konstruktiv Beilage zum bref Magazin Theologisches aus Bern N° 40 / 2016

reise hin weise

Theologisch bedeutsame Orte in der Schweiz Inhalt

3 Schönenwerd: Zwischen Marienwallfahrt und Kulturkampf Adrian Suter

4 Männedorf: Zentrum der Heiligungsbewegung Gergely Csukás

5 Baptisterien aus dem 5. und 6. Jahrhundert in der heutigen Schweiz Maria Lissek

6 Spuren eines vielfachen Erinnerungsträgers – Martin von Tours und seine Kultorte Angela Berlis 7 Bern, Zentrum Paul Klee: Editorial Ein Ort für Transzendenzerfahrungen? Magdalene L. Frettlöh Mitten in Europa gelegen, umfasst die heutige Schweiz ein 8 Endingen, Lengnau und der Friedhof am Weg: Gebiet, in dem seit der Antike unterschiedliche Völker, Der «gute Ort», ein Haus für die Ewigkeit Sprachen, Kulturen und Religionen aufeinandertreffen. René Bloch Der enge kulturelle Austausch auch mit den Nachbarre­ 10 L’abbatiale de Bellelay – gionen hat an vielen Orten sichtbare Spuren hinterlassen. échos du passé et musique d’avenir Auf den folgenden Seiten porträtieren Angehörige der Lara A. Kneubühler Theologischen Fakultät Bern solche Orte von theologi­ 11 Himmel, Erde, West und Ost – scher Bedeutsamkeit, die sich in der Schweiz befinden Die Antoniterkirche in der Berner Altstadt Nadja Heimlicher und zugleich über die Landesgrenzen hinausweisen. Wir haben bewusst nicht die ganz bekannten Orte wie , 12 Bern, Haus der Religionen: St. Gallen, Einsiedeln oder Zürich gewählt. Sondern ver­ Das Mit- und Nebeneinander gestalten Anna-Konstanze Schröder borgene Stätten, die es noch zu entdecken gilt – sei es in ihrer blossen Existenz, sei es in ihrer historischen oder 13 Zürich: Blinde Kuh – mehr als ein Restaurant theologischen Signatur. Christoph Sigrist

14 Büren: Eine bewegende Feder als Wallfahrtsziel? Die Theologische Fakultät möchte Sie mit diesem Heft zu Dominik von Allmen einer weltoffenen Spurensuche vor der eigenen Haustür 15 Gottlieben: Gefängnis des Reformators Jan Hus einladen. «Le seul véritable voyage ce ne serait pas d’aller Zbynek Kindschi Garsky vers d’autres paysages, mais d’avoir d’autres yeux»

16 Neues aus der Fakultät (Marcel Proust, La Prisonnière, 1923). In diesem Sinn wünschen wir Ihnen eine vergnügliche und lehrreiche 20 Buchpublikationen 2015 / 2016 Reise – zunächst durch dieses Heft und dann vielleicht zu einem der darin vorgestellten Orte.

Katharina Heyden und Martin Sallmann konstruktiv Beilage zum bref Magazin, Pfingstweidstrasse 10, 8005 Zürich, Telefon 044 299 33 21. Institut für Historische Theologie Redaktion Katharina­ Heyden, Martin Sallmann, Maria Lissek, Nadja Heimlicher, Gergely Csukás. PS: Und wenn Sie durch die Lektüre Lust bekommen, Bildredaktion ­Katharina Heyden. Gestaltung Carmen­ Stark. selbst über einen theologisch bedeutsamen Ort in der Produktion ­Reformierte Medien Zürich. Schweiz zu schreiben, freuen wir uns über Ihre Mitwir­ Korrektorat ­Ursula Klauser. Druck ­Jordi AG, Aemmenmattstrasse 22, 3123 Belp. kung an unserer neuen Webseite «theos». Nähere Infor­ Herausgeberin ­Theologische Fakultät der Universität Bern. mationen dazu finden Sie auf Seite 9.

2 konstruktiv Beilage zum bref Magazin Schönenwerd SO Zwischen Marienwallfahrt und Kulturkampf

Adrian Suter

«War das früher mal ein Kloster?» Diese Fra­ aus bekannt. Die Statue wurde in unter­ ge stellen viele Besucherinnen und Besu­ schiedliche Gewänder gekleidet, je nach Zeit cher, wenn sie in den Kreuzgang der Stifts­ des liturgischen Jahres. Die Statue steht kirche St. Leodegar in Schönenwerd treten. noch heute an ihrem Ort, die Gewänder sind Der Kreuzgang ist zwar im romanischen im Ausstellungsraum der Stiftskirche zu Stil mit Tonnengewölbe und Rundbogenar­ besichtigen. Und einmal im Jahr wird die kaden gebaut, stammt aber in der jetzigen Marienkapelle noch liturgisch verwendet: Form aus dem frühen 17. Jahrhundert. Ob­ Am 15. August feiert die Gemeinde dort die wohl ein Kloster bereits 778 urkundlich be­ Vesper mit Kräutersegnung. zeugt ist, gehört der Kreuzgang nicht zu einer Klosteranlage, sondern zu einem Chor­ Kulturkampf und Aufstieg der Industrie herrenstift: einer Gemeinschaft von Pries­ Im 19. Jahrhundert wurde aus dem Marien­ tern ohne Mönchsgelübde. wallfahrtsort ein bedeutender Ort des Kul­ turkampfes. Man sagt, dem Schuhfabrikan­ Kleinod mit Geschichte ten Carl Franz Bally seien vor allem die Die Stiftskirche ist die älteste noch bestehen­ vielen katholischen Feiertage ein Dorn im de Kirche im Kanton Solothurn, um 1040 als Auge gewesen, deswegen habe er sich zum dreischiffige, frühromanische Basilika er­ «Pfaffenschreck» entwickelt. Er war ein baut. Mauern und Pfeiler stehen noch heute durchaus mit dem Christentum verbunde­ wie damals, aber im Lauf der Jahrhunderte ner Mensch, aber zugleich ein liberaler Geist, hat die Kirche einige Veränderungen mitge­ der sich keine Vorschriften machen lassen macht: Die ursprünglichen zwei Türme wa­ wollte, weder für sein Denken noch für sein ren um 1663 so beschädigt, dass sie abgetra­ Wirtschaften. Parallel zum Aufstieg seiner gen werden mussten. Ein neuer einzelner Schuhfabrikation sank die Bedeutung des Westturm wurde 1676 bis 1679 vor das Kir­ Schönenwerder Stiftes: Das Schulwesen chenportal gebaut, so dass dem Kirchenein­ wurde verstaatlicht, den Chorherren Miss­ gang heute eine Vorhalle im Erdgeschoss des wirtschaft vorgeworfen. Die Solothurner Re­ Turmes vorgelagert ist. Wichtige bauliche gierung hob das Stift 1874 auf. Daraufhin Veränderungen hat die Kirche auch innen übernahm die Christkatholische Kirchge­ erfahren. Die barocken Stukkaturen mit ih­ meinde die Kirche, die Stiftsgebäude und Büste von Carl Franz Bally mit dem Turm der Stiftskirche. ren verspielten Formen geben dem Raum ei­ den grossen Kirchenvorplatz, das Bühl. Carl (Bild: Adrian Suter) ne Leichtigkeit, die für romanische Bauten Franz Bally selbst wurde christkatholisch ungewohnt ist. und ermöglichte 1889 durch grosszügige fi­ Tessin verlegt. Von Ballys Präsenz zeugen Bekannt ist die Kirche auch für ihre Mari­ nanzielle Unterstützung eine Renovation aber weiterhin die Stiftung Ballyana mit enstatue, die in früheren Jahrhunderten vie­ der Stiftskirche. Seit 1888 finden in der ihrer Sammlung Industriekultur, das Bally- le Pilger anzog. Mit ihr ist eine schöne Legen­ Stiftskirche auch regelmässig reformierte Schuhmuseum und der Ballypark. de verbunden: Sie sei, so wird berichtet, in Gottesdienste statt. Die römisch-katholische Bern während der Reformation in die Aare Kirchgemeinde war im 19. Jahrhundert zu Zur Vertiefung: geworfen und in Schönenwerd an Land ge­ einer gemeinsamen Nutzung nicht bereit. • www.stiftskirche.ch schwemmt worden. In Bern herrschte Bilder­ Zwar läuteten die Kirchenglocken weiter­ • Clauspeter Scalabrin (Hg.): Pionier sturm, Heiligenbilder und Statuen wurden hin, doch nicht mehr sie, sondern die Fabrik­ und Pfaffenschreck. Die Memoiren aus den Kirchen entfernt und zum Teil zer­ sirene der Firma Bally bestimmte den Rhyth­ des Carl Franz Bally, Baden 2009. stört. Die Chorherren stellten die aufgefun­ mus des Dorflebens. Der Industriebetrieb • Gottlieb Loertscher: Stiftskirche dene Statue auf den Hochaltar, doch über erlangte internationale Bedeutung, mit Nie­ Schönenwerd SO (Schweizerische Nacht habe sie von selbst ihren Platz gewech­ derlassungen in , Montevideo Kunstführer, 44 / 434), Bern 1988. selt und sei auf der Empore gestanden. Man und . In Paris arbeitete auch Paul Gugel­ stellte sie wieder auf den Hochaltar, und wie­ mann als Schuhdesigner für Bally, der im der wanderte sie über Nacht. Beim dritten Kreuzgang der Stiftskirche aufgewachsen Mal sahen die Chorherren dies als Zeichen war und mit seinen «poetischen Maschinen» an, dass die Statue auf der Empore verehrt Bekanntheit als Künstler erlangte. Andert­ werden wolle. halb Jahrhunderte lang prägte die Firma Dr. Adrian Suter ist Pfarrer an der In der Folge wurde Schönenwerd zum Ma­ Bally das Dorf. Doch Ende des 20. Jahrhun­ Stifts­kirche Schönenwerd und Oberassistent rienwallfahrtsort – nicht so bedeutsam wie derts wurde die Produktionsstätte in Schö­ am Departement für Christkatholische Einsiedeln, aber doch über die Region hin­ nenwerd geschlossen und der Firmensitz ins Theologie.

konstruktiv Beilage zum bref Magazin 3 Männedorf ZH Zentrum der Heiligungsbewegung

Gergely Csukás

gebets- und bibelzentrierte Lebensweise ein – Einfluss fand. Sowohl bei Frauenrechtlerin­ von ihren Biografen als Heiligungserfahrung nen aus dem Réveil als auch bei namhaften Ver­ im Sinne der Heiligungsbewegung gedeutet, tretern der nach ihrem Tod sich formierenden die von einer stufenweisen und geistgewirk­ Heiligungs- und Heilungsbewegung erfuhr sie ten Vervollkommnung des christlichen Le­ breite Rezeption, die in Männedorf eine bedeu­ bens ausging und die Vorstufe der späteren tende Lebensveränderung durch Heilung von Pfingstbewegung bildete. Selbst zeitlebens an körperlichen und seelischen Gebrechen erfah­ einer Rückenverkrümmung leidend, betete sie ren haben wie etwa Otto Stockmayer, Elias im Jahr 1852 auf das wörtliche Verständnis Schrenk, Arnold Bovet, bedeutende Promoto­ von Jakobus 5,14f. hin für mehrere Arbeiter ren der Heiligungs- und Temperanzbewegung. der Fa­brik ihres Neffen. Als danach die Kran­ Andere Persönlichkeiten blieben Männedorf ken Heilung erfahren haben, verbreitete sich verbunden wie Carl H. Rappard (St. Chrischo­ die Nachricht und immer mehr Heilsuchende na), Johann Friedrich Dändliker (Diakonissen­ pilgerten zu ihr. Auf die Nachricht von der haus Bern) oder Robert P. Smith (bedeutendster Vorne das Ferien- und Tagungszentrum Bibelheim Männedorf Gründung der Heilanstalt Bad Boll durch Jo­ Förderer der Heiligungsbewegung). In den wei­ mit Kapelle. Im Hintergrund die Pfarrkirche Männedorf und der hann Christoph Blumhardt hin schöpfte sie teren Jahrzehnten wurden an die drei Dutzend Zürichsee. (Bild: Bibelheim Männedorf) als Frau den Mut, ebenfalls Kranke bei sich Gebetsheilanstalten bzw. Erholungsheime nach aufzunehmen und für sie wochen- und mona­ dem Vorbild Männedorfs im In- und Ausland «Der Name der Dorothea Trudel von Männedorf telang auf Spendenbasis durch Pflege und Ge­ gegründet. ist ein weit über die Grenzen unsers Kantons bet zu sorgen. Sie wies jeden Anspruch zu­ hinaus bekannter. Man weiss in der ganzen rück, eine Heilerin zu sein, und führte die Männedorf heute Schweiz und in den an dieselbe angrenzenden Heilungen auf das Wirken Gottes zurück, da Ein Kuratorium leitet einen Komplex an Ein­ deutschen Staaten, dass die ‹Heilige› in Männe­ sich in ihnen das Reich Gottes proleptisch of­ richtungen, wozu neben dem Ferien- und Ta­ dorf seit einer Reihe von Jahren die verschieden­ fenbare. Krankheiten führte sie auf die Sünde gungszentrum Bibelheim Männedorf auch ein artigsten Krankheiten heilt, dass sie eine eigene des Menschen zurück. Alters- und Pflegeheim sowie Alterswohnun­ ‹Gebetsheilanstalt› in Männedorf eingerichtet gen gehören. Dominiert wird das Areal durch hat [...] und man weiss, dass die Trudel, ein zwei­ Im Kreuzfeuer der Kritik die im Jahr 1897 errichtete Kapelle. Das Pano­ ter Doctor Blumhard in Württemberg, ihre Dorothea Trudel bewegte sich als Frau in zwei rama sowie die friedliche Atmosphäre laden wahrhaft Wunderkuren lediglich durch Gebet Männerdomänen: Medizin und Theologie. zur Ruhe und Besinnung ein. Das Erbe von Do­ und Handauflegung, höchstens noch mit An­ Ärzte sahen ihre Monopolstellung auf Heilung rothea Trudel wird durch eine vom christli­ wendung gewöhnlichen Oeles, also in ächt bedroht. Ein aufsehenerregender und politisch chen Glauben geprägte Zuwendung zu den apos­tolischer Weise verrichtet.» (NZZ o.J. [wahr­ motivierter Prozess – bei dem auch der obige körperlich und seelisch heilsuchenden Gästen scheinlich 1861] aus Joris, 238) Zeitungsbericht entstand – bedrohte ihr Werk, weiterhin sicht- und spürbar. das aber dennoch verteidigt werden konnte, Leben und Wirken von Dorothea Trudel teils durch die ausführliche Sammlung von au­ Zur Vertiefung: (1813–1862) thentischen Zeugnissen von Heilungen promi­ • www.bibelheim.ch Als elftes und letztes Kind ist Dorothea Trudel nenter Personen. Aus kirchlichen Kreisen wie­ • Stephan Holthaus: Heil – Heilung – in einer von der Frühindustrialisierung und derum kam die Kritik auf, dass sie als Frau Heiligung. Die Geschichte der deutschen Pauperisierung geprägten Familie im Zürcher Andachten für Kranke und Bedienstete hielt Heiligungs- und Evangelisationsbewegung Oberland geboren. Grossvater und Vater wer­ und dass sie als Frau das Heim leitete. Anstoss (1874–1909) (Kirchengeschichtliche den als jähzornig, gewalttätig und alko­ erregte sie zudem mit ihren ungewöhnlichen Monographien 14), Giessen 2005. holkrank beschrieben, während Grossmutter Methoden der körperlichen Nähe zu den «Pa­ • Elisabeth Joris: Ein Prozess als Ausgangs­ und Mutter als fromme Persönlichkeiten cha­ tienten»: Sie praktizierte die Handauflegung, punkt. Zur Biografisierung der rakterisiert werden, die durch ihre Bibelfröm­ schlief bei den Kranken, küsste und umarmte pietistischen Heilerin Dorothea Trudel, in: migkeit, ihr Gebet und ihre Fürsorge lebensför­ sie regelmässig. Ulrike Gleixner / Erika Hebeisen (Hg.), dernd die Familiengeschicke geprägt haben Gendering Tradition. Erinnerungskultur sollen – Eigenschaften, die bei Dorothea Tru­ Ein Zentrum der Heiligungsbewegung und Geschlecht im Pietismus, Korb 2007, del ebenso wiederkehren werden. Als Fabrik­ Samuel Zeller, der als Nachfolger Dorothea 233–252. arbeiterin konnte sie keine ausgedehnte Schul­ Trudels die Gebetsheilanstalt Elim konsoli­ bildung geniessen. Sie näherte sich in ihrem dierte und institutionalisierte, gab nach ihrem Leben immer wieder nonkonformistischen Tod eine erbauliche Biografie heraus, die hohe Bewegungen an, wie etwa den Herrnhutern Auflagen erreichte und im französischsprachi­ oder den Darbysten. Drei einschneidende gen und insbesondere im angloamerikani­ Gergely Csukás ist Assistent am Institut für Bekehrungserfahrungen führten sie in eine schen Raum weite Verbreitung und grossen Historische Theologie.

