SWR2 Musikstunde
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SWR2 MANUSKRIPT SWR2 Musikstunde Gaetano Donizetti – Meister des Belcantos (2) Mit Ulla Zierau Sendung: 30. Januar 2018 Redaktion: Dr. Ulla Zierau Bitte beachten Sie: Das Manuskript ist ausschließlich zum persönlichen, privaten Gebrauch bestimmt. Jede weitere Vervielfältigung und Verbreitung bedarf der ausdrücklichen Genehmigung des Urhebers bzw. des SWR. Service: SWR2 Musikstunde können Sie auch als Live-Stream hören im SWR2 Webradio unter www.swr2.de Kennen Sie schon das Serviceangebot des Kulturradios SWR2? Mit der kostenlosen SWR2 Kulturkarte können Sie zu ermäßigten Eintrittspreisen Veranstaltungen des SWR2 und seiner vielen Kulturpartner im Sendegebiet besuchen. Mit dem Infoheft SWR2 Kulturservice sind Sie stets über SWR2 und die zahlreichen Veranstaltungen im SWR2- Kulturpartner-Netz informiert. Jetzt anmelden unter 07221/300 200 oder swr2.de SWR2 Musikstunde mit Ulla Zierau 29. Januar – 02. Februar 2018 Gaetano Donizetti – Meister des Belcantos (2) Signet Mit Ulla Zierau: Buon giorno e benvenuti mitten im Leben von Gaetano Donizetti. Nach dem beachtlichen Erfolg seiner Oper "Zoraida di Granata" verlässt der 25 - jährige Komponist Rom in Richtung Süden. Er will in Neapel sein Glück versuchen. Dorthin begleiten wir den Meister des Belcantos heute. Sind Sie am frühen Morgen bereit für die Oper. Ich verspreche Ihnen, es wird schön gesungen bei den Belcantisten. (0’25) Titelmusik Mit der Entscheidung für die Oper, legt Donizetti sein Schicksal in die Hände der mächtigen Impresarios. Sie, die Besitzer der Opernhäuser, bestimmen, ob ein Werk gespielt wird oder nicht, kurz sie entscheiden über eine Karriere. Das Leben als Opernkomponist bedeutet eine ständige Auseinandersetzung mit Theaterintendanten und Librettisten. Es ist ein fortwährendes Ringen um Erfolg. Der Weg ins Rampenlicht ist für Donizetti mühsam und langwierig. Über 30 Opern schreibt er, eine an der anderen, insgesamt 19 für Neapel. Und es dauert Jahre bis er sich im Geschäft behaupten kann, bis seine Opern auf nationalen und internationalen Bühnen gefragt sind. Seinen ersten großen Erfolg feiert der 33- jährige mit seiner 35. Oper "Anna Bolena". Für eine Gruppe Mailänder Adliger und reicher Kaufleute hat er sie geschrieben. Und die legendäre Giuditta Pasta singt bei der Uraufführung im Teatro Carcano die Titelrolle. (1’00) Musik 1: Gaetano Donizetti: “Anna Bolena”, Arie der Anna (2. Akt) Angela Gheorghiu (Sopran) Chor des Königlichen Opernhauses Covent Garden, London London Symphony Orchestra, Leitung: Evelino Pidò M0030062 013, Emi classics 557163-2, 3’58 2 „Anna Bolena" von Gaetano Donizetti, 2. Akt, die Arie der Anna mit Angela Gheorghiu und dem London Symphony Orchestra unter der Leitung von Evelino Pidò. „Anna Bolena“ ist also Donizettis erster großer Erfolg. Und das zu einem günstigen Zeitpunkt. Gerade hat Rossini seinen Rückzug von der Opernbühne erklärt. Donizetti und der vier Jahre jüngere Vincenzo Bellini können sein Erbe antreten. Sie sind jetzt die führenden Opernkomponisten Italiens. Der Weg führt über Neapel. In Neapel hat Donizetti Rossini kennengelernt. Für ihn eine zwiespältige Begegnung. Einerseits bewundert er Rossini. Einiges hat er von ihm übernommen, den reichverzierten Stil, die Koloraturen, die Vokalisen. Anderseits hat Donizetti noch die mahnenden Worte seines Lehrers Mayr im Ohr, der die Rossini‘sche Komponier- Weise immer kritisch beurteilt hat. Rossini missachte die Ausgeglichenheit zwischen der kontrapunktischen Tradition und der italienischen Musizierlust, zu Gunsten der Italianità. Vor allem aber missfällt Mayr das Durcheinander verschiedener Stilelemente der weltlichen und geistlichen Musik. "Auf der Bühne klingt es wie im Concertsaal, und in der Kirche ist es nicht anders. Überall Mengerey und also etwas Wirres, wild Aufgeregtes. Dadurch müssen wir notwendig ärmer werden. Das muss ein schlechtes Ende nehmen." so lamentiert Mayr. Dabei war er es gewesen, der mit seiner Musik Rossini den Weg geebnet hat - mit dem Unterschied, dass Rossini den Lauf der Melodien, die typischen Crescendi und Formen wie die Cabaletta häufiger und vairabler einsetzt als es Mayr getan hat. Rossinis "Tancredi" ist ein Paradebeispiel. (1’55) Musik 2 Gioacchino Rossini: "Tancredi", Arie des Tancredi (2. Akt) Vesselina Kasarova (Mezzosopran) Chor der Bayerischen Staatsoper / Münchner Rundfunkorchester Leitung: Roberto Abbado M0081501 004, LC 0316 RCA 09026 68349-2 4’00 3 Vesselina Kasarova mit der Arie des Tancredi aus dem venezianischen Finale der Oper von Gioacchino Rossini. Roberto Abbado leitete den Chor der Bayerischen Staatsoper und das Münchner Rundfunkorchester. Viel eindrücklicher als das Treffen mit Rossini ist für Donizetti die Begegnung mit Vincenzo Bellini. Der vier Jahre jüngere Sizilianer hat in Neapel studiert. Er wird ein ernst zu nehmender Konkurrent, ja Bellini wird Donizetti das Leben in den nächsten Jahren schwer machen. Über einen Opernbesuch Bellinis in Neapel berichtet ein gemeinsamer Freund: "Der angesehene Komponist Carlo Conti sagte eines Tages zu mir und Bellini: ‚Geht und hört Euch Donizettis "La Zingara" an, die ich jeden Abend mit wachsendem Eindruck genieße: unter den anderen Nummern werdet Ihr ein Septett finden, das nur ein Schüler von Mayr begabt und fähig genug ist zu schreiben.‘ Wir beeilten uns hinzugehen, und dieses Septett, der Höhepunkt der Oper, zog Bellinis Aufmerksamkeit und Bewunderung auf sich. Kurz danach bat er Conti dringend, ihn Donizetti vorzustellen, und ich erinnere mich, dass der Tag, an dem diese Begegnung stattfand, ein Festtag für Bellini war“. (1’20) Musik 3: Gaetano Donizetti: „La Zingara“, Cavatine des Fernando (1. Akt) Bruce Ford, Tenor Royal Philharmonic Orchestra, Leitung: David Parry Opera Rara, ORR 229, 1’50 Sie haben es gemerkt, das war kein Septett, sondern eine Cavatine, der einzige Ausschnitt, den ich von der Oper „La Zingara“ gefunden habe. Bruce Ford sang den Fernando und wurde begleitet vom Royal Philharmonic Orchestra unter der Leitung von David Parry. Bellini ist also beeindruckt von Donizettis Oper. Sicher ist den Beiden bei ihrer ersten Begegnung noch nicht klar, dass sie bald als Konkurrenten um die Gunst der Impresarios, der Librettisten, der Sänger und des Publikums werben werden. 