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Generalplan Küstenschutz Ostfriesische Inseln

Generalplan Küstenschutz Ostfriesische Inseln

Generalplan Küstenschutz Niedersachsen - Ostfriesische Inseln

Herausgeber: Niedersächsischer Landesbetrieb für Wasserwirtschaft, Küsten- und Naturschutz Am Sportplatz 23 26506 Norden

Mai 2010

Internet: www.nlwkn.niedersachsen.de

Vertrieb: Niedersächsischer Landesbetrieb für Wasserwirtschaft, Küsten- und Naturschutz -Direktion- Am Sportplatz 23 26506 Norden [email protected]

2 Generalplan Küstenschutz Niedersachsen - Ostfriesische Inseln

Liebe Leserinnen und Leser wir ein Vorsorgemaß von 50 cm für den Mee- des Generalplans Inselschutz, resspiegelanstieg der kommenden 100 Jahre und zukünftige Auswirkungen des Klimawan- die schweren Sturmfluten von November dels. Massive Bauwerke in der Deichlinie wie 2006 und November 2007 mit Höchstwasser- Siele oder Schöpfwerke werden zudem so aus- ständen von 2,55 Meter über dem normalen gelegt, dass eine Nacherhöhung insgesamt von Tidehochwasser am Pegel haben es bis zu einem Meter möglich ist. wieder einmal deutlich gemacht: Küstenschutz und Inselschutz hat höchste Priorität. Für die sandigen Küsten der Ostfriesischen Inseln werden die Belastungen in Folge des Bereits 2007 haben wir den Generalplan Kü- Klimawandels langfristig zunehmen: Als Schutz stenschutz für das Festland vorgelegt, darauf vor Erosion werden deshalb Sandaufspülungen aufbauend ist nun der Generalplan für die Inseln als naturnahe Maßnahme des Küstenschutzes fertig gestellt. Wir geben ihn hiermit allen Inter- zukünftig an Bedeutung gewinnen. Hierfür wer- essierten und insbesondere den Bewohnern der den auch Sandentnahmen aus dem Küstenvor- Ostfriesischen Inseln an die Hand. feld erforderlich sein, die Priorität vor anderen Fest steht: Die Ostfriesischen Inseln sind Nutzungen haben müssen. einmalig. Deshalb ist der Schutz der sieben Angesichts der auf absehbare Zeit knappen dauerhaft bewohnten Inseln vor Sturmfluten, die öffentlichen Haushalte ist dabei auch eine mög- Sicherung ihres Bestandes und damit der Hei- lichst wirtschaftliche und inselnahe Kleibeschaf- mat ihrer Bewohner zwingend erforderlich. Und fung anzustreben – in Abstimmung mit dem dies aus gutem Grund: Die Ostfriesischen Inseln Naturschutz und der Raumordnung. sind einerseits bedeutende Tourismusstandorte und damit ein wichtiger Wirtschaftsfaktor in Nie- Gleichwohl werden auch die massiven dersachsen. Andererseits sind die Inseln auch Schutzanlagen auf den Inseln ein wichtiger Be- wichtiger Bestandteil des Küstenschutzsystems standteil des Küstenschutzes bleiben. Mit dieser für die Festlandsküste, weil sie quasi als vorge- Strategie haben wir genügend Zeit, auf zukünfti- lagerte Wellenbrecher wirken. ge Entwicklungen flexibel zu reagieren. Niedersachsen nimmt die potenziellen Aus- Ein Blick in den Generalplan zeigt: Alle Kü- wirkungen des Klimawandels sehr ernst. Dass stenschutzanlagen auf den Inseln wurden sy- eine globale Erwärmung einen beschleunigten stematisch untersucht und vermessen – das ist Anstieg des Meeresspiegels mit sich bringt, ist die Grundlage für unser künftiges Handeln. Etli- klar. Die Frage ist nur: In welcher Größenord- che Deiche, Uferschutzanlagen und Schutzdü- nung? Eine exakte und verlässliche Antwort auf nen müssen erhöht und verstärkt werden. diese Frage kann niemand geben. Der UN- Bei allen künftigen Inselschutz-Projekten hat Klimarat geht in seinem jüngsten Bericht von der für den Inselschutz verantwortliche NLWKN einem Anstieg des Meeresspiegels zwischen 18 im Blick, dass die für den Küstenschutz beste bis 59 Zentimetern aus. Die Schwankungsbrei- Lösung immer im Einklang mit der Natur, dem ten beruhen vor allem auf unterschiedlichen Tourismus und der kommunalen Entwicklung zu Szenarien für die weltwirtschaftliche Entwicklung bringen ist. Aber ich sage deutlich: Küstenschutz und den politischen Entscheidungen zum Klima- und damit der Schutz von Leib und Leben hat schutz sowie auf naturwissenschaftlichen Priorität. Kenntnisdefiziten. Die Finanzierung der erforderlichen Insel- In den vergangenen 100 Jahren ist das mitt- schutzmaßnahmen ist eine gewaltige Zukunfts- lere Tidehochwasser an der niedersächsischen aufgabe von lokaler, nationaler aber auch euro- Küste um ca. 25 cm angestiegen. Wir gehen päischer Bedeutung. In der Vergangenheit ha- davon aus, dass der Meeresspiegel weiter an- ben die Küstenländer bereits erreicht, dass der steigen wird und sorgen deshalb vor: Bei dem Bund mehr Küstenschutzmittel zur Verfügung Bau von Küstenschutzanlagen sowohl an der stellt. Küste als auch auf den Inseln berücksichtigen

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Vor dem Hintergrund des zu erwartenden Kli- 2010 investieren wir 66,6 Millionen Euro in mawandels werde ich mich für zusätzliche den Schutz unserer Küsten, rund zehn Millionen Haushaltsmittel der EU einsetzen. Fest steht Euro sind davon für unsere Inseln vorgesehen. aber auch: Angesichts der schwierigen Haus- Auch künftig werden wir in unseren Anstrengun- haltslage des Bundes und der Länder kommt es gen für den Küstenschutz nicht nachlassen. in der Zukunft in besonderem Maße darauf an, Um einen umfassenden Überblick über die im Rahmen der verfügbaren Haushaltsmittel für Aufgaben im Küstenschutz zu erhalten, ist die einen effektiven und nachhaltigen Inselschutz zu Erstellung weitere Teilpläne für die Schutzdei- sorgen, ohne dabei das Festland zu vernachläs- che im Tidegebiet hinter den Sperrwerken und sigen. die zweite Deichlinie auf dem Festland erforder- lich. Nunmehr ist es an der Zeit, auch diese Deiche systematisch zu erfassen. Damit wird dann eine Gesamtstrategie vorliegen, die die belastbare Grundlage für unser Handeln in den kommenden Jahrzehnten bildet und für die der hier vorliegende Bericht ein wichtiger Baustein ist.

