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Klangbeispiele vom MiniBrute findest du auf www.keyboards.de Back to the Roots Arturia MiniBrute – Monofoner Analog-Synthesizer Analoge Synthesizer sind gefragter denn je, und dass Arturia mit dem MiniBrute einen Volltreffer landen würde, zeichnete sich bereits bei der ersten Präsentation zu Anfang des Jahres ab. Leider hatte Arturia mit argen Startschwierigkeiten zu kämpfen, was die Markteinführung immer wieder verzögerte. Nun ist es endlich so weit: Der Arturia MiniBrute ist in größeren Stückzahlen lieferbar und kann eifrig in den Läden angetestet werden.

Text: Hans-Jörg Scheffler, Fotos: Dieter Stork

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handene Effekte werden aber durch den ausge- Suboszillator als Stütze zum Einsatz kommen, prägten Klangcharakter und den hohen Spaß- um z. B. Bass-Sounds mehr Druck zu verleihen. faktor beim Arbeiten mit dem Instrument schnell Der Suboszillator bietet eine Auswahl zwischen zum Nebenschauplatz. Die permanente Heraus- Sinus und Rechteck und kann ein oder zwei forderung, in der jeweiligen Situation spontan Oktaven unter dem Hauptoszillator schwingen. einen geeigneten Klang erstellen zu müssen, Als sechste Quelle kann ein Audiosignal fördert nicht nur die Kreativität, sondern schult hinzu gemischt werden, das über den rückseiti- nebenbei auch noch das Verständnis dafür, wie gen Monoeingang eingespeist wird. Dadurch Synthesizer funktionieren. Nebenbei führt das wird der MiniBrute zum Effektgerät, mit dem immer wieder zu unerwarteten klanglichen man ideal Drumloops und Vocals verfremden Überraschungen, die wiederum neue musika- kann. lische Ideen triggern können. Die Summe all dieser Signale wird dann im Da das eigene Know-how in Sachen digitaler Multimode-Filter weiterverarbeitet. Das Filter- Nachbildung von Synthesizern nicht automa- design basiert auf dem Synthacon-Filter, den tisch eins zu eins in die analoge Welt über - der legendäre Nyle Steiner Mitte der 70er-Jahre tragen werden kann, hat sich Arturia für das entwickelt hat. Im Low-Pass-Modus arbeitet das MiniBrute-Projekt mit dem Analogsynthesizer- Filter mit 12 dB und in den Hi-Pass-, Band- Guru Yves Usson zusammengetan. Heraus - Pass- und Notch-Modi mit 6 dB pro Oktave. In gekommen ist ein Synthesizer, der nicht nur Verbindung mit der Resonanz lassen sich damit durch seine Ausmaße seinem Namen alle Ehre Klänge realisieren, die teilweise an den Korg macht. Obwohl sich insgesamt 56 Taster und MS-20 erinnern – bei hohen Resonanzwerten 〉⎮ Unsere Generation ist geprägt von den Vorzü- Regler den begrenzten Platz teilen, ist deren schreit das Filter geradezu. Die Filterfrequenz gen des Total-Recall. Die meisten Musikproduk- Handhabung auch für Wurstfingertypen wie lässt sich durch einen LFO und/oder die Filter- tionen werden mittlerweile im Rechner erstellt, mich kein Problem. hüllkurve modulieren. und sämtliche Daten stehen dank Cloud-Spei- Die beiden ADSR-Hüllkurven lassen sich cherung jederzeit und überall zum Abruf bereit. übrigens zwischen FAST und SLOW umschalten, Dagegen erscheint ein analoger Synthesizer, der Was du siehst ist, was du kriegst um damit entweder extrem knackige Zaps zu er- nur einen einzigen Speicherplatz besitzt, wie Die grundsätzliche Architektur des MiniBrute zeugen oder sich langsam entwickelnde Drones ein Anachronismus. Und der Gipfel der Ironie ist schnell beschrieben: Ein VCO mit Suboszilla- zu kreieren. Aftertouch ist ebenfalls ein mög- ist erreicht, wenn der Hersteller dieses Synthe- tor