<, hat viel für Bulganin aus dem Jahre 1955 zum Vertragsbestandteil ge• sich, aber es dürfte unrealistisch sein, von der Sowjetunion die macht31. Eine Vermeidung der Schwierigkeiten wäre also Räumung von Rechtspositionen ohne Gegenleistung zu erwarten. 4 Die noch immer beste, besonders durch die Klarheit der Gedanken• nicht durch einen Verzicht auf Art. 4 möglich gewesen. Denk• führung beeindruckende Darstellung der Problematik ist die von bar wäre dagegen eine Formulierung, die klargestellt hätte, Hannes C. Schneider, Die Charta der Vereinten Nationen und das Sonderrecht für die im Zweiten Weltkrieg unterlegenen Nationen, daß der Gewaltverzicht Vorrang vor allen anderen Bestim• Bonn 1967; vgl. außerdem Albano-Müller, Die Deutschland-Artikel mungen des Vertrages hat und im Zweifelsfall auch Art. 4 in der Satzung der Vereinten Nationen, Stuttgart—Berlin—Köln- vorgeht. Um eine entsprechende Erklärung der Sowjetunion Mainz 1967; ders., Gewährt die UNO-Satzung Interventionsrechte in Deutschland — insbesondere in Berlin?, in: VN 16. Jg. (1968) könnte sich die Bundesregierung auch jetzt noch bemühen. S. 180—182; Frenzke/Hacker/Uschakow, Die Feindstaatenartikel und Es ist denkbar, daß die sowjetische Erklärung in den Ver• das Problem des Gewaltverzichts im Vertrag vom 12. 8. 1970, Berlin 1971. handlungsprotokollen, auf die die Bundesregierung sich mehr• 5 Vgl. Schneider, siehe Anm. 4, aaO, S. 79 ff., S. 139, Frenzke, Welche fach bezogen hat32, ohne sie bisher der Öffentlichkeit zugäng• Ostblockstaaten erheben Ansprüche aus den Feindstaatenklauseln?, lich zu machen, eine entsprechende Klarstellung enthält. in: VN 17. Jg. (1969), S. 134 ff. 6 Der 2. Halbsatz des 2. Satzes von Art. 53 erscheint in deutschen Übersetzungen der Satzung regelmäßig als selbständiger Satz und 5. Wege zur endgültigen Beseitigung des Sonderrechts wird daher als Satz 3 zitiert. 7 Vgl. Schneider, siehe Anm. 4, aaO, S. 100. Von Bedeutung kann für die Verlierer des Zweiten Weltkrieges diese Vorschrift aber für den Inhalt und die Durchführung eines zu• künftigen Friedensvertrages bleiben, vgl. dazu Schneider, siehe Die Ausführungen haben gezeigt, daß der deutsch-sowjeti• Anm. 4, aaO, S. 118 ff. 8 Vgl. Frenzke, siehe Anm. 5, aaO, S. 138 ff.; ders. in Frenzke/Hacker/ sche Vertrag im Falle seiner Ratifizierung einen Fortschritt Uschakow, siehe Anm. 4, aaO, S. 88. beim Abbau der Feindstaatenartikel bedeutet, diese aber nicht 9 Vgl. Uschakow in Frenzke/Hacker/Uschakow, siehe Anm. 4, aaO, S. 106 f. Nachweise auch bei Frenzke, siehe Anm. 5, aaO, S. 134 f. als Problem der deutschen Außenpolitik beseitigen würde. Vgl. auch die Erklärung der sowjetischen Regierung vom 21. No• Zum einen bleibt die Zulässigkeit >friedlicher< Interventio• vember 1967: »Gegen die Wiederaufnahme der aggressiven Politik eines ehemaligen feindlichen Staates können folglich entsprechende nen ungeklärt, zum anderen ist der Vertrag nicht so eindeutig Maßnahmen getroffen werden« (abgedruckt In Frenzke/Hacker/ gefaßt, daß er erneute sowjetische Rechtsbehauptungen mit Uschakow, siehe Anm. 4, aaO, S. 138 ff.). Sicherheit ausschließen würde. Vor allem aber hat der Ver• 10 Zu dessen Fortgelten vgl. Schneider, siehe Anm. 4, aaO, S. 162. 11 So Dahm, Völkerrecht, Bd. 2, Stuttgart 1961, S. 182; Berber, Lehr• trag die Artikel nicht beseitigt, sondern nur von ihnen er• buch des Völkerrechts, Bd. 3, München 1964, S. 210. Alle Versuche, laubte Maßnahmen verboten. das Gegenteil zu beweisen (vor allem von Kelsen, Principles of International Law, 3rd Printing, New York 1959, S. 352 ff.) über• Die Ausdrucksweise des zukünftigen sowjetischen Botschaf• zeugen nicht. ters in der Bundesrepublik, Falin, gegenüber dem Bundes• 12 Vgl. Schneider, siehe Anm. 4, aaO, S. 99 f. 13 Nachweise bei Schneider, siehe Anm. 4, aaO, S. 159 ff. vorsitzenden der Jungen Union, Echternach, die Artikel seien 14 Vgl. Oppermann, Nichteinmischung in innere Angelegenheiten, in: durch den Vertrag »überlagert«33, trifft die Rechtslage daher Archiv des Völkerrechts 1970, S. 321 ff.

40 Vereinte Nationen 2/71 15 UN-Doc. A/RES/2625 (XXV) vom 24. Oktober 1970. 27 Wie etwa ausdrücklich auf Grund des Vertrages zwischen Sowjet• 16 Zur Problematik derartiger Äußerungen von UN-Organen vgl. auch union und DDR vom 12. Juni 1964. Weber, Der Vietnam-Konflikt — bellum legale?, Hainburg 1970, 28 Schneider, siehe Anm. 4, aaO, S. 175 f. S. 139 f. 29 Anzeichen dafür gibt es in Äußerungen sowjetischer Politiker, die 17 So der amerikanische UN-Delegierte Gimer in Department of in der Dokumentation der CDU zum Vertrag vom 12. August 1970 State Bulletin 1970 II, S. 623 f. wiedergegeben werden. 18 Die Präambel der Deklaration spricht davon, daß solche Inter• ventionen »spirit and letter« der UN-Satzung verletzten. 30 Vgl. Duckwitz, Die Wende im Osten, in: Außenpolitik 1970, S. 645 ff., 18a Eine eingehende, wenn auch wenig ergebnisreiche Diskussion S. 653 f. dieser Begriffsbildungen fand in der Fragestunde des Deutschen 31 So auch Duckwitz, siehe Anm. 30, aaO, S. 652. Bundestages am 28. März 1971 statt (Parlament vom 3. April 1971, 32 Vgl. die Ausführungen von Bundesminister Ehmke in der Frage• S. 7 f.). stunde vom 28. März 1971 (Parlament vom 3. April 1971, S. 7). Die 19 Vgl. Engelhardt, »Verzicht«, in: Strupp/Schlochauer, Wörterbuch des entsprechenden Protokolle sollen dem Bundestag erst bekannt• Völkerrechts, Bd. 3, Berlin 1962, S. 588. gegeben werden, wenn ihm der Vertrag zur Ratifizierung zuge• 20 Vgl. Schneider, siehe Anm. 4, aaO, S. 175. leitet wird. 21 Abgedruckt in Krüger/Rauschning, Die Gesamtverfassung Deutsch• 33 Vgl. Die Welt vom 20. März 1971. lands, Frankfurt 1962, S. 448. 34 Die Aussage von Bundesminister Ehmke in der Fragestunde vom 22 Behrendt, Der Moskauer Vertrag, in: Osteuropa 1970, S. 809 ff., 28. März 1971 (Parlament vom 3. April 1971, S. 8), die Artikel seien S. 826 f.; Frenzke in Frenzke/Hacker/Uschakow, siehe Anm. 4, aaO, juristisch überlagert und »damit politisch obsolet« ist daher be• S. 122 ff. denklich. 23 Text von Erklärung und Entwürfen sind abgedruckt bei Frenzke/ 35 Eine Beendigung ist im Vertrag allerdings nicht vorgesehen. Hacker/Uschakow, siehe Anm. 4, aaO, S. 138 ff. 36 Vgl. Die Welt vom 20. März 1971. 24 Behrendt, siehe Anm. 22, aaO, S. 810. 37 Vgl. Schneider, siehe Anm. 4, aaO, S. 171m. w. N.; Abano—Müller, 25 Dieser Teil des Vertrags ist erstaunlicherweise in der kritischen siehe Anm. 4, aaO, S. 63 ff.; Hacker in Frenzke/Hacker/Uschakow, Analyse des Vertrages von Frenzke in Frenzke/Hacker/Uschakow, siehe Anm. 4, aaO, S. 53 ff. siehe Anm. 4, aaO, S. 118 ff., nicht ausgewertet worden. 38 Diese Zustimmung hat die Sowjetunion bei UN-Beratungen über 26 Dazu vor allem Wengler, Der Moskauer Vertrag und das Völker• eine Satzungsrevision noch im November und Dezember 1970 ab• recht, in: JZ 1970, S. 632 ff. gelehnt.

Zur Frage der Befreiung von den Feindstaaten-Klauseln der UN-Satzung

JENS HACKER

Die Frage, ob und inwieweit die Sowjetunion im Moskauer aggressiven Haltung dieser Mächte schaffen (Art. 53 Abs. 1 Vertrag vom 12. August 1970 auf ihre aus den sogenannten Satz 3). Feindstaaten-Klauseln 53 und 107 UN-Charta hergeleiteten In der westlichen Völkerschaftslehre wird überwiegend die Interventionsansprüche gegenüber der Bundesrepublik Meinung vertreten, daß die Feindstaaten-Klauseln weder Deutschland verzichtet hat, ist in jüngster Zeit wieder höchst durch Zeitablauf noch durch die Entwicklung der politischen aktuell geworden. Im westlichen völkerrechtlichen Schrifttum Verhältnisse in der Nachkriegszeit hinfällig geworden sind5. wird davon ausgegangen, daß die Bestimmungen der Art. 53 Im völkerrechtlichen Schrifttum der Ostblockländer wird die Abs. 1 Satz 3 und Art. 107, welche die Feindstaaten aus der Gültigkeit der Feindstaaten-Artikel ebenfalls überwiegend von der UN-Satzung errichteten Friedensordnung in weitem bejaht6. Die Völkerrechtler der DDR legen besonderen Wert Umfang herausnahmen, ein in »bedenklichem Maße system• auf die Feststellung, daß es sich bei beiden Bestimmungen der widriges Element«1 darstellen. Beide Klauseln sehen eine zeit• UN-Satzung nicht um »diskriminierendes Sonderrecht« liche Befristung ihrer Anwendbarkeit nicht vor. Nach über• handle. So schreibt Bernhard Graefrath: wiegender Meinung der westlichen Völkerrechtslehre darf »Es handelt sich vielmehr um die Anwendung der allgemei• hieraus jedoch nicht gefolgert werden, das in diesen Vor• nen völkerrechtlichen Normen gegenüber den Aggressor• schriften etablierte Ausnahmerecht bestehe »theoretisch für staaten des zweiten Weltkrieges. Völkerrechtlich diskriminiert alle Ewigkeit«-. Nur wenige westliche Autoren halten diese wird der Friedensbruch, und es wird die Verantwortlichkeit Bestimmungen für überholt8. des Staates sowie seiner Funktionäre für dieses völkerrechts• widrige Verhalten fixiert«7. Die Frage der Fortgeltung der Feindstaaten-Klauseln Die DDR-Völkerrechtler betonen, daß Art. 107 die passiv Weil die Feindstaaten-Artikel das Kriegsverbot der UN- betroffenen Staaten nicht recht- und friedlos mache; auch satzung völlig aushöhlen und nichts anderes als »das tro• gestatte er nicht jede Willkür ihnen gegenüber8. janische Pferd des gesamten UNO-Systems der Kriegsver• Darüber hinaus wird im völkerrechtlichen Schrifttum in der hütung«4 darstellen, ist verschiedentlich die Frage aufge• DDR hervorgehoben, daß Art. 107 die Unzuständigkeit der worfen worden, ob diese Normen nach Ablauf der ersten Vereinten Nationen für die Regelung der Deutschland-Frage Nachkriegs jähre außer Kraft getreten oder sonstwie gegen• festlege und die von den Alliierten in den Jahren 1944/45 standslos geworden sein könnten. Diese Fragestellung be• getroffenen Vereinbarungen über den Nachkriegsstatus trifft in besonderem Maße den Art. 107, da dieser im Kapitel Deutschlands zur allein gültigen Rechtsgrundlage für die XVII »Ubergangsbestimmungen, betreffend die Sicherheit Lösung des deutschen Problems mache9. der UN-Satzung untergebracht worden war. Der Vorläufigkeitscharakter des Art. 107 ergibt sich darüber Die betroffenen ehemaligen Feindstaaten hinaus aus seiner inhaltlichen Regelung. Hingegen ist der Zum Kreis der passiv betroffenen Staaten, die »während des vorläufige Charakter des Art. 53 Abs. 1 Satz 3 nicht so deut• Zweiten Weltkriegs ein Feind irgendeines Signatarstaates der lich zum Ausdruck gekommen. Er folgt aber aus dem Um• Charta gewesen sind« (Art. 107), gehören außer Deutschland, stand, daß diese Vorschrift ein Verfahren zur Beendigung der das sich mit allen Unterzeichnern der UN-Satzung im Kriege von ihr eingeräumten Rechte eröffnet. Beide sollten so lange, befand, Bulgarien, Finnland, Italien, Japan, Rumänien und bis auch die Gegner der alliierten Koalition des Zweiten Ungarn. Umstritten ist, ob auch Österreich zu den Feind• Weltkriegs Aufnahme in die Vereinten Nationen gefunden staaten zu rechnen ist10. haben, die Frage der Friedenjiegelung aus der Kompetenz Für diese Staaten bestehen mehrere Möglichkeiten, von den der Weltorganisation ausklammern (Art. 107) und außerdem Ausnahmebestimmungen der Art. 53 Abs. 1 Satz 3 und 107 zusätzliche Sicherungen gegen die Wiederaufnahme einer UN-Charta befreit zu werden. Die erste Möglichkeit, nach der

Vereinte Nationen 2/71 41 diese Klauseln außer Kraft getreten sind, kann außer Be• werden, noch daß der betroffene Staat mit Abschluß des tracht bleiben, da nach Auffassung der westlichen wie der Friedensvertrags seine Feindstaaten-Qualität verlöre. Uber• östlichen Völkerrechtslehre beide Bestimmungen weder durch wiegend bedienen sie sich der Formulierung daß nach Ab• Zeitablauf noch durch die Entwicklung der politischen Ver• schluß eines Friedensvertrags die Feindstaaten-Artikel »ge• hältnisse seit 1945 hinfällig geworden sind. Daran ändert genstandslos« würden". auch die Tatsache nichts, daß beide Vorschriften in der UN- Festzuhalten bleibt, daß der Abschluß eines Friedensvertrags Charta als vorläufig gekennzeichnet werden. zwar nicht in der sowjetischen Völkerrechtslehre, wohl aber Die zweite Möglichkeit, von diesen Klauseln frei zu werden, in der offiziellen Argumentation der sowjetischen Regierung besteht darin, daß die passiv betroffenen Staaten ihre Feind• als entscheidender Rechtsakt für die Änderung des Status staat-Eigenschaft durch bestimmte völkerrechtliche Akte ver• der ehemaligen Feindstaaten bezeichnet wird. Aufschlußreich lieren und daher nicht mehr von den fortgeltenden Klauseln sind in diesem Punkt vor allem die Ausführungen der so• der UN-Satzung erfaßt werden. Nicht nur im Westen, sondern wjetischen Regierung im Rahmen des Notenaustausches mit auch im Osten differieren die Meinungen darüber, worin die der Bundesregierung über das deutsche Angebot, einen zwei• für den Statuswechsel der früheren Feindstaaten entscheiden• seitigen Gewaltverzicht zu vereinbaren. Die Sowjetregierung den Rechtsakte zu sehen sind. führte in ihrem Memorandum vom 21. November 1967 und Nach herrschender Meinung der westlichen Autoren haben in ihrem Aide-memoire vom 5. Juli 1968 an die Bundesregie• diese Bestimmungen für alle diejenigen Staaten ihre Wirk• rung aus, daß die Feindstaaten-Klauseln der UN-Satzung bis samkeit verloren, mit welchen die Alliierten Friedensverträge zum Abschluß eines »deutschen Friedensvertrages« ihre volle abgeschlossen haben und die inzwischen selbst Mitglied der Gültigkeit behielten18. Da auch mit der DDR noch kein Frie• Vereinten Nationen geworden sind11. Das sind Bulgarien, densvertrag abgeschlossen worden ist, fällt diese nach Auf• Finnland, Italien, Rumänien und Ungarn. Die Frage, ob noch fassung der Sowjetunion ebenfalls noch unter die Feind• Japan, an dessen Friedensvertrag die Sowjetunion nicht be• staaten-Klauseln, auch wenn dies nicht ausdrücklich festge• teiligt gewesen und das ebenfalls Mitglied der Vereinten stellt wird. Nationen ist, als Feindstaat betrachtet wird, läßt man im Um aber die DDR vom Odium der Feindstaatlichkeit zu be• Ostblock-Schrifttum — wenn man von einigen wenigen Au• freien, behaupten die Autoren dort, die DDR sei deshalb ein toren absieht — offen. »Friedensstaat«, weil sie sich — im Gegensatz zur Bundes• Es gibt aber auch im Westen eine Reihe prominenter Wissen• republik — nicht weigere, einen »deutschen Friedensvertrag« schaftler, die meinen, daß die Feindstaaten ihre spezifische zu unterzeichnen. Nur die Bundesrepublik sei folglich noch ein Qualität beibehalten, auch wenn sie in die Vereinten Natio• »Feindstaat« im Sinne der UN-Satzung10. nen aufgenommen worden sind und darüber hinaus ein Friedensvertrag mit ihnen geschlossen worden ist12. Unter den Befreiung durch die Aufnahme östlichen Autoren müssen als Anhänger dieser positivisti• In die Vereinten Nationen schen Meinung jene bezeichnet werden, die bei der Analyse In der westlichen völkerrechtlichen Literatur hat sich als des Feindstaat-Begriffs bis in die jüngste Vergangenheit hinein herrschende Meinung die Ansicht durchgesetzt, daß mit der mechanisch und einschränkungslos die Feindstaat-Definition Aufnahme eines ehemaligen Feindstaats in die Vereinten des Art. 53 Abs. 2 UN-Satzung wiedergeben13. Nationen die Art. 53 Abs. 1 Satz 3 und 107 ihre Gültigkeit Mit Ausnahme Deutschlands sind alle ehemaligen Feind• hinsichtlich dieses Staates verlieren20. Auch im Schrifttum staaten in die Vereinten Nationen aufgenommen worden. des Ostblocks wird diese Auffassung etwas häufiger vertre• Auch steht eine friedensvertragliche Regelung nur noch mit ten, jedenfalls im Verhältnis zu jener Meinung, die als maß• Deutschland aus. Folglich können die beiden Feindstaaten- geblichen Rechtsakt den Abschluß eines Friedensvertrags Klauseln der UN-Satzung nur noch auf Deutschland ange• wertet21. wandt werden14. Die unbeständige Argumentation der mitteldeutschen Völker• rechtler über den Abschluß eines Friedensvertrags als den Die Befreiung von den Feindstaaten-Klauseln maßgeblichen Akt für die Beendigung der Feindstaaten- Überblickt man das in den Ostblockländern vorliegende völ• Qualität kehrt auch bei der Frage wieder, ob und inwieweit kerrechtliche Schrifttum zu der Frage, in welchem Zeitpunkt sich die Aufnahme eines Feindstaates in die Vereinten Natio• die Art. 53 Abs. 1 Satz 3 und 107 gegenstandlos werden, dann nen auf dessen Sonderstatus auswirkt. Am widersprüchlich• fällt auf, daß sich die Autoren in der DDR mit dieser Frage sten sind hier wiederum die Auslassungen des Ost-Berliner in besonders starkem Maße befaßt haben. Im Vordergrund Völkerrechtlers Bernhard Graefrath. Während er einerseits aller Erörterungen stehen dabei zwei Möglichkeiten: Befrei• betont, daß die beiden Klauseln der UN-Satzung für alle die• ung durch den Abschluß eines Friedensvertrags oder durch jenigen Staaten nicht m°hr wirksam seien, mit denen die die Aufnahme des betreffenden Staates in die Vereinten Na• Alliierten Friedensverträge abgeschlossen haben und die in• tionen. Dabei spielt auch die Frage eine Rolle, in welcher zwischen Mitglied der Weltorganisation geworden sind22, Reihenfolge beide Schritte vollzogen werden. schreibt er an anderer Stelle: »Die Rechte und Pflichten der verantwortlichen Regierun• Befreiung durch den Abschluß eines Friedensvertrags gen^ alle als Folge des Krieges zur Friedenssicherung not• Im Westen nehmen nur wenige Autoren an, daß der Abschluß wendigen Maßnahmen gegen die Wiederaufnahme der An• eines Friedensvertrages oder, genauer gesagt, die Wieder• griffspolitik, können vor der Erfüllung des Potsdamer Ab• herstellung des Friedenszustandes, die Feindstaaten-Artikel kommens, der Überwindung des aus der Verantwortlich• im Verhältnis zwischen den Partnern der Übereinkunft außer keit für den zweiten Weltkrieg sich ergebenden Status nicht Kraft setzen würde. Im Schrifttum der Bundesrepublik hat durch ein Bündnis mit dem ehemaligen Aggressor aufgeho• vor allem Hannes C. Schneider darauf hingewiesen, daß diese ben werden. Sie erlöschen mit der Erfüllung dieser Bedingun• These rechtlich kaum zu begründen ist15. In der völkerrecht• gen, dem Abschluß eines Friedensvertrages oder der Auf• lichen Literatur des Ostblocks liegen lediglich einige, aller• nahme in die Organisation der Vereinten Nationen, da dann dings vorsichtige Äußerungen hierzu vor16. die Zuständigkeit der Organisation an die Stelle derer der Dagegen weist das Schrifttum in der DDR verhältnismäßig verantwortlichen Regierungen< tritt.«23 Auch Peter Alfons zahlreiche Stellungnahmen in dieser Richtung auf. Dabei fällt Steiniger, ein anderer prominenter Ost-Berliner Staats- und auf, daß sich die Autoren zumeist einer vorsichtigen Termino• Völkerrechtler, möchte die Bedeutung der Aufnahme beider logie bedienen. Sie behaupten weder, daß mit dem Abschluß Staaten in Deutschland in die Weltorganisation hinsichtlich eines Friedensvertrags die Feindstaaten-Klauseln ungültig der Feindstaat-Qualität der Bundesrepublik bagatellisieren24.