Hans-Heinrich Sander Niedersächsischer Minister für Umwelt und Klimaschutz

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Inhaltsverzeichnis

1 Einführung…………………………………………………………………………………….6

2 Der Küstenraum……………………………………………………………………………...8 2.1 Entwicklung der Ostfriesischen Inseln ...... 8 2.2 Naturräumliche Verhältnisse ...... 9 2.3 Siedlungs- und Wirtschaftsstruktur...... 11

3 Ziele des Küstenschutzes auf den Inseln……………………………………………...12

4 Rahmenbedingungen……………………………………………………………………...15 4.1 Rechtlicher Rahmen...... 15 4.2 Küstenmanagement ...... 16

5 Küstenschutzanlagen und –maßnahmen..…………………………………………….18 5.1 Hauptdeiche, Sicherungs- und Schutzwerke und Deichvorland...... 18 5.2 Schutzdünen ...... 20

6 Grundlagen der Deichbemessung………………………………………………………25 6.1 Tide- und Sturmflutwasserstände ...... ….25 6.2 Säkularer Meeresspiegelanstieg und mögliche Auswirkungen von Klimaveränderungen...... 25 6.3 Ermittlung der Solldeichhöhen ...... 27

7 Organisation des Küstenschutzes auf den Inseln……………………………………29 7.1 Erhaltung der Küstenschutzanlagen ...... 29 7.2 Deichverteidigung und Gefahrenabwehr...... 29 7.3 Sturmflutwarndienst...... 30

8 Ausbauprogramm…………………………………………………………………………..31 8.1 Finanzierung ...... 31 8.2 Maßnahmen auf den Inseln ...... 32 8.2.1 ...... 32 8.2.2 ...... 33 8.2.3 Norderney...... 34 8.2.4 ...... 35 8.2.5 ...... 36 8.2.6 ...... 37 8.2.7 ...... 38

9 Zusammenfassung und Ausblick………………………………………………………..39

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1 Einführung

Weltweit zählen die Küstengebiete zu den für die Küstenschutzanlagen einschließlich eines wichtigsten Siedlungsräumen der Menschen. Vorsorgemaßes für den zukünftigen Meeres- Für die niedersächsische Nordseeküste und die spiegelanstieg sowie der erforderlichen Deich- vorgelagerten Ostfriesischen Inseln bilden der höhen für die Inseldeiche. Schutz vor Sturmfluten und die Bestandssiche- Die Inseln mit ihren sandigen Küsten sind mit rung zwingende Voraussetzungen für die nach- ihrer exponierten Lage vor der Festlandsküste haltige Nutzung dieses Siedlungsraumes mit den dynamischen Kräften der Natur besonders erheblicher wirtschaftlicher Bedeutung. ausgesetzt (Abb. 1-1). Ihre wirtschaftliche Be- In dem im Jahr 2007 fertig gestellten „Gene- deutung als wichtige Tourismusstandorte in ralplan Küstenschutz Niedersachsen/ – Niedersachsen und ihre naturschutzfachliche Festland“ wurden Ziele des Küstenschutzes, Wertigkeit erfordern eine langfristige und nach- Bemessungsgrundlagen, der aktuelle Stand und haltige Planung zur Umsetzung der notwendigen das Ausbauprogramm für den Küstenschutz an Küstenschutzmaßnahmen. der Festlandsküste zusammenfassend darge- Wesentliche Aufgaben des Küstenschutzes stellt. auf den Inseln sind der Schutz vor Sturmfluten

Abb. 1-1: Satellitenaufnahme des nordwestlichen Niedersachsens mit den Ostfriesischen Inseln

Der vorliegende „Generalplan Küstenschutz und die Sicherung des Bestandes der Inseln. – Ostfriesische Inseln“ bilanziert den jetzigen Die Ostfriesischen Inseln bilden zudem einen Stand des Küstenschutzes auf den Inseln als wichtigen Bestandteil des Küstenschutzes für weiteren Teil der Generalplanung Küstenschutz die niedersächsische Festlandsküste, weil sie in Niedersachsen. Hierzu wurde der Zustand diese gegen die unmittelbare Wirkung des See- aller Küstenschutzanlagen auf den dauerhaft gangs aus der Nordsee abschirmen und so eine besiedelten sieben Ostfriesischen Inseln Bor- Art natürlicher Wellenbrecher darstellen. Der kum, Juist, Norderney, Baltrum, Langeoog, Küstenschutz auf den Inseln wird durch ca. 35 Spiekeroog und Wangerooge bewertet und die km Hauptdeiche und 92 km Schutzdünen und erforderlichen Maßnahmen ermittelt. Basis hier- zugehörige Sicherungs- und Schutzwerke ge- für neben der Bestandsaufnahme bildet eine währleistet. Neuberechnung der Bemessungswasserstände

