Die Seestadt ist weiblich Biographien der Namenspatroninnen Einleitung

Janis Joplin, Hannah Arendt und Das Wiener Institut für sozialwis- Agnes Primocic – die Straßen in der senschaftliche Dokumentation und Seestadt tragen große Frauennamen. Methodik (WISDOM) erarbeitete im Der Beitrag zur Verbesserung der Auftrag der Entwicklungsgesellschaft Balance zwischen den Geschlech- für die Seestadt, der Wien 3420 AG, tern bei der Benennung der Wiener Strategien für die Straßenbenennung Straßen ist ein kleiner und doch setzt im neuen Stadtteil. In einem partizipa- die Seestadt damit ein großes Zeichen. tiven, wissenschaftlich begleiteten Verfahren mit 30 ExpertInnen wurden Die Straßennamen in einer Stadt sechs Namenswelten ausgearbeitet – sind ihr kollektives Gedächtnis und immer unter der Prämisse, dass wenn prägen ihre Identität. 3750 männliche ein Personenname zur Anwendung Namen stehen im Wiener Straßen- kommt, dieser weiblich sein muss. netz etwa 200 weiblichen Namen gegenüber – ein Ungleichgewicht, das den Leistungen der Wienerinnen nicht gerecht wird. Durch den Entschluss, die Straßen in der Seestadt weiblich zu benennen, kann der Anteil von Frauennamen von nur 5 auf 7 Prozent gesteigert werden.

Die Identität einer Person wird ent- scheidend durch ihre Adresse geprägt. Tatsächlich bildet, neben dem Namen und dem Geburtsdatum, die Adresse Durch den Entschluss der Bezirksvertretung das wichtigste Identitätsmerkmal eines Donaustadt, die Straßen in der Seestadt weiblich Menschen. Nicht nur für formal-recht- zu benennen, wurden am 28. Februar 2012 liche Festlegungen – wie den Melde- insgesamt 22 Straßennamen für die erste Etappe zettel – oder für die Sicherstellung der Seestadt festgelegt. Mit dem Fortschritt der öffentlicher Aufgaben – wie Rettungs- Stadtentwicklung folgen weitere Namen suk- einsätze – sind Adressen wichtig, auch zessive. Die vorliegende Broschüre bietet einen individuelle Beziehungen drücken sich Überblick über die Biographien der namens- durch Orte aus. gebenden Frauen.

2 INHALT Seite

Ada-Lovelace-Straße...... 4 Agnes-Primocic-Gasse...... 5 Anna-Müller-Straße...... 6 Christine-Touaillon-Straße...... 7 Édith-Piaf-Straße...... 8 Ella-Lingens-Straße...... 9 Frenkel-Brunswik-Gasse...... 10 Georgine-Steininger-Weg...... 11 Gisela-Legath-Gasse...... 12 Hannah-Arendt-Park & -Platz...... 13 Hermine-Dasovsky-Platz ...... 14 Ilse-Arlt-Straße...... 15 Janis-Joplin-Promenade...... 16 Josefine-Hawelka-Weg...... 17 Kuttelwascherweg...... 18 Madame-d´Ora-Park...... 19 Maria-Potesil-Gasse...... 20 Maria-Trapp-Platz...... 21 Maria-Tusch-Straße...... 22 Mela-Spira-Gasse...... 23 Mimi-Grossberg-Gasse...... 24 Schenk-Danzinger-Gasse...... 25 Susanne-Schmida-Gasse...... 26 Yella-Hertzka-Park...... 27

3 Ada-Lovelace-Straße

Ada Lovelace Mathematikerin (1815 – 1852)

Ada Augusta Babbages Idee einer neuen Rechen- Byron wurde maschine, der „Difference Engine“. 1815 als Tochter des Adas Ehemann Willim King, der Dichters George Gordon Noel Byron in spätere Earl of Lovelace, teilte ihre London geboren. Aufgrund der Tren- Leidenschaft für Mathematik. nung ihrer Elter lernte sie ihren Vater allerdings nie kennen. Ihre Mutter 1843 übersetzte sie die durch einen Anne Isabella Noel Byron weckte ihr italienischen Mathematiker angefer- Interesse für Mathematik, Geometrie tigte Beschreibung von Babbages und Astronomie und legte den Grund- „Analytical Engine“ ins Englische stein für die naturwissenschaftliche und fügte eigene Notizen und Über- Ausbildung der Tochter. legungen für den Bau der Maschine hinzu. Ada Lovelace zeigte auf, wie Mit 18 entwickelte Ada ihr Inter- Bernoulli-Zahlen mit der Maschine esse an technischen Maschinen. Die berechnet werden konnten. Dieser angesehene Mathematikerin Mary Algorithmus brachte ihr den Ruhm Somerville unterstützte sie auf ihrem ein, das erste Computerprogramm Weg und führte Ada in die wissen- geschrieben zu haben. Später wurde schaftlichen Kreise Londons ein. Hier die Programmiersprache „Ada“ nach hörte sie zum ersten Mal von Charles ihr benannt.