42 Vereinte Nationen 2/71 Befreiung durch die Verwirklichung des Potsdamer Abkommens Rotchina ante portas

Die Völkerrechtsdoktrin der DDR hat noch weitere Kriterien Die Repräsentanz der Volksrepublik China in der UNO haben entwickelt, um die Bundesrepublik möglichst lange mit dem die USA seit 1950 erfolgreich verhindert. Das mit Abstand volk• Odium der Feindstaatlichkeit zu belasten. So hat sie die These reichste und dazu drittgrößte Land der Erde blieb bis zur aufgestellt, daß weder ein >deutscher Friedensverträge noch Stunde aus der Weltorganisation ausgeschlossen. Der Sitz Chinas die Aufnahme der Bundesrepublik in die Vereinten Nationen in der UNO wird noch Immer von der Regierung Tschiang Kai- genüge, um die Bundesrepublik von der Feindstaat-Qualität scheks auf Formosa eingenommen. Soll sich das endlich ändern, zu befreien. Dabei operieren die DDR-Autoren mit einem so muß in der Vollversammlung ein entsprechendes Abstim• denkbar einfachen Trick, der dem ideologischen Propaganda- mungsergebnis erzielt werden. Würde es sich um die Aufnahme Arsenal entliehen ist: Die Art. 53 und 107 UN-Charta werden eines Staates in die UNO handeln, so müßte zuerst der Sicher• nicht als >Feindstaaten-Klauseln<, sondern als >antifaschisti- heitsrat eine entsprechende Empfehlung aussprechen, was Jede der fünf vetoberechtigten Mächte Frankreich, Großbritannien, sche< und antiimperialistische« Klauseln interpretiert. Auf Sowjetunion, USA und China durch ein Nein verhindern könnte. diese Weise lassen sich die Dinge so hinstellen, als ob diese Aber es geht nicht um die Aufnahme Chinas, denn China ist Bestimmungen ausschließlich gegen die Bundesrepublik und seit Gründung der UNO Mitglied. Es geht vielmehr um die nicht mehr gegen den anderen behaupteten Rechtsnachfol• Frage, welches der beiden Regime in Zukunft den Sitz Chinas gers des Deutschen Reiches, die DDR, gerichtet seien. Das in der UNO einnehmen soll: Formosa oder Peking, Tschiang Resultat liegt auf der Hand: Diesen Artikeln der UN-Satzung Kai-schek oder Mao, die kleine vorgelagerte Insel oder das kann dann sowohl hinsichtlich des Subjekts oder Objekts als riesige Festlandchina. auch etwa im Hinblick auf ihre Geltungsdauer und ihren Der Trend in der Welt und in der UNO geht accelerando dahin, Geltungsgrund leicht ein neuer Inhalt unterschoben werden. Rotchina in der UNO vertreten zu sehen. Auch die mit den USA Die DDR erscheint so in den leuchtenden Farben eines > deut• verbündeten Mitgliedstaaten Großbritannien, Frankreich, Italien, schen Friedensstaates<, während die Bundesrepublik nach Kanada und andere sind dafür. Nur die USA mit ihrem in der wie vor mit dem Odium der >Feindstaatlichkeit< belastet ist. Vollversammlung noch sehr starken, politisch und wirtschaft• lich abhängigen Anhang sind dagegen. Genauer: sie waren bis Dabei spielen in der offiziellen Argumentation und den ihr zum Vorjahr dagegen. Heute möchten sie diesen Zustand viel• folgenden Stellungnahmen der DDR-Völkerrechtler zwei Be• leicht tatsächlich geändert sehen. Aber sie können ihn nicht hauptungen eine zentrale Rolle: 1. Die Beschlüsse der Pots• schlichtweg ändern, ohne schwere politische Einbuße zu erlei• damer Konferenz vom 2. August 1945 wurden durch die UN- den. Würden sie sich offen In der Vollversammlung zu einem Satzung »sanktioniert« und »konkretisiert« und 2. Nur die chinesischen Regimewechsel In der UNO bekennen, so ließen DDR, nicht aber die Bundesrepublik, habe das Potsdamer Ab• sie damit gleichzeitig Formosa fallen. Mit ihm aber sind die kommen erfüllt25. USA verbündet. Formosa ist ihr dem riesigen China vorgela• gerter Stützpunkt. Formosa ist von ihnen hochgebracht worden. Auch die Regierung der DDR hat mehrfach betont, Art. 107 Würden die USA Formosas Vertretung in der UNO zugunsten UN-Charta bringe zum Ausdruck, daß die Grundsätze des Rotchinas aufgeben, so stünden sie in punkto Zuverlässigkeit Potsdamer Abkommens geltendes und allgemein anerkanntes genauso unglaubwürdig da, wie es der Fall wäre, wenn sie die Völkerrecht seien2". Autoren in der Bundesrepublik haben südvietnamesische Regierung sang- und klanglos aufgäben. dieser These mit Recht entgegengehalten, daß die Maßnah• Auch imperiale Mächte erster Ordnung, oder gerade sie, unter• men der alliierten Siegermächte nicht auf den allgemeinen liegen Zwangsläufigkeiten der Politik, denen sie sich nicht ein• fach entziehen können, wenn sie es auch möchten. Grundsätzen des Völkerrechts beruhten. Sonst hätten sie es Die USA haben in der Chinafrage deshalb Im Vorjahr damit nicht für notwendig erachtet, sich durch Art. 107 UN-Satzung begonnen, die >Zwei-Chlna-Theorie< zu pflegen, d. h. sie zei• gegen eine eventuelle Berufung anderer Mitglieder der Ver• gen sich bereit, den Widerstand gegen die Vertretung Rot• einten Nationen zu sichern. Gemäß Art. 103 UN-Charta hat chinas in der UNO aufzugeben, wenn gleichzeitig Formosa der die Satzung Vorrang gegenüber anderen Vereinbarungen der Weltorganisation weiterhin angehören würde. Rotchina könnte Mitglieder der Weltorganisation. Die besiegten Staaten sollten dabei sogar der ständige Sitz im Sicherheitsrat (mit Vetorecht) sich bei der friedensvertraglichen Liquidierung der Kriegs• zufallen. Erst in diesen Tagen haben sich die USA wieder für folgen nicht auf Art. 103 berufen können, um den sie bela• eine derartige Lösung lautstark eingesetzt. stenden Bestimmungen eines Friedensvertrags zu entgehen27. Aber es ist nur hinhaltender Widerstand: denn in einem Punkt sind sich die beiden verfeindeten China einig: zwei China In So ist die These, im Potsdamer Abkommen seien allgemeine der UNO lehnen sie entschieden ab, da Jedes China für sich Regeln des Völkerrechts niedergelegt worden, nicht haltbar. unerbittlich beansprucht, das ganze China zu vertreten. Das Auch das zweite Argument, mit dem die Völkerrechtler in der gilt wohlgemerkt auch für Formosa. DDR arbeiten, kann nicht überzeugen. Apodiktisch stellen sie Also auch mit diesem Vorschlag können die USA die Forderung fest, daß nur die DDR, nicht aber die Bundesrepublik, die der Welt nach Vertretung Rotchinas in der UNO nicht mehr 28 Bestimmungen des Potsdamer Abkommens erfüllt habe . lange hemmen. Aber es kann länger dauern, als man im Augen• Lediglich die DDR sei im Sinne der Potsdamer Beschlüsse blick vielleicht meint. Alle Regierungen sind konservativ und ein demokratischen und friedliebender« Staat. Hingegen verändern ihre Standpunkte nur sehr langsam. Das gilt auch wird die Bundesrepublik als faschistisch-militaristischer, im• für den automatischen Anhang der USA in den Vereinten perialistischer und revanchistscher Staat qualifiziert, der von Nationen. Anfang an gegen die Prinzipien des Potsdamer Abkommens Was könnten also die USA wirklich tun, um am wenigsten verstoßen habe und laufend weiter verstoße29. Schaden zu leiden? So wie die gegenwärtige Gesamtlage nun Die These, »die Artikel 53 und 107 werden so lange geltendes einmal ist und die Entwicklung in den Vereinten Nationen sich Völkerrecht sein, bis sie durch eine friedliche, antifaschisti• voraussehen läßt, gibt es für die USA nur die eine Lösung: sich sche Entwicklung in der westdeutschen Bundesrepublik ge• durch eine Abstimmungsniederlage in der UNO mit frommem 30 Gesicht und steifem Nacken überrollen zu lassenl Rotchina genstandslos geworden sind« , wird außerhalb der DDR im zöge ein, Formosa aus; die USA behielten den Glauben der völkerrechtlichen Schrifttum des Ostblocks nirgends vertre• Verbündeten an ihre Treue, sie behielten ihren Einfluß auf ten. Zwar werden verständlicherweise vor allem in der so• Formosa und die Insel als Stützpunkt. Sie würden unter Wah• wjetischen Literatur hinsichtlich der Möglichkeit der Inan• rung des Gesichts aus einer unangenehmen Isolierung befreit, spruchnahme der Feindstaaten-Klauseln Unterschiede zwi• in die sie ihr jahrzehntelanger Widerstand gegen eine natür• schen der DDR und der Bundesrepublik gemacht. Nirgends liche Entwicklung gebracht hat. wird jedoch die Realisierung des Potsdamer Abkommens oder Mit dem Einzug Rotchinas in die UNO begänne die Weltorga• die Schaffung einer antifaschistisch-demokratischen Ord• nisation ein neues, ein lebhaftes, ein sehr wesentliches, aber nung« als Maßstab dafür bezeichnet, ob der betreffende Staat sicher kein leichtes Kapitel ihrer Geschichte. Muß das für die Weltentwicklung ein Nachteil sein? Die persönliche Meinung

Vereinte Nationen 2/71 43 seinen Status als Feindstaat verloren hat oder nicht. Auch in diese Erklärung bezog sich die Nordatlantische Versammlung der Argumentation der sowjetischen Regierung wird aus• auf ihrer 14. Jahreskonferenz vom 11. bis zum 15. November drücklich — wie oben dargelegt — der Abschluß eines Frie• 196842. In ihren anläßlich der Unterzeichnung des Vertrags densvertrags als maßgebendes Kriterium genannt. über die Nichtverbreitung von Kernwaffen durch die Bun• Die Kennzeichnung der Bundesrepublik als >Nachfolgefeind- desrepublik Deutschland am 28. November 1969 ebenfalls ge• staat< dient den DDR-Völkerrechtlern auch dazu, die Mit• trennt abgegebenen Erklärungen haben die Außenminister gliedschaft der DDR im Warschauer Pakt und den Abschluß der USA und Großbritanniens, Rogers und Stewart, und das der bilateralen Beistandspakte der DDR zu rechtfertigen31. französische Außenministerium betont, daß die Artikel 53 und 107 UN-Charta kein Recht gewähren, einseitig1* mit Ge• Befreiung durch Verzicht der privilegierten Staaten walt in der Bundesrepublik zu intervenieren44. Da nach Auffassung der sowjetischen Regierung die Feind• staaten-Klauseln erst mit dem Abschluß eines Friedensver• Stellungnahme bundesdeutscher Staats- und Völkerrechtler trags gegenstandslos werden und da nicht mit dem baldigen Abschluß eines Friedensvertrags mit Deutschland zu rechnen Von einem »vollständigen« und »umfassenden« Gewaltver• ist, mußte die Bundesregierung im Rahmen ihrer Verhand• zicht der Sowjetunion könnte nur dann gesprochen werden, lungen mit der Sowjetunion über den deutsch-sowjetischen wenn die UdSSR darauf verzichtet hätte, sowohl einseitig als Vertrag darauf bestehen, daß die Sowjetunion zumindest in auch gemeinsam (mit den drei Westmächten) zu intervenie• dem Umfang auf ihre Ansprüche aus den Feindstaaten-Arti• ren. Die These, die Sowjetunion habe »vollständig« und »um• keln der UN-Charta verzichtet, wie dies die drei Westmächte fassend« auf ihre Interventionsansprüche im Moskauer Ver• gegenüber der Bundesrepublik getan haben. Die Möglichkeit trag verzichtet, wird von Staats- und völkerrechtlicher Seite des Verzichts von Seiten der privilegierten Staaten setzt die in der Bundesrepublik ganz überwiegend verneint. Eberhard Annahme voraus, daß es sich bei den Feindstaaten-Klauseln Menzel stellt dazu fest: »Diese Ausdeutung ist zu schön, um um Erlaubnis- und Berechtigungsnormen, nicht um Ver• wahr zu sein. Weder der Vertrag noch die Begleitdokumente pflichtungsnormen handelt, in dem Sinne, daß nur auf ein geben hierfür einen Anhaltspunkt. Zunächst vorhandene Recht, nicht aber auf eine Pflicht verzichtet werden kann. Hoffnungen in dieser Richtung sind enttäuscht worden. Die 32 33 Sowjetunion hat schwerlich auf ein Recht verzichtet, über Sowohl nach westlicher als auch nach östlicher Auffassung 45 bilden die Feindstaaten-Klauseln Erlaubnisnormen, so daß das die Westmächte noch verfügen .« auf die Berechtigung zur Zwangsanwendung gegen Feind• Nach Auffassung Wilhelm Wenglers läßt sich die Annahme, staaten von den privilegierten Staaten verzichtet werden kann. der deutsch-sowjetische Vertrag impliziere einen Verzicht der Sowjetunion auf die Inanspruchnahme der Feindstaaten- Die Regelung im deutsch-sowjetischen Vertrag Artikel, unmöglich aufrechterhalten: »Was die Feindstaaten- Ob die Sowjetunion in Art. 2 des Moskauer Vertrags auf ihre Klauseln der UN-Charta bei richtigem^ Gebrauch ermögli• Interventionsansprüche aus den Art. 53 und 107 UN-Charta chen, ob sie nur eine kollektive Aktion der Verantwortungs• verzichtet hat, ist zweifelhaft. Die Bundesregierung vertrat mächte rechtfertigen würden usw., das bleibt nach wie vor bis vor kurzem den Standpunkt, daß der deutsch-sowjetische offen.. .47« Martin Kriele meint in seiner Analyse des Bahr- Vertrag diese Drohung »vom Tisch« gebracht habe. So er• Papiers, der Feindstaaten-Vorbehalt der Sowjetunion sei in klärte Staatssekretär Egon Bahr anläßlich der Vertrags- »demselben Umfang gegenstandslos, wie er es auf Grund der Erklärung der drei Westmächte vom 3. Oktober 1954 Unterzeichnung, der Verzicht der Sowjetunion sei »vollstän• 48 dig«34. Staatssekretär Conrad Ahlers sagte aus dem gleichen ist« . Er verweist auf die Erklärungen der drei Westmächte Anlaß, Art. 2 des Moskauer Vertrages enthalte einen »umfas• vom 28. November 1969 und schreibt, »eine Erklärung glei• senden Gewaltverzicht«35. Auch Staatssekretär a. D. Duckwitz chen Wortlauts auch von der Sowjetunion zu verlangen, ist verweist auf das Wort »ausschließlich« in Art. 2 des deutsch• angesichts ihres ausdrücklichen Gewaltverzichts überflüssig. sowjetischen Vertrags und spricht von einem »förmlichen Es wäre darüber hinaus aber auch unzweckmäßig wegen der Unklarheit und Auslegungsfähigkeit des Ausdrucks ein• Verzicht« in »rechtlich ebenso eindeutiger wie einwandfreier 48 Form«31. Er schränkt aber unter Hinweis auf entsprechende seitig« . Erklärungen der drei Westmächte seine Auslegung insoweit Karl Carstens läßt es dahingestellt sein, »ob man aus dem ein, als nunmehr »jede einseitige Gewaltanwendung gegen Vertrag vom 12. August einen ausdrücklichen sowjetischen die Bundesrepublik Deutschland« unter Berufung auf die Verzicht auf den angemaßten Interventionsanspruch herlei• Feindstaaten-Klauseln ausgeschlossen sei. ten kann«50. Die Auffassung, im Moskauer Vertrag habe die UdSSR »vollständig« und »umfassend« auf ihre Interven• Der Standpunkt der drei Westmächte tionsansprüche verzichtet, wird im völkerrechtlichen Schrift• In der politischen Diskussion wird immer wieder darauf hin• tum der Bundesrepublik nur von einem Autor vertreten. gewiesen, daß die Sowjetunion in gleichem Umfang auf ihre Er meint, »ausschließlich friedliche Streitlösung und durch Interventionsansprüche wie die drei Westmächte gegenüber Feindstaaten-Artikel limitiertes Gewaltverbot schließen ein• der Bundesrepublik verzichtet habe. Die Regierungen der ander aus«51. Er hat nicht bemerkt, daß dieser umfassende USA, Großbritanniens und Frankreichs haben in der Schluß• Gewaltverzicht nicht einmal von den drei Westmächten aus• akte der Londoner Neun-Mächte-Konferenz am 3. Oktober gesprochen worden ist. 1954 erklärt, daß »sie sich in ihren Beziehungen mit der Bun• desrepublik an die in Artikel 2 der Satzung der Vereinten Der Standpunkt der Sowjetunion Nationen enthaltenen Grundsätze halten werden«37. Die übri• Für die Bundesrepublik Deutschland wäre es schon ein be• gen elf Mitglieder des Nordatlantik-Rats haben sich am 22. achtlicher Gewinn, wenn man davon ausgehen könnte, die Oktober 1954 dieser Erklärung angeschlossen38. Sowjetunion habe im Moskauer Vertrag zumindest auf ihr In einer weniger klaren Form haben die Regierungen der bis dahin in Anspruch genommenes Recht auf einseitige In• drei Westmächte in ihren am 16., 17. und 20. September 1968 tervention verzichtet und würde sich nur noch das Recht der getrennt abgegebenen Erklärungen die sowjetischen Inter• gemeinschaftlichen Intervention mit den drei Westmächten ventionsansprüche zurückgewiesen. Darin bestreiten sie der vorbehalten. Doch selbst diese Auslegung erscheint nicht Sowjetunion nur das Recht, auf der Basis der Feindstaaten- zweifelsfrei, wenn man die sowjetische Auffassung über das Artikel in der Bundesrepublik einseitig!3* zu intervenieren. Verhältnis zwischen genereller Gewaltverzichts-Erklärung Die Möglichkeit einer kollektiven40 Intervention, bei der nur und speziellem Interventionsrecht gegenüber ehemaligen die vier für Deutschland verantwortlichen Mächte in Frage Feindstaaten prüft. Bedenklich ist vor allem der Rechtsstand• kämen, schließen sie zumindest nicht ausdrücklich aus41. Auf punkt, den die sowjetische Regierung in der I. Anlage zu

44 Vereinte Nationen 2/71 ihrem Memorandum vom 21. November 1967 an die Bundes• genommenen Interventionsansprüche verzichtet, weil sich regierung vertreten hat32. Daraus ergibt sich, daß nach so• »ausschließlich« friedliche Streitlösung und durch Feind• wjetischer Ansicht eine Erklärung über Gewaltverzicht durch staaten-Artikel begrenztes Gewaltverbot einander ausschlie• Bezugnahme auf Art. 2 UN-Charta mit dem Fortbestand der ßen, ist zwar nach unserem rechtlichen Selbstverständnis Vorrechte der durch die Feindstaaten-Klauseln privilegierten richtig. Bei einer Vertrags-Interpretation ist zunächst vom Staaten vereinbar ist, jedenfalls solange mit dem betreffen• Vertragstext auszugehen. Doch gilt dieses Auslegungsprinzip den Partner der Abmachung über Gewaltverzicht kein Frie• nur beschränkt, wenn der andere Vertragspartner andere densvertrag abgeschlossen worden ist. Rechtsfolgen aus dem Text zieht. Besonders bedenklich sind in diesem Zusammenhang die Aus• Anmerkungen: führungen, die der künftige sowjetische Botschafter in Bonn, 1 So Schneider, H. C: Die Charta der Vereinten Nationen und das Valentin Falin, am 17. März 1971 gegenüber einer Delegation Sonderrecht für die im Zweiten Weltkrieg unterlegenen Nationen der Jungen Union gemacht hat. Er führte aus, daß die Art. 53 (Artikel 53 und 107), Bonn 1967, S. 169. 2 So Schätzel, W.: Die Universalität der Weltorganisation, in: Rechts• und 107 UN-Charta durch den Moskauer Vertrag nicht über• fragen der internationalen Organisation. Festschrift für Hans holt, sondern »überlagert« seien, da dieser Vertrag die An• Wehberg zu seinem 70. Geburtstag. Hrsg. Walter Schätzel und wendung und Androhung von Gewalt ausschließe. Solange Hans-Jürgen Schlochauer, Frankfurt/M. 1956, S. 350. 3 Nachweise bei Schneider, Anm. 1, aaO, S. 169. der Vertrag »eingehalten« (»erfüllt«) werde, käme ein Rück• 4 So Berber, F.: Völkerrecht und Kriegsverhütung, in: Politische griff auf die Feindstaaten-Klauseln ohnehin nicht in Be• Studien 1970, S. 81—87 (85). 53 5 Nachweise bei Schneider, Anm. 1, aaO, S. 169—179. tracht . Das bedeutet: Nach sowjetischer Meinung wird der 6 Nachweise bei Frenzke, D.: Einige Aspekte der Artikel 53 und 107 Interventionsanspruch nicht mit der Ratifizierung des der VN-Satzung aus östlicher Sicht, in: Recht in Ost und West deutsch-sowjetischen Vertrags aufgehoben. Wird der Vertrag 1969, S. 158—171 (160 f.); ders.: Welche Ostblockstaaten erheben An• sprüche aus den Feindstaatenklauseln? Zur Rechtsstellung der in der sowjetischen Interpretation nicht »eingehalten«, dann Warschauer-Pakt-Staaten nach Art. 53 und 107, in: VN 17. Jg. (1969) würde sich die Sowjetunion wiederum auf die Feindstaaten- Heft 5, S. 134—143. 7 Graefrath, B.: Die antifaschistischen Klauseln der UN-Charta und Artikel berufen und Interventionsansprüche geltend machen. der Gewaltverzicht, in: Neue Justiz 1968, S. 686—692 (690). In seiner ersten Stellungnahme zu den Äußerungen Falins 8 Nachweise bei Hacker, J.: Die Fortgeltung der Feindstaatenklau• hat Regierungssprecher Ahlers festgestellt, der Moskauer seln, in: Frenzke, D., Hacker, J., Uschakow, A.: Die Feindstaaten• artikel und das Problem des Gewaltverzichts der Sowjetunion im Vertrag werde die Interventions-Artikel der UN-Charta Vertrag vom 12. 8. 1970, Berlin 1971, S. 27—41 (41). »überlagern«54. Und Kanzleramts-Minister Ehmke betonte am 9 Nachweise bei Hacker, Anm. 8, aaO, S. 41, Anm. 49. 26. März 1971 vor dem Bundestag, die Feindstaaten-Klauseln 10 Vgl. dazu Schneider, Anm. 1, aaO, S. 80. 11 Nachwelse bei Schneider, Anm. 1, aaO, S. 171 f., 176. würden nach Inkrafttreten des Moskauer Vertrags »politisch 12 Nachweise bei Schneider, Anm. 1, aaO, S. 171, 173, 177. obsolet«; der Vertrag werde die Bestimmungen der UN-Sat• 13 Nachweise bei Frenzke, Anm. 6, aaO, S. 162 f. 14 Vgl. zur völkerrechtlichen Problematik Schneider, Anm. 1, aaO, zung auch im bilateralen Verhältnis Moskau-Bonn »überla• S. 79 ff.; Albanrj—Müller, A.: Die Deutschland-Artikel in der gern« und »verdrängen«55. Bundeskanzler Brandt erklärte Satzung der Vereinten Nationen, Stuttgart 1967, S. 74—77; Hacker, am 23. März 1971 vor der SPD-Bundestagsfraktion, die So• J.: Die passiv betroffenen Staaten, Anm. 8, aaO, S. 42—67 (44—48). 15 Vgl. Schneider, Anm. 1, aaO, S. 171 f., 177 f. wjetunion bleibe mit ihrer Erklärung, die in den Ratifika• 16 Nachweise bei Frenzke, Anm. 6, aaO, S. 163. tionsprozeß des Moskauer Vertrags eingeführt werde, nicht 17 Nachweise bei Hacker, Anm. 14, aaO, S. 50—53. 5 18 Texte bei Frenzke, Hacker, Uschakow, Anm. 8, aaO, Dok. 5 und 7. hinter den Erklärungen der drei Westmächte zurück*. 19 Vgl. z. B. Reintanz, G.: Die demokratische Friedensregelung mit Deutschland und das Völkerrecht, in: Neue Justiz 1961, S. 761—766 (763). Schlußfolgerung 20 Nachweise bei Schneider, Anm. 1, aaO, S. 171 f., 177. 21 Nachweise bei Frenzke, Anm. 6, aaO, S. 165. Es ist zu fragen, ob man in einem Vertrag über Gewaltver• 22 Graefrath, Anm. 7, aaO, S. 688. 23 Graefrath, Anm. 7, aaO, S. 692. zicht mit einem Partner, der den hier skizzierten Rechtsstand• 24 Steiniger, P. A.: Deutschland und die Vereinten Nationen, in: punkt vertritt, nicht klarere und eindeutige Bestimmungen Deutsche Außenpolitik 1954, S. 847—857 (856). hätte durchsetzen müssen. Als gutes Beispiel hätte sich die 25 Nachweise bei Hacker, Anm. 14, aaO, S. 55—58; ders.: Sowjetunion und DDR zum Potsdamer Abkommen, Köln 1968, S. 50—58. differenzierte Formulierung in der > Gemeinsamen Deklara• 26 Vgl. z. B. das Interview mit DDR-Außenminister Otto Winzer: tion der UdSSR und Japans« vom 19. Oktober 1956 angeboten. »Bonn sucht immer neue Vorwände«, in: Neues Deutschland vom Da die Sowjetunion den Friedensvertrag mit Japan vom 3. September 1968. 27 Vgl. dazu Schneider, Anm. 1, aaO, S. 84—100; Uschakow, A.: Die 8. September 1951 nicht mitunterzeichnet hat, war Japan neuen bilateralen Pakte in Osteuropa, in: Recht in Ost und West daran interessiert, daß die UdSSR in einer bilateralen Ab• 1967, S. 221—233 (224 ff.). 28 Vgl. dazu Hacker, Anm. 25, aaO, S. 50—58; ders.: Das Potsdamer machung einen Gewaltverzicht leistet. In Ziffer III der > Ge• Abkommen vom 2. August 1945, in: Aus Politik und Zeitgeschichte, meinsamen Deklaration« wird nicht nur auf die Art. 2 und 51 Beilage zur Wochenzeitung >Das Parlament^ B 31 vom 1. August UN-Charta verwiesen, sondern darüber hinaus auch fest• 1970, S. 3—29 (12—21). 29 Vgl. dazu Hacker Anm. 14, aaO, S. 58 ff. gelegt: »Die UdSSR und Japan verpflichten sich gegenseitig, 30 »Die unbequemen Artikel«, in: Neues Deutschland vom 20. Sep• weder direkt noch indirekt, aus welchen Motiven wirtschaft• tember 1969. 31 Nachweise bei J. Hacker, Anm. 14, aaO, S. 60 ff. licher, politischer oder ideologischer Art auch immer, sich in 32 Vgl. dazu Schneider, Anm. 1, aaO, S. 86—89, 126, 135—140. die inneren Angelegenheiten des anderen einzumischen.«5' 33 Vgl. Frenzke, Anm. 6, aaO, S. 168. In dieser Vereinbarung ist nicht nur der Hinweis auf das 34 Bahr, E.: Der Vertrag mit der Sowjetunion, in: Bulletin des Presse- und Informationsamtes der Bundesregierung, Nr. 109 vom 17. Au• Selbstverteidigungsrecht nach Art. 51 UN-Satzung, sondern gust 1970, S. 1110 f. (1110). Kritisch dazu Wengler, W.: Der Moskauer auch der Verzicht auf jegliche Intervention, auf welche Vertrag und das Völkerrecht, in: Juristenzeitung 1970, S. 632—637 (633, Anm. 9). Gründe diese auch immer gestützt würde, hervorzuheben. 35 Ahlers, C: Zum Vertrag mit der Sowjetunion, in: Bulletin, Anm. Diese Formel schließt unzweideutig die rechtliche Möglichkeit 34, aaO, S. 1111 ff. (1112). Kritisch dazu Wengler, Anm. 34, aaO, S. aus, daß sich die Sowjetunion zum Zweck einer möglichen 633, Anm. 9. Vgl. auch die Stellungnahme des Präsidiums der SPD vom 9. August 1970, Text in: Bulletin, Anm. 34, aaO, S. 1147 f. Intervention je auf die Feindstaaten-Klauseln gegenüber (1147).Kritisch dazu Wengler, Anm. 34, aaO, S. 633, Anm. 9. Japan berufen könnte58. 36 Duckwitz, G. F.: Die Wende im Osten, in: Außenpolitik 1970, S. 645—660 (648). Vgl. auch die Analyse des Staatssekretärs des Aus• Unzweifelhaft ist ferner die Formel über Gewaltverzicht, wärtigen Amtes, Paul Frank: Sicherheitsprobleme im Lichte des Moskauer Vertrags, in: Europa-Archiv 1970, S. 867—876 (868). welche die Konferenz der Nicht-Kernwaffenstaaten in Genf 37 Text in: Europa-Archiv 1954, S. 6981 f. (6982); s. auch die Antwort am 27. September 1968 auf Antrag der Bundesrepublik mit des Auswärtigen Amts auf Fragen der Wochenzeitung Die Zeit. großer Mehrheit gebilligt hat59. Es schließt ebenfalls aus der im deutsch-sowjetischen Vertrag ge• troffenen Regelung, daß zwischen den beiden Staaten der Grund• Abschließend kann festgestellt werden, daß die im Moskauer satz der ausschließlich friedlichen Streitbeilegung und das Verbot Vertrag verwandte Gewaltverzichtsformel in mancher Hin• der Anwendung und Androhung von Gewalt »uneingeschränkt gelten«. Vgl. die Zeit vom 10. Juli 1970. sicht fragwürdig ist. Die Ansicht, die Sowjetunion habe darin 38 Text in: Europa-Archiv 1954, S. 7139. Vgl. dazu Schneider, Anm. 1, »vollständig« und »umfassend« auf ihre zuvor in Anspruch aaO, S. 175 f.