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Die Verantwortung für den Küstenschutz auf Nach der Sturmflut vom Februar 1962 wurde den Ostfriesischen Inseln liegt wegen der be- die Verbesserung des Küstenschutzes auch auf sonders schwierigen Rahmenbedingungen beim den Ostfriesischen Inseln strukturiert vorange- Land Niedersachsen. trieben. Im 1973 aufgestellten Generalplan Kü- stenschutz Niedersachsen sowie dem General- Historisch betrachtet waren die Inseln sehr plan Küstenschutz für den damaligen Regie- stark durch schwere Sturmfluten und Erosionen rungsbezirk Weser- von 1997 wurde der betroffen. So führten Sturmfluten und großräu- damalige Ausbaubedarf dargestellt. Seitdem mige hydromorphologische Veränderungen in konnte der Küstenschutz erheblich verbessert den vergangenen Jahrhunderten zu Durchbrü- werden. chen der Dünenketten bis hin zum vollständigen Verschwinden einiger Inseln. Auch in der jünge- Auf Grund der ständigen Veränderungen von ren Vergangenheit verursachte z. B. die sehr Stränden, Vorstränden und Dünen besteht dau- schwere Sturmflut vom 16./17.02.1962 starke ernder Handlungsbedarf, den Küstenschutz auf Schäden an den Uferschutzwerken der Nord- den Inseln langfristig und vorsorgend sicher zu und Westseiten vieler Inseln und führte zur stellen. Neben der Erhaltung und ggf. Verstär- Überflutung von Siedlungslagen und Erosion kung der massiven Küstenschutzanlagen stellen von Stränden und Randdünen. Deiche, welche insbesondere auch die an den natürlichen Pro- die niedrig gelegenen Inselteile zur Wattseite hin zessen orientierten Küstenschutzmaßnahmen schützen, waren nur unzureichend vorhanden. wie Sandfüllungen und ingenieurbiologische Maßnahmen des Dünenmanagements wichtige Auch die Sturmtidenketten des Jahres 1973 Bausteine des Küstenschutzes dar. und die Sturmfluten vom Januar 1976 bedingten erhebliche Beschädigungen an den Küsten- Die Belange von städtebaulicher Entwick- schutzanlagen und Randdünen und führten zur lung, Tourismus, Naturschutz, Häfen und Schiff- Überflutung von Siedlungsbereichen. Die Sturm- fahrt sowie gewerblicher Nutzung haben auf den fluten vom Januar 1994 sowie vom November Küstenschutz auf den Ostfriesischen Inseln er- 2006 verursachten erhebliche Schäden durch hebliche Auswirkungen. Diese konkurrierenden Abbrüche an den Dünen (siehe Anlage 1). Nutzungsansprüche müssen integriert werden, um eine nachhaltige Planung und Umset- zung von Küsten- schutzmaßnahmen zu gewährleisten. Allerdings besitzt bei der Abwägung kon- kurrierender Nut- zungsansprüche der Schutz vor Überflu- tung und die Be- standssicherung der Inseln sowie die Um- setzung der hierfür erforderlichen Maß- nahmen höchste Priorität.

Abb. 1-2: Sturmflut am 3. Januar 1976 auf Norderney

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2 Der Küstenraum 2.1 Entwicklung der Ostfriesischen Inseln

Die Ostfriesischen Inseln liegen vor der Ab dem vierzehnten Jahrhundert lässt sich niedersächsischen Küste zwischen den Mün- eine dauerhafte Besiedlung der Inseln sicher dungen von Ems und Jade. Die heutigen Inseln nachweisen. In den folgenden Jahrhunderten sind als sandige Barriereinseln im Zuge des waren die Inseln nur dünn besiedelt, wobei nacheiszeitlichen Meeresspiegelanstieges und Fischfang, Handelsschifffahrt und Landwirtschaft des damit verbundenen Vordringens der Nord- die Haupterwerbsquellen bildeten. Langfristige see entstanden. Vorläufer der heutigen Inseln morphologische Veränderungen und die Folgen sind mehr als 2000 Jahre alt. Damit unterschei- von Sturmfluten erzwangen auf einigen Inseln den sich die Ostfriesischen von den Nordfriesi- zum Teil mehrfach die Verlegung der akut von schen Inseln, die als Geestkern- oder Marschen- Überflutung oder Erosion bedrohten, meist klei- inseln überwiegend aus Resten von in Sturmflu- nen Siedlungen. ten des 14. und 17. Jahrhunderts untergegan- Durchbrüche der Dünenketten auf den Inseln genem Festland bestehen. wie beispielsweise auf Borkum und Juist im Jahr Die Ostfriesischen Inseln bilden einen Teil der Inselkette im Wattenmeer, die sich von Den Helder in den Niederlan- den bis nach Esbjerg in Däne- mark erstreckt. Neben den sieben dauerhaft besiedelten Hauptinseln Borkum, Juist, Norderney, Baltrum, Langeoog, Spiekeroog und Wangerooge existieren auch nur zeitweise bewohnte oder unbewohnte Inseln wie z. B. , Lütje Hörn oder . Nur für die sieben Hauptinseln wer- den Küstenschutzmaßnahmen durchgeführt. Abb. 2-1: Morphologische Entwicklung der Inseln Baltrum und Norderney (Ostteil) von 1650 bis 1960 und heutiger Zustand Bedingt durch die ständig 1651 oder Langeoog im Jahr 1717 konnten in einwirkenden Kräfte von Gezeiten, Strömungen, den vergangenen Jahrhunderten lange Zeit nicht Seegang und Wind, sowie durch morphologi- geschlossen werden. In den meisten Fällen sche und hydrologische Veränderungen haben gelang dies erst Ende des 19. oder im begin- sich die Inseln insbesondere in der Zeit vor Be- nenden 20. Jahrhundert durch systematische ginn des seebautechnischen Inselschutzes in Dünenbaumaßnahmen. Das Muschelfeld auf Lage und Größe stark verändert. Einige Inseln, Borkum, der Hammersee auf Juist oder der wie z. B. Baltrum oder Wangerooge, mussten im Große und Kleine Schlopp auf Langeoog sind Westen deutliche Landverluste hinnehmen, auch heute noch sichtbare Relikte dieser Durch- während sich die Inseln im Osten teilweise brüche. durch Anlandung verlängerten. Abbildung 2-1 zeigt beispielhaft die Entwicklung von Baltrum Andere Inseln, wie das zwischen Juist und und dem Ostteil von Norderney. Im Zuge des Norderney gelegene sowie die südlich von Meeresspiegelanstieges verlagerten sich die Juist gelegene Marscheninsel Bant wurden voll- Inseln teilweise auch nach Süden. ständig erodiert und verschwanden.

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Auf Grund der vergleichsweise geringen zu Juist durch massive wasserbauliche Anlagen schützenden Werte und der unzureichenden zum Schutz gegen Erosion und als Sturmflut- technischen Mittel beschränkten sich Küsten- schutz befestigt worden. Mit Ausnahme von schutzmaßnahmen bis zur zweiten Hälfte des Juist, wo die Anlagen versandet sind, wurden 19. Jahrhunderts im wesentlichen auf die Fest- diese in Folge von Schäden oder fortschreiten- legung und Sicherung von Dünen durch Be- pflanzung mit Strandhafer und Sandfangmaß- nahmen sowie einzelnen meist ortsnahen Dei- chen. Ein wesentlicher Wendepunkt für die Ostfrie- sischen Inseln trat mit der Gründung des ersten Seebades an der deutschen Nordseeküste im Jahr 1797 auf Norderney ein: Im Verlauf des 19. Jahrhunderts entwickelte sich auf allen Inseln eine Seebadekultur, mit welcher eine erhebliche städtebauliche Entwicklung und Steigerung der Abb. 2-2: Seebad Norderney um 1900 wirtschaftlichen Bedeutung der Inseln verbun- den war. Bis heute haben sich die Inseln zu sehr bedeutsamen Tourismusstandorten in Nieder- der Erosion in mehreren Schritten erweitert und sachsen weiter entwickelt. bilden heute einen wichtigen Teil des Küsten- schutzes für die Inseln. Als Promenaden besit- Zur Sicherung von durch Sturmfluten und zen sie zudem oft eine wichtige Funktion für den Küstenerosion bedrohten Ortslagen sind des- Tourismus. Zudem wurde der wattseitige Sturm- halb beginnend in der zweiten Hälfte des 19. flutschutz durch Bau und Verstärkung von Dei- Jahrhunderts die Westköpfe von Borkum, Nor- chen verbessert und neue Vorlandflächen durch derney, Baltrum, Spiekeroog und Wangerooge Landgewinnung geschaffen. sowie die in Inselmitte gelegene Ortslage von

