Die Nürnberger Straße mit Dorflinde Ende der 1950er Jahre

Station 1 Dorflinde und Nürnberger Straße

Diese Linde wurde im Jahre 1906 von dem damaligen Bürger- meister Heinrich Arend gepflanzt. Zu der Zeit endete am „Gasthaus zum Bahnhof“ (heute: Pizzeria La Perla) die Ortsbe- bauung. Zwischen dem Gasthaus und der Körler Mühle stand kein weiteres Gebäude. Dennoch wagte der Bürgermeister die Prog- nose: „Diese Linde wird einmal der Mittelpunkt unseres Dorfes sein“.

Die Nürnberger Landstraße, zeitweise auch Poststraße genannt, ist eine alte Handelsstraße. Sie verlief in Körle früher durch die Gemarkung zwischen dem Baugebiet „Auf dem Hollunder“ und der Schnellbahnstrecke. Noch heute erinnert die Gemarkungsbezeichnung „Auf der alten Straße“ an den Verlauf der Höhenstraße, die zunächst die „Trockene Milmsche“ überquerte und dann über den Körler Berg nach Norden führte.

Die ehemalige Bezeichnung Poststraße stammt von der Postverbindung -Regensburg, die es schon vor 1600 gege- ben haben soll. Aus dem Jahr 1705 wird von einem Nürnberger Postkurs berichtet, die Route verlief von Nürnberg über Coburg, Meiningen, Vacha, nach Kassel. Abfahrt war in Nürnberg am Mittwoch um 8 Uhr, vier Tage später, am Sonntag um 8 Uhr, kam die Postkutsche in Melsungen an und erreichte mittags um 12 Uhr Kassel. Diese Post fuhr einmal wöchentlich bis Amsterdam. Allerdings waren für die Strecke Kassel-Amsterdam nochmals sechs Tage nötig, denn erst am folgenden Sonnabend um 18 Uhr erreichte die Kutsche die niederländische Hafenstadt. Den Postkutschen war trotz des zu jener Zeit überschaubaren Verkehrs ein Vorrang eingeräumt. Ertönte das Posthorn, hatten die Bauernwagen anzuhalten und der Post freie Bahn zu schaf- fen.

Nächste Station: Das Körler Adelsgeschlecht, gegenüber Fleischerei Wilke Station 2 Körler Adelsgeschlecht

In diesem Bereich des Dorfes wird der ehemalige Wohnsitz eines Adelsgeschlechts vermutet, das sich über mehrere Jahrhunderte nachweisen lässt. Die bekanntesten Vertreter sind Gerlach von Körle, der 1172 bis 1182 ein Amt am Hofe der Thüringer Landgrafen ver- waltete und Ludwig von Körle, der 1142 bis 1172 Mitglied des Ordenskapi- tels am Kollegiatstift St. Peter in war. Das hier im Bild gezeigte Bauernhaus ist im Jahre 1649 errichtet worden. Es stand auf einem noch älteren Fundament. Im Jahre 1970 wurde das Haus im Rahmen der Sanierung der Nürnberger Straße abgerissen.

Nächste Station: Raiffeisengenossenschaft, Eingang VR-Bank Einweihung des Raiffeisengebäude im Jahr 1969

Station 3 Raiffeisengenossenschaft

Friedrich Wilhelm Raiffeisen (1818-1888) war der Gründungsvater von Selbsthilfever- einen in Form von Genossenschaften. Er lebte in einer Zeit der Not und Armut der Landbevölkerung. Er ersann im harten Not- winter 1845/46 Notstandsmaßnahmen, um den Armen Brot, Arbeit und damit Geld zu verschaffen. Als Instrument dazu schuf er 1847 einen Hilfsverein, den „Weyersbuscher Brotverein“, und in 1850 den „Flammersfelder Hülfsverein zur Unterstützung unbemit- telter Landwirte“, bei dem die Bauern Geld ansparen, aber auch zum Ankauf von Vieh und Gerät günstig leihen konnten. So half er der Landwirtschaft und verringerte die Verarmung der bäuerlichen Bevölkerung. Diesem Beispiel folgten im Jahr 1882 der Körler Bauer Heinrich Arend und der Lehrer Wilhelm Müller mit der Gründung des Körler Darlehnskassenvereins. Alle Geschäfte wurden anfangs nebenamtlich geführt, so auch in geringem Umfang der Handel mit landwirtschaftlichen Waren. Im Jahr 1902 hatte der Darlehnsverein bereits 622 Darlehn in Höhe von 250.765 Goldmark gegeben. 1949 wurde das kleine Lagerhaus am Güterbahnhof erweitert, es nahm auch die Büros der Bank auf. Nach 1950 entwickelte sich der Geschäftsbetrieb über den An- und Verkauf von landwirtschaftli- chen Artikeln (Dünge- und Futtermittel, Saatgut, Sämereien, Kohle, Baustoffe und Handel mit Getreide). In den 1960-er Jahren florierte das Geschäft mit landwirtschaftlichen Waren, was zum Neubau eines Warenlagers in der Ladestraße führte (heute Landhandel der Fa. Dippel-Transporte). Das Geschäftsgebiet ging über die Grenzen von Körle hinaus, viele Kunden kamen auch aus den Nachbarorten. So wurde beispielsweise in Röhrenfurth 1959 eine Zweigstelle eröffnet. In der Blütezeit bot die Raiffeisenbank Körle im Bank- und Handelsbereich ca. zehn Personen einen Arbeitsplatz und war einer der wichtigsten Gewerbesteuerzahler in der Gemeinde. 1969 wurde ein modernes Gebäude in der Nürnberger Straße 20 errichtet, nachdem der Hof der Familie Döberitz (Baujahr 1649) nach deren Aussiedlung abgerissen worden war. Die Raiffeisenbank Körle verlor ihre Eigenständigkeit im Jahr 1998 durch Fusion mit der VR-Bank Melsungen-Gensungen, heute VR-Bank Schwalm-Eder.

Nächste Station: Gefrieranlage und Waschmaschine, Hofeingang Tegut Johann Schröder, genannt Wäsche-Hans, in der fahrbaren Waschanlage. Station 4 Gefrieranlage und Waschmaschine

Bis in die Jahre nach dem 2. Weltkrieg gab es in den Haushalten keine Gefrierschränke und auch keine Waschmaschinen. Die damals noch selbständige Körler Raiffeisengenossenschaft ließ deshalb hier in einem Wirtschaftsgebäude des ehemaligen Bauernhofes eine Gemeinschaftsgefrieranlage einbauen. Die Anlage bestand aus zwei Karussells, die jeweils mit einer Anzahl verschließbarer Fächer ausgestattet waren. Diese Fächer konnten gemietet werden. Da in jener Zeit die Hausschlachtungen sehr verbreitet waren, und auch in den Gärten noch viele Produkte wie Beeren und Gemüse zur Selbstversorgung angebaut wurden, hatte fast jeder Körler Haushalt ein Gefrierfach gemietet. Die Raiffeisenkasse beschaffte auch eine fahrbare Waschanlage. Diese wurde in einem festen Turnus in den Dörfern, die der Körler Genossenschaft angeschlossen waren, aufgestellt. Die Wäsche wurde allerdings nur gewaschen, trocknen und bügeln musste man sie zuhause. Dennoch war die Anlage eine große Hilfe. Als gegen Ende der 60er Jahre Gefrierschränke bzw. Gefriertruhen und auch Waschmaschinen in viele Haushalte Einzug hielten, konnten sowohl die Gefrieranlage als auch die Waschanlage nicht mehr kostendeckend betrieben werden.

Nächste Station: Krämerladen, Eingang Tegut Nürnberger Straße Lebensmittelgeschäft Kurt Metz im Gebäude Nürnberger Str. 30

Station 5 Krämerladen

Aus dem Jahr 1830 stammt die erste urkundliche Erwähnung eines Krämers , des in Kassel geborenen Heinrich Starkloff . In 1848 eröffnete der Krämer und Leineweber Justus Jacob in seinem Haus einen Krämerladen. Im Laufe der Jahrzehnte wurde der Laden vergrößert und das Angebot erweitert. Um 1925 bietet der Laden Lebensmittel, Kurzwaren und Eisenwaren, ausgerich- tet auf den dörflichen Bedarf. Der Zeit entsprechend nannte man solche Geschäfte „Colonialwaren- Handlung“. Kaufmann Jacob hatte auch die erste Tankstelle im Dorf. Im Jahr 1935 gab es im Ort vier Lebensmittelgeschäfte, betrieben von den Familien Jacob, von Zech und Metz. Weiterhin gab es einen Konsumladen in der Kuhgasse. Wegen der starken Konkurrenz der Großmärkte wurde um 1980 den Geschäften die wirtschaftliche Grundlage entzo- gen. Nur der Laden der Familie Jacob, Kaufmann Christoph Jacob vor dem Haus bzw. ihrer Erben Nürnberger Str. 16 blieb an dieser Stelle erhalten.

Nächste Station: Handwerksleute, Wilhelm-Pfeiffer-Weg Die DKW-Vertretung und Werkstatt von Konrad Knaust im Neuen Weg. Station 6 Handwerksleute

Auf der gegenüberliegenden Straßenseite stand viele Jahrzehnte eine Schmiede, die über mehrere Generationen der Familie Arend gehörte. Im Jahre 2002 wurde der Betrieb eingestellt. Schmiede waren in den Bauerndörfern oft die einzigen Handwerker. Vor dem Jahre 1800 lebten die meisten Körler von der Landwirtschaft. Nur wenige Einwohner übten einen Handwerks- beruf aus. 1776 Nach einer amtli- chen Zählung gab es Schmied Alfred Ubl beschlägt das Pferd damals in Körle: 1 Schmied, von Opfermanns . 1 Nagelschmied, 1 Wagner (Stellmacher), 2 Schneider, 8 Leinewe- ber, 2 Branntweinbrenner, 2 Müller. 1830 Nach der Verkündung der Gewerbefreiheit erlernten jetzt mehr Dorfbewohner einen Handwerksberuf. In Körle gab es zu der Zeit: 31 Leineweber, 12 Schmiede und Nagel- schmiede,11 Schneider, 10 Maurer, 5 Schreiner, 4 Wagner, 2 Schuh- macher und je 1 Küfer, Zimmermann, Dachdecker, Müller, Krämer; dazu gaben 6 Männer als Beruf Musikus an. 1930 Der Wandel vom Bauerndorf zur Wohnge- meinde für Arbeiter spiegelte sich auch im Handwerk und Gewerbe wider. In dem relativ klei- nen Dorf gab es viele Handwerksbetriebe: drei Elektroinstallateure, drei Schreiner, drei Maler, drei Schuhmacher, zwei Schneider, zwei Polster- und Sattlergeschäfte, zwei Schmieden, zwei Stellmacher, eine KFZ- Reparaturwerkstatt, einen Frisör, eine Druckerei, eine Zimmerei und zwei Bauunternehmen. Neben den Lebensmittelgeschäften gab es drei Metzgerläden und drei Gasthäuser. Bedeutende Arbeitgeber waren das Basaltwerk und das Sägewerk.

Nächste Station: Luftschutzbunker, Hirtenberg/In der Ecke Blick in die zerbombte Kasseler Innenstadt

Station 7 Luftschutzbunker

Hinter der Holztür liegt der Zugang zu einem Luftschutz- bunker aus dem 2 Weltkrieg.

Während des 2. Weltkrieges baute sich die Zivilbevölkerung in Eigeninitiative sogenannte Luftschutzbunker. Auch in Körle gab es mehrere dieser „Bunker“. Das waren nach Art des Bergbaus in den Berg getriebene Stollen, in denen die Bevölkerung bei Fliegeralarm Schutz suchte. Diese Stollen wurden lediglich mit roh gezimmerten Sitzbänken ausgestattet. Besonders während der letzten Kriegsjahre saßen die Schutzsuchenden stundenlang in diesen Erdhöhlen und lauschten bei Kerzenlicht ängstlich auf die Geräusche, die von draußen zu hören waren. Selbst bei einem Fliegerangriff auf Kassel , hörte man die Explosionen bis in unser Dorf. Der hier angelegte Stollen galt als besonders sicher. Er verläuft im Berg hinter dem Gebäude und hatte einen zweiten Eingang. Viele Einwohner hatten allerdings nur einen Keller in ihren Häusern besonders hergerichtet und nutzten diesen als Schutzraum.

Nächste Station: Trockene Mülmisch, In der Ecke Die Firma Konrad Emmeluth bei den Arbeiten zur Kanalisierung der Mülmisch . Station 8 Trockene Mülmisch

1575 in Urkunden aus diesem Jahr liest man erstmals die Bezeichnung „Trockene Milmsche“. Die Bezeichnung „trocken“ besagt, dass der Bach im Gegensatz zur „Nassen Mülmisch“ weni- ger Wasser führt. Über viele Jahrhunderte lieferte die Trockene Mülmisch den Einwohnern des Dorfes das Trinkwasser. 1928 der Bach wurde im Rahmen einer Arbeitsbe- schaffungsmaßnahme im Auftrag der Gemeindever- waltung kanalisiert. 1969 Eines der schlimmsten Hochwasser, Überflutung der Nürnberger Straße das der Bach je führte, durch die Mülmisch nach einem richtete in der Gemarkung, Unwetter im Jahr 1969. im Dorf und an der Bahnstrecke Kassel – Bebra schwere Schäden an. Bei den Planungen zur Dorferneuerung im Jahr 2010 gab es Überlegungen, die Trockene Mülmisch wieder freizulegen. Die Idee wurde bald wieder aufgegeben.

Nächste Station: Backhaus, Im Mülmischtal, Treppe zur Lutherstraße Station 9 Backhaus

Im Dorf gab es bis nach dem 2. Weltkrieg mehrere Backhäuser. Sie stammten alle aus der Zeit, in der es noch keine Bäcker auf dem Lande gab. Genutzt wurden sie von mehreren Familien gemeinsam. Backtag war in der Regel der Sonnabend. Schon am Freitag musste der Brotteig vorbereitet werden. Allerdings backte eine Familie Brot nur im Abstand von 2 -3 Wochen. Am Sonnabend wurde der Ofen mit Buchenholz oder Birken- holz tüchtig aufgeheizt. Zuerst wurde das Brot gebacken, danach der Blechkuchen. Im Herbst gab es zum Abschluss noch etwas Besonderes: Apfellaibchen. Das waren in Brotteig gebackene Äpfel. Gelegentlich nutzte man die Restwärme zum Trocknen von Zwetschgen, Birnen und Apfelschnitzen. Nach dem 2. Weltkrieg wurden die letzten dieser Backhäuser abgerissen.

Nächste Station: Zehntscheune im Mülmischtal/Kasseler Straße Station 10 Zehntscheune

Auf diesem Grundstück stand eine Scheune, in der das Getreide gesammelt und gelagert wurde, das die Bauern an den Landgra- fen abgeben mussten (der Zehnte). Als die Landgrafen später keine Naturalien von den Bauern mehr wollten, sondern den Geldwert, wurde die Scheune abgerissen. Nach mündlicher Überlieferung hat man Steine der Zehntscheune bei dem Bau dieser Mauer verwendet.

Von der Zehntscheune, die an dieser Stelle stand, existieren leider keine Bilder. In Wagenfurth löste man die Frage nach Lagerraum auf andere Art: Die kleine Fachwerkkapelle, erbaut um 1480, wurde zweigeschossig errichtet, so dass im oberen Geschoss ein Frucht- speicher für den „Zehnten“ genutzt werden konnte.

