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SWR2 Tandem - Manuskriptdienst

Genius im Blut

Musikerväter und Söhne

Autorin: Christiane Rebmann Redaktion: Bettina Stender Sprecher: Peter Binder

Sendung: Freitag, 13.11.15 um 19.20 Uhr in SWR2

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Bitte beachten Sie: Das Manuskript ist ausschließlich zum persönlichen, privaten Gebrauch bestimmt. Jede weitere Vervielfältigung und Verbreitung bedarf der ausdrücklichen Genehmigung des Urhebers bzw. des SWR.

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MANUSKRIPT

Zak Starkey, der Sohn von Ringo Starr, spielt erfolgreich Schlagzeug wie sein Vater. Auch Bryan Ferrys Sohn Tara reüssierte als Drummer. James McCartney hingegen kommt als Musiker aus dem Schatten seines Vaters Paul McCartney nicht heraus. , Sohn der Folk Legende Loudon Wainwright, versucht sich gar nicht erst in dessen Genre. Er bewegt sich lieber im Grenzbereich zwischen Pop und Oper. Aviv Geffen, Nachkomme des israelischen Künstlers Jonathan Geffen, lehnt sich mit seiner Musik gegen seinen Vater auf.

Genius im Blut? Musikersöhne und ihre Väter - Eine Sendung von und mit Christiane Rebmann

1. Song: Rufus Wainwright /

Zwar gibt es immer wieder Diskussionen darüber, ob musikalisches Talent vererbt wird – zuletzt gerade meldete die „Zeit“, eine neue Untersuchung habe keine klaren Ergebnisse hervorgebracht. Fest steht: Es kommt immer wieder vor, dass Musikerväter erfolgreiche Musikersöhne haben. Ob das nun vererbtes Talent ist oder ob die Musikalität eher damit zu tun hat, dass die Söhne in einer Umgebung aufwuchsen, in der ständig Musik eine sehr wichtige Rolle spielte, ist schwer zu sagen.

Der kanadische Musiker Rufus Wainwright ist der Meinung, dass das Talent genetisch bedingt ist. Sein Vater Loudon Wainwright gehört zu den Singer Songwriter Legenden der USA.

O-Ton Ich bin mit diesem genetischen Dschungel gesegnet, der mich umgibt. Mein Vater ist eines der wichtigsten überlebenden Exemplare der Troubadour Songwriter Spezies aus den 70er Jahren. Er ist sich und seiner Vision und seiner Gitarre immer treu geblieben. Er ist nie Kompromisse eingegangen. Und ich halte das für etwas sehr Wertvolles. Er hat auch auf der Bühne etwas sehr Eigenes. Auf eine Art sehe ich meinen Vater wie einen modernen Woodie Guthrie. Obwohl er nicht über dieselben Themen singt. Aber in seinen Songs geht es um das richtige Leben und die Kämpfe, die man darin durchzustehen hat. Und er bringt das auf eine sehr realistische Art rüber. Aber auch auf eine witzige Art.

Rufus kommt aus einer Familie mit Künstlertradition.

O-Ton Ich muss sagen, dass ich mich meiner Erziehung schon sehr verpflichtet fühle. Mein Großvater väterlicherseits war Journalist. Er hat für das renommierte amerikanische Life Magazine gearbeitet. Er ist mit Richard Nixon nach China gereist und war mit im Zimmer, als Bobby Kennedy erschossen wurde. Er war Journalist mit ganzem Herzen und wusste, wie man schreibt.

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Mein Vater ist auch ein großartiger Schreiber. In unserem Haus wurden das Wort und die Fähigkeit zu schreiben immer sehr hoch gehalten. Mir fällt es ja schon schwer, eine einfache Email zu schreiben. Ich möchte sie am liebsten durchkomponieren. Eine Email ist wie ein Song für mich. Ich überarbeite sie immer wieder. Auch wenn ich nur sagen will: „Übrigens stehen meine Turnschuhe im Schrank“. Die Sätze sollten sich zumindest reimen.

Allerdings musste die Vater-Sohn Beziehung auch einiges aushalten. Einer der Songs, die Loudon Wainwright seinem Sohn im Säuglingsalter widmete und auch später immer wieder öffentlich aufführte, heißt „Rufus is a tit man“. Loudon beschwert sich darin, dass sein Sohn im Alter von knapp drei Jahren immer noch gestillt wurde.

2. Song: Loudon Wainwright / Rufus is a titman

Rufus Wainwright ist ein gutes Beispiel für einen Künstler, der sich gegen seinen übermächtigen Vater aufgelehnt hat und damit sehr gut fährt. Er wuchs bei seiner Mutter, der ebenfalls sehr erfolgreichen und mittlerweile verstorbenen Musikerin Kate McCarrigle auf. Er hörte schon als Kind lieber klassische Musik als Pop und Rock. Und gleich am Anfang seiner Karriere machte er klar: Mein Herz schlägt für Opern von Verdi und Musicals mit Fred Astaire. 1997 wurde er vom Dreamworks Chef David Geffen entdeckt. Seitdem gehört der mittlerweile 42jährige mit seiner Mischung aus Pop, Oper, Vaudeville und klassischen Elementen zu einer der schillerndsten Figuren der Musikszene.

Seine Homosexualität thematisiert er in Songs wie „Gay Messiah“, der aus dem Jahr 2005 stammt und wohl auch als kleiner Seitenhieb gegen seinen Vater zu verstehen ist. Andererseits präsentierte er sich hier auch ungewöhnlich politisch – und machte es damit seinem Vater nach.

O-Ton Der Song Gay Messiah ist wie ein Geschenk, das von irgendwo kommt. Ich würde nicht unbedingt sagen, es ist ein Geschenk Gottes. Aber wer weiß. Der Song war ursprünglich als Witz gedacht. Ich wollte einen Song in dem Stil schreiben, in dem mein Vater manchmal schreibt. So einen satirischen, ironischen witzigen Song. Aber sowie ich ihn live spielte, reagierten die Leute sehr positiv darauf. Sie fanden ihn richtig gut. Ich sang ihn am Anfang viel witziger, als in der Albumversion. Eher mit einem Lachen in der Stimme. Bis ein Freund zu mir sagte: „Das ist wirklich ein wunderschöner Song. Und du solltest ihn auch als sehr schönen Song singen. Du machst ihn doch nur kaputt, wenn du so tust, als sei er witzig.“ Also sang ich ihn ernsthafter. Und als die Wahlen auf Amerika zurollten und das mit den ganzen heftigen Kommentaren und Lobbyistenaktivitäten los ging, da gerieten ja vor allem die Homosexuellen in die Schusslinie. Man verbot die Schwulenehe, um sich zu profilieren. Die zehn Gebote wurden hervorgeholt, Und dann wurde auch noch Mel Gibsons „Passion of the Christ“ zum größten Film aller Zeiten gekürt. In dieser Zeit repräsentierte der Song „Gay Messiah“ für viele der Menschen, die sich durch diese ganzen Aktivitäten bedroht fühlten, etwas ganz besonderes. Ich benutzte den Song, um den Leuten zu sagen, dass sie wählen gehen sollten.

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3. Song: Gay Messiah

Heute treten Vater und Sohn ab und zu gemeinsam auf. Aber für das Album „“ hatte Wainwright 2007 noch Loudons Altersgenossen Richard Thompson als Gitarristen angeheuert und nicht seinen Vater.

O-Ton Ich heuerte Teddy Thompsons Vater an, weil ich glaube, dass er einer der besten lebenden Gitarristen ist. Außerdem war mir klar, dass er nicht so viel Geld nehmen würde wie mein Vater. Nein, das war ein Witz. Das ist nur ein Witz, Papa. Mein Vater würde es umsonst machen.. Mein Vater und ich haben vor einiger Zeit zusammen gesungen. Es hat mir Angst gemacht, weil wir so unterschiedlich klingen. Er klingt viel jünger als ich. Ich habe diese alte, tiefe Stimme, die ein wenig lebensmüde klingt. Er klingt wie ein Teenager. Es ist, als hätten wir die Rollen getauscht.

4. Song: Rufus und Loudon Wainwright / My mother, my sweetheart

5. Song: / Loop de Li

“Loop de Li” aus Bryan Ferrys aktuellem Album „Avonmore“. Der britische Musiker wurde bei den Aufnahmen zu diesem Werk von seinem Sohn Tara am Schlagzeug begleitet. Der 25jährige ist inzwischen ein wichtiger Bestandteil der Band seines legendären international erfolgreichen Vaters. Beim ehemaligen Roxy Musik Chef spielte sicher auch eine Rolle, dass in seinem Hause dauernd Musik lief, als seine vier Söhne aufwuchsen. Als Ferry 2007 sein Album „“ mit Coverversionen von Kompositionen veröffentlichte, erzählte er mir im Interview: Meine Söhne hören gern Bob Dylan.

O-Ton Meine beiden jüngeren Söhne haben die gesamte Dylan Kollektion auf ihren IPods. Und zwar ohne, dass ich es ihnen nahe gelegt hätte. Meine Kinder haben alle einen ähnlichen Geschmack wie ich. Einen sehr ähnlichen Geschmack. Das ist außergewöhnlich. Das hat nichts mit mir zu tun. Das ist Zufall.

6. Song: Ferry /

Mag sein, dass er sie nicht aufgefordert hatte, Dylan zu hören. Aber der damals 62jährige hatte sich zu der Zeit ausgiebig mit der Musik seines Kollegen beschäftigt. Und seine Sprösslinge waren auch begeistert von den Versionen ihres Vaters.

O-Ton Ja, zum Glück. Zum Glück für sie und für mich, ((lacht)). Und wenn das nicht so wäre, würden sie es mir nicht erzählen. Sie wissen ja, was gut für sie ist.

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Was das Lernen betrifft, ist das Verhältnis zwischen Vätern und Söhnen meist keine Einbahnstraße. Nicht nur die Söhne lernen von den Vätern, auch umgekehrt profitieren die Väter häufig davon, dass das Technikwissen ihrer Söhne auf dem neueren Stand ist als ihr eigenes. Nicht alle Väter sind allerdings lernwillig. Das mussten Ferrys Söhne feststellen. als sie ihm vor einigen Jahren einen iPod schenkten.

O-Ton Ja, aber ich hör nie Musik drauf. Ich habe es aufgegeben. Ich habe ihn jetzt auch nicht dabei. Ich habe ein oder zwei CD’s dabei. Aber ich suche immer noch nach einem CD-Player, in den ich sie schieben könnte. Ich stell mich ziemlich dumm an. Ich sträube mich irgendwie dagegen. Ich mag es lieber, wenn sich jemand anders für mich um die neuen Technologien kümmert. Ich stehe mit ihnen auf Kriegsfuß. Ich denke ich habe Glück, dass ich zu der Zeit geboren wurde, als ich geboren wurde. Ich habe eine bessere Welt gesehen, eine viel langsamere Welt. Damals waren Dinge wie dies Handy hier noch nicht erfunden.

Bryan Ferry und seine Söhne waren schon immer eng miteinander verbunden. Die Beziehung zwischen ihnen wurde noch intensiver, als Ferrys Ehe 2003 geschieden wurde und sich Ferrys Ex mit einem Partner zusammentat, der in der britischen Society als – gelinde gesagt - schillernd und politisch sehr rechtslastig gilt. Ein bisschen zu weit für den Geschmack des Rests der Familie. Dabei hat Bryan Ferry durchaus Traditionsbewusstsein und auch immer darauf geachtet, dass er das an seine Söhne weitergibt.

O-Ton Ich denke, dass sie eine ungewöhnliche Erziehung hatten, weil ich ja aus dem Norden Englands komme, aus der Arbeiterklasse. Und ich glaube, dieser Hintergrund ist ihnen sehr bewusst. Sie unterstützen sogar den Fußballverein meiner Heimatstadt Newcastle. Und zwar mit mehr Leidenschaft als ich. Das ist interessant. Ich wünschte, sie hätten mehr Kontakt zu meinen Eltern gehabt. Die sind ja leider inzwischen gestorben. Meine Mutter hat noch alle 4 erlebt. Mein Vater nur meinen ersten Sohn. Ich spreche mit ihnen immer wieder über sie. Sie hören sich gern die Geschichten aus den alten Tagen an.

