Aeschi bei , Kapellenruine an der Mülenenstrasse : eine abgebrochene Wegkapelle als sichtbares Zeichen der Reformation

Autor(en): Herrmann, Volker / Büchi, Leta

Objekttyp: Article

Zeitschrift: Archäologie : Jahrbuch des Archäologischen Dienstes des Kantons Bern = Archéologie bernoise : annuaire du Service archéologique du canton de Berne

Band (Jahr): - (2018)

PDF erstellt am: 01.10.2021

Persistenter Link: http://doi.org/10.5169/seals-787324

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http://www.e-periodica.ch 56 ARCHÄOLOGIE BERN / ARCHÉOLOGIE BERNOISE 2018

Aeschi bei Spiez, Kapellenruine an der Mülenenstrasse Eine abgebrochene Wegkapelle als sichtbares Zeichen der Reformation

VOLKER HERRMANN UND LETA BÜCHI

Abb.1: Aeschi bei Spiez. Ruine der ehemaligen Kapelle Mülenen nach der Freilegung im Sommer 2016. Blick nach Norden.

In der Flur Chappelegand an der heutigen alte Wegmarke in der historisch gewachsenen Kantonsstrasse zwischen Aeschi und Mülenen Kulturlandschaft und zugleich ein Zeugnis der haben sich seit der Reformationszeit weitgehend Reformationsgeschichte im Kanton Bern unbemerkt die Reste einer mittelalterlichen bewahrt werden (Abb. 2). Wegkapelle erhalten (Abb. l). Durch den In der historischen Überlieferung des Fru- geplanten Ausbau der historischen Strasse wurden tiglandes ist von der Kapelle auf dem «Hundbühl» die Fachstellen wieder auf die Ruine am «Chappelegraben» erst im aufmerksam. Nach den ursprünglichen Planungen Zusammenhang mit ihrem Abbruch die Rede. Gilgian sollten die erhaltenen Mauern der Fahrbahnerweiterung von Rümligen soll demnach 1533 von der Berner weichen. Dank einer erfolgreichen Obrigkeit den Befehl erhalten haben, «die Zusammenarbeit der beteiligten kantonalen Kapelle zu Mülenen im Kappelenwald» Stellen und der Gemeinde Aeschi als Eigentümerin abzubrechen. Mit der Einführung der Reformation wurde schliesslich eine Planänderung im Staat Bern 1528 ging die systematische erreicht. Die Strasse wurde in der Folge an der Beseitigung der nun nicht mehr benötigten Talseite verbreitert, sodass die Kapellenreste an der Zeugnisse und Einrichtungen des alten Glaubens Hangseite der Fahrbahn erhalten bleiben. Um einher. Die Bevölkerung des Frutiglan- sie dauerhaft zu schützen, sorgte der Archäologische des sträubte sich noch lange Zeit, den neuen Dienst des Kantons Bern mit finanzieller Glauben anzunehmen, und leistete gar aktiven Unterstützung durch den Lotteriefonds Widerstand, so auch in Aeschi. Deshalb des Kantons Bern und das Bundesamt für Kultur verwundert es nicht, dass es eines erneuten für eine Sanierung des Mauerwerks. Als Befehls aus Bern bedurfte, die vom Tal her von Beitrag zum Reformationsjahr 2017 konnte so eine Weitem sichtbare Wegkapelle an der Verbin- AESCHI BEI SPIEZ, KAPELLENRUINE AN DER MÜLENENSTRASSE KURZBERICHTE 57

dung nach Mülenen zu schleifen. So restlos scheint der Abbruch allerdings nicht gewesen zu sein, standen doch laut schriftlicher Überlieferung noch vor dem Ausbau der Strasse in den Jahren vor 1900 ansehnliche Ruinen. Heute sind davon bis zu 3 m hohe Reste der nördlichen Traufwand mit den Maueransätzen der westlichen Zugangsseite und des Chors im Osten übriggeblieben (Abb. 3). Die aufgehende Mauer ist um etwa 0,5 m gegenüber dem 1 m breiten und 1 m hohen Fundamentsockel eingezogen. Ein Mörtelestrich an den Innenseiten ist als zugehöriger Boden der Kirche anzusprechen. Dieser liegt rund 1 m über dem jetzigen Strassenniveau. Über die Bau- und Nutzungsgeschichte der von der Pfarrkirche Aeschi abhängigen Kapelle ist nichts bekannt. Ein Bezug zur Burg Mülenen liegt aufgrund der Sichtverbindung nahe, ist aber nicht zu beweisen. Die mit ihrem Literatur Abb. 2: Aeschi bei Spiez. Ruine der ehemaligen dreiseitigen Chor nach Osten ausgerichtete Kapelle Fritz Bach, Die Kirche. In: Heimatkundevereinigung Fruti- Kapelle Mülenen nach der könnte auf eine Seelgerätstiftung zurückgehen, gen (Hrsg.), Das Frutigbuch. Heimatkunde für die Landschaft 2017. Blick . Bern 1938, 333-362. Sanierung mit der sich die Burgherren durch nach Nordwesten. wiederkehrende Gottesdienste und Gebete ihres Peter Eggenberger, Zur Stellung und Funktion der Kapelle. In: Ellen J. Beer et. al. (Hrsg.), Berns Zeit. Das 15. Seelenheils versichern wollten. Die architektonische grosse Jahrhundert neu entdeckt. Bern 1999, 405. Gestaltung der vermutlich rund 15 m Walter Stalder, Aeschi. Aus der Geschichte und Heimatkunde. und 8 breiten Saalkirche Abb. 3: Aeschi bei Spiez. langen m mit Heimatbücher Berner 139. Bern 1991. Ruine der ehemaligen Polygonalchor spricht für eine Gründung im 14. oder Detlef Wulf, Mülenen, Kapelle. Bericht zur Quellenrecherche, Kapelle Mülenen. Grund- 15. Jahrhundert. Während die anhand der Länge Stand 17.1.20t7. Archäologischer Dienst des Kantons riss: Bestand und erhaltenen Mauern sicher zu bestimmen ist, Bern, Gemeindearchiv, FP-Nr. 187.012.2016.01. Rekonstruktion. M. 1:200. kann die Breite nur näherungsweise über Vergleichsbeispiele und aufgrund der Proportionen eingeschätzt werden. Der Bau von Weg- und Frühmesskapellen durch die vermögende Oberschicht zum Wohl ihres Seelenheils nach dem Tod war damals weitverbreitet. Die Wirkung des Seelgerätes war durch die Lage der Stiftung an einem Weg gesteigert, sicherte sich der Stifter für sein Seelenheil doch so auch das Gebet und den finanziellen Beitrag der vorbeikommenden frommen Reisenden für den Bau und den Unterhalt der Kapelle. Über das Patronat und den oder die am Altar verehrten Heiligen lassen uns die Quellen aber ebenso im Unklaren wie über die mit der Kirche verbundenen Messdienste und Pfründe.