Silvretta-Skirunde Heute hier, morgen da

Die Silvretta ist das Skitourenparadies der Ostalpen. Zahlreiche Hütten verkürzen die langen

Zustiege zu den Dreitausendern und ermöglichen gleichzeitig abwechslungsreiche Durch­

querungen – die Möglichkeiten dafür sind wahrlich grenzenlos.

Text und Fotos von Stefan Herbke

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Gletscher: Hochalpin ist das Silvretta-Ambiente – vor allem beim Aufstieg über den Ochsentaler Gletscher.

gen zu und durch. Sicherheitshalber sind die Rückspiegel eingeklappt, denn die Tun­ nels sind so schmal, dass die Busse gerade noch so durchpassen. Doch die Fahrer ken­ nen die Abmessungen ihrer Gefährte ge­ nau und geben Gas – Gegenverkehr gibt es in den einspurigen Röhren nicht. Kurz vor dem Vermuntstausee verlässt der Bus den engen Tunnel und erreicht we­ nige Kehren später die sonnenüberflutete Bielerhöhe. Und nach den obligatorischen Fotos mit dem zugefrorenen Silvrettastau­

Schnell ein Foto, dann sind die meisten Skitourengeher weg und es kehrt Ruhe ein.

see, der im Winter nur mit einem Bruchteil seines Fassungsvermögens von 38 Millio­ nen Kubikmetern gefüllt ist, und dem Sil­ vrettahorn als Kulisse sind die meisten Tourengeher schon wieder weg und es kehrt Ruhe ein. Martin Netzer kennt das Spiel. Der Bürgermeister von Gaschurn im Montafon – mit 176 Quadratkilometern die größte Gemeinde Vorarlbergs und größer Heute hier, morgen da als Liechtenstein – schätzt die Möglich­ keiten seines Haus-Skitourengebiets und ektik und Skitouren, das passt mit Ski und Rucksack. Viel zu wenig, wenn nimmt traditionell immer Ende des Jahres eigentlich gar nicht zusammen. an perfekten Wintertagen alle möglichst eine Auszeit auf der Bielerhöhe. „Sobald Und doch kommt in der mor­ früh, also gleichzeitig mit der ersten Berg­ sich eine Möglichkeit bietet, gehe ich in gendlichen Rushhour in Parte­ fahrt starten wollen. Wer es in die Gondel die Berge“, erzählt er, doch dafür hat er Hnen kurz Hektik auf. Denn die Vermunt­ geschafft hat, kann durchatmen und sich mittlerweile kaum noch Zeit. Seit fast bahn besitzt nur eine Seilbahnkabine, und oben in aller Ruhe einen Platz in einem der zehn Jahren ist er Bürgermeister, dazu in die passen maximal dreißig Tourengeher Tunnelbusse suchen. Danach heißt es Au­ noch Berg- und Skiführer und bei der Berg­

DAV 1/2015 19 Sonne: Ein perfekter Bergtag beginnt an der Bielerhöhe (u.); links unter der Sonne zieht das Bieltal hinauf. Präch- tiger Schnee wartet unter den bizar- ren Totennadeln (r.). Und nachmittags wird man freundlich bedient – wie von rettung, Mountainbike- und Canyoning­- Das Bieltal ist gerade noch vertretbar – ge­ Andrea auf der Wiesbadener Hütte. guide – nur seine Tätigkeit als Obmann des radezu harmlos kurz im Vergleich zum be­ Ski­clubs Gaschurn hat er eingestellt. nachbarten, schier endlos langen „Jam­ Die Bielerhöhe ist das Einfallstor zu den mertal“ Jamtal. Und es steigt gleichmäßig 64 Dreitausendern der Silvretta. Von hier an im Gegensatz zur drei Kilometer lan­ aus verteilen sich die Tourengeher in die gen, ebenen Skatingstrecke über den Sil­ Täler, wobei die meisten ein Ziel favorisie­ vrettastausee, mit der der Anstieg zur Ganz allein spuren wir hinauf zur Toten­ ren: den Piz Buin. Der höchste Berg Vorarl­ Wiesbadener Hütte startet. Vorbei an ei­ feldscharte, genießen oben den Blick über bergs, vor 150 Jahren erstmals bestiegen, nem großen, markanten Felsblock steuern das Jamtal zum markanten – steht auf der Gipfelwunschliste ganz weit wir den Talschluss an, über dem die steilen und stehen nach einem mutigen Schwung oben. Man könnte auch sagen: Erst wenn Nordhänge der Haagspitze geradezu ver­ über die Wechte bereits im steilen Süd­ der abgehakt ist, haben die Tourengeher führerisch leuchten. Allzu viele sind heute hang unterhalb der Scharte, um im schwe­ Augen für die anderen Ziele. Die Bielerhö­ nicht unterwegs durch das Bieltal, und die ren, von der Sonne angestochenen Schnee he mit dem Berggasthof Piz Buin und dem steigen auch noch Richtung Bieltaljoch. auf das Totenfeld abzufahren. Silvrettahaus – das Madlener Haus ist bis Ende 2018 geschlossen – ist auch als Stütz­ punkt für mehrere Tage perfekt. „Von hier aus kannst du immer was unternehmen“, erläutert Martin. Wobei auf der Bielerhöhe bereits im Hochwinter Saison ist, wenn die

Silvretta-Vielfalt: Hier kann jeder seine persönliche Idealroute zusammenstellen.

Hütten in der Silvretta noch Winterschlaf halten. Die öffnen ab Mitte Februar und ermöglichen dann wunderschöne Durch­ querungen, wobei es nicht die eine, perfek­ te Route gibt. Sondern so viele Möglich­ keiten, dass man je nach Schneesituation und Können seine eigene Runde zusam­ menstellen kann. Und dabei ganz schnell merkt, dass es in der Silvretta durchaus auch ruhige Ecken gibt. Ganz ohne Hektik starten wir ins flache Bieltal und nähern uns beschaulich der Faszination Silvretta. Das kilometerlange Tal ist geradezu typisch für das Gebiet, das neben all den grandiosen Skigipfeln einen kleinen Schönheitsfehler hat: Der Weg ins Paradies führt durch elendig lange Täler.

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sich die Leute sonst nur, wenn ich ein Bier bringe.“ Und schon geht es weiter: Hier ein Gruppenbild, dort eine Bestellung – bei Günter verdurstet garantiert niemand. Der Niederösterreicher, den man sich auch gut als Kellner in einem typischen Wiener Gasthaus vorstellen könnte, ist schon den zweiten Winter auf der Hütte und eigent­ lich die Ruhe selbst. Doch wenn sich nach­ mittags die Terrasse füllt und eine interna­ tionale Schar von hungrigen und durstigen Tourengehern bestellen will, dann kommt selbst er kurz in Stress. Wenigstens um die Mittagssuppe muss er sich nicht kümmern.

Die ist bei der Halbpension inbegriffen und jederzeit von 12 bis 16 Uhr zu haben. Die Jamtalhütte, von Gottlieb Lorenz ge­ führt, ist eher ein Hotel in den Bergen mit großem, aber dennoch sehr gemütlichem Gastraum, Seminarräumen, Indoor-Klet­ teranlage und auf Wunsch auch WLAN – dem „Jamtal Hotspot“. Natürlich gibt es im großen Skikeller auch eine Schuhheizung. Puristen mögen die Nase rümpfen, doch wie Günter so schön meint, „was ist bit- te an feucht-klammen Schuhen roman­ Fotogene Felstürme überragen den klei­ Gipfel, großartigen Skihängen in der tisch?“ Seit mittlerweile vier Generationen nen Gletscher, auf den sich für Silvretta- Nord­flanke und dem Totenfeld als stille bewirtschaftet die Familie Lorenz aus Gal­ Maßstäbe kaum jemand verirrt. Dabei ist Abfahrtsvariante. Ringsum hat der Wind tür den beliebten Stützpunkt, der am der Anstieg über die makellosen Schnee­ ganze Arbeit geleistet, viele Hänge sind pis­ 22.2.1999 durch zwei Staublawinen stark felder vor der Kulisse der Totennadeln ein tenartig eingefahren, hier treffen wir unver­ beschädigt wurde. Am Tag danach starben Traum. Fast bis zum höchsten Punkt der spurten, locker leichten Pulverschnee an – durch die verheerende Lawinenkatastro­ Haagspitze kann man von hier aus mit Ski was will man mehr? phe in Galtür auch noch die beiden Hüt­ gehen. Die letzten Meter stapft man über Selbst mit viel Schwung schafft man es tenwirtinnen Hildegard und Edith Lorenz. einen kurzen, ganz einfachen Grat, und nicht ganz vom Talboden bis zur etwas Die Möglichkeiten rings um die Jamtal­ schon öffnet sich die großartige Rund­ höher gelegenen Sonnenterrasse der Jam- hütte reichen locker für mehrere Tage; die sicht vom ersten Dreitausender. Die Haag­ tal­hütte, auf der Günter gerade einer hung­ meisten Touren haben um die tausend spitze ist ein dankbares Skitourenziel mit rigen Gruppe Tourengeher das Essen ser­ Höhenmeter – aber je nach Kondition sonnigem Brotzeitplatz kurz unter dem viert und anschließend sagt: „So freuen lässt sich diese Marke problemlos mehr als

DAV 1/2015 21 Mit Ski durch die Silvretta Abwechslungsreiche Skitourenrunde über die 2) Jamtalhütte – Hintere Jamspitze (3156 m) – größten Gletscher der Silvretta mit vielen fla­- Ochsenkopf (3057 m) – Wiesbadener Hütte chen Anstiegen, aber auch einigen Steilhängen, (2443 m); Aufstieg 1425 Hm, Abfahrt 1150 die gute Spitzkehrentechnik erfordern. Teilweise Hm, 6-6 ½ Std. leichte Kletterei verlangen einige exponierte 3) Wiesbadener Hütte – Piz Buin (3312 m) Gipfel wie Piz Buin und Silvretta­horn. Sichere – Silvrettapass – Silvrettahütte (2341 m); Lawinenverhältnisse erforderlich! Gletscheraus- Aufstieg 900 Hm, Abfahrt 1000 Hm, rüstung und Steigeisen unbedingt notwendig. 5 ½ -6 Std. Anreise: 4) Silvrettahütte – Silvrettahorn (3244 m) Mit der Bahn bis Schruns, mit dem Bus nach – Rote Furka (2688 m) – Klostertal – Sattel- Partenen und dort mit der Vermuntbahn kopf (2863 m) – Vermuntstausee (1753); ( silvretta-bielerhoehe.at) und dem Tunnel- Aufstieg 1500 Hm, Abfahrt 2090 Hm, bus zur Bielerhöhe. Mehr Infos: bahn.de, 7 ½ -8 Std. montafonerbahn.at und vmobil.at Karten: Alpenvereinskarte 1:25.000, Beste Zeit: Mitte Februar bis Anfang Mai Blatt 26, Silvretta. Hütten-Info: alpenverein.de/huettensuche Führer: Stefan Herbke: Skitourenführer Tourist-Info: Montafon Tourismus GmbH, , Bergverlag Rother, Tel.: 0043/(0)5556/72 25 30, montafon.at 3. Aufage 2014. Etappen: R. und S. Weiss: Skitourenführer Ötztal – Silvretta, Bergverlag Rother, 2. Aufl. 2012. 1) Bielerhöhe (2036 m) – Haagspitze (3029 m) – Jamtalhütte (2165 m); Aufstieg 1075 Hm, Mehr Bilder und Videos unter Track auf alpenvereinaktiv.com, Abfahrt 945 Hm, 5-5 ½ Std. alpenverein.de/panorama Broschüre Sommerrunde: QR-Code