Vielleicht hängt es mit der dysfunktionalen Ehe ihrer Eltern zusammen, dass sich die Ferry Söhne nicht – wie sonst in bestimmten Entwicklungsstufen üblich - gegen ihren Vater auflehnten. Sohn Otis beispielweise hatte die Traditionsliebe seines Vaters so verinnerlicht, dass er sich im Kampf gegen das Verbot der Fuchsjagd mit der Staatsgewalt anlegte und im Gefängnis landete.

O-Ton Die Fuchsjagd ist ein Beispiel dafür, dass die Regierung in England nichts vom Landleben versteht, weil sie viel zu urban ist. Es ist nicht in Ordnung, dass Menschen über eine Sache entscheiden, von der sie gar nichts verstehen. Ich spreche hier natürlich für meinen Sohn, der weitab auf dem Land wohnt, wo die Menschen Gebräuche und Traditionen pflegen, die anders sind als die der Menschen in der modernen Stadt. Man sollte ihnen erlauben, so zu leben, wie sie es wollen.

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Das Verhältnis zwischen den beiden Ferry Generationen wurde schwieriger, als sich der Vater seine Partnerinnen aus dem Freundeskreis seiner Söhne holte. Ferry äußerte Verständnis dafür, dass sie genervt waren.

O-Ton Klar waren sie das. Meine Freundin wollte diese Beziehung eigentlich auch gar nicht. Und ich wollte sie auch nicht. Es ist ja immer schwierig für Kinder, wenn sie neue Menschen in ihrem Leben akzeptieren müssen, Menschen, die ihren Eltern nahe stehen. Das muss schrecklich sein. Ich selbst habe das nie erlebt.

An der freundschaftlichen Beziehung zwischen Vater und Sprösslingen hat das nichts geändert. Bryan Ferry beneidet seine Söhne manchmal um ihre Haltung zum Leben.

O-Ton Sie nehmen alles viel leichter als ich. Sie sind sehr entspannt. Das hängt aber vielleicht auch mit ihrer Schulbildung zusammen. Wir haben immer viel Spaß, wenn wir zusammen sind. Aber ich bin lieber einzeln mit ihnen zusammen. Sonst ist der Testosteronpegel zu hoch. Ich gehe gern mit ihnen ins Museum. Ich finde es interessant, was sie alles sehen. Und sie haben ein gutes Ohr für Musik.

Ihr Gehör für Musik ist so gut, dass sich Ferry schon im Jahr 2010 bei den Aufnahmen zu seinem Album „Olympia“ auch auf Tara und Isaac verließ. Und so kam es, dass Tara zeitweise neben Legenden wie dem Gitarristen Dave Gilmour Musik machen durfte.

O-Ton Tara spielt den Hauptteil der Drumparts, gemeinsam mit , der quasi der Lehrer meines Sohnes ist. Und neben Dave, der auch einer meiner Helden ist. Ja, und mein Sohn Isaac hat sich als Organisationstalent herausgestellt. Er ist jetzt sowas wie meine rechte Hand. Und er hat die Studioaufnahmen gefilmt. Gerade von ihm hätte ich das am wenigsten erwartet.

Tara und oft auch Isaac sind meist dabei, wenn Ferry auf Tournee ist. Stört es ihn nicht, dauernd unter Beobachtung durch seine engsten Familienmitglieder zu stehen?

O-Ton Ach, ich habe mich daran gewöhnt. Ich werde ja eh immer beobachtet, egal, ob ich ins Restaurant gehe oder im Zug sitze. Ich werde von wildfremden Menschen beobachtet, die ich nicht kenne, die aber mich kennen. Für jemand, der so schüchtern ist wie ich, ist das ein Albtraum. Ich bin lieber in der Rolle des Beobachters.