4 konstruktiv Beilage zum bref Magazin Bad Zurzach AG, Riva San Vitale TI, Saint Maurice VS Baptisterien aus dem 5. und 6. Jahrhundert in der heutigen Schweiz

Maria Lissek

Städte wie Jerusalem und Rom bieten wichtige Norditalien gelegen), von wo sich das Christen­ Informationen über die Praxis der frühen tum über das Alpenland ausbreitete. Die Anla­ Christenheit. Um etwas über die frühchrist­ ge stammt aus dem 6. Jahrhundert und zeigt im liche Taufpraxis zu erfahren, muss man aber Kern ein achteckiges Taufbecken, das von ei­ nicht erst nach Italien oder in das Heilige Land nem quadratischen Zentralbau umgeben wird, reisen. Hierzu finden sich bereits vor der den ein quadratischer Umgang rahmt. Es han­ Haustüre wichtige Zeugnisse: Die drei heute delt sich um ein Beispiel für ein Umgangsbap­ noch erhaltenen frühchristlichen Baptisterien tisterium, dessen Anlage trotz der mittelalterli­ der Schweiz (griech. βάπτισμα «Eintauchen, chen Veränderungen heute noch nachvoll- Waschung, Taufe»; christliche Taufkapelle) ziehbar ist: Auch hier finden sich liturgische liefern Erkenntnisse über die Taufpraxis im Räume, das Baptisterium und das Kirchgebäu­ 5. und 6. Jahrhundert. de. Zudem wurden bei Restaurierungsarbeiten Fresken (8. bis 17. Jahrhundert) mit Darstellun­ Links des Rheins: Bad Zurzach gen aus dem Leben Jesu freigelegt. Das Taufbecken von Saint Maurice. (Bild: Maria Lissek) An einer ehemaligen römischen Handelsstrasse befindet sich zwischen Basel und dem Boden­ Am Eingang zum oberen Rhonetal: Schweizer Baptisterien und textlicher Quellen see der kleine Ort Bad Zurzach. Dieser diente Saint Maurice können Vermutungen über die Taufpraxis an­ seit dem 1. Jahrhundert als wichtiger Militär­ Auch Saint Maurice zeichnet sich durch seine gestellt werden: Zunächst verweisen die an­ stützpunkt für den Rheinübergang. Im Jahr Lage an einer römischen Handelsstrasse aus: grenzenden Räume auf Riten, die dem Tauf­ 401 verliessen die Truppen das Kastell. In den Es diente als Zollstation für die Waren von Gal­ vorgang vorausgingen. Die Täuflinge wurden folgenden Jahren errichteten Christen dort ei­ lien nach Italien. Zudem verbindet sich mit die­ in der Fastenzeit in den christlichen Glauben ne Kirche und wenig später eine Taufanlage sem Ort die Legende von der Thebäischen Le­ eingeführt. Dieser Unterweisung folgte – mit Taufbecken und angrenzenden Räumen gion. Sie berichtet, dass der Kommandant meist in der Osternacht – der Taufakt im Bap­ für die Taufliturgie. Dieses Taufbecken ist Mauritius mit weiteren Soldaten zu Beginn des tisterium selbst. Die Täuflinge stiegen nach ei­ 60 Zentimeter tief und weist eine quadratische 4. Jahrhunderts das Martyrium erlitten haben ner Waschung in das Taufbecken hinab, Form auf. An der Westseite führen drei Stufen soll. Demnach dienten zwar christliche Solda­ entsagten dem Teufel, bekannten ihren Glau­ hinauf und zwei hinunter. Der Täufling stand ten dem römischen Kaiser, weigerten sich aber, ben, legten ihre Gewänder und damit symbo­ also gegen Osten gewandt. Das Becken wurde gegen unschuldige Christen vorzugehen. Die lisch den «alten Menschen» ab, wurden ge­ im Laufe der Zeit durch Bautätigkeiten bei Verehrung dieser Märtyrer ist seit dieser Zeit salbt, dreimal untergetaucht oder mit Wasser gleichbleibender Tiefe verkleinert. im Rahmen einer Basilika, der 515 eine Klos­ übergossen, um dann das neue Gewand, den tergründung folgte, belegt. Zudem sind die «neuen Menschen» in Christus, anzulegen. Fundamente eines Baptisteriums aus dem Hintergrund dieses Vorgehens ist die theologi­ 6. Jahrhundert erhalten. Die Taufspendung an sche Dimension der Taufe, dass die Täuflinge Märtyrer- und Pilgerorten ist frühe gängige im Untertauchen symbolisch in Jesus Christus Praxis. Zudem liegt Saint Maurice an der Via sterben, um durch ihn in das gegenwärtige Le­ Francigena, einem Pilgerweg, der Canterbury ben aufzu(er)stehen (Röm 6,1–11). Durch die mit Rom verband. Das Baptisterium hat eben­ Taufe wurden die Menschen in die christliche falls einen quadratischen Grundriss mit einem Gemeinschaft aufgenommen und nahmen Seitenumgang. Im Zentrum des Baptisteriums demzufolge das erste Mal auch am Abendmahl befand sich ein rundes, in den Boden eingelas­ im Kirchraum teil. senes Taufbecken aus Marmorplatten, das an Über diesen Vorgang geben die beschriebe­ der Nord- und Südseite Stufen aufweist. Dieses nen Orte in der Schweiz heute noch lebhaft befindet sich heute im Kreuzgang der Abtei. Auskunft und bilden somit ein wichtiges Zeug­ Das Baptisterium in Bad Zurzach. Das Taufbecken im Hinter- nis für die Taufpraxis im frühen Christentum. grund unter dem Dach; im Vordergrund die Grundstrukturen «Darum gehet hin und machet zu Jüngern der Kastellkirche. (Bild: Maria Lissek) alle Völker ...» (Mt 28,19) Zur Vertiefung: Das bis heute über alle Konfessionsgrenzen • Othmar Perler: Frühchristliche Baptisterien An der Südspitze des Luganersees: hinaus Verbindende der Christenheit ist die in der Schweiz, in: Zeitschrift für Riva San Vitale Taufe. Das Neue Testament legt dafür im soge­ Schweizerische Kirchengeschichte 51 (1957), Das Johannes dem Täufer geweihte Baptisteri­ nannten Taufbefehl Jesu an seine Jünger 81–100. um in Riva San Vitale ist das älteste noch er­ (Mt 28,16–20) mit der trinitarischen Formel haltene christliche Bauwerk der Schweiz. Der den Grundstein. Doch wie, wer und wo genau Ort war zunächst Teil des Bistums Como und getauft wurde, ist erst durch die frühchristli­ Maria Lissek ist Assistentin am Institut für gehörte ab 553 zu Aquileia (beides im heutigen chen Zeugnisse bekannt. Mit Hilfe der drei Historische Theologie.

konstruktiv Beilage zum bref Magazin 5 Martinskirchen in der Schweiz Spuren eines vielfachen Erinnerungsträgers – Martin von Tours und seine Kultorte

Angela Berlis

An vielen Orten in der Schweiz stehen Martins­ Mit dem Aufstieg der Merowinger gewann die Der Mantelstoff wurde dabei selbst zum vermit­ kirchen. Der Name sagt noch nichts über die Martinsverehrung eine neue Dimension. Köni­ telnden Akteur, zur Gabe, die zwischen gesell­ Konfession der Gottesdienst feiernden Ge­ gin Clothilde (gest. 544) zog nach dem Tode ih­ schaftlichem Aus- und Einschluss des Bettlers, meinde. Nach der Reformation wurden etliche res Mannes Chlodwig nach Tours, um ihr Le­ aber auch zwischen Himmel und Erde vermittelt Martinskirchen fortgeführt. Martin von Tours ben im Dienst des Heiligen zu verbringen. Die – vor allem, wenn der Traum Martins und der war Luthers Namenspatron. Wichtiger aber merowingische Prinzessin Bertha veranlasste thronende Christus einbezogen werden. In jüngs­ war, dass Martin zum alle Konfessionen über­ nach ihrer Heirat mit dem König von Kent den ter Zeit rückt erneut der pazifistische Martin in steigenden Urbild christlicher Nächstenliebe Bau einer Martinskirche in Canterbury. Im den Vordergrund, während der Bettler auch für geworden war. 7. Jahrhundert kam der geteilte weisse Mantel Arbeitslose, Drogensüchtige, Flüchtlinge stehen in den Besitz des Königshauses; die Reliquie kann. Ein vielfältiges Volksbrauchtum (Mar­ Martin von Tours zählte fortan zu den Reichskleinodien. Der tinsumzüge, Laternen, Martinsgänse ...), oft ge­ Martin von Tours wurde um 316 (oder 336) in Mantel wurde in Schlachten mitgetragen, die stützt auf Legenden, hält die Erinnerung an Mar­ Sabaria, dem heutigen Szombathely (Un­ Soldaten sollten dadurch zum Sieg angespornt, tin auch in säkularen Gesellschaften lebendig. garn), als Kind heidnischer Eltern geboren, die Feinde abgeschreckt werden. Der Martins­ wuchs in Pavia auf und schlug mit 15 Jahren kult breitete sich auf Gebiete aus, die – wie et­ Martinskirchen in der Schweiz wie sein Vater die Militärlaufbahn ein. Der wa Rätien (Graubünden) – seit dem 6. Jahrhun­ Viele Martinskirchen in der Schweiz gehen aufs Überlieferung nach teilte er seinen Soldaten­ dert unter merowingischen bzw. karolingischen Frühmittelalter und die Anfänge der Christiani­ mantel mit einem Bettler in Amiens; nachts Einfluss kamen. Auch der Benediktinerorden sierung zurück und lagen auf merowingisch / erschien ihm Christus im Traum als Bettler. trug zur Verbreitung der Verehrung bei. karolingischem Einflussgebiet. So etwa die (re­ Mit 18 Jahren liess Martin sich taufen, trat formierte) Martinskirche in Basel, heute Kon­ später aus dem römischen Heer aus und fand zertsaal, die als ältestes Gotteshaus der Stadt gilt. in Bischof Hilarius von Poitiers, einem der be­ Oekolampad trieb von hier aus die Reformation deutendsten Theologen seiner Zeit, seinen voran; 1872 erhielt die christkatholische Bewe­ geistlichen Lehrer. 361 gründete Martin das gung dort entscheidende Impulse. 1921 wurde erste Kloster Galliens in Ligugé. In Sulpicius über dem Portal am Martinskirchplatz ein Fres­ Severus fand Martin schon zu Lebzeiten ei­ ko von Hans Rohner mit der Mantelspende ange­ nen Biografen, der ihn als Gottesmann in ra­ bracht. Im Kanton Aargau liegen die (christka­ dikaler Christusnachfolge, Missionar und tholischen) Martinskirchen von Magden und Wundertäter typisierte und damit die Gat­ ihre Tochtergründung Rheinfelden. Martin ist tung christlicher Heiligenviten prägte. 371 Oltens Stadtpatron und im Stadtwappen zu fin­ wählte das Kirchenvolk von Tours ihn gegen den; die (christkatholische) Stadtkirche und die seinen Willen zum Bischof – laut Sulpicius 1908 bis 1910 erbaute (römisch-katholische) Kir­ hatte er sich in einem Stall versteckt, wurde che tragen sein Patrozinium. In Graubünden gibt aber von Gänsen «verschnattert». Die galli­ es relativ viele Martinskirchen, die grösste ist die schen Bischöfe lehnten den ärmlich gekleide­ (reformierte) spät­gotische Martinskirche in ten Asketen ab; er verkörperte ein anderes Bi­ Chur. St. Martin in Zillis (reformiert) besitzt eine schofsideal als das des Reichsbischofs, der romanische Holzkassettendecke mit einem Bil­ sich mit der Anerkennung des Christentums derzyklus zu Martins Leben. Martins Spuren durchsetzen sollte. Martin starb am 8. No­ sind an vielen Orten zu entdecken – sie schaffen vember 397 in Candes, am 11. November wur­ Fresko von Hans Rohner über dem Eingang zur Martins- Verbindungslinien zwischen Ost und West, Arm de er in Tours begraben. Seine Verehrung – kirche in Basel. (Bild: Maria Lissek) und Reich, Gestern und Heute. insbesondere als Heiler – wurde durch weitere Schriften über ihn stark gefördert, Zentrum Wandlungen der Erinnerungspolitik Zur Vertiefung: war ab dem 5. Jahrhundert die Martinsbasili­ Vom wundertätigen Mönchsbischof eines Sulpi­ • Themenschwerpunkt Martin von Tours: ka in Tours. cius Severus über den rechtgläubigen Bekenner Rottenburger Jahrbuch für Kirchen­ und den militarisierten Martin der Merowinger geschichte 18 (1999). Ausbreitung des Martinkults wurde Martin ab dem 12. Jahrhundert zum sozia­ • Hans Rudolf Sennhauser (Hg.), Frühe Auch ausserhalb des Frankenreichs und Galli­ len Heiligen und zum Sinnbild der christlichen Kirchen im östlichen Alpengebiet, 2 Bde., ens wurde Martin früh verehrt. Vom 6. bis Nächstenliebe. Die Mantelspende ist die am häu­ München 2003. 9. Jahrhundert war Martin – als Bekenner des figsten dargestellte Episode eines Heiligen über­ rechten Glaubens – Patron der Kirche San haupt. Derartige Abbildungen, meist aktualisie­ Dr. Angela Berlis ist Professorin für Geschichte Apollinare Nuovo im damals byzantinischen rend in zeitgenössischem Alltagsleben dargestellt, des Altkatholizismus und Allgemeine Ravenna; hier findet sich die älteste erhaltene appellierten an die Betrachtenden, Bedürftigen Kirchengeschichte am Departement für Ab­bildung von ihm. zu helfen und damit soziale Praxis zu verändern. Christkatholische Theologie.