Vereinte Nationen 2/71 45 39 Hervorhebung vom Verfasser. auch Armbruster, H.: Viele Gefahren stecken im Bahr-Papier, in: 40 Hervorhebung vom Verfasser. Mainzer Allgemeine Zeitung vom 21. Juli 1970; Weinkauff, H.: Die 41 Texte bei Frenzke, Hacker, Uschakow, Anm. 8, aaO, Dok. 9, 10, 11. Ostpolitik im Lichte des Rechts, in: Rheinischer Merkur vom 42 Texte bei Frenzke, Hacker, Uschakow, Anm. 8 aaO, Dok. 15. 17. Juli 1970. 43 Hervorhebung vom Verfasser. 51 So Schweisfurth, Th. in seiner Besprechung des Buches von Frenz• 44 Texte bei Frenzke, Hacker, Uschakow, Anm. 8, aaO, Dok. 17, 18, 19. ke, Hacker, Uschakow (vgl. Anm. 8), in: Deutschland-Archiv 1971, 45 Menzel, E.: Rechtspflicht zur Anerkennung der gegenwärtigen S. 244 ff. (245). Grenzen. Der Moskauer Vertrag und das Völkerrecht, in: Han• 52 Text bei Frenzke, Hacker, Uschakow, Anm. 8, aaO, Dok. 5. Aus• führlicher dazu Frenzke: Die Feindstaatenklauseln und die Sicher• noversche Allgemeine Zeitung vom 28. August 1970. heit der BRD, in: Frenzke, Hacker, Uschakow, Anm. 8, aaO, S. 46 Hervorhebung im Text. 111—127 (122 f.). 47 Wengler, Anm. 34, aaO, S. 633. 53 Vgl. die Berichte in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung, Süd• 48 Kriele, M.: Der Streit um die Ostpolitik. Eine Zwischenbilanz, in: deutschen Zeitung und Welt vom 19. März 1971. Frankfurter Allgemeine Zeitung vom 3. Juli 1970. Kritisch dazu 54 Vgl. den Bericht in der Welt vom 20./21. März 1971. Guradze, H.: Eine sowjetische Verzichtserklärung böte mehr Si• 55 Vgl. die Berichte in der Süddeutschen Zeitung und Welt vom cherheit, in: Frankfurter Allgemeine Zeitung vom 8. Juli 1970. 27./28. März 1971. 49 Gerade wegen der >Unklarheiti hätte man sich eine klarere Formu• 56 Vgl. Frankfurter Allgemeine Zeitung, Süddeutsche Zeitung und lierung im Moskauer Vertrag gewünscht. die Welt vom 24. März 1971. 50 Carstens, K.: Eine Wende in der Deutschland-Politik. Anmerkun• 57 Text in: Archiv der Gegenwart 1956, S. 6032. gen zum deutsch-sowjetischen Vertrag vom 12. August 1970, in: 58 Vgl. dazu Frenzke, Anm. 52, aaO, S. 123 f. Frankfurter Allgemeine Zeitung vom 25. August 1970. Sehr kritisch 59 Text bei Frenzke, Hacker, Uschakow, Anm. 8, aaO, Dok. 14.

Die Konvention zur Beseitigung der Rassendiskriminierung

PROFESSOR DR. KARL JOSEF PARTSCH Der erste Teil der Abhandlung über die Konvention zur Be• aufgeben. Das Komitee hat in einer realistischen Einschät• seitigung jeder Form von Rassendiskriminierung im voran• zung der gegebenen Möglichkeiten vorerst noch darauf ver• gegangenen Heft hat die Entstehungsgeschichte, die wichtig• zichtet, diese Wirkungsweise in ihre Verfahrensordnung auf• sten materiellen Bestimmungen und eingehend die organisa• zunehmen, und dies bis zu dem Zeitpunkt zurückgestellt, in torischen Probleme dargelegt. Der nachstehende zweite Teil dem abzusehen ist, daß ihm diese Arbeitsmöglichkeit eröffnet gilt der Arbeitsweise der durch die Konvention gebildeten wird. neuen Organe. Nach dem gegenwärtigen Stande können Konventionsorgane nur in zwei der erwähnten drei Formen tätig werden, die III. Die Arbeitsweise der Konventionsorgane in der Konvention vorgezeichnet sind: im Berichtsverfahren und im Verfahren der Staatenbeschwerde. Dazu kommen In der Konvention sind die verschiedenen Arbeitsweisen der freilich die in Art. 15 geregelten besonderen Verfahren hin• von ihr geschaffenen Organe systematisch geregelt (Art. 9 sichtlich abhängiger Gebiete, die politisch und rechtlich Be• bis 16). Auf das Berichtsverfahren (Art. 9) folgen das Ver• sonderheiten aufweisen und die dennoch praktisch eine große fahren der Staatenbeschwerde (Art. 11—13), der Individual• Bedeutung erwerben könnten, weil sie darauf angelegt sind, beschwerde (Art. 14) und schließlich die besonderen Verfah• die Doktrin der Staatensouveränität zu durchbrechen und ren bezüglich abhängiger Gebiete (Art. 15). Der Schlußar• einem internationalen Überwachungsorgan Zuständigkeiten tikel dieses Abschnittes (Art. 16) ist eine Art Kollisionsnorm gegen den Willen der betroffenen Staaten zuzuschreiben. Ih• im Verhältnis zu anderen Verfahren innerhalb und außer• nen wird daher ein besonderer Abschnitt gewidmet. halb der UN. Für alle Wirkungsweisen der Konventionsorgane gilt die Wenn behauptet wird, die Arbeit der Konventionsorgane Kollisionsnorm des Art. 16, welche es den Staaten freistellt, ruhe auf drei Säulen: Berichtsverfahren, Staatenbeschwerde Auseinandersetzungen entweder vor Konventionsorganen und Individualbeschwerde2, so entspricht das der Systema• oder auf anderen Wegen auszutragen. Diese anderen Wege tik der Konvention und den mit ihr verfolgten Zielen. Es müssen nicht im System der UN gefunden werden, sondern eilt jedoch der tatsächlichen Entwicklung voraus, da das können auch auf anderen Ebenen liegen. So können Ausein• Komitee gegenwärtig noch keine Individualbeschwerden ent• andersetzungen auf dem Gebiete der Rassendiskriminierung gegenzunehmen berechtigt ist. Art. 14 Abs. 9 sieht nämlich z.B. auch auf regionaler Ebene ausgetragen werden. Diese vor, daß diese Funktion erst ausgeübt werden darf, nach• Klausel ist von besonderer Bedeutung für die Mitgliedstaa• dem mindestens zehn Vertragsstaaten diese Zuständigkeit ten des Europarates, in dei.i es den am stärksten ausgebau• des Komitees anerkannt haben. Eine derartige besondere Er• ten und am längsten erprobten Menschenrechtsschutz gibt. klärung ist bisher noch von keinem Staate abgegeben wor• Wollen zwei Mitgliedstaaten des Europarates untereinander den und die bisherigen Erfahrungen mit der Ratifikation eine Frage der Rassendiskriminierung austragen, so steht des Fakultativprotokolls zu den beiden großen UN-Men• es ihnen frei, ob sie es in New York oder Straßburg tun schenrechtspakten sind nicht eben ermutigend', selbst wenn wollen. Wenn sie zunächst den einen Weg wählen, bleibt man unterstellt, daß die Staaten eher bereit sind, auf dem ihnen aber immer noch der andere offen. beschränkten Gebiete der Rassendiskriminierung internatio• Nach diesen einleitenden Bemerkungen seien nun die drei nale Bindungen einzugehen, als auf dem in die ganze innere aktuell bedeutsamen Arbeitsweisen der Konventionsorgane Rechtsordnung tief eingreifenden Gebiete des allgemeinen näher geschildert. Menschenrechtsschutzes. Auch die Bekämpfung der Rassen• diskriminierung wird auf der internationalen Ebene erst Das Berichtsverfahren voll wirksam sein, wenn die Individualbeschwerde einge• Unter dieser Überschrift sind zwei ganz unterschiedliche Wir• führt ist. kungsweisen des Komitees zusammengefaßt: Einerseits haben Wird sie hier nicht eingehend behandelt, so ist daraus nicht die Staaten zu bestimmten Terminen an das Komitee zu be• zu schließen, ihre Bedeutung werde unterschätzt. Es könnte richten, was sie zur Verwirklichung der Ziele der Konven• aber im gegenwärtigen Stadium nicht viel mehr getan wer• tion unternommen haben. Das ist in Art. 9 Abs. 1 den Staa• den, als die Konventionsbestimmungen wiederzugeben und ten auferlegt. Das Verfahren ist in den Regeln 64 bis 67 der — ganz theoretisch — die Probleme aufzuzeigen, welche sie Verfahrensordnung4 geregelt, da es sich ergeben hat, daß die-

46 Vereinte Nationen 2/71 ses Verfahren einer gewissen Formalisierung bedarf, um Einzelauskünfte über gezielte Fragen gefordert wurden, doch wirksam zu sein. ist man bald dazu übergegangen, zusammenhängende Schil• Andererseits hat das Komitee jährlich einen Rechenschafts• derungen über die gemachten Fortschritte zu fordern. bericht an die Generalversammlung zu erstatten, und diese An den Sitzungen des Treuhandrates, in denen die Jahres• beiden Berichtspflichten — der Staaten an das Komitee und berichte der Verwalterstaaten geprüft und erörtert werden, die des Komitees nach oben — stehen untereinander in einem nimmt ein besonders sachverständiger Staatenvertreter teil, wechselseitigen Verhältnis. Der Bericht des Komitees an die obwohl alle Verwaltungsstaaten im Treuhandrat vertreten Generalversammlung kann nur dann einen substantiellen In• sind (Art. 74 der Verfahrensregeln des Treuhandrates). halt haben, wenn das Komitee den notwendigen Stoff von den Zwischen dem Berichtssystem des Treuhandrates und dem des Mitgliedstaaten erhält. Damit die Mitgliedstaaten das Komi• Komitees bestehen also folgende Unterschiede: tee nicht aushungern, ist es darauf angewiesen, das Berichts• > Das Komitee ist völlig auf die Berichte der Mitgliedstaa• system der Staaten zu beleben. ten angewiesen und verfügt über keine zusätzlichen Er• Dieses Abhängigkeitsverhältnis ist in der Konvention in Art. 9 kenntnisquellen, um nachzuprüfen, ob die Berichte zu• Abs. 2 Satz 2 angesprochen: Das Komitee kann in seinen treffen. Jahresbericht an die Generalversammlung Anregungen und > In der Konvention ist keine ausdrückliche Rechtsgrund• allgemeine Empfehlungen hinsichtlich der Staatenpraxis auf• lage für eine Versendung von Fragebögen an die Ver- nehmen, die auf Staatenberichten fußen. Sie sind zunächst den Vertragsstaaten mitzuteilen; dabei kann auch eine Frist Die Konferenz des Abrüstungsausschusses der Vereinten Nationen für eine Stellungnahme gesetzt werden (Regel 67). Bei der begann ihre neue Sitzungsperiode am 23. Februar 1971 wieder in Genf. Diese Abrüstungsgespräche haben am 15. März 1962 an gleicher Stelle Vorlage an die Generalversammlung sind diese Stellungnah• begonnen. Damals gehörten dem Ausschuß 18 Mitglieder an, von men beizufügen. Um die Vorlage der Anregungen und Emp• denen aber Frankreich stets auf seinen Platz verzichtete. 1969 wurde der Ausschuß unter Wahrung des politischen Gleichgewichts der fehlungen nicht zu verzögern, ist jedoch nicht vorgesehen Beteiligten auf 26 Staaten erweitert. Die Konferenz hat folgende worden, daß die Staaten in jedem Fall Gelegenheit gehabt Ergebnisse herbeigeführt oder wesentlich mitgeholfen, sie zu er• reichen: Den Teststoppvertrag (mit Ausnahme der unterirdischen haben müssen, sich zu den geplanten Anregungen und Emp• Versuche), den Vertrag über den Verbreitungsstopp von Kernwaffen fehlungen zu äußern. Freilich wird man davon ausgehen (Atomsperrvertrag), das Verbot der Lagerung von Waffen im Welt• raum und auf dem Meeresboden und einige andere. — Das Bild zeigt dürfen, daß das Komitee eine Anregung oder Empfehlung links den Vertreter der USA, Mr. Gerard C. Smith, im Gespräch mit nicht weitergeben darf, wenn es den Staaten eine Frist zur dem Vertreter der Sowjetunion, Professor A. A. Roschtschin. Äußerung gesetzt hat und diese noch nicht abgelaufen ist. Daran sind vor allem die Vertragsstaaten interessiert, welche keinen Sitz in der Generalversammlung haben, wenn die Ge• neralversammlung auch den Beobachtern oder Vertretern von Nicht-Mitgliedstaaten die Möglichkeit zu geben pflegt, den Standpunkt ihres Staates darzulegen, wenn eine Angelegen• heit auf der Tagesordnung steht, welche diese Staaten un• mittelbar betrifft. Freilich kann gerade die Frage der Be• troffenheit unterschiedlich beurteilt werden. Da das Komitee auf der Grundlage von Staatenberichten bisher noch keine Anregungen oder Empfehlungen ausgesprochen hat5, liegen praktische Erfahrungen zu dieser Frage noch nicht vor. So wendet sich zunächst das Hauptinteresse dem Verfahren zu, in dem die Staaten an das Komitee berichten. Diesem Berichtsverfahren liegt als Vorbild das Verfahren im Man• datssystem des Völkerbundes und im Treuhandsystem der UN zugrunde. Diese unterscheiden sich freilich ganz erheb• lich dadurch, daß ihnen Erkenntnisquellen zur Verfügung stehen, welche dem Komitee nicht eröffnet sind. Außer den Berichten der Verwaltungsstaaten gehen nämlich diesen Or• ganen des Völkerbundes bzw. der UN auch Petitionen von Individuen und Gruppen aus den Gebieten unter der besonde• ren Verwaltung zu; schließlich haben diese Organe auch das Recht, die Gebiete selbst zu besuchen. Diese beiden für die Kontrolle der Staatenberichte außerordentlich wichtigen Er• kenntnisquellen fehlen dem Komitee. Es ist nur auf die Staatenberichte angewiesen. Auch in welcher Form die Staatenberichte zu erstatten sind, ist in der Konvention nicht geregelt. Bereits im Völkerbund ist das Problem aufgetaucht, ob dafür den Staaten Vorschriften gemacht werden dürfen, ob die Berichte z. B. eine allgemeine Schilderung der Probleme enthalten sollen oder auf bestimm• te gezielte Fragen zu antworten wäre. Schon im Mandats• system des Völkerbundes wurde versucht, eine gewisse Gleichförmigkeit und Vollständigkeit der Berichte dadurch zu erreichen, daß den Staaten ein Fragebogen unterbreitet wurde. Doch hatten einige Mandatsmächte diese Zumutung zurückgewiesen. Daher wurde in Art. 88 der UN-Charta ausdrücklich vorgesehen, daß im Treuhandsystem Fragebogen über politische, wirtschaftliche und soziale Entwicklungen und auch über Fortschritte auf dem Gebiete der Erziehung be• nutzt werden können. Diese wurden zunächst so gefaßt, daß

Vereinte Nationen 2/71 47 tragsstaaten gegeben, sondern nur die Ermächtigung, wei• > darüber hinaus enthalten einige Berichte auch die Mittei• tere Informationen zu fordern. Daraus kann allenfalls die lung, es sei eine Prüfung eingeleitet worden, ob das inner• Befugnis geschlossen werden, die Staaten im vorhinein staatliche Recht in vollem Umfange mit der Konvention davon zu unterrichten, welche Angaben in den Berichten übereinstimme. erwartet werden. Freilich muß andererseits auch zugegeben werden, daß einer > An den Komitee-Sitzungen, in denen die Staatenberichte der aufschlußreichsten Berichte, welche dem Komitee zugin• geprüft werden, nehmen auch dann keine Staatenvertreter gen, von einem Staate stammt, der sich nicht eng an das teil, wenn der Bericht eines Staates geprüft wird, der vom Komitee vorgezeichnete System gehalten hat, sondern keinen Sachverständigen in das Komitee entsandt hat. So statt von normativen Vorschriften von der tatsächlichen Si• ist jedenfalls die bisherige Übung. tuation ausgeht, welche in diesem Staate besteht. Er gibt ein Das Berichtssystem ist in dem Komitee nur langsam ange• lebendiges Bild von den Problemen, die sich stellten und laufen. Als es am 19. Januar 1970 zum ersten Mal zusammen• gleichzeitig auch von den Maßnahmen, die zu ihrer Bewälti• trat, waren an sich schon 27 Berichte fällig. Es waren aber gung getroffen wurden. Das Interessante an diesem Bericht nur zwei eingegangen und während der Sitzung liefen ganze ist, daß die wirkungsvollsten Maßnahmen keine Verbote oder sechs weitere ein. Außerdem waren diese ersten Berichte Strafvorschriften waren, sondern vielmehr Maßnahmen der mehr als lakonisch. Einige von ihnen beschränkten sich auf Schlichtung und solche erzieherischer Art. Es habe sich aus die Mitteilung, daß eine Rassendiskriminierung in dem Staate den Erfahrungen ergeben, daß Maßnahmen zur Herstellung niemals stattgefunden habe, die absolute Gleichheit aller eines gegenseitigen Verständnisses und zur friedlichen Bei• Bewohner aber durch die Rechtsordnung bereits gesichert legung von Reibungen wirkungsvoller gewesen seien als sei. Daher brauche nichts mehr getan zu werden, um die irgendwelche strafrechtlichen Sanktionen. Konvention durchzuführen. Freilich gingen einige Berichte Auf der zweiten Sitzung im August/September 1970 hat das auch stärker ins Detail. Komitee begonnen, die vorgelegten Berichte zu erörtern. Im Komitee war die Enttäuschung über diesen Auftakt groß Man nahm sie nach dem Datum des Eingangs vor und machte und es beschloß daher, die Vertragsstaaten davon zu unter• zunächst den Versuch, bei jedem einzelnen Bericht zu formu• richten, was es von ihnen nach der Konvention erwarten lieren, welche Angaben wohl vermißt würden. Dem Bericht• dürfe. Das geschah nicht in einer abstrakten Form, sondern erstatter wurde zunächst aufgetragen, das für jeden einzelnen möglichst gezielt. Auf die Rechtsgrundlagen in der Konvention Bericht zu formulieren. Zunächst erschien das problemlos, da wird eingangs nachdrücklich hingewiesen und auf die Bedeu• die ersten der Prüfung unterworfenen Berichte wirklich sehr tung, welche das Berichtssystem in ihrem Rahmen hat. Und lakonisch waren, denen gegenüber zahlreiche unerfüllte Wün• dann folgt ein Gliederungsschema für den Bericht. Das ist sche vorgebracht werden konnten. Bei der Erörterung eines wahrscheinlich ein besserer Ausdruck als >Fragebogen<. Denn eingehenderen Berichtes beanstandete ein Komitee-Mitglied über dem Schema steht durchgehend die eine Frage: Was ist dann aber, daß keine Ausführungen über die gegenwärtige in dem Berichtsstaat gesetzgeberisch, richterlich, verwaltungs• Anwendung einer auf die Einwanderung bezüglichen Verfas• mäßig oder sonstwie getan worden? Aber nicht generell, son• sungsvorschrift, die es als diskriminierend empfinde, gemacht dern zur Verwirklichung der einzelnen in der Konvention worden seien. Es schloß sich eine lebhafte Diskussion an, ob begründeten Verpflichtungen, die aufgeführt werden. es Aufgabe des Komitees sei, derartige Fragen von sich aus Diese Verpflichtungen sind nun nicht in der Reihenfolge aufzuwerfen. Das wurde überwiegend verneint. Es sei Auf• aufgezählt, wie sie in der Konvention stehen, sondern in vier gabe der Vertragsstaaten, dies zu tun. Damit sind die Prü• Gruppen sachlich zusammengefaßt, die innerlich zusammen• fungsmöglichkeiten des Komitees freilich sehr eingeschränkt. gehören. Die erste Gruppe (1) enthält die allgemeinen Grund• Es kann dann nur noch prüfen, ob zu allen Verpflichtungen satznormen der Artikel 3 und 5 sowie die Forderung des in dem Bericht etwas ausgeführt worden sei, nicht aber, ob lückenlosen Rechtsschutzes (Art. 6). Die zweite (2) die einzelnen dies zutreffend geschah. Diskriminierungsverbote für Staatsorgane (Art. 2/la, 2/lb, 4c). Im Laufe der Arbeiten stellte sich heraus, daß es in den Be• Die dritte (3) dann die Diskriminierungsverbote, welche sich richten typische Lücken gab. Während verhältnismäßig ein• an Individuen oder Gruppen richten (Art. 2/lc, 2/ld, 3, 4a und gehend über die meisten Verpflichtungen der ersten beiden 4b) und die letzte (4) schließlich die werbenden und erziehe• Gruppen berichtet wurde, waren die Auskünfte über die rischen Maßnahmen der Artikel 2/le, 2/2 und 7. Durchführung der Verpflichtungen der beiden letzten Grup• Es mag auf den ersten Blick verwirrend erscheinen, daß die pen sowie über den gewährten Rechtsschutz dürftiger. Es ge• vier Gruppen nicht jeweils durch eine charakterisierende lang aber keine Einigung darüber herbeizuführen, welche Uberschrift gekennzeichnet sind, sondern es dem Empfänger Lücken als die schwerwiegendsten angesehen wurden. Dabei selbst überlassen bleibt, die Gruppierung — auch ohne Kenn• zeigte sich zum ersten Mal ueutlich, daß die Sachverständigen zeichnung — zu verstehen. Diese Zurückhaltung geht darauf aus den verschiedenen Rechtskreisen doch recht unterschied• zurück, daß schon der Verdacht vermieden werden sollte, das lich werten. Auf eine ganz grobe Formel gebracht neigen Komitee wolle bei dieser Gelegenheit die Konvention ver• die Angehörigen des römisch-rechtlichen Kreises dazu, den bindlich auslegen, und diese Gefahr wäre bei einer offenen Rechtsschutz in den Vordergrund zu stellen, die des sowjeti• Charakterisierung zweifellos entstanden. Die hier benutzten schen Kreises die Strafnorm und die des angelsächsischen Kennzeichnungen sind daher in dem Dokument nicht ent• die pflegenden und schlichtenden Maßnahmen. halten. Es kam hinzu, daß die Diskussion sich an einer anderen Fra• ge entzündete. Während der Ausarbeitung der Konvention Das Komitee erzielte mit dieser Aktion einen bemerkens• hatte es heftige Auseinandersetzungen darüber gegeben, ob werten Erfolg: außer der Apartheid in Artikel 3 auch andere typische Er• > Kein Staat hat sich dem Ansinnen, seinen Bericht in ei• scheinungsformen der Rassendiskriminierung verdammt und ner bestimmten Form zu erstatten, widersetzt; mit einem Bann belegt werden sollten. Im Vordergrund stand > nicht weniger als sechs Staaten sandten Zusatzberichte zunächst der Antisemitismus. Im Laufe der Diskussion wur• und bezogen sich dabei auf die »Mitteilung«; den aber weitere >ismen< hinzugefügt, und die längste (von > fast alle später erstatteten Berichte sind sehr viel ein• der UdSSR) vorgeschlagene Liste nannte: Antisemitismus, gehender und detaillierter; Zionismus, Nazismus, Neonazismus und Kolonialismus und > einige wenige folgen sogar eng dem angeforderten Be• andere Erscheinungsformen misanthropischer Ideen und richtssystem; Praktiken".

