Das Älteste Leuchtenberger Lehenbuch Bearbeitet Von Dr
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Quellen zur Oberpfälzer Siedlungsgeschichte II. Das älteste Leuchtenberger Lehenbuch Bearbeitet von Dr. Georg Völkl Neben 1286 leuchtenbergischen Lehenurkunden und fast ebenso- vielen leuchtenbergischen Gerichtsurkunden verwahrt das Hauptstaats- archiv München 52 leuchtenbergische Lehenbücher. Für die Siedlungsgeschichte der Oberpfalz bedeutet das älteste Lehenbuch* eine wichtige Quelle. Bringt es doch einen reichen, weit verstreuten Lehenbesitz, der sich um Leuchtenberg über die nördliche Oberpfalz hin bis Neumarkt, Nürnberg, Bamberg, Eger und in den Kreis Elbogen erstreckt. Zudem ist es für die Forschung recht bedeutungsvoll, da die nörd- liche Oberpfalz durch die Fehden des 13. und 14. Jahrhunderts, die Husitenkriege, den Landshuter Erbfolgekrieg, durch die Religions- wirren, durch Brände und endlich durch Verschleuderung und Unver- stand Privater und der Archivbeamten der Aufklärungszeit namentlich für die Zeit bis etwa 1350 große Urkundenverluste zu beklagen hat. Der Münchner Univ. Prof. Michael Döberl hat bereits 1893 auf das älteste Leuchtenberger Lehenbuch hingewiesen. Er schreibt: „Eine Edition desselben wäre im Interesse der Geschichte des Nordgaues sehr erwünscht1." Staatsarchivar Dr. Puchner, der unsere Reihe „Quellen zur Oberpfälzer Siedlungsgeschichte" 1937 mit der Bearbeitung des ältesten Urbars des Klosters Kastl2 eröffnete, erinnert, daß von den vielen wichtigen Quellen zur oberpfälzischen Siedlungsgeschichte nur wenige herausgegeben seien. * Hauptstaatsarchiv Manchen, Leuchtenberger Lehenbuch Nr. 1. — Photo- kopie des Originals kann im Hist. Verein für Oberpfalz und Regensburg ein- gesehen werden. 1 Döberl M., Die Landgrafschaft der Leuchtenberger. Eine verfassungsge- schichtliche Studie mit anhängenden Regesten und Urkunden. München 1893. S. 10. s Puchner Karl, Das älteste Urbar des Klosters Kastl. In: VO 87 (1937) S. 185—216. 2?7 Universitätsbibliothek Historischer Verein für Regensburg urn:nbn:de:bvb:355-ubr02232-0295-2 Oberpfalz und Regensburg Bei dem ältesten Leuchtenberger Lehenbuch handelt es sich um ein besonders kostbares Archivale, das nach den bestehenden Bestimmungen von einer Versendung nach auswärts ausgeschlossen ist. Sein Titel lautet: „Altes Lehen-Register, darinnen deß Landgrafthums Leuchtenberg Kirchen, Vesten, Ritter- und andere gemaine Lehen insonderhait be- nennt und spezifiziert seindt". Diese Aufschrift späterer Zeit stammt wohl von Dr. Wilhelm Schrerik, der leuchtenbergischer Rat in Pfreimd war. Er ordnete die Registratur, bevor er 1584 kurfürstlicher Rat in Köln wurde'. Die Papierhandschrift, die stark abgegriffen ist, wurde in 45 Blät- tern neufoliiert. Daneben läuft eine nicht übereinstimmende alte Fo- liierung, die im Folgenden außer Betracht bleibt. Satzanfänge und meist Namensbezeichnungen sind in Großbuchstaben geschrieben. Anfangsinitialen fehlen. An Abkürzungen kommen haupt- sächlich „item", „er", „en", „rieh" vor. Die meisten Einträge haben am Rande zwei Zeichen. Diese deuten an, daß Abschriften mit der Urschrift verglichen wurden. Das Schriftbild zeigt an, daß wir es in der Hauptsache mit drei ver- schiedenen Schreibern