Griechische Ikonographie Mit Ausschluss Alexanders Und Der
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':. / ( .t I r \ /i I \^ n/-'-i' ] ! r . -K' 'l.Ma^^ /.»CCL A "^i (n'i^ „) IHE J. PAUL GETTY MUSEUM LIBRARY GRIECHISCHE IKONOGRAPHIE GRIECHISCHE IKONOGRAPHIE MIT AUSSCHLUSS ALEXANDERS UND DER DIADOCHEN VON J.J. BERNOULLI ERSTER TEIL I 5öC> v.l MÜNCHEN VERLAGSANSTALT F. BRUCKMANN A.-G. 1901 Alle Rechte vorbehalten Jnt J. PAUL GEHY CENTER LIBRARY DIE BILDNISSE BERÜHMTER GRIECHEN VON DER VORZEIT BIS AN DAS ENDE DES V. JAHRHUNDERTS v. CHR. Vorwort Nachdem ein Zeitraum von beinahe neunzig Jahren verflossen seit E. Q. Visconti der griechischen Ikonographie zum erstenmal eine den Anforderungen der Wissenschaft entsprechende Gestalt ge- geben, wird es wohl nicht als verfrüht erscheinen, wenn eine Revision derselben unternommen wird. Das Interesse für diesen Gegenstand, das lange Zeit hinter dem der anderen Disziplinen der Archäologie zurückstand, hat sich in den letzten fünfundzwanzig Jahren zunehmend gesteigert, und wenn schon 1876 Heydemann (in der Jen. Litteratur- zeitg. p. 475) den lebhaften Wunsch ausdrückte nach einer neuen Sammlung und Sichtung der griechischen und römischen Bildnisse, so darf der Verfasser um so eher hoffen, jetzt nach Ablauf eines weiteren Vierteljahrhunderts kein überflüssiges Buch geschrieben zu haben. Allerdings hat sich derselbe, um zu einem Abschluss zu ge- langen, veranlasst gesehen, auf die ursprünglich beabsichtigte Voll- ständigkeit zu verzichten und Alexander den Grossen mit den Dia- dochen von seiner Aufgabe auszuschliessen. Das Buch umfasst nur denjenigen Stoff, den Visconti im 1. Bande seiner Ikonographie be- arbeitet hat: Die Staatsmänner und Feldherrn des freien Griechen- lands (incl. ein paar voralexandrinische Dynasten), die sämtlichen litterarischen und künstlerischen Berühmtheiten und was ausserdem in verwandten Kreisen noch zu historischer Geltung kam, von der Vorzeit bis in das Nachleben des Griechentums unter den Römern. Und auch auf diesem so abgegrenzten Gebiet hat sich der Verf. noch eine doppelte Beschränkung auferlegt. Bei dem monumen- talen Charakter der griechischen Porträtkunst kann man annehmen, dass jedes Bildnis, das in mehrfachen Exemplaren erhalten ist, eine berühmte Person darstellt. Es giebt deren eine ausserordentlich grosse Zahl: manche, bei denen ein glücklicher Zufall uns den Namen offenbart hat, andere, bei denen wir uns mit mehr oder weniger be- gründeten Vermutungen begnügen müssen, aber wohl die grössere VIII VORWORT Hälfte von fast hoffnungsloser Deutung. Wir haben diese letzteren ausser Betracht gelassen, teils wegen der Schwierigkeit ihrer Ein- reihung — sie wären eher in einem besonderen Teil zusammen- zustellen — , teils weil eine nochmalige, vielleicht Jahre in An- spruch nehmende Durchmusterung der Sammlungen dazu nötig ge- wesen wäre. Und ferner sind nicht, wie man nach dem Titel erwarten könnte, alle Persönlichkeiten aufgeführt, von denen zufälligerweise die Aufstellung oder das einstige Vorhandensein von Bildnissen durch Schriftsteller oder Inschriften überliefert ist, sondern nur die, von denen jetzt noch Darstellungen existieren, resp. nachgewiesen werden können. — Genauer präzisiert sind es also