2.2 Naturräumliche Verhältnisse

Die Ostfriesischen Inseln sind Düneninseln, maßgeblich gefördert durch den Einfluss von die durch weiträumige Dünenareale geprägt Dünenvegetation, gebildet. Die Dünenketten sind. Eine Düneninsel bildet mit Vorstrand, See- weisen meist nur Breiten von wenigen hundert und Riffbogen (Ebbdelta), Wattgebiet und Metern auf. Im Süden der Inseln liegen Insel- Salzwiesen ein sehr dynamisches morphologi- marschen, die in Teilen bedeicht sind. Marschen sches System. konnten sich im Schutz der Dünen in strömungs- und seegangsberuhigter Umgebung durch Se- Die Länge der Inseln beträgt zwischen ca. 5 dimentation von im Wasser mitgeführten Stoffen und 15 km, der Abstand zum Festland ca. 3 bis bilden. Im Vergleich zu den Festlandsmarschen 20 km. Flächenmäßig größte Insel ist Borkum. sind die Inselmarschen überwiegend durch deut- Auf Norderney, der zweitgrößten Insel, liegt die lich geringere Tonanteile und höheren Sand- einwohnerstärkste Stadt. Zwischen Inseln und und Schluffanteile geprägt. Neben natürlicher Festland befinden sich ausgedehnte Sedimentation wurde der Anwachs in der Ver- Wattgebiete. Die Inseln werden durch Seegaten gangenheit maßgeblich durch Landgewinnungs- voreinander getrennt, die Tiefen von mehr als 20 arbeiten gefördert, die überwiegend das Ziel m erreichen können. Durch die Seegaten strömt hatten, landwirtschaftliche Nutzflächen zu schaf- das Wasser bedingt durch die Gezeiten zweimal fen. Heute werden Teilbereiche der Deichvor- täglich in die Wattgebiete hinein und hinaus. länder mit Arbeitspferden oder im Rahmen von Die Nordseiten der Inseln werden durch naturschutzfachlichen Managementmaßnahmen Strände und Dünenbereiche gebildet. Die Dünen beweidet. Der überwiegende Teil ist ungenutzt. können Höhen von mehr als 20 Metern errei- Wesentlich für den Bestand eines Inselbe- chen und haben sich aus aufgewehten Sanden, reichs ist dessen ausreichende Versorgung mit

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Sediment. Vorstrand, und Düne bilden gens an und sorgen für eine natürliche Auffül- ein unter den einwirkenden Kräften von See- lung der Strände. Im Zuge einer Platenanlan- gang, Wasserstand und Strömungen dynami- dung entsteht zwischen der sich an die Insel sches Gleichgewicht aus. Das Sediment wird heranbewegenen Plate und dem Strand ein sowohl durch Küstenquer- als auch durch Kü- Strandpriel, welcher immer weiter an die Inseln stenlängstransport umgelagert. herandrängt und als Folge den Strand ausräumt. Schmale, relativ steile Strände resultieren In Sturmfluten können in solchen Bereichen aus der negativen Sedimentbilanz eines Inselbe- erhebliche Dünenabbrüche auftreten. Nach An- reichs. Als Folge treten in Sturmfluten Abbrü- che an den Dünen auf. Das Sediment verla- gert sich durch den Küstenquertransport in den Strand- und Vor- strand. Im Fall ausrei- chend mit Sediment versorgter Strände treten neben Umlage- rungen im Strand- und Vorstrandbereich bei gleichen hydrodynami- schen Randbedingun- gen nur geringe Dü- nenabbrüche auf. Nach Sturmfluten erfolgt eine Abb. 2-3: Norderneyer Seegat mit Riffbogen natürliche Regenerati- on der Strände und im Fall ausreichend breiter landung der Plate ist wieder ausreichend Sedi- Strände auch der Dünen. ment im Strandbereich vorhanden. Östlich des Anlandebereichs des Riffbogens herrschen auf Durch die Einwirkung von Brandungs- und den Inseln ausgeglichene bis positive Sedi- Tideströmungen findet im Bereich der Vorstände mentbilanzen vor. und Strände der Inseln neben dem Küstenquer- transport ein West-Ost gerichteter Küstenlängs- Durch langfristige großräumige Veränderun- transport von Sediment statt. Die Sedimentver- gen in den Watteinzugsgebieten und den See- sorgung insbesondere der westlichen Teile der gaten kann sich die Lage eines Riffbogens und Inseln wird dabei maßgeblich durch Überlage- seines Anlandebereichs deutlich verändern. rung des küstenparallelen Sedimenttransports Verlagert sich der Anlandebereich in Richtung mit den gezeitenbedingten Strömungen in den Osten, ist eine Sedimentunterversorgung des Seegaten beeinflusst. Das küstenparallel trans- westlich davon liegenden Bereichs und damit portierte Sediment wird im Seegat durch die verbunden Erosion die Folge. Beispiele solcher starken Gezeitenströmungen hin und her be- Entwicklungen bilden die Inseln Norderney oder wegt und auch in die Watteinzugsgebiete trans- Baltrum (Abb. 2-3). Auf Langeoog landen die portiert. An der Nordseite des Seegats bildet Platen im Nordwesten der Insel an und versor- sich in Zusammenwirken von Gezeitenströmun- gen dort die Insel mit Sediment (Abb. 2-4). Im gen und Seegang ein Riffbogen, welcher aus Westen der Insel Juist hingegen sind in den unterschiedlich großen Sandplaten und dazwi- letzten Jahrzehnten starke Erosionen aufgetre- schen liegenden Rinnen besteht. (Abb. 2-3). Die ten, weil sich der Anlandebereich des Riffbo- Platen und Rinnen eines Riffbogens sind sehr gens durch eine Verschwenkung der Osterems dynamisch und können sich unter dem Einfluss über die Insel hinaus nach Westen verlagert hat. von Seegang und Strömungen stark verlagern. Auf der östlich eines Seegats gelegenen In- sel landen diskontinuierlich Platen des Riffbo-

