Genius Im Blut
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2 SWR2 Tandem - Manuskriptdienst Genius im Blut Musikerväter und Söhne Autorin: Christiane Rebmann Redaktion: Bettina Stender Sprecher: Peter Binder Sendung: Freitag, 13.11.15 um 19.20 Uhr in SWR2 __________________________________________________________________ Bitte beachten Sie: Das Manuskript ist ausschließlich zum persönlichen, privaten Gebrauch bestimmt. Jede weitere Vervielfältigung und Verbreitung bedarf der ausdrücklichen Genehmigung des Urhebers bzw. des SWR. SWR2 Tandem können Sie auch als Live-Stream hören im SWR2 Webradio unter www.swr2.de oder als Podcast nachhören: http://www1.swr.de/podcast/xml/swr2/tandem.xml Kennen Sie schon das neue Serviceangebot des Kulturradios SWR2? Mit der SWR2 Kulturkarte können Sie zu ermäßigten Eintrittspreisen Veranstaltungen des SWR2 und seiner vielen Kulturpartner im Sendegebiet besuchen. Mit dem Infoheft SWR2 Kulturservice sind Sie stets über SWR2 und die zahlreichen Veranstaltungen im SWR2-Kulturpartner-Netz informiert. 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Fest steht: Es kommt immer wieder vor, dass Musikerväter erfolgreiche Musikersöhne haben. Ob das nun vererbtes Talent ist oder ob die Musikalität eher damit zu tun hat, dass die Söhne in einer Umgebung aufwuchsen, in der ständig Musik eine sehr wichtige Rolle spielte, ist schwer zu sagen. Der kanadische Musiker Rufus Wainwright ist der Meinung, dass das Talent genetisch bedingt ist. Sein Vater Loudon Wainwright gehört zu den Singer Songwriter Legenden der USA. O-Ton Ich bin mit diesem genetischen Dschungel gesegnet, der mich umgibt. Mein Vater ist eines der wichtigsten überlebenden Exemplare der Troubadour Songwriter Spezies aus den 70er Jahren. Er ist sich und seiner Vision und seiner Gitarre immer treu geblieben. Er ist nie Kompromisse eingegangen. Und ich halte das für etwas sehr Wertvolles. Er hat auch auf der Bühne etwas sehr Eigenes. Auf eine Art sehe ich meinen Vater wie einen modernen Woodie Guthrie. Obwohl er nicht über dieselben Themen singt. Aber in seinen Songs geht es um das richtige Leben und die Kämpfe, die man darin durchzustehen hat. Und er bringt das auf eine sehr realistische Art rüber. Aber auch auf eine witzige Art. Rufus kommt aus einer Familie mit Künstlertradition. O-Ton Ich muss sagen, dass ich mich meiner Erziehung schon sehr verpflichtet fühle. Mein Großvater väterlicherseits war Journalist. Er hat für das renommierte amerikanische Life Magazine gearbeitet. Er ist mit Richard Nixon nach China gereist und war mit im Zimmer, als Bobby Kennedy erschossen wurde. Er war Journalist mit ganzem Herzen und wusste, wie man schreibt. 2 Mein Vater ist auch ein großartiger Schreiber. In unserem Haus wurden das Wort und die Fähigkeit zu schreiben immer sehr hoch gehalten. Mir fällt es ja schon schwer, eine einfache Email zu schreiben. Ich möchte sie am liebsten durchkomponieren. Eine Email ist wie ein Song für mich. Ich überarbeite sie immer wieder. Auch wenn ich nur sagen will: „Übrigens stehen meine Turnschuhe im Schrank“. Die Sätze sollten sich zumindest reimen. Allerdings musste die Vater-Sohn Beziehung auch einiges aushalten. Einer der Songs, die Loudon Wainwright seinem Sohn im Säuglingsalter widmete und auch später immer wieder öffentlich aufführte, heißt „Rufus is a tit man“. Loudon beschwert sich darin, dass sein Sohn im Alter von knapp drei Jahren immer noch gestillt wurde. 2. Song: Loudon Wainwright / Rufus is a titman Rufus Wainwright ist ein gutes Beispiel für einen Künstler, der sich gegen seinen übermächtigen Vater aufgelehnt hat und damit sehr gut fährt. Er wuchs bei seiner Mutter, der ebenfalls sehr erfolgreichen und mittlerweile verstorbenen Musikerin Kate McCarrigle auf. Er hörte schon als Kind lieber klassische Musik als Pop und Rock. Und gleich am Anfang seiner Karriere machte er klar: Mein Herz schlägt für Opern von Verdi und Musicals mit Fred Astaire. 1997 wurde er vom Dreamworks Chef David Geffen entdeckt. Seitdem gehört der mittlerweile 42jährige mit seiner Mischung aus Pop, Oper, Vaudeville und klassischen Elementen zu einer der schillerndsten Figuren der Musikszene. Seine Homosexualität thematisiert er in Songs wie „Gay Messiah“, der aus dem Jahr 2005 stammt und wohl auch als kleiner Seitenhieb gegen seinen Vater zu verstehen ist. Andererseits präsentierte er sich hier auch ungewöhnlich politisch – und machte es damit seinem Vater nach. O-Ton Der Song Gay Messiah ist wie ein Geschenk, das von irgendwo kommt. Ich würde nicht unbedingt sagen, es ist ein Geschenk Gottes. Aber wer weiß. Der Song war ursprünglich als Witz gedacht. Ich wollte einen Song in dem Stil schreiben, in dem mein Vater manchmal schreibt. So einen satirischen, ironischen witzigen Song. Aber sowie ich ihn live spielte, reagierten die Leute sehr positiv darauf. Sie fanden ihn richtig gut. Ich sang ihn am Anfang viel witziger, als in der Albumversion. Eher mit einem Lachen in der Stimme. Bis ein Freund zu mir sagte: „Das ist wirklich ein wunderschöner Song. Und du solltest ihn auch als sehr schönen Song singen. Du machst ihn doch nur kaputt, wenn du so tust, als sei er witzig.