4 Agnes-Primocic-Gasse

Agnes Primocic Politikerin, Widerstandskämpferin (1905 – 2007)

Agnes Reinthaler wurde 1905 in Hallein ihre beiden weiteren Kinder zu sorgen als drittes von sechs Kindern in eine hatte, unterstützte sie auch während des Arbeiterfamilie geboren. Mit 16 Jahren Zweiten Weltkriegs Widerstandsgrup- begann sie in der Halleiner Zigarren- und pen. Sie verhalf drei KZ-Häftlingen zur Tabakfabrik zu arbeiten. Kurz darauf Flucht und riskierte ihr Leben, als sie, wurde ihr erstes Kind unehelich geboren. gemeinsam mit Mali Ziegenleder, einen Da ihre Eltern jede Hilfe verweigerten, Kommandanten des KZ Dachau überre- musste sie das Kind weggeben. Die junge dete, 17 zum Tode verurteilte Gefangene Frau setzte sich bald als Gewerkschafterin freizulassen. und Betriebsrätin für gerechtere Arbeits- bedingungen in der Fabrik ein. Nach 1945 war Agnes Primocic unter anderem als Landessekretärin der KPÖ in 1934 schloss sich Agnes der Kommu- Salzburg tätig. Zeit ihres langen Lebens nistischen Partei an und leistete schon bemühte sie sich, die Erinnerung an die früh Widerstand gegen den einsetzenden NS-Zeit wach zu halten und wurde für Austrofaschismus. Aufgrund ihres ihr Engagement u. a. mit dem Goldenen politischen Engagements wurde sie Verdienstzeichen des Landes Salzburg wiederholt inhaftiert. Obwohl sie für ausgezeichnet.

5 Anna-Müller-Straße

Anna Müller Gärtnereibesitzerin, Widerstandskämpferin

Anna Müller besaß einen Blumenladen ein Lager in Wien gebracht. Gemeinsam sowie eine Gärtnerei in Wien. Gemein- mit einer anderen Jüdin gelang Julia die sam mit ihrem Sohn, dem Postbeamten Flucht. Obwohl sie ihr eigenes Leben Konstantin Müller, unterstützte sie in riskierten, nahmen Anna und Konstantin der Zeit des Nationalsozialismus viele die beiden Frauen bei sich auf. Juden mit Geld, Lebensmitteln, Klei- dung und falschen Papieren. Als 1942 Konstantin wurde eingezogen und zu einer vielen Juden die Deportation nach Polen Arbeitseinheit nach Frankreich geschickt. drohte, ermöglichten sie der Jüdin Greti Nach einem Krankenhausaufenthalt 1944 Stern Österreich zu verlassen. Auch Julia wurde er für wehrdienstuntauglich erklärt. Lissiansky wandte sich an Anna und Auch Anna hatte mit gesundheitlichen Konstantin und bat um Hilfe. Im Schup- Problemen zu kämpfen, trotzdem sorgte pen der Gärtnerei fand sie Unterschlupf, sie für die beiden versteckten Jüdinnen, wurde aber von der entdeckt. die 1945 die Befreiung erlebten.

Durch seine persönlichen Kontakte konnte 1974 verlieh die israelische Gedenkstätte Konstantin Julias Deportation nach Polen Mutter und Sohn die Ehrenme- verhindern und sie wurde stattdessen in daille der „Gerechten unter den Völkern“.

6 Christine-Touaillon-Straße

Christine Touaillon Literaturhistorikerin, Schriftstellerin, Feministin (1878 – 1928)

Christine Auspitz wurde 1878 in Mähren in Wien. Sie war eine der ersten Frauen, als Tochter des späteren k. u. k. General- die die Hürden überwinden konnten, die majors Leopold Auspitz und seiner Gat- damals der akademischen Laufbahn einer tin Henriette geboren. Die Mutter starb Frau entgegenstanden. als Christine 17 Jahre alt war. Wie ihr Vater entwickelte sie eine Leidenschaft 1919 erschien ihre erste Gesamtdarstel- für Literatur. lung des deutschen Frauenromans des 18. Jahrhunderts, die sie im gleichen Jahr 1897 erwarb Christine die Lehrbefugnis erstmals an der philosophischen Fakultät an Volksschulen. in Graz als Habilitationsschrift vorlegte. Da die Universität Graz 1920 festlegte, Neben ihrer Lehrtätigkeit holte sie die die Anforderungen an die weiblichen Matura nach und inskribierte an der Habilitationsbewerberinnen deutlich Wiener Universität, um Literaturge- höher zu setzen als für männliche schichte zu studieren. 1904 heiratete sie Bewerber, zog sie ihren Antrag zurück. den Juristen Dr. Heinrich Touaillon und 1921 habilitierte sie schließlich als eine zog mit ihm in die Steiermark. Ein Jahr der ersten weiblichen akademischen danach promovierte Christine Touaillon Lehrerinnen an der Universität Wien.

7 Édith-Piaf-Straße

Édith Piaf Chan­son­ni­è­re (1915 – 1963)

Édith Piaf wurde 1915 als Tochter eines gleichermaßen. Leplée wurde später Akrobaten und einer Straßensängerin ermordet und auch Piaf geriet in Verdacht. in Paris geboren. Édith wuchs bei ihrer Ihr Ruf war ramponiert. Ihr neuer Mentor Großmutter auf, die in der Normandie Raymond Asso brachte Piaf zurück auf die ein Freudenhaus betrieb. Im Alter von Bühne. Auch während der deutschen Be- 7 Jahren zog sie mit ihrem Vater als satzung trat Édith Piaf weiter auf, was ihr Straßensängerin von Rummelplatz zu den Vorwurf der Kollaboration einbrachte. Rummelplatz. Mit 15 verschob sich ihr Lebensmittelpunkt zum Place Pigalle, Piaf hatte viele Affären – ihre große Liebe, dem Nabel des Pariser Nachtlebens. der Boxer Marcel Cerdan, starb bei einem Flugzeugabsturz. Sie betäubte ihren Édith Piaf wurde von Kabarettbesitzer Schmerz mit Morphium. Es folgten zwei Louis Leplée entdeckt, der die 1,47 m Ehemänner, zahlreiche Welthits, aber auch kleine Sängerin fortan „la môme piaf“ – Zusammenbrüche, Entziehungskuren Spatzengöre – nannte. Die Urgewalt ihrer und Krankenhausaufenthalte. „Non, je ne Stimme, die Authentizität ihrer Herkunft regrette rien“ – „Ich bereue nichts“ – war und die Melancholie der Lieder – Presse ihr Welthit und Soundtrack ihres Lebens. und Publikum feierten die Neuentdeckung 1963 stirbt Édith Piaf an der Côte d’Azur.