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Die westlichen Bereiche der meisten Inseln den Vorstränden und Stränden der Inseln auftre- wurden auf Grund fortschreitender Erosion be- ten, die allerdings auch durch andere großräu- ginnend in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhun- mige morphologische Veränderungen bedingt derts durch den Bau von massiven Schutzanla- sein können. An der Südseite einer Insel kann gen in ihrer Position festgelegt. Ausnahmen sich in weniger exponierten Bereichen äolisch bilden Juist und Langeoog. Diese Festlegung oder hydraulisch transportiertes Sediment durch der Inseln hat dazu geführt, dass sich auch die Akkumulation anlagern und so zu einem Wach- jeweils westlichen Nachbarinseln nicht weiter in stum der Inseln in Richtung Süden beitragen. östlicher Richtung ausdehnen konnten. Die Seegaten mit den Riffbögen und die zu- gehörigen Watteinzugsgebiete stehen in einem dynamischen Gleichgewicht. Die Wattgebiete reagieren auf den säkularen, d.h. langfristigen Meeresspiegelanstieg, in dem sie Sediment akkumulieren, welches wesentlich durch die Seegaten in sie hineintransportiert wird. Der derzeitige wissenschaftliche Kenntnisstand ist heute, dass die Wattgebiete auf diese Weise mit einem Anstieg des Meeresspiegels mitwachsen können, solange dieser nicht zu stark wird. Sonst können die Sedimentationsraten den Abb. 2-4: Anlandung von Sandplaten im Nordwesten von Meeresspiegelanstieg nicht mehr kompensieren. Langeoog Gleichzeitig können auch Erosionsprozesse an

2.3 Siedlungs- und Wirtschaftsstruktur

Die durch Küstenschutzanlagen vor Sturmflu- wichtigen Teil des Tourismus. Damit steigern die ten und zur Bestandsicherung geschützten In- Inseln auch die touristische Anziehungskraft der selbereiche sind heute als Siedlungs- und Wirt- benachbarten Festlandsbereiche. Von besonde- schaftsraum von großer Bedeutung. Vor Beginn rer Attraktivität für die Inselgäste sind die See- der Entwicklung einer Seebadekultur im ausge- badekultur und die einmalige Naturlandschaft henden 18. Jahrhundert bildeten Fischfang, der Inseln und des Wattenmeers, welche in sei- Handelsschifffahrt und Landwirtschaft die ner Gesamtheit als Weltnaturerbe anerkannt Haupterwerbsquellen der Insulaner. Heute be- worden ist. sitzt der Tourismus überragende wirtschaftliche Die Hauptsiedlungsbereiche auf den Inseln Bedeutung für die Inseln. Die Freizeit- und Ge- konzentrieren sich auf vergleichsweise kleine sundheitswirtschaft ist die wichtigste Erwerbs- Teilflächen der Inseln. Daneben sind einige ein- quelle der Menschen. Daneben bilden die regio- zeln liegende Gebäudekomplexe oder Streu- nale Hafenwirtschaft einschließlich der Perso- siedlungen vorhanden, die von örtlicher Bedeu- nen- und Frachtschifffahrt, der Luftverkehr und tung sind. Außerhalb der Siedlungslagen befin- das regionale Gewerbe wichtige Wirtschafts- den sich zudem beispielsweise Infrastrukturan- zweige. Die Haupterwerbslandwirtschaft besitzt lagen wie Straßen, Flugplätze, Anlagen der dem gegenüber heute keine Bedeutung mehr. kommunalen Ver- und Entsorgung und für Be- Aktuell verzeichnen die Ostfriesischen Inseln weidung genutzte Flächen. Die meisten Inseln insgesamt ca. 10 Millionen Gästeübernachtun- verfügen über keinen Trinkwasseranschluss gen. Norderney ist neben Cuxhaven das meist- vom Festland. Hier erfolgt die Trinkwasserge- frequentierte Seebad an der niedersächsischen winnung aus den lokalen Süßwasserlinsen. Nordseeküste. Auch Tagesgäste bilden einen

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Abb. 3-1: System aus Küstenschutzelementen

3 Ziele des Küstenschutzes auf den Inseln

Für eine dauerhafte und nachhaltige Besied- damit die andauernde Herausforderung, den lung der Inseln und die Sicherstellung ihrer wirt- Küstenschutz zu gewährleisten und an sich än- schaftlichen Bedeutung als touristischer dernde Rahmenbedingungen anzupassen. Schwerpunktraum bildet der Küstenschutz eine Wichtig ist dabei, das Bewusstsein des Einzel- unabdingbare Voraussetzung. In Siedlungsbe- nen und der Gesellschaft für die Gefahren, die reichen kann eine Überflutung in Sturmfluten durch Sturmfluten drohen, kontinuierlich wach oder ein Landverlust durch Erosion Leib und zu halten. Küstenschutz ist eine Daueraufgabe. Leben gefährden sowie erhebliche ökonomische Auf den Ostfriesischen Inseln sichert ein Ring und soziokulturelle Beeinträchtigungen bis hin von Küstenschutzanlagen überflutungsgefährde- zum Verlust der Lebens- und Wirtschaftsgrund- te Gebiete vor Sturmfluten. Dieser wird durch lage der Menschen bedeuten. überwiegend seeseitig gelegene Schutzdünen Übergeordnete Ziele des Küstenschutzes auf und wattseitig gelegene Hauptdeiche als Sturm- den Inseln bilden deshalb der Schutz vor Sturm- flut kehrende Hauptelemente gebildet und ist am fluten und die Bestandssicherung der Inseln, um Beispiel von Norderney in Abbildung 3-2 darge- die Lebens- und Wirtschaftsgrundlagen der stellt. Für Gebiete, in denen Schutzdünen den Menschen zu erhalten. Bei Planungen des Kü- Sturmflutschutz gewährleisten, beginnt dieser an stenschutzes ist auch die große touristische und der inselseitigen Begrenzung der Schutzdüne. ökologische Bedeutung der Inseln mit einzube- Außerhalb dieses Schutzringes gelegene ziehen. Der Küstenschutz sowie die Umsetzung Schutzdünen dienen der Bestandssicherung der der hierfür notwendigen Maßnahmen haben Inseln. Priorität. Die dauerhafte Funktionalität der Deiche wird In Sturmfluten bilden die Ostfriesischen In- mit weiteren Schutzelementen wie Deckwerken, seln zudem ein natürliches Barrieresystem, Buhnen oder dem Deichvorland erreicht. Die durch welches die Seegangsbelastung der Fest- Inseldeiche sind technisch überwiegend als so landsküste verringert wird. Sie sind deshalb genannter Vorlanddeich, also ohne Deckwerk, auch ein wichtiger Bestandteil des Systems aus ausgeführt. Erhalt und der Pflege des Deichvor- Küstenschutzelementen, welches die Nieder- lands und dessen Schutz vor Erosion durch sächsische Festlandsküste schützt (Abb. 3-1). Lahnungen kommt daher eine große Bedeutung zu. Die Angriffe des Meeres auf die Küsten neh- men durch den säkularen Meeresanstieg und An den westlichen Teilen der Ostfriesischen potentielle Auswirkungen des Klimawandels Inseln mit Ausnahme von Juist und Langeoog langsam aber stetig zu. Gleichzeitig wächst die sichern massive Schutzanlagen wie Deckwerke, Summe der geschaffenen Werte in den Küsten- Ufermauern und Buhnen die dort vorhandenen gebieten z.B. in Form von Wohnungen, Gewer- Schutzdünen gegen Erosion und Überflutung. begebieten oder Infrastruktur an. Es besteht Diese Anlagen bilden mit den Schutzdünen ein