6 konstruktiv Beilage zum bref Magazin Bern, Zentrum Paul Klee Ein Ort für Transzendenzerfahrungen?

Magdalene L. Frettlöh

Wenn im Spätsommer das Getreide reif zur Ernte ist, verschwinden die drei Erhebungen des von Renzo Piano entworfenen Zentrums Paul Klee fast im wogenden Ährenfeld. Das «Monument im Fruchtland 3» schmiegt sich in die Landschaft ein, als sei es kein von Menschen gemachtes Kunstob­ jekt, sondern gehöre naturwüchsig zu seiner Um­ gebung. Wie Klee einen engen Konnex zwischen Schöpfungs- und Kunsttätigkeit gesehen hat, so gehören auch im «Fruchtland» Kunst, Natur und Agrikultur nachhaltig zusammen. Wer das ZPK besucht, sollte darum nicht nur auf den beiden Ebenen des dreiwelligen Gebäudes, sondern auch Das von Renzo Piano entworfene «Monument im Fruchtland 3». (Bild: Gergely Csukás) in seiner Umgebung verweilen. senschaftlichen Aufarbeitung von Leben und listischen Machtübernahme, «von der Liste ge­ Wer zu nahe kommt, geht zu weit Werk gewichen, der sich auch die Stiftung Zen­ strichen» (1933), womit Klee die Verfemung sei­ «Komm nicht näher [...], denn der Ort, wo du trum Paul Klee verschrieben hat. Dadurch wird ner Werke als «entartete Kunst» aufgreift, oder stehst, ist heiliger Boden.» Mit diesen Worten wird erstmals eine sachgemässe kunsthistorische «Das Tor zur Tiefe» (1936) mit jener schwarzen Mose, als er sich dem Phänomen des brennenden, Erforschung des seit Beginn der 1920er Jahre Mitte der geahnten Todesnähe. aber nicht verbrennenden Dornbusches nähert, in der Kunstwelt hochgeachteten Werks des Selbst die Engelbilder, die zu den bekanntes­ von Gott auf Distanz gehalten. «Gehen Sie bitte Lehrers am Bauhaus in Weimar und Dessau ten und theologisch am häufigsten rezipierten nicht so nah an die Bilder heran!» mahnt mich bei möglich. So ist das ZPK ebenso sehr ein Archi­ Motiven Klees gehören, zeigen weniger die tra­ fast jedem meiner Besuche im ZPK eine der Auf­ vierungs- und Dokumentationsort wie eine For­ ditionellen Boten zwischen Himmel und Erde sichtspersonen, wenn ich wieder einmal einem schungs- und Lernstätte – eine sehr kinder­ als vielmehr menschliche, oft auch kindliche, in der Exponate allzu nahe gekommen bin, um Pin­ freundliche noch dazu und einladend für Wandlungen begriffene Begleiterinnen des Le­ selstriche, Linienführung oder Farbgebung ge­ Menschen mit Handicap. bens, die in ihrer eigenen Verletzlichkeit und nauer zu sehen. Ob ich dieser Mahnung eher Fol­ Ein theologisch relevanter Ort ist das ZPK Ambivalenz für Klee besonders in den letzten ge leisten würde, käme sie mir vom aus nächster nicht nur deshalb, weil sich in manche Bilder Lebensjahren zu Weggefährten wurden: «Bei Nähe betrachteten Bild selbst entgegen?! Doch Klees unübersehbar religiöse und biblische Mo­ den Engeln ist alles wie bei uns, nur englisch.» auch wenn ich Klees Bilder aus gehöriger Entfer­ tive eingezeichnet haben. Vielmehr noch lädt Und noch die Machart seiner lichtempfindli­ nung studiere, ziehen sie mich an, verwickeln der Blickwechsel mit Werken Klees dazu ein, chen Bilder hat Anteil an dieser Fragilität. Dar­ mich ins Gespräch und imponieren sich meinen das Leben – wie der «Angelus novus» (1920) – um sind nicht nur aus Platzgründen jeweils 120 theologischen Texten. Aus dem Betrachten wird in seiner radikalen Gefährdung und zugleich – bis 150 von ihnen in halbjährlichen themati­ eine «companionship» mit ihnen, wie Mark Roth­ wie etwa die lichten Landschaftsaquarelle – in schen Ausstellungen zu sehen, während die üb­ ko sie sich – anstelle einer Interpretation – für sei­ seiner prallen, farbenfrohen Schönheit wahrzu­ rigen unseren Blicken verborgen bleiben und ne Bilder gewünscht hat. So ist mir etwa Klees nehmen und nicht schon einen kleinen Aus­ nur so ihre Schönheit bewahren: Offenbarung «Engel, noch tastend» (1939) zur hermeneutischen schnitt für das Ganze zu halten. Sich mitneh­ und Entzug zugleich. Ein antitotalitäres Aus­ Schlüsselfigur meiner eschatologischen Tastver­ men und weiterführen lassen – über die eigenen stellungskonzept. suche als Dogmatikerin geworden. Erfahrungen und das, was der Fall ist, hinaus ... So gibt es bei jedem Besuch im ZPK Fremdes zu entdecken, und ich lese je aufs Neue Klees Bil­ Das ZPK – ein theologisch relevanter Ort? Zeuge der Verwundbarkeit und der Schönheit der als (s)eine Liebeserklärung an das bedrohte Mit rund 4000 Exponaten beherbergt das ZPK des Lebens Leben der Menschen, der Flora und Fauna, das die weltweit bedeutendste Sammlung von Klee- «Diesseitig bin ich gar nicht fassbar, denn ich gerade in seiner Verletzlichkeit über sich hin­ Werken und gibt so auch jener Themenvielfalt wohne gerade so gut bei den Toten wie bei den ausweist. Es ist ebendiese transzendierende Fra­ des Künstlers eine Schweizer Heimat, die sich Ungeborenen, etwas näher dem Herzen der gilität, die das ZPK zu einem nicht nur kunsthis­ seit 1912 in internationalen Ausstellungen do­ Schöpfung, aber noch lange nicht nahe genug», torisch, sondern auch theologisch bedeutsamen kumentierte. Inwiefern kann dieser Ort auch hat Paul Klee von sich gesagt und war doch zu­ Ort macht. von theologischem Interesse sein? Gewiss nicht gleich ein hellwacher Zeitgenosse, der geradezu in dem Sinne, dass hier, wie Paul Klee lange – seismografisch-prophetisch die Zeichen der Zur Vertiefung: auch aufgrund von Selbststilisierungen – ver­ Zeit gedeutet und die politischen Ereignisse wie www.zpk.org klärt und überhöht worden ist, ein Gott residiert sein davon in Mitleidenschaft gezogenes Leben und sein Universum präsentiert. Spätestens mit in seiner Kunst bearbeitet hat. Eindrückliche Dr. Magdalene L. Frettlöh ist Professorin dem 100. Geburtstag des Künstlers ist diese un­ Beispiele dafür sind die Bilder «Die Zeit» (1933) für Systematische Theologie (Dogmatik & kritische kultische Verehrung Klees einer wis­ – eine Zeitansage angesichts der nationalsozia­ Religionsphilosophie).

konstruktiv Beilage zum bref Magazin 7 Endingen, Lengnau AG und der Friedhof am Weg Der «gute Ort», ein Haus für die Ewigkeit

René Bloch

«Endingen und Lengnau sind zwey ansehnli­ ausstellte. Bis zum Anfang des 19. Jahrhun­ Deutsch: Aus der Sprache, den Eulogien und che Dörfer im Bader-Gebiet, in deren einem je­ derts durften sich Juden in der Schweiz nur in vereinzelt auch den Berufsangaben ergibt sich den sich Juden unter dem Schuz der Hohen Endingen und Lengnau dauernd niederlassen. das Bild eines einfachen Landjudentums. Nur Landes-Obrigkeit aufhalten, da sonsten in der Die vollkommene bürgerliche Gleichberechti­ die höheren Grabstelen der Surbtaler Rabbiner ganzen Schweitz keine Juden mehr wohnen gung in der Schweiz wurde den Juden vom mit ihren langen Inschriften fallen etwas aus dörfen. Diese zwey Dörfer allein sind derma­ Bund erst 1874 (1879 im Kanton Aargau) und der Reihe. Dass grosse Namen wie Meyer Gug­ len das Asylum der Juden in unseren Helveti­ nur auf Druck aus dem Ausland zugestanden. genheim, der in Lengnau zur Welt kam und schen Landen.» Als Johann Caspar Ulrich, re­ Die Geschichte des Schweizer Judentums ist dessen Sohn Solomon hinter dem New Yorker formierter Pfarrer am Zürcher Fraumünster seit dem Mittelalter geprägt von Abhängig­ Guggenheim-Museum steht, oder William und Autor der «Sammlung jüdischer Geschich­ keiten von der christlichen Mehrheitsgesell­ Wyler, Bürger von Endingen und Regisseur ten», im Jahr 1768 Endingen und Lengnau so schaft. Diese Machtverhältnisse spiegeln sich des gewaltigen «Ben Hur», mit dem jüdischen verortete, gab es schon seit einigen Jahren eine auch in Ulrichs «Geschichte des Schweizer Surbtal verbunden sind, klingt wie aus einer jüdische Baukultur in bzw. zwischen den bei­ Judentums» wider: Zwar ist er den Juden anderen Welt. den Dörfern: zum einen die Synagoge von Endingens und Lengnaus dankbar, dass sie Über dem ältesten jüdischen Friedhof der Lengnau (1750 eingeweiht) und jene von ihm bei seinen Forschungen behilflich waren, Schweiz liegt eine Aura der Ewigkeit: Seit über Endingen (1764 errichtet), zum andern, auf und Ulrichs Interesse gerade an Endingen und einem Vierteljahrtausend werden hier Jüdin­ halbem Weg, den jüdischen Friedhof (1750 er­ Lengnau ist gross, aber sein Bild vom Juden­ nen und Juden begraben, und der Friedhof ist worben). Zuvor mussten die Juden ihre Ver­ tum ist gleichzeitig dasjenige, das von klerika­ weiterhin in Betrieb. Jüdische Gräber dürfen storbenen auf dem sogenannten Judenäule, ler Seite noch lange vorherrschen sollte: «In nicht aufgehoben, die Ruhe der Verstorbenen einer damals nicht leicht erreichbaren Rhein­ welcher Rabbinischer Gefängnutz die armen darf nicht gestört werden. Auf dem Surbtaler insel bei Koblenz, begraben. Juden, wie in einem tiefen finsteren Kerker, Friedhof sind die ältesten Gräber längst mit verderben», schreibt Ulrich mit Bedauern. der Natur verwachsen.

Die Synagogen Nur dank Ulrichs Beschreibungen können wir die ursprünglichen Bauten der beiden Synago­ gen von Endingen und Lengnau einigermas­ sen rekonstruieren. Die heute noch zu besich­ tigenden, prächtigen Synagogen gehen auf die Mitte des 19. Jahrhunderts zurück (1847 Leng­ nau; 1852 Endingen). Es handelt sich um in mancherlei Hinsicht aussergewöhnliche Bau­ Grabsteine auf dem Friedhof zwischen Endingen ten: Die Synagoge in Endingen, wo bis heute und Lengnau. (Bild: Eva Tyrell) keine Kirche steht, hat eine Uhr mit Glocken­ schlag. Zwar befindet sich die Synagoge im et­ Wer heute auf den Spuren des Surbtaler Juden­ was versteckten «Hinterstieg» (anders als in tums gehen möchte, kann dies auf dem gut Lengnau, wo die Synagoge auf dem Dorfplatz ausgeschilderten Jüdischen Kulturweg Endin­ steht), aber nur sie gibt im Dorf die Zeit an. gen-Lengnau tun. Die beiden Synagogen und der Friedhof können nur nach Anmeldung be­ Der Friedhof sichtigt werden. Die Geschäftsstelle «Jüdischer Vom Friedhof ist in Ulrichs Werk ein Stich mit Kulturweg Endingen Lengnau» bietet regel­ noch wenigen Gräbern abgedruckt. Die Merk­ mässig Führungen an. Die beiden Dörfer sind male des Friedhofs sind jene, die auch noch knapp vier Kilometer voneinander entfernt dem heutigen Besucher auffallen: Es gibt einen und zu Fuss angenehm erreichbar. eigenen Eingang für die beiden Dörfer. Frauen und Männer sowie Kinder sind getrennt be­ Zur Vertiefung: graben. Die Gräber sind seltsamerweise von • www.juedischerkulturweg.ch Norden nach Süden ausgerichtet (statt der zu • Verein für die Erhaltung der Synagogen erwartenden Ausrichtung gegen Osten, nach und des Friedhofs Endingen-Lengnau: Die Synagoge von Endingen, mit Uhr und Glocken. Jerusalem hin). Es gibt keinerlei Grabschmuck. Juden­friedhof Endingen-Lengnau, 4 Bde., (Bild: Eva Tyrell) Die Endinger und Lengnauer Juden nannten Baden 1993–1998. den Friedhof in ihrer Surbtaler jiddischen Aus­ • Edith Hunziker / Ralph Weingarten, Die Synagogen von Lengnau und Endingen ,בית עולם Jüdische Präsenz sprache «beis oulem» (von hebräisch Juden sind im Surbtal seit dem ersten Drittel «Haus der Ewigkeit») oder aber schlicht den und der jüdische Friedhof, Kanton Aargau, des 17. Jahrhunderts belegt. Die beiden Dörfer «guten Ort». Schlichtheit spricht auch aus den Bern 2005. gehörten zur Grafschaft Baden, die den Juden meisten Grabinschriften. Ob auf Hebräisch, zeitlich befristete Schutz- und Schirmbriefe wie in den älteren Grabsteinen, oder später auf Dr. René Bloch ist Professor für Judaistik.

8 konstruktiv Beilage zum bref Magazin Der jüdische Friedhof Endingen-Lengnau. Stich von Johann Balthasar Bullinger nach Johann Rudolf Holzhalb. Aus: Johann Caspar Ulrich, Sammlung Jüdischer Geschichten: welche sich mit diesem Volk in dem XIII. und folgenden Jahrhunderten bis auf 1760 in der Schweitz von Zeit zu Zeit zugetragen: Zur Beleuchtung der allgemeinen Historie dieser Nation herausgegeben, Basel 1768, S. 299. (http://www.e-rara.ch/doi/10.3931/e-rara-10058)

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Wenn Sie selbst einen Text zur historisch-theologischen Bedeutsamkeit eines Ortes in der Schweiz publizieren möchten, laden wir Sie herzlich ein, sich an unserer Webseite «THEologisch bedeutsame Orte in der Schweiz» (www.theos.unibe.ch) zu beteiligen.