8 Ella-Lingens-Straße

Ella Lingens Juristin, Ärztin, Widerstandskämpferin (1909 – 2002)

Ella Reiner wurde 1909 in das wohl- Als Ärztin im Krankenrevier gelang es habende Wiener Bildungsbürgertum ihr, einige Juden vor dem Tod in der geboren. Ella studierte zunächst Jus Gaskammer zu retten. und dann Medizin. Bereits früh engagierte sie sich für den Sozialismus. Nach dem Krieg erfolgte die Schei- dung von Kurt Lingens. In den folgen- 1938 heiratete sie den Studienkollegen den Jahrzehnten war Ella Lingens im Kurt Lingens. Um das Ehepaar Lingens Sozialministerium tätig und baute das und den Psychoanalytiker Karl Motesiczky österreichische Gesundheits- und Sozial- entwickelte sich eine antifaschistische wesen mit auf. Unermüdlich widmete sie Widerstandsgruppe. Sie versteckten eine sich zudem der Erinnerungsarbeit: Ihre junge Jüdin und organisierten die Flucht Erfahrungen im Konzentrationslager er- polnischer Juden in die Schweiz. Von schienen 1948 unter dem Titel „Prisoners einem Gestapo-Spitzel verraten, wurden of Fear“. Im Auschwitz-Prozess 1964/65 alle drei 1942 verhaftet. sagte sie in insgesamt 22 Fällen aus.

Für Ella Lingens und Karl Motesiczky 1980 wurden Ella und Kurt Lingens von folgte die Deportation nach Auschwitz, Yad Vashem mit dem Titel „Gerechte wo Motesiczky nach kurzer Zeit starb. unter den Völkern“ ausgezeichnet.

9 Frenkel-Brunswik-Gasse

Else Frenkel-Brunswik Psychoanalytikerin, Psychologin (1908 – 1958)

Als Tochter der jüdischen Warenhaus- schaftliche Mitarbeiterin am Institute of besitzer Abraham und Helen Frenkel Child Welfare, später auch als Lektorin wurde Else 1908 in Lemberg geboren. und von 1944 bis 1947 als Senior Staff 1914 übersiedelte die Familie nach Wien, Member der Berkeley Opinion Study. Ab wo Else Frenkel Mathematik, Physik 1947 forschte sie am Cowell Memorial und Psychologie studierte und sich als Hospital der Universität. 1953 wechselte Psychoanalytikerin ausbilden ließ. Nach sie zum Institute of Industrial Relations ihrer Promotion arbeitete sie am Psycho- und arbeitete auch in Stanford. logischen Institut der Universität Wien. Sie war am Projekt „The Authoritarian In dieser Zeit begann ihre Beziehung Personality“ sowie anderen sozialwis- zum Psychologen Egon Brunswik. Wegen senschaftlichen Studien in den USA und des Einmarsches Hitlers emigrierte sie in Norwegen beteiligt. Nach dem Selbstmord die USA, wo sie Brunswik 1938 heira- ihres Mannes bekam sie zunehmend tete. Ab 1939 war sie in verschiedenen gesundheitliche Probleme. In ihren letzten Funktionen an der Fakultät für Psy- Lebensjahren war sie wieder an den Uni- chologie an der University of California versitäten in und in Berkeley tätig. in Berkeley tätig: zunächst als wissen- 1958 nahm auch sie sich das Leben.

10 Georgine-Steininger-Weg

Georgine Steininger Ehe-, Familien- und Lebensberaterin, systemische Familientherapeutin (1928 – 2009)

Georgine Steininger wurde 1928 im ita- Psychologie zu studieren. Sie absol- lienischen Padua unehelich im Haushalt vierte ihre Therapieausbildungen bei einer alten Wiener Gräfin geboren, die Mara Selvini, Helm Stierlin, Salvador sich Georgines Mutter und des Kindes Minuchin, Paul Watzlawick und angenommen hatte. Ihren Vater, der ein Milton Erickson. Von 1982 bis 2001 italienischer Offizier gewesen sein soll, baute sie das Ausbildungsinstitut für lernte Georgine nie kennen. Die Wiener systemische Therapie in Graz auf und Gräfin erzog das Mädchen und war wie hatte auch dessen Leitung inne. eine „Nonna“, eine Großmutter, für sie. Von Goergine Steininger stammen Mit 11 Jahren zog Georgine mit ihrer Mutter zahlreiche Übersetzungen aus dem nach Kärnten – eine schmerzhafte Zeit, Italienischen – bekannt ist das Werk denn sie vermisste Italien und fühlte sich „Paradoxon und Gegenparadoxon“. in ihrem neuen Zuhause unverstanden. Mit Außerdem arbeitete sie als systemische 16, gegen Ende des Zweiten Weltkrieges, Familientherapeutin in der Diözese Graz- wurde sie als Hilfskrankenschwester Seckau und engagierte sich in der ÖAS einberufen und nach Italien geschickt. (Österreichische Arbeitsgemeinschaft für Nach dem Krieg begann Georgine Steininger systemische Therapie).