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zusammenhängendes System und stellen eine dünen stellt deren Funktionsfähigkeit nachhaltig unabdingbare Voraussetzung für die Sicherung sicher (siehe Abschnitt 5.2). dieser Inselbereiche dar. Sie müssen deshalb Insbesondere auf den Ostseiten der Inseln erhalten und soweit erforderlich erhöht und ver- befinden sich größere Dünenbereiche, die nicht stärkt werden. als Schutzdünen gewidmet sind. Hier besitzen naturschutzfachliche Zielsetzungen der unge- störten natürlichen Dynamik im Bereich des Nationalparks Niedersächsisches Wattenmeer eine besonders große Bedeutung. Durch den säkularen Anstieg des Meeres- spiegels und potentielle Auswirkungen des Kli- mawandels wird die Belastung der Ostfriesi- schen Inseln mit ihren sandigen Küsten langfri- stig zunehmen. Der Ausgleich von Sedimentde- fiziten durch Aufspülungen als Schutz vor Erosi- on kann diesem Prozess entgegen wirken. Ne- ben der gezielten Umlagerung von küstenparal- Abb. 3-2: Massiv durch Deckwerke und Buhnen befe- stigter Westkopf von Baltrum lel transportiertem Sediment durch Aufspülun- gen ist hierzu bedarfsweise auch die Gewinnung Schutzdünenbereiche, die nicht durch massi- von Sediment aus dem Küstenvorfeld erforder- ve Anlagen geschützt sind, unterliegen als san- lich, um eine dynamische Anpassung der Inseln dige Körper unmittelbar den Angriffen der See und des Watts an diese Entwicklungen zu er- und können deshalb eine hohe Dynamik durch möglichen. Hierzu ist die langfristige rechtliche Dünenabbrüche in Sturmfluten aufweisen. Die Absicherung geeigneter Sedimentgewinnungs- Funktionsfähigkeit der Schutzdünen muss durch gebiete im Küstenvorfeld über die raumordneri- eine ausreichende Breite und Wehrhaftigkeit sche Festlegungen erforderlich, um den Küsten- gewährleistet sein. Eine Variabilität der tatsäch- schutz für die Inseln als wichtiges Element der lichen seewärtigen Begrenzung der Düne wird Daseinsvorsorge nachhaltig sicher zu stellen. dabei in begrenztem Umfang zugelassen. Be- Auf den Ostfriesischen Inseln sind die durch darfsweise werden möglichst an die natürlichen Küstenschutzanlagen gegen Sturmfluten ge- Prozesse und Rahmenbedingungen angepasste schützten Siedlungsgebiete vergleichsweise Küstenschutzmaßnahmen wie Sandauffüllungen kleinräumig. Ein Versagen der Anlagen würde und Sandfangmaßnahmen durchgeführt. Wei- deshalb einen relativ schnellen Anstieg des terhin muss eine Schutzdüne durch eine mög- Wasserstandes in den zu schützenden Gebieten lichst geschlossene Vegetationsdecke gegen führen. Zur Gewährleistung der Sturmflutsicher- windinduzierte Erosion geschützt sein. Dieses heit sind die Küstenschutzanlagen ordnungsge- Konzept eines dynamischen Erhalts der Schutz- mäß zu erhalten.

Abb. 3-3: Ring aus Küstenschutzanlagen am Beispiel von Norderney

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Von festen oder mobilen Einrichtungen, die sätzliche Flächen erforderlich, die von sonstigen sich im Strandbereich vor Küstenschutzanlagen Nutzungen freigehalten werden müssen. Die befinden, kann in Sturmfluten eine große Ge- sich verändernden klimatischen Rahmenbedin- fährdung ausgehen. Im Fall ihrer Zerstörung gungen und deren hydrologische und morpholo- oder Verdriftung können die Küstenschutzanla- gische Auswirkungen erfordern verstärkt Anpas- gen erheblich beschädigt werden. Mobile Anla- sungen der Küstenschutzanlagen. Deshalb sind gen müssen deshalb in der sturmflutgefährdeten die flächenhaft gewidmeten Schutzdünen und Zeit vom Strand entfernt werden. Feste Anlagen landseitig der Hauptdeiche ein 50 m breiter

Abb. 3-4: Durch eine Sturmflut erodierte Randdüne auf Spiekeroog

sind auf das unumgängliche Maß zu beschrän- Streifen dem Küstenschutz vorbehalten. Insbe- ken und ausreichend zu dimensionieren. sondere in Siedlungslagen sind die räumlichen Verhältnisse auf den Inseln teilweise sehr be- Neben dem eigentlichen Schutz vor Überflu- engt. Eine vorausschauende und langfristige tungen bilden auch eine frühzeitige Prognose Berücksichtigung der Belange des Küstenschut- von Sturmfluten durch den Sturmflutwarndienst zes in der Raumordnung und Bauleitplanung ist als Vorsorgemaßnahme sowie Deichverteidi- deshalb wesentlich. gung, Gefahrenabwehr und Katastrophenschutz wichtige Elemente eines Hochwasserrisikoma- nagements (siehe Kap. 7.3). Die langfristige Sicherstellung des Küsten- schutzes auf den Inseln sowie die Umsetzung und Weiterentwicklung nachhaltiger Strategien stellen wichtige Aufgaben dar. Hierfür und zur Realisierung zugehöriger Maßnahmen sind zu-