Vorgaben: • maximal 5000–6000 Zeichen, maximal 3 Bilder mit eigenen Bildrechten und Bildlegenden • 1–3 Literaturhinweise zur Vertiefung • Beitrag in deutscher, französischer, italienischer oder rätischer Sprache

Bitte gehen Sie im Text auf folgende Aspekte ein: • Was ist heute zu sehen? • Welche Geschichte und Geschichten ranken sich um den Ort? • Worin besteht die theologische oder historische Bedeutsamkeit des Ortes?

Senden Sie Ihren Text bitte an: [email protected] Die Beiträge werden von Mitgliedern des Instituts für Historische Theologie begutachtet und auf unserer Webseite publiziert.

konstruktiv Beilage zum bref Magazin 9 Bellelay, Jura bernois L’abbatiale de Bellelay – échos du passé et musique d’avenir

Lara A. Kneubühler

On raconte qu’en 1136 le prévôt du chapitre de église épiscopale. Le 18ème siècle est «l’âge d’or» Le rayonnement de l’abbatiale Moutier-Grandval, perdu au milieu des bois de Bellelay. La renommée de l’abbaye était in­ De nos jours, l’abbatiale connaît un succès plu­ après avoir poursuivi une laie, fit vœu d’éri­ ternationale, notamment grâce à son pension­ tôt régional. Avec le départ des Prémontrés au ger une chapelle à l’endroit où l’animal avait nat. Les bâtiments actuels, de style baroque et 18ème siècle, son rayonnement semble avoir été tué, s’il venait à être secouru. Il le fut en ef­ conçus par l’architecte autrichien Franz Beer, quasiment disparu. Le tricentenaire ayant été fet et fonda «belle-laie». N’en déplaise aux ro­ datent également de cette époque. Cet âge d’or une occasion de lancer une offensive de mantiques, il semblerait que l’étymologie de est brutalement interrompu par l’invasion des charme, de nouveaux efforts ont toutefois été «Bellelay» repose plutôt sur l’expression du troupes françaises qui ferment le monastère, entrepris pour essayer d’attirer les touristes et bas latin «bella lagia», belle forêt. en 1797. Les derniers prémontrés quittent promeneurs sur le site de Bellelay: l’offre cultu­ Bellelay une année plus tard. Suite à leur dé­ relle s’étoffe, les différents sites collaborent et part, l’abbaye est abandonnée et utilisée à di­ les infrastructures sont remises à neuf. vers fins, avant d’être rachetée par le canton de En plus de son influence régionale, l’abba­ Berne en 1891, pour en faire un hôpital psy­ tiale fait tout de même référence à son ancien chiatrique qui existe toujours. L’abbatiale, ne rayonnement international. L’architecture, de servant pas, tombe en ruine avant d’être fina­ Franz Beer, s’inscrit dans le contexte architec­ lement rénovée dans les années 1950. tural de l’Allemagne du Sud. En effet, avant de En 2014, l’abbatiale fête son tricentenaire. Le recon-struire presque entièrement Bellelay, comité de pilotage du tricentenaire n’a pas mé­ Franz Beer se fait une renommée dans tout l’es­ nagé ses efforts pour le célébrer dignement: pace germanophone en participant à la toute une année durant concerts, ateliers, vi­ construction de plusieurs autres abbayes. sites et animations se sont succédés. Le week- Bellelay re-présente en quelque sorte son apo­ end du 18 au 19 octobre, les communautés ca­ théose artistique. La visite de chanoines Pré­ tholiques, réformées et anabaptistes des montrés lors du tricentenaire a symbolique­ cantons de Berne, du Jura et de Neuchâtel ont ment renforcé le lien entre l’abbatiale et ses été rejointes par 5 chanoines Prémontrés de origines religieuses, qui viennent plutôt de la l’abbaye de Mondaye (Normandie, ), Normandie. dont l’abbé. Ce dernier a également célébré la Pour conclure, nous pouvons dire que, messe de clôture. s’étant enracinée dans la région et dans la conscience de ses habitants, souligner le carac­ L’abbatiale aujourd’hui tère international que l’abbatiale de Bellelay a Depuis 1982, l’abbatiale est administrée par la eu, et présente toujours, pourrait être une mis­ «Fondation de l’abbatiale de Bellelay». Celle-ci sion d’avenir.

Intérieur de l’abbatiale lors de l’exposition a pour but «de mettre en valeur le site histo­ «mise en abîme» de Romain Crelier en 2013. rique de l’abbatiale de Bellelay», comme elle Pour aller plus loin: (Bild: Philippe Kneubühler) l’écrit sur son site internet (voir plus bas). • www.abbatialebellelay.ch Cette mise en valeur se fait à travers les expo­ • Catherine Schmutz Nicod: Petit aperçu historique sitions d’art contemporain qui sont organi­ L’ancienne abbaye de Bellelay, en: De manière générale, nous ne pouvons rien sées dans l’abbatiale, au rythme d’une par an­ Guides de monuments suisses 74 (2003). dire d’historiquement fondé sur les tout débuts née, et à travers des concerts. de l’abbaye. Sa première mention date de 1142, Le dit «grand orgue» fut perdu pendant 200 dans une bulle du pape Innocent II qui ans, c’est-à-dire démantelé et en grande partie confirme ses possessions. L’ordre qui a vécu à dispersé. Après de longues et laborieuses re­ Bellelay jusqu’à la fin de ses activités reli­ cherches, il a été reconstruit et finalement gieuses est celui des Prémontrés. inauguré en 2009. Depuis le tricentenaire, la L’histoire de Bellelay étant très riche et mou­ crypte de l’abbatiale abrite une exposition sur vementée, les quelques éléments cités ne sont l’histoire du lieu. qu’un survol de celle-ci. Pendant longtemps, A proximité de l’abbatiale, il y a possibilité jusqu’à la fin du 17ème siècle, bien que possé­ de visiter la «Maison de la Tête de Moine» qui dant des terres dans tout le Jura bernois, l’ab­ honore le fameux fromage, qu’elle produit éga­ baye reste modeste, ses habitants allant de lement. Juste derrière se trouve aujourd’hui un 7 à 15 chanoines. Malgré cela, Henri Ner, abbé centre équestre. A deux pas de là, l’hôtel de du 14ème, obtient même l’autorisation de porter l’ours, qui faisait jadis parti de l’abbaye et qui l’anneau, la mitre et la crosse, donnant ainsi à avait pour but d’accueillir les voyageurs et pè­ Lara Kneubühler est étudiante en théologie l’abbatiale un rang équivalent à celui d’une lerins, offre le gîte et le couvert. à Berne, niveau Master.

10 konstruktiv Beilage zum bref Magazin Bern, Postgasse Himmel, Erde, West und Ost – Die Antoniterkirche in der Berner Altstadt

Nadja Heimlicher

Beinahe unbemerkt reiht sich die Kirche in die Zu Beginn des 11. Jahrhunderts gelangen die Laubenfront der Berner Postgasse ein. Nur die Knochen des Heiligen auf abenteuerliche Wei­ beiden spitzförmigen Bogen und das Kreuzge­ se in einen kleinen Ort in Frankreich, das heu­ wölbe heben sie von den anderen Gebäuden ab. tige Saint Antoine l’Abbaye 40 Kilometer Das sandsteinerne Wappen an der Decke des westlich von Grenoble. Als ein Kranker, ver­ Laubenjochs zeigt ein grosses T – eine stilisier­ giftet durch den Mutterkornpilz, nach der An­ te Krücke. Sie erinnert an die Antoniter, die rufung Antonios’ des Grossen von seinem Lei­ Gründer dieser Kirche. Die Mauernische, in der den geheilt wird, steht der Verehrung des vor vielen Jahren eine Statue des heiligen Anto­ Heiligen nichts mehr im Weg. In der Hoff­ nios stand, ist heute leer. Doch die Türen sind nung auf Genesung pilgern immer mehr Men­ geöffnet. Frauen, Männer und Kinder füllen schen nach Saint Antoine, und bald formiert den hohen, schlichten und überraschend gro­ sich um die verehrten Reliquien die Bruder­ ssen Kirchenraum. Während man sich an die­ schaft der Antoniter, die sich der Bedürftigen sem Sonntagmorgen zum Gottesdienst sam­ annimmt. melt, dringt aus dem Untergeschoss bereits Ab dem Ende des 13. Jahrhunderts lassen sich Gesang. Hohe und tiefe Stimmen, harmonisch die Antoniter auch in Bern nieder. Sie pflegen verwoben, schwellen an, ebben ab; in der ortho­ Kranke und beherbergen Pilger. Nachdem sie Ikonen in der russisch-orthodoxen Kirche in der Krypta. doxen Liturgie unter dem Sterngewölbe der fast 150 Jahre in bestehenden Häusern gewirkt (Bild: Nadja Heimlicher) Krypta vereinen sich Himmel und Erde. haben, können sie 1444 in der heutigen Postgas­ se eine kleine Kapelle und ein Ordenshaus er­ Kirchliche Heimat und Ort zum Entdecken richten. Ab 1494 entsteht an derselben Stelle in­ Die Gastfreundschaft, die den Antonitern zur nert kurzer Zeit die heutige Kirche – eine Gründungszeit eigen war, gewinnt für die Kir­ Spitalkirche, in der die Kranken im offenen Kir­ che an der Postgasse im 20. Jahrhundert aufs chenschiff von ihren Betten aus die Messe mit­ Neue an Bedeutung. 1944 wird die ehemalige verfolgen können. Der Maler, Dichter und späte­ Sakristei, die sogenannte Krypta, als russisch- re Reformator Niklaus Manuel malt vier Tafeln orthodoxe Kirche der Dreifaltigkeit geweiht. für den Hochaltar – eindrückliche Szenen aus Nach dem 2. Weltkrieg wächst die lutherische dem Leben des heiligen Antonios, die heute im Gemeinde in Bern stark an, man ist auf der Su­ Berner Kunstmuseum ausgestellt sind. che nach einem eigenen Kirchenraum. Dieser Wunsch geht für die deutschen und skandina­ Geschichte der Verwandlungen vischen Lutheranerinnen und Lutheraner in 1528 setzt die Reformation dem Wirken der An­ Erfüllung, als die Münstergemeinde ihnen die toniter ein jähes Ende. Die Berner Regierung Antoniterkirche im Jahr 1956 übergibt. Laube in der Berner Postgasse vor dem Eingang zur hebt den Orden auf, verweist die Brüder des Heute wird hier mehrmals wöchentlich Got­ Antoniterkirche. (Bild: Nadja Heimlicher) Landes, der Kirchenschmuck wird herausgeris­ tesdienst gefeiert – auf Deutsch, Schwedisch, sen und verbrannt; nur die Altartafeln werden Norwegisch, Finnisch, Russisch oder Unga­ Aus der Wüste bis nach Bern gerettet und geraten in Familienbesitz. Als die risch. Die Antoniterkirche ist für orthodoxe und Um das Jahr 251 n. Chr. kommt in einem unbe­ Kirche wenig später in ein Kornhaus umgewan­ lutherische Christinnen und Christen zur kirch­ deutenden Dorf in Ägypten ein Junge namens delt wird, beginnt für den Bau eine Geschichte lichen Heimat in der Berner Altstadt geworden Antonios zur Welt, der dem Christentum eine der Wandlungen: Aus dem Kornhaus wird eine und bleibt für Bernerinnen und Berner ein Ort, neue Prägung geben wird. Aus einer reichen Sattlerwerkstätte, dann eine Postwagenremise, den zu entdecken sich lohnt. Familie stammend, so erzählt es sein Biograf ein Antiquitätensaal, ein Pferdestall, eine Heu­ Athanasios, verliert Antonios mit 20 Jahren bei­ bühne und schliesslich sogar ein Löschgeräte­ Zur Vertiefung: de Eltern. Er geht in die Wüste und wird Ein­ magazin. All diese Verwandlungen hinterlas­ • www.luther-bern.ch siedler. Als Asket kämpft er gegen Dämonen, sen Spuren: Die Fresken aus der Gründungszeit • www.russischekirchebern.ch die ihn mit Vorliebe als schöne Frauen oder als werden beschädigt oder zerstört, Überflüssiges • Peter Gemeinhardt: Antonius. Der erste gehörnte, bekrallte Ungeheuer heimsuchen, wird entfernt, und nach Bedarf werden in den Mönch, München 2013. was in der Kunst später faszinierend-grauseln­ hohen Raum Zwischenböden eingezogen. Erst • Paul Hofer / Luc Mojon: Die Kirchen der de Darstellung findet. Durch Sand, Hitze, Ein­ als die Münstergemeinde die Antoniterkirche Stadt Bern, Basel 1969, 2–45. samkeit und Gebet geläutert, wird Antonios 1939 / 40 zu ihrem Kirchgemeindehaus macht, nicht nur zum geistlichen Vater und Heiler de­ wird der vorreformatorische Zustand des Ge­ rer, die zu ihm in die Wüste pilgern, sondern bäudes so weit wie möglich wiederhergestellt. Nadja Heimlicher ist Doktorandin auch zum berühmtesten Begründer des christ­ Der Berner Maler Fritz Pauli versieht die Wän­ am Institut für Historische Theologie lichen Mönchtums. de mit neuen Fresken. und Pfarrerin in Biglen.

konstruktiv Beilage zum bref Magazin 11 Bern, Europaplatz Haus der Religionen: Das Mit- und Nebeneinander gestalten

