Die Seestadt Ist Weiblich Biographien Der Namenspatroninnen Einleitung
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Die Seestadt ist weiblich Biographien der Namenspatroninnen Einleitung Janis Joplin, Hannah Arendt und Das Wiener Institut für sozialwis- Agnes Primocic – die Straßen in der senschaftliche Dokumentation und Seestadt tragen große Frauennamen. Methodik (WISDOM) erarbeitete im Der Beitrag zur Verbesserung der Auftrag der Entwicklungsgesellschaft Balance zwischen den Geschlech- für die Seestadt, der Wien 3420 AG, tern bei der Benennung der Wiener Strategien für die Straßenbenennung Straßen ist ein kleiner und doch setzt im neuen Stadtteil. In einem partizipa- die Seestadt damit ein großes Zeichen. tiven, wissenschaftlich begleiteten Verfahren mit 30 ExpertInnen wurden Die Straßennamen in einer Stadt sechs Namenswelten ausgearbeitet – sind ihr kollektives Gedächtnis und immer unter der Prämisse, dass wenn prägen ihre Identität. 3750 männliche ein Personenname zur Anwendung Namen stehen im Wiener Straßen- kommt, dieser weiblich sein muss. netz etwa 200 weiblichen Namen gegenüber – ein Ungleichgewicht, das den Leistungen der Wienerinnen nicht gerecht wird. Durch den Entschluss, die Straßen in der Seestadt weiblich zu benennen, kann der Anteil von Frauennamen von nur 5 auf 7 Prozent gesteigert werden. Die Identität einer Person wird ent- scheidend durch ihre Adresse geprägt. Tatsächlich bildet, neben dem Namen und dem Geburtsdatum, die Adresse Durch den Entschluss der Bezirksvertretung das wichtigste Identitätsmerkmal eines Donaustadt, die Straßen in der Seestadt weiblich Menschen. Nicht nur für formal-recht- zu benennen, wurden am 28. Februar 2012 liche Festlegungen – wie den Melde- insgesamt 22 Straßennamen für die erste Etappe zettel – oder für die Sicherstellung der Seestadt festgelegt. Mit dem Fortschritt der öffentlicher Aufgaben – wie Rettungs- Stadtentwicklung folgen weitere Namen suk- einsätze – sind Adressen wichtig, auch zessive. Die vorliegende Broschüre bietet einen individuelle Beziehungen drücken sich Überblick über die Biographien der namens- durch Orte aus. gebenden Frauen. 2 INHALT Seite Ada-Lovelace-Straße........................... 4 Agnes-Primocic-Gasse ....................... 5 Anna-Müller-Straße ............................. 6 Christine-Touaillon-Straße .................... 7 Édith-Piaf-Straße ................................. 8 Ella-Lingens-Straße ............................. 9 Frenkel-Brunswik-Gasse .................... 10 Georgine-Steininger-Weg .................. 11 Gisela-Legath-Gasse ........................ 12 Hannah-Arendt-Park & -Platz ............. 13 Hermine-Dasovsky-Platz ................... 14 Ilse-Arlt-Straße .................................. 15 Janis-Joplin-Promenade .................... 16 Josefine-Hawelka-Weg ..................... 17 Kuttelwascherweg ............................ 18 Madame-d´Ora-Park ......................... 19 Maria-Potesil-Gasse .......................... 20 Maria-Trapp-Platz .............................. 21 Maria-Tusch-Straße ........................... 22 Mela-Spira-Gasse ............................. 23 Mimi-Grossberg-Gasse ..................... 24 Schenk-Danzinger-Gasse.................. 25 Susanne-Schmida-Gasse ................. 26 Yella-Hertzka-Park ............................. 27 3 Ada-Lovelace-Straße Ada Lovelace Mathematikerin (1815 – 1852) Ada Augusta Babbages Idee einer neuen Rechen- Byron wurde maschine, der „Difference Engine“. 1815 als Tochter des Adas Ehemann Willim King, der Dichters George Gordon Noel Byron in spätere Earl of Lovelace, teilte ihre London geboren. Aufgrund der Tren- Leidenschaft für Mathematik. nung ihrer Elter lernte sie ihren Vater allerdings nie kennen. Ihre Mutter 1843 übersetzte sie die durch einen Anne Isabella Noel Byron weckte ihr italienischen Mathematiker angefer- Interesse für Mathematik, Geometrie tigte Beschreibung von Babbages und Astronomie und legte den Grund- „Analytical Engine“ ins Englische stein für die naturwissenschaftliche und fügte eigene Notizen und Über- Ausbildung der Tochter. legungen für den Bau der Maschine hinzu. Ada Lovelace zeigte auf, wie Mit 18 entwickelte Ada ihr Inter- Bernoulli-Zahlen mit der Maschine esse an technischen Maschinen. Die berechnet werden konnten. Dieser angesehene Mathematikerin Mary Algorithmus brachte ihr den Ruhm Somerville unterstützte sie auf ihrem ein, das erste Computerprogramm Weg und führte Ada in die wissen- geschrieben zu haben. Später wurde schaftlichen Kreise Londons ein. Hier die Programmiersprache „Ada“ nach hörte sie zum ersten Mal von Charles ihr benannt. 