48 Vereinte Nationen 2/71 Dieser Gedanke wurde dann aber auf Vorschlag Griechen• Sollte ein Mitgliedstaat die Konvention nicht befolgen, so lands und Ungarns im 3. Hauptausschuß endgültig fallen ge• steht es bei den anderen Mitgliedstaaten, die Sache aufzu• lassen. Wohl anknüpfend an diese Pläne hatte ein Staat sehr greifen und die Konventionsorgane damit zu befassen. Die• eingehend über Maßnahmen gegen Anhänger einiger dieser se können von sich aus hingegen nicht tätig werden. >ismen< berichtet, und es wurde vorgeschlagen, dies von al• Von dieser durchaus konservativen Konzeption des interna• len Staaten zu verlangen. Das Komitee sprach sich gegen die• tionalen Rechtslebens geht die Regelung der Staatenbeschwer• sen Versuch, seine Arbeit zu politisieren, sehr deutlich aus. de in der Konvention (Art. 11—13) aus: Die Hauptverantwor• Darüber gelang es nicht, eine gezielte Aufforderung an die tung für die Erhaltung der Völkerrechtsordnung liegt in Vertragsstaaten zu richten, ihre Berichte in einer bestimm• erster Linie bei den Staaten. Die geborenen Völkerrechtssub- ten Weise zu ergänzen, sondern es kam nur eine sehr allge• jekte haben die Initiative zu ergreifen. mein gehaltene Resolution zustande, am Maßstabe der schon Das Verfahren rollt dann in fünf Phasen ab. Die erste Phase während der ersten Sitzung an die Staaten gerichteten Mit• vollzieht sich im wesentlichen zwischen den beteiligten Staa• teilung die erstatteten Berichte nochmals daraufhin nachzu• ten. Es ist nicht zur Voraussetzung der Erhebung einer prüfen, ob sie den darin enthaltenen Anforderungen entsprä• Staatenbeschwerde gemacht, daß die beteiligten Staaten zu• chen. Ob eine so generell gehaltene Mitteilung eine sehr nächst den Versuch unternommen haben, sich auf diploma• große Wirkung haben wird, bleibt abzuwarten. tischem Wege untereinander über den Gegenstand ihrer Mei• Bevor die ersten Berichte von dem Komitee abschließend be• nungsverschiedenheiten auseinanderzusetzen. Vielmehr ist urteilt sind, kann zu ihrem Inhalt verständlicherweise noch diese unmittelbare Auseinandersetzung zwischen den Beteilig• nicht Stellung genommen werden. Immerhin läßt sich sagen, ten in das Verfahren vor dem Komitee einbezogen. Dieses hat daß die bisher vorgelegten 30 Berichte ein reiches Anschau• in der ersten Phase nur die Aufgabe, diese unmittelbaren ungsmaterial über das Instrumentarium zum Schutze vor Verhandlungen einzuleiten, indem es die Mitteilung über die Diskriminierungen enthalten. Von einem mehr auf die pfle• Meinungsverschiedenheit an den betroffenen oder die betrof• gerische Seite orientierten Bericht ist schon die Rede gewe• fenen Vertragsstaaten weiterleitet und ihm bzw. ihnen eine sen. Während die Rechtsnormen hinsichtlich des Handelns Frist von drei Monaten zur Gegenäußerung setzt. der Staatsorgane — wenn auch nicht in ihrer Vollständigkeit, In Art. 11 Abs. 1 ist nicht klar ausgesprochen, wann und un• so doch aber wenigstens rechtstechnisch — nicht sehr stark ter welchen Voraussetzungen das Komitee die ihm zugegan• voneinander abweichen, bedarf der Bereich des Schutzes gene Mitteilung weiterzuleiten hat. Bei Ausarbeitung der Ver• von Individuen gegen diskriminierende Handlungen seitens fahrensordnung wurden darüber unterschiedliche Auffassun• anderer Individuen oder Gruppen wohl der stärksten Auf• gen vertreten. Einige Mitglieder meinten, in diesem Stadium merksamkeit, da er legislatorisch das schwierigste Gebiet ist. habe das Komitee nur die Aktiv- und Passiv-Legitimation Abschließend stellt sich die Frage nach dem Wert dieses Be• der im Streite befangenen Staaten zu prüfen, andere wollten richtssystems. Dem Komitee steht kein Mittel zur Verfügung, auch eine Schlüssigkeitsprüfung einbeziehen. Regel 68 Abs. 1 einen Staat dazu zu veranlassen, nicht nur einen vollstän• der Verfahrensordnung folgt der zurückhaltenderen Auffas• digen sondern auch wahrheitsmäßigen Bericht zu unterbrei• sung. Wenn bei der ersten Prüfung der Beschwerde nicht ihre ten. Es vermag noch nicht einmal aus eigener Kenntnis die >Substanz« erörtert werden darf, so ist damit eine Schlüs• normative Situation völlig zu beurteilen. Das Auseinander• sigkeitsprüfung ausgeschlossen. Das Komitee kann also kei• fallen zwischen der normativen Gesetzeslage und den tatsäch• ne Beschwerde in diesem Stadium als »offenbar unbegrün• lichen Verhältnisse zu beurteilen, ist ihm verwehrt. Selbst det« zurückweisen, sondern hat alle »Mitteilungen«, die von wenn seine Mitglieder über die Massenkommunikationsmit• einem Vertragsstaat gegen einen anderen Vertragsstaat ge• tel — sei es durch Presse, Funk und Fernsehen — irgend• macht werden, weiterzuleiten. welche Informationen über die Zustände in den berichten• Offen bleibt freilich, ob diese Mitteilung auch dann weiter• den Vertragsstaaten erhalten haben sollten, hat das Komi• geleitet werden muß, wenn sich die »Mitteilung« auf ein tee keinerlei Möglichkeiten, diese nachzuprüfen und sich zu Gebiet bezieht, hinsichtlich dessen der betroffene Staat einen eigen zu machen oder zu verwerten. So haben die Mitglie• Vorbehalt erklärt hat. Hier könnte die Auffassung vertreten der des Komitees schon Schwierigkeiten, wenn sie die Staa• werden, dem Komitee sei der Anwendungsbereich der Kon• ten um zusätzliche Informationen ersuchen. Um wieviel mehr vention bekannt und deshalb könne es eine »Mitteilung« nicht gilt das, wenn sie die Wahrhaftigkeit eines Staatenberichtes weiterleiten, die sich auf ein Gebiet außerhalb dieses An• anzweifeln oder ihn infrage stellen wollen. Staaten, welche wendungsbereiches beziehe. Dem könnte aber entgegengehal• ihre Informationspflicht leicht nehmen und sich zurückhal• ten werden, jede »Mitteilung«, die sich gegen einen Ver• ten, sind also in einer sehr viel besseren Position als die• tragsstaat richte, sei diesem zuzuleiten, und es obliege dem jenigen, welche sich bemühen, aufrichtig ein Bild von der Adressaten, sich auf den Vorbehalt zu berufen. Lage in ihrem Lande zu geben. Geht eine Mitteilung in der Zeit ein, in der das Komitee Dennoch sollten die Chancen und Möglichkeiten dieses Be• nicht tagt, erhebt sich die Frage, wer zuständig ist, die Mit• richtssystems nicht ganz pessimistisch beurteilt werden. Schon teilung weiterzuleiten. Die Konvention (Art. 11 Abs. 1 Satz 2) der Austausch der Berichte verschiedener Staaten vermag nennt das Komitee. Daher hat sich die Mehrheit der Mitglie• eine gewisse Wirkung zu erzielen. Wenn ein Staat ganz offen der bei der Erörterung der Verfahrensregeln nicht für berech• sagt, was er getan hat, um bestehende Gegensätzlichkeiten tigt gehalten, diese Funktion dem Vorsitzenden oder auch zu mildern, kann das eine gewisse Modellwirkung ausüben dem kollegialen Vorstande des Komitees anzuvertrauen, son• und andere Staaten dazu veranlassen, ähnliche Möglichkeiten dern hat die Prüfung, ob die »Mitteilung« weitergeleitet wer• in ihren Ländern zu überdenken und einzuführen. Im übri• den darf, der Gesamtheit des Komitees vorbehalten. So ist gen hat das Berichtssystem im internationalen Verkehr häu• Regel 68 Ziffer 2 gefaßt: Der Vorsitzende hat auf schrift• fig die Wirkung eines >Schandpfahles< und kann dazu beitra• lichem Wege eine Willensbildung der Mitglieder des Kom- gen, daß die Staaten, welche bereit sind, Scham zu empfin• mitees herbeizuführen und darf nur nach Zustimmung der den, ihre Versäumnisse einsehen und versuchen, ihnen ab• Mehrheit (oder nach Fristablauf) die Mitteilung weiterleiten. zuhelfen. In dieser Hinsicht ist die Geschäftsordnung der Europäischen Menschenrechtskommission (Regel 44) großzügiger. Sie er• Staatenbeschwerden mächtigt in allen Fällen den Präsidenten zur Weiterleitung Es ist in erster Linie die Aufgabe der Staatengemeinschaft, einer Staatenbeschwerde, um dem betroffenen Staate Gele• sich gegenseitig zur Beachtung der Konvention anzuhalten. genheit zur Stellungnahme zu geben. Allerdings tritt die Eu-

Verelnte Nationen 2/71 49 ropäische Menschenrechtskommission sofort in eine volle Zu• einer Schlichtungskommission überläßt. Dieser Verfahrens• lässigkeitsprüfung ein, während das Komitee erst nach Schei• beschluß hat freilich auch einen materiellen Gehalt. Die tern der unmittelbaren Staatenverhandlungen prüft, ob die Schlichtungskommission wird als gebunden anzusehen sein, innerstaatlichen Rechtsmittel erschöpft sind (das ist ausdrück• eine Verletzung der Konvention sei schlüssig vorgetragen und lich geregelt: Art. 11 Abs. 3) und ob die Beschwerde schlüssig die innerstaatlichen Rechtsbehelfe seien erschöpft. Eine Bin• ist. Auch das ist eine Frage der > Substanz <, die in der ersten dung an die tatsächlichen Erhebungen wird hingegen nicht an• Phase noch nicht geprüft werden darf (Regel 68 Abs. 1 Satz 2). genommen werden können. Da die Schlichtungskommission Es versteht sich, daß eine Zulässigkeitsprüfung erst erfolgen selbst weitere Informationen einholen kann (Art. 12 Abs. 8), kann, nachdem der Staat, gegen den sich die Mitteilung rich• muß es ihr auch freistehen, diese selbständig zu werten. Sie tet, von ihrem Inhalt Kenntnis erhalten hat und sich dazu kann schwerlich daran gebunden werden, von dem weniger äußern konnte. vollkommenen Informationsstand des Komitees auszugehen. Die zweite Phase ist die Verhandlungsphase zwischen den Das Komitee seinerseits wird das ihm vorliegende Tatsachen• beiden (oder mehreren) beteiligten Staaten. Sie währt sechs material auch nur insofern gewertet haben, daß dieses ein Monate von der Zuleitung der Mitteilung (Art. 11 Abs. 2). Wie Tätigwerden der Schlichtungskommission rechtfertigt. Das diese Verhandlungen geführt werden, ist in der Konvention kann schon dann gegeben sein, wenn es nur wahrscheinlich nicht näher geregelt. Daher können sie entweder bilateral erscheint, die Konvention sei verletzt worden. Diese Annah• oder auch in einer sonstigen Form — z. B. in einer Regional• me kann aber durch weitere Erhebungen immer widerlegt organisation — stattfinden. Das Komitee nimmt an diesen werden. Verhandlungen jedenfalls nicht teil. Denn die Aufgabe, gute Die vierte Phase (Art. 12) wird eröffnet durch die Feststel• Dienste zu leisten, ist nicht ihm, sondern der ad-hoc-Ver- lung des Komitees, das ihm vorliegende Material reiche aus, gleichskommission zugeschrieben (Art. 12 Abs. la Satz 2). um die Tätigkeit einer Schlichtungskommission zu rechtfer• Die dritte Phase wird dadurch eingeleitet, daß einer der be• tigen (Art. 12 Abs. la Satz 1). Daraufhin kann der Vorsitzende teiligten Staaten die Sache nach Scheitern der Verhandlun• des Komitees tätig werden, um in Konsultationen mit den am gen wiederum dem Komitee vorlegt, was frühestens nach Streit beteiligten Staaten eine Übereinstimmung über die Ablauf von sechs Monaten seit Eingang der ursprünglichen Ernennung der fünfköpfigen Schiedskommission herbeizu• Mitteilung bei dem betroffenen Staat zulässig ist (Art. 11 führen, die zwar aus Mitgliedern des Komitees bestehen Abs. 2). Die Verhandlungen können sich aber auch länger kann, aber nicht bestehen muß. Die Angehörigen aller Ver• hinziehen. Erst dann tritt das Komitee in eine Prüfung der tragsstaaten können zu Mitgliedern der Kommission er• Sache ein. Zunächst hat es die Zulässigkeit zu prüfen, indem nannt werden, mit Ausnahme der Angehörigen der an dem es feststellt, ob alle verfügbaren nationalen Rechtsbehelfe Streit beteiligten Staaten. Diese haben also in der Kom• ausgenutzt und erschöpft wurden. Da die Erschöpfung der mission keinen Sprecher, sondern sind darauf angewiesen, Rechtsbehelfe eine Voraussetzung für das Tätigwerden des ihre Auffassungen durch Regierungsvertreter der Kommis• Komitees darstellt (Art. 11 Abs. 3 Satz 1), ist anzunehmen, daß sion vortragen zu lassen. der beschwerdeführende Staat dies vortragen und nachweisen muß. Eine Umkehr der Beweislast wurde jedenfalls während Der Vorsitzende des Komitees hat seine Konsultationen mit der Ausarbeitung der Konvention abgelehnt7. Der Nachweis den beteiligten Staaten über die Zusammensetzung der Kom• darf nur dann unterbleiben, wenn das Rechtsbehelfsverfah• mission ganz allein und einsam zu führen. Er braucht die ren ungebührlich verzögert wurde. Das ist in Art. 11 Abs. 2 Mitglieder des Komitees über den Gang der Fühlungnah• doppelt ausgedrückt. Dieser Grundsatz ist schon durch die all• men nicht zu unterrichten (Arg. Regel 78), um den Erfolg gemein anerkannten Völkerrechtsregeln gedeckt und zusätz• seiner Bemühungen nicht zu gefährden. Erst nachdem er lich im Schlußsatz von Absatz 3 wiederholt. die Zustimmung der beteiligten Staaten zur Zusammen• In dieser Phase des Verfahrens hat das Komitee auch die setzung der Kommission gefunden hat, ernennt er ihre Schlüssigkeit des Vorbringens zu prüfen. Kommt es zu dem Mitglieder und unterrichtet davon das Komitee und die be• Ergebnis, daß die vorgebrachten Tatsachen keine Verletzung teiligten Staaten (Regel 72,78), nicht hingegen die anderen der Konvention darstellen, indem z. B. entweder keine Dis• Vertragsstaaten. kriminierung behauptet wird oder zwar eine Diskriminie• Scheitert der Versuch einer Einigung über die Zusammen• rung, diese aber nicht als Rassendiskriminierung im Sinne setzung der Kommission, dann werden diejenigen ihrer Mit• der Konvention anzusehen ist, muß es die Beschwerde zu• glieder, über die keine Einigung zu erzielen war, von dem rückweisen können. In diesem Falle wird das Verfahren durch Komitee aus seinen Reihen gewählt. Die Wahl erfolgt ge• eine Entscheidung des Komitees selbst beendet. Das ist aller• heim mit Zweidrittelmehrheit (Art. 12 Abs. lb). Hierbei sind dings weder in der Konvention noch in der Verfahrensord• die Mitglieder des Komitees, über die in den Konsultationen nung ausgesprochen. keine Einigung erzielt werden konnte, nicht von der Wahl Gelangt das Komitee hingegen zu dem Ergebnis, der be• in die Kommission ausgeschlossen. schwerdeführende Staat habe schlüssig vorgetragen, daß der Das Verfahren der Vergleichskommission wird von dieser betroffene Staat die Konvention verletzte, dann steht es ihm selbst geregelt (Art. 12 Abs. 3), und das Komitee hat sich frei, in welchem Umfange es die Tatsachen selbst ermittelt daher in seiner Verfahrensordnung darauf beschränkt, seine oder dies einer zu bildenden Schlichtungskommission über• Beziehungen zu der Kommission zu regeln. Die Arbeit jeder läßt. Es kann einerseits die Staaten auffordern, Auskünfte ad hoc eingesetzten Vergleichskommission wird daher mit zu liefern, die es als erheblich ansieht (Art. 11 Abs. 4) und der Ausarbeitung einer Verfahrensordnung beginnen, für dabei die Art dieser Auskünfte präzisieren und eine Frist die freilich reichliches Material aus zahlreichen anderen setzen, innerhalb derer diese zu geben sind (Regel 69); es derartigen Vergleichskommissionen vorliegt. braucht die Tatsachenermittlung aber nicht selbst abzuschlie• Als Arbeitsgrundlage dient der Kommission zunächst das ßen, sondern kann z. B. zu dem Ergebnis gelangen, daß die von dem Komitee gesammelte und ihr durch seinen Vor• ihm vorliegenden Informationen ausreichen, um eine Ver• sitzenden zugeleitete Material (Regel 76), das sie aber noch letzung der Konvention wahrscheinlich erscheinen zu lassen. ergänzen kann und häufig wird ergänzen müssen (Art. 12 Denn das Verfahren vor dem Komitee wird in diesem Falle Abs. 8). Denn ihr Auftrag geht weiter als der des Komi• nicht durch eine formelle Entscheidung in der Sache — noch tees. Sie hat die Sache abschließend zu untersuchen, und nicht einmal durch einen Bericht — abgeschlossen, sondern zwar sowohl nach der tatsächlichen wie der rechtlichen durch einen Verfahrensbeschluß, der die weitere Behandlung Seite (Art. 13 Abs. lc), und auf dieser Grundlage zunächst

50 Vereinte Nationen 2/71 eine freundschaftliche Lösung mit den beteiligten Staaten teiligten Staaten nach Ablauf von drei Monaten sämtlichen herbeizuführen. Dabei ist sie jedoch nicht ganz frei; denn Vertragsstaaten der Konvention mitzuteilen. die Lösung muß auf der Grundlage der Achtung vor der Diese Mitteilung hat, je nachdem wie der Bericht von den Konvention getroffen werden (Art. 12 Abs. 1/a Satz 2). beteiligten Staaten aufgenommen wurde, einen sehr unter• Abgeschlossen wird das Verfahren vor der Vergleichskom• schiedlichen Charakter. Kann der Vorsitzende einen Erfolg mission durch einen Bericht, der neben der Sachverhalts• bekanntgeben, liegt darin nicht mehr als eine Rechenschaft schilderung auch Empfehlungen zur friedlichen Streitlö• über die Arbeit der Konventionsorgane, die freilich insofern sung enthält (Art. 13 Abs. 1). Von der rechtlichen Beurteilung von praktischer Bedeutung sein kann, als sie den Vertrags• des Falles ist nicht ausdrücklich die Rede, doch werden staaten vor Augen führt, daß ein wirksames Instrument für Empfehlungen »auf der Grundlage der Achtung vor der die internationale Zusammenarbeit auf diesem Gebiete be• Konvention« nur ausgesprochen werden können, wenn sie steht. auch rechtlich begründet werden. Muß er einen Mißerfolg melden, dann kann in der Notifika• In der fünften Phase geht dann die Sache wieder an das tion eine Anklage gegen jeden Staat liegen, welcher die Emp• Komitee zurück, das allerdings nur noch durch seinen Vor• fehlungen der Kommission zurückwies oder mißachtete. Das sitzenden tätig wird. Dieser nimmt den Bericht der Kom• erklärt die vorgesehene Dreimonatsfrist. Die Staaten sollen mission entgegen und stellt ihn den beteiligten Staaten so• ausreichend Zeit haben, um zu den Empfehlungen Stellung wie den Mitgliedern des Komitees zu. Die Zustellung an zu nehmen. Wirksam wird die Notifikation freilich nur dann die beteiligten Staaten enthält die Aufforderung, den Vor• sein, wenn der Bericht bis dahin vertraulich behandelt wur• sitzenden innerhalb einer Frist von drei Monaten zu un• de und weder etwas über die darin enthaltenen Empfeh• terrichten, ob sie die Berichtsempfehlungen annehmen oder lungen noch über die Haltung der Parteien zu ihnen durch• nicht. Daraus geht deutlich hervor, daß das Ergebnis der sickerte. Es wurde schon im ersten Beitrag erwähnt, daß die Arbeit der Vergleichskommission nicht den Charakter ei• Verhandlungen der Kommission deswegen hinter geschlos• ner Entscheidung oder eines Schiedsspruches hat. Es ist nur senen Türen stattfinden müssen. ein Vorschlag ohne bindende Wirkung. Die Stellungnahme der Staaten wird wiederum den Mitgliedern des Komitees Die Diskriminierungskontrolle in abhängigen Gebieten mitgeteilt, ohne daß dieses als solches noch tätig würde. We• Bei der Schilderung des Berichtssystems und des Verfah• der dem Komitee noch seinem Vorsitzenden ist der Auftrag rens der Staatenbeschwerde wurde deutlich, welche Grenzen erteilt, den Bericht zu prüfen und zu ihm Stellung zu neh• nicht nur der Initiative, sondern auch dem Wirken der Kon• men. Der Vorsitzende des Komitees ist eingeschaltet, um ventionsorgane gezogen sind: Sie sind weitgehend auf den im Verkehr mit den am Streit beteiligten Staaten seine hö• guten Willen und die Bereitschaft der Staaten zur Mitar• here Autorität in die Waagschale zu werfen. Er kann dabei beit angewiesen und haben es schwer, die Mitarbeit der in eine schwierige Lage kommen, wenn er mit der rechtlichen Staaten anzuspornen und intensiver zu gestalten. Würdigung, auf der die Empfehlungen der Kommission be• Es ist nun der Versuch gemacht, den Konventionsorganen ruhen, persönlich nicht übereinstimmen sollte oder die aus• auf einem beschränkten Gebiet eine größere Bewegungs• gesprochenen Vorschläge politisch nicht bejaht. freiheit einzuräumen. Dieses Sachgebiet ist umschrieben Unabhängig davon, ob die beteiligten Staaten sich die Emp• in der Entschließung 1514 (XV) der Generalversammlung fehlungen der Kommission zu eigen gemacht haben oder vom 14. Dezember I9608 über die Gewährung der Unabhän• nicht, hat der Vorsitzende des Komitees den Bericht der gigkeit an koloniale Länder und Völker, in der erneut Kommission mit den eingegangenen Stellungnahmen der be• die Beseitigung jeder Kolonialherrschaft auf der Grund-

Wo arbeiten deutsche Entwicklungshelfer?

Rund 1600 Entwicklungshel• fer aus der Bundesrepublik Deutschland leisten in rund 60 Ländern Lateinamerikas, LATEINAMERIKA AFRIKA Afrikas und Asiens tätige Hilfe. In Schulen, Kranken• Guatemala häusern, Werkstätten, bei 15 der Landarbeit und im Straßenbau arbeiten sie. Die 7^ lJamaika Algerien Tunesien größte Gruppe, rund 1000 Entwicklungshelfer ent• Venezuela Marokko [33] E-HS sandte der Deutsche Ent• m i Ober- wicklungsdienst; die übri• volta gen leisten ihre Hilfe im Ecuädc -^Brasilien Rahmen der katholischen Senegal Kirche (360), der evangeli• m schen (180) und der privaten Elfen Entwicklungsdienste (60). beink.[52 Fast jeder zweite deutsche Helfer ist in den jungen Ghana Ländern Afrikas beschäftigt. In Indien sind mit 130 die Togo meisten Helfer in einem Dahome einzelnen Land. Man kann hier und ähnlich bei den Nigeria Indonesien [|] anderen Ländern fragen: Was sind 130 Helfer für 550 Kamerun Millionen Einwohner? Die Neuguinea [42}-fr Antwort lautet: Sie helfen, Gabun sie geben ein Beispiel — und das ist besser als nichts. Sonstige 26

Vereinte Nationen 2/71 51 läge des Rechts der Selbstbestimmung der Völker prokla• digkeiten eingeräumt worden, deren Erfüllung nur möglich miert wird. In dieser Erklärung selbst ist schon die Brücke ist, wenn grundlegende Prinzipien der in den UN organisier• zum Problem der Rassendiskriminierung geschlagen, indem ten Völkerrechtsgemeinschaft beiseite gesetzt werden, wie es dort (Präambel Abs. 9) heißt: »...dem Kolonialismus ist z. B. der in der Entschließung 1514 (XV) wiederholte Grund• ein Ende zu setzen und ebenso allen damit verbundenen satz der Nichteinmischung in die inneren Angelegenheiten Erscheinungsformen der Rassentrennung und Diskriminie• der Staaten. Das Komitee ist überfordert, wenn es zu allen rung«. Damit ist zum Ausdruck gebracht, daß jedenfalls Vorgängen in den mit dem Problem der Dekolonisierung Kolonialismus mit Diskriminierung nicht gleichzustellen ist, befaßten UN-Organen Stellung nehmen soll, die das Thema dieses letztere vielmehr ein besonderes Phänomen darstellt, der Diskriminierung in irgend einer Weise berühren. Eine das in Verbindung mit der Kolonialherrschaft häufig auf• vollständige und lückenlose Information des Komitees ist tritt. In Übereinstimmung mit dieser Proklamation ist den schwer möglich und wenn sie gegeben wird, ist das Ma• Konventionsorganen auch nicht die Aufgabe gestellt, unmit• terial von diesem auch kaum zu verarbeiten. So wäre zu telbar diesem Ziel zu dienen, sondern nur die Organe der erwägen, die Initiative statt von dem Komitee von den vor• UN, die auf dem Gebiete der Dekolonisierung tätig sind — rangig mit der Frage der Dekolonisierung befaßten UN- in erster Linie den Treuhandrat und den 24er-Ausschuß — Organen ausgehen zu lassen. Diese könnten sich, wenn sie auf dem spezifischen Gebiet der Ausmerzung der Rassendis• ein Bedürfnis hierfür empfinden, des gutachterlichen Rates kriminierung zu unterstützen. des Komitees bedienen und ihm konkrete Fragen vorlegen, Das Komitee erhält das Arbeitsmaterial dieser UN-Or• zu denen es dann Stellung zu nehmen hat. gane über die abhängigen Gebiete, die in Entschließung 1514 Das mag an einem Beispiel illustriert werden: In dem Ent• (XV) erwähnt sind, nimmt dazu Stellung und spricht Emp• wicklungsbericht über St. Helena findet sich die Nachricht, fehlungen aus, soweit die Grundsätze und Ziele der Kon• eine südafrikanische Gesellschaft habe Anteile an einer der vention berührt werden. wichtigsten industriellen Unternehmungen, die auf St. Helena Dieses Arbeitsmaterial besteht einerseits aus Abschriften arbeiten, erworben. Es bestand die Gefahr, die Grundsätze der bei diesen UN-Organen eingegangenen Petitionen von der Apartheid könnten die Anstellungspolitik dieser Gesell• Einzelpersonen aus diesen Gebieten (Art. 15 Abs. 2a), ande• schaft bestimmen. Die britische Regierung hat dann aber rerseits aus Berichten der UN-Organe über gesetzliche, ge• auf eine Petition von der Insel St. Helena die Anteile ge• richtliche, verwaltungsmäßige und sonstige Maßnahmen der kauft, um einer solchen Gefahr vorzubeugen. Verwaltungsstaaten dieser Gebiete (Art. 15 Abs. 2b). Nachdem die Gefahr einer Rassendiskriminierung gebannt Beide Gruppen von Materialien werfen besondere Probleme ist, besteht für das Komitee kein Anlaß mehr, sich zu diesem auf: Solange das Komitee noch nicht ermächtigt ist, Petitio• Fall zu äußern. Es könnte das nur noch theoretisch tun. So• nen von Einzelpersonen oder Gruppen gegen Vertragsstaa• lange aber die Gefahr einer Beherrschung der Gesellschaft ten gemäß Artikel 14 zu behandeln, kann es keine Erfah• durch südafrikanische Geldgeber bestand, hätte der 24er- rungen bei der Behandlung von Petitionen erwerben. Auf Ausschuß daran interessiert sein können, Auskunft darüber die Behandlung von Petitionen vor anderen UN-Organen zu erhalten, ob ein Verwaltungsstaat, der dieser Gefahr ge• kann es sich aber nur stützen, wenn es nicht nur die Ab• genübersteht, verpflichtet ist, sie durch Erwerb der Anteile schriften der Petitionen, sondern auch Material über ihre abzuwenden. Behandlung erhält. Ohne diese Grundlage ist es schwerlich Möglicherweise könnte die Zusammenarbeit zwischen dem möglich, eine Meinung zu äußern. Komitee und den für die Dekolonisierung verantwortlichen Sowohl die Petitionen wie die Entwicklungsberichte können UN-Organen fruchtbar gestaltet werden, wenn diese die sich auch auf Verwaltungsstaaten beziehen, welche die Kon• Initiative an sich nehmen würden. Bisher sieht es nicht da• vention nicht ratifiziert haben. Sollte sich aus ihnen erge• nach aus. Der Treuhandrat hat es auf seiner 37. Tagung ab• ben, daß diskriminierende Handlungen begangen wurden, gelehnt, dem Komitee anzuzeigen, wo in den Berichten der so könnte das Komitee nur mit Bezug auf Vertragsstaaten Verwaltungsstaaten Fragen der Rassendiskriminierung auf• der Konvention eine Verletzung feststellen. Hinsichtlich an• tauchten. Dazu sei das Komitee selbst besser qualifiziert. derer Staaten könnte es lediglich aussprechen, daß sie nicht Außerdem hat der Generalsekretär eine Übermittlung des im Geiste der Konvention gehandelt haben. Außerdem ist angeforderten Materials über die Beschäftigung des 24er- nicht vorgesehen, daß das Komitee die betroffenen Ver• Ausschusses mit dem ihm vorliegenden Material aus tech• waltungsstaaten unmittelbar anhören oder zur Stellung• nischen Gründen abgelehnt. Anderseits vermag auch das nahme auffordern kann. Komitee die Papierflut aus diesen Organen kaum zu be• Um seine Aufgaben gemäß Artikel 15 erfüllen zu können, wältigen. Wenn ihm gezielte Fragen gestellt würden, könnte ist das Komitee an die in Betracht kommenden UN-Organe es einen wertvolleren Beitrag leisten. Es bedürfte dann herangetreten und hat über das Generalsekretariat umfang• auch nur des vollständigen Materials zu konkreten Fragen. reiches Material erhalten. Innerhalb des Komitees sind ver• schiedene Arbeitsgruppen gebildet worden, welchen die Auf• Zusammenfassung gabe zugewiesen wurde, sich bestimmter Gebiete beson• Der Bericht über die bisherigen Erfahrungen bei der Anwen• ders anzunehmen. Es ist in der ersten Tagung nach einer dung der Konvention mag manchmal übermäßig skeptisch vorläufigen Sichtung von diesen Arbeitsgruppen auch schon klingen. Wer selbst an der Aufgabe mitzuwirken hat, eine vorgetragen worden, welche Probleme sich stellen. Darüber neue Arbeitsweise in eine bestehende Organisation mit schon hinaus hat das Komitee einen Versuch gemacht, seine Funk• stark verfestigten Traditionen einzuführen, ist naturgemäß tionen und Aufgaben zu präzisieren, wobei verschiedene versucht, Schwierigkeiten und Probleme überzubetonen. Den• Fragen angeschnitten wurden, welche hier als problematisch noch darf gesagt werden, daß dieser neuartige Versuch, ei• bezeichnet worden sind9. nem Organ im Rahmen der UN die Kontrolle über die Be• In eine Wertung des ihm vorliegenden Materials ist aber das folgung einer Konvention anzuvertrauen, mit viel gutem Komitee noch nicht eingetreten und es hat bisher in seine Willen, einem gesunden Realismus und praktischem Sinn Verfahrensregeln auch noch keine Bestimmungen über die in Angriff genommen wurde. Besonders hervorzuheben ist Wahrnehmung dieser Aufgabe aufgenommen. Diese Zurück• dabei, daß die Mitglieder dieses Organs in einer Atmosphäre haltung war weise. Denn vor einer Regelung dieses Ver• arbeiteten, die sich von der auf ähnlichen Gebieten herr• fahrens ist eine sachliche Frage zu regeln, die ungelöst im schenden ganz wesentlich unterscheidet und nicht von dem Raum steht. Dem Komitee sind sehr weitgespannte Zustän• Gesetz der politischen Gruppierung bestimmt ist. Gewiß ist