14 Generalplan Küstenschutz Niedersachsen - Ostfriesische Inseln

4 Rahmenbedingungen 4.1 Rechtlicher Rahmen

Europäische Rechtsnormen men des Küstenschutzes, soweit sich diese auf Vogelschutz- oder FFH-Gebiete auswirken. Die- Die EG-Richtlinie über die Bewertung und se Richtlinien sind durch das Bundesnatur- das Management von Hochwasserrisiken (EG- schutzgesetz (BNatSchG) und die entsprechen- Hochwasserrisikomanagementrichtlinie) hat die den Landesgesetze in nationales Recht umge- Verringerung des Risikos hochwasserbedingter setzt. nachteiliger Folgen auf die menschliche Ge- sundheit, die Umwelt, das Kulturerbe und die wirtschaftlichen Tätigkeiten zum Ziel. Die Hoch- Bundesgesetze wasserrisikomanagementrichtlinie enthält direkt den Küstenschutz betreffende Bestimmungen: Nach dem Grundgesetz für die Bundesrepu- Bis zum 22.12.2011 muss eine vorläufige Be- blik Deutschland (GG), Art. 74 unterliegt der wertung des Hochwasserrisikos vorliegen, bis Küstenschutz der konkurrierenden Gesetzge- zum 22.12.2013 sind Hochwassergefahren- und bung. Hochwasserrisikokarten zu erstellen und bis Art. 91a GG benennt den Küstenschutz als zum 22.12.2015 Pläne für das Hochwasserrisi- eine der Aufgaben der Länder, bei deren Erfül- komanagement. Die Hochwasserrisikomanage- lung der Bund mitwirkt, „wenn diese Aufgaben mentrichtlinie ist durch das Wasserhaushaltsge- für die Gesamtheit bedeutsam sind und die Mit- setz (WHG) in nationales Recht umgesetzt. Die wirkung des Bundes zur Verbesserung der Le- Fundstellen der aufgeführten Rechtsnormen bensverhältnisse erforderlich ist (Gemein- enthält Anlage 2. schaftsaufgaben)". Mittelbar den Küstenschutz betreffende Be- Das Gesetz über die Gemeinschaftsaufgabe stimmungen enthält die EG-Richtlinie zur Schaf- „Verbesserung der Agrarstruktur und des Kü- fung eines Ordnungsrahmens für Maßnahmen stenschutzes“ (GAKG) regelt insbesondere auch im Bereich der Wasserpolitik (EG- die finanzielle Beteiligung (70%) des Bundes an Wasserrahmenrichtlinie), z.B. wenn Küsten- investiven Küstenschutzmaßnahmen. schutzbauwerke Auswirkungen auf den guten ökologischen Zustand oder das gute ökologi- Bundesgesetzliche Bestimmungen zu Ge- sche Potenzial darstellen. Die Wasserrahmen- wässern und damit auch zu Küstengewässern richtlinie ist durch das Wasserhaushaltsgesetz sowie Bauten des Küstenschutzes enthält das (WHG) und das Niedersächsische Wasserge- Wasserhaushaltsgesetz. setz (NWG) in nationales Recht umgesetzt. Bedeutung hat zudem die Eingriffsregelung Direkte Auswirkungen auf den Bau von Kü- sowie die gesetzlich geschützten Biotope nach stenschutzanlagen hat die EG-Richtlinie zur dem Bundesnaturschutzgesetz (BNatSchG). Änderung der Richtlinie über die Umweltverträg- Im Bereich von Bundeswasserstraßen gilt lichkeitsprüfung (UVP-Richtlinie) vom das Bundeswasserstraßengesetz (WaStrG). 03.03.1997. Die UVP-Richtlinie ist durch das Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung Bei Bau und Ausbau von Küstenschutzanla- (UVPG) und das entsprechende Landesgesetz gen ist außerdem das Gesetz über die Umwelt- umgesetzt. verträglichkeitsprüfung (UVPG) zu beachten, das die Durchführung von Umweltverträglich- Die EG-Richtlinie über die Erhaltung der wild- keitsprüfungen regelt. Demgemäß ist bei „Bau- lebenden Vogelarten – Vogelschutzrichtlinie – ten des Küstenschutzes zur Bekämpfung der und die EG-Richtlinie zur Erhaltung der natürli- Erosion und meerestechnischen Arbeiten, die chen Lebensräume sowie der wildlebenden geeignet sind, Änderungen der Küste mit sich zu Tiere und Pflanzen – Flora-Fauna-Habitat- bringen (z.B. Bau von Deichen, Molen, Hafen- richtlinie (FFH-Richtlinie) – betreffen Maßnah- dämmen und sonstigen Küstenschutzbauten),