11 Gisela-Legath-Gasse

Gisela Legath Bäuerin (1908 – 1973)

Gisela Gerecsèr wurde 1908 im vormals einige Tage im Wald und baten Familie ungarischen Lipòcz, heute Steinfurt im Legath um Hilfe. Burgenland geboren. 1927 heiratete sie Franz Legath und lebte fortan mit ihren Gisela Legath erkannte, dass es sich bei Kindern Martin und Frieda im burgen- den beiden um entflohene Juden handelte. ländischen Deutsch-Ehrendorf. Da Obwohl sie sich der Gefahr bewusst war, während des Zweiten Weltkrieges alle versteckte sie sie bis Kriegsende in einem arbeitsfähigen Männer eingezogen worden Getreidesilo. Gemeinsam mit ihren beiden waren – so auch Gisela Legaths Mann – Kindern versorgte sie die zwei Männer wurden ungarische Juden zu Zwangsar- mit Wasser und Nahrung und stellte ihnen beiten im Burgenland eingesetzt. Auf dem die Kleidungsstücke ihres abwesenden Anwesen der Familie Legath hatte die Mannes zur Verfügung. Gisela Legath Wehrmacht eine Feldküche eingerichtet. verstarb 1974.

Zwei ungarischen Juden, Gyögry Krausz 1994 wurde ihr gemeinsam mit ihren und seinem Freund Cundra, war auf beiden Kindern Martin und Frieda die ihrem Todesmarsch nach Mauthausen Auszeichnung „Gerechte unter den die Flucht gelungen. Sie versteckten sich Völkern“ von Yad Vashem verliehen.

12 Hannah-Arendt-Park /-Platz

Hannah Arendt Philosophin, Publizistin (1906 – 1975)

In den USA Hannah Arendt wurde 1906 als Tochter des arbeitete sie bei Ingenieurs Paul Arendt und dessen Frau mehreren jüdischen Organi- Martha bei Hannover geboren. Sie studierte sationen. Im Jahr 1951 veröffentlichte sie Philosophie, Theologie und Klassische „Origins of Totalitarianism“, eine Studie Philologie an der Universität Marburg, u. a. über Nationalsozialismus und Stalinismus. bei Martin Heidegger. 1928 promovierte sie Danach erhielt sie mehrere Gastprofessuren, bei Karl Jaspers. Im Jahr darauf zog Arendt u. a. in Princeton und Harvard, und eine nach , wo sie mit ihren Forschungen ordentliche Professur am Brooklyn College zur deutschen Romantik begann. Die Suche in New York. In dieser Zeit entstand „The nach ihrer eigenen jüdischen Existenz Human Condition“. 1961 berichtete sie brachte sie in Kontakt mit zionistischen Or- über den Prozess gegen Adolf Eichmann in ganisationen. 1933 verbrachte sie acht Tage . Ein Text über die „Banalität des in Gestapo-Haft und floh nach Paris. Sie Bösen“ sowie ihre Kritik an der Rolle der arbeitete in dieser Phase wissenschaftlich Judenräte in der Maschinerie des Holocaust über den Antisemitismus. 1940 heiratete sorgten für heftige Kontroversen. Von 1963 sie den ehemaligen Kommunisten Hein- bis 1967 war Hannah Arendt Professorin rich Blücher und emigrierte in die USA. In an der University of Chicago und von 1967 diesen Jahren entwickelte sie eine differen- bis 1975 an der Graduate Faculty der New zierte Haltung gegenüber dem Zionismus. School for Social Research in New York.

13 Hermine-Dasovsky-Platz

Hermine Dasovsky Gastwirtin (1903 – 1964)

Hermine Dasovsky wurde 1903 geboren. Verpflegung der jüdischen Zwangsarbeiter. Sie betrieb in der Lobau eine Gastwirt- schaft mit dem Namen „Schönes Platzerl“. Nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges 1939 wurde von den Nationalsozialisten in bezeugten mehrere Lagerinsassen die der Nähe ein Arbeitslager errichtet. Immer menschliche Haltung und den Mut, den wieder kam Hermine Dasovsky mit den In- Hermine Dasovsky an den Tag gelegt sassen in Kontakt – hauptsächlich handelte hatte. Sie wurde von ihnen „Mutter es sich dabei um belgische, französische Dasovsky“ genannt. Am 8. Juni 1964 und jugoslawische Kriegsgefangene. verstarb Hermine Dasovsky. Ihr Grab befindet sich am Friedhof Kagran. Es gelang ihr, die Gefangenen mit zusätz- lichen Speisen und Getränken zu versor- Einer breiteren Öffentlichkeit wurde gen und somit deren schweres Los etwas das menschliche – und in der Zeit des zu mildern. Auch zu den ab Juni 1944 im Nationalsozialismus auch lebensgefähr- Lager festgehaltenen ungarischen Juden liche – Verhalten von Hermine Dasovsky hatte Hermine Dasovsky Kontakt. erst durch die Wanderausstellung Obwohl sie ihr eigenes Leben dadurch „Donaustädter Frauenzimmer“ im aufs Spiel setzte, organisierte sie die Frühjahr 2011 bekannt.