zu tun haben. Die eine Hand verfügt über eine kräftige, klare und gut lesbare gotische Minuskelbuchschrift des aus- gehenden 14. Jahrhunderts. Die Tinte hat, von einigen blasseren Teilen abgesehen, eine schwarzbraune Färbung. Die Zeilenzahl der einzelnen Seiten ist verschieden. Die zweite Hand schreibt eine gotische Kursive, weniger klar, leichter und kleiner. Von fol 12 v an sind schwunghafter geschriebene Nachträge und Urkundenregesten in den Text eingefügt. Hauptschreiber des Lehenbuches, der auch die Anlage machte, ist wohl „Friedrich der Landgrafen Schreiber". 1389 und 1396 bezeichnet er sich so*. Der Text zeigt, daß den Schreibern nicht alle Ortsnamen geläufig waren. Sie haben sich in der Vielzahl der vorliegenden Aufzeichnun- gen, die die Finanzbeamten vorgelegt hatten, verlesen und so manchen Namen verunstaltet und verstümmelt wiedergegeben. Dieses Lehenbuch ist undatiert. Auf der Außenseite trägt es zwar von bedeutend späterer Hand die Jahreszahl 1362; diese Angabe ist aber unrichtig. Genauere Anhaltspunkte für den zeitlichen Ansatz bietet der Inhalt selbst. Die Zeit der Abfassung ist nicht vor 1396, weil in fol 1 die Ver- legung der Pfarrei Miesbrunn nach Pleistein, die am 14. Dezember ' Wagner Jlluminatus, Geschichte der Landgrafen von Leuchtenberg. II. Teil Kallmünz 1950. S. 260. ' Ebda. — Leuchtenberger Lehenbuch Nr. 1 fol. 33. 278 Universitätsbibliothek Historischer Verein für Regensburg urn:nbn:de:bvb:355-ubr02232-0296-8 Oberpfalz und Regensburg 1395 bischöflich genehmigt wurde5, bereits als vollzogen angeführt wird. Verschiedene Jahreszahlen, die angegeben werden, nennen die letzten Jahre des ausgehenden 14. Jahrhunderts. Allerdings bringen nur Nachträge solche. Die Anlage des Lehenbuches können wir in die Zeit zwischen 1396 und 1399 ansetzen. Die Frage, ob diesem Lehenbuch ein älteres nicht mehr erhaltenes zu Grunde lag, läßt sich aus den vorhandenen Quellen nicht beant- worten. Es ist aber für sicher anzunehmen, daß Aufzeichnungen aus früheren Zeiten vorlagen. Schon der außergewöhnlich stattliche Lehen- besitz, der darin niedergelegt ist, bestätigt diese Annahme. Eine Ver- waltung wäre sonst unmöglich gewesen und zahlreiche Lehen hätten bald den Charakter eines freien Besitzes angenommen. Manche Text- stellen weisen auch auf ältere Sprachdenkmäler und auf lateinische Vorlagen hin. Die Handschrift enthält Lehensaufzeichnungen und Nachträge von Urkunden-Regesten. Die Lehenseinträge bezwecken eine Zusammen- stellung der leuchtenbergischen Lehen und Vasallen, und nicht eine Protokollierung der Belehnungen. Es sind daher die Belehnungen kei- neswegs als gleichzeitig anzunehmen. Sie erstrecken sich vielmehr auf einen längeren Zeitraum. Freieigener Besitz wurde nicht erwähnt, nur der lehenbare ist festgehalten. Damit die Lehen sämtlich verzeichnet sind und keines „durch Vergessenheit" verschwiegen bliebe, wurden Aufzeichnungen wiederholt. Es mag auch sein, daß den Schreibern die Übersicht fehlte. Im Lehenbuch tragen die einzelnen Gruppen folgende Überschriften: Kirchenlehen. Das sind die vesten, di von den vorgenanten Herren zu lehen gen. Das sind lehen erberger ritter und knecht. Item die lehen in der stat zu Nürmberg. Purger lehen zu Nürnberg. Das sind di lehen, di