Georg-Forster-Studien Xiv
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GEORG-FORSTER-STUDIEN XIV GEORG-FORSTER-STUDIEN Herausgegeben im Auftrag der Georg-Forster-Gesellschaft von Stefan Greif und Michael Ewert Band 14 ISSN 1439-9105 GEORG-FORSTER-STUDIEN XIV Herausgegeben von Stefan Greif und Michael Ewert Die Deutsche Bibliothek – CIP Einheitsaufnahme Georg-Forster-Studien / hrsg. im Auftr. der Georg-Forster-Gesellschaft von Stefan Greif und Michael Ewert. – Umschlaggestaltung von Constantin Meyer. – Kassel: Kassel University Press. Bd.14. – (2009) ISSN 1439-9105 © 2009 KASSEL UNIVERSITY PRESS Diagonale 10 34111 Kassel Druck: Zentraldruckerei der Universität Kassel Inhalt Stefan Greif Vorbemerkung…………………………………………………...VII BEITRÄGE Alison E. Martin „Weibliche Pedanterey“. Georg Forster über Hester Lynch Piozzi ....1 Marita Gilli Forsters Wahrnehmung von Frauen in Paris während der Franzö- sischen Revolution ………………………………………................17 Anke Gilleir In dem Ozean der Männlichkeit. Die Defiguration geschlechtlicher Identität in Ina Seidels Das Labyrinth (1922) .……………………....35 Marita Metz-Becker Georg Forsters ‚Häusliches Glück’. Das Leben mit Therese Heyne in Göttingen, Wilna und Mainz ………………………………........…57 Monika Siegel Meta Forkel-Liebeskind und Georg Forster: Nur eine Arbeits- beziehung – oder auch Freundschaft? .............................................…..85 Ruth Stummann-Bowert Caroline Böhmer in Mainz: „im Anfang schwärmte ich herzlich“...105 Judith Wilson Abjection, Subjection, Redemption: Georg Forster’s and Therese Huber’s Perspectives on the Penal Colony......……………………133 V FORUM Yomb May Menschenrechte für die Wilden? Zum Widerspruch zwischen „In- struktionen“ und Wirklichkeit in der literarischen Weltreise Georg Forsters .....................................................................................................189 REZENSION Horst Dippel Ulrike Bergmann, Die Mesalliance. Georg Forster: Weltumsegler, Therese Forster: Schriftstellerin. – Alois Prinz, Die Lebensgeschichte des Georg Forster. Das Paradies ist nirgendwo. – Georg Forster, James Cook, der Entdecker und Fragmente über Captain Cooks letzte Reise und sein Ende, hrg. u. m. e. Nachw. vers. v. Frank Vorpahl u. m. acht Farbtafeln von Forsters eigener Hand .……….............................................................................207 NEUE LITERATUR ZU GEORG FORSTER........................213 VERZEICHNIS DER MITARBEITER DER GEORG- FORSTER-STUDIEN XIV…………...………...................…...225 VORANKÜNDIGUNG…….………………………………..229 VI Vorbemerkung Stefan Greif Unter dem Thema „Frauen im Umfeld Georg Forsters – geschlech- tergeschichtliche Forschungsansätze“ fand im Juni 2007 das jährliche Georg-Forster-Kolloquium statt. Der vierzehnte Band der Georg- Forster-Studien vereinigt die Mehrzahl der damals vorgestellten und inzwischen für den Druck überarbeiteten Beiträge. Ergänzt werden die hier vorgestellten Tagungsergebnisse um einen weiteren Aufsatz, der sich mit Georg Forsters und Therese Hubers literarischer An- näherung an Neu-Holland auseinandersetzt, sowie einen Labor- Beitrag, in dem Georg Forsters Engagement für die Menschenrechte der ,Wilden‘ im Vordergrund steht. Die geschlechtergeschichtliche Perspektive auf den Einfluss, den Frauen auf das schriftstellerische und wissenschaftliche Werk Georg Forsters genommen haben, blieb in der älteren Forschung weit- gehend unbeachtet. Allenfalls die schwierige Ehe mit der intellektuell häufig unterschätzten Therese Huber oder jene antikisierende Dis- tanz, mit welcher der junge Naturforscher in seiner Reise um die Welt schöne Tahitianerinnen beschreibt, regten immer wieder zu Speku- lationen über die Gründe an, die Georg Forster zu seinem manchmal befremdlichen, oft aber auch schamerfüllten oder gar autoaggressiven Umgang mit dem weiblichen Geschlecht veranlasst haben könnten. Dass dabei traditionell bürgerliche Moralvorstellungen das Urteil über Forsters Beziehung zu Therese motivierten, kaschiert nur oberfläch- lich das Unverständnis, mit dem die Wissenschaft auf die Liebes- qualen des Ehemannes oder dessen Bereitschaft reagiert hat, sich auf eine ménage à droit einzulassen. Doch diese bürgerliche Moral war zugleich zutiefst männlich geprägt, und dementsprechend vorein- genommen lasen sich die Einschätzungen, wenn es um die Frage ging, warum sich Georg Forster nicht mit ihm nahestehenden Freundinnen wie Meta Forkel-Liebeskind oder Caroline Böhmer ,arrangiert‘ hat, die ihm nach Thereses Flucht aus Mainz mit Zunei- gung begegnen. Welche Gefühle und Bedürfnisse diese beiden scharf- sichtigen Frauen möglicherweise dazu anhielten, sich eben nicht auf VII Stefan Greif eine außerplatonische Beziehung einzulassen, spielt in solchen Über- legungen eine meist untergeordnete Rolle und affimiert zugleich eine geschlechterpolarisierende Logik, der zufolge männliches Verhalten den Frauen gegenüber ebenso fest umrissen und privilegiert geregelt ist wie das Spektrum weiblicher Selbstbestimmungsrechte. Wie die folgenden Aufsätze verdeutlichen, greift solch eine kategoriale, an distinkten Rollenzuweisungen orientierte Beantwor- tung der Frage nach dem Umgang Forsters mit Frauen in seinem Umfeld schon deshalb zu kurz, weil sich das bürgerliche Liebes- und Geschlechterkonstrukt um 1800 noch keineswegs so selbstver- ständlich etabliert hat, als dass nicht auch weniger eindeutige, grenzüberschreitende oder gar ,hybride‘ Identitätsperspektiven mög- lich gewesen wären. Ohne in Georg Forster deshalb gleich einen Vorläufer heutiger Gender- oder Queertheorien zu vermuten, arbei- ten die Autorinnen in ihren hier vorgelegten Studien heraus, dass sich Weltläufigkeit für Forster nicht mit jenen Hausvateridealen deckt, die den Mann um 1800 in die Pflicht nehmen, die familiäre Privatheit zu schützen, ihm dafür aber im Gegenzug einräumen, sich in der Außenwelt auch fertil zu bewähren. Ebenso wenig fügt sich seine immer offenkundigere Sympathie für die weibliche Wahrnehmung des vermeintlich Vernünftigen oder Fremden zu jenen Männlichkeits- vorstellungen, über die bereits Zeitgenossen wie Theodor Gottlieb von Hippel, Friedrich Schiller oder Friedrich D. E. Schleiermacher klagen, an der ,fabrikmäßigen Hartherzigkeit‘ und Engstirnigkeit des bürgerlichen pater familias drohe das emanzipatorische Projekt der Aufklärung endgültig zu scheitern. Denn der sich nur mit maskulinen Eigenschaften identifizierende Mann und die sich ihm unter- ordnende, weil intellektuell und moralisch vermeintlich unselbst- ständigere Frau beschneiden einerseits das Menschsein im Sinne vielgestaltiger Menschlichkeit. Andererseits, und darauf hinzuweisen wird auch Georg Forster nicht müde, korrumpiert solch eine Geschlechterordnung die Toleranz und Weltoffenheit einer bürger- lichen Kultur, die sich schon um 1800 zum Mythos zu werden droht. Bekennt er sich daher zur ,weibischen‘ Kritik an einer als ,männlich‘ gesetzten Vernunft- und Verstandeskultur, so argumentiert Forster nicht nur in geschlechterdiskursiver, sondern sowohl in aufklä- rerischer als auch aufklärungskritischer, aber ebenso in wissen- VIII Vorbemerkung schaftlicher und weltanschaulicher Hinsicht programmatisch: Solange sich nämlich männliche Dominanz dem gesellschaftlichen Umgang der Geschlechter in gleichem Maße einschreibt wie den hierar- chischen Natur- und Zivilisationsmodellen des Bürgertums, solange steht jede ,andere‘ Form von Identität sogleich im Verdacht einer nur schwer einschätzbaren, wenn nicht gar unnatürlichen Zeitge- nossenschaft. Dass Georg Forster dieses Image des mit erotisch begrenztem Begehrungsvermögen und ,quälender‘ Toleranz ausge- statteten und wohl daher verunsichernden Kantonisten so nachhaltig anhaftete, dokumentiert freilich auch, wie energisch sich die seinerzeit noch moderne, allen Polarisierungen gegenüber skeptische ,Verweib- lichung‘ des Mannes in den nächsten Jahrhunderten von ihren An- fängen entfernt hat. Da die Georg-Forster-Studien XIV nicht ohne die Mithilfe meiner Mitarbeiterinnen hätten fertiggestellt werden können, sei an dieser Stelle Ada Bieber, Tina Deist, Kathrin Döscher und Kathrin Holz- apfel herzlich gedankt. Sie haben die Manuskripte in den letzten Monaten mit sehr viel Engagement überarbeitet und Korrektur gelesen. Kathrin Holzapfel hat die Bibliographie zusammengestellt und die Druckvorlage vorbereitet. Die Universität Kassel und die Sparkasse Kassel haben das Georg-Forster-Kolloquium 2006 wie jedes Jahr großzügig gefördert und damit einen reibungslosen Tagungsverlauf ermöglicht. Auch ihnen sei dafür herzlich gedankt. IX „Weibliche Pedanterey“ Georg Forster über Hester Lynch Piozzi Alison E. Martin Georg Forsters Arbeit als Übersetzer und Rezensent von Reiseberichten bleibt oft unbemerkt hinter seinen beachtlichen Leistungen als Naturforscher, Gelehrtem, Herausgeber und als Politiker zurück. In seinem Leben fertigte er jedoch mehr als 120 Rezensionen von Beschreibungen fremder Völker und Länder an, welche in den 1780er und 1790er Jahren im englisch-, französisch- und deutschsprachigen Raum erschienen waren. Nur zwei Reiseberichte, die er rezensierte, stammten aus einer weiblichen Feder: Lady Elisabeth Cravens A Journey through the Crimea to Constantinople in a Series of Letters (1786) und Hester Thrale (Lynch) Piozzis Observations and Reflections made in the course of a journey through France, Italy and Germany (1789). Dass Forster lediglich zwei Reiseberichte von Frauen rezensierte, bedeutete allerdings nicht, dass er die Meinung eines Anonymus teilte, der in der Berlinischen Monatsschrift vom November 1784 behauptete: Fast niemand macht ja itzt in Deutschland eine Lustpartie mehr, einen Spatzierritt, eine Fußpromenade