14 Ilse-Arlt-Straße

Ilse Arlt Pionierin der Fürsorgewissenschaft (1876 – 1960)

Ilse Arlt wurde 1876 in Wien als Tochter Ilse Arlt begründete daher eine eigenstän- eines Augenarztes und einer Malerin dige Fürsorgewissenschaft und eröffnete jüdischer Herkunft geboren. Nach einem 1912 in Wien die erste Fürsorgeschule mit Umzug nach Graz absolvierte sie mit 20 dem Namen „Vereinigte Fachkurse für Jahren die Lehramtsprüfung für die eng- Volkspflege“. Sie trug alle Lehrmittel selber lische Sprache. Sie besuchte Vorlesungen zusammen und schrieb die ersten österrei- führender Sozialpolitiker Österreich- chischen Lehrbücher auf dem Gebiet. Ungarns und engagierte sich im Sozialen Bildungsverein in Wien. 1938 untersagte man ihr aufgrund ihrer jüdischen Abstammung jegliche Bis zum Jahr 1905 setzte sie ihre Studien Lehrtätigkeiten und das Publizieren. Die in Wien fort und besuchte Arbeiterver- Schule wurde 1946 nochmals eröffnet, sammlungen, Betriebe, Wohnungen und musste jedoch aufgrund anhaltender Elendsquartiere. Sie kam zur Erkenntnis, finanzieller Schwierigkeiten 1950 dass es – im Unterschied zu den großen endgültig ihre Pforten schließen. Für technischen Fortschritten ihrer Zeit – im Ihre Leistungen auf dem Gebiet der sozioökonomischen Bereich nach wie vor Fürsorgewissenschaft erhielt Ilse Arlt am an grundlegendem Wissen fehlte. 1955 den „Dr. Karl Renner-Preis“.

15 Janis-Joplin-Promenade

Janis Joplin Sängerin (1943 – 1970)

Janis Joplin wurde 1943 im texanischen Es folgten ihre legendäre Performance Port Arthur als Tochter eines Mitar- beim Monterey Pop Festival und ein beiters einer Ölgesellschaft und einer Plattenvertrag mit Columbia Records. Büroangestellten geboren. Schon früh Mit „Piece of my heart“ auf dem Album entdeckte sie Blues- und Folkmusik für „Cheap Thrills“ landete sie einen Hit. sich. Aufgrund ihres eigenwilligen Stils wurde sie von ihren Mitschülern an der Ab 1969 performte sie dann als Solo- High School ausgegrenzt. Künstlerin, u. a. beim Woodstock Festival. Sie brach das College ab und ging 1963 nach San Francisco, um ihr Glück als Ihr Album „Pearl“, das sie mit der Sängerin zu versuchen. Um den Exzessen „Full Tilt Boogie Band“ aufnahm, sollte in San Francisco zu entfliehen, kehrte ihr erfolgreichstes, aber auch ihr letztes sie kurze Zeit später zurück, um an der werden. 1970 starb Janis Joplin an einer Lamar University zu studieren. 1966 zog Überdosis. Die bekannte Ballade „Me es sie wieder nach Kalifornien – mit der and Bobby McGee“ sowie ihr A Cappella Band „Big Brother and the Holding Com- Song „Mercedes Benz“ wurden erst pany“ erlebte sie den großen Durchbruch. posthum veröffentlicht.

16 Josefine Hawelka-Weg

Josefine Hawelka Cafetiere (1913 – 2005)

Josefine Danzberger wurde 1913 als Künstler wie Friedensreich Hundertwasser Tochter eines Fleischhauers in Oberöster- und Ernst Fuchs das „Hawelka“. Zu den reich geboren. Mit 16 Jahren zog sie nach Stammgästen zählten und zählen auch Wien und arbeitete als Schankkassiere- jüngere Dichter wie H. C. Artmann oder rin. Dabei lernte sie auch den Servier- Gerhard Rühm, die Schauspieler Helmut kellner Leopold Hawelka kennen. Qualtinger und Oskar Werner, der Diri- Das Paar heiratete im Jahr 1936. gent Nikolaus Harnoncourt, der Fotograf Franz Hubmann sowie der Sänger Georg Drei Jahre später eröffneten sie das Café Danzer, der das Café in dem Austropop- Hawelka in der Dorotheergasse, mussten Lied „Jö schau“ verewigte. Bis zu ihrem es aber kurz darauf schließen, weil Leo- Tod 2005 war Josefine Hawelka im Kaffee- pold zum Kriegsdienst eingezogen wurde. haus tätig und für ihre selbst gebackenen Nach der Wiedereröffnung 1945 wurde Buchteln bekannt. das Café schon bald zu DEM Wiener Lit- eratencafé mit prominenten Stammgästen Für ihre Verdienste erhielt die Cafetiere wie Friedrich Torberg, Hilde Spiel oder eine Reihe von Auszeichnungen – Hans Weigel. Ab Mitte der 1960er Jahre u. a. das Goldene Verdienstzeichen der frequentierten vermehrt auch bildende Republik Österreich (2000).

17 Kuttelwascherweg

Hermine „Minna“ Kuttelwascher Gerechte unter den Völkern

Hermine (Minna) Kuttelwascher und ihrer Schwester, die deportiert und lebte mit ihrem Mann, dem Installa- ermordet worden waren. teur Otto Kuttelwascher, und den drei gemeinsamen Kindern in Wien. Die Ständig mussten nun auch Minna und Familie war mit der jüdischen Familie Otto Kuttelwascher mit der Gefahr leben, Kohn befreundet, die in der Nachbar- entdeckt und verhaftet zu werden. Trotz- schaft lebte. Der Vater der Kohns war dem gelang es ihnen, Erna Kohn bis ans nach dem „Anschluss“ gestorben, die Kriegsende zu verstecken und zu versor- beiden Töchter Käthe und Erna hatten gen und retteten ihr damit das Leben. ihre Arbeit verloren. Dem Ehepaar Kuttelwascher wurde 1940 wurde Erna Kohn zur Zwangs- dafür am 18. September 1980 von Yad arbeit in einem Arbeitslager bei Magde- Vashem die Auszeichnung „Gerechte burg verpflichtet und Anfang 1942 unter den Völkern“ verliehen. Die nach Wien zurückbeordert. Dort an- Lebensdaten Minna Kuttelwaschers gekommen fand sie Unterschlupf bei konnten weder in den Unterlagen der Familie Kuttelwascher. Erna Kohn der Wienbibliothek noch in Internet- entging so dem Schicksal ihrer Mutter ressourcen eruiert werden.