7. Song: Ferry / Me oh my

8. Song: Ringo Starr / Liverpool 8

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Auch , der Sohn des Ex Beatles Drummers Ringo Starr mit dessen erster Frau Maureen Starkey, ist Drummer. Er bekam mit acht ein Drumkit vom mittlerweile verstorbenen The Who Drummer Keith Moon geschenkt. Und von da an war klar: Er wollte auch Schlagzeuger werden. Inzwischen ist der 50jährige immer wieder mit The Who und auch mit Oasis auf Tour. Was empfindet der 75jährige Ringo, wenn er seinen Sohn auf der Bühne sieht?

O-Ton Es ist schon ein tolles Gefühl, wenn der eigene Sohn Arbeit hat – als Schlagzeuger. Er ist ein brillanter Drummer. Er hat seinen ganz eigenen Stil. Das Interessante ist: als er klein war, fand er die Beatles so ganz okay. Aber The Who, die fand er richtig klasse. Dass sein Vater bei den Beatles war, hieß ja noch lange nicht, dass er die Beatles lieben musste. Sein Traum ist also wahr geworden. Er liebt es, mit Pete Townshend aufzutreten und mit The Who zu spielen. Er hat mit Oasis gespielt. Er hat immer zu tun. Er ist einfach ein brillanter Drummer, ein brillanter Musiker. Das ist immer Teil seines Lebens gewesen. Ich habe ihn ja ein paar Mal in meiner All Star Band spielen lassen. Es gibt nichts Besseres, als wenn man auf der Bühne sitzt und rüber guckt zum zweiten Drummer, und das ist der eigene Sohn!

Zak bleibt entspannt, wenn er weiß, dass sein Vater im Publikum steht. Nervosität kommt bei solchen Gelegenheiten bei beiden nicht auf, versichert Ringo.

O-Ton Darüber sind wir lange weg. Wir haben uns daran gewöhnt. Er ist es gewohnt, dass sein Vater kommt und sich seine Band ansieht. Und ich habe mich dran gewöhnt, dass er kommt und sich meine Band ansieht.

9. Song: The Who / Won’t get fooled again (live)

10. Song: Paul McCartney / Run Devil Run

„Run Devil Run“ aus Paul McCartneys gleichnamigem Album von 1999. Sein damals 22jähriger Sohn James war dabei, als sich der Vater den Titel ausdachte. Im Interview erzählte Paul McCartney:

„Ich lief mit James durch das Schwarzenviertel von Atlanta, durch den funky Teil der Stadt. Wir kamen an einem Voodoo Laden vorbei. Im Schaufenster lagen Badezusätze, die angeblich den Teufel fernhalten sollten. Und wir sagten: "Wow, wie abgefahren!" Einer dieser Badezusätze hieß Run Devil Run. Und ich sagte: „Das ist doch ein toller Titel für einen Rock'n'Roll Song.“

Eine typische McCartney Familienszene. James McCartney war es von klein auf an gewohnt, dass alles, was in seinem Alltag geschah, irgendwie mit Musik zu tun hatte. Er verbrachte die ersten drei Jahre seines Lebens mit seinen Eltern Paul und Linda McCartney und der Band The Wings auf Tournee. Er wuchs mit Musik auf. Er spielte auch auf einigen Alben seines Vaters mit, unter anderem auf „“ und „“, für das er im Song „Heaven on a Sunday“ ein Gitarrensolo beisteuerte.

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11. Song: Paul McCartney / Heaven on a Sunday

Als Paul McCartney einige Zeit nach Linda McCartneys Tod eine zweite Ehe einging, überwarf sich der Sohn, der ein wenig aussieht wie die blonde, etwas pummelige Version seines Daddys, mit seinem Vater. Inzwischen haben sich die beiden wieder versöhnt. Und Paul half James bei seinen Musikprojekten. 2008 nahm James McCartney seine erste eigene EP auf. Seine Musik sei beeinflusst von den Beatles, von Nirvana und , ließ er verlauten. Sein bisher einziges komplettes Album „Me“ erschien 2013. Die Kritiker mäkelten: „James spielt mittelmäßig Gitarre, er singt mittelmäßig und schreibt Songs, die wie eine mittelmäßige Kopie der Musik seines Vaters klingen.“