passiert ein analoges Multimode-Filter und licher Kandidat zur Modulation der Filter - sizers normalerweise Softwaresynthesizer pro- einen VCA. Zwei Hüllkurven und LFOs sowie ein frequenz. Leider gibt es keine Möglichkeit, die duziert. einfacher Arpeggiator sorgen für Bewegung im Anschlagdynamik als Modulator zu verwenden. Dass die Grenobler Software-Experten wis- Klang. Umso erstaunlicher, da die Tastatur des Mini- sen, wie man analoge Klassiker in Software Bei näherer Betrachtung entpuppt sich der Brute Velocity-Daten über MIDI ausgibt. wiederauferstehen lässt, hat Arturia mit Produk- VCO als eine Art Mischbatterie für analoge Wel- Der gefilterte Klang wird zum VCA weiter- ten vom Moog Modular V über den CS-80 V bis lenformen, die den Anwender quasi dazu auffor- gereicht. Bevor er aber da endgültig in seiner zum Oberheim SEM V mehrfach bewiesen. Und dern, nach bester DJ Manier den Grund sound Lautstärke geformt wird, muss er zuerst den auch die ersten Aktivitäten auf dem Hardware- permanent on the fly neu zu mixen. Nicht nur, BRUTE FAKTOR passieren, dem das Gerät seinen sektor haben tolle Instrumente wie den Drum- dass die vier Grundschwingungsformen Säge- Namen verdankt. Dabei handelt es sich um eine computer Spark und den digitalen Modular - zahn, Rechteck, Dreieck und Rauschen gleich- Art Feedbackschleife, die das gefilterte Signal – synthesizer Origin hervorgebracht. zeitig zum Einsatz kommen können, für die ers - ähnlich wie beim legendären – noch- Während aber ein Teil der Konkurrenz darauf ten drei Wellenformen steht außerdem ein mals zurück zum Filter leitet. Die dabei entste- setzt, den allgemeinen Virtualisierungstrend mit jeweils unabhängiger Modulator mit zwei Para- henden Klänge reichen von subtiler Sättigung Geräten zu stoppen, die mit immer mehr Funk- metern bereit, mit dem sich die Wellenform ein- bis hin zu ultrabrutalen Verzerrerorgien, die tionen und möglichst hoher Polyfonie ausge- fach, aber effizient verändern lässt. Im Fall des sich perfekt für Industrial und Dubstep eignen. stattet sind, geht Arturia jetzt einen komplett Sägezahns heißt der Modulator Ultrasaw und anderen Weg und stellt mit dem MiniBrute erzeugt mittels zweier phasengedrehter Kopien einen erschwinglichen analogen Synthesizer der Schwingungsform eine Art analoge Version Modulation vor, der zwar jede Menge Synthesizerpower der legendären Supersaw. Beim Rechteck lässt Der MiniBrute ist mit zwei LFOs ausgestattet, unter der Haube hat, aber mit einer einzigen sich erwartungsgemäß die Pulsbreite einstellen von denen einer fest als Vibrato verdrahtet ist Stimme und einem Speicherplatz auskommt. und über die Filterhüllkurve steuern, und bei und über das Modulationsrad bzw. Aftertouch der Dreieckswelle kommt ein Waveshaper zum gesteuert werden kann. Sinus und Rechteck - Einsatz, den Arturia als METALIZER bezeichnet wellenformen ermöglichen klassische Vibratos Reduced 2 the Max und der dem Klang scharfe Obertöne hinzufügt. und typische Triller-Effekte. Weniger ist das neue Mehr, könnte man Auch dieser Effekt lässt sich über die Filterhüll- Der zweite LFO verfügt über insgesamt sechs meinen, wenn man den MiniBrute zum ersten kurve modulieren – ein probates Mittel um z. B. Wellenformen und kann unter anderem gleich- Mal sieht. Das mausgraue und superkompakte einem Klang gezielt in der Attack-Phase mehr zeitig die Pulsbreite, den Metalizer-Effekt, die Gehäuse, die 2-Oktaven-Tastatur und nicht vor- Charakter zu verleihen. Zusätzlich kann ein Filterfrequenz und die Lautstärke modulieren.

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Ringmodulation Er schwingt außerdem schnell genug, um damit Trick – beim MiniBrute hat jeder Parameter sei- bezeichnet die Multiplikation zweier Audiosignale, von auch Sounds zu erzeugen, die an Ringmodulation nen eigenen Regler und vermittelt spontanen denen eines Modulator und das andere Träger genannt oder Amplitudenmodulation erinnern. Selbstver- Spielspaß. wird. Der Modulator ist meistens eine einfache Sinus- ständlich lässt sich dieser LFO auch per MIDI- Dass der MiniBrute über keinerlei Speicher- schwingung. Das Ergebnis dieses Prozesses ist die Clock zum Songtempo synchronisieren. Das gilt möglichkeiten für seine Klangeinstellungen ver- Summe und die Differenz der in beiden Ausgangs- natürlich auch für den eingebauten Arpeggiator, fügt, kann man sicher verschmerzen. Dank des signalen enthaltenen Frequenzen und resultiert zumeist der mit den Standardfunktionen UP, DOWN und klaren Layouts der Klangerzeugung hat man in einem glockenähnlichen Klang mit metallischen RANDOM ausgestattet ist. schnell alle Parameter und Funktionen im Griff, Obertönen. Seinen Namen verdankt der Prozess der Ein nettes kleines Feature ist, im HOLD- und dem MiniBrute liegen einige PATCH MEMORY Tatsache, dass die Dioden in einer analogen Umsetzung Modus die Tonabfolge des Arpeggios frei zu be- OVERLAYS bei, auf denen typische Soundein- in einer Kreisform angeordnet sind. stimmen – fast wie bei einem Stepsequenzer. stellungen eingezeichnet sind. Für eigene Ein- Außerdem gibt es noch eine SWING-Funktion. stellungen gibt es weitere zehn leere Overlays. Amplitudenmodulation Mit der im Lieferumfang enthaltenen Mini- ist eigentlich eine Technologie, die bei der Radioüber- Brute-Software können über die USB-Leitung tragung von Audiosignalen zum Einsatz kommt. Obwohl Praxis Einstellungen für die Velocity- und Aftertouch- sehr stark mit der Ringmodulation verwandt, setzt bei Schade, dass die Regler des MiniBrute nicht Kurven sowie für den MIDI-Kanal und andere der Amplitudenmodulation das modulierende Signal den als MIDI-Control-Changes übertragen werden, Systemparameter vorgenommen werden. Wert des Trägersignals nie ganz auf null, was dazu wie z. B. beim Minitaur von Moog. Letzterer hat Neben dem Sound begeistert auch die robuste führt, dass die Trägerfrequenz im resultierenden aber deutlich weniger Regler, sodass der Ver- Verarbeitung von Gehäuse und Bedienelementen. Signal immer noch zu hören ist. gleich hinkt. Denn aufgrund der weitaus größe- Und eine leicht gewichtete Tastatur würde man ren Anzahl der Regler beim Arturia-Synth hätte bei einem kleinen Monosynth fast gar nicht er- dieses Feature den Preis des MiniBrute deutlich warten – die Tastatur ist zwar klein, spielt sich nach oben gepusht. Der Grund: Die externe aber sehr angenehm und komfortabel. Unschön Steuerung der Parameter würde voraussetzen, daher, dass sich bei unserem Testgerät einige dass jeder Regler mit einem D/A-Wandler ausge- der Tastaturgewichte im Laufe des Tests lösten. stattet ist –was übrigens dann auch grundsätz- Der Hersteller versicherte uns jedoch, dass die- lich Speichermöglichkeiten mit sich bringen ser Fertigungsmangel nur bei vereinzelten Gerä- würde. ten auftrat. Meines Erachtens hat Arturia die richtige Entscheidung getroffen, den MiniBrute mit möglichst vielen Reglern auszustatten, denn so Fazit bekommt man den maximalen Spielspaß und Auch wenn er auf den ersten Blick aussieht, muss nicht – wie beim Minitaur – einen Soft- als wäre er von Mattel, entpuppt sich der Mini- ware-Editor nutzen, um an wirklich alle Parame- Brute als ein ausgewachsener Synthesizer mit ter heranzukommen. durchaus eigenem Klangcharakter. Die Tatsache, Arturia setzt beim MiniBrute ganz klar einen dass der MiniBrute weltweit permanent ausver- Profil anderen Schwerpunkt, der besonders bei der kauft ist, spricht Bände. Es sieht so aus, als habe Hersteller/Vertrieb: Integration des Synthesizers in die unterschied- Arturia mit diesem Produkt genau den Nerv ge- Arturia lichsten Setups zum Tragen kommt. Neben der troffen. klassischen MIDI-Steuerung kann der MiniBrute Klanglich bietet das Gerät mehr Möglichkei- Internet: per USB direkt an einen Audiorechner ange- ten als vergleichbare Konkurrenzprodukte. Die www.arturia.com schlossen werden, außerdem kann er als CV- Stärke liegt eindeutig in extrem ausdrucksstar- Gate/USB-MIDI-Interface eingesetzt werden, ken Solosounds, aber dank der Noise-Wellen- UvP / Straßenpreis: was besonders für Besitzer von Modularsystemen form lassen sich auch alle erdenklichen FX- und 499,– Euro interessant sein dürfte, die den MiniBrute in ihr Percussion-Sounds problemlos realisieren, und + individueller Klangcharakter Setup einbinden möchten. mithilfe des Suboszillators sind megatiefe Bässe Was die externe Steuerung des Filters betrifft: ebenfalls ein Thema. sehr gutes Preis/Leistungsverhältnis + Dies geht natürlich über den analogen Weg, wo- Bei den umfangreichen Klangmöglichkeiten + flexible Klangerzeugung bei sich mit dem Einsatz eines externen MIDI- ist es schon ein wenig schade, dass keine Spei- + intuitive Bedienung to-CV-Interfaces letztendlich doch bestimmte cherplätze vorhanden sind, aber letztendlich Parameter via MIDI-Sequenzer automatisieren muss man hier auf das megagünstige Preis/Leis- + MIDI-, USB-, CV-Gate-Anschlüsse lassen. tungs-Verhältnis des MiniBrute schauen. Arturia + robuste Hardware Die Schieberegler laufen vielleicht nicht so liefert hier einen waschechten Analog-Synth und - leichte Verarbeitungsmängel schön smooth wie die Drehpotis, aber ...: keine zeigt, wie man aus einem 1-Oszillator-Konzept Doppelfunktionen, keine Shift-Buttons, kein das Maximum herausholen kann. ⎮⎮

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Der MiniBrute bietet maximalen Spielspaß, da jeder Parameter einen eigenen Regler bzw. Schalter besitzt. Dank seiner umfangreichen Ausstattung mit CV/Gate-Anschlüssen und USB ist der kleine Synth zudem das ideale Bindeglied zwischen Audiorechner und Modularsystem.

Das Herzstück des MiniBrute: Aus einem einzelnen Oszillator holt Arturia das Maximimum heraus. Der Oszillator erzeugt parallel Rechteck mit variabler und modulierbarer Pulsbreite (PWM), Sägezahn (mit separat regelbarer Ultrasaw-Modulation), Dreieck plus Metalizer und Noise. Der Kick ist die Modulation der Wellenformen, denn hier zeigt der MiniBrute, dass er deutlich mehr drauf hat, als die Anzahl von „nur“ einem Oszillator erahnen lässt.

Alle Wellenformen können gleichzeitig abgegriffen und gemischt werden. Bei der Das 12-dB-Steiner-Parker-Multimode-Filter bietet alternativ die Charakteristiken Lautstärkeregelung lässt sich das Filter mit hohem Pegel ansteuern, um von den Lowpass, Highpass, Bandpass sowie Notch und kann zusätzlich per Audio-In mit typischen Saturations-Effekten zu profitieren. externen Signalen gefüttert werden.

Best of both worlds: Der MiniBrute bietet Anschluss für MIDI-Equipment, Computer Der MiniBrute Factor: Die Quelle für die bösen Sounds! Es handelt sich um eine per USB und zahlreiche analoge CV/Gate-Signale. Das perfekte Bindeglied zwischen Rückkopplungsschaltung des Filters, die den Sound zunächst verdichtet, um dann digitalem Recording und analogen Modularsystemen. ab einem bestimmten Punkt in ein chaotisches Verhalten auszubrechen. Dieses Soundbiest ist dann kaum noch zu bändigen.

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