4 Und dass sie beide der romantischen italienischen Oper ihren Stempel aufdrücken werden. Bellini mit seinen „Melodie lunghe“, seinen langen Melodien und Donizetti mit der "Oper der neuen Kürze". Das bezieht sich nicht auf die Gesamtlänge, sondern auf die effektvollen zugespitzten Formen wie Cavatina und Cabaletta, deutliche Kennzeichen seines Belcantos. Nach zwei erfolgreichen Auftritten in Neapel wagt sich Donizetti mutig in den Löwenkäfig nach Mailand, er schreibt eine Oper für die Scala. Dieses Debüt steht unter keinem guten Stern. Der renommierte Librettist Felice Romani liefert das Manuskript nicht rechtzeitig, der Premierenabend muss verschoben werden. Am Ende wird "Chiara e Serafina" 12mal gespielt, am letzten Abend sind die Sitzreihen im Zuschauerraum fast leer. Kurz: Die Eroberung der Scala ist gescheitert. Am besten nicht weiter darüber nachdenken und weiter machen. Donizetti heiratet Virgina Vasselli, Tochter einer römischen Anwaltsfamilie, er nimmt die Stelle des Musikdirektors am Teatro Carolino in Palermo an. In nur acht Jahren komponiert er 20 Opern und zwei Neufassungen. Die Leistungskapazität wird er in den nächsten Jahren noch steigern. Der Musikkritiker Louis Engel erinnert sich: "Donizetti schrieb schnell, derartig schnell, dass ich, als ich ihn zum ersten Mal beim Schreiben beobachtete, nicht glaubte, dass er Noten schrieb. Er hatte eine Gabe, das Notensystem mit Punkten wie einen Telegrammstreifen zu bedecken und danach fügte er die Hälse und Balken ein." Inzwischen ist auch Vincenzo Bellini auf den italienischen Bühnen angelangt In Neapel besucht Donizetti Bellinis Oper "Bianca und Fernando“ und sie gefällt ihm. 2‘20 Musik 4 Vincenzo Bellini: Preludio zur Oper "Bianca und Fernando" Virtuosi Brunensis, Leitung: Antonino Fogliano M0443123 002, 2’16 (leises Ende) 5 Live vom Belcanto Opera Festival Bad Wildbad 2016 die Virtuosi Brunensis unter der Leitung von Antonino Fogliano mit dem Vorspiel zur Oper "Bianca und Fernando" von Vincenzo Bellini. Bellini macht Donizetti den Rang streitig. Bei der Eröffnung des Teatros Carlo Felice in Genua wird seine "Bianca" gespielt, Donizettis neue Oper ist nicht rechtzeitig fertig geworden, mal wieder wegen Verzögerungen des Librettisten Romani. Bereits mit seiner dritten Oper "Il Pirata" behauptet sich Bellini an der Mailänder Scala. Noch vor Donizetti, der muss auf diese Heldentat weiter warten. Seine tragisch-lyrische "Anna Bolena" wird zwar in Mailand gefeiert, aber nicht an der Scala, sondern im Teatro Carcano. Vereinzelt sucht Donizetti darin Bellinis himmlische Längen und dessen sanfte, weiche Bögen. In „Anna Bolena“ und "La Sonnambula" kommen sich die beiden Komponisten erstaunlich nah. Das Rezitativ der Anna, gesungen von Maria Callas geht in der folgenden Collage nach zwei Minuten nahtlos über in die Arie der Amina aus Bellinis Sonnambula, gesungen von Lucia Aliberti. (1’20) Musik 5: Gaetano Donizetti: Anna Bolena, Arie der Anna (2. Akt) Maria Callas (Sopran) Philharmonia Orchestra; Leitung: NicolaRescigno M0030059 001, 2’05 Vincenzo Bellini: La Sonnambula, Arie der Amina (2. Akt) Lucia Aliberti (Sopran) Orchester Münchner Rundfunkorchester; Lamberto Gardelli M0028462 001, 2’05 4’10 (ausgeblendet) Eine frappierende Ähnlichkeit in der Melodie- und Stimmführung. Zuerst Maria Callas mit dem Rezitativ der Anna aus dem 2. Akt der „Anna