verdoppeln. Noch beliebter als der Über­ grat fast schon programmiert. Wir verlas­ gang zur Heidelberger Hütte, die mittler­ sen daher die breite Aufstiegsautobahn und weile vom Ischgler Skigebiet ganz bequem ziehen in völliger Einsamkeit über wun­ mit Ski zu erreichen ist, oder als die Tou­ derschöne Sonnenhänge unsere Spuren renklassiker Augstenberg und Gemsspitze Richtung Tiroler Scharte. Die ersten Me­ ist die Hintere Jamspitze. Kein Wunder: ter weiter zum Ochsenkopf sind noch mit Man kommt mit Ski bis zum höchsten Ski möglich, danach geht es über leichtes Punkt und der Jamtalferner bietet überaus Blockwerk zu Fuß weiter. Oben steht man skifreundliche XXL-Hänge. Dazu gibt es direkt vis-à-vis der Dreiländerspitze und noch zig Abfahrtsalternativen; eine aller­ genießt einen traumhaften Blick auf den dings geht wegen des Gletscherrückgangs eleganten Gipfel – und die vielen Touren­ nicht mehr: Am Jamjoch versperrt ein geher, die sich dort hinaufkämpfen. mehrere Meter hoher Felsabbruch die Ein­ Einsam ist es auch bei der Abfahrt über fahrt zum Vadret Tuoi. den Tiroler Gletscher, von dem fast nichts Wir genießen erst einmal die Abfahrt über den Jamtalferner – und legen auf 2600 Meter Höhe noch einmal die Felle an. Die markante Dreiländerspitze wäre für die meisten das nächste Ziel. Skifahrerisch kann der steile Nordhang durchaus loh­ Gipfel: Schon der Kleine Piz Buin ist ein Brocken; der große ist noch ein nend sein, doch häufig ist er abgeblasen Stück höher und anspruchsvoller. Bei- de – wie die Jamspitze (ganz rechts) – und sehr hart. Außerdem sind Staus am sind Grenzberge: Die Engadiner Seite schmalen, recht anspruchsvollen Gipfel­ bietet weitere schöne Hänge.

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mehr übrig ist. Stattdessen viel Blockwerk dieser Hütte. Und machen ihre Sache so ner Hütte mehr die klassischen Berge: Drei­ und nur wenig, vom Wind stark bearbei­ gut, dass längst andere Hüttenwirte Hein­ länderspitze, Silvrettahorn und Piz Buin. teter Schnee – das hätten wir uns besser rich fragen: „Haben die keine Schwestern?“ Und das bei jeder Schneelage, da kann das vorgestellt. Dafür werden aber unsere Er­ Der ehemalige Bergführer ist leiden­ Frühjahr 2014 noch so schneearm sein. wartungen zur Wiesbadener Hütte ein­ schaftlicher Hüttenwirt („bin nicht der Am dritten Tag steht er auf dem Pro­ drucksvoll bestätigt. Sobald man im Ge­ gramm, der Piz Buin. Man könnte auch spräch mit Skitourengehern nur das Wort sagen: der einzige Gipfel, den man sich ins Silvretta in den Mund nimmt, kommt die Der Sonnencremeberg Buin Gesicht schmieren kann. Auf jeden Fall Rede auf die zwei Mädels auf der Wiesba­ darf der markante Berg im Zentrum der dener Hütte. Andrea und Lucia kommen darf bei einer Silvretta-Ski­ Silvretta auf einer Skitourenwoche keines­ aus der Slowakei und sind, nun ja, gut fürs tourenwoche keinesfalls fehlen. falls fehlen. Wobei eins klar sein muss: Geschäft. Das weiß auch Heinrich Lorenz, Streng genommen ist der Piz Buin alles an­ der die Hütte seit dem Jahr 2003 bewirt­ dere als ein Skiberg. Ab Skidepot wartet ein schaftet und von Stammgästen öfters die Mensch, der im Tal im Hotel arbeitet“), durchaus anspruchsvoller Gipfelanstieg Frage hört: „Hast deine Mädels wieder da?“ auch wenn es hier immer von null auf hun­ über fast dreihundert Höhenmeter. Ande­ Seit fünf Jahren kümmern sich die beiden dert geht: „Bei Schlechtwetter hast Zeit rerseits ist die Tour auch wieder typisch für jungen Frauen galant und herzlich um die zum Kartenspielen, doch sobald es gut ist, die Silvretta. Häufig führen die Zustiege Gäste – eigentlich ein Zufallstreffer: Bei ih­ ist die Hütte voll.“ Im Gegensatz zur Jamtal­ über fast schon flaches, eher einfaches rer Suche nach einer Stelle in der Gastrono­ hütte, bei der es auch mehrere echte Ski­ Skigelände, doch die Gipfel selbst sind an­ mie landeten die Nichtskifahrerinnen auf gipfel gibt, locken rund um die Wiesbade­ spruchsvoll mit Anstiegen zu Fuß in stei­