Nächste Station: Spritzenhaus Kasseler Straße/Kirchweg Die Freiwillige Feuerwehr Körle und das Spritzenhaus um 1950.

Station 11 Spritzenhaus

Um 1800 ließ die Gemeinde an dieser Stelle ein Spritzenhaus bauen. Das Haus war nicht viel größer als eine geräumige Garage und diente vor allem der Feuerwehr zum Unterstellen der Feuer- spritzen. Interesse erweckte das kleine Haus im Dorf immer wieder wegen seines Anbaus. Das war ein Raum mit einem ver- gitterten Fenster und einer schweren Außentür. Ausgestattet war er mit einem einfachen Bett, mit Tisch und Stuhl sowie einem Kanonenofen. Dieser Anbau diente im Laufe der Jahrzehnte den unterschiedlichsten Zwecken. Landfahrer konnten hier übernach- ten, Männer der nächtlichen Schleichwache wärmten sich für kurze Zeit am Ofen auf, gelegentlich waren auch allein stehende arme, kranke Einwohner hier untergebracht und wurden versorgt. Bei Bedarf wurden auch verhaftete Straftäter hier festgesetzt bis sie nach Melsungen abtransportiert werden konnten. Deshalb sprach man im Dorf auch vom„Kittchen“. Als in den Jahren 1965/66 die Scheune der alten Schule zum Feuerwehrgerätehaus umgebaut wurde, benötigte man das Spritzenhaus nicht mehr. Es wurde in der Folgezeit abgerissen.

Wilhelm Pfeiffer verfasste zum Spritzenhäuschen folgendes Gedicht:

Nächste Station: Kirchenmauer und Kirchhof Station 12 Kirchenmauer und Kirchhof

Ein relativ großer Platz umgab ursprünglich die kleine Fachwerk- kirche und den festen Wehrturm. Durch die hohe Wehrmauer entstand eine den Burgen ähnliche Anlage. Bei dro- henden feindlichen Angriffen suchten die Dorfbewohner mit ihrem Vieh auf dem Kirchhof Schutz. Schon im Laufe des 16. Jahrhunderts hielten die Mauern den Feuerwaffen nicht mehr stand. Im 30jährigen Krieg wurden Kirche und Turm mehr- fach geplündert. Der Kirchhof war auch Friedhof. Als der Platz für die Beerdigungen nicht mehr ausreichte, besei- tigte man die alten Gräber nicht, sondern legte über diesen Grabstätten eine zweite Reihe an. Deshalb liegen die wenigen erhal- ten gebliebenen Schieß- scharten der Mauer heute direkt über dem Boden. Im Jahre 1830 erfolgte die Anlage eines neuen Fried- hofes an der Nürnberger Straße. Heute haben Kirch- hof und Mauer wegen der baulichen Veränderungen ihren ursprünglichen Charakter fast völlig verloren.

Nächste Station: Kirchturm Abtransport der Kirchenglocke (Baujahr 1865 Hersteller: Gebrüder Ulrich in Apolda) zwecks Einschmelzen für Kriegszwecke im Jahr 1917.

Station 13 Turm und Kirche

Um 1200 wurde der Turm im romanischen Stil von den Einwoh- nern des damals noch kleinen Dorfes errichtet. Die Mauerstärke im Erdgeschoss beträgt 1,44 – 1,86 m. Die kleine Turmhalle hat ein Kuppelgewölbe. Der Zugang in den Turm liegt im 1. Stock. Die oberste Etage hat kleine romanische Fenster. Hier befand sich die Glockenstube. In den übrigen Etagen kleine Räume mit schmalen langen Schießscharten (Schlitzscharten). An den massiven Turm schloss sich eine kleine Fachwerkkirche an. Sie war dem Heiligen Nikolaus geweiht. 1729 Ein Turmhelm mit Glockenstuhl wurde aufgesetzt; die bis- herige Glockenstube nahm die Turmuhr auf. Das Portal wurde umgestaltet . 1829 In nur kurzer Zeit erfolgte der Abriss der kleinen Fachwerk- kirche. Noch im gleichen Jahr wurde das heutige Langhaus gebaut. Dabei leisteten die Einwohner sehr viel Eigenhilfe. 1830 Nach Abschluss des Innenausbaus feierte die Gemeinde die Weihe der neuen Kirche mit einem großen Fest. In den vergangenen Jahrhunderten wurden Kirchenglocken immer wieder Opfer der Kriege, weil das Metall leicht zu Rüstungszwecken (z.B. einschmelzen zu Kanonenkugeln) ver- wendet werden konnte. Die erste Körler Glocke wurde 1626 durch plündernde Soldaten Tillys geraubt. Im Jahr 1917 musste eine der beiden Glocken zum Einschmelzen geliefert werden und im Jahr 1942 waren die Körler erneut gezwungen, eine Glocke abzugeben.

Nächste Station: Hirtenhaus Lutherstraße/Kirchweg Das hier gezeigte Gemälde ist ein Werk des bekannten Kasseler Malers Ernst Metz. Es zeigt die Kirche mit dem Hirtenhaus im Vordergrund.

Station 14 Hirtenhaus

Auf diesem Platz stand früher das Hirtenhaus, welches ausweis- lich der Gemeinderechnung 1776 der Gemeinde gehörte. Als die Landwirte in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts allmählich zur Stallhaltung des Viehs übergingen, benötigte man keinen Hirten mehr. Das Hirtenhaus wurde verkauft. Im Jahre 1928 zerstörte ein Feuer das kleine Haus. Zu der Zeit wohnte in dem Häuschen eine Frau, die ihren Lebensunterhalt durch Botengänge aufbesserte.

Nächste Station: Alter Wasserbehälter, Zum Rot/Bergstraße Im Jahr 1905 wurde an dieser Stelle der Hochbehälter für die neue Trinkwasserversorgung gebaut. Anfang der 1980er Jahre wurde das Bauwerk abgerissen. Station 15 Alter Wasserbehälter

Über lange Zeit hat die „Trockene Mülmisch“ die Einwohner unseres Dorfes mit Wasser versorgt. Einige Brunnen gab es auf den größe- ren Bauernhöfen. Im Jahr 1870 befasste sich der Gemeinderat mit dem Bau eines Brunnens für die Schule. Die meisten Einwohner holten sich jedoch ihr Wasser zum Trinken, Kochen und Waschen aus dem Bach, so dass die Sauberhaltung oberstes Gebot war. Die weithin verbreitete Haltung von Federvieh brachte aber naturge- mäß Probleme mit sich, offenbar der Grund für folgende Bekannt- machung aus dem Jahr 1885: „Durch Polizeiverordnung vom 26. Juni d.J., mit demselben Tage bekannt gemacht, dürfen keine Gänse von dem Austrieb des Hirten und eine ½ Stunde nach dem Eintrieb sich auf dem hiesigen Bach aufhalten und das Wasser verunreinigen. Enten haben gar kein Recht und dürfen durchaus den Bach nicht betreten. Körle, am 26. Juni 1885, der Bürgermeister Zülch.“ Elisa Kilian mit Sohn Willi Als die Körler Wasserlei- vor dem Wasserbehälter tung in 1906 gebaut wurde, wählte man diesen Platz zum Stand- ort für den Hochbehälter. Das Wasserbassin, wie man im Dorf sagte, lag damals höher als alle Häuser in der bebauten Ortslage. So erreichte man im ganzen Dorf den notwendigen Wasserdruck. Weil die Einwohnerzahl ständig wuchs und neue Baugebiete erschlos- sen wurden, reichte diese Anlage trotz mehrfacher Erweiterungen schon um 1950 nicht mehr aus. 1970/71 wurde im Rahmen einer grundlegenden Sanierung der Wasserleitung ein neuer Hochbehälter in der Nähe des heutigen Überholbahnhofs der Schnellbahnstrecke gebaut.