die identifizierbaren histo- rischen und litterarischen Bildnisse der Griechen mit Ausschluss Alexanders und der Diadochen, welche den Gegenstand und den Inhalt des vorliegenden Buches ausmachen. Was die Anordnung betrifft, so haben wir der bei Visconti beliebten nach Gattungen oder Kategorieen die chronologische vor- gezogen, d. h. die nach den Lebenszeiten der betreffenden Personen, die einzige unseres Erachtens, welche zu keinen grösseren Unzu- kömmlichkeiten führt. Die nach Gattungen hat den Charakter des Willkürlichen oder des Gemachten. Sie hat nur in den wenigen Fällen Wert, wo sie zugleich eine" typische ist, wie etwa bei den Strategen und bis zu einem gewissen Grad bei den Philosophen, von denen jene meist durch den Helm, diese durch den langen Bart gekenn- zeichnet sind. Als allgemeines Einteilungsprinzip ist sie nicht logisch durchführbar. Die Kunst hat keine besonderen Dichter-, Redner- und Gelehrtentypen geschaffen, so wenig wie im Leben eine solche Unterscheidung möglich ist. Wer würde den Pseudo-Seneca ohne den Kranz für einen Dichter nehmen, und wer sähe es dem Herodot und Thukydides ohne die Aufschriften an, dass sie Geschichtsschreiber sind? Nun kann freilich nicht gesagt werden, dass die chronologische Anordnung viel wissenschaftlicher sei. Auch sie ist eine äusserliche. Aber sie beruht doch auf bestimmten unverrückbaren Thatsachen und ist nicht von subjektiven oder willkürlichen Entscheidungen abhängig. Bei Anaxagoras kann man schwanken, ob er zu den alten Weisen oder zu den Philosophen zu stellen, bei Aesop, ob zu eben jenen oder zu den Dichtern, bei Sokrates, ob zu dieser oder zu jener Philo- sophengruppe u. s.w., und die. Kategorieen selbst können verschieden aufgestellt und ins Unendliche zersplittert werden. Die chrono- logische ist im Ganzen gegeben, und es handelt sich höchstens darum, wie man die Zeitgenossen ordnen will, ob Alkaeos oder Sappho, VORWORT IX Pindar oder Korinna, Aristoteles oder Demosthenes voranzustellen, was für die Sache ziemlich gleichgiltig. In den wenigen Fällen, wo die Lebenszeit zweifelhaft oder unbekannt, musste die Wahrscheinlichkeit oder dann auch hier das Outdünken entscheiden. Eines allerdings darf man dabei nicht erwarten, dass diese Anord- nung ein richtiges Bild der Entwicklung der Porträtkunst bei den Grie- chen gewähre; jedenfalls nicht in diesem ersten Teil, wo auch die Männer der Vorzeit aufgeführt sind. Bildnisse nach dem Leben scheinen vor dem 5. Jahrhundert in der öffentlichen Kunst nicht oder nur ausnahmsweise vorgekommen zu sein. Das erste mit grösserer Wahrscheinlichkeit auf Naturtreue und also auf gleichzeitiger Dar- stellung beruhende historische Porträt ist das des Perikles, bei früheren lassen sich nur vage Vermutungen machen. Meist sind dieselben erst in alexandrinischer Zeit entstanden, und bilden insofern stilistische Anachronismen. Aber es liegt uns überhaupt ferne, eine Geschichte der Porträtkunst zu schreiben. Wir haben es nur mit den Identifi- kationen der Bildnisse zu thun. Wenn gleichwohl etwas dabei für die Geschichte abfällt, um so besser. Nach dem Verzeichnis der behandelten Persönlichkeiten zu ur- teilen, könnte es scheinen, als ob sich die Zahl der ermittelten Bildnisse in dem verflossenen