12. Song: James McCartney / Butterfly

Jonathan Geffen, der Vater des israelischen Musikers Aviv Geffen, ist einer der bekanntesten Dichter Israels. Sein Sohn schlug eine ganz andere Laufbahn ein. Er entwickelte sich zu einem der renommiertesten Musiker Israels und machte in Zusammenarbeit mit dem britischen Musiker Steven Wilson in der Band Blackfield auch international Furore. Der 42jährige gibt zu, dass man seine Berufswahl durchaus als eine Art Trotzreaktion sehen kann. Schriftsteller wäre er ganz sicher nicht geworden, sagt er.

O-Ton Ich lese nicht. Ich kann nicht lesen. Ich bleibe immer wieder an denselben Zeilen hängen. Mein Vater ist einer der größten Dichter Israels, er hat die besten Bücher geschrieben. Und sein Sohn kann nicht lesen. Es ist wie ein Fluch. Ja, oder vielleicht auch eine Art Protest.

Der Grund ist in Aviv Geffens traumatischer Kindheit zu finden.

O-Ton Meine Eltern waren Kokain- und alkoholabhängig. Deshalb bin ich Künstler geworden. Das war meine Rettung. Meine Eltern waren so launisch. Sie waren mal überschwänglich glücklich und dann wieder total traurig und niedergeschlagen. Es war schrecklich. Sie sind nie so richtig in ihre Elternrolle geschlüpft. Sie dachten immer nur an sich selbst. Das war wohl auch der Lebensstil in den 70ern. Dummerweise war ich damals mitten drin.

Wie ungewöhnlich und unzuträglich seine Kindheit war, merkte er erst, als er selbst einen Sohn bekam.

O-Ton Mein kleiner Sohn hilft mir, die Wunden meiner Kindheit zu heilen. Auf eine Art habe ich meine Kindheit neu inszeniert. Ich verpasse ihr jetzt all das, was mir darin fehlte. Das waren so viele Dinge. Unser Haus fühlte sich immer so leer an. Ich konnte nicht im Garten spielen, nicht ins Kino gehen. Ich hatte nicht mal richtige Mahlzeiten. All das hole ich jetzt mit meinem Sohn nach. Mein Psychotherapeut sagt, das sei eine Katastrophe. Er hat natürlich recht.

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Vor allem aber hat sich Aviv Geffen schon früh mit Musik geholfen. Dass sie heilende Wirkung hat, entdeckte er zum ersten Mal nach der Scheidung seiner Eltern.

O-Ton Die Musik ist immer mein bester Freund gewesen, mein Therapeut. Über die Gitarre oder das Klavier konnte ich all meinen Kummer loswerden. Ich schrieb meinen ersten Song, als meine Eltern sich scheiden ließen. Es war ein Song über ihre Trennung. Das hat mich gerettet.

13. Song: Aviv Geffen / Forest in my Heart

O-Ton Musik hat etwas Magisches. Ich kann mich nicht erinnern, welches Datum wir hatten, als meine Eltern sich trennten. Aber ich erinnere mich an den Song, der damals im Radio lief. Ein Lied von Supertramp. So habe ich zum ersten Mal die Kraft entdeckt, die Musik haben kann. Die Musik ist mein Gott. Wenn ich die Tasten meines berühre, habe ich das Gefühl, in Verbindung zu Gott zu stehen.

Hat Aviv Geffen sein Talent geerbt, oder war für seine künstlerische Entwicklung womöglich doch seine Umgebung wichtiger? Genau wie die Wissenschaftler sind sich auch die Musiker in dieser Hinsicht nicht einig.

Das war SWR2 Tandem – Genius im Blut? - von und mit Christiane Rebmann. Unser Podcast-und Newsletter-Angebot und die Liste der gespielten Musiktitel finden sie im Internet unter SWR2.de/ Tandem.

14. Song: Blackfield / Pills

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