Nächste Station: Dreschplatz Kasseler Straße/Am Hang Moderne Dreschmaschine

Station 16 Dreschplatz

Etwa in der Zeit von 1930 bis zum Beginn der 60er Jahre stand auf diesem Platz während der Erntezeit eine Dreschmaschine Auf großen Leiterwagen, die von Pferden oder Kühen gezogen wur- den, transportierten die Kleinbauern die Getreidegarben zum Dreschplatz . Besonders bei unsicherer Wetterlage warteten die Menschen ungeduldig und nervös darauf, dass ihr Getreide gedroschen wurde. Eine zweite Dreschmaschine stand zur gleichen Zeit auf Dreschtag in der Kasseler Straße, dem Platz vor dem heuti- ca. 1951 gen Feuerwehr Gerätehaus. Der Wandel in der Landwirtschaft und der Einsatz der modernen Mähdrescher hatten zur Folge, dass Dreschmaschinen nicht mehr gebraucht wurden.

Nächste Station: Jugendheim Nürnberger Str. 2 Klassenfoto des Jahrgangs 1937 vor dem Schulgebäude

Station 17 Das Jugendheim

Schon im Jahre 1935 drängte die Kreisleitung der NSDAP in Melsungen darauf, dass in Körle ein Jugendheim gebaut werden sollte. Der Körler Gemeinderat versuchte, durch das Mieten geeig- neter Räume einen Neubau vorerst zu vermeiden. Als der Druck der NS Dienststellen immer größer wurde, beschloss die Gemeinde- vertretung den Bau eines „Hitlerjugend Heims“ auf dem alten Fried- hof, obwohl die Kirchenbehörde nur zögerlich bereit war, den nicht mehr genutzten Friedhof zu säkularisieren. Das Haus wurde im Jahre 1938 gebaut und konnte im Jahre 1939 von den NS – Jugend- organisationen genutzt werden. Nach dem Kriegsbeginn im Jahre 1939 war die Nutzung jedoch sehr eingeschränkt. Kurz nach dem Ausbruch des sogenannten Frankreichfeldzuges wurden französi- sche Kriegsgefangene hier untergebracht. Kurze Zeit später, nach- dem die Kriegsgefangenen nach Wagenfurth verlegt worden waren, nutzte die Kasseler Heinrich Schütz Schule das Haus als sogenann- tes KLV - Lager. Die „Kinder-Land-Verschickung“ sollte die Schüle- rinnen und Schüler vor den Luftangriffen schützen. Während der letzten Kriegsmonate war das Haus Ausbildungslager für den „Volkssturm“. Nach dem Krieg ließ die Gemeinde notdürftig Woh- nungen für Heimatvertriebene in dem Haus herrichten. Die Gemein- deverwaltung bekam einen Raum und in der Vorhalle eröffnete ein Frisör sein Geschäft. Wegen der großen Wohnungsnot fehlte es im Dorf an Badezimmern; deshalb hatte die Gemeinde für kurze Zeit in Kellerräumen des ehemaligen HJ-Heimes Badewannen und Duschen für die allgemeine Benutzung einbauen lassen. Im Jahre 1949 wurde das Haus dann in eine Schule umgebaut. Nachdem im Jahr 1989 die Körler Schule in den Neubau am Eselspfad umgezo- gen war, konnte man das Gebäude wieder als Wohnhaus nutzen.

Nächste Station: Kranken- und Armenfürsorge, Apotheke Guxhagener Straße Station 18 Kranken- und Armenfürsorge

Obwohl all die Möglichkeiten, die wir heute unter dem Begriff „Soziales Netz“ ver- stehen, noch nicht bekannt gewesen sind, waren die hilfsbedürftigen Menschen nicht ganz auf sich allein gestellt. Allerdings hing die Hilfe ganz vom Wohlwollen der Gemeindebehörden ab. Als Beispiel für die Hilfe durch die Gemeindeverwaltung mag das Ausgabenverzeich- nis des Jahres 1847 gelten: Johannes Geyer zu Körle erhielt 2 Taler „für das Pflegen eines auf der Reise erkrankten fremden Mannes“ Weiter heißt es: „ Dem Heinrich Döberitz zu Körle Hausmiethe für die arme Kath. Elis. Jakob. = 3 Taler, 15 Silbergroschen, Dem Apotheker Braun zu Melsungen für Armen Arzneien = 12 Taler, 8 Heller. Dem Apotheker Grau für das gleiche = 5 Silbergroschen, 8 Heller. Dem Schumacher Johannes Jakob zu Körle für Schuhe an arme Leute = 3 Taler, 12 Silbergroschen. Dem Gastwirt Cyriakus Weideling für Verpflegung von armen und kranken Bewohnern sowie durchreisende Fremde = 14 Taler, 11 Sgr., 8 Hlr. . Zum Vergleich: Der Bürgermeister Jakob erhielt im Jahre 1844 ein Jahresgehalt von 12 Talern, ein Schuhmacher bekam für ein Paar neue Schuhe: 1 Taler, 24 Sgr., der Schreiner Valentin Erbeck erhielt für einen Sarg „für eine arm Verstorbene“: 2 Taler, 5 Sgr. Die Gemeinde zahlte Arzneien, Arztkosten, gelegentlich auch Kleidung, zahlte auch Unterkunft und Verpflegung für völlig mittellose Kranke, Alte und Waisenkinder. Auch wurden die Kosten für eine Beerdigung übernommen. Bezahlt wurde auch, wenn eine hilflose Person in ein Kasseler Krankenhaus transportiert werden musste. In der Regel übernahmen Körler Bauern diese Fuhren. All diese Leistungen hielten sich jedoch in Grenzen. Ein besonders krasser Fall ist aus dem Jahre 1867 überliefert. Zitat aus dem Protokoll der Gemeindebehörde: Geschehen Körle, am 20ten Oktober 1867 Zwischen dem Gemeinderath einerseits im Namen der Gemeinde und dem Schuh- macher Jonas Weiß andererseits wird folgender Vertrag geschlossen: „Der Heinrich Weiß von hier ist seit 2 Monaten krank und ist sehr arm; liegt hier im Spritzenhause in der Wachtstube. Die Verköstigung wird von der Gemeinde in Natur gegeben. Die Pflege des H. Weiß will der Bruder Jonas Weiß übernehmen: 1. Die Vollreinigung. 2. Die Überreichung der Essenspeise. 3. Wenn es erforderlich ist des Nachts ein brennendes Licht zu stellen. 4. Die Heizung im Ofen.

Diese 4 Posten, welche aufgezeigt sind, will der Bruder Jonas Weiß vollständig über- nehmen und verlangt dafür wöchentlich 15 Silbergroschen. Der Gemeinderath verspricht, die 15 Silbergroschen wöchentlich zu geben. Dieser Vertrag soll von heute an bis zum 20ten April K.J. (kommenden Jahres) feste bestehen. Sollte aber der H. Weiß in der Zwischenzeit sterben, so hört dieser Vertrag mit dem Todestag auf.“ Vorgelesen und genehmigt: Der Schuhmacher Der Gemeinderath

Erst als die von Bismarck eingeführte Kranken- und Rentenversicherung wirksam wurde, hatte die Gemeinde weniger Sozialfälle zu behandeln. Allerdings gab es damals noch große Bevölkerungsgruppen, die nicht unter die Versicherungspflicht fielen. Heute erfreut sich die Gemeinde einer sehr guten Versorgung mit Allgemeinmedizi- nern, Zahnärzten, der Apotheke, einer Praxis für Krankengymnastik, Ergotherapie und weiteren in Heilberufen tätigen Personen.