52 Vereinte Nationen 2/71 3 Von den 44 Staaten, welche die Pakte unterzeichnet haben, unter• von aufsehenerregenden Ergebnissen noch nicht zu berich• zeichneten nur 16 das Fakultativprotokoll. Ratifiziert wurde es bis ten. Dazu ist seit Aufnahme der Arbeit zu kurze Zeit ver• zum genannten Termin nur von , Ecuador und Kolum• gangen. Aber es ist diesem neuen Organ doch gelungen, bien. Vgl. H. Petzold: Vertragspartnerstand der Menschenrechts• konventionen, ZaöRV 30 (1970), S. 415. die Grundlagen für seine zukünftige Arbeit zu legen, um 4 Annex II des Jahresberichts 1970, in: GAOR (XXV) Supplement 27 von rein theoretischen Proklamationen zu einer pragmati• (A/8027). 5 Vgl. den Komitee-Bericht für 1970: GAOR (XXV) Supplement 27 schen und praktischen Bewältigung eines Problems zu ge• (A/8027). langen, das die heutige Welt zutiefst beunruhigt. 6 N. Lerner, siehe Anm. 2, aaO, S. 78 f. 7 N. Lerner, siehe Anm. 2, aaO, S. 88. Anmerkungen: 8 UN-Doc. A/RES/1514 (XV) vom 14. Dezember 1960 — Deutsche Über• 1 VN 19. Jg. (1971) Heft 1, S. 1 ff. setzung siehe VN 10. Jg. (1962) Heft 4, S. 117. 2 So N. Lerner: The Convention on the Elimination 9 Annex IV des Jahresberichts 1970, in: GAOR (XXV) Supplement 27 of all Forms of Racial Discrimination, Leyden 1970, S. 84. (A/8027).

Rückzug aus »Territorien« oder aus »allen Territorien«? Zur Auslegung der Nahost-Resolution des Sicherheitsrats vom 22. November 1967 DR. BERNHARD DOLL Seit der Feuereinstellung im sogenannten dritten arabisch• stimmig eine erste Entschließung, in der die beteiligten Staa• israelischen Krieg vom Juni 1967 konzentrieren sich die ten aufgefordert wurden, die Kampfhandlungen sofort zu Bemühungen um eine friedliche Beilegung des Nahost-Kon• beenden1. Aber erst am 7. Juni, nach Annahme einer zwei• flikts in erster Linie auf zwei Punkte: auf die Anerkennung ten Resolution mit ultimativer Zielsetzung gaben Israel und der Existenz des Staates Israel durch die arabischen Länder Jordanien ihre Bereitschaft zur Feuereinstellung bekannt. und auf die Rückgabe der von Israel militärisch besetzten Die VAR folgte dem Waffenstillstandsappell am nächsten Gebiete an Ägypten, Jordanien und Syrien. Der erste kon• Tage. struktive Schritt zu Verhandlungen zwischen den Streitteilen Ohne zunächst politische Lösungen des Palästina-Konflikts wurde im UN-Sicherheitsrat am 22. November 1967 durch die aufzeigen zu können, verabschiedete der Sicherheitsrat bis einstimmige Verabschiedung einer Entschließung getan, die zu seiner Vertagung am 14. Juni 1967 noch eine Reihe wei• die oben genannten Komponenten einer Friedensregelung terer Entschließungen, die u. a. die Parteien zur Beachtung herausstellte und zu ihrer Verwirklichung den UN-General• der Feuereinstellung ermahnten und Israel ersuchten, auf sekretär zur Entsendung eines Sonderbeauftragten autori• die Kriegsgefangenen und Zivilpersonen in den besetzten sierte. Der mit diesem Amt betraute schwedische Diplomat Gebieten die Bestimmungen der Genfer Rotkreuzabkommen Gunnar Jarring bemühte sich in den Jahren 1968/70 ohne aus dem Jahre 1949 anzuwenden. Außer diesen — aus ak• größeren Erfolg um eine Beilegung des Konflikts. Das bis• tuellem Anlaß diktierten Maßnahmen — zeitigten die Debat• herige Scheitern seiner Mission beruht nicht zuletzt auf der ten des Sicherheitsrats ein weiteres Ergebnis: bei der Suche Forderung der arabischen Staaten, mit Israel über einen nach einer Kompromißlösung zwischen den gegensätzlichen Frieden jedenfalls erst dann zu sprechen, wenn — gemäß Standpunkten begannen sich das Rahmengefüge der zukünf• der Nahost-Resolution vom 22. November 1967 — alle mili• tigen Verhandlungen und die Extrempositionen beider Streit• tärisch besetzten Gebiete durch Israel geräumt worden sei• teile sowie der sie unterstützenden Mächte abzuzeichnen. en. Gegenüber dieser Forderung weist Israel darauf hin, Während die arabischen Länder und die im Sicherheitsrat daß es weder zu einer solchen Vorleistung noch überhaupt vertretenen Ostblockstaaten2 in erster Linie eine Verurteilung zur Wiederherstellung des territorialen status quo ante ver• Israels als Angreifer und die sofortige und bedingungslose Frei• pflichtet sei. Im übrigen spreche die zitierte UN-Resolution gabe aller seit dem 5. Juni besetzten Territorien forderten5, in diesem Zusammenhang nur von > Territorien < und nicht betonten einige Mitglieder des westlichen und des neutralen von >allen Territorien^ Lagers schon bei Anbeginn der Diskussion, daß über die Be• In den folgenden Ausführungen sollen das Zustandekommen, endigung der Kampfhandlungen hinaus neue Bedingungen der Inhalt und die rechtliche Relevanz der Entschließung für die friedliche Koexistenz der beiden Parteien des Kon• des Sicherheitsrats untersucht werden. Dabei werden insbe• flikts gefunden werden müßten. Dabei vermieden es die sondere die Vorgeschichte ihrer Entstehung und die Stel• westlichen Delegierten, bereits in diesem Stadium der De• lungnahmen der Mitglieder des Sicherheitsrats zu behan• batte genauer auf die Frage einzugehen, ob Israel sich aus deln sein. allen besetzten Gebieten zurückziehen müsse. Dagegen fin• den sich in den Stellungnahmen einiger Delegierter der I. Die Bemühungen der UN um eine Dritten Welt konkrete Hinweise auf eine totale Räumung. Beilegung der Nahostkrise So erklärte der indische Delegierte, er hätte es vorgezogen, In dem Zeitraum von Juni bis November 1967 lassen sich die Aufforderung zur Feuereinstellung mit der eines Rück• die Bestrebungen der UN, den Konflikt zu beenden, zeit• zuges der israelischen Truppen bis zu den Ausgangsstellun• lich in drei Abschnitte gliedern: gen vom 5. Juni zu verbinden, denn jeder Gebietserwerb > Maßnahmen des Sicherheitsrats zur Beendigung der durch kriegerische Besetzung sei durch die UN-Charta aus• Kampfhandlungen im Juni 1967; geschlossen. Die Vertreter Malis und Äthiopiens votierten > Erörterung der Nahost-Krise auf der 5. Außerordentli• in ähnlicher Weise4. Der Delegierte Brasiliens nahm eine chen und der 22. Ordentlichen Vollversammlung vom differenziertere Haltung ein. Er betonte, daß seine Regierung Juni bis Oktober 1967; sich stets zu dem Verbot des Gebietserwerbs mit militäri• > Abschluß eines vorläufigen Kompromisses durch den er• schen Mitteln bekannt habe, andererseits könne aber im vor• neut zusammengetretenen Sicherheitsrat am 22. November liegenden Fall die Frage des israelischen Rückzugs nicht iso• 1967. liert von dem allgemeinen Problem einer Befriedung des 1. Sogleich nach dem Ausbruch des Konflikts am 5. Juni 1967 Nahen Ostens gesehen werden5. bemühte sich der Sicherheitsrat um eine Beendigung der Die Vereinigten Staaten regten in ihrem Resolutionsentwurf Feindseligkeiten. Er verabschiedete am nächsten Tage ein• vom 8. Juni 1967 u. a. an, nach der Feuereinstellung unver-

Vereinte Nationen 2/71 53 UN-Entschließung vom 22. November zur politischen Lö• sung der Krise auch abzuzeichnen begann, so war — mangels Annäherung der gegensätzlichen Positionen — die Behand• Ii lung der Nahostkrise im Sicherheitsrat zunächst beendet. Ihr eigentliches Ergebnis war die Feuereinstellung vom 7./8. Juni 1967. 2. Die am 15. Juni 1967 auf Antrag der Sowjetunion einbe• : : rufene 5. Außerordentliche Vollversammlung brachte, wie * anschließend die 22. Ordentliche Session, im Ergebnis zwar noch keine Annäherung der kontroversen Ansichten über die Beilegung des Konflikts11. Die beiden Tagungen sind aber in diesem Zusammenhang aus zwei Gründen bemerkens• wert. Einmal wiesen sie insoweit einen Fortschritt auf, als der sowjetische Ministerpräsident Kossygin teilweise auf die westlichen Anregungen einging und in seiner Rede vom 19. Juni nicht nur die Verurteilung Israels als Angreifer, den sorfortigen Abzug der israelischen Truppen aus den besetzten Gebieten und angemessene Reparationszahlungen an die arabischen Staaten forderte, sondern auch ausdrück• lich das Recht Israels auf nationale Existenz anerkannte12. Zum anderen betonten die Vertreter nahezu aller Staaten, daß jeder Territorialzuwachs durch Krieg unzulässig sei. Diese Ansicht wurde insbesondere durch die Ausführungen des britischen Außenministers bekräftigt, der in seiner Rede vom 21. Juni 1967 Israel aufforderte, keine Maßnahmen zur Einverleibung von erobertem Gebiet vorzunehmen und den Konflikt nicht noch durch eine Annexion des jordanischen Teils von Jerusalem zu komplizieren13. Die beiden Streitteile hielten, jeweils unterstützt von ihren politischen Verbündeten, unvermindert an ihren Grund• sätzen fest. So wiederholte der israelische Außenminister Eban seine bekannten Forderungen: Anerkennung des Staa• Gunnar M. Jarring, der Botschafter Schwedens in Moskau, war von Generalsekretär U Thant am 23. November 1967 zum Sonderbeauftrag• tes Israel durch die Araber und Ausarbeitung eines Frie• ten für die Regelung des Nahost-Konflikts auf der Grundlage der densvertrages in direkten zweiseitigen Verhandlungen. Im einstimmig angenommenen Resolution des Sicherheitsrats vom Tage vorher ernannt worden. An ihm liegt es nicht, wenn außer der Waf• Hinblick auf eine Vermittlerrolle der UN führte er aus, daß fenruhe am Suez bisher keine befriedigende Lösung der Nahost- die Weltorganisation zwar gute Dienste leisten, ihre Aktivi• Verhältnisse erreicht wurde. tät jedoch nicht als Ersatz für direkte Verhandlungen be• trachtet werden könne14. Die arabischen Länder beharrten züglich Gespräche zwischen den interessierten Parteien auf• auf ihrer anläßlich der Konferenz von Khartum Anfang zunehmen »unter Benutzung der ihnen erwünschten Hilfe September festgelegten Linie, nach der Israel weder als einer Drittpartei oder der UN im Hinblick auf die Einrich• Staat anerkannt noch als Verhandlungspartner akzeptiert tung lebensfähiger Vereinbarungen, enthaltend den Rück• werden solle13. Diese traditionelle Haltung wurde um die zug und die Demobilisierung des militärischen Personals, den Forderung des bedingungslosen und sofortigen Rückzugs Verzicht auf Gewalt, welches auch ihre Art sein möge, die Israels aus den besetzten Gebieten bereichert. Gewährleistung der lebenswichtigen völkerrechtlichen Be• Letztere Ansicht wurde von einigen afrikanischen und asia• stimmungen und die Schaffung eines stabilen und dauer• tischen Staaten, die sich den Argumenten der arabischen haften Friedens im Nahen Osten«6. In diesem Vorschlag ist Länder anschlossen, dergestalt modifiziert, daß sie die Forde• somit nur vage von Rückzug die Rede; die Streitfrage aber, rung nach Rückzug mit weiteren Maßnahmen zur Beendigung ob es sich dabei um einen totalen Rückzug handeln sollte, des Konflikts verbanden. Die Skala der Vorschläge reichte blieb absichtlich offen. Auch Großbritannien und Kanada von dem Erfordernis der Aufnahme von Verhandlungen benutzten solch unbestimmte Redewendungen wie » ... with• bis zur Anerkennung Israels durch seine arabischen Nach• drawal of forces ... «7. barn16. Eine Konzeption, die von einer Mehrheit der Mit• Im Verlauf der Debatten stellte der US-Delegierte immer glieder befürwortet wurde, kam nicht zustande. wieder fünf Prinzipien für eine Friedensregelung im Nahen Von den zahlreichen Vorschlägen der übrigen UN-Mitglieder Osten heraus, die der amerikanische Präsident Johnson in sind der Resolutionsentwurf Jugoslawiens vom 28. Juni17 einer Ansprache vom 19. Juni 19678 bekanntgegeben hatte: und der Resolutionsentwurf der lateinamerikanischen Länder Anerkennung des Rechts auf nationale Existenz, Lösung vom 30. Juni18 von besonderem Interesse. Der Entschlie• des Flüchtlingsproblems, Respektierung der internationalen ßungsantrag Jugoslawiens, der im Namen von 17 paktfreien Schiffahrtsrechte, Begrenzung des Wettrüstens und territo• afro-asiatischen Staaten eingebracht wurde, ging von einem riale Integrität. Alle fünf Punkte sollten in die Resolution Rückzug Israels hinter die Waffenstillstandslinien, einem vom 22. November 1967 aufgenommen werden und ihren Wiederaufleben der im Jahre 1949 abgeschlossenen Waffenstill• materiellen Inhalt ausmachen. In ähnlicher Weise argumen• standsabkommen sowie der Entsendung eines UN-Vermitt• tierten die Vertreter Äthiopiens, Argentiniens und Japans9. lers in den Nahen Osten und der späteren endgültigen Lö• Am 14. Juni 1967 schlug der Delegierte Großbritanniens, sung des Konflikts durch den Sicherheitsrat aus. Auch der Lord Caradon, vor, der Sicherheitsrat solle sofort einen Ver• lateinamerikanische Vorschlag stellte die Forderung nach mittler ernennen und ihn beauftragen, umgehend Gespräche dem israelischen Truppenabzug aus allen besetzten arabi• mit den beteiligten Regierungen zur endgültigen Beilegung schen Territorien den anderen Regelungen voran und betont des Konflikts aufzunehmen10. noch einmal, daß ein Landgewinn durch kriegerische Be• setzung nicht anerkannt werden könne. Ohne ein Junktim Wenn sich mit diesen Initiativen der Gehalt der späteren

54 Vereinte Nationen 2/71 zwischen dem Truppenabzug und der Israel zu gewährenden werden. Diese Konstruktion sollte im folgenden eine wich• Anerkennung direkt auszusprechen, ist im folgenden von tige Rolle spielen. Zweitens wird in die Aufzählung der der territorialen Unverletzlichkeit und politischen Unabhän• Verhandlungsrichtlinien ausdrücklich die Formulierung auf• gigkeit aller Staaten im Nahen Osten die Rede18. genommen, daß Israel seine Truppen aus allen besetzten Diese, wie alle anderen auf eine Lösung des Nahostkonflikts arabischen Gebieten abziehen solle. abzielenden Resolutionsentwürfe20, erhielten nicht die er• Der zweite Resolutionsentwurf, den die USA unterbreiteten, forderliche Stimmenmehrheit. Nachdem die Krise als eine war inhaltlich ähnlich aufgebaut wie der Dreimächtevor• Angelegenheit höchster Dringlichkeit — nicht zuletzt wegen schlag: Einsetzung eines UN-Sonderbeauftragten, der mit der Einverleibung Altjerusalems in den Staat Israel — an Richtlinien für die Verhandlungen ausgestattet werden die 22. Ordentliche Sitzungsperiode überwiesen worden war, sollte26. Er wies aber insofern einen wesentlichen Unter• ging die Versammlung ohne Ergebnis auseinander21. schied auf, als Israel nur aufgefordert wurde, Gebiete zu Die 22. Ordentliche Vollversammlung brachte während der räumen (»withdrawal of armed forces from occupied terri- vierwöchigen politischen Generaldebatte keine weitere An• tories«). In der anschließenden Debatte beanstandete der näherung der Standpunkte oder neue Anregungen. Der Ge• sowjetische Vertreter diesen Passus. So führte er aus, die neralsekretär stellte in seiner Adresse an die Delegierten amerikanische Formulierung »Errichtung sicherer und an• heraus, daß ein israelischer Truppenrückzug im Rahmen erkannter Grenzen«27 sei ein Rückschritt gegenüber dem einer Friedenskonzeption für den Nahen Osten gesehen Resolutionsentwurf der 20 lateinamerikanischen Mächte werden müsse, bei deren Erarbeitung ein Sondervertreter vom 30. Juni und erlaube den Besitz von arabischem Terri• der UN gute Dienste leisten könne22. Der Außenminister torium durch Israel28. Jugoslawiens vertrat die Auffassung, daß in den Diskussio• Gegenüber dem Dreimächtevorschlag wurde, in erster Linie nen inzwischen genügend gemeinsame Elemente erkennbar von Seiten Israels, eingewandt, ein Rückzug auf die Waffen• geworden seien, um eine UN-Aktion mit folgendem Inhalt stillstandslinien vom 4. Juni 1967 könne nicht in Frage kom• zu ermöglichen: Verweigerung territorialer Gewinne durch men. Auch würden dem UN-Vermittler, der nach israelischer militärische Besetzung, Abzug der Besatzungstruppen und Ansicht nur als Bote zwischen den Parteien fungieren solle, Respektierung der Integrität aller Staaten des Nahen mit dem Mandat, die Friedensbemühungen zu koordinieren, Ostens23. zuviele Befugnisse eingeräumt. Die eigentlichen Verhand• Waren die offiziellen Debatten wenig ertragreich, so wurde lungen müßten zwischen Israel und den arabischen Staaten in informellen Gesprächen mit größerem Erfolg versucht, stattfinden20. die unflexiblen Ausgangspositionen der Parteien einander Da die folgenden Sitzungen keine Annäherung der Stand• näherzubringen. Diese Konsultationen und die militärische punkte brachten, unterbreitete Lord Caradon am 16. Novem• Zuspitzung des Konflikts, ausgelöst durch die Versenkung ber 1967 einen Kompromißvorschlag, der den gegensätzlichen des israelischen Kreuzers Elath und durch den israelischen Positionen Rechnung trug. Angriff auf Port Suez, führten am 24. Oktober 1967 zu einer erneuten Verlegung der Nahost-Debatte in den Sicher• II. Der britische Resolutionsentwurf vom 16. November 1967 heitsrat, die am 22. November mit der Annahme des briti• 1. Der Resolutionsentwurf Großbritanniens, der in derselben schen Resolutionsentwurfs einen vorläufigen Abschluß fin• Fassung am 22. November einstimmig angenommen wurde, den sollte. hat folgenden Wortlaut30: Die Bemühungen der Vollversammlung um eine diplomati• sche Beilegung des Konflikts brachten somit als Zwischen• Der Sicherheitsrat, — in Bekundung seiner ständigen Sorge über die ernste Lage in ergebnis Klarheit über drei Bedingungen, die jedem Be• Nahost, friedungsvorschlag zugrundeliegen müssen. — in Betonung der Unzulässigkeit, Gebiete durch Krieg zu er• werben, und der Notwendigkeit, für einen gerechten und a) Der Grundsatz der Nichtanerkennung territorialer Ge• dauerhaften Frieden zu arbeiten, in dem jeder Staat des Ge• winne durch militärische Eroberung; bietes in Sicherheit leben kann, b) Das Junktim zwischen der Rückgabe der besetzten arabi• — in Betonung ferner, daß alle Mitgliedstaaten durch die An• nahme der Charta der Vereinten Nationen die Verpflichtung schen Gebiete und der Anerkennung der Existenz des eingegangen sind, in Ubereinstimmung mit Artikel 2 der Charta Staates Israel; zu handeln, 1. bekräftigt, daß die Erfüllung der Grundsätze der Charta die c) Die Einschaltung eines Vermittlers als indirekte Verhand• Errichtung eines gerechten und dauerhaften Friedens in Nah• lungsbasis zwischen den Streitteilen, da die arabischen ost verlangt, der die Anwendung der beiden folgenden Grund• Länder es ablehnten, mit Israel unmittelbar zu verhan• sätze einschließt: (i) Rückzug der israelischen Streitkräfte aus Gebieten, die deln. während des jüngsten Konflikts besetzt wurden; 3. Der Sicherheitsrat befaßte sich nur kurz mit dem akuten (ii) Einstellung aller Behauptungen oder Formen eines Kriegs• zustandes sowie die Beachtung und Anerkennung der Anlaß seiner Einberufung. Er verabschiedete bereits am Souveränität, der territorialen Unversehrtheit und der nächsten Tage eine Resolution, in der jede Übertretung der politischen Unabhängigkeit eines jeden Staates in diesem Feuereinstellung verurteilt wurde24. Im übrigen wandte sich Gebiet und die seines Rechtes, innerhalb sicherer und an• erkannter Grenzen frei von Drohungen und Akten der die Diskussion der politischen Lösung des Konflikts zu. Gewalt in Frieden zu leben; Bei Beginn der folgenden Beratungen am 9. November 2. bekräftigt ferner die Notwendigkeit, hatten sich die Mitglieder des Sicherheitsrats mit zwei Re• a) die freie Schiffahrt auf den internationalen Wasserstraßen des Gebietes zu garantieren; solutionsentwürfen auseinanderzusetzen. Der erste Vor• b) eine gerechte Regelung des Flüchtlingsproblems zu verwirk• schlag war von Indien, Mali und Nigeria eingebracht wor• lichen; den25. In ihm war — wie in allen nachfolgenden Resolutions• c) die territoriale Unversehrtheit und die politische Unabhän• gigkeit eines jeden Staates in dem Gebiet durch Maßnahmen entwürfen — die Rede von einer Lösung der Fragen der sicherzustellen, zu denen die Schaffung entmilitarisierter Kriegsbeendigung, der Integrität aller Staaten des Nahen Zonen zählt; 3. ersucht den Generalsekretär, einen Sonderbeauftragten zu Ostens, der internationalen Schiffahrtsfreiheit und des ernennen, der sich nach dem Nahen Osten begeben soll, um Flüchtlingsproblems. Sein Inhalt ist aber in diesem Zusam• dort mit den betroffenen Staaten Verbindung aufzunehmen menhang aus zwei Gründen bedeutsam: Erstens wendet er und zu unterhalten, damit ein Abkommen begünstigt wird und Bemühungen unterstützt werden, um eine mit den Bestimmun• sich nicht unmittelbar an die betroffenen Staaten sondern gen und Grundsätzen dieser Entschließung übereinstimmende nur an den Generalsekretär, der aufgefordert wird, einen friedliche und allgemein anerkannte Lösung zu finden; Vermittler einzusetzen, dem für seine Verhandlungen mit 4. ersucht den Generalsekretär, dem Sicherheitsrat so bald wie möglich über den Fortschritt der Bemühungen des Sonderbe• den Parteien bestimmte Prinzipien an die Hand gegeben auftragten zu berichten.