4 Agnes-Primocic-Gasse Agnes Primocic Politikerin, Widerstandskämpferin (1905 – 2007) Agnes Reinthaler wurde 1905 in Hallein ihre beiden weiteren Kinder zu sorgen als drittes von sechs Kindern in eine hatte, unterstützte sie auch während des Arbeiterfamilie geboren. Mit 16 Jahren Zweiten Weltkriegs Widerstandsgrup- begann sie in der Halleiner Zigarren- und pen. Sie verhalf drei KZ-Häftlingen zur Tabakfabrik zu arbeiten. Kurz darauf Flucht und riskierte ihr Leben, als sie, wurde ihr erstes Kind unehelich geboren. gemeinsam mit Mali Ziegenleder, einen Da ihre Eltern jede Hilfe verweigerten, Kommandanten des KZ Dachau überre- musste sie das Kind weggeben. Die junge dete, 17 zum Tode verurteilte Gefangene Frau setzte sich bald als Gewerkschafterin freizulassen. und Betriebsrätin für gerechtere Arbeits- bedingungen in der Fabrik ein. Nach 1945 war Agnes Primocic unter anderem als Landessekretärin der KPÖ in 1934 schloss sich Agnes der Kommu- Salzburg tätig. Zeit ihres langen Lebens nistischen Partei an und leistete schon bemühte sie sich, die Erinnerung an die früh Widerstand gegen den einsetzenden NS-Zeit wach zu halten und wurde für Austrofaschismus. Aufgrund ihres ihr Engagement u. a. mit dem Goldenen politischen Engagements wurde sie Verdienstzeichen des Landes Salzburg wiederholt inhaftiert. Obwohl sie für ausgezeichnet. 5 Anna-Müller-Straße Anna Müller Gärtnereibesitzerin, Widerstandskämpferin Anna Müller besaß einen Blumenladen ein Lager in Wien gebracht. Gemeinsam sowie eine Gärtnerei in Wien. Gemein- mit einer anderen Jüdin gelang Julia die sam mit ihrem Sohn, dem Postbeamten Flucht. Obwohl sie ihr eigenes Leben Konstantin Müller, unterstützte sie in riskierten, nahmen Anna und Konstantin der Zeit des Nationalsozialismus viele die beiden Frauen bei sich auf. Juden mit Geld, Lebensmitteln, Klei- dung und falschen Papieren. Als 1942 Konstantin wurde eingezogen und zu einer vielen Juden die Deportation nach Polen Arbeitseinheit nach Frankreich geschickt. drohte, ermöglichten sie der Jüdin Greti Nach einem Krankenhausaufenthalt 1944 Stern Österreich zu verlassen. Auch Julia wurde er für wehrdienstuntauglich erklärt. Lissiansky wandte sich an Anna und Auch Anna hatte mit gesundheitlichen Konstantin und bat um Hilfe. Im Schup- Problemen zu kämpfen, trotzdem sorgte pen der Gärtnerei fand sie Unterschlupf, sie für die beiden versteckten Jüdinnen, wurde aber von der Gestapo entdeckt. die 1945 die Befreiung erlebten. Durch seine persönlichen Kontakte konnte 1974 verlieh die israelische Gedenkstätte Konstantin Julias Deportation nach Polen Yad Vashem Mutter und Sohn die Ehrenme- verhindern und sie wurde stattdessen in daille der „Gerechten unter den Völkern“. 6 Christine-Touaillon-Straße Christine Touaillon Literaturhistorikerin, Schriftstellerin, Feministin (1878 – 1928) Christine Auspitz wurde 1878 in Mähren in Wien. Sie war eine der ersten Frauen, als Tochter des späteren k. u. k. General- die die Hürden überwinden konnten, die majors Leopold Auspitz und seiner Gat- damals der akademischen Laufbahn einer tin Henriette geboren. Die Mutter starb Frau entgegenstanden. als Christine 17 Jahre alt war. Wie ihr Vater entwickelte sie eine Leidenschaft 1919 erschien ihre erste Gesamtdarstel- für Literatur. lung des deutschen Frauenromans des 18. Jahrhunderts, die sie im gleichen Jahr 1897 erwarb Christine die Lehrbefugnis erstmals an der philosophischen Fakultät an Volksschulen. in Graz als Habilitationsschrift vorlegte. Da die Universität Graz 1920 festlegte, Neben ihrer Lehrtätigkeit holte sie die die Anforderungen an die weiblichen Matura nach und inskribierte an der Habilitationsbewerberinnen deutlich Wiener Universität, um Literaturge- höher zu setzen als für männliche schichte zu studieren. 1904 heiratete sie Bewerber, zog sie ihren Antrag zurück. den Juristen Dr. Heinrich Touaillon und 1921 habilitierte sie schließlich als eine zog mit ihm in die Steiermark. Ein Jahr der ersten weiblichen akademischen danach promovierte Christine Touaillon Lehrerinnen an der Universität Wien. 7 Édith-Piaf-Straße Édith Piaf Chan son ni è re (1915 – 1963) Édith Piaf wurde 1915 als Tochter eines gleichermaßen. Leplée wurde später Akrobaten und einer Straßensängerin ermordet und auch Piaf geriet in Verdacht. in Paris geboren. Édith wuchs bei ihrer Ihr Ruf war ramponiert. Ihr neuer Mentor Großmutter auf, die in der Normandie Raymond Asso brachte Piaf zurück auf die ein Freudenhaus betrieb. Im Alter von Bühne. Auch während der deutschen Be- 7 Jahren zog sie mit ihrem Vater als satzung trat Édith Piaf weiter auf, was ihr Straßensängerin von Rummelplatz zu den Vorwurf der Kollaboration einbrachte. Rummelplatz. Mit 15 verschob sich ihr Lebensmittelpunkt zum Place Pigalle, Piaf hatte viele Affären – ihre große Liebe, dem Nabel des Pariser Nachtlebens. der Boxer Marcel Cerdan, starb bei einem Flugzeugabsturz. Sie betäubte ihren Édith Piaf wurde von Kabarettbesitzer Schmerz mit Morphium. Es folgten zwei Louis Leplée entdeckt, der die 1,47 m Ehemänner, zahlreiche Welthits, aber auch kleine Sängerin fortan „la môme piaf“ – Zusammenbrüche, Entziehungskuren