“ Also sang ich ihn ernsthafter. Und als die Wahlen auf Amerika zurollten und das mit den ganzen heftigen Kommentaren und Lobbyistenaktivitäten los ging, da gerieten ja vor allem die Homosexuellen in die Schusslinie. Man verbot die Schwulenehe, um sich zu profilieren. Die zehn Gebote wurden hervorgeholt, Und dann wurde auch noch Mel Gibsons „Passion of the Christ“ zum größten Film aller Zeiten gekürt. In dieser Zeit repräsentierte der Song „Gay Messiah“ für viele der Menschen, die sich durch diese ganzen Aktivitäten bedroht fühlten, etwas ganz besonderes. Ich benutzte den Song, um den Leuten zu sagen, dass sie wählen gehen sollten. 3 3. Song: Gay Messiah Heute treten Vater und Sohn ab und zu gemeinsam auf. Aber für das Album „Release the Stars“ hatte Wainwright 2007 noch Loudons Altersgenossen Richard Thompson als Gitarristen angeheuert und nicht seinen Vater. O-Ton Ich heuerte Teddy Thompsons Vater an, weil ich glaube, dass er einer der besten lebenden Gitarristen ist. Außerdem war mir klar, dass er nicht so viel Geld nehmen würde wie mein Vater. Nein, das war ein Witz. Das ist nur ein Witz, Papa. Mein Vater würde es umsonst machen.. Mein Vater und ich haben vor einiger Zeit zusammen gesungen. Es hat mir Angst gemacht, weil wir so unterschiedlich klingen. Er klingt viel jünger als ich. Ich habe diese alte, tiefe Stimme, die ein wenig lebensmüde klingt. Er klingt wie ein Teenager. Es ist, als hätten wir die Rollen getauscht. 4. Song: Rufus und Loudon Wainwright / My mother, my sweetheart 5. Song: Bryan Ferry / Loop de Li “Loop de Li” aus Bryan Ferrys aktuellem Album „Avonmore“. Der britische Musiker wurde bei den Aufnahmen zu diesem Werk von seinem Sohn Tara am Schlagzeug begleitet. Der 25jährige ist inzwischen ein wichtiger Bestandteil der Band seines legendären international erfolgreichen Vaters. Beim ehemaligen Roxy Musik Chef spielte sicher auch eine Rolle, dass in seinem Hause dauernd Musik lief, als seine vier Söhne aufwuchsen. Als Ferry 2007 sein Album „Dylanesque“ mit Coverversionen von Bob Dylan Kompositionen veröffentlichte, erzählte er mir im Interview: Meine Söhne hören gern Bob Dylan. O-Ton Meine beiden jüngeren Söhne haben die gesamte Dylan Kollektion auf ihren IPods. Und zwar ohne, dass ich es ihnen nahe gelegt hätte. Meine Kinder haben alle einen ähnlichen Geschmack wie ich. Einen sehr ähnlichen Geschmack. Das ist außergewöhnlich. Das hat nichts mit mir zu tun. Das ist Zufall. 6. Song: Ferry / All Along the watchtower Mag sein, dass er sie nicht aufgefordert hatte, Dylan zu hören. Aber der damals 62jährige hatte sich zu der Zeit ausgiebig mit der Musik seines Kollegen beschäftigt. Und seine Sprösslinge waren auch begeistert von den Versionen ihres Vaters. O-Ton Ja, zum Glück. Zum Glück für sie und für mich, ((lacht)). Und wenn das nicht so wäre, würden sie es mir nicht erzählen. Sie wissen ja, was gut für sie ist. 4 Was das Lernen betrifft, ist das Verhältnis zwischen Vätern und Söhnen meist keine Einbahnstraße. Nicht nur die Söhne lernen von den Vätern, auch umgekehrt profitieren die Väter häufig davon, dass das Technikwissen ihrer Söhne auf dem neueren Stand ist als ihr eigenes. Nicht alle Väter sind allerdings lernwillig. Das mussten Ferrys Söhne feststellen. als sie ihm vor einigen Jahren einen iPod schenkten. O-Ton Ja, aber ich hör nie Musik drauf. Ich habe es aufgegeben. Ich habe ihn jetzt auch nicht dabei. Ich habe ein oder zwei CD’s dabei. Aber ich suche immer noch nach einem CD-Player, in den ich sie schieben könnte. Ich stell mich ziemlich dumm an. Ich sträube mich irgendwie dagegen. Ich mag es lieber, wenn sich jemand anders für mich um die neuen Technologien kümmert. Ich stehe mit ihnen auf Kriegsfuß. Ich denke ich habe Glück, dass ich zu der Zeit geboren wurde, als ich geboren wurde. Ich habe eine bessere Welt gesehen, eine viel langsamere Welt. Damals waren Dinge wie dies Handy hier noch nicht erfunden. Bryan Ferry und seine Söhne waren schon immer eng miteinander verbunden. Die Beziehung zwischen ihnen wurde noch intensiver, als Ferrys Ehe 2003 geschieden wurde und sich Ferrys Ex mit einem Partner zusammentat, der in der britischen Society als – gelinde gesagt - schillernd und politisch sehr rechtslastig gilt.