lem Schnee- und Blockgelände, hier und da ist sogar leichte Kletterei erforderlich. Dennoch gilt die Silvretta als Skitouren­ paradies schlechthin. Hanno Dönz, Ob­ mann der Montafoner Bergführer, weiß auch warum: „Die Silvretta ist wie eine Ein­ stiegsdroge für Skihochtouren. Noch nicht zu extrem, aber mit Gletschern, Fels und Graten – wer hier war und schöne Tage er­

DAV 1/2015 23 lebt hat, der möchte mehr.“ Der Piz Buin ist Cunfin zwei Möglichkeiten gibt: Entwe­- Die steht auf einem Absatz hoch über dafür ein typisches Beispiel. Eine wilde Eis­ der man fährt ganz gemütlich über die dem Verstanklatal und punktet mit einer landschaft wartet beim Anstieg über den aus­gedehnten Schneeflächen des Silvret­ 1a-Sonnenterrasse, super Küche und gro­ Ochsentaler Gletscher, der mit seinen Eis­ tagletschers ab oder man zieht seine Spur ßem Weinangebot – rund dreißig verschie­ türmen und Spalten noch heute imponie­ hinüber ins Verstanklator und taucht dort dene Posten stehen zur Auswahl. Verant­ ren kann. Oberhalb davon wechselt man in hinein in einen schattigen Schneeschlauch wortlich dafür ist Stefan Rauch, der mit 34 ein großes Schneebecken, das sanft in die unter den Wänden des Verstanklahorns. Jahren bereits elf Jahre Erfahrung als Hüt­ Buinlücke zieht. Der Schlussanstieg wartet Wenn sich irgendwo der Pulver halten tenwirt hat. Vor vier Jahren wechselte er mit dem berühmt-berüchtigten Kamin auf. kann, dann hier. Je nach Lust und Laune von der Fornohütte im Bergell auf die Sil­ Die exponierte Felsrinne stellt die Schlüs­ kann man anschließend eine Ausfahrt auf vrettahütte, die 2011 groß umgebaut wur­

selstelle dar – und verursacht bei viel An­ rund 2700 Meter Höhe nehmen, um nach drang entsprechende Staus. Dafür gibt es kurzem Gegenanstieg auf den Silvrettaglet­ auf dem oberhalb ansetzenden Gipfelrü­ scher zu wechseln, oder man fährt weiter cken wieder genug Platz, um einfach und über den Verstanklagletscher ab, um auf ohne Hektik das mit jedem Schritt umfas­ rund 2250 Meter Höhe, unterhalb der mar­ Pulver: Ob beim Aufstieg am Ochsen- sendere Panorama zu genießen. kanten Moräne, einen 300-Höhenmeter- taler Gletscher zum Piz Buin (l.) oder auf den weiten Sonnenhängen des Noch mehr Gletscherlandschaft bietet Gegenanstieg durch das Rosstäli zu star­ Silvrettagletschers: Im Aufstieg ist eine gute Spur willkommen. Abwärts, die Fortsetzung der Tour Richtung Sil­ ten. So oder so, wichtig ist nur, dass man wie von der Roten Furka, schätzt man vrettahütte, wobei es nach der Fuorcla dal abends auf der Silvrettahütte ankommt. eher unberührten Schnee.