Nächste Station: Feuerwehrhaus Die Freiwillige Feuerwehr in den 1960er Jahren mit Bürgermeister Karl Knaust vor dem Gasthaus „Zur Krone“. Station 19 Die Feuerwehr

Die ersten Aufzeichnungen über eine Feuerwehr stammen aus dem Jahr 1826. In einer Auflistung des „Inventariums“ sämtlicher Gemeindegüter wird über eine Feuerspritze, drei Feuerleitern, drei Feuerhaken, acht kleine Handspritzen und achtundvierzig lederne Eimer berichtet. Die Feuerspritze gehörte dem Landreis und somit den Landgemeinden des Amtes Melsungen und wurde in dem erwähnten Spritzenhaus gelagert. Für diese sogenannte Amtsfeu- erspritze musste die Gemeinde Körle schon in 1837 als Standort- überlassung an das kurfürstliche Kreisamt zu Melsungen einen Beitrag von 5 Taler , 20 Silbergroschen und 13 Heller , wie auch andere Gemeinden des „Löschverbandes“ zur Unterhaltung zahlen. Da zur damaligen Zeit die kleinen Gemeinden überhaupt keine Feuerspritze besaßen, hatte sogleich der hiesige Standort erhebli- che Vorteile bei Ausbruch eines Brandes in Körle, da die Spritze sofort einsetzbar war, und nicht erst durch Pferdegespanne herbei- geschafft werden musste.

Um das Jahr 1843 musste bei Heirat wie z.B. ein Christian Hofmann „Einzugsgeld“ für seine einheiratende Frau aus Eiterhagen in Höhe von 7 Taler , für einen ledernen Eimer 15 Silbergroschen und für die Unterhaltung der Obstbaumpflanzungen 1 Taler an die Gemeinde entrichten. Das Beispiel zeigt, dass man schon damals auf eine gute Feuerwehrmannschaft vor dem alten Feuerwehr-Ausrüstung Schlauchturm am Hilgenweg. achtete. Einheiratende Männer zahlten ungefähr den doppelten Betrag.

Die Gründung der „Freiwilligen Feuerwehr“ fällt in das Jahr 1926. Bis zu diesem Zeitpunkt gab es eine Pflichtfeuerwehr. Bei der Gründung, die mit 26 freiwilligen Mitgliedern erfolgte, wurde Heinrich Mainz zum Wehrhauptmann gewählt.

Nächste Station: Gasthaus „Zur Krone“, Nürnberger Straße Station 20 Gasthaus „Zur Krone“

Am 26.2.1742 erhielt der Wirt Konrad Reuther seine Konzession zum Bier- und Branntweinschenken und zur „Herbergierung“. Er eröffnete hier in seinem Haus eine Gastwirtschaft. Er verzapfte im Jahr 104 Zuber Bier (1 Zuber= 80 l) und ½ Ohm Branntwein (1 Ohm = 160 l). Mit der Eröffnung einer weiteren Gastwirtschaft durch den Wirt Werner Wurst am 28. Okto- ber 1743 gibt es nun zwei Wirtschaften in Dorf. Während der Schnaps im Dorf gebrannt wurde, musste das Bier von aus- wärts bezogen werden. Die Wirte lebten nicht nur vom Besuch der Dorfbewohner. Weil Körle an der alten „Nürnberger Handels- straße“ liegt, kehrten auch Reisende hier ein. Die ehemals Reuthersche Aufnahme aus dem Saal, ca.1930 Wirtschaft gehörte im Jahr 1830 dem Wirt und Acker- mann Adam Weideling. Neben seinem Gasthaus bewirtschaftete er noch ca. 30 Acker Land. Einer seiner Söhne erbte die Körler Mühle. Das Gasthaus wechselte in den folgenden Jahrzehnten mehrmals den Besitzer. So erwarb Johann Jakob Metz 1863 das Gasthaus, baute es in der Folgezeit weiter aus und gab den Name „Zur Krone“. Seit jeher ist das Gasthaus das Vereinslokal des Sportvereins TSV Rot-Weiß Körle. Der Saal diente in der Nachkriegszeit auch als Kino. Die Familie Metz verkaufte 1967 das Gasthaus an die Gastwirte- Genossenschafts-Brauerei Malsfeld. Nach Insolvenz der Brauerei gründeten Bürger im Jahr 2005 einen Förderverein zum Erhalt des Gasthauses. Der Förderverein erwarb das Gebäude und verpachtete das Traditionslokal an einen Wirt.

Nächste Station: Wandel in der Landwirtschaft, Sparkassenhof Station 21 Wandel in der Landwirtschaft

1639 Schon im 30jährigen Krieg stand hier ein Bauernhof, der Adam Glasewaldt gehörte. Obwohl durch Einheirat der Name der Besitzer sich über die Jahrhunderte mehrfach änderte, blieb der Hofname Glasewald bis in die jüngste Zeit erhalten. Am Ostersonntag des Jahres 1945 warfen amerikanische Kampf- flugzeuge Brandkanister über Körle ab. Die Wirtschaftsgebäude des Hofes wurden getroffen. Während der Löscharbeiten schossen die Jagdflieger auf die Feuerwehrleute, so dass Scheune und Stallung völlig niederbrann- ten. Im Oktober 1971 zerstörte ein Feuer erneut Scheune und Stallungen. Deshalb gaben die Besitzer, dem Trend der Zeit fol- gend, den landwirtschaftlichen Betrieb ganz auf. An der Stelle der ehemaligen Wirtschaftsgebäude steht heute das gewerblich genutzte Haus. Die folgenden Zahlen lassen u.a. erkennen, wie sehr sich auch in Körle die Landwirt- schaft gewandelt hat. 1776 In Körle gab es 27 Höfe (Hufen), die dem Landgrafen dienstbar waren. 1830 Fünf Bauernhöfe besaßen mehr als 100 Morgen , weitere fünf besaßen mehr als 60 Morgen und neun mehr als 30 Morgen. Daneben gab es noch 51 Kleinbauern und Nebenerwerbsbetriebe . 1959 15 Betriebe bewirtschafteten eine landwirtschaftliche Nutzfläche zwischen 5 und 20 Hektar, 4 Betriebe bewirtschafteten mehr als 20 Hektar. Außerdem zählte man in Körle noch 104 Kleinbau- ern und Nebenerwerbslandwirte. Die hohe Zahl lässt sich dadurch erklären, dass viele Haushalte in Erinnerung an die Notzeit wäh- rend und nach dem 2. Weltkrieg auf Selbstversorgung nicht ver- zichten wollten und oft nur etwa einen halben Hektar Pachtland bewirtschafteten. 2010 In den vergangenen fünf Jahrzehnten hat sich ein tiefgreifender Wandel in der Landwirtschaft vollzogen. In Körle gibt es nur noch drei Vollerwerbsbetriebe, die jeweils mehr als 25 Hektar bewirtschaften, außerdem existiert noch ein Nebener- werbsbetrieb.