18 Madame-d’Ora-Park

Madame d’Ora Fotografin (1881 – 1963)

Madame d’Ora wurde 1881 in Wien als 1925 eröffnete sie in Paris ein eigenes Dora Philippine Kallmus in eine jüdische Atelier. Sie wurde Hauptfotografin des Familie geboren. 1900 beschloss sie, Schauspielers und Sängers Maurice Fotografin zu werden – mit einer Sonder- Chevalier und arbeitete als Modefoto- erlaubnis besuchte sie Kurse der Wiener grafin für große Pariser Modehäuser wie Graphischen Lehr- und Versuchsanstalt Lanvin und Chanel. und nahm Unterricht bei Nicola Perscheid 1940 floh sie vor deutschen Truppen in Berlin. nach Südfrankreich und kehrte 1946 für kurze Zeit nach Österreich zurück. Sie 1907 eröffnete sie als „Madame d’Ora“ fotografierte Flüchtlingslager und das gemeinsam mit Arthur Benda ihr Atelier zerstörte Wien. Die unfassbaren Schrecken in Wien. Vor allem mit Porträts von Wie- des Krieges veränderten ihren Fotostil ner Künstlern und Intellektuellen wie nachhaltig. In Folge eines Verkehrsun- Alma Mahler-Werfel, Arthur Schnitzler, falls 1959 wurde sie pflegebedürftig und Gustav Klimt, Max Reinhardt und Karl starb schließlich 1963. Der Nachlass wird Kraus machte sie sich international einen von mehreren Institutionen verwahrt. Namen. 1916 fotografierte sie die Krö- Insgesamt entstanden zwischen 1907 und nung von Karl I. zum König von Ungarn. 1927 rund 90.000 Aufnahmen.

19 Maria-Potesil-Gasse

Maria Potesil Pflegemutter, Gerechte unter den Völkern

Maria Potesil wurde 1894 in Wien geboren. „Mischling ersten Grades“ anerkannt 1927 wurde ihr der zweieinhalbjährige wurde – ein Status, der ihn vor einer Kurt Martinetz, dessen christliche Mutter Deportation bewahrt hätte. Doch alle ihre nach seiner Geburt gestorben war, als Anträge wurden ohne Erklärung abgelehnt. Pflegekind anvertraut. Kurts Vater war Jude. 1944 wurde Kurt von der Gestapo ver- haftet. Seine Entlassung ist der Hartnäckig- Nach dem „Anschluss“ stellte die Stadt keit Maria Potesils zu verdanken, die sechs Wien das Pflegegeld für Kurt ein. Trotz Wochen lang alle in Frage kommenden Behördenwillkür und Anfeindungen Behörden kontaktiert hatte. Sofort nach bemühte sich Maria Potesil weiter um die Freilassung versteckte sie ihn bei Be- Vormundschaft, die sie 1939 auch erhielt. kannten und rettete ihm so das Leben. Sie musste ihre Wohnung aufgeben und mit Kurt in den Zweiten Bezirk ziehen – Nach dem Krieg klagte Maria Potesil die einzige Gegend Wiens, in der Juden erfolglos die Stadt Wien um rückwirk- noch leben durften. ende Auszahlung des Pflegegeldes. 1978 wurde Maria Potesil von Yad Vashem Maria Potesil setzte sich dafür ein, dass die Auszeichnung „Gerechte unter den Kurt nicht als „Volljude“, sondern als Völkern“ verliehen.

20 Maria-Trapp-Platz

Maria Augusta von Trapp Sängerin, Schriftstellerin (1905 – 1987)

Maria Augusta von Trapp wurde 1905 als Europatournee. Nach dem „Anschluss“ Maria Augusta Kutschera in einfachen wanderte Baron Trapp mit der gesamten Verhältnissen in Wien geboren. In Salz- Familie nach Amerika aus. burg arbeitete sie ab 1925 als Hauslehrerin für die sieben Kinder des verwitweten 1939 brachte Maria einen weiteren Buben Korvettenkapitäns Baron Georg Ludwig zur Welt. Das Ensemble trat nun unter von Trapp, den sie im Jahre 1927 heiratete. dem Namen „Trapp Family Singers“ auf und war bald in ganz Amerika berühmt. Gemeinsam mit den Kindern begann 1950 gastierte das Ensemble zum ersten Maria im Familienkreis zu musizieren Mal nach Kriegsende wieder bei den – vom einfachen Volkslied bis zum Salzburger Festspielen. Bis 1956 folgten anspruchsvollen Chorsatz. Sie bekam noch zahlreiche Konzertreisen auf der noch zwei eigene Kinder. Im Zuge der ganzen Welt. Wirtschaftskrise verlor die Familie ihr gesamtes Vermögen und Maria gründete Die Autobiographie von Maria Trapp einen Familienchor, der 1936 gleich beim wurde verfilmt und 1959 als weltberühm- ersten Volkssängerwettbewerb gewann. tes Musical „The Sound of Music“ auf Es folgten Rundfunkaufnahmen und eine die Bühne gebracht.

21 Maria-Tusch-Straße

Maria Tusch Arbeiterin, Politikerin (1868 – 1939)

Maria (auch: Marie) Pirtsch wurde als Nationalratsabgeordnete angelobt. Sie 1868 als Tochter bäuerlicher Dienstboten war die einzige Nicht-Wienerin unter den in Klagenfurt geboren. Schon als Zwölf- weiblichen Abgeordneten und gehörte jährige begann sie in der Tabakfabrik in dem Nationalrat alle vier Legislaturperi- Klagenfurt zu arbeiten. Dort engagierte oden der Ersten Republik an. sie sich für bessere Arbeitsbedingungen und eine Besserstellung der Frauen, Ihr Engagement galt dem Schicksal der wurde Vertrauensfrau und Betriebsrätin. Kriegsversehrten. Als Sozialpolitikerin Ihre Tätigkeit brachte sie wiederholt in trat sie für die Rechte der Frauen sowie Konflikt mit der Fabriksleitung. Verheira- für die soziale Besserstellung von Arbei- tet war sie mit dem Eisenbahner und terinnen und Müttern ein. Sie war gegen Sozialdemokraten Anton Tusch. die strafrechtliche Verfolgung bei Ab- treibungen. Marie Tusch galt außerdem Nach dem Ersten Weltkrieg war sie als Expertin in wirtschaftlichen Fragen Vorsitzende des Kärntner Landesfrauen- des österreichischen Tabakmonopols komitees der Sozialdemokratischen und verfügte über eine eindrucksvolle Arbeiterpartei Österreichs (SDAPÖ). 1919 Rhetorik. Bildung war der wichtigste wurde sie als eine der ersten acht Frauen Antrieb für Maria Tusch.

22 Mela-Spira-Gasse

Mela Spira Schauspielerin, Schriftstellerin (1893 – 1967)

Mela Hartwig wurde 1893 als Tochter des lerin. Mit Unterstützung von Alfred jüdischen Soziologen Theodor Herzl in Döblin und Stefan Zweig konnte sie im Wien geboren. Ihr Vater konvertierte zum darauffolgenden Jahr ihre Novellen- Katholizismus und nahm den Namen sammlung „Ekstasen“ veröffentlichen. Hartwig an. Am Wiener Konservatorium 1929 erschien ihr Roman „Das Weib ist wurde Mela in Gesang und Schauspiel ein Nichts“ und verursachte ebenso wie ausgebildet. In den Jahren 1917 bis 1921 ihre Novellen einen Skandal. spielte sie an verschiedenen Bühnen Österreichs und gehörte dem Ensemble Nach dem „Anschluss“ Österreichs 1938 des Berliner Schillertheaters an. 1921 emigrierte Mela Spira mit ihren Mann heiratete sie den jüdischen Anwalt nach London, wo sie als Übersetzerin Robert Spira. Noch im selben Jahr verließ arbeitete. Virginia Woolf vermittelte ihr sie die Bühne und zog nach Gösting bei damals eine Anstellung als Sprachlehre- Graz. Dort begann sie mit ersten schrift- rin und sie wurde Mitglied des interna- stellerischen Arbeiten. tionalen Autorenverbands P.E.N.-Club. Mela Spira starb 1967 in London. Erst Mit der Erzählung „Das Verbrechen“ posthum erlebte das literarische Werk debütierte Spira 1927 als Schriftstel- Mela Spiras eine Renaissance.

23 Mimi-Grossberg-Gasse

Mimi Grossberg Schriftstellerin (1905 – 1997)

Emilie „Mimi“ Grossberg wurde 1905 in ermordet. 1956 erschien ihr zweiter eine gut situierte jüdische Unternehmer- Gedichtband „Versäume, verträume...“. familie geboren. Nach der Matura arbei- Ihre ambivalenten Gefühle zur Heimat tete sie in der Bibliothek des Volksheims nach einem Wienbesuch im Jahr 1957 Ottakring. Ende der 1920er Jahre erlernte verarbeitete sie in ihrem Text „Märchen- sie den Beruf der Modistin und trat der fee Österreich“. Zurück in New York kam Sozialdemokratischen Partei bei. 1930 sie in Kontakt mit Exilschriftstellern und heiratete sie Norbert Grossberg. Der setzte sich fortan unermüdlich für diese elterliche Betrieb ging in Konkurs, die ein. 1968 stellte Mimi Grossberg eine wirtschaftliche Situation des Paars war Ausstellung über Leben und Werk von angespannt. In dieser Zeit begann Mimi 62 Autorinnen und Autoren österreich- Grossberg Gedichte zu schreiben. ischer Herkunft in den USA zusam- Ihr erster Gedichtband wurde 1935 men. Für ihre Grundlagenforschung zur veröffentlicht. österreichischen Exilliteratur wurde Mimi Grossberg 1974 mit dem Goldenen Nach dem „Anschluss“ flohen Mimi und Ehrenzeichen der Republik ausgezeich- Norbert Grossberg nach New York. Ihre net und in den österreichischen P.E.N.- Eltern hingegen wurden deportiert und Club aufgenommen.