gehorn zum Lewtenberg in di herschaft. Das sind di lehen, di wir haben aufm pirg. Das sind di lehen erberger lewt in dem Egerlant. Das sind di dörffer, di wir leichen an dem Krotenpach inElnpogner land. Das sind di dörfer, di mein Herr leicht in Elnpogner land. Das sind di lehen der stat zu Eger. Das sind di ramlehen in der stat zu Eger. Das sein di dörffer, di umb Ermdorff und an dem Kornperg an der Cröntz gelegen sein und zue lehen gen vom Lewtenberg. Item das gericht zu Waldek, darin gehorn di lehen. 5 Wagner JH., Geschichte ... II S. 205. 279 Universitätsbibliothek Historischer Verein für Regensburg urn:nbn:de:bvb:355-ubr02232-0297-4 Oberpfalz und Regensburg Das sind lehen zu dem Newnhaws. Nota di lehen zu Babenberig. Nota di lehen der purger zu Amberg. Nota di lehenschaft zu Sulczpach. Nota di lehen zu Nappürkh. Das sind di lehen der purger zu der Weyden. Das sind di lehen das der Weyden. Gravenwerde. Das sind di lehen, di gehorn zum Trevenstain. Ex parte Lewtenberg. Die Textgestaltung dieser Quellenausgabe hält sich möglichst genau an die Vorlage. Abweichungen erfolgten nur in einzelnen Fällen nach den Richtlinien6 der landesgeschichtlichen Publikationsinstitute, wenn sie vom sprachlichen Standpunkt aus bedeutungslos sind. Eigennamen sind, auch wenn die Schreibung innerhalb des Lehenbuches wechselt, nach der Vorlage und mit großen Anfangsbuchstaben wiedergegeben. Nachträge stehen in runden Klammern. Die Zahlen in eckigen Klam- mern bezeichnen die Seitenzahl des Originals. Genaue Ortsbestimmung durchzuführen ist bei der Herausgabe von Lehenbüchern oder Urbaren wohl das Schwierigste, aber auch das Wertvollste an solchen Veröffentlichungen. Im Leuchtenberger Lehen- buch lassen sich die vielen und weit zerstreut liegenden Ortschaften nicht leicht identifizieren. Die Arbeit erschwert sich dadurch wesent- lich, daß der Leuchtenberger Lehenbesitz nicht ständig war, sondern stark wechselte. Illuminatus Wagner bezeichnet in seiner vortrefflichen Geschichte der Landgrafen von Leuchtenberg1 das 15. Jahrhundert als „Zeit der großen Verkäufe". Zudem hat man eine ganze Anzahl von Siedlungen, welche die Husiten in der Zeit von 1420—1434 geplündert und verbrannt hatten, nicht mehr aufgebaut. Auch gingen bei Wü- stungen die Namen verloren und die Öden wurden nach einem neuen Besitzer, der Äcker und Wiesen mit bewirtschaftete, benannt'. 8 Schultze J., Grundsätze för die äußere Textgestaltung bei der Herausgabe von Quellen zur neueren Geschichte. In: Korrespondenzblatt des Gesamtvereins der deutschen Geschichts- und Altertumsvereine. 78. Jahrg. (Berlin 1930) Nr. 1 bis 3 S. 37—45. 7 Wagner JH., Geschichte der Landgrafen von Leuchtenberg. III. Teil. Kalimünz 1951. S. V. — über die Geschichte der Landgrafen vergleiche fol- gende Werke: Wagner Jlluminatus, Geschichte der Landgrafen von Leuchten- berg. I. Teil. Kallmünz 1940. II. Teil. Kallmünz 1950. III. Teil. Kallmünz 1951. IV. Teil. Kallmünz 1953. — Bibra Wilhelm Frhr. v., Beiträge zur Ge- schichte der Landgrafen von Leuchtenberg. In: VO 50 (1898); 51 (1899); 55 (1903). — Dr. Wittmann, Geschichte der Landgrafen von Leuchtenberg. In: Abhandlungen der historischen Classe der königlich bayerischen Akademie der Wissenschaften. Band 6, München