Abtauchen im Mekka moderner Architektur präsentiert fünf Designmuseen von internationalem Rang – Länderübergreifender Verbund – -Campus als Karrieresprungbrett

Von Alexandra Kolbeck schien am Verzweifeln. Zwar fanden gleich auf deutscher Seite – als Flaggschiff an- ihre kühnen Entwürfe international Gefallen, doch führt. Daneben gehören das Kunstmuseum Basel, für deren Umsetzung fehlte den Bauherren das „Schaulager“ und das Museum Tinguely dem knapp 20 Jahre lang der Mut. Bis in den frühen länderübergreifenden Zusammenschluss an. Au- 1990ern Rolf Fehlbaum auf die Londoner Archi- ßerdem die Fondation Beyeler in Riehen, die ne- tektin irakischer Abstammung aufmerksam wur- ben der Sammlung des Kunsthändler-Ehepaars de. Schlagartig beendete der Geschäftsführer des Ernst und Hildy Beyeler mehrmals jährlich wech- Schweizer Wohn- und Büromöbelherstellers Vitra selnde Ausstellungen auf höchstem internationa- die Durststrecke in der Karriere Zaha Hadids – len Niveau präsentiert und damit 400.000 Besu- und verhalf der mittlerweile 43-Jährigen zum glo- cher in den von Renzo Piano erbauten Muse- balen Durchbruch: Mit der Feuerwache auf dem umskomplex lockt. Ein Gesamtkunstwerk der Die Feuerwache auf dem Vitra-Firmencampus gilt Vitra-Campus in Weil am Rhein durfte die Archi- verrückten Art stellt das Museum Tinguely dar. als Karrieresprungbrett für Zaha Hadid. Heute tektin ihren ersten Entwurf realisieren und ihr Das Gebäude, vom Tessiner Architekten Mario sind die Architektin und ihre Bauten weltberühmt. ­dekonstruktivistisches Bauwerk neben den Botta aus rosa Sandstein direkt am Rheinufer er- ­Gebäuden weiterer internationaler Architek- richtet, beherbergt die größte Werksammlung tur-Ikonen platzieren. Jean Tinguelys (1925–1991). Die Dauerausstel- So findet sich auf dem Vitra-Firmencampus, der lung zeigt eine vier Jahrzehnte umfassende Re- auf deutscher Seite unmittelbar an die Schweizer trospektive des wohl innovativsten und wichtigs- Kantonsstadt Basel angrenzt und sich elegant in ten Schweizer Künstlers des 20. Jahrhunderts – einen Kirschbaum-Hain schmiegt, eine Reihe von motorbetriebenen Reliefs bis hin zu namhafter Baumeister: Der Amerikaner Frank monumentalen Maschinenskulpturen. Weit weni- Gehry zum Beispiel. Ihn engagierte Rolf Fehlbaum ger extravagant, aber an Qualität nicht minder zur Realisierung des unternehmenseigenen De- wertig, präsentiert sich das Kunstmuseum Basel signmuseums und verschaffte dem Architekten im Herzen der Stadt. Mit Malereien und Zeichnun- damit sein europäisches Debüt. Oder Tadao An- gen oberrheinischer Künstler von 1400 bis 1600 „Unmittelbar am Rheinufer thront Mario Bottas do. Der Japaner verwirklichte auf dem Vitra-Ge- sowie Werken des 19. bis 21. Jahrhunderts hält beeindruckendes Tinguely-Museum aus rosa lände ein Konferenz- und Tagungszentrum, das das Haus dem internationalen Vergleich mehr als Sandstein.“ Beton, Holz, Licht, Raum und Natur in architekto- stand, zumal es in der Kunst des 20. Jahrhun- nisch bis dato einzigartiger Weise vereinte. derts seinen Schwerpunkt auf den Kubismus, den Richard Buckminster Fuller hinterließ seine Hand- deutschen Expressionismus und amerikanische schrift in Form einer riesigen geodätischen Kup- Arbeiten seit 1950 legt. pel, Jean Prouvé vermachte dem Campus eine Eine völlig neue Art von Raum für Kunst reprä- Tankstelle aus den 1950er Jahren, Nicholas sentiert Basels jüngste Kulturinstitution, das Grimshaw und Álvaro Siza­ gestalteten futuristi- „Schaulager“. In dem pragmatischen Gebäudepo- sche Produktionshallen – und das Basler Büro lygon der Architekten Herzog & de Meuron be- Herzog & de Meuron setzte dem Gelände mit grüßen raumfüllende Polyester-Ratten den Gast – dem kompliziert verschachtelten Vitra-Haus und fordern ihn beinahe bedrohend auf, Kunst 2010 die Krone auf. doch einmal aus anderer Perspektive zu betrach- ten. So gilt das „Schaulager“ nicht als Museum im „Der Vitra-Campus ist eine weltweit einzigartige klassischen Sinn, sondern vielmehr als Institution, Gesamtschau zeitgenössischer Architektur, deren die sich dem Umgang mit zeitgenössischer Bauten in herbem Kontrast zueinander stehen Kunst, ihrer Konservierung, Erforschung und Ver- und gleichsam harmonisch miteinander kommu- mittlung widmet. Und damit an das Kulturleitbild nizieren“, erzählt Alice Panzer, Managerin der Basels anknüpft: Bis 2017 nämlich will Kan-

Kunst & Design Museen Basel. Seit gut zwei Jah- tons-Präsident Guy Morin die lebendige und dy- Kolbeck Fotos: ren organisiert sie den Verbund fünf hochkaräti- namische kulturelle Atmosphäre Basels noch wei- Aus mehreren ineinander verschachtelten ger musealer Einrichtungen in der drittgrößten ter vorantreiben und die Schweizer Kultur- und ­Quadern kreierte das Basler Büro Herzog & Stadt der Schweiz, den das Vitra-Gelände – wenn- Architekturhauptstadt in ganz Europa bewerben. de Meuron 2010 das Vitra-Haus.

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