24 Schenk-Danzinger-Gasse

Lotte Schenk-Danzinger Psychologin (1905 – 1992)

Charlotte Schenk-Danzinger wurde 1905 Leitung der neu gegründeten Schulpsycho- in Wien geboren. Nach der Matura im Jahr logischen Beratungsstelle der Stadt Wien. 1925 absolvierte sie, gemeinsam mit Marie 1963 wurde sie an der Philosophischen Jahoda, die Lehrerausbildung des Pädago- Fakultät der Universität Innsbruck habi- gischen Instituts und studierte Psycholo- litiert und arbeitete bis 1970 als Lehr- gie in Wien. Im Jahr 1930 promovierte beauftragte. Zusätzlich lehrte sie ab 1967 sie unter Karl Bühler. Von 1927 bis 1935 an der Pädagogischen Akademie in Wien. arbeitete Charlotte Schenk als Assistentin von Charlotte Bühler. Sie war Teil des Pro- Im Jahr 1969 wurde Schenk-Danzinger jektteams der „Marienthal-Studie“, einer an die Universität Graz umhabilitiert, Untersuchung über Arbeitslosigkeit. 1937 wo sie bis 1981 als Universitätsdozentin heiratete sie den Ingenieur Johann Schenk für Entwicklungspsychologie und und bekam zwei Kinder. Pädagogische Psychologie am Institut für Erziehungswissenschaften wirkte. Nach ihrem beruflichen Wiedereinstieg Sie war eine wichtige Vorkämpferin der 1946 arbeitete sie zunächst an der Legasthenieforschung und Gründungs- Standardisierung von Entwicklungstests mitglied des Österreichischen Bundes- für das Schulalter. 1948 übernahm sie die verbands Legasthenie.

25 Susanne-Schmida-Gasse

Susanne Schmida Philosophin (1894 – 1982)

Susanne Schmida wurde 1894 im heu- Familie mit sehr kritischem Blick und tigen Polen geboren. In Wien studierte grenzte sich deutlich von den sie Philosophie bei Robert Reininger und rassistischen Tendenzen ihrer Zeit ab. promovierte im Jahr 1919 – als eine der Eine integrierende europäische Kultur ersten Frauen. 1921 gründete sie den war die Philosophie ihrer Schule. In den „Reiningerkreis“, ein interdisziplinäres und 1970er Jahren entwarf sie einen Schu- interkulturelles Diskussionsforum. 1923 lungsweg für eine „Religiosität jenseits heiratete sie den Philosophen Victor Brod. der Religionen“.

Schon bei ihrem Doktorvater Reininger be- Auf der einen Seite Visionärin, auf der schäftigte sie sich mit indischer Philosophie. anderen Seite kritische Philosophin: Anhand der Schriften von Sivananda Susanne Schmida blieb in der Tradition begann sie in den 1920er Jahren Yoga zu der Aufklärung, ermutigte aber „alle Men- studieren und zu unterrichten. Im Jahr schen aller Kulturen und Religionen, die 1934 gründete sie die Gymnastikschule über die intellektuelle Aufklärung hinaus „Schule des Bundes für neue Lebens- noch etwas anderes suchen. Die nur durch form“. Schmida sah Geschlechterrollen die Nachinnenwendung zu gewinnende sowie Institutionen wie Religion und Erlebnistiefe, die zugleich Nirvana ist“.

26 Yella-Hertzka-Park

Yella Hertzka Gärtnerin, Schulgründerin, Frauenrechtlerin (1873 – 1948)

Yella Fuchs wurde 1873 in Wien geboren klubs“ und von 1921 bis 1938 außerdem und absolvierte eine gärtnerische Ausbil- Präsidentin des österreichischen Zweigs dung. 1897 heiratete sie Emil Hertzka – der „Internationalen Frauenliga für ab 1909 Verlagsdirektor des Musikver- Frieden und Freiheit“. Nach dem Tod lages Universal Edition. Im Jahr 1912 ihres Mannes 1932 gehörte sie dem Vor- gründete sie die erste höhere Gartenbau- stand der Universal Edition an und setzte schule für Mädchen in Wien. Die Schule sich für Frauen in der Musik ein. Hertzkas setzte sich auch zum Ziel, die jungen Gartenbauschule wurde 1937 aufgelöst. Frauen zur Betriebsführung zu befähigen. Im Jahr darauf mussten alle Vorstände der Universal Edition zurücktreten – der Dank Yella Hertzkas Anregung und Fi- Verlag wurde „arisiert“. nanzierung entstand die Künstlerkolonie im Döblinger Kaasgraben, wo das Ehepaar 1938 heiratete sie Edgar Taussig und floh selbst wohnte. Sie veranstaltete zahlreiche nach London. Nach dem Krieg wurde sie Gartenfeste, an denen Persönlichkeiten zum „öffentlichen Verwalter“ der Universal wie Gustav Mahler und Arnold Schönberg Edition berufen. Hertzka leitete das Rück- teilnahmen. Von 1909 bis 1933 war sie stellungsverfahren ein, dessen Ausgang sie Präsidentin des „Neuen Wiener Frauen- nicht mehr erlebte, da sie 1948 verstarb.

27 KONTAKT INFO

HERAUSGEBERIN Unser besonderer Dank aspern Die Seestadt Wiens gilt der Magistratsabtei- ein Projekt der lung 7, der Kulturabtei- Wien 3420 lung der Stadt Wien, für Aspern Development AG die Zurverfügungstellung Seestadtstraße 27/13 der Biographien. Die 1220 Wien historischen Hinter- gründe aller städtischen www.aspern-seestadt.at Straßennamen können im umfassenden Online- Straßenlexikon der Stadt Wien unter folgendem Link REDAKTION & nachgelesen werden: GRAFISCHE GESTALTUNG Annemarie Müller, Letteria GmbH www.wien.gv.at/ Claudia Litschauer strassenlexikon/internet

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