Jahrhundert bedeutend vermehrt hätte. Statt der (ohne die Mediziner der Dioskurideshandschrift) 66 bei Visconti aufgeführten Berühmtheiten , von denen noch einige als unhistorisch auszuscheiden, figurieren bei uns deren 108. Damit ist indes bloss gesagt, dass für ungefähr so viele historische Personen noch ikonographische Denkmäler in Anspruch genommen werden. Ob es überall mit Recht geschieht, ist eine andere Frage, die eben hier untersucht und beantwortet werden soll; der Entscheid ist häufig genug ein negativer. Wie bedenklich es mit vielen Bildnisbenen- nungen bestellt ist, weiss jeder Archäologe. Ist doch die Ikono- graphie das richtige Feld für Hypothesen und Mutmassungen. Sicher beglaubigte Bildnisse historisch bekannter Griechen, die zugleich physiognomischen Wert haben, giebt es kaum dreissig. Dazu ge- hören hauptsächlich nur diejenigen, von denen plastische Denkmäler mit der Namensaufschrift erhalten sind: So die des Blas, des Pe- riander, des Perikles, des Aeschines, des Antisthenes, die in den Siebzigerjahren desvorigenjahrhunderts durch den Fund bei Tivoli bekannt geworden, und die des Demosthenes, des Epikur, des Hermarch, des Zeno, von denen 1753 kleine Bronzeexemplare in Herculaneum gefunden wurden. Femer die Bildnisse des Anakreon, X VORWORT des Sophokles, des Euripides, des Herodot und Thukydides' des Sokrates, des Plato, des Metrodor, des Theophrast, des Posidipp, des Karneades. Aus typischen Gründen können ausser- dem Homer, Aesop und vielleicht Diogenes als gesichert an- gesehenwerden. Bei Archidamos, Lysias, Isokrates, Mausso- los, Posidonios, Asklepiades machen sich schon leise Zweifel, sei's die Aufschrift, sei's die Person betreffend, geltend; Modius Asiaticus aber kann kaum noch zu den berühmten Griechen ge- rechnet werden. Alle anderen sind mehr oder weniger bestritten, oder, wie die Bildnisse der Münzen, der Mosaiken und Gemälde, in Beziehung auf ihre Treue anfechtbar. Gercke meinte irgendwo, in einer neu zu schreibenden Ikono- graphie sollte ein strenger Unterschied zwischen dem Sichern und dem Unsichern gemacht werden. Nur das Sichere gehöre in den Text, das Unsichere in die Anmerkungen. Dann hätten freilich drei Viertteile des hier Gesagten in die Anmerkungen müssen verwiesen werden. Das Sichere über Sappho, Hippokrates, Menander, Aratos, Chrysippos, um nur ein paar Persönlichkeiten zu erwähnen, die in grösseren Abschnitten behandelt sind, hätte leicht auf zwei bis drei Seiten Platz gehabt; von Aeschylos, Aristophanes, Alkibiades und Andern dürfte kein Wort im Texte stehen. Ich kann nicht sehen, dass damit dem Leser gross gedient wäre. Sicheres und Unsicheres geht häufig in einander über und Beides hat vielfache Gradunter- schiede: Das absolut Sichere (Perikles, Antisthenes, Demosthenes, Epikur etc.), das mehr oder weniger Wahrscheinliche (Archidamos H, Diogenes), das von der Sicherheit gewisser Voraussetzungen Ab- hängige (Sappho, Aspasia, Maussolos), das nahe Liegende (Alkibiades, Chrysippos, Plutarch), das bloss Mögliche (Deutungen des sog. Apol- lonios von Tyana, des Pseudo-Seneca). Wie soll das mit all seinen Zwischenstufen an Text und Anmerkungen verteilt werden? Ich habe mich bemüht, ohne eine solche Sonderung den Grad der Sicher- heit jeweilen