Nächste Station: Bahnhof, Hilgenweg Bahnhofswart August Bettenhausen und Streckenwart Christian Weingarten kurz nach Inbetriebnahme der Haltestelle im Jahr 1892. Station 22 Bahnhof

Am 1.7.1845 fand bei Grebenau der erste Spatenstich für den Bau der Eisenbahnstrecke Kassel-Bebra statt. Bei den Bauarbei- ten verdingten sich auch Körler Einwohner. Alle Erdarbeiten (abgesehen vom Tunnelbau) wurden mit Schiebekarren ausge- führt. Nach einem Bericht aus dem Jahr 1846 arbeitete man täg- lich von 6 bis 18 Uhr, auch sonntags. Am 18.9.1848 begann der Zugverkehr. Am 15.7.1892 wurde die Haltestelle in Körle eröffnet. Damals wurde auch ein kleines Bahnhofsgebäude mit Stellwerk, Fahrkartenverkauf, Gepäckabfertigungsschalter und einem beheizbaren Warteraum gebaut. Zur Eröffnung der Bahnhaltestelle wurde von Lehrer Berge in der Schulchronik vermerkt: „Eine große Menschenmenge hatte sich an dem kleinen, aber schön eingerichteten Bahnhof versammelt. Der Zug um 1 Uhr mittags wurde mit einem Hurrah! empfangen. Die obersten Mädchen überreichten je einen Blumenstrauß, eine Flasche Wein und eine schriftliche Begrüßung nebst Segenswunsch zur fernen Fahrt an den Maschinenführer und den Lokführer. Das übrige Zugpersonal bekam ein Fäßchen Bier. Als der Zug abgefahren war, hielt der Bürgermeister Zülch eine Ansprache, welche mit einem Hoch auf seine Majestät Kaiser Wilhelm II. endete; alle stimmten begeistert ein; dann sangen die Schulkinder „Heil Dir im Siegerkranz“. Ein fröhliches Treiben ent- wickelte sich nunmehr. Die Kinder sangen und spielten. Es wurden noch verschiedene Hochs angebracht. Man unterhielt sich, lachte und trank dazu. Auch die Schulkinder bekamen sämt- lich Bier zu trinken. Die Bahnbeamten von Melsungen und waren in Gala erschienen. Bei Gastwirt Metz wurde die Feier fortgesetzt bis die letzten Züge zum Aufbruch mahnten. Der Gesangverein begleitete die Gäste mit einem Marsch zur Bahn“. In den Folgejahren entwickelte sich der Personenverkehr rasch. Von Körle aus pendelten 1905 täglich etwa 50 – 60 Arbeitneh- mer zu ihren Arbeitsorten. 1958 zählte man täglich an Werktagen etwa 400 Pendler. Ein großer Teil der Bahnfahrer kam aus den Nachbardörfern. Eine Buslinie verband damals Eiterhagen mit Körle. Wegen des zunehmenden Individualverkehrs ging die Zahl der Pendler in den Folgejahren rapide zurück. 1987 Das alte Bahnhofsgebäude wurde abgerissen und durch ein modernes Stellwerk ersetzt. Gleichzeitig erfolgten die Umbauten für die heutige Haltestelle.

Nächste Station: Güterbahnhof, Bahnhofstraße Blick auf das Gasthaus „Zum Bahnhof“, rechts ist die kleine Lagerhalle. Station 23 Güterbahnhof

Schon um 1890 hatten mehrere Industriebetriebe ihr Interesse bekundet, in Körle zu bauen. So musste beispielsweise eine Anfrage der Drahtwarenfabrik Nau aus Biebesheim/Hessen vom 10.08.1905 wegen eines fehlenden Güterbahnhofs abschlägig beschieden werden. Erst nach jahrelangen zähen Verhandlungen mit der damaligen Reichsbahn erreichte die Körler Gemeindever- waltung, dass in den Jahren 1910/1911 ein Güterbahnhof in Körle gebaut wurde. An den Kosten musste sich die Gemeinde aller- dings mit 16.700 Reichsmark beteiligen. In den Folgejahren siedelten sich das Basaltwerk und ein großes Sägewerk an. Der Güterverkehr entwickelte sich rasch. Mitte der 30er Jahre wurden täglich bis zu 50 Güterwagen abgefertigt. Beladen wurden diese hauptsächlich mit Basaltprodukten aber auch mit Holz und landwirtschaftlichen Erzeugnissen. Körle war damals der wichtigste Güterbahnhof an der Strecke Kassel Bebra. Wegen der Schließung des Sägewerks und der Verlagerung des Basaltwerks zum Steinbruch verlor der Güterbahnhof zu Beginn der 80er Jahre seine Bedeutung.

Nächste Station: Sägewerk Schwaab, Nürnberger Straße/Buchenhain Blick auf das Sägewerk Schwaab, im Hintergrund ist Lobenhausen zu sehen. Station 24 Sägewerk

Im Jahre 1920 wurde auf diesem Gelände ein großes Sägewerk errichtet. Hier wurde vor allem Holz aus den Wäldern der Umgebung verarbeitet. Wegen des günstigen Bahnanschlusses konnten die Produkte auch in entfernt liegende Orte geliefert werden. Das Sägewerk war für Körle ein wichtiger Arbeitgeber. In den Jahren nach dem zweiten Weltkrieg beschäftigte das Werk über 50 Personen. Ende der 50er Jahre verlegten sich die damaligen Besitzer mehr auf den Holzhandel, und verlagerten schließlich den Betrieb nach Kassel.

Nächste Station: Basaltwerk, Mülmischtal-Grill Luftaufnahme des Basaltwerks und der Werkstätten. Angrenzend ist das Sägewerk Schwaab zu sehen und im oberen Bereich die Häuser der so genannten Siedlung. Rechts unten am Bildrand ist ein Teil des Scheunengebäudes der Körler Mühle zu sehen. (Luftbild der HAMBURGER AERO-LLOYD G.m.b.H. wahrscheinlich aus dem Jahr 1956)

Station 25 Basaltwerk Auf der gegenüberliegenden Straßenseite befindet sich das ehem. Werksgelände der „Casseler Basalt- Industrie AG.“ (CBI). Die Firma Reinbold erschloss 1890 einen Basaltsteinbruch im Bereich der Hüneburg bei Empfershausen. Produziert wurden Pflastersteine und Schrotten. Mit Pferdewagen transportierte man einen Großteil der Produkte zunächst zum Güterbahnhof in Melsungen, ab 1911 zum neu entstandenen Güterbahnhof in Körle, wo in 1913 ein eigener Gleisan- schluss zur Verladung der Basaltprodukte entstand. In der selben Zeit errichtete die Firma Reinbold im Rüdewichs Graben bei Empfershausen einen Brecher. Von dort wurden ab 1914 die Erzeug- nisse mit einer dampfbetrie- benen Feldbahn (Spurweite 600 mm) zum neuen Güter- bahnhof Körle transportiert. Die Basalt AG. Linz kaufte im Jahr 1920 von der Firma Reinbold den Steinbruch und die Werksanlagen. Als Tochterunternehmen wurde die „Casseler Basalt- Industrie AG.“ (kurz „CBI“) gegründet. Noch im gleichen Jahr begann die CBI in Körle mit dem Bau eines großen Schotterwerkes und einer Schmiede. In den Jahren 1923/24 wurde ein Kunststeinwerk gebaut. Unter der Marke „Basaltin“ wurden vor allem Platten und Bordsteine produziert, die sich wegen ihrer hohen Festigkeit am Markt behaupteten. So wur- den beispielsweise in den 1930er Jahren 500.000 qm (50 ha) schwarz gefärbter Platten 50x50x8 cm zum Ausbau des Berliner Flughafens Tempelhofer Feld ab Körle mit der Eisenbahn geliefert. In 1924 investierte die CBI in den Bau einer Seilbahn vom Steinbruch bis zum Schotterwerk. Die Feldbahn wurde abgebaut. Zu dieser Zeit arbeiteten zahlreiche Beschäftigte noch als Steinrichter direkt im Bruch. Zusammen mit den Arbeitern in Körle beschäftigt die CBI Körle etwa 300 Arbeitnehmer. Als in 1929 die Vorkommen an der Hüneburg erschöpft waren, wurde ein neuer Steinbruch am Ölberg erschlossen und die Seilbahn verlängert. Am Ölberg wurde 1948 eine Vorbrecheranlage gebaut. Man spricht vom allmählichen Hinwandern der Fertigung zu den Vorkommen. Im Steinbruch errichtete die CBI schließlich 1971 ein Schotterwerk . Das Körler Schotterwerk wurde stillgelegt, die Seilbahn abgebaut. Der Transport der Steine zum Basaltinwerk und zur Bahnverladung erfolgte mit Lastkraftwagen. Die Produktion im Basaltinwerk wird ab 1980 Zug um Zug eingestellt. Im Jahr 2010 verkaufte die CBI das gesamte Körler Werksgelände.