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de. Neben einem neuen Anbau für die Kü­ Klostertaler Umwelthütte che gab es auch eine neue Terrasse und Als unendliche Geschichte könnte man umstritten. Das endgültige Aus kam 1983, eine Gästedusche, so dass die Silvretta­ rückblickend die Diskussionen um den Bau als die DAV-Hauptversammlung den Abriss hütte beim Komfort längst mit Alpenver­ einer Hütte im Klostertal bezeichnen. In den beschloss. Dagegen wehrten sich die Tal- einshütten mithalten kann. Die Lage in 1970er Jahren startete die Sektion Wiesba- gemeinden mit einer Unterschriftenaktion den des DAV mit den Arbeiten. Der begonne- – und es wurde ein Kompromiss gefunden: der Schweiz hat allerdings ihren Preis, das ne Rohbau wurde 1980 von der Sektion 1993 wurde die „Klostertaler Umwelthütte“ gibt auch Stefan zu, „doch dafür haben wir Stuttgart übernommen. Allerdings war der als Selbstversorgerhütte und Bergrettungs- Platz, das ist für die Gäste sicher besser“. Bau einer weiteren großen Hütte in der mit stützpunkt fertiggestellt (zugänglich mit Stützpunkten bestens versorgten Silvretta Alpenvereinsschlüssel), die Verwaltung trägt Und zählt gleich die weiteren Pluspunkte nicht nur bei Umweltschützern höchst der DAV-Bundesverband in München. auf: „Für uns sprechen die gute Küche, die

Abendstimmung und die Lage in der ruhi­ te mit einer richtig urigen Stube. Wer eine gen Ecke der Silvretta – Richtung Seetal Hütte und kein Hotel sucht, der ist hier und Saarbrücker Hütte kann man Tage ver­ bestens aufgehoben.“ Allerdings hat sie für bringen, ohne jemanden zu sehen.“ Skitourengeher nur in den Wochen über Richtung Silvrettahorn ist man dagegen Ostern geöffnet. Sonst herrscht hier am erst einmal in guter Gesellschaft, denn egal Westrand der Silvretta absolute Ruhe, ob­ welches Ziel man wählt, anfangs laufen alle in dieselbe Richtung. Das Silvrettahorn ist wieder eine typische Silvretta-Skitour mit Die perfekte Nordabfahrt vom leichtem Start. Doch bereits die steile Westflanke erfordert perfekte Spitzkehren­ Sattelkopf endet erst 1100 technik. Und zum guten Schluss geht es Höhenmeter weiter unten. nur noch zu Fuß weiter, wobei die Schwie­ rigkeiten stark von den Verhältnissen ab­ hängen. Nach der Abfahrt über den Silvret­ wohl es einige wirklich lohnende Skitouren tagletscher und einem Gegenanstieg in gibt. Etwa unseren Sattelkopf mit seiner den Sattel der Roten Furka wechseln wir perfekten Nordabfahrt über den Verhupf­ schließlich wieder von der Schweiz nach gletscher, auf den wir gerade steigen. Die Österreich – und erreichen so die ruhige ist ein skifahrerischer Höhepunkt der Sil­ Seite der Silvretta. Symbol dafür ist die vretta und endet erst 1100 Höhenmeter Klostertaler Umwelthütte, die nach kontro­ weiter unten beim Vermuntstausee. Ein versen Diskussionen vor gut zwanzig Jah­ Traum, den man zwar gerne genießen ren letztlich als Selbstversorgerhütte ge­ möchte, doch trödeln darf man nicht. Zu­ baut wurde. Wäre sie bewirtschaftet, dann mindest wenn man anschließend noch ins würde es hier wohl längst so zugehen wie Tal möchte. Das letzte Tunneltaxi Rich­ in den Nachbartälern. tung Vermuntbahn startet um 16 Uhr auf Hauptattraktion im Klostertal ist die der Bielerhöhe – da kann schnell mal Hek­ Schneeglocke, die als schönster Skiberg der tik aufkommen. Silvretta gilt. Weit weniger frequentiert ist – dagegen der Sattelkopf, der über das Ver­ Für Stefan Herbke ( berg hupftäli und den Litzner Sattel bestiegen bild.info) ist diese Silvretta- Runde eine schöne, wenn- werden kann. Der ermöglicht den Über­ gleich nur eine von vielen Möglichkeiten, das großarti- gang zur Saarbrücker Hütte, von der Mar­ ge und abwechslungsreiche tin Netzer regelrecht schwärmt: „Eine Hüt­ Skitourengebiet zu erleben.

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