15 Generalplan Küstenschutz Niedersachsen - Ostfriesische Inseln mit Ausnahme der Unterhaltung und Wiederher- Für die Herstellung, Beseitigung und wesent- stellung solcher Bauten, soweit nicht durch Lan- liche Änderungen von Deichen, Sperrwerken desrecht etwas anderes als in dieser Nummer und Anlagen des Küstenschutzes gelten § 12 bestimmt ist“ durch eine so genannte Einzelfall- NDG sowie die §§ 67 ff. WHG und §§ 107 ff. prüfung festzustellen, ob ein derartiges Vorha- NWG. ben erhebliche nachteilige Umweltauswirkungen Maßnahmen des Küstenschutzes können haben kann. auch den Nationalpark „Niedersächsisches Wat- Für die Realisierung raumbedeutsamer Kü- tenmeer“ betreffen, so dass regelmäßig auch stenschutzmaßnahmen und konzeptioneller das Gesetz über den Nationalpark Niedersäch- Planungen kommt das Raumordnungsgesetz sisches Wattenmeer (NWattNPG) zu berück- (ROG) des Bundes zum Tragen. Dieses Gesetz sichtigen ist. enthält Bestimmungen über das Aufstellen von Ebenfalls von Bedeutung ist das Niedersäch- Landesraumordnungsprogrammen und regiona- sische Raumordnungsgesetz (NROG) und in len Raumordnungsprogrammen sowie für Verbindung damit die Verordnung über das Raumordnungsverfahren. Landes-Raumordnungsprogramm Niedersach- sen vom Mai 2008 (LROP). Derzeit wird eine Fortschreibung des Landesraumordnungspro- Landesgesetze und Verordnungen in Nieder- gramms Niedersachsen erarbeitet. Die vielfälti- sachsen gen Nutzungsansprüche in der Küstenregion Entscheidende gesetzliche Grundlage für und die Bedeutung des Insel- und Küstenschut- den Küstenschutz in Niedersachsen ist das Nie- zes für die Daseinsvorsorge sollen im Raumord- dersächsische Deichgesetz (NDG). Niedersach- nungsprogramm sowie im unverbindlichen sen ist das einzige Bundesland, das das Deich- Raumordnungskonzept für das Niedersächsi- recht spezialgesetzlich geregelt hat. Das NDG sche Küstenmeer (ROKK) berücksichtigt wer- enthält neben Begriffsbestimmungen Vorschrif- den. ten über Widmung, Festsetzung der Abmessung Für die Deichverteidigung gilt neben dem des Deiches (Bestick), Erhaltung und Benutzung NDG das Niedersächsische Katastrophen- von Deichen, Schutzdünen auf den Inseln und schutzgesetz (NKatSG). Es bestimmt die Land- anderen Küstenschutzbauwerken. Außerdem kreise und kreisfreien Städte zu Katastrophen- beinhaltet es Bestimmungen über Rechte und schutzbehörden. Eintritt und Ende des Katastro- Pflichten an Deichen, über Deichverbände, phenfalls stellt die Katastrophenschutzbehörde Deichbehörden und Deichverteidigung. Die Ver- fest. Vor Ausrufung des Katastrophenfalls gilt ordnung über Zuständigkeiten auf dem Gebiet generell das Niedersächsische Gesetz über die des Deichrechts (ZustVO–Deich) legt die Zu- öffentliche Sicherheit und Ordnung (Nds.SOG), ständigkeiten der Behörden fest welches die Zuständigkeiten der Gemeinden für die Gefahrenabwehr regelt.

4.2 Küstenmanagement

Trilaterale Regierungskonferenzen zum turraum von großer internationaler Bedeutung Schutz des Wattenmeeres sicherzustellen. Die „Erklärung von “ von 2010 enthält als Anhang einen Wattenmeerplan, Turnusmäßig finden Trilaterale Regierungs- in welchem auch der Küstenschutz thematisiert konferenzen zum Schutz des Wattenmeeres der wird, der mit den Ansprüchen des Naturschutzes Wattenmeer-Anrainerstaaten Niederlande, Bun- harmonisiert werden soll. Das elementare Be- desrepublik Deutschland und Dänemark statt. dürfnis der Bevölkerung in den Küstengebieten Dort werden Ministererklärungen als gemeinsa- und auf den Inseln nach Küstenschutz wird darin me Willenserklärungen verabschiedet, welche herausgestellt. Der Plan wird die Priorität von das Ziel haben, die gemeinsame Verantwortung Sturmflut- und Erosionsschutz und die Sicher- für das Wattenmeer zu betonen und dessen heit der Bevölkerung nicht beeinträchtigen. nachhaltige Entwicklung als gemeinsamen Na-

16 Generalplan Küstenschutz Niedersachsen - Ostfriesische Inseln

Integriertes Management der Küstenzone Monitoring und Forschung Das integrierte Küstenzonenmanagement Der Küstenraum mit den der Küste vorgela- (IKZM) soll dazu beitragen, den Küstenbereich gerten Watten, Inseln, Platen, dem Küstenvor- als ökologisch intakten und wirtschaftlich pro- feld und den Ästuaren stellt ein sehr dynami- sperierenden Lebensraum für den Menschen zu sches System dar, welches ständigen Verände- erhalten und zu entwickeln. Mit der „Empfehlung rungen unterliegt. Um Planungen und Maßnah- des Europäischen Parlaments und des Rates men des Küstenschutzes zweckmäßig, wirt- zur Umsetzung einer Strategie für ein integrier- schaftlich und nachhaltig umsetzen zu können, tes Management der Küsten in Europa“ aus dem sind Kenntnisse über das natürliche Umfeld und Jahr 2002 wird hierfür ein Rahmen gesetzt, den dessen Wechselwirkungen mit diesen Maßnah- Deutschland in einem ersten Schritt durch eine men erforderlich. Eine Beobachtung, Bewertung „Nationale Strategie mit Bestandsaufnahme“ im und weitere Erforschung der komplexen Natur- Jahr 2006 ausgefüllt hat. vorgänge stellt deshalb eine wichtige Dauerauf- gabe dar. Als Grundlage hierfür werden im In der IKZM-Empfehlung werden Belange Rahmen von Messprogrammen und zweckbe- des Küstenschutzes, wie die langfristige Bedro- zogenen Untersuchungen in Kooperation mit hung des Küstenraumes durch Sturmfluten auch Bundes- und Landesdienststellen und For- unter Einbeziehung von potentiellen Klimaände- schungseinrichtungen hydrologische, morpholo- rungen, explizit angesprochen. Mögliche Ziel- gische und meteorologische Daten erfasst. Die- konflikte bestehen unter anderem mit den natur- se Daten, deren zielgerichtete Bewertung und schutzfachlichen Zielsetzungen, der wirtschaftli- die Anwendung von spezifischen Modellsyste- chen und touristischen Nutzung des Raumes men bilden eine wesentliche Grundlage, um sowie kommunalen Interessen im Umfeld von Planungs- und Bemessungsgrößen für Küsten- Küstenschutzanlagen oder geplanten Maßnah- schutzanlagen verlässlich zu bestimmen. Ziel ist men. Die Integrierte Entwicklung der Küste, der es auch, Veränderungen beispielsweise des Inseln und des Meeres bildet eine wesentliche Meeresspiegels, des Seegangs, der Sturmflut- raumordnerische Zielsetzung des Landes- häufigkeit und -stärke sowie der Topografie Raumordnungsprogramms Niedersachsen. frühzeitig zu erkennen, um notwendige Planun- gen und Maßnahmen einleiten zu können. Wichtige Forschungs- schwerpunkte bilden daneben z.B. die Weiterentwicklung von inte- grierten, langfristigen Küsten- schutzstrategien, die Verbesse- rung von Bemessungsansätzen für Küstenschutzbauwerke sowie die Optimierung der Bauwerksge- staltung. Im Bereich der angewandten Forschung im Küsteningenieurwe- sen arbeiten der Bund und die Küstenländer über das Kuratorium für Forschung im Küsteningeni- eurwesen (KFKI), in welchem das Land Niedersachsen Mitglied ist, eng zusammen. Abb. 4-1: Falschfarbenaufnahme der Insel Baltrum mit vorgelagertem Riff- bogen (Quelle NLWKