Hitlers Letzte Offensive
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18. HITLERS LETZTE OFFENSIVE Für jene amerikanischen Einheiten, die im Dezember 1944 in die Ar- dennenregion geschickt wurden, sah es nach einer ruhigen Weihnachts- pause aus. Aus dem Grenzgebiet von Belgien, Luxemburg und Deutsch- land abziehende Veteranen riefen den neu ankommenden Einheiten ein Welcome to the rest zone! zu – der Krieg an der Westfront schien sich anderswo abzuspielen, nicht hier. Überhaupt schien es nur noch eine Frage der Zeit, bis die Wehrmacht im Westen endgültig besiegt sein würde. Nach der Eroberung von Paris waren die Alliierten relativ zügig durch Frankreich in Richtung Belgien vorgestoßen. Die Eroberung der Hafenstadt Antwerpen im Oktober war für die Logistik der Amerikaner, Briten, Kanadier und der mit ihnen kämpfenden kleineren Kontingente der, wie Roosevelt die Anti-Hitler- Koalition gern nannte, Vereinten Nationen ein großer Fortschritt; die immensen Mengen von Munition, Treibstoff, Lebensmitteln und was immer das Millionenheer unter Dwight D. Eisenhowers Befehl sonst noch brauchte, konnten jetzt näher an die Front geliefert werden – auch wenn der Nachschub weiterhin ein großes Problem war und die alliierte Führung den Vormarsch gezielt verlangsamte, um die Versorgungslinien nicht zu überdehnen. Ende Oktober standen US-Soldaten auf dem Ter- ritorium des Deutschen Reiches, Aachen wurde die erste Großstadt, über der (oder deren Trümmern) das Sternenbanner wehte. Allerdings gab es auch Rückschläge: Die Operation »Market Garden«, die Landung alliierter Fallschirmjäger hinter den deutschen Linien in den Niederlan- den, wurde zu einem Fiasko, da der größte Teil der überwiegend briti- schen Luftlandetruppen in Gefangenschaft geriet oder fiel. Der Oberkommandierende der missglückten Aktion, Bernard Montgomery, plante in diesem Dezember den Vormarsch durch die Niederlande in den Westen Deutschlands hinein. Weiter südlich stand der amerikani- 248 18. HITLERS LETZTE OFFENSIVE sche General George S. Patton, dem Hitler so viel Hochachtung entge- genbrachte, bereit, über das Saarland in Richtung Rhein vorzustoßen, der letzten großen natürlichen Grenze vor dem Marsch auf Berlin. Der Frontverlauf von den Niederlanden bis zur Schweizer Grenze brachte es mit sich, dass selbst eine solch große Streitmacht einige Front- abschnitte nur mit begrenztem Personal besetzen konnte und dort eher passiv agierte. Hierzu gehörten die Ardennen. Das Waldgebiet, das den an der Westfront tätigen Kriegsberichterstatter Ernest Hemingway an die Märchen der Gebrüder Grimm erinnerte – nur sei es noch viel fins- terer –, wurde von der alliierten Militärführung als für größere motori- sierte Einheiten unpassierbar eingestuft. Bemerkenswerterweise war dies viereinhalb Jahre zuvor auch die Meinung der französischen Gene- ralität gewesen, die binnen weniger Tage durch den »Blitzkrieg« der Panzereinheiten Heinz Guderians ad absurdum geführt wurde. Doch das war vor langer Zeit – die Wehrmacht des Winters 1944/45 war für die Alliierten eine geschlagene Truppe. Hitler hingegen sah hier in den Ardennen noch einmal eine Chance für einen vermeintlich entscheidenden Sieg, auch wenn seine Generäle wie Walter Model und Gerd von Rundstedt eine Offensive im Westen angesichts des Zustandes der dezimierten Armeekorps, der totalen Luft- überlegenheit der Alliierten und der Materialknappheit (vor allem an Treibstoff herrschte ein eklatanter, die Operationen behindernder Man- gel) für Wahnsinn hielten. Nach wie vor blickte Hitler mit Geringschät- zung auf die amerikanischen Soldaten, die er gegenüber den eigenen Truppen für minderwertig hielt. So ließ er die Operation »Wacht am Rhein« planen und vorbereiten, die letzte große Offensive Hitlers, ge- richtet gegen die Truppen seines Todfeindes Roosevelt. Die Vorberei- tungen vollzogen sich unter einer diesmal erfolgreichen Geheimhal- tung und begünstigt durch die Unterschätzung der deutschen Möglichkeiten durch die U.S. Army – und einer Überschätzung des Wertes der Ardennen als natürlichem Hindernis. Hitlers Plan sah vor, durch die waldreiche Region in Richtung Antwerpen vorzustoßen und damit die alliierte Front in zwei Teile zu schneiden. Eine erfolgreiche Einkesselung der First Army und der Ninth Army sowie der britischen Armee unter Montgomery würde, so Hitlers Kalkül, die feindliche Koa- lition zerbrechen lassen. General Alfred Jodl erklärte im Namen des Führers den zweifelnden Generälen, dass ein Erfolg die Westmächte verhandlungsbereit machen würde – eine Einschätzung, die Roosevelts Entschlossenheit verkennt, den Krieg bis zur Vernichtung der Nazi-Dik- tatur fortzusetzen. Essentiell für das Gelingen der inzwischen von »Wacht .