Anna-Konstanze Schröder

nen – Dialog der Kulturen» 2002 folgten kon­ pus als «Neben- und Miteinander», in Unter­ krete Verhandlungen und auch erste Erpro­ scheidung von anderen interreligiös genutzten bungen eines gemeinsam genutzten Raumes. Orten. Weder wurde hier ein vormals christli­ Der Verein organisierte zugleich die Gelder für cher Raum auch für andere Religionen geöff­ den Bau des vom Haus der Religionen genutz­ net (Typus «Füreinander»), noch bestimmen ten Gebäudeteils gemeinsam mit der 2006 ge­ wechselnde Nutzer mit ihren Ritualobjekten gründeten Stiftung «Europaplatz – Haus der den jeweiligen Charakter des sonst neutralen Religionen». Beim Spatenstich im Juni 2012 oder multireligiösen Raumes (Typus «Mitein­ war das Konzept für die Betreibung und Nut­ ander»). Vielmehr haben die Verantwortlichen zung der Räume bereits entwickelt. in Bern sich auf langwierige gegenseitige Aus­ handlungsprozesse für die Gestaltung des Kulträume und Dialogbereich interreligiösen Miteinanders eingelassen und Besuchern eröffnet sich zunächst der Dialogbe­ zugleich Freiraum für ein religionsplurales reich hinter der Pförtnerloge mit dem tamilisch- Nebeneinander geschaffen. ayurvedischen Restaurant im Erdgeschoss. Ei­ ne mit Holz verkleidete Treppe führt in die Von der Schweiz nach Sri Lanka obere Etage, wo sich ein Konferenzraum und Dies strahlt innerhalb der Schweiz und weit Büros befinden. In beiden Etagen können je­ über die Landesgrenzen hinaus: Die Presse be­ weils Bereiche für Vorträge abgetrennt werden. richtet nicht nur in der Schweiz, in Österreich Die Wände sind weiss und licht gehalten und und Deutschland darüber, sondern auch in Ita­ zum Teil mit Holz verkleidet. Im Dialogbereich lien, England, der Türkei und Sri Lanka. Das finden die Veranstaltungen der interreligiösen Team vom Haus der Religionen wird zu Tagun­ und interkulturellen Begegnungen statt, die gen im In- und Ausland geladen und berät an­ vom Verein verantwortet werden. dere Projekte. Und auch aus dem Haus der Re­ Der Eingangsbereich zum Haus der Religionen am Die Kultusräume der Religionen haben je­ ligionen selbst erwächst Neues: So entstand Europaplatz. (Bild: Stefan Maurer) weils einen Zugang über den Dialogbereich und dort im Laufe der Zeit aus Distanziertheit eine auch einen eigenen Eingang. Für die Innenaus­ Freundschaft zwischen dem hinduistischen Das Haus der Religionen liegt abseits der übli­ stattung der Räume kommen die jeweiligen Re­ Priester und dem Präsidenten des buddhisti­ chen Touristenrouten Berns am Europaplatz ligionsgemeinschaften selbst auf. Im Erdge­ schen Vereins, die jeweils den Konfliktpartei­ zwischen der Kernstadt und dem multikulturel­ schoss befindet sich im Südosten die Moschee, en auf Sri Lanka angehören. Beide haben nun len Berner Westen. Es fällt zunächst die dekora­ im Nordosten der Meditationsraum der bud­ gemeinsam mit Vertretern von Christentum tive Glasfassade auf. Zum Eintreten laden nicht dhistischen Gemeinschaft und im Westen der und Islam einen gemeinsamen Verein auf Sri nur die Kultusräume einzelner Religionen ein. hinduistische Tempel. Im Obergeschoss ist im Lanka gegründet mit dem Ziel, auch dort ein Im Dialogbereich organisiert das Haus der Reli­ Osten die christliche Kirche und im Westen die Haus der Religionen nach dem Modell von gionen vielfältige Veranstaltungen wie Tagun­ alevitische Dergâh. Ausserdem befinden sich Bern zu gründen und so eine friedliche Begeg­ gen, Dialogveranstaltungen, Tage der offenen im Obergeschoss drei Vitrinen mit Kultobjek­ nung von Menschen verschiedener Religionen Tür und regelmässige Aktivitäten. So ist das ten der Baha’i, Sikh und Juden, die das Haus der zu fördern. Haus der Religionen mehr als ein öffentliches Religionen mittragen, aber keinen Kultraum im Gebäude für bestimmte Religionsgemeinschaf­ Haus der Religionen benötigen. Bei öffentlichen Zur Vertiefung: ten. Es schafft auch im übertragenen Sinn den Veranstaltungen sowie auf Anfrage sind Füh­ • www.haus-der-religionen.ch Raum für Begegnungen von Menschen ver­ rungen durch die Räume der Religionsgemein­ • Haus der Religionen (Hg.): Gegenwärtig, schiedener Religionen und Kulturen unter ei­ schaften möglich, die vom Verein verantwortet noch nicht fertig. Haus der Religionen – Dialog nem Dach. und auf der Webseite veröffentlicht werden. Für der Kulturen, Bern 2012. den laufenden Betrieb im Dialogbereich wirbt Anfänge der Verein weiterhin Spenden ein und lädt zum Bis zur Eröffnung des Gebäudes im Dezember ehrenamtlichen Engagement ein. 2014 mussten allerdings viele Engagierte und Unterstützer zusammenkommen. Ein Stadt­ Neben- und Miteinander entwicklungskonzept und die Einrichtung ei­ Mit seinem sowohl multireligiösen als auch in­ ner Stelle für Friedensarbeit durch die Herrn­ terreligiösen Konzept unterscheidet sich das huter Brüdergemeine gaben schliesslich den Berner Haus der Religionen von den meisten Anstoss, eine Projektgruppe aus dem Berner anderen Gebäuden, in denen mehrere Religio­ Dr. Anna-Konstanze Schröder ist Runden Tisch der Religionen zu bilden. Auf nen praktiziert werden. Der Kunsthistoriker Post­doktorandin in der Arbeitsgruppe die Gründung des Vereins «Haus der Religio­ Johannes Stückelberger beschreibt diesen Ty­ Empirische Religionsforschung.

12 konstruktiv Beilage zum bref Magazin Zürich, Mühlebachstrasse Blinde Kuh – mehr als ein Restaurant

Christoph Sigrist

Wer in Zürich Halt macht und sich für Kir­ Gründers John Wesley geprägte sozial-diako­ über den europäischen Horizont hinaus lässt chenräume und ihre Umnutzungen interes­ nische Nutzung lag den Verantwortlichen am die Tragweite erahnen. Durch die dramatische siert, muss in der Kirche an der Mühlebach­ Herzen. Hauptgegenstand der kontrovers ge­ Nutzungsverschiebung der Besuchenden von strasse einkehren. Einkehren? Richtig, denn führten Debatte war die Frage, ob zukünftig Kirchenräumen in Städten und auch in Dör­ seit 1999 ist im ehemaligen Kirchenraum Alkohol verkauft werden darf oder nicht. Jürg fern weg vom gottesdienstlichen Besuch am der methodistischen Kirche in Zürich, die Spielmann konnte die Gemeinde mit einem Sonntag hin zu individueller oder kollektiver auch Inselhof-Kapelle genannt wird, ein be­ überraschend einsichtigen theologischen Ar­ Nutzung während Werk- oder Ferientagen sonderes Restaurant eingebaut. gument für die kommerzielle Nutzung über­ werden neue Sichtweisen auf eine diakonische zeugen: «Für mich lag dadurch, dass es ein Umnutzung von Kirchenräumen freigelegt. Wenn Blinde sehen Kirchenraum war, ein Segen auf dem Projekt. Diese in die reformierte Tradition eingeschrie­ Nomen est omen: Die «Blinde Kuh» bietet 70 Nichts gegen Metzgereien. In Metzgereien bene Nutzungsform wird aktuell durch die Gästen Platz. Im völlig abgedunkelten Raum werden Würste verkauft, in Kirchen breitet werden sie von 30 blinden oder sehbehinder­ sich Segen aus. Der Raum artikuliert die im­ ten Mitarbeitenden kulinarisch verwöhnt. Da­ plizite Dimension der Begegnung von Men­ bei machen sie im Alltag des Miteinander-Es­ schen über ihre Grenzen hinaus, für mich als sens eine Erfahrung besonderer Art: Blinde implizite Dimension des Evangeliums ver­ sehen und Sehende sind blind. Dieses sozial- standen, für viele Menschen nicht so oder an­ diakonische Projekt geht auf die Initiative des ders genannt.» seit früher Kindheit erblindeten Pfarrers Jürg Wird das Restaurant in den Segensraum Spielmann und des sehbehinderten Psycholo­ Kirche konstruiert, gewinnt die «Blinde Kuh» gen Stephan Zappa zurück. Das Restaurant ist als professionelles und kommerzielles Unter­ meist ausgebucht. Firmenessen, Konfirman­ nehmen an theologischer Bedeutung: Die denausflüge wie Kirchenleitungs-Retraiten «Blinde Kuh» zeigt sich erstens als Gastraum, finden in der «Blinden Kuh» ihren Höhepunkt. in dem sich Gäste und Gastgeber gegenseitig in Der Kirchenraum ermöglicht durch das Pro­ einer Willkommens-Kultur begegnen. Diese jekt einen einmaligen Perspektivenwechsel, Begegnung zeichnet sich durch den egalitären Das Restaurant Blinde Kuh in der ehemaligen methodistischen der von Jürg Spielmann so beschrieben wird: Charakter aus, der sich nach den Bedingungen Kirche in Zürich. (Bild: © blindekuh. mehr als ein restaurant) «Für mich war von allem Anfang an wichtig, der «Blinden» ausrichtet und grundlegend auf dass das Projekt ein sozial-diakonisches Pro­ konvivale Solidarität angewiesen ist. Zweitens Flüchtlingsproblematik drängend und hat in jekt ist. Menschen mit einem objektiven wird der umgenutzte Kirchenraum als Schutz­ der Rosenbergkirche in Winterthur ihr Expo­ Nachteil, nämlich ihrer Blindheit, lernen, ei­ raum erfahren, weil Sehende blind den Blin­ nat: Während zweier Jahre finden im Kirchen­ nen kreativen Umgang mit ihrer Begrenzt­ den vertrauen müssen. Die im Alltag Vulnera­ raum 70 Asylsuchende Wohnraum. Das Pro­ heit zu gewinnen. Sie erleben Zustände, wo blen verhelfen mit ihrer Resilienz den in der jekt wird von der Stadt in Zusammenarbeit mit sie über ihre Grenzen hinausgehen können Dunkelheit Vulnerablen, sich zu orientieren. der Kirchgemeinde durchgeführt. und an sich Veränderungen entdecken. Sol­ Schliesslich wird der Kirchenraum zum Zwi­ che Grenzüberschreitungen und Veränderun­ schenraum, indem sich spielerisch in der Um­ Zur Vertiefung: gen sind nun nicht das Vorrecht der Blinden, kehrung von «Blinden» und «Sehenden» über­ • www.blindekuh.ch sondern gehören zum Menschlichen über­ raschende Dimensionen von Existenz und • Christoph Sigrist: KirchenDiakonieRaum. haupt. Die ‹Blinde Kuh› ermöglicht grenz­ Sinnhaftigkeit öffnen. Diese heilenden und Untersuchungen zu einer diakonischen überschreitende Begegnungen von Sehenden heilsamen Erfahrungen tragen in sich das Po­ Nutzung von Kirchenräumen, Zürich 2014, und Blinden, in denen beide sich und den an­ tenzial von Sakralität und Transformation: Die 417–426. dern neu und anders sehen und kennen ler­ sehend Blinden gewinnen ein neues «Sehen». nen. Diese Erfahrungen sind für mich impli­ ziter Ausdruck des Evangeliums.» Neue Sichtweisen Der Besuch der «Blinden Kuh» lohnt sich nicht Blindes Vertrauen in sozial-diakonische nur in kulinarischer und erfahrungsbezoge­ Umnutzung von Kirchenräumen ner Hinsicht. Das sozial-diakonische Projekt Religionshistorisch bedeutsam war vor 20 Jah­ hat auch für den theologischen und praktologi­ ren die Not der methodistischen Gemeinde, schen Diskurs innerhalb von Kirchgemeinden dass immer weniger Mitglieder den Gottes­ und unter den Verantwortlichen in Kirchenlei­ dienst am Sonntagmorgen besuchten. Die tungen eine nicht zu unterschätzende Wir­ Dr. Christoph Sigrist ist Pfarrer am Gross- Kirchgemeinde suchte eine neue Nutzung des kung. Die Gründung von weiteren «Blinden münster in Zürich und Privatdozent Kirchenraumes. Insbesondere eine durch die Kühen» in Köln, Berlin, Paris, Basel, Hamburg für Diakoniewissenschaft am Institut diakonisch ausgerichtete Theologie ihres und Moskau sowie die aktuelle Ausdehnung für Systematische Theologie.

konstruktiv Beilage zum bref Magazin 13 Büren an der Aare BE Eine bewegende Feder als Wallfahrtsziel?

Dominik von Allmen

Auf der Strecke von Schnottwil nach Büren Ruhe zu kommen, hätte sie heimsuchen kön­ fahrtsort interessiert waren. Als Bern um 1495 a.A. blitzt einen bei Sonnenschein von einer nen. So war die Taufe des Kindes für seine die Herrschaft über Büren übernahm, förderte Anhöhe etwas abseits der Strasse ein Chrom­ Eltern sowohl ein Dienst am Wohlergehen des es die Wallfahrt weiter. Das zahlte sich aus: stahlgebilde an. Von nahem betrachtet, ent­ Kindes als auch ein Ritual, das sie selbst vor 1504 erwirtschaftete der Wallfahrts- und Wie­ puppt es sich als Skulptur – aber weshalb steht Schuldzuweisungen durch ihr soziales Umfeld derbelebungsbetrieb 2344 Pfund. Auch der sie hier? Nur eine kleinere Infotafel beschreibt schützte. Büren war bei weitem nicht die einzi­ Ort Büren selbst profitierte vom Strom der Pil­ die Zeit, die der Anhöhe wohl den Namen ver­ ge Stätte, die Massnahmen zur Rettung der ger. Eine Gnade im Sinne von «gratis» waren lieh, den sie bis heute trägt: Chilchmatt. Seele von ungetauft verstorbenen Säuglingen Wiederbelebung, Taufe und Bestattung nicht. anbot. In ganz Europa gab es damals solche Or­ Insofern war es nur konsequent, dass Bern Vom Tod ins Leben gerufen te; Saint-Maurice de Laques, Notre-Dame de mit der Einführung der Reformation 1528 der Bischof Otto von Sonnenberg, dessen Kon­ Bonsecours-les-Nancy, Ursberg – die Liste lie­ Wundertätigkeit in Oberbüren ein Ende set­ stanzer Bistum sich von Ulm bis Büren er­ sse sich fast beliebig verlängern. zen wollte. Zumal der reformatorische Glaube streckte, berichtete 1486 in einem Brief an die Taufe nicht mehr als notwendig für die den damaligen Papst: «[...] dass sich in der Rettung der Seele des Kindes ansah. Das Be­ Pfarrkirche in der Stadt Büren [...] ein Bild der dürfnis, auch die toten Kinder zu taufen, war heiligen Jungfrau befindet, zu welchem die damit nicht aus der Welt geschafft: Es kamen Christgläubigen beiderlei Geschlechts und weiterhin Pilgerinnen mit totgeborenen Kin­ besonders die Ungebildeten unter dem Schei­ dern nach Oberbüren. Die Berner Obrigkeit ne der Frömmigkeit die Frühgeburten und liess die Kirche daher bis «uff der wurtzen» die verstorbenen Kinder [...] sowohl aus der abreissen. Auch das schloss den Graben zwi­ Konstanzer Diözese als auch aus den umlie­ schen Volksglauben und offizieller Lehre genden Bistümern, in grosser Zahl bringen. nicht: Noch lange begrub man ungetaufte Sie glauben, diese Kinder und Frühgeburten Kinder vielerorts unter dem Dachvorsprung [...] würden dort auf wunderbare Weise vom der Kirchen, damit sie vom herabrinnenden Tode zum Leben erweckt [...].» Regenwasser getauft würden. Hinter den In den 1990er Jahren stellte der Archäologi­ Wallfahrten nach Oberbüren steckte also ein sche Dienst des Kantons Bern auf der Chilch­ tieferes Bedürfnis – bei aller Fragwürdigkeit matt Grabungen an. In der Schicht der Zeit, in der damit verbundenen Wunderprozedur: der Bischof Otto von Sonnenberg schrieb, fan­ das Bedürfnis, dennoch etwas zu tun, selbst den sich Reste einer grossen Kirche auf einem wenn alles verloren scheint. Und das Bedürf­ aufgeschütteten Plateau. Sie war das Ziel der nis nach einem öffentlichen Raum für den Wallfahrt; hier ereigneten sich die wundersa­ Umgang mit dem Tod, der das Kind im ver­ men Wiederbelebungen. Im Umfeld verteilt borgenen Raum von Schwangerschaft und fand man die Skelettreste von etwa 250 Totge­ Geburt ereilte. Daran erinnert die Skulptur, burten. Bischof Otto spricht sogar von 2000 to­ Die einzige sichtbare Spur der Wallfahrtsstätte auf der die auf der Chilchmatt das Sonnenlicht irri­ ten Säuglingen, die zur Zeit der Abfassung sei­ Chilchmatt in Oberbüren: «Die Feder» – ein Denkmal, tierend-bewegend reflektiert. «Die Feder» gestaltet von Toni Weber und Gunter Frentzel (2003). nes Briefes nach Büren gebracht worden seien. (Bild: Christina Mäder-von Allmen) heisst sie und fordert heraus: Denk-mal! Auch die Archäologen vermuten, dass ur­ sprünglich mehr Gräber bestanden, als heute Zur Vertiefung: nachweisbar sind. War es mit dem Wunder al­ Aberglaube? • Susi Ulrich-Bochsler / Daniel Gutscher: so nicht weit her? Die Gräber wollen das Gegen­ Bischof Otto hielt diese Vorgänge für «Aber­ Wiedererweckung von Totgeborenen. teil sagen. Die Ausrichtung und auch die Kör­ glauben». Er kannte das Geheimnis der er­ Ein Schweizer Wallfahrtszentrum im Blick perhaltung der Kinder weisen deutlich darauf staunlichen Erfolgsquote bei den Wiederbele­ von Archäologie und Anthropologie, in: hin, dass sie als Getaufte begraben wurden. bungen: «[...] Frauen erwärmen die todten Jürgen Schlumbohm et al. (Hgg.), Rituale Für die Taufe müssen sie aber lebendig gewe­ Kinder zwischen glühenden Kohlen [...]. Dem der Geburt. Eine Kulturgeschichte, sen sein – wie ging das? Und in welchem Ver­ warm gewordenen todten Kinde oder der München 1998, 244–269. hältnis stünde eine solche «wunderbare» Wie­ Frühgeburt wird eine ganz leichte Feder über dererweckung zur Tatsache, dass die Kinder die Lippen gelegt und wenn die Feder zufällig nach der Taufe vor Ort begraben wurden, ihr durch die Luft oder die Wärme der Kohlen von Leben als Auferweckte also von kurzer Dauer den Lippen weg bewegt wird, so erklären die war? Die einzige einleuchtende Antwort: Das Weiber, die Kinder und Frühgeburten atmeten «irdische» Weiterleben der Kinder war gar und lebten und sofort lassen sie dieselben tau­ nicht das Ziel. Vielmehr sollte die Seele des fen unter Glockengeläute und Lobgesängen.» Kindes davor bewahrt werden, ewig im Nicht- Die «kirchlichen Strafen», die er gegen die Ort zwischen Himmel und Hölle gefangen zu Frauen (!) verhängte, die Kinder in die Kapelle Dominik von Allmen ist Master-Absolvent bleiben. Denn das wäre auch für die Lebenden gebracht hatten, fruchteten aber nicht. Das lag und Assistent am Institut für Systematische gefährlich gewesen: Das Kind, unfähig, zur mitunter daran, dass auch Dritte am Wall­ Theologie.

14 konstruktiv Beilage zum bref Magazin Schloss Gottlieben TG Gefängnis des Reformators Jan Hus

Zbynek Kindschi Garsky

«Nomen atque omen quantivis iam est preti [Name, wie Bedeutung, ist schon jeden Preis wert]», besagt eine alte Redewendung (Plautus, Persa, 625), und so kann man fragen, was es wohl bedeute, wenn ein Ort seit dem 10. Jahr­ hundert «bei den Gott wohlgefälligen Leuten» genannt wird, also «Gotiliubon», heute Gottlie­ ben. Diesen Namen belegt schon die zwischen 1134 und 1156 verfasste Chronik des Klosters Petershausen, die das von einer Edelfrau dem hl. Gebhard vermachte «prædium» (Gut) bei «Tegirwilare» (Tägerwilen) und «Gotiliubon» erwähnt. Am Anfang der Geschichte von Gott­ lieben stehen also in der Tat Gott wohlgefälli­ ge Leute. Und doch ist der Name heute nicht ganz frei von Ironie, denn in die Geschichte ist Gottlieben vor allem als Gefängnis der Diener Gottes eingegangen.

Bischofsburg Schloss Gottlieben. (Bild: © 2016 Adobe Stock/groeche) Mit rund 40 Hektaren und 300 Einwohnern eine der kleinsten Gemeinden der Schweiz, ist bevor er am 6. Juli 1415 in Konstanz als Ketzer wichtigen hussitischen Pilgerort geworden, wo Gottlieben nur zwei Autostunden von Bern verbrannt wurde. Dies beschreibt etwa 1417 der des böhmischen Reformators gedacht wird, wie entfernt und liegt etwa 4 km westlich von Bericht des Peter von Mladoniowitz: Als am im letzten Jahr zu seinem 600. Todestag, in dem Konstanz (D) / Kreuzlingen TG, am Ufer des Mittwoch vor dem Palmsonntag (24. März Gottlieben dank 30 Künstlerinnen und Künst­ Seerheins, der den Obersee mit dem Untersee 1415) Papst Johannes XXIII. floh, und mit ihm lern eine Weile sogar den tschechischen Namen verbindet. Im Hinblick auf die Wasserwege be­ auch die Wachen des Magisters Jan Hus, über­ «Bohumilov» (= Gottlieben) trug. sitzt Gottlieben also von Natur aus eine strate­ gaben sie die Schlüssel von Hus’ Gefängnis Die Türme mit dem Hus-Gefängnis sind im gisch günstige Lage. Diese Lage und die Strei­ König Sigismund, der sie an den Bischof von Grunde auch das Einzige, was aus dem mittel­ tigkeiten mit den Bürgern von Konstanz haben Konstanz weiterreichte. Dieser liess Hus noch in alterlichen Schloss Gottlieben erhalten blieb. den Konstanzer Bischof Eberhard II. von der Nacht auf seine Burg nach Gottlieben brin­ Denn das Schloss wurde 1836 bis 1838 von der Waldburg wohl dazu geführt, dass er sich im gen, wo er in einem Turm «in Fesseln einherge­ Familie Bonaparte, die bereits in dem nicht Jahre 1251 entschieden hat, hier eine Wasser­ hend» bis zu seiner Rückführung nach Kon­ weit entfernten Schloss Arenenberg zuhause burg zu bauen und eine Stadt zu gründen, die stanz eingekerkert war. war, im grossen Stil umgebaut und erinnert für eine kurze Zeit sogar durch eine Brücke mit Es ist eine Ironie der Geschichte, dass gerade seither an einen venezianischen Palazzo. Heu­ dem anderen Ufer verbunden war. Gottlieben der abgesetzte Papst Johannes XXIII., dessen te wird das Schloss von der Tochter der Schwei­ war also als Konkurrenz zu der abtrünnigen Flucht aus Konstanz die Verlegung von Hus zer Opernsängerin Lisa della Casa bewohnt Stadt Konstanz geplant. Doch nachdem nach Gottlieben verursachte, dort am 3. Juni und ist der Öffentlichkeit nicht zugänglich. Bischof Eberhard II. den Streit mit den Kon­ 1415 den anderen Johannes ablöste. Ein weite­ Der Hus-Turm ist aber vom Wanderweg, wo stanzer Bürgern gewonnen hatte, ist sein Inte­ rer prominenter Gefangener war dann 1454 der auch eine Informationstafel mit der Geschich­ resse an Gottlieben verloren gegangen, und er Chorherr Felix Hemmerli aus Zürich. Dass hier te des Schlosses steht, gut zu sehen. Ein Besuch liess die Brücke über den Seerhein abreissen. auch Hieronymus von Prag festgehalten wurde in diesem kleinen «Gott lieben» Ort bei Kon­ Gottlieben wurde also nie zu einer Stadt, die († 30. Mai 1416, Konstanz), wie Ulrich von stanz, der in die europäische Geschichte einge­ Burg ist aber für mehr als 500 Jahre eine Resi­ Richental in seiner Chronik erzählt, stimmt da­ gangen ist, lohnt sich aber auf jeden Fall – und denz der Konstanzer Bischöfe geworden. gegen nicht. Die kirchengeschichtliche Bedeut­ das nicht nur für Hussiten. samkeit des Ortes ist also vor allem mit dem Gefängnis Namen seines Prager Universitätskollegen Jan Zur Vertiefung: Bekannt wurde das Schloss Gottlieben aller­ Hus verbunden, der hier fast drei Monate in ei­ • www.gottlieben.ch dings vor allem als bischöfliches Gefängnis. Das nem der Türme eingekerkert war. Der im West­ • Dominik Gügel: Schloss Gottlieben – Festung, bezeugt bereits eine der ältesten Darstellungen turm erhaltene «Hus-Kerker» – ein hölzernes Palast, Kerker, in: Silvia Volkart (Hg.), Rom aus der eidgenössischen Chronik des Luzerners Blockgefängnis – soll daran erinnern (aller­ am Bodensee: Die Zeit des Konstanzer Diebold Schilling (1508), wo vier eingekerkerte dings widerspricht diese Art des Kerkers dem Konzils (Der Thurgau im späten Mittelalter 1), Kleriker aus dem Gefängnis fliehen. In die eu­ Bericht des Peter von Mladoniowitz). Zürich 2014, 131–134. ropäische Geschichte ist Gottlieben dann dank dem Konstanzer Konzil (1414–1418) eingegan­ Pilgerort Dr. Zbynek Kindschi Garsky ist Assistent gen, zumal hier vom März bis Juni 1415 der böh­ Jedenfalls ist Gottlieben – ähnlich wie der Kon­ am Institut für Bibelwissenschaft (Neues mische Reformator Jan Hus eingekerkert war, stanzer «Hussenstein» (Husuv kámen) – zum Testament).

konstruktiv Beilage zum bref Magazin 15 Neues aus der Fakultät

Promotionen Rahel Hesse: Ein Graben zwischen Gott und nahm nach seiner Habilitation zum 1. Novem­ Zum Doktor der Theologie wurden im Akade­ Mensch? Anfragen an die Evangelikale Lehre ber 2015 einen Ruf an das Alt-Katholische Se­ mischen Jahr 2015 / 2016 promoviert: und ihr Verständnis von Sünde und Vergebung, minar der Universität Bonn an. Dr. Mattijs Ploe­ Dr. Simon Hofstetter: Das Unsichtbare sicht­ ausgehend von Bill Brights Traktat «Have You ger, Dozent für Systematische Theologie und bar machen. Pflegende Angehörige von Betag­ Heard of the Four Spiritual Laws?» mit Einbezug für Liturgiewissenschaft (Utrecht), übernahm ten als Herausforderung für den diakonischen von Augustin und der Reformierten Theologie. die Vertretung. Im HS 2015 nahm Dr. Tamara Auftrag der Kirchen. Referent: PD Dr. Christoph Damian Kessi: ... du sollst deinen Nächsten Grdzelidze einen Lehrauftrag zum Thema «Or­ Sigrist (Bern), Korreferentin: Prof. Dr. Isabelle lieben wie dich selbst?! Eine empirisch-­ thodoxy and Gender: Male and Female Ways of Noth (Bern) (Rigorosum am 4. März 2016). quantitative Studie zum Einfluss christlicher Thinking in the Orthodox Church» wahr. Frau Dr. Ulrich Dällenbach: Schlaf und Schlaflo­ Reli­giosität auf Vorurteile zum Islam in der Grdzelidze, Ehrendoktorin der Theologischen sigkeit im Alten Testament und seinen Nachbar­ Schweiz an den Daten des Religionsmonitor. Fakultät, ist Botschafterin Georgiens am Heili­ kulturen. Referentin: Prof. Dr. Silvia Schroer Johannes Knoblauch: Individuation des gen Stuhl. Dr. Andreas Losch (Projekt «Life (Bern), Korreferent: Prof. Dr. Andreas Wagner Holzscheites?! Analogien der dunklen Nacht beyond our planet?») wechselte an das Institut (Bern) (Kolloquium am 9. Juni 2016). von Juan de la Cruz zu Carl Gustav Jungs Indi­ für Systematische Theologie am Departement Dr. Peter Lauber: Allusiones pro illusionibus. viduationsprozess. für Evangelische Theologie. Philostorgii Borisseni Historia ecclesiastica. Vera Marion Liniger: Das Interesse von Chris­ Am 15. Oktober 2015 promovierte Ass. Stefa­ Text, Übersetzung und Kommentar. Referent: ten am Heiligen Land in Geschichte und Gegen­ nos Athanasiou über Dorothee Sölles Christo­ Prof. em. Dr. Martin George (Bern), Korreferent: wart. Am Beispiel von Hieronymus’ Briefen 46, logie und politische Theologie an der Aristote­ PD Dr. Gregor Emmenegger (Fribourg) (Kollo­ 58 und 108. les-Universität Thessaloniki; es ist die erste quium am 9. Juni 2016). Rebekka Meili: Das Bild des Himmlischen Arbeit über sie in griechischer Sprache. Im FS tragen. Christliche Tätowierungen im Kreislauf 2016 fanden unter der Leitung von Dr. Athana­ Habilitationen der postmodernen Kultur. siou ein Seminar und eine Studienreise nach Die Universität Bern hat im HS 2015 auf Antrag Erika Moser: «La bienveillance alliée à une Patmos zum Thema Apokalyptik und Eschato­ der Theologischen Fakultät die Venia legendi énergie peu commune». Leben und Werk des logie statt. Zum Panorthodoxen Konzil stand für Religionsphilosophie erteilt an Herrn Pri­ Pfarrers, Schriftstellers, Journalisten und Päd­ er in der «Sternstunde Religion» in SRF 1 am vatdozenten Dr. Luca Di Blasi (Berlin): Verwer­ agogen Pierre César (1853–1912) in ethischer 19. Juni 2016 Rede und Antwort. Prof. Dr. An­ fungen der Säkularisierung. Studien zur Fort­ Perspektive. gela Berlis hat am 1. Juni 2016 die Chefredak­ wirkung des Religiösen in der kontinentalen Lukas Ruef: «God has healed me». Heilungs­ tion der in Bern herausgegebenen «Internatio­ Philosophie des 20. Jahrhunderts. Referentin: erfahrungen in einer pfingstlichen Migrations­ nalen Kirchlichen Zeitschrift» übernommen, Prof. Dr. Magdalene L. Frettlöh (Bern), Korrefe­ kirche: Eine Untersuchung der Redeemed nachdem Prof. em. Dr. Urs von Arx diese nach rentin: Prof. Dr. Anne Reichold (Flensburg). Christian Church of God Bern. 15 Jahren niedergelegt hatte. Es wurden die an­ Nina Andrea Sonderegger: Pfarrer Albert glikanische Kirchenhistorikerin und Haupt­ Masterarbeiten Däscher (1895–1951). Exponent der neuen libe­ dozentin Dr. Charlotte Methuen (Glasgow) ab Die folgenden Masterarbeiten wurden in die ralen Theologie der Schweiz im 20. Jahrhun­ 1. Oktober 2015 und Mattijs Ploeger (Utrecht) Bibliothek der Theologischen Fakultät aufge­ dert. Eine theologiegeschichtliche Untersu­ ab 1. August 2016 als adjunct researchers asso­ nommen: chung seiner Predigtmanuskripte aus dem ziiert. Prof. em. Dr. Martien Parmentier erhielt Aline Berger: Anny Peter (1882–1958). Reli­ Zeitraum 1931–1951. 2015 den wissenschaftlichen Pascalpreis des gös-soziale Pazifistin und Pädagogin. Vorträge Nicole Stacher: «Wort muss Antwort sein, Altkatholischen Seminars Utrecht für sein zum Beitrag der Frauen am Aufbau der Neuen um Wort sein zu können.» Der Stern der Erlö­ ökumenisches Engagement im Weltkirchenrat Welt. sung, zweiter Teil, zweites Buch, gelesen im und seinen langjährigen Einsatz für syrische Patrick Brand: Volkskirchlicher Gottesdienst. Licht von Franz Rosenzweigs Liebesbriefen an Christen. Kommunikation des Evangeliums in der sich Margrit Rosenstock. Vom 7. bis 10. September 2015 fand eine An­ als Volkskirche verstehenden offenen und öf­ Belle Täuber-Lee: Wisdom, Education and glikanisch-Altkatholische Theologische Kon­ fentlichen Kirche. the Tiger Mother: Lessons Learned from Eccle­ ferenz unter der Leitung von Prof. Dr. Paul Avis Matthias Bühlmann: Oscar Cullmann und siastes 12:9–14. (Exeter) und Angela Berlis (Bern) in Exeter Geor​ge Eldon Ladd. Eine ungewöhnliche Ver­ Dominik von Allmen: Den Glauben weiterge­ zum Thema «Die Autorität der Kirchen in ei­ bindung. ben in maximal zweihundertzwanzig Lektio­ nem pluralen Europa. Anglikanische, altka­ Magdalena Daum-Christen: Mission und nen? Untersuchungen und Rekonstruktionen tholische, römisch-katholische, lutherische Diakonie im Leben von Marie-Claire Barth. zur Frage nach der Lehr- und Lernbarkeit des und reformierte Perspektiven» statt. Am Stephan Dreyer: Du sollst nicht stehlen! Cal­ Glaubens mit Fokus auf die Berner Kirchliche 11. Mai 2016 hielt die Musikhistorikerin Petra vins Auslegung des Achten Gebots. Unterweisung und Seitenblicken auf Schleier­ van Langen (Utrecht) einen Vortrag über «Mu­ Samuel Matthias Gerber: Die reformierte macher, Barth und Tillich. sik als Mittel der Konfessionalisierung in den Kirche der Schweiz im Ersten Weltkrieg. Der Jasmin und Tobias Zehnder: ÄT 2006.9: Edition, Niederlanden (1850 bis 1950)». Ausbruch des Ersten Weltkriegs in Predigten Übersetzung und Kommentar. Eine Analyse des Über den Erasmusaustausch und unter­ der reformierten Kirche des Kantons Bern. sahidisch-koptischen Fragments (Klagelieder 1,2– stützt durch den Bischöflichen Hilfsfonds Manuela Grossmann: Zeitbewusste Predige­ 4.6–12) unter Einbezug seines sprachlichen und studierten im Akademischen Jahr 2015 / 2016 rinnen und Prediger gehen fremd. Untersu­ historischen Kontextes. ein Doktorand aus Mazedonien und eine Ba­ chungen zu interessengruppenorientierten Pre­ chelor-Studentin aus Bulgarien in Bern. Auf digtkonzepten in der kirchlichen Diaspora. Departement für Christkatholische Theologie diese Weise werden die langjährigen interna­ Linda Susanne Grüter: Diakonische Dimen­ Prof. Dr. Andreas Krebs, seit HS 2011 Assis­ tionalen Beziehungen zu orthodoxen Fakultä­ sionen des liturgischen Fürbittgebets. tenzprofessor für Systematische Theologie, ten gepflegt.

16 konstruktiv Beilage zum bref Magazin Departement für Evangelische Theologie Institut für Bibelwissenschaft (IBW) Institut für Historische Theologie (IHT) Institut für Judaistik Das Institut für Bibelwissenschaft beteiligt Das IHT führte im vergangenen akademischen Im Berichtsjahr tat sich viel im Bereich des sich am neuen Portal der Altertumswissen­ Jahr zwei Abende «Historische Theologie im Mittelbaus. Drei judaistische Dissertationen schaften in Bern (www.altertum.unibe.ch). Gespräch» durch. Aktuelle theologische The­ wurden eingereicht: Valérie Rhein legte ihre Von der Projektgruppe «Anthropologie(n) des men wie die Zuordnung von Kirche und Staat Arbeit «Die Religionspraxis der jüdischen Frau Alten Testaments» (Leitung Prof. Dr. Jürgen oder das Bekenntnis wurden mit Pfarrerinnen im Spannungsfeld zwischen Halacha und so­ van Oorschot / Prof. Dr. Andreas Wagner) der und Pfarrern, kirchlichen Mitarbeitenden und zialer Konvention» vor, Maria Sokolskaya ihre Wissenschaftlichen Gesellschaft für Theolo­ Studierenden mit Blick auf die Geschichte des Dissertation «Philon und die Septuaginta: Der gie wurden zwei Tagungen zum Thema «Indi­ Christentums und historische Quellen im Ge­ Bezugsrahmen seiner Exegese» und Monika vidualität und Selbstreflexion in den unter­ spräch erörtert. Kneubühler die ihrige zu «Konzeptionen des schiedlichen Literaturen des Alten Testaments» An der Abteilung für Ältere Geschichte des Bösen bei Philon von Alexandrien». Neu ins ju­ im Juni 2015 und Juni 2016 an der Leucorea in Christentums und der interreligiösen Begeg­ daistische Doktoratsprogramm aufgenommen Wittenberg durchgeführt. Dr. Sara Kipfer or­ nungen konnten mehrere Stipendien eingewor­ wurde Vera Dürrschnabel mit dem Thema ganisierte einen Workshop im Rahmen der ben werden: Ass. Maria Lissek forscht mit einer «Die Sprache des Fluches – aggressive jüdische 61. Rencontre Assyriologique Internationale Förderung des SNF von August 2016 bis Juli Magie in der Spätantike» (Betreuung durch zum Thema «Text and Image» am 25. Juni 2015 2017 in Oxford über mittelalterliche Religions­ Prof. Dr. René Bloch und Prof. Dr. Gideon Bo­ in Bern, die Beiträge werden in der Reihe «Or­ dialoge. Ihre Vertretung wird Frau Dr. Sophie hak, Tel Aviv). Dr. Daniel Barbu, Oberassistent, bis Biblicus et Orientalis» erscheinen. Caflisch aus Zürich übernehmen. Nadja Heim­ wurde vom SNF ein Advanced Postdoc Mobili­ Vom 19. bis 22. Oktober 2015 organisierten licher wird in den kommenden zwei Jahren mit ty Stipendium mit einem Rückkehrbeitrag zu­ Dr. Zbynek Garsky und Prof. Dr. Rainer Hirsch- einem kirchlichen Stipendium an ihrer Disser­ gesprochen: Er wird seine Habilitationsschrift Luipold die internationale Tagung «Christus in tation über Gregor von Nazianz weiterarbeiten zu den «Toledot Yeshu» während zwölf Mona­ natura. Quellen, Hermeneutik und Rezeption können. Das Forscherteam des SNF-Projekts ten an der Cambridge University und danach des griechischen Physiologus» einschliesslich «Akindynos und Palamas im Streit um die gött­ während vier Monaten wieder im Institut für einer Ausstellung zum «Berner Physiologus», lichen Energien» hat im August 2015 auf der Judaistik weitertreiben können. Dank einer der wichtigsten illuminierten Physiologus- «XVII. International Conference on Patristic grosszügigen Schenkung konnte für drei Jahre Handschrift aus dem 9. Jahrhundert. Studies» in Oxford einen Workshop mit Beteili­ ein Lehrauftrag für modernes zeitgenössi­ Ulrich Dällenbach schloss im Juni 2016 er­ gung griechischer Forscher durchgeführt. Im sches Judentum eingerichtet werden, den Dr. folgreich seine Dissertation (Betreuerin Prof. Dr. September 2015 organisierte Prof. Dr. Kathari­ Daniel Gerson innehat. René Bloch wurde vom Silvia Schroer) zum Thema «Schlaf und Schlaf­ na Heyden als Mitglied der Jungen Akademie ei­ Center for Jewish Studies an der Harvard Uni­ losigkeit im Alten Testament und seinen Nach­ ne interdisziplinäre Fachtagung zum Thema versity zum Harry Starr Fellow in Judaica für barkulturen» ab. Sara Kipfer ging als External «Popularisierung heiliger Texte und ihre nor­ das Frühjahrssemester 2017 ernannt. Er wird Postdoc Researcher von September 2015 bis Fe­ mativen Grenzen in Judentum, Christentum Teil einer internationalen Forschergruppe bruar 2016 an die University of Chicago und an­ und Islam» in Bern. Katharina Heyden war mit sein, die sich dem Themenbereich «Jews and schliessend nach Heidelberg (Early Postdoc.Mo­ Vorträgen an verschiedenen Konferenzen betei­ the Classical World» widmen wird. Die Uni­ bility-Stipendium, SNF). Zum 1. Februar 2016 ligt, u. a. zu Kreuzzugsgeschichte(n), frühchrist­ versität Bern hat ihm hierfür ein Sabbatical wechselte Christel Oefele auf die Assistenz zu licher Tiersymbolik und dem frühchristlichen zugesprochen. Nach zweijährigem Turnus ihrem Doktorvater Prof. Dr. Moisés Mayordomo Gebet für die Regierung. Ausserdem referierte übergab René Bloch auf Ende des Frühjahrs­ nach Basel. Ihre Stelle wurde im FS 2016 von sie an der Seniorenuniversität und der Kinder­ semesters das Dekanat an Prof. Dr. Andreas Nara Kim vertreten. PD Dr. Soham al-Suadi ver­ universität Bern sowie im Berner Münster. Am Wagner (IBW). liess die Fakultät zum 30. Juni 2016, um ein Vi­ 1. April 2016 veranstaltete die Abteilung einen Das Institut begrüsste im vergangenen Jahr kariat in Deutschland bei der Nordkirche zu ab­ Ökumenischen Begegnungsabend mit einem Gastreferenten aus Israel, der Schweiz, Frank­ solvieren. PD Dr. Nils Neumann verabschiedete Vortrag des Neutestamentlers Giuseppe Pulci­ reich und den USA: Im FS 2016 sprachen Dr. sich nach vier Semestern (Vertretung Nachfol­ nelli von der Lateran-Universität Rom zum The­ Shimon Gesundheit (Jerusalem) zu «Jüdische ge Mayordomo) von Bern, um eine Professur­ ma «Maria im Neuen Testament». Katharina Bibelauslegung zwischen Midraschexegese vertretung an der Kirchlichen Hochschule in Heyden ist neu Koordinatorin der Interreligiö­ und Literarkritik – ein Versuch» (zusammen Wuppertal zu übernehmen. Dr. Shimon Ge­ sen Studien an der Theologischen Fakultät so­ mit dem IBW organisiert), Prof. Dr. Christophe sundheit (HU Jerusalem) hielt am 1. März 2016 wie Verantwortliche für Qualitätsentwicklung Nihan und Dr. Anna Angelini (Lausanne) zu auf Einladung der Institute für Bibelwissen­ und -evaluation (QSE). «The Septuagint and the Forming of Hellenis­ schaft und für Judaistik einen Vortrag zum The­ An der Abteilung für Neuere Geschichte des tic Judaism: Some Perspectives», Prof. Dr. Oli­ ma: «Jüdische Bibelauslegung zwischen Mid­ Christentums und Konfessionskunde wurde vier Munnich (Paris) zu «La Bible d’Alexandrie: raschexegese und Literarkrititk – ein Versuch». das Forschungsprojekt des SNF mit dem Titel réflexions sur le projet français et les entrepri­ Am 2. und 3. Mai 2016 hielt sich Prof. Dr. Troels «Täufertum und Pietismus als Herausforde­ ses allemande et américaine», Prof. Dr. Robyn Engberg Pedersen (Kopenhagen) zu zwei Gast­ rung für Obrigkeit und Kirche in Bern 1700– Walsh (Miami) zu «The New Testament Beyond vorträgen an der Fakultät auf. 1720» abgeschlossen. Die Anstellung von Dr. the Hellenism / Judaism Divide». Die Universität Bern trat, repräsentiert durch Hanspeter Jecker lief Ende 2014 aus, Philippus Am 5. November 2015 schlossen sich im Rainer Hirsch-Luipold, im September 2015 Hendriksen verliess die Abteilung Ende Okto­ Rahmen des alljährlichen Fakultätsausflugs dem europäischen Forschungsverband Red Eu­ ber 2015, trat wiederum in ein Pfarramt ein und über 50 Fakultätsmitglieder bei wunderbarem ropea Plutarco / Réseau thématique européen arbeitet weiter an seiner Dissertation. Einige Re­ Wetter einer Reise zu den jüdischen Spuren in Plutarque (Málaga, Complutense Madrid, KU sultate des Projekts flossen in den Vortrag «Die Endingen und Lengnau an (vgl. den Beitrag in Leuven, Paris X, Coimbra, Florenz, Salerno, Gro­ Täufer im Stadtstaat Bern zwischen Verfolgung diesem Heft). ningen, Bern) bei. und Duldung» ein, den Prof. Dr. Martin Sall­

konstruktiv Beilage zum bref Magazin 17 mann im Collegium Generale der Universität Im Rahmen des Strukturierten Doktoratspro­ barkeit weiblichen Sterbens» mit Vorträgen Bern im HS 2015 hielt. Zur Hoffnung aus der gramms fand vom 19. bis 21. Oktober 2015 ein auswärtiger und Berner Referenten statt. Perspektive christlicher Theologie, zur Ge­ Symposion zum Thema «‹Die Zeit, die bleibt› – Abteilung für Homiletik, Liturgik und Kir­ schichte der Reformation in der Schweiz und jetzt!» statt, an dem als auswärtige Referierende chentheorie: Im FS 2016 organisierten das zur Kirchengeschichte in der Schweiz des 19. Dr. Francesca Brencio, Prof. Dr. Hans Martin IBW (Ass. Christel Oefele / Prof. Dr. Rainer Jahrhunderts trug er an interdisziplinären Sym­ Dober, Dr. Elad Lapidot, PD Dr. Hans P. Lichten­ Hirsch-Luipold) und das IPT (Prof. Dr. David posien und Tagungen in Basel, Freiburg berger und Prof. Dr. Christian Strecker teilnah­ Plüss / Dr. Katrin Kusmierz) ein reichhaltiges (Schweiz) und Tutzingen (Deutschland) vor. men. Auf grosses Interesse stiess auch die Dis­ Studienprogramm gemeinsam mit der Berner Martin Sallmann wurde zum Präsidenten des putation mit Prof. Dr. Notger Slenczka über die Kantorei und der Münstergemeinde zu Bachs wissenschaftlichen Beirates der Historisch-kri­ Frage «Das Alte Testament – ein christliches Do­ Johannespassion, die im Karfreitagsgottes­ tischen Gesamtausgabe der Werke und Briefe kument?» am 16. Dezember 2016. dienst am 25. März 2016 unter Beteiligung von von Jeremias Gotthelf (HKG) gewählt. Neben der wieder in Kooperation mit den Re­ Studierenden und Lehrenden der Theologi­ Im FS 2016 hielt Hanspeter Jecker, Dozent formierten Kirchen Bern-Jura-Solothurn und schen Fakultät liturgisch aufgeführt wurde. am Theologischen Seminar Bienenberg, Lies­ dem SEK im FS 2016 veranstalteten Ringvorle­ Am 8. März 2016 fand ein öffentlicher Studien­ tal, im Rahmen der Lehraufträge für Ökumene sung «Credo! Das Apostolikum in reformierter tag mit einer Reihe von Vorträgen und einem die Vorlesung mit dem Titel: «Von der blutigen Perspektive mit ökumenischen Akzenten» er­ abschliessenden Gastvortrag von Prof. Dr. Verfolgung bis zum ökumenischen Miteinan­ freute sich der ST-Studientag zur Gottesrede in Meinrad Walter (Freiburg i. Br.) statt. Weitere der: Ökumene aus täuferisch-mennonitischer Theologie und Literatur reger Teilnahme. Informationen zur Abteilung folgen unten Perspektive». Vorübergehend hatte Torsten Meireis die zum Kompetenzzentrum Liturgik. theologische Begleitung des Projekts «Life Institut für Systematische Theologie (IST) beyond our planet?» des Center for Space and Interdepartementales Kompetenzzentrum Das IST blickt auf ein akademisches Jahr mit Habitability (CSH) mit übernommen, in dem Liturgik zahlreichen personalen Veränderungen zu­ Dr. Andreas Losch eine Post-Doc-Stelle inne­ Kirchenbau und Kirchenmusik bestimmten die rück: Am 27. Oktober 2015 hielt Dr. Luca Di Bla­ hat. Ein Höhepunkt in dieser Zeit war die von Aktivitäten des Kompetenzzentrums Liturgik si seinen Habilitationsvortrag zum Thema «Un­ über 300 Zuhörern besuchte Einweihung der im vergangenen Jahr. Am 12. August 2015 fand schweigen. Über den messianischen Rest im «Science & Religion Library» Bern durch den der «Erste Schweizer Kirchenbautag» in Bern Schriftverstummen». Seine Antrittsvorlesung Nobelpreisträger und Präsidenten der Päpstli­ statt. Vertreter und Vertreterinnen von kirchli­ im Mai 2016 trug den Titel «Der Zwerg, die Pup­ chen Akademie der Wissenschaften, Prof. Dr. chen Behörden, kantonalen Denkmalpflegen pe und das Monster. Zur Religion der Philoso­ Werner Arber (www.lifebeyondourplanet. und Universität diskutierten Probleme und phie in der Gegenwart». Prof. Dr. Torsten Mei­ unibe.ch). Möglichkeiten von Kirchenumnutzungen. Vom reis ist zum 1. April 2016 auf die Professur für 21. bis 28. Oktober 2015 folgte der «V. Interna­ Systematische Theologie mit Schwerpunkt Institut für Praktische Theologie (IPT) tionale Kirchenmusikkongress» mit angeregten Ethik / Wirtschaftsethik an der HU Berlin ge­ Abteilung für Seelsorge, Religionspsycholo­ Diskussionen, Workshops und eindrücklichen wechselt. Er verabschiedete sich mit der Vorle­ gie und Religionspädagogik: Im Juli 2015 Konzerten. Anlässlich seiner Abschiedsvorle­ sung «Wozu Ethik? Systematische als prakti­ hielten Prof. Dr. Isabelle Noth und Dr. Claudia sung im Februar 2016 wurde Prof. Dr. Andreas sche Theologie». Im HS 2016 werden PD Dr. Kohli Reichenbach im Rahmen der «Interna­ Marti mit grossem Dank verabschiedet. Alexander Heit, PD Dr. Luca Di Blasi und Prof. tional Association for Practical Theology» in Dr. Frank Mathwig neben Ass. Melanie Werren Südafrika einen Vortrag über Spiritual Care. Aus- und Weiterbildung in Seelsorge (AWS) für ein ansprechendes Ethik-Lehrangebot sor­ Kurz danach startete das trifakultäre Pro­ Die Nachfrage für Kurse der fünf Studiengän­ gen. Dr. Stephan Jütte ist zum 1. April 2016 in gramm CAS Spiritual Care. Im Juni 2016 fand ge ist nach wie vor sehr gross: 2015 haben sich die Evangelisch-reformierte Landeskirche des ein Workshop mit Prof. Dr. Doris Nauer statt, rund 400 Personen an insgesamt 150 Tagen in Kantons Zürich gewechselt. Dem IST bleibt er der dank Claudia Kohli und Ass. Emmanuel Seelsorge und Pastoralpsychologie weiterge­ weiterhin als Habilitand verbunden. Neuer Schweizer mit MVUB-Geldern finanziert bildet. Im November 2015 konnten Urkunden Dogmatik-Assistent ist Dominik von Allmen. wurde. Die IASC führte im Juni 2016 eine Ta­ für 61 CAS, 2 DAS und 1 MAS übergeben wer­ Cristina Betz ist seit August 2016 Promovendin gung mit einer Vielzahl international renom­ den. Beliebt sind auch die studiengangüber­ im SNF-Projekt «Tod & Gender» und hat dane­ mierter Referenten durch zum Thema «Spiri­ greifenden Module, die oft interdisziplinär ben eine 15 %-Assistenz an der Dozentur für tual Care and Migration». Mit dem SEK wurde verantwortet werden. Folgende Personen ha­ Diakoniewissenschaft inne. Prof. Dr. Andreas das CAS Religious Care im Migrationskon­ ben die Studienleitung inne: Pfrn. Ulrike Krebs bleibt dem IST auch nach seiner Beru­ text entwickelt. Büchs (CPT), Pfr. Frank Stüfen (SSMV), Dr. fung an die Universität Bonn eng verbunden, et­ Isabelle Noth wurde vom Senat der Univer­ Karin Tschanz (SYSA), Pfr. Hansueli Minder wa in der Co-Leitung des Ökumenischen For­ sität Bern zum Mitglied des Forums Universi­ (AKHS) und Pfr. Dr. Jacques-Antoine von schungskolloquiums und in gemeinsamen tät und Gesellschaft gewählt und vom Allmen / Pfrn. Saara Folini (LOS). Buchprojekten. Schweizerischen Gefängnisseelsorgeverein Am 4. Dezember 2015 beschäftigte sich die zum Ehrenmitglied ernannt. Dr. Andreas Koordinationsstelle für praktikumsbezoge­ Tagungsreihe des interdisziplinären Berner Ar­ Kessler wechselt nach achtjähriger Tätigkeit ne theologische Ausbildung (KOPTA) beitskreises Ethics & Care mit der «Frage ge­ an die PH Bern als Dozent für den Fachbe­ Im Praktischen Semester bewähren sich das rechtfertigter Ungleichheit im Gesundheitswe­ reich ERG und an die Universität Luzern als verlängerte Einführungsseminar und die ver­ sen». Unter dem Titel «Reformation radikal» Studienleiter des «Masters Religionslehre». stärkte Arbeit an biografischen Fragestellun­ veranstaltete die Dozentur für Diakoniewissen­ Im Rahmen des SNF-Projekts «Tod & Gen­ gen. Zudem erhöhen sich die Anmeldezahlen, schaft am 13. Mai 2016 in der Helferei Zürich ei­ der» fand am 10. und 11. April 2016 eine gut für 2017 liegen bereits 16 Anmeldungen vor. ne Tagung, u. a. mit Prof. Dr. Ulrich Duchrow. besuchte Tagung zum Thema «Die (Un)Sicht­ Die Verlängerung des Lernvikariates führte

18 konstruktiv Beilage zum bref Magazin dazu, dass im Sommer 2016 während zwei Mo­ Bibliotheken naten erstmals zwei Lernvikariatsjahrgänge Die Bibliotheken der Theologischen Fakultät ha­ wird der Ausleihvorgang ab dem Herbstsemes­ parallel studieren. Die Ordination findet dann ben letzten Herbst erfolgreich die elektronische ter 2016 nochmals erheblich schneller und be­ erst im November statt. Selbstausleihe eingeführt. In einem weiteren quemer. So müssen Bücher künftig nicht mehr Im Rahmen des CAS-Studienganges «Aus­ Schritt werden nun im Sommer 2016 alle Medi­ einzeln per Barcode eingelesen, sondern kön­ bildungspfarrerIn» schlossen im zurücklie­ en mit RFID-Etiketten ausgestattet und die nen stapelweise verbucht werden. genden Studienjahr vier Personen die Weiter­ Selbstausleihstation durch ein entsprechendes bildung mit dem Zertifikat ab. Terminal ersetzt. Durch die RFID-Technologie

Wir suchen Teilnehmerinnen und Teilnehmer für eine Internet-Befragung im Rahmen des «Xenosophie-Projekts».

Die Ergebnisse sollen Hinweise geben, wie Religionen das friedliche Zusammenleben zwischen Christen, Juden und Muslimen in der Schweiz fördern können.

Der Fragebogen ist in acht verschiedenen Sprachen unter diesem Link zu finden: www.xeno.unibe.ch

Projektverantwortliche: Dr. Anna-Konstanze Schröder

konstruktiv Beilage zum bref Magazin 19 Buchpublikationen 2015 / 2016

· Bach, Liesel / Berlis, Angela / Thuringer, · Heyden, Katharina: Fremdenliebe – · Luz, Ulrich: Exegetische Aufsätze Siegfried (Hg.): Ignaz von Döllinger zum Fremdenangst. Zwei akademische Reden (Wissenschaftliche Untersuchungen zum 125. Todestag. Spurensuche – Schlag­ zur interreligiösen Begegnung in Neuen Testament 357), Tübingen 2016. lichter auf ein außergewöhnliches Leben, Spät­antike und Gegenwart, Zürich 2016. Bonn 2015. · Mathwig, Frank / Meireis, Torsten /Porz, · Hofstetter, Simon: Handbuch urbane Rouven / Zimmermann, Markus: · Barbu, Daniel: Naissance de l’idolâtrie. Diakonie, Bern 2016. Macht der Fürsorge? Moral und Macht Image, identité, religion, Liège 2016. im Kontext von Medizin und Pflege, · Huber, Wolfgang / Meireis, Torsten / Zürich 2015. · Berlis, Angela / Pratt, Douglas (ed.): From Reuter, Hans-Richard: Handbuch der Encounter to Commitment: Interreligious Evangelischen Ethik, München 2015. · Münch, Christian: In Christo närrisches Experience and Theological Engagement Russland. Zur Deutung und Bedeutung (Internationale Kirchliche Zeitschrift- · Jähnichen, Traugott / Meireis, Torsten / des jurodstvo im kulturellen und sozialen bios: Bern Interreligious Oecumenical Rehm, Johannes / Reuter, Hans-Richard / Kontext des Zarenreiches (Forschungen Studies 2), Bern 2015. Reihs, Sigrid / Wegner, Gerhard: Dritter zur Kirchen- und Dogmengeschichte Weg? (Jahrbuch Sozialer Protestantis­ 19), Göttingen 2016. · Berlis, Angela / Smit, Peter-Ben (Hg.): mus 8), Gütersloh 2015. Challenging Catholicism – 125 Years · Niebuhr, Karl-Wilhelm (Hg.): Sapientia Union of Utrecht of Old Catholic · Jütte, Stephan R.: Analogie statt Über­ Salomonis (Weisheit Salomos), eingeleitet, Churches: Contexts and Challenges setzung. Eine theologische Selbstreflexion übersetzt und mit interpretierenden Essays (Internationale Kirchliche Zeitschrift auf den inneren Zusammenhang versehen von Rainer Hirsch-Luipold u.a. 105/2), Bern 2015. von Glaubensgrund, Glaubensinhalt (SAPERE XXVII), Tübingen 2015. und Glaubensweise in Auseinander­ · Dellsperger, Rudolf: Zwischen Offenba­ setzung mit Jürgen Habermas · Noth, Isabelle / Affolter, Ueli (Hg.): rung und Erfahrung. Gesammelte (Religion in philosophy and theology Schaut hin! Missbrauchsprävention Aufsätze zur Historischen Theologie 86), Tübingen 2016. in Seelsorge, Beratung und Kirchen, (Basler und Berner Studien zur histori­ Zürich 2015. schen Theologie 77), Zürich 2015. · Keel, Othmar / Schroer, Silvia: Creation. Biblical Theologies in the Context of · Stückelberger, Johannes (Hg.): · Dietrich, Walter (ed.): The Books of the Ancient Near East (engl. Übersetzung Kirchenumnutzungen. Der Blick aufs Samuel. Stories – History – Reception von: Schöpfung. Biblische Theologien Ganze (Kunst und Kirche 4), o. O. 2015. History (Bibliotheca Ephemeridum im Kontext altorientalischer Religionen, Theologicarum Lovaniensium 284), Freiburg CH / Göttingen, 2. Auflage · Stückelberger, Johannes: Die reformierte Leuven 2016. 2008), Winona Lake 2015. Kirche Enge in Zürich, Bern 2015.

· Frettlöh, Magdalene L. / Mathwig, Frank / · Losch, Andreas / Vogelsang, Frank (Hg.): · Troi-Boeck, Nadja / Kessler, Andreas / Zeindler, Matthias (Hg.): «Gottes kräftiger Wissenschaft und die Frage nach Gott. Noth, Isabelle: Wenn Jugendliche Bibel Anspruch»: Die Barmer Theologische Theologie und Naturwissenschaft im lesen, Zürich 2015. Erklärung als reformierter Schlüsseltext, Dialog. Mit einem Geleitwort von Harald Zürich 2015. Lesch, Bonn 2015.

20 konstruktiv Die Beilage zur Reformierten Presse