Vereinte Nationen 2/71 55 2. Die Resolution besteht aus drei Teilen: einer Präambel, bedeutsamste. Er stellt ausdrücklich fest, daß der Text ein• die den Konflikt nur zur Kenntnis nimmt und keine Seite deutig formuliert worden sei. Dabei schade es nicht, daß als Angreifer verurteilt, den Bestimmungen, die sich mit jeder über ihn abstimmende Staat seine eigene Interpreta• der Regelung materieller Fragen befassen (Ziff. 1 und 2) tion anwende. und einem Abschnitt zur Durchführung der Friedensbemü• Die Widersprüchlichkeit dieser Aussage löst sich auf, wenn hungen (Ziff. 3 und 4). Sie vereint in ihrem Inhalt alle bisher man erkennt, daß die Resolution in ihrem zweiten Teil keine durch die UN erarbeiteten Komponenten einer Nahostglei• direkte Lösung des Nahostkonflikts anstrebte, sondern — wie chung, insbesondere die Nichtanerkennung territorialer Ge• erläutert — dem Sonderbeauftragten für seine Verhandlun• winne durch militärische Eroberung, die Verbindung von gen Richtlinien für den materiellen Gehalt einer künftigen Gebietsrückgabe und staatlicher Anerkennung Israels, sowie Friedenskonzeption an die Hand gab. Diese Auffassung wird die Errichtung einer indirekten Verhandlungsbasis. Wie sich sowohl durch den Wortlaut von Ziffer 1 und 3 der Ent• aus ihrem Wortlaut ergibt, werden ähnlich wie in dem Drei• schließung, in denen lediglich von Grundsätzen für einen mächtevorschlag Richtlinien für die Beilegung des Konflikts gerechten und dauerhaften Frieden in Nahost die Rede ist, angeführt31 und als Adressat der Resolution nur der Gene• als auch durch die Erläuterungen Lord Caradons zum Reso• ralsekretär genannt. lutionsentwurf gestützt, der von der Ausarbeitung derjenigen Im Hinblick auf die umstrittenen Fragen, an denen die Prinzipien sprach, die dem UN-Vermittler mitgegeben wer• Entschließungsentwürfe der afro-asiatischen Staaten und der den sollten3". USA scheiterten, enthält sie einen ausgewogenen Kompro• Die Streitteile werden somit nicht direkt angesprochen; ihnen miß: Der sowjetische Einwand, es bedürfe einer ausdrück• werden nicht unmittelbar Rechte gewährt und Pflichten auf• lichen Erwähnung des Verbots von Gebietserwerb durch erlegt. Wie die Vorgeschichte des Zustandekommens der Re• Krieg, wurde durch die Aufnahme eines entsprechenden solution lehrt, konnten sich die Parteien auf eine Formel Passus in die Präambel (Abs. 2) berücksichtigt. Andererseits zur Beilegung der Krise nicht einigen. Der britische Entwurf wurde auch das Bedenken Israels, direkte Verhandlungen brachte keinen Durchbruch in dieser Richtung. Folglich ent• würden durch eine zu starke Stellung des UN-Vermittlers hielt er keine Regelung der Frage der direkten oder indi• überflüssig, insofern beachtet, als die Befugnisse des Sonder• rekten Verhandlungen, des Zeitpunkts der Anerkennung beauftragten vage formuliert wurden. Er ist nur für die Auf• Israels sowie der Preisgabe der besetzten Gebiete. Sein Wert nahme und Unterhaltung von Verbindungen zwischen den bestand in der Errichtung eines Verhandlungsmechanismus, betroffenen Staaten zuständig. Die wichtigste Frage aber, gekoppelt mit jenem Maß an Elementen für eine Friedens• die bis heute in der Nahostdiskussion kontrovers blieb, be• ordnung, dem beide Seiten gerade noch zustimmen konnten. zieht sich auf die Rückzugsverpflichtung Israels. Diejenigen Stellungnahmen im Schrifttum und in der Presse, 3. Die englische Fassung des Resolutionsentwurfs32, die zu• die der Entschließung Mangel an genauer Definition vor• erst an die Mitglieder des Sicherheitsrats verteilt wurde, werfen40 übersehen, daß sie der erste Schritt zu einem Be• lautet: » ... withdrawal... from territories occupied...«". friedungsversuch, aber nicht sein Ergebnis sein sollte. Im Demgegenüber sprechen die französische und die spanische Rahmen des absichtlich vage formulierten zweiten Teils Ubersetzung von » ... des territoires occupes ... « bzw. » ... de konnte jede Partei ihre Auffassung über eine Beilegung des territorios que occuparon.. Auf diesen Unterschied gin• Konflikts herausstellen. gen nach der Annahme der Resolution nicht nur der fran• Vor diesem Hintergrund ergibt sich für den hier zu unter• zösische und argentinische Delegierte ein, die den Passus suchenden strittigen Teil der Resolution folgendes: in ihrer Sprache wörtlich zitierten und hieraus ihre Auf• In Ziffer 1 (i) wurde die Rückzugsverpflichtung Israels als fassung ableiteten, Israel sei somit verpflichtet, sich aus solche ausdrücklich aufgeführt; über ihren Umfang wurde allen besetzten Gebieten zurückzuziehen. Auch andere Red• in der englischen Fassung bewußt nichts gesagt. Ebenso ner gaben ihre Haltung zu dieser Frage bekannt. Die Ver• blieb der Zeitpunkt der Freigabe offen41. Da aber die Prä• treter Nigerias, der Sowjetunion, Bulgariens, Argentiniens ambel auf das in Art. 2 Abs. 4 der UN-Charta niedergelegte und Malis wiesen auf den Zusammenhang hin, der inhaltlich Verbot des Gebietserwerbs durch Krieg Bezug nimmt, ist zwischen Abs. 2 der Präambel und Ziffer 1 (i) bestehe und klargestellt, daß Israel nicht aufgrund militärischer Be• nur die Auslegung zulasse, daß ein Rückzug aus allen be• setzung von Feindesland territoriale Gewinne erzielen sollte. setzten Territorien gemeint sei*5. Die Stellungnahmen der Durch die Aufnahme von Annexionsverbot und Räumungs• USA, Kanadas, Dänemarks, Brasiliens und Japans hoben verpflichtung in den Text wurde einerseits den Forderungen das Gleichgewicht hervor, das zwischen den gegensätzlichen der arabischen Staaten Rechnung getragen. Durch die vage Auffassungen hergestellt worden sei56 und vermieden be• Formulierung des letzteren Postulats wurde andererseits der wußt eine Interpretation, die eine der beiden Seiten begün• Wunsch Israels berücksichtigt, seine endgültigen Staatsgren• stigte. zen mit den arabischen Nachbarn vertraglich festzulegen. Zu Im Hinblick auf diese Sachlage kommt den Erläuterungen einer solchen Fixierung war es bekanntlich seit der Entste• Lord Caradons besonderes Gewicht zu, die er vor der Ab• hung des jüdischen Staates am 15. Mai 1948 noch nicht ge• stimmung über den Entschließungsentwurf gab. Er faßte kommen. Die Waffenstillstandsabkommen von 1949 legten seine Stellungnahme in vier Punkten zusammen". Zuerst keine politischen Grenzen, sondern nur militärische Demar• wies er noch einmal ausdrücklich auf die Ausführungen hin, kationslinien fest42. Zudem hatte Israel den Status von Alt• die die britische Regierung zur Lösung des Konflikts unter• jerusalem (jordanischer Teil) geändert und durch die Äuße• breitet hatte. Damit war diejenige Stelle in der Rede des rungen einiger militärischer und politischer Persönlichkeiten britischen Außenministers vom 20. Juli 1967 vor der Voll• bekannt gegeben, daß außerdem eine Rückgabe der Golan- Höhen an der syrischen Grenze und des Gaza-Streifens nicht versammlung gemeint, in der auf das Verbot von Territorial• 45 erwerb durch kriegerische Besetzung hingewiesen wurde38. mehr in Betracht kommen könne . Die Legalität dieser jüdi• Zweitens führte er aus, die Resolution enthalte die positiven schen Maßnahmen und Erklärungen braucht hier nicht er• Elemente aller bisher vorgelegten Entwürfe. Sie sei durch örtert zu werden44. Im Rahmen dieser Untersuchung ist nur die Mitwirkung aller mehr als ein britischer Vorschlag. von Bedeutung, daß der Resolutionsentwurf vom November Drittens hob er hervor, daß die Formulierung des Textes 1967 die Möglichkeit von Verhandlungen über Territorial• ein sorgsam ausbalanciertes Ganzes sei, bei dem jeder Teil fragen nicht von vornherein durch die Aufnahme von Maxi• aus dem Gesamtzusammenhang interpretiert werden müsse. malforderungen der einen Partei ausschließen wollte, die die Die vierte Bemerkung des britischen Delegierten ist die Entschließung für die andere Seite als Verhandlungsbasis

56 Vereinte Nationen 2/71 unannehmbar machen mußte. Dem kann nicht entgegen• in Übereinstimmung mit der Satzung alle Beschlüsse des gehalten werden, daß eine Aufforderung zum totalen Rück• Sicherheitsrats anzunehmen und auszuführen. Diese Bestim• zug nur dem geltenden Recht nach Art. 2 Abs. 4 UN-Charta mung bezieht sich aber nur auf den Erlaß verbindlicher entsprochen hätte und es überdies den Parteien in jedem Entscheidungen, nicht auf die Abgabe rechtlich unverbind• Fall unbenommen blieb, über ein endgültiges Territorialstatut licher Empfehlungen. Dabei ist zur rechtlichen Einordnung in Palästina zu verhandeln. Denn diese Meinung übersieht, einer Entschließung ihr Inhalt und nicht die Verwendung daß die Einführung eines solchen Postulats in den Text im einzelner Bezeichnungen, wie z. B. Entscheidung, Beschluß Hinblick auf die vorhergegangenen Verhandlungen eine poli• usw., entscheidend, denn diese Begriffe werden in der UN- tische Niederlage Israels und seiner Verbündeten im Sicher• Satzung in verschiedenem Sinne gebraucht. Es ist in der heitsrat bedeutet hätte und eben nicht zu einem ausgewo• internationalen Praxis und Völkerrechtslehre nahezu un• genen Kompromiß zwischen den gegensätzlichen Positionen bestritten, daß Entscheidungen des Sicherheitsrats, die der führen konnte. Die Mission des UN-Beauftragten wäre von friedlichen Regelung von Streitigkeiten nach Kap. VI UN- Anbeginn zum Scheitern verurteilt gewesen, da Israel nicht Charta dienen, keine autoritären Beschlüsse, sondern einfache mit ihm zusammengearbeitet hätte. Empfehlungen darstellen46. Diese Meinung stützt sich auf die Entstehungsgeschichte und den Zweck des Streitschlich• III. Die Verpflichtung Israels tungsverfahrens in Kap. VI; sie kann weiterhin für sich zur Räumung der besetzten arabischen Gebiete geltend machen, daß die verbindliche Regelung von Konflikt• aufgrund der Nov ember-Resolution situationen durch den Sicherheitsrat in Kap. VII ihren Nie• 1. Wie dargelegt wendet sich die Entschließung vom 22. No• derschlag gefunden hat. Eine gegenteilige Annahme würde vember 1967 nicht unmittelbar an die betroffenen Staaten, den Unterschied zwischen den beiden Verfahren weitgehend sondern empfiehlt dem UN-Vermittler, bei seinen Bemühun• gegenstandslos machen und auch dem Wortlaut von Art. 36 gen um eine Streitbeilegung bestimmte Grundsätze zu be• Ziff. 1 und 37 Ziff. 2 in Kap. VI widersprechen, in denen achten. Eine Verpflichtung Israels zur Räumung der besetz• zur Beilegung der Streitigkeiten von »Empfehlung geeigneter ten Gebiete wird somit durch die Resolution nicht begründet. Verfahrensmethoden« bzw. von »Anraten angemessen erschei• Im Hinblick auf das Verbot von Gebietserwerb durch mili• nender Bedingungen« die Rede ist. Demgegenüber spricht tärische Besetzung wiederholt die Entschließung nur beste• Art. 39 in Kap. VII von »zu ergreifenden Maßnahmen«. hendes Recht45. Im Rahmen seiner Erläuterungen, die Lord Caradon bei der 2. Folgt man dieser Interpretation nicht und leitet eine Vorlage des britischen Resolutionsentwurfs abgab, stellte Räumungsverpflichtung Israels unmittelbar aus der Reso• er ausdrücklich fest, daß es sich um eine Entschließung lution ab, so muß die rechtliche Verbindlichkeit des Sicher• nach Kap. VI handele47. Im gleichen Sinne äußerten sich heitsratsbeschlusses dargetan werden. die Delegierten Kanadas, Dänemarks, Indiens und der USA48. Nach Art. 25 UN-Charta sind die Mitgliedstaaten verpflichtet, In dieselbe Richtung weist auch der Wortlaut der Resolu-

Was Israel behalten will SYRIEN El KuneTtra von Israel besetzte Gebiete

Gebietsansprüche Was die israelische Regie• rung mit der Begründung, israelische sich nur auf »sichere und Siedlungen.™ anerkannte« Grenzen zu• (seit 1967) rückzuziehen, gegenwärtig behalten will, halten die davon betroffenen arabi• schen Nachbarstaaten Ägyp• ten, Jordanien und Syrien für unannehmbar; vom Son• derproblem Jerusalem abge• sehen. Bau, Häufung und Lage von Wehrsiedlungen lassen die israelischen Ab• sichten, in den entscheiden• den Räumen zu bleiben, er• kennen. Es ist schwer zu sehen, wie Israel dank sei• ner militärischen Überle• Amman genheit aus diesen Gebieten von den Arabern vertrieben werden sollte. So gelingt es Israel vielleicht, aus der zähen Verteidigung des >Faktischen< das auf die Dauer für seinen staatlichen Bestand zwingend benötigte >normative< Ergebnis zu ent• wickeln. Die Sowjets frei• lich würden dadurch mit Hilfe der arabischen Staaten ihren Einfluß im Mittel• meerraum verstärken und die Araber sich zunehmend konsolidieren. Deshalb die Prognose: Anhaltender Kol• lisionskurs in Nahost. DIE ZEIT/GLOBUS

Vereinte Nationen 2/71 57 tion. In ihren Ziffern 3 und 4 setzt sie mit ihren Anwei• 16 Vgl. den Überblick über die einzelnen Stellungnahmen in: UNYB 1967, S. 191 ff. sungen an den Generalsekretär inneres Organisationsrecht. 17 17-Power-Draft-Resolution: UN-Doc. A/L.522 vom 28. Juni 1967. Ziffer 1 und 2 enthalten keine Entscheidungen, sondern Ver• 18 20-Power-Draft-Resolution: UN-Doc. A/L.523 vom 30. Juni 1967. 19 Siehe Anm. 18, aaO, Ziffer 3 c des Entwurfs. handlungsrichtlinien an den UN-Vermittler. In zweiter Linie 20 Es handelt sich um die Entwürfe der UdSSR und Albaniens: UN- sind sie Ratschläge an die betroffenen Staaten, bei ihren Doc. A/L.519 vom 19. Juni 1967 und A/L.521 vom 26. Juni 1967. Die USA hatten ihren Entwurf UN-Doc. A/L.520 vom 20. Juni 1967 zu• Bemühungen um eine Lösung des Konflikts die angeführten rückgezogen. Streitfragen im vorgeschlagenen Sinne beizulegen49. 21 Angenommen wurden Entschließungen über die Rechtsstellung Wenn die November-Resolution auch keine rechtliche Ver• Jerusalems und über humanitäre Hilfe: UN-Doc. A/RES/2252 (ES-V) vom 4. Juli 1967, A/RES/2253 (ES-V) vom 4. Juli 1967, A/RES/2254 bindlichkeit für die Streitteile entfaltet, so sind die in den (ES-V) vom 14. Juli 1967 und A/RES/2256 (ES-V) vom 21. Juli 1967 Konflikt verwickelten Länder doch verpflichtet, die Emp• in deutscher Übersetzung siehe VN 15. Jg. (1967) Heft 4, S. 136. 22 Introduction to the Annual Report of the Secretary-General on fehlungen auf ihre Durchführung hin ernstlich zu prüfen. the Work of the Organization, 16 June 1966—15 June 1967: UN-Doc. Eine willkürliche Weigerung zur Mitarbeit könnte eine Ver• A/6701/Add.l vom 15. September 1967. 50 23 UN-Doc. A/PV.1580 vom 5. Oktober 1967. letzung der UN-Mitgliedschaftspflichten bedeuten . Bei der 24 UN-Doc. S/RES/240 vom 25. Oktober 1967. — Deutsche Übersetzung Behandlung hochpolitischer Fragen wird allerdings den Be• siehe VN 15. Jg. (1967) Heft 5, S. 164. teiligten ein großer Ermessensspielraum für ihre Mitwirkung 25 UN-Doc. S/8227 vom 7. November 1967. 26 UN-Doc. S/8229 vom 7. November 1967. einzuräumen sein. 27 Siehe Anm. 26, aaO, Ziffer 1 des Resolutionsentwurfs. Es ist somit im Ergebnis festzustellen, daß die Resolution 28 UN-Doc. S/PV.1373 vom 9. November 1967. 29 UN-Doc. S/PV.1375 vom 13. November 1967. vom 22. November 1967 eine unverbindliche Empfehlung 30 UN-Doc. S/8247 vom 16. November 1967: S/RES/242 vom 22. Novem• an die Staaten darstellt. Eine rechtsverbindliche Verpflichtung ber 1967. — Deutsche Übersetzung siehe VN 15. Jg. (1967) Heft 6, S. 203. — Die Resolutionsentwürfe der USA und der drei afro• zum Truppenrückzug kann aus ihr nicht abgeleitet werden. asiatischen Staaten wurden zurückgezogen. Die UdSSR legte am 3. In den Jahren nach der Annahme der Entschließung 20. November 1967 einen Entschließungsentwurf vor, in dem sie ihre bekannten Forderungen nach dem Abzug der israelischen Truppen, forderten die arabischen Staaten und ihre Verbündeten der Zahlung von Reparationsleistungen und Entschädigungen wie• Israel häufig auf, seine Truppen aus den besetzten arabi• derholte. Die Entsendung eines UN-Vermittlers in den Nahen Osten wurde nicht angeregt. Nach Annahme des britischen Entwurfs zog schen Territorien zurückzuziehen. Sie zitierten den Wort• die UdSSR ihren Vorschlag zurück. laut der Resolution und wiederholten die These, daß der 31 Diese Ansicht wurde nicht nur durch die Darlegungen Lord Cara- Besitz von Gebiet durch Zwang und Gewalt unzulässig sei51. dons vom 20. November 1967 sondern auch durch die anderer Si• cherheitsrats-Delegierter während der Debatte um den Resolu• Beruht diese Argumentation auch in erster Linie auf der tionsentwurf belegt; UN-Doc. S/PV.1381 vom 20. November 1967 politischen Erwägung, sich mit der Existenz des Staates (britische Stellungnahme sowie Haltung der USA); UN-Doc. S/ Israel in keinem Fall abzufinden und somit erst recht keine PV.1382 vom 22. November 1967 (Ausführungen Äthiopiens). 32 Siehe Anm. 30, aaO. weiteren Gebietsveränderungen zu konzidieren, so kommt 33 Siehe Anm. 30, aaO. sie doch einer neueren Lehrmeinung des Völkerrechts entge• 34 UN-Doc. S/PV.1382 vom 22. November 1967. Die chinesische und russische Fassung waren dem Verfasser nicht zugänglich. gen, nach der jede Abtretung, die auf einem dem Besiegten 35 UN-Doc. S/PV.1382 vom 22. November 1967. diktierten Vertrage beruht, rechtswidrig sei52. Dies soll auch 36 UN-Doc. S/PV.1382 vom 22. November 1967. für einen rechtswidrig angegriffenen Staat gelten, dem so• 37 UN-Doc. S/PV.1382 vom 22. November 1967. 38 UN-Doc. A/PV.1529 vom 21. Juni 1967. mit untersagt ist, in rechtmäßiger Abwehr eines Angriffs 39 UN-Doc. S/PV.1379 vom 16. November 1967. Gebiete des Angreifers zu annektieren. 40 Vietnam im allgemeinen — Nahost im besonderen. Hauptthema des ersten Teils der 21. Vollversammlung und des Sicherheitsrats (ohne Diese These hat jedoch bisher keine einhellige Anerkennung Verf.), In: VN 15. Jg. (1967) Heft 6, S. 192; C. Bourdet, La Paix et la Grammaire, in: Le Monde vom 27. August 1970. gefunden. Ihr wird insbesondere entgegengehalten, es fehle 41 Nicht gefolgt werden kann Sh. Rosenne, Directions for a Middle an einer im wesentlichen gleichförmigen Staatenpraxis, die East Settlement — Some Underlying Legal Problems, in: Law and eine solche absolute Gebietsgarantie bestätigt53. Wie die Ent• Contemporary Problems, 53 (1968), S. 60, wenn er darlegt, die Re• solution schweige auch darüber, was zurückgezogen werden muß. stehungsgeschichte und der Inhalt der Nahost-Resolution In dieser Hinsicht erwähnt der Text unmißverständlich die israeli• lehren, konnten und wollten die Mitglieder des Sicherheitsrats schen Streitkräfte. Aus der Vorgeschichte und dem Inhalt der Ent• schließung läßt sich nicht entnehmen, daß die Möglichkeit einer zu dieser Frage keine Stellung in der Entschließung bezie• militärischen Verdünnung in den besetzten Gebieten erwogen hen. Es sollte Aufgabe des UN-Vermittlers sein, mit den wurde. 42 Abkommen zwischen Israel einerseits und Ägypten vom 24. Fe• Streitteilen die Preise auszuhandeln, die jede Seite für einen bruar 1949, in: United Nations Treaty Series, Bd. 42, S. 251 ff.; dem Frieden im Nahen Osten zu zahlen hatte. Diese Aufgabe Libanon vom 23. März 1949, Jordanien vom 3. April 1949 und Syrien wurde bisher nicht gelöst. vom 20. Juli 1949 andererseits, in: United Nations Treaty Series, Bd. 42, S. 287 ff., S. 303 ff. und S. 327 ff. 43 Für die israelischen Maßnahmen zur administrativen Wiederver• Anmerkungen: einigung Jerusalems vgl. Archiv der Gegenwart, 1967, S. 13313 ff.; 1 UN-Doc. S/RES/233 vom 6. Juni 1967. — Deutsche Übersetzung siehe Sh. Jones, The Status of Jerusalem: Some National and Internatio• VN 15. Jg. (1967) Heft 4, S. 135. — Zu den Debatten im Sicherheits• nal Aspects, in: Law and Contemporary Problems, 53 (1968), S. rat vgl. die Darstellungen in: United Nations Yearbook (UNYB) 169 ff. — Zu den anderen Gebieten vgl. die Erklärung Israelischer 1967, S. 174 ff.; Die Nahostkrise in den Vereinten Nationen (ohne Politiker, in: Europa-Archiv, 1967, Dok. Z 190 und Z 249. Verf.), in: VN 15. Jg. (1967) Heft 4, S. 105 ff. — Die nachstehend 44 Zu dieser Frage vgl. Qu. W-ight, Legal Aspects of the Middle East angezogenen Entschließungen UN-Doc. S/RES/234 vom 7. Juni 1967, Situation, in: Law and Contemporary Problems, 53 (1968), S. 5ff.; S/RES/235 vom 9. Juni 1967, S/RES/236 vom 12. Juni 1967 und S/RES/ M. El-Farra, The Role of the United Nations vls-ä-vls the Palestine 237 vom 14. Juni 1967 in deutscher Übersetzung siehe VN 15. Jg. Question, in: Law and Contemporary Problems, 53 (1968), S. 69 ff. (1967) Heft 4, S. 135 f. 45 Für die Mitglieder der UN folgt dies aus Art. 2 Abs. 4 der UN- 2 Bulgarien und die UdSSR; dem Sicherheitsrat gehörten im Jahre Charta; im Hinblick auf die Nichtmitgliedstaaten 1st die Frage 1967 außerdem an: Argentinien, Äthiopien, Brasilien, China, Däne• kontrovers, vgl. G. Dahm, Völkerrecht, Bd. 2, S. 356 ff.; F. Berber, mark, Frankreich, Großbritannien, Indien, Japan, Kanada, Mali, Lehrbuch des Völkerrechts, Bd. 1, S. 345 f. Nigeria und die USA. 46 Berber, siehe Anm. 45, aaO, Bd. 3, S. 59 ff.; Dahm, siehe Anm. 45, 3 Vgl. den Wortlaut des Resolutionsentwurfs der UdSSR in: UN-Doc. aaO, Bd. 2, S. 363 ff.; A. Shapiro, The Security Council Resolution S/PV.1351 vom 8. Juni 1967. of November 22, 1967 — Its Legal Nature and Implications, in: Israel 4 UNYB 1967, S. 176 und 186 f. Law Review, 4 (1969), S. 231 ff.; Goodrich/Hambro, Charter of the 5 UNYB 1967, S. 187 f. United Nations, 2. Aufl., S. 208 f.; H. Kelsen, The Law of the 6 Ziffer 3 des Entwurfs in: UN-Doe. S/PV.1351 vom 8. Juni 1967. Eine United Nations, S. 95 f. ähnliche Formulierung findet sich in dem weiteren Entschließungs• 47 UN-Doc. S/PV.1379 vom 16. November 1967. entwurf der USA: UN-Doc. S/7952/Rev. 3 vom 14. Juni 1967. 48 UN-Doc. S/PV.1377 vom 15. November 1967, S/PV.1373 vom 9. No• 7 UNYB 1967, S. 186 f. vember 1967 und S/PV.1382 vom 22. November 1967. 8 Archiv der Gegenwart, 1967, S. 13247. 49 Dies wird belegt durch die Ausführungen der Delegierten der USA, 9 UNYB 1967, S. 187. Äthiopiens und Indiens, in: UN-Doc. S/PV.1381 vom 20. November 10 UN-Doc. S/PV.1360 vom 14. Juni 1967. 1967 und S/PV.1382 vom 22. November 1967. 11 Vgl. den Aufsatz: Die Nahostkrise In den Vereinten Nationen, siehe 50 Dahm, siehe Anm. 45, aaO, Bd. 2, S. 26 ff. Anm. 1, aaO. 51 Vgl. z. B. die Rede des Außenministers der VAR vor der UN-Voll• 12 UN-Doc. A/PV.1526 vom 19. Juni 1967. versammlung, in: UN-Doc. A/PV.1689 vom 10. Oktober 1968. 13 UN-Doc. A/PV.1529 vom 21. Juni 1967. 52 Dahm, siehe Anm. 45, aaO, S. 359 ff. 14 UNYB 1967, S. 195 ff. 53 Siehe Anm. 52, aaO; E. Menzel, Gebietserwerb, in: Strupp/Schlo- 15 Siehe Anm. 8, aaO, S. 13410 f. chauer, Wörterbuch des Völkerrechts, 2. Aufl., Bd. 1, S. 622 ff.

58 Vereinte Nationen 2/71 Aus dem Bereich der Vereinten Nationen Tätigkeiten der Weltorganisation im Januar/Februar 1971

Politik und Sicherheit Nahost rend die arabischen Staaten die Räumung aller seit dem 5. Juni 1967 besetzten Ge• Abrüstung Die indirekten Gespräche zur Beilegung biete durch Israel fordern, betont die israe• Zur Erarbeitung eines Berichts über die des Nahost-Konfliktes wurden am 5. Ja• lische Seite ihre Forderung nach »sicheren wirtschaftlichen und sozialen Auswirkungen nuar 1971 zwischen Israel, Jordanien und und anerkannten Grenzen«, deren Fest• des Wettrüstens und der militärischen Aus• der Vereinigten Arabischen Republik unter legung dann das Ausmaß des Abzugs be• gaben hat Generalsekretär U Thant vier• dem Schirm der Vereinten Nationen wie• stimmen würde. zehn Sachverständige berufen. Er folgt da• der aufgenommen. Zu getrennten Unter• Die indirekten Vermittlungsversuche Jar• mit dem Auftrag einer Entschließung der redungen empfing der Sonderbeauftragte rings, die er von Zypern aus unternahm, Generalversammlung, welche die Erstel• des Generalsekretärs für den Nahen kamen im Laufe des Jahres 1968 zum Still• lung dieses Berichts am 7. Dezember 1970 Osten, der schwedische Diplomat Gunnar stand. Im März 1969 wurde den Außen• beschlossen hatte. Er soll bereits der V. Jarring, den israelischen Botschafter ministern Israels, Jordaniens, Libanons und 26. Generalversammlung im September Yosef Tekoah, den Ägypter Mohamed Has• der Vereinigten Arabischen Republik ein 1971 zur Beratung vorliegen. Die Sach• san El-Zayat und den Jordanier Muhham- Fragebogen übergeben, der ihre Haltung verständigen sind in ihrer Eigenschaft als mad H. El-Farra. Über den Inhalt der Ge• zur Resolution 242 erneut erkunden sollte. ausgewiesene Experten für diesen Fragen• spräche wurde wie bisher strengste Ver• Die eingegangenen Antworten zeigen die komplex und nicht als Vertreter ihrer Na• traulichkeit gewahrt. unveränderten Positionen der einzelnen tionen berufen worden. Bei der Eröffnungs• Die erste Gesprächsrunde hatte am 25. Au• Länder an, sowohl was die grundsätzliche sitzung des Gremiums erklärte U Thant, gust 1970 begonnen. Am 6. September Interpretation der Entschließung angeht als daß die Sachverständigen sicher den Um• hatte aber bereits Israel die weitere Teil• auch die Wege, sie in die Realität umzu• fang der Gefahr des Wettrüstens und der nahme wegen der angeblichen ägyptischen setzen. Die seit April 1969 am Sitz der damit verbundenen Belastungen erkannt hät• Aufrüstungen am Suez-Kanal abgesagt. Vereinten Nationen in New York von Zeit ten und hoffentlich wirksame Wege zur Min• Erst am 28. Dezember hatte sich die israe• zu Zeit geführten Gespräche zwischen den derung und endlichen Beseitigung dieser lische Regierung bereit erklärt, die Ge• Botschaftern Frankreichs, Großbritanniens, Gefahren aufweisen würden. Dadurch würde spräche weiterzuführen. Daraufhin hatte der Sowjetunion und der Vereinigten Staa• die Erfüllung lebensnotwendiger Programme sich Jarring am 2. Januar 1971 von seinem ten brachten keine neue Bewegung in die im Bereich der wirtschaftlichen und sozialen Posten als schwedischer Botschafter in erstarrten Fronten des Nahost-Konflikts. Entwicklung in der bevorstehenden Dekade Moskau nach New York begeben, um für Erst die Initiative des amerikanischen erleichtert. Er wünsche sich deshalb einen die Vermittlung zur Verfügung zu stehen. Außenministers Rogers vom Sommer 1970 einmütigen Bericht, der zur Verwirklichung Am 3. Januar traf dann Jarring zu einem eröffnete die Perspektive für eine even• der Ziele der Charta der Vereinten Natio• Informationsgespräch mit dem amerikani• tuelle Regelung des Problems. nen einen wirksamen Beitrag leiste. Nach schen Außenminister William P. Rogers zu• Rogers hatte vorgeschlagen, daß Israel einwöchiger Dauer beendete die Sachver• sammen, dessen Friedensplan vom Früh• und die Vereinigte Arabische Republik für ständigengruppe ihr erstes Treffen, nach• sommer des vorigen Jahres weiterhin als eine begrenzte Zeit die Wiederherstellung dem sie sich auf einen Grundriß für den eine Grundlage der Gespräche angesehen der früheren Feuereinstellung akzeptierten, Bericht geeinigt hatte. Die nächste Zusam• werden dürfte. Auf Einladung des israeli• daß Israel, Jordanien und die VAR ihre menkunft ist für den kommenden Mai ge• schen Außenministers Abba Eban flog der grundsätzliche Annahme der Resolution plant. schwedische Vermittler am 7. Januar zu 242 bekundeten und eine erneute Vermitt• Gesprächen mit der dortigen Regierung lertätigkeit Jarrings unterstützten. Die drei Zu Beginn der diesjährigen Beratungen nach Israel. Nach seiner Rückkehr ließ er angesprochenen Länder hatten kurze Zeit der Konferenz des Abrüstungsausschusses über einen Sprecher der Vereinten Natio• darauf die amerikanischen Vorschläge an• der Vereinten Nationen in Genf erklärte nen erklären, daß er von den »nützlichen genommen. Generalsekretär U Thant in einer Grußbot• und interessanten« Gesprächen, die er in schaft, daß die Welt nicht ruhig einer unnö• Israel geführt habe, »konstruktive Ergeb• In einem weiteren Bericht an den Sicher• tigen und verschwenderischen Steigerung nisse« erwarte. Es seien »Diskussionen heitsrat vom 2. Februar hat Generalsekre• des nuklearen >over-kill> auf seiten der über wesentliche Angelegenheiten« geführt tär U Thant an die Streitparteien im Nahen Sowjetunion und der Vereinigten Staaten worden. Osten appelliert, mit Jarring in konstruk• zusehen könne. Eine derartige Steigerung tiver Weise zusammenzuarbeiten und die sei auch dann unerträglich, wenn die Welt Gleichzeitig mit der Wiederaufnahme der seit dem August 1970 bestehende Feuer• einsehe, daß die Gespräche über die Be• Vermittlungsgespräche hat am 5. Januar pause auch über den 5. Februar hinaus grenzung der strategischen Waffen, die Generalsekretär U Thant dem Sicherheits• fortzusetzen. Wenn auch die Vermittlungs• zwischen den beiden Supermächten ge• rat einen umfassenden Bericht vorgelegt, gespräche erst im Anfangsstadium stünden führt würden, schwierig seien und ihre der alle Vermittlungsbemühungen Jarrings und noch viele offene Punkte der Klärung vitalsten Interessen berührten. seit Beginn seiner Mission im Dezember bedürften, so habe er doch Grund zu vor• Die Unterzeichnung des Meeresbodenver• 1967 dokumentarisch festhält. In dem Be• sichtigem Optimismus. U Thant teilte wei• trages bezeichnete der Generalsekretär richt wird noch einmal ausführlich die un• ter mit, daß verschiedene Treffen zwischen zwar als einen ermutigenden ersten Schritt, terschiedliche Interpretation der Resolution den Vertretern der drei Staaten und Jar• dem aber nun, wie im Vertrag vorgesehen, 242 des Sicherheitsrates vom 22. Novem• ring stattgefunden und daß die Parteien weitere Schritte folgen müßten. Außerdem ber 1967 durch Israel auf der einen und ihre Ansichten und Vorstellungen präzisiert sei ein umfassendes Verbot für alle Atom• durch die arabischen Staaten auf der an• hätten. waffenversuche, also auch für die vertrag• deren Seite dargestellt. Während Israel die Auf die Möglichkeit der Stationierung einer lich noch nicht verbotenen unterirdischen, Entschließung als Prinzipienerklärung be• Friedenstruppe für den Nahen Osten, be• sowie die Vernichtung aller biologischen trachtet, auf deren Grundlage die Parteien stehend aus Kontingenten der vier Groß• und chemischen Kampfstoffe notwendig. eine Friedensregelung aushandeln sollen, mächte, angesprochen, nahm General• Der Generalsekretär erinnerte die Konfe• sehen die arabischen Staaten in der Reso• sekretär U Thant auf einer Pressekonfe• renz daran, daß die 25. Generalversamm• lution einen Plan zur Regelung des Nah• renz am 18. Januar eine eindeutig nega• lung im letzten Herbst alle Regierungen ost-Konflikts, der gemäß den von Jarring tive Haltung ein. Er erklärte, daß die vier aufgefordert habe, sich erneut für das Ziel festgelegten Modalitäten von den Streit• Großmächte diese Möglichkeit seit etwa der allgemeinen und vollständigen Abrü• parteien ausgeführt werden soll. Wesent• einem Jahr erörtert hätten. Persönlich sei stung unter wirksamer internationaler Kon• licher Detailstreitpunkt ist dabei die Ab• er der Ansicht, daß eine Friedenstruppe trolle tatkräftig einzusetzen. zugsbestimmung der Entschließung. Wäh• mit Kontingenten der beiden Supermächte

Vereinte Nationen 2/71 59 gegenwärtig mehr Probleme schaffen als union und Südafrika, schriftliche Stellung• Den Entkolonialisierungsausschuß hatten lösen würde. In einer Beteiligung Frank• nahmen angekündigt haben. Großbritannien und die Vereinigten Staa• reichs und Großbritanniens sehe er auch Der Rat der Vereinten Nationen für Na• ten im Januar 1971 ohne Angabe von im gegenwärtigen Zeitpunkt keine Schwie• mibia hat am 29. Januar 1971 in einer Gründen verlassen und die weitere Mit• rigkeiten. In zehn oder zwanzig Jahren Erklärung den Plan der Regierung Süd• arbeit in ihm eingestellt. sei in ähnlichen Situationen vielleicht die afrikas scharf kritisiert, die Bevölkerung (Der Sonderausschuß für Entkolonialisie• Teilnahme amerikanischer, sowjetischer von Namibia in einer Volksabstimmung rung war 1962 gebildet worden, nachdem und selbst chinesischer Truppenteile wün• über die Zukunft des Territoriums bestim• die sogenannte >Erklärung über die Ge- schenswert und zum Zwecke der Friedens• men zu lassen. In einem Schreiben an den wärung der Unabhängigkeit an koloniale sicherung in einigen Regionen gar not• Internationalen Gerichtshof hatte die süd• Länder und Völker< vom 14. Dezember wendig. afrikanische Regierung mitgeteilt, daß sie 1960 [VN 4/62 S. 117] die Kolonialmächte die Bevölkerung Namibias in einem Plebis• nicht veranlaßt hatte, unverzüglich und be• Laos zit entscheiden lassen wolle, ob das Terri• dingungslos die Kolonien in die Freiheit torium weiterhin durch Südafrika oder in zu entlassen. Der Ausschuß, erst 17, nach Zunahme der Mitgliederzahl der Verein• Der formelle, durch die amerikanische Zukunft durch die Vereinten Nationen ver• Luftwaffe unterstützte, südvietnamesische ten Nationen 24 Mitglieder stark, hat trotz waltet werden solle. Einfall nach Laos ist nach den Worten von seines bisweilen umstrittenen Charakters Generalsekretär U Thant eine weitere be• Dieser Plan Südafrikas ist nach Ansicht wesentlich die restliche Entkolonialisierung dauernswerte Episode in der langen Ge• des Rates für Namibia nur dazu bestimmt, der Erde vorangetrieben. Heute richtet sich schichte des barbarischen Krieges in Indo• in der Weltöffentlichkeit die Legalität der seine Tätigkeit vor allem auf die Unab• china. Diese Verurteilung ist in einer Erklä• Aktionen der Vereinten Nationen hinsicht• hängigkeit Angolas, Mosambiks, Guineas rung U Thants vom 8. Februar 1971 ent• lich Namibias anzuzweifeln. Im übrigen [Bissau], Südrhodesiens [Zimbabwe] und halten, die ein Sprecher der Vereinten gehe es um die Unabhängigkeit Namibias Südwestafrikas [Namibia]). Nationen der Presse übergab. und nicht darum, wer das Gebiet in Zu• Weiter heißt es in der Stellungnahme, daß kunft verwalten solle. Das Ziel der Verein• dieser Einmarsch die endgültige Zerstö• ten Nationen sei die volle Unabhängigkeit Wirtschaft und Entwicklung rung des Genfer Protokolls von 1962 be• Namibias, eventuell unter zeitlich begrenz• deute, das ausdrücklich die territoriale Un• ter Übergangsverwaltung durch die Ver• UN-Entwicklungsprogramm (UNDP) verletzlichkeit von Laos durch ausländische einten Nationen. Truppen festgelegt habe. Durch militäri• Wirtschaftliche Unterstützung für 96 Ent• sches Eingreifen von außen sei das Waffenembargo gegen Südafrika wicklungsländer und -gebiete in Höhe von Problem nicht zu lösen, es sei vielmehr mehr als 130,9 Mill. US-Dollar wurde am eine Angelegenheit der Laoter selbst. Da• Scharfen Protest gegen die Entscheidung 15. Januar 1971 vom Verwaltungsrat des her habe U Thant stets Verhandlungen der britischen Regierung, Waffenlieferun• Entwicklungsprogramms der Vereinten Na• zwischen der Regierung des Prinzen Sou- gen an Südafrika im Rahmen des Simons- tionen beschlossen. Das diesjährige Pro• vanna Phouma und den Pathet Lao unter town-Abkommens von 1955 wiederaufzuneh• gramm mit 154 größeren Infrastruktur-Pro• Prinz Souphanouvong befürwortet. Diesen men, hat der Sonderausschuß der Verein• jekten ist das umfangreichste und teuerste, Appell wolle er bei dieser Gelegenheit ten Nationen für die Apartheid-Politik der das bisher von diesem UN-Gremium ver• erneut wiederholen. Regierung der Republik Südafrika am abschiedet worden ist. Die einzelnen Emp• fängerländer selbst werden weitere 164,4 Auf eine ausdrückliche Frage, ob sich die 24. Februar 1971 formuliert. In einer Erklä• Mill. US-Dollar für die einzelnen Projekte Äußerungen U Thants auch auf nordviet• rung stellt der Ausschuß fest, daß diese aufbringen, so daß sich die Gesamtaus• namesische Truppen beziehen würden, Waffenlieferungen einen Bruch der Bestim• gaben auf 295,3 Mill. US-Dollar belaufen antwortete der UN-Sprecher: »auf alle aus• mungen der Entschließungen des Sicher• werden. ländischen Truppen«. heitsrates von 1963 und 1970 bedeuten, in denen ein lückenloses Waffenembargo ge• 48 Projekte werden sich mit Untersuchun• gen Südafrika beschlossen worden war. Namibia (Südwestafrika) gen im Rohstoffbereich befassen, 35 för• Jede militärische Hilfe an Südafrika ver• dern landwirtschaftliche und industrielle Der Antrag Südafrikas, einen Richter für stärke die Möglichkeit der dortigen Regie• Forschungsvorhaben, 41 konzentrieren sich den Internationalen Gerichtshof in Den rung, ihre verabscheuungswürdige Rassen• auf den Erziehungs- und Ausbildungssek• Haag für die anstehenden Verhandlungen politik in ihrem Land und in den Nachbar• tor, während fünf zum Aufbau wirtschaft• über Namibia benennen zu können, ist am territorien Namibia und Südrhodesien zu licher Entwicklungsinstitute vorgesehen 29. Januar 1971 von dem Gerichtshof mit erhalten und auszudehnen. Der Ausschuß sind. 10 zu 5 Stimmen abgelehnt worden. Drei weist darauf hin, daß jedes Mitglied der Regional verteilen sich die 129 in diesem Tage vorher hatte bereits der Gerichtshof Vereinten Nationen die Verpflichtung über• Jahr beginnenden neuen Projekte wie die Einwände Südafrikas gegen den paki• nommen habe, die Entscheidungen des folgt: 50 auf Afrika, 32 auf Amerika, 25 auf stanischen Präsidenten des Gerichts, Sir Sicherheitsrates auszuführen. Asien und den Fernen Osten, 13 auf den Muhammad Zafrullah Khan, gegen den In einer Erklärung vom 24. Februar weist Nahen Osten und 8 auf Europa. mexikanischen Richter Luis Padilla Nervo Generalsekretär U Thant darauf hin, daß Über 362 000 US-Dollar sind für ein globa• und gegen den sowjetischen Richter Piaton er wiederholt die Bedeutung eines strikten les U,itersuchungsvorhaben über die wirt• D. Morozov als unbegründet zurückgewie• Waffenembargos als Schritt zur Lösung der schaftlichen und sozialen Auswirkungen sen. Der Internationale Gerichtshof befaßt schwierigen Situation im südlichen Afrika der sogenannten >Grünen Revolution^ das sich aufgrund einer Resolution des Sicher• unterstrichen habe. Er gebe daher erneut heißt der Einführung und Förderung neuer heitsrates vom 29. Juli 1970 mit dem Pro• der Hoffnung Ausdruck, daß das Embargo ertragreicherer und widerstandsfähigerer blem Namibia. In dieser Entschließung war von allen Staaten voll beachtet werde. Ob• Getreidesorten in den Entwicklungslän• der Gerichtshof aufgefordert worden, in wohl sich Großbritannien bei der Ab• dern, vorgesehen. Weiterhin wurden vom einem Rechtsgutachten die juristischen stimmung im Sicherheitsrat über ein be• Verwaltungsrat 14 regionale und über• Folgerungen für die Staaten der Völkerge• dingungsloses Waffenembargo gegen Süd• regionale technische Hilfsprojekte mit meinschaft aufzuzeigen, die sich für diese afrika der Stimme enthalten habe, sei er einem Gesamtaufwand von 4,4 Mill. US- aus der andauernden Präsenz der Repu• davon ausgegangen, daß es diese Ent• Dollar beschlossen. Sie beziehen sich auf blik Südafrika in Namibia ergeben. schließung voll bei der Entscheidung über den Gesundheitsbereich, den Rohstoffsek• Während der bevorstehenden Verhandlun• seine Politik berücksichtigen werde. tor, die landwirtschaftliche Melioration und gen werden voraussichtlich der General• Weitere Proteste gegen die Wiederauf• die Förderung der Landreform. sekretär der Vereinten Nationen, die Orga• nahme der britischen Waffenverkäufe an Der Verwaltungsrat des Entwicklungspro• nisation für Afrikanische Einheit, Finnland, Südafrika sind vom 24er-Sonderausschuß gramms erörterte sodann ausführlich Orga• die Niederlande, Nigeria, Indien und die für die Entkolonialisierung, vom Rat der nisationsfragen, die sich als Ergebnis der Vereinigten Staaten mündliche Erklärun• Vereinten Nationen für Namibia und von sogenannten >Kapazitätsstudie< von Sir gen abgeben, während verschiedene an• der Kommission für Menschenrechte ver• Robert Jackson aus dem Jahre 1969 erge• dere Staaten, darunter auch die Sowjet• öffentlicht worden. ben haben. Er beschloß die Einrichtung

60 Vereinte Nationen 2/71 von Regionalbüros im UNDP-Hauptquartier wenden und tatkräftige Aktionen zur Ret• Landes zu verbannen und das afrikanische in New York, um zu einer besseren Koor• tung der Umwelt anregen. Einen ersten Land weißen Siedlern zu übergeben. dinierung der einzelnen Länder- und Re• Entwurf für diese Erklärung soll eine be• Die Untersuchungsgruppe weist außerdem gionalprogramme zu kommen. Andere Vor• sondere Arbeitsgruppe in der nächsten nach, daß in den portugiesischen Kolonien schläge galten konkreten Verbesserungen Zeit erarbeiten. in Afrika — Angola, Guinea (Bissau) und im Bereich der Länderarbeit. Die Studie Der Kampf gegen die sich ausbreitende Mosambik — durch die portugiesischen von Jackson hatte das gesamte Entwick• Meeresverschmutzung wird einen weiteren Behörden Massenexekutionen von Zivi• lungshilfe-System der Vereinten Nationen Schwerpunkt der Arbeit der Stockholmer listen und angeblichen Regime-Gegnern kritisch untersucht und festgestellt, daß Konferenz darstellen. Zur Erarbeitung eines sowie kollektive Strafmaßnahmen gegen eine nennenswerte Ausweitung und Ver• Plans zur Lösung dieses globalen Pro• die Zivilbevölkerung durchgeführt worden besserung ohne grundlegende Umorganisa- blems wurde ebenfalls eine Arbeitsgruppe sind. Außerdem wird in dem Bericht die tionen in den nächsten Jahren nicht mög• eingesetzt. Begrüßt wurde vom Ausschuß Zerstörung senegalesischer Dörfer durch lich ist. Der UNDP-Verwaltungsrat hatte die Errichtung eines internationalen Beob- portugiesische Truppen entlang der Grenze sich bereits im Vorjahr ausführlich mit den achtungs- und Warnsystems für Natur• nach Guinea (Bissau) beschrieben. Die Folgerungen und Vorschlägen der Jack• katastrophen und andere bedrohliche Um• Untersuchungsgruppe sieht in diesem Vor• son-Studie beschäftigt und einige Refor• weltveränderungen. In der Diskussion gehen eindeutige Verletzungen der Charta men in seinem Bereich verwirklicht. wurde aber betont, daß die souveränen der Vereinten Nationen durch Portugal. Nach Schätzungen des Verwaltungsrates Rechte der Mitgliedstaaten gebührend be• An konkreten Aktionen schlägt das Gre• ist mit einer jährlichen Steigerungsrate von rücksichtigt werden müßten. Nach den mium zuerst eine Untersuchung der Che• 9,6 vH bei den Beiträgen der Regierun• Vorstellungen des Vorbereitungsausschus• mikalien, die durch die Portugiesen in den gen zum UN-Entwicklungsprogramm für ses soll die Konferenz Abkommen über die umkämpften Gebieten der afrikanischen die nächsten fünf Jahre zu rechnen. Damit Erhaltung von Naturschutzgebieten und Kolonien versprüht werden, durch die würden dem Programm für den Zeitraum bedrohten Pflanzen- und Tierarten verab• Weltgesundheitsorganisation vor. Da die von 1972 bis 1976 1 737,5 Mill. US-Dollar schieden. Besonders im Hinblick auf die politischen Gefangenen und die gefange• als zusätzliche Mittel zur Verfügung stehen. Probleme der Entwicklungsländer soll ein nen Freiheitskämpfer in den portugiesi• Der Rat beschloß von 1972 an jährlich eine Aktionsplan zur Erhaltung des Bodens schen Kolonien unmenschlichen Behand• Reserve von 9 Mill. US-Dollar zur Unter• durch die Konferenz verabschiedet werden. lungsmethoden unterworfen würden, wer• stützung der am wenigsten entwickelten Dieser Punkt soll wegen seiner Bedeutung den alle Mitgliedstaaten der Vereinten Na• Länder und für unvorhergesehene Notfälle für die Überlebenschancen künftiger Gene• tionen aufgefordert, den Freiheitskämpfern anzulegen. rationen auch in der geplanten Erklärung den Flüchtiingsstatus zu gewähren. Die besonders hervorgehoben werden. Gruppe schlägt weiterhin vor, daß die zu• Gemäß der in Genf verabschiedeten Vor• ständigen Sonderorganisationen der Verein• Sozialfragen und Menschenrechte läufigen Tagesordnung wird die Konferenz ten Nationen den nationalen Befreiungs• als Hauptpunkte behandeln: bewegungen Unterstützung auf dem Er- Umweltschutz ziehungs- und Gesundheitssektor ge• währen. Die Ausarbeitung einer Vorläufigen Tages• > Menschliche Siedlungen im Verhältnis ordnung für die im Jahre 1972 in Stock• zur Umwelt; holm geplante Umweltschutz-Konferenz der > Umweltfragen bei der Ausbeutung der Vereinten Nationen war die Aufgabe der Verschiedenes Naturschätze; zweiten Tagung des 27-Mächte-Vorberei- > Identifizierung und Kontrolle der Ver• tungsausschusses für diese Konferenz, der Bhutan als UN-Mitgliedskandidat schmutzungsstoffe von internationaler vom 8. bis zum 19. Februar in Genf zusam• Die Aufnahme des Himalaja-Staates Bhu• Bedeutung; mengekommen war. tan in die Vereinten Nationen wurde am > Pädagogische, informatorische, soziale 10. Februar 1971 einstimmig vom Sicher• Die Generalversammlung der Vereinten Na• und kulturelle Probleme des Umwelt• tionen hatte 1968 die Durchführung der Um• schutzes; heitsrat befürwortet. Der Rat folgte damit weltschutz-Konferenz festgelegt und als Leit• einem Antrag seines Ausschusses für die > Entwicklung und Umwelt; ziel für sie formuliert, die Umweltpolitik im Aufnahme neuer Mitglieder, der die unein• > International relevante organisatorische Zusammenhang mit der wirtschaftlichen und geschränkte Aufnahme des Antragstellers Auswirkungen von Aktionsvorschlägen. sozialen Entwicklung der Staaten unter empfohlen hatte. besonderer Berücksichtigung der Entwick• Die geschätzten Kosten für die Konferenz Der Sicherheitsrat hatte am 9. Februar den lungsländer zu erörtern. Nach einem wei• zusammen mit den zwei Jahren vorberei• Antrag Bhutans an den Ausschuß zur nähe• teren Beschluß der Generalversammlung tender Arbeit werden sich auf fast 2 Mill. ren Prüfung überwiesen und damit seit soll es vor allem darauf ankommen, natio• US-Dollar belaufen. 1949 zum erstenmal wieder diesen Aus• nale Umweltpolitik mit nationalen Entwick• Die nächste Tagung des Vorbereitungsaus• schuß aktiviert. In der Zwischenzeit hatte lungsplänen und -Prioritäten in Überein• der Sicherheitsrat stets unmittelbar über stimmung zu bringen. schusses ist für September 1971 in New York vorgesehen. die Aufnahme neuer Mitglieder entschie• In einem umfangreichen Bericht an den den. Die Wiederbelebung dieses Ausschus• Vorbereitungsausschuß hat Generalsekre• Menschenrechte im südlichen Afrika ses geht auf eine Initiative der Vereinigten tär U Thant auf den erheblichen Umfang Staaten zurück. Der Ausschuß soll wahr• und die große Komplexität des Problems Anzeichen von Völkermord enthalten die scheinlich in Zukunft bei Aufnahmeanträ• hingewiesen. Er schlägt deshalb vor, durch zwangsweisen Aussiedlungen von Afrika• gen von sogenannten >Mikrostaaten< als eine Gruppe von Wissenschaftlern detail• nern aus ihren angestammten Gebieten in eine Art Bremse im bisherigen Aufnahme• lierte Berichte über den Stand der Umwelt Südrhodesien und Namibia nach Ansicht automatismus dienen. Das Problem der an und der Umweltforschung vorbereiten zu einer Untersuchungsgruppe der Kommis• Fläche und Bevölkerungszahl extrem klei• lassen, die dann von der Konferenz in kon• sion für Menschenrechte. Dies ist ein Er• nen Staaten wird schon seit einigen Jahren krete Handlungsanweisungen an die ein• gebnis des Berichts, den die sechsköpfige innerhalb und außerhalb der Vereinten zelnen Staaten umgesetzt werden oder Gruppe am 24. Februar 1971 veröffentlicht Nationen diskutiert, ohne daß bisher eine sich in internationalen Abkommen nieder• hat. Während der letzten vier Jahre hat schlagen sollen. allgemein anerkannte Lösung entwickelt sich dieses Gremium intensiv mit den Ver• worden ist. — Dem Beschluß des Sicher• Der Vorbereitungsausschuß hatte auf sei• letzungen der Menschenrechte im süd• heitsrates zugunsten einer Aufnahme Bhu• ner letztjährigen ersten Tagung die Ver• lichen Afrika beschäftigt. tans in die Vereinten Nationen muß noch abschiedung einer >Erklärung über die Die Gruppe stellt fest, daß die Zwangs• die Generalversammlung zustimmen, bevor menschliche Umwelt« durch die Stockhol• umsiedlungen in Namibia im Jahre 1968 im Bhutan voraussichtlich das 128. Mitglied mer Konferenz angeregt. Diese Erklärung, sogenannten Caprivi-Streifen stattgefun• der Weltorganisation wird. der große Bedeutung beigemessen wird, den haben, während in Südrhodesien seit (Zum Problem der Mikrostaaten siehe Ehr• bestimmte auch die Diskussionen der dies• der einseitigen Unabhängigkeitserklärung hardt, Mikrostaaten als UN-Mitglieder? Zum jährigen Tagung. Sie soll knapp und prä• im Jahre 1965 die Politik verfolgt wird, Strukturproblem der Weltorganisation, in: zise sein, sich an die Bevölkerung oer Welt Afrikaner in unfruchtbare Gegenden des VN 4/70 S. 111 ff.)

Vereinte Nationen 2/71 61 DIE MITGLIEDSCHAFTEN IN DEN SONDERORGANISATIONEN DER UN Stand vom 1. März 1971

Staaten IAE O IL O WM O IMC O U N IT U FA O UNESC O BAN K ID A IF C ICA O UP U WH O FUN D

Afghanistan + + + + + + + + + + + + + — Albanien + + — — + + — — — — — + + + — Algerien + + + + + + + + + — + + + + + Äquatorial-Guinea + + + — — — + + — — Argentinien + + + + + + + + + + + + + + + Äthiopien + + + + + + + + + + + + + — Australien + + + + + + + + + + + + + + + Barbados + — + + + + + — — — + + + + + Belgien + + + + + + + + + + + + + + + Birma + + + + + + + + + + + + + + + Bolivien + + + + + + + + + + + + + + — Botswana + — — + — — + + + — — + + + — Brasilien + + + + + + + + + + + + + + + Bulgarien + + + + + + — — — — + + + + + Bundesrepublik Deutschland — + + + + + + + + + + + + + + Burundi + — + + + + + + + — + + + + — Ceylon + + + + + + + + + + + + + + — Chile + + + + + + + + + + + + + + — China + + + — + + + + + + + + + + + Costa Rica + + + + + + + + + + + + + + — Dahome + — + + + + + + + — + + + + — Dänemark + + + + + + + + + + + + + + + Dominikanische Republik + + + + + + + + + + + + + + + Ecuador + + + + + + + + + + + + + + + Elfenbeinküste + + + + + + + + + + + + + + + + + + + + + + + + + + + + + — Fidschi-Inseln + Finnland + + + + + + + + + + + + + + + Frankreich + + + + + + + + + + + + + + + Gabun + + + + + + + + + + + + + + — Gambia + — — + — — + + + Ghana + + + + + + + + + + + + + + + Griechenland + + + + + + + + + + + + + + + Großbritannien + + + + + + + + + + + + + + + Guatemala + + + + + + + + + + + + + — Guinea + — + + + + + + + — + + + + — Guyana + — + + + + + + + + + + + + — Haiti + + + + + + + + + + + + + + + Honduras + — + + + + + + + + + + + + + Indien + + + + + + + + + + + + + + + Indonesien + + + + + + + + + + + + + + + Irak + + + + + + + + + + + + + + — Iran + + + + + + + + + + + + + + + Irland + + + + + + + + + + + + + + + Island + + + + + + + + + + + + + + + Israel + + + + + + + + + + + + + + + Italien + + + + + + + + + + + + + + + Jamaika + + + + + + + + — + + + + + — Japan + + + + + + + + + + + + + + + Jemen + — + + + + + + + + + + + — — Jordanien + + + + + + + + + + + + + + — Jugoslawien + + + + + + + + + + + + + + + Kambodscha + + + + + + + + + — + + + + + Kamerun + + + + + + + + + — + + + + + Kanada + + + + + + + + + + + + + + + Kenia + + + + + + + + + + + + + + — Kolumbien + + + + + + + + + + + + + + — Kongo (Brazzaville) + — + + + + + + + — + + + + — Kongo (Kinshasa) + + + + + + + + + + + + + + — Kuba + + + + + + — — — — + + + + + Kuweit + + + + + + + + + + + + + + + Laos + — + + + + + + + — + + + + — Lesotho + — + + + + + + + — — + + — — Libanon + + + + + + + + + + + + + + + Liberia + + + + + + + + + + + + + — + Libyen + + + + + + + + + + + + + + + Liechtenstein — + + + — — Luxemburg + + + + + + + + + + + + + + — 62 Vereinte Nationen 2/71 Staaten O U N IAE O IL O FA O IMC O UNESC O ICA O UP U BAN K IT U WH O FUN D ID A IF C i

Madagaskar + + + + + + + + + + + + + + + Malawi + — + + + + + + + + + + + + — Malaysia + + + + + + + + + + + + + + — Malediven + — — — — + — — — — — + + — + Mali + + + + + + + + + — + + + + — Malta + — + + + + + — — — + + + — + Marokko + + + + + + + + + + + + + + + Mauretanien + — + + + + + + + + + + + + + Mauritius + — + + + + + + + + + + + + — Mexiko + + + + + + + + + + + + + + + Monaco — + — — + + + + — — Mongolische Volksrepublik + — + — + + — — — — — + + + — Nauru + + — — Nepal + — + + + + + + + + + + + + — Neuseeland + + + + + + + + — + + + + + + Nicaragua + — + + + + + + + + + + + + — Niederlande + + + + + + + + + + + + + + + Niger + + + + + + + + + — + + + + — Nigeria + + + + + + + + + + + + + + + Norwegen + + + + + + + + + + + + + + + Obervolta + — + + + + + + + — + + + + — Österreich + + + + + + + + + + + + + + — Pakistan + + + + + + + + + + + + + + + Panama + + + + + + + + + + + + + + + + + + + + + + + + + + + + + — Peru + + + + + + + + + + + + + + + Philippinen + + + + + + + + + + + + + + + Polen + + + + + + — — — — + + + + + Portugal + + + + + + + + — + + + + + — Rumänien + + + + + + — — — — + + + + + Rwanda + — + + + + + + + — + + + + — Sambia + + + + + + + + + + + + + + — San Marino Saudi-Arabien + + — + + + + + + + + + + + + Schweden + + + + + + + + + + + + + + + Schweiz — + + + + + — — — — + + + + + Senegal + + + + + + + + + + + + + + + Sierra Leone + + + + + + + + + + + + + + — Singapur + + + — + + + + — + + + + + + Somalia + — + + + + + + + + + + + + — Sowjetunion + + + — + + — — — — + + + + + Spanien + + + + + + + + + + + + + + Südafrika + + — — — + + + + + + + + + — Sudan + + + + + + + + + + + + + + — SUdj emen + — + + + + + + + — + + + + — Süd-Korea — + — + + + + + + + + + + + + Süd-Vietnam — + + + + + + + + + + + + + — Swasiland + + + + — + + — — Syrien + + + + + + + + + + + + + + + Tansania + — + + + + + + + + + + + + — Thailand + + + + + + + + + + + + + + — Togo + — + + + + + + + + + + + + — Trinidad und Tobago + — + + + + + + — — + + + + + Tschad + — + + + + + + + — + + + + — Tschechoslowakei + + + + + + — — — — + + + + + Tunesien + + + + + + + + + + + + + + + Türkei + + + + + + + + + + + + + + + Uganda + + + + + + + + + + + + + + — Ukraine + + + — + + + + + — Ungarn + + + + + + — — — — + + + + + Uruguay + + + + + + + + — + + + + + + Vatikan — + + + — — Venezuela + + + + + + + + — + + + + + — Vereinigte Arabische Republik + + + + + + + + + + + + + + + Vereinigte Staaten + + + + + + + + + + + + + + + Weißrußland + + + — + + + + + — Westsamoa Zentralafrikanische Republik + — + + + + + + + — + + + + — Zypern + + + + + + + + + + + + + + Gesamtzahl 127 102 121 119» 125« 1281 117 115 107 95 120 1434 1395 133« 71'

Vereinte Nationen 2/71 63 pflichtung ist also nicht eine bloße Verwei• Anmerkungen: sung auf die allgemeinen Prinzipien der Literaturhinweis SVN oder auch nur deren Art. 2, sondern die Die vollen Bezeichnungen der im Kopf ver• Frenzke, Dietrich, Jens Hacker und Alexan• Beschränkung auf ausschließlich fried• der Uschakow: Die Feindstaatenartikel und liche Mittel — dieser zentrale Aspekt fällt wendeten Abkürzungen für die mit den Ver• das Problem des Gewaltverzichts der Sowjet• bei den Verfassern völlig unter den Tisch. einten Nationen verbundenen internationalen union im Vertrag vom 12. 8. 1970. Diese Formulierungen gehen wesentlich wei• Berlin: Berlin Verlag 1971, 184 Seiten, Lei• ter als die Entwürfe und Vorschläge in dem Organisationen lauten (die UN sind in der nen 20,— DM. Notenwechsel 1967/68, so daß der dort ge• ersten Spalte zum Vergleich zusätzlich auf• Aus bleibend aktuellem Anlaß durfte man machte sowjetische Vorbehalt zugunsten der auf eine derartige Untersuchung gespannt Klauselrechte nicht ohne weiteres gegen den geführt) : IAEO-Internationale Atomenergie• sein. Das Buch enttäuscht jedoch. Es istspätere n Vertragsverzicht ins Feld geführt organisation; ILO - Internationale Arbeits• offenbar in Eile geschrieben worden. Den• werden kann. Ebensowenig können demge• noch scheinen die Verfasser von Abschluß genüber durch die Hintertür von Art. 4 des organisation; FAO - Ernährungs- und Land• und Text des Vertrages, der ja den zweiten Vertrages die Interventionsrechte der Art. wirtschaftsorganisation; UNESCO - Organi• Gegenstand der Untersuchung bilden soll, 53/107 SVN wieder neben den Gewaltverzicht sation der Vereinten Nationen für Erziehung, überrascht worden zu sein. Dessen vom Titel aus Art. 2 des Vertrages gestellt werden (so des Buches verheißene Analyse findet jeden• aber S. 122 f., 125; ähnlich auch W. Wengler, Wissenschaft und Kultur; WHO - Weltgesund• falls nur an zwei Stellen auf insgesamt fünf• Der Moskauer Vertrag und das Völkerrecht, heitsorganisation ; FUND-Weltwährungsfonds; einhalb Seiten statt, die angeklebt wirken, Juristenzeitung 1970, S. 632 ff.), denn der Ver• so daß man zu der Feststellung genötigt ist, zicht des Art. 2 (»ausschließlich«) berührt BANK-Weltbank; IDA - Internationale Ent• die Verfasser haben entweder einen falschen eben nicht das Pflichtenverhältnis der SU zu wicklungs-Organisation; IFC - Internationale Titel gewählt oder nur ein halbes Buch ge• ihren VN-Partnern, sondern nur den dispo• schrieben. Der Teil des Buches, der vorliegt, niblen Teil der SVN, kann ihr also insoweit Finanz-Corporation; IC AO - Internationale behandelt fast ausschließlich den schon öfter vorgehen, sie »überlagern«, ohne in Wider• Zivilluftfahrtorganisation; UPU - Weltpost• abgehandelten Fragenkomplex der sog. Feind• spruch zu Art. 4 des Vertrages zu geraten. staatenklauseln: Entstehung (Kap. I); Fort• Das Problem liegt also nicht in einer stich• verein; ITU - Internationaler Fernmelde• geltung (II); die passiv betroffenen (III) und festeren Formulierung des Gewaltverzichtes, verein; WMO - Weltorganisation für Meteoro• die privilegierten Staaten (IV); die von ihnen sondern darin, daß es sich von der Natur der ermöglichten Maßnahmen (V) und schließlich Sache her bestenfalls um ein pactum de non logie; IMCO - Zwischenstaatliche Beratende einige Überlegungen zur Sicherheit der BRD utendo hinsichtlich der (angeblichen) Rechte Seeschiffahrtsorganisation. (VI). Die Arbeit geht über die immer noch aus den Klauseln handeln kann und zu über• bestechend klare Darstellung von H. C. legen ist, in welchen Konstellationen die SU Schneider (1967) nur insoweit hinaus, als sie dessen Wegfall wegen Nichterfüllung des 1. Die FAO hat zusätzlich 2 assoziierte Mit• einige neuere und vor allem viele Stellung• deutschen Partners behaupten und auf die glieder: Bahrain, Katar. nahmen osteuropäischer, schon sprachlich in der Tat nur »Uberlagerten« Klauseln zu• schwer zugänglicher Autoren vermittelt, sich rückgreifen könnte und wie dem von deut• 2. Die UNESCO hat zusätzlich 3 assoziierte allerdings streckenweise mit deren Wieder• scher Seite zu begegnen wäre. Dazu nimmt gabe praktisch ohne eigene Analyse begnügt. der vorliegende Band nicht Stellung. Dieses Mitglieder: Bahrain, die Britisch-Ostkari• Sehr nützlich ist auch der Dokumentenan• Problem besteht, solange der Text der SVN bischen Inseln, Katar. hang. nicht geändert wird, was nicht zu erwarten ist. Die deutsche Abwehr wird rechtlich das 3. Die WHO hat zusätzlich 3 assoziierte Mit• Was die Eile betrifft, so ist es leider aus Argument des allgemeinen Völkerrechts sein Platzgründen nicht möglich, eine ganze An• müssen. Praktisch-politisch stellt sich die glieder: Bahrain, Katar, Südrhodesien. zahl von Beispielen anzuführen. Frage — ebenso wie bisher — solange nicht, Eher larmoyant-ethnozentrisch als sachange• wie die allgemeine Weltlage und das west• 4. Die Gesamtzahl von 143 Mitgliedern der messen klingt die Formulierung (S. 38,93), die liche Bündnissystem in etwa erhalten blei• UPU schließt folgende 9 Gebiete als Mit• Klauseln höhlten das Kriegsverbot der SVN ben. völlig aus und stellten nichts anderes dar als glieder ein: Bhutan; die niederländischen das trojanische Pferd des gesamten VN-Sy• Schließlich verkennt das Buch, von einer zu Antillen und Surinam; die Uberseegebiete, stems der Kriegsverhütung. Das verkennt engen und auch widersprüchlichen Position ihre reale Bedeutung. Wenn eine einzelne zu Art. 53 SVN aus, eine selbst bei bindend für deren internationale Beziehungen Bestimmung das Kriegsverbot tatsächlich formuliertem und tatsächlich respektiertem Großbritannien verantwortlich ist; die por• ausgehöhlt hat, dann ist es Art. 51 SVN, Gewaltverzicht von dem Vertrag ganz unab• tugiesischen Provinzen in Ostafrika, Asien allenfalls noch Abschnitt VIII. Die Klauseln hängige Gefahr: die der Intervention in die sind insofern bisher völlig wirkungslos ge• inneren Angelegenheiten der BRD unterhalb und Ozeanien; die portugiesischen Pro• blieben und werden es voraussichtlich auch der Gewaltschwelle: z. B. politische, wirt• vinzen in Westafrika; Katar; die spani• künftig sein. schaftliche, propagandistische, ideologische Die allzu sparsame Analyse des deutsch-so• Interventionen oder Anklagen vor internatio• schen Territorien in Afrika; die USA- wjetischen Vertrages beschränkt sich einmal nalern Forum usw., Dinge, die unangenehm Territorien einschließlich des durch die auf den Hinweis (S. 37), daß zumindest nach genug für das interne Funktionieren des poli• Auffassung der CDU/CSU-Opposition der so• tischen Lebens der BRD sein und von der SU USA verwalteten UN-Treuhandgebietes wjetische Interventionsanspruch nicht zwei• als präventive Maßnahmen im Sinne des Art. im Pazifik; die vom Französischen Post- felsfrei ausgeräumt sei . . . Später (S. 120—125) 53 SVN deklariert werden können. Kap. IV folgen zwei Argumente: 1. Auch der ent• des Buches sieht diese Frage nicht, weil Art. und Fernmeldeministerium vertretenen sprechende Verzicht der Westmächte von 1954, 53 seiner Ansicht nach nur militärische Ak• Uberseegebiete. der an anderen Stellen als wirksamer Ver• tionen legitimiert und weil entsprechende zicht angesehen wird (S. 34 f., 66, 114 f.), gibt Regionalabkommen heute fehlen. Indessen jetzt Anlaß zur »Skepsis«, weil die West• verbietet die Satzung nach Ansicht vieler 5. Die Gesamtzahl von 139 Mitgliedern der mächte im Herbst 1968 nur die »einseitige« (Art. 1 (2), 2 (3) und (4) in Verbindung mit ITU schließt folgende 6 Gebiete als Mit• Intervention der SU zurückgewiesen hätten. verschiedenen Resolutionen der Generalver• glieder ein: die vom Französischen Post- Diese »Skepsis« wird dann ohne weiteres auf sammlung zur Nichtintervention und zu den Vertrag von 1970 übertragen, ohne zu be• freundschaftlichen Beziehungen zwischen den und Fernmeldeministerium vertretenen rücksichtigen, daß die West-Erklärung von Staaten) auch nichtgewaltsame Interventionen Uberseegebiete; Uberseegebiete, für deren 1954 erheblich zurückhaltender formuliert ist und befreit umgekehrt Art. 53 SVN auch von als der Ost-Vertrag von 1970 und daß ande• diesem Verbot, d. h. gestattet sonst unzu• internationale Beziehungen Großbritannien rerseits die Einschränkung von 1968 (»einsei• lässige präventive Maßnahmen jeglicher verantwortlich ist; portugiesische Ubersee• tig«) audi eine ganz andere Bedeutung haben Art, sofern sie nur die Zwecke des Art. 53 kann, nämlich ihre durch den Anlaß gegebene SVN verfolgen. Auch ist keineswegs sicher, provinzen; Rhodesien; spanische Provinzen Beziehung auf das bilaterale Verhältnis SU- daß sich die neueren Verträge zwischen den in Afrika; Territorien der Vereinigten BRD. 2. Die SU erkläre zwar einerseits den osteuropäischen Staaten, auch wenn sie sich generellen Gewaltverzicht, halte aber zu• nicht mehr ausdrücklich gegen Deutschland, Staaten. gleich den speziellen Interventionsanspruch sondern nur noch vage gegen »Kräfte des nach der SVN aufrecht (wie im vorangegan• Militarismus und Revanchismus« usw. richten 6. Die Gesamtzahl von 133 Mitgliedern der genen Notenwechsel). Diese Erörterung be• und nur noch die Ergreifung der »notwendi• WMO schließt folgende 11 Gebiete als rücksichtigt jedoch den Vertragstext nur un• gen Maßnahmen« — bei ausdrücklicher prä• vollständig, nämlich nur die zweite Hälfte ventiver Zielsetzung — vorsehen, nicht doch Mitglieder ein, die ihre eigenen meteoro• des Satzes 2 von Art. 2. Zunächst (Satz 1) bei Bedarf als Antiaggressionspakte im Sinne logischen Stationen haben: die Bahamas; »werden« sich beide Partner in ihren gegen• von Art. 53 Abs. 1 S. 2 a. E. SVN jedenfalls seitigen Beziehungen und in Sachen euro• für Zwecke nichtmilitärischer Interventionen die britischen Karibischen Territorien; päischer und internationaler Sicherheit von qualifizieren lassen (andeutungsweise wie Französisch-Polynesien; das französische den »Zielen und Grundsätzen« der SVN leiten hier, aber im Gegensatz zu Kap. IV, S. 108— lassen. Zur Konkretisierung dessen (»Dem• 110). Diese Fragen werden von dem deutsch• Afar- und Issa-Territorium; Hongkong; gemäß«) »werden sie ihre Streitfragen aus• russischen Vertrag gar nicht berührt, sind die niederländischen Antillen; Neukaledo- schließlich mit friedlichen Mitteln lösen aber für seine Würdigung von entscheidender und« (Hervorhebung vom Rez.), wiederum Bedeutung. nien; Portugiesisch-Ostafrika; Portugie- auf die SVN als anerkannten Maßstab für sisch-Westafrika; Südrhodesien; Surinam. diese Verpflichtung zurückkommend, ver• Der angezeigte Band wird seinem offenbar pflichten sie sich, im o. a. Bereich sich der vorschnell aktualisierten und — jedenfalls im 7. Die IMCO hat zusätzlich 1 assoziiertes Gewaltanwendung und -androhung gemäß Hinblick auf den Moskauer Vertrag — ver• Art. 2 SVN zu enthalten. Die zentrale Ver• heißungsvollen Titel nur mit Einschränkun• Mitglied: Hongkong. gen gerecht. Dr. Knud Krakau

64 Vereinte Nationen 2/71 SOEBEN ERSCHIENEN:

Politische • Militärische • Wirtschaftliche Zusammenschlüsse und Everyman's United Nations A Complete Handbook of the Activies and Evolution of the Pakte der Welt United Nations during its First Twenty Years. A basic history of the United Nations family from 1945 to 1965, presented accurately and without bias, which fulfils the needs 9., völlig neubearbeitete, fortgeführte of both the expert and the casual reader. Eighth edition, fully und erweiterte Auflage indexed, 634 pages. Clothbound, $ 6,00, paperbound, $ 2,50 Stand 30. Juni 1969 Zusammengestellt von Dr. Heinrich von Siegler und Hanswilhelm Haefs 120 Seiten im Großformat 23 x 31 cm, Basic facts about the United Nations glanzkaschierte Broschur 24,— DM Booklet intended as a general introduction to the structure 24 Kapitel mit and functions of the United Nations and its related agencies 25 Skizzen (etwa das Paktsystem der VR China and to the work which the United Nations has done and is oder die Föderation der Emirate am Persischen Golf) doing to carry out the purposes and principles of the Charter. 31 Texten (z. T. im fast vollständigen Wortlaut 63 pages. $ 0,50 wie die UN-Charta, sonst die wichtigen Abschnitte wie etwa aus dem Vertrag über das Verbot von Kernwaffen in Lateinamerika) 7 Organogrammen (etwa der Militär- The United Nations and Disarmament und der Zivilstruktur der NATO, der OECD usw.) und 18 Tabellen (z. B. die Leistungsreaktoren Prepared by the United Nations Secretariat, this book attempts der EURATOM oder die Mitgliedschaft in der UNO to give a brief account of the deliberations and negotiations und den ihr zugeordneten Sonderorganisationen) on disarmament in the United Nations during the twenty-years sowie einem Abkürzungsregister span from 1945 to 1965. 338 pages. Clothbound, $ 4,50

Die Kapiteltitel: The United Nations and Human Rights • Die Nordatlantikpakt• • Die Communaute Provides details of the work the United Nations has done and organisation • Afrika: is doing to encourage the promotion and protection of human • Der Brüsseler Pakt Staaten, Gruppierungen rights throughout the world. 93 pages. $ 1,25 • Die Westeuropäische Union • Amerika: • Das System Staaten, Gruppierungen der Ostblockverträge • Verteidigungsabkommen • Die OECD der USA • Europas Zusammenarbeit • Pakte und Zusammenschlüsse United Nations Monthly Chronicle im Verkehr und im Weltraum im Pazifik und in Südostasien • Der Europarat • Das Commonwealth Designed for everyone learning or teaching about the United • Die Europäischen • Bemühungen der Dritten Welt Nations, every issue of the CHRONICLE contains a complete Gemeinschaften der Sechs um Zusammenschluß record of the month, describing the proceedings, decisions • DieEFTA • Zusammenschlüsse und Pakte zur friedlichen Nutzung and resolutions of the main UN organs and committees, artic• • BENELUX der Kernenergie les by distinguished contributors, a picture section and notes • Der Nordische Rat • Abkommen of the month. • Österreichs Neutralitätsstatus über Entmilitarisierung Annual subscription in USA and Canada $ 7,00 • Der Balkanpakt und Entnuklearisierung • Pakte und Zusammenschlüsse • Die Organisation Others areas of the world $ 3,50 im Nahen Osten der Vereinten Nationen archiv der gegenwart United Nations Publications New York / Geneva

Siegler & Co. KG. Available at the equivalent in local currencies through major booksellers or directly from Sales Section, Palais des Nations, Verlag für Zeitarchive • Bonn • Wien • Zürich CH-1211 Geneva 10. Zentralbüro: 53 Bonn-Bad Godesberg OPINION LEADERS Männer und Frauen aller Berufe und Altersgruppen, die Gebildeten und Nachdenklichen aller Stände von der Nordsee bis zu den Alpen lesen täglich die ^ranffurterjülgmrine ZEITUNG FUR DEUTSCHLAND