Nächste Station: Körler Mühle, Mühlenweg Gemälde der Mühle aus dem Jahr 1937

Station 26 Körler Mühle

Dies ist das Grundstück der ehemaligen Mühle. Das heutige Wohnhaus diente früher dem Mühlenbetrieb, auf der Rückseite befanden sich das Mühlrad und der Mühlengraben, welcher heute noch erkennbar ist.

1487 war die erste urkundliche Erwähnung der Mühle. Die Mühle gehörte dem Landgrafen und wurde in Erbleihe an fähige Müller verpachtet. Das Mühlrad wurde mit Wasser angetrieben, das man von der Nassen Mülmisch in einem etwa 1,5km langen Mühl- graben ableitete. Die Bauern aus Körle, Wollrode, Albshausen, Empfershausen, Lobenhausen und Wagenfurth mussten ihr Getreide hier mahlen lassen. Nach und nach erwarben die Müller eine größere landwirtschaftliche Nutzfläche, so dass neben der Mühle auch ein großer Bauernhof entstand. Anfang des 19. Jahr- hunderts wurde die Mühle Privatbesitz. Der Eigentümer verkaufte 1925 das Gut samt Mühle an das Reichsbahn – Sozialwerk. Der Hof versorgte die Lungenheilstätte im Melsunger Stadtwald. Die Mühle wurde nur noch für Eigenbedarf genutzt. 1952 vernichtete ein Großbrand Scheune und Wirtschafts- gebäude des Anwesens (auf dem Bild links). 1962 erwarb die „Hessische Heimat“ den Grundbesitz. Die Ackerfläche wurde an Körler Bauern verkauft. Die Basalt AG übernahm die Gebäude. Ab dem Jahr 1992 entstand oberhalb der Mühle das Baugebietes „Mühlenfeld“, im dem heute ca. 300 Menschen leben.

Nächste Station: Im Dienste der Gemeinde, Buchenhain Einmündung Eichendorffstraße Auch Schulklassen mussten sich nützlich machen. Die Kinder auf dem Bild mussten die nach der Ernte auf dem Feld verbliebenen Ähren auflesen.

Station 27 Im Dienste der Gemeinde Im 19. Jahrhundert hat die Gemeindeverwaltung mit einigen Einwohnern eine Art Beschäftigungsvertrag geschlossen. Diese Personen führten mehr oder weniger neben- beruflich bestimmte Tätigkeiten im Auftrag der Gemeinde aus. An der Spitze der Gemeinde stand zu jener Zeit ein Grebe oder auch Centgrebe genannt. Ab 1834 wurde anstelle des Greben das Amt des Bürgermeisters eingeführt. Neben ihm hatte der Gemeinderechner, damals sagte man der Rechnungsführer, ein verantwortungs- volles Amt inne. Bürgermeister und Rechner übten ihr Amt nebenberuflich aus. Den höchsten Lohn aus der Gemeindekasse erhielt der Ortsdiener, der mit zahlreichen Aufgaben betraut wurde. Weiterhin gab es einen Nachtwächter; er rief von abends 10 Uhr bis morgens drei Uhr stündlich die Uhrzeit aus. Während der Nachtstunden sorgte eine ehrenamtliche „Schleichwache“ für Sicherheit und Ordnung im Dorf. Drei Hirten gab es im Dorf, den Kuhhirten, den Schweinehirten und den Gänsehir- ten. Oft übernahmen der Kuhhirte und der Schweinehirte zusätzlich die Arbeit des Nachtwächters, um ihr kärgliches Einkommen aufzubessern. Eine wichtige Tätigkeit aus der Sicht der Bauern übte der Feldhüter aus. Er wurde nach seinem„Fleiß“ bezahlt. Neben einem Festbetrag erhielt er die Hälfte der Einnahmen aus den von der Gemeinde verhängten Feldstrafen. Der Baumgärtner pflegte die Gemeindebaum- schule und die Obstbäume an den Wegen und Plätzen in der Gemeinde. Wichtig, zumindest für die Halter von Großvieh, war der Bauer, der den Gemeindebullen und den Zuchteber in seinem Stall hielt. Auch mit ihm schloß die Gemeindeverwaltung einen Vertrag ab. In den ersten Jahrzehnten des Jahrhunderts stellte ihm die Gemeinde als „Entlohnung“ die „Ochsenwiese“ kostenlos zur Verfügung, später bekam er aus der Gemeindekasse jährlich einen festen Geldbetrag... Der Albshäuser Förster bezog ein Nebeneinkommen aus der Körler Gemeindekasse. Dafür beauf- sichtigte er den Gemeindewald und er „band das Waldgebiet ab,“ das für die Wald- hute genutzt werden durfte. Das heißt, er markierte das Waldstück, in dem die Körler das Recht hatten, ihre Kühe und Schweine weiden zu lassen. Schließlich bekam der Schulmeister regelmäßig ein geringes Entgelt für das Spielen der Kirchenorgel. Die Hebamme und der Totengräber, der gleichzeitig Leichenbeschauer war, erhielten eine Unterstützung für ihre Ausbildung. Es gab jedoch keine Verträge mit der Gemeindeverwaltung, denn diese Personen wurden im Bedarfsfalle von den betroffenen Familien bezahlt. In der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts kamen zu den seit längerem bestehen- den Gemeindediensten weitere hinzu. Ab dem Jahre 1867 gab es in Körle einen Wiesenwärter. Wie es im Vertrag heißt, hatte er in der „Wässerungsjahreszeit“ die Gemeindewiesen und die Wiesen der angeschlossenen Bauern „gehörig zu bewässern“. Während des ganzen Jahres musste er die Bewässerungs- und Entwäs- serungsgräben beaufsichtigen. Bei eventuellen Beschädigungen war sofort die Reparatur vorzunehmen. Auf Drängen der Regierung wurde in Körle eine „Lehrerin in weiblicher Handarbeit“ eingestellt. Diese unterrichtete ab dem Jahre 1868 zwar in der Schule, sie wurde jedoch von der Gemeindebehörde ausgewählt und bezahlt. Im Jahre 1874 sind in ganz Deutschland Standesämter eingeführt worden. Seit dieser Zeit hat auch Körle einen Standesbeamten. Und schließlich beschäftigte die Gemeinde um 1900 noch einen Wegewärter. Wenn die einzelnen Personen im Dienste der Gemeinde auch einen relativ geringen Lohn erhielten, so summierten sich die einzelnen Beträge letztlich doch zu einer größeren Summe, die von den Einwohnern des Dorfes aufgebracht werden musste. Einen Dorfpolizisten hatte man in Körle zu der Zeit nicht. Ähnlich wie heute kamen die Gendarmen aus Melsungen. Damals waren sie beritten. Die vielen Strafanzeigen lassen vermuten, dass sich sehr oft ein Gendarm im Dorf aufhielt, nicht nur am Tag, auch des Nachts. Nächste Station: Jahre des Schreckens und der Not, Eichendorffstraße/Ahornweg Einmarsch amerikanischer Truppen im April 1945 in der Wilhelmshöher Allee in Kassel Station 28 Jahre des Schreckens und der Not

1939 – 1945 Zweiter Weltkrieg. Die Zivilbevölkerung in Deutschland litt nicht nur unter dem Mangel an Nahrungsmitteln und Gütern aller Art, viele Familien hatten auch den Tod eines Familienangehörigen zu beklagen. Im Gegensatz zum ersten Weltkrieg (1914 – 1918) war die Zivilbevölkerung unmittelbar von Kriegshandlungen betroffen.

1944 Besonders in den beiden letzten Kriegsjahren war auch im Dorf die Härte des Krieges zu spüren. Fast alle Männer ab 18 Jahren wurden zu den Soldaten eingezogen. Nur wenige Männer, die in den sogenannten kriegswichtigen Berufen tätig waren, erhielten keine Einberufung. Diese waren meistens in der Kasseler Rüstungsindustrie beschäftigt. Sie mussten ab Mitte 1944 oft die Woche über am Arbeitsplatz übernachten, um bei Alarm mit leichten Flugabwehrgeschützen Fliegerangriffe abzuwehren. Jungen ab 15 Jahren und Männer, die für den Wehrdienst zu alt waren, wurden zum „Volkssturm“ ausgebildet. Ein letztes Aufgebot, das die Heimat verteidigen sollte. Jungen und Männer aus der Altersgruppe schick- ten ab der Mitte 1944 die NS-Behörden für mehrere Wochen an die Westgrenze abgeordnet. Der Transport erfolgte zumeist in Güterzügen, oft in Viehwagen. Sie sollten an der Grenze den sogenannten Westwall errichten. Die deutschen Frauen mussten häufig Arbeiten übernehmen, die sonst von Männern ausgeführt wurden. Im Dorf halfen jetzt Personen aus Osteuropa, vorwiegend aus Polen und den Völkern der Russischen Republik. Sie kamen zum Teil freiwillig; die meisten waren jedoch zwangsverpflichtet worden. Französische Kriegsgefangene waren eine große Hilfe auf vielen Körler Bauernhöfen. Die Kriegsgefangenen konnten sich tagsüber ohne Aufsicht im Dorf bewegen.

1944/45 Ein geordnetes Leben war im Dorf kaum noch möglich. Oft gab es mehrmals am Tag Fliegeralarm. In den Nächten mussten oft mehrere Stunden in den Schutzräumen verbracht werden.

Besonders gefürchtet waren ab Mitte 1944 die sogenannten Tiefflieger. Das waren Jagdbomber die plötzlich über dem Quillerwald auftauchten. Diese beschossen die Eisenbahnzüge und alle Fahrzeuge auf Straßen. Besonders skrupellose Bordschützen nahmen alles unter Beschuss was sich bewegte. So wurde zum Beispiel eine Körler Einwohnerin, die den Stollen beim Basaltwerk aufsuchen wollte, kurz vor dem Stolleneingang tödlich getroffen.

1945 Ostern. Schon seit Tagen hatte man im Dorf Gefechtslärm der näher kommenden Front gehört. Am Ostersonnabend (31. März) tauchten die ersten amerikanischen Spähpanzer am Rand des Quillerwaldes auf. Am späten Nachmittag und in der Nacht wurden von deutschen Soldaten die Fuldabrücken gesprengt, auch die Eisenbahnbrücken... Am Kirchturm hatte man eine weiße Fahne aufgehängt. Als auf Druck eines zufällig noch am Ostersonntag durch Körle kommenden SS Offiziers die Fahne wieder entfernt werden musste, warfen kurze Zeit später amerikanische Jagdbomber Brandbomben über dem Dorf ab. Ein Bauernhof ging in Flammen auf. Die Männer und Frauen der Feuerwehr wurden beschossen. In der Nacht zum Ostermontag fuhren endlos erscheinende Kolonnen mit Panzern und LKW´s über den Schlangenweg nach Lobenhausen und durchquerten problemlos die . Die meisten Fahrzeuge zogen durch das Mülmischtal nach Osten weiter. Amerikanische Soldaten schlichen durch Körle, lauschten an den Haustüren und kontrollierten ob noch deut- sche Soldaten im Ort waren. Ein Körler Einwohner, der kurz vor die Haustür getreten war, wurde erschossen.

1945 Sommer. Es dauerte lange bis sich das Leben im Dorf wieder etwas normalisiert hatte. Die Geschäfte konnten die auf Lebensmittelkarten zu beziehenden Waren wieder liefern. Die Telefonleitungen waren repariert worden und die Bewohner konnten sich ohne Beschrän- kung im Dorf wieder frei bewegen. Der Eisenbahnverkehr konnte in begrenztem Umfang allerdings im Herbst wieder aufgenom- men werden. Der Schulunterricht begann nach den Sommerferien.

1946 Sommer. Im Dorf kamen die Heimatvertriebenen aus dem Sudetenland an. Sie waren mit nur wenig Gepäck von Haus und Hof vertrieben und in Güterwagen mit unbekanntem Ziel nach Deutschland transportiert worden. Ebenfalls im Sommer mussten die Bewohner der Siedlung entlang der Eichendorffstraße ihre Häuser räumen. Für mehrere Wochen nahm ein Verband farbiger Soldaten hier Quartier.

Nächste Station: Die Schulen in Körle, Empfershäuser Straße/Grundschue Station 29 Die Schulen in Körle

Um 1600 hatte Körle bereits eine Dorfschule. Einer der ersten Lehrer war der Opfer- mann (Küsterlehrer) Caspar Hofmeister. Er starb 1610. Der vermutlich erste Schul- raum befand sich im Haus Mülmischtal Nr. 6 . 1696 Der Adjunctus Johannes Bettenhausen heiratete die Tochter Catharina des hiesigen Schulmeisters. Bis zum Jahre 1846 wurden Nachkommen dieses Paares Lehrer in Körle. Um 1816 erwarb die Gemeinde ein Wohnhaus in der Nähe der Kirche (heute Lutherstraße Nr. 2 ) in das die Schule umzog. 1886 Die Gemeinde ließ ein Schulhaus mit zwei Klassenräu- men und Lehrerwohnung bauen. Obwohl 140 Schülerinnen und Schüler die Schule besuchten, unterrichtete nur ein Lehrer. 1920 Die Schülerzahl war auf 178 angewachsen. Körle bekam eine dritte Lehrer -Stelle. Die Gemeinde ließ deshalb ein zweites Schul- haus mit einem Klassenraum und einer Lehrerwohnung bauen (Sonnenhang Nr. 1) 1947 Viele Heimatvertriebene und Flüchtlinge waren in Körle aufgenommen worden. Die Schülerzahl betrug nun 339 Kinder. Sieben Schulklassen wur- den von fünf Lehrkräften in drei Klassenräumen unterrichtet. 1949 Das im Jahre 1938 erbaute ehemalige Jugendheim wurde zur Schule mit vier Klassenräumen umgebaut. In den kommenden Jahren verrin- gerte sich wegen Umzugs der Eltern die Schülerzahl. 1968 Auf Anordnung des Regie- rungspräsidenten wurde die Oberstufe der Körler Schule der neu errichteten Gesamtschule Guxhagen zugeteilt. Körle behielt eine vierklassige Grundschule. 1990 Das neue Schulgebäude am Eselspfad konnte bezogen werden.

Nächste Station: Alter Gerichtsplatz, Steinweg/Am Stein Station 30 Alter Gerichtsplatz

Die alte Flurbezeichnung „Uffm Stein“ wird schon in Urkunden aus der Zeit um 1550 erwähnt. Sie weist weniger auf einen steinigen Acker hin, als auf den Ort, wo das ehemalige Körler Gericht tagte. Hier gab es seit 1260 über mehrere Jahrhunderte ein Rügege- richt, dem auch die Dörfer Wollrode, Albshausen, Empfershausen, Lobenhausen und Wagenfurth zugeordnet waren.

Kopie aus dem Salbuch von 1575 (Staatsarchiv Marburg)

Frei übertragen lautet der Text: “Das Dorf steht Majestät, Fürst und Herrn zu (dem Landgrafen in Kassel) mit aller Hoheit, Herrlichkeit und Gerechtigkeit. Werden von den Amtsknechten (den land- grafischen Beamten) im Jahr zwei Gerichte da gehalten. Eins zu Walpurgis, das andere zu Michaelis; und zahlt der Landgraf den Amtsknechten und Schöffen die Mahlzei- ten. Zu dem Körler Gericht müssen auch die Dörfer Wollrode, Albshausen, Wagen- furth, Lobenhausen und Empfershausen gehen.“

Nach anderen Quellen kamen die Beamten aus Melsungen, die Schöffen waren aus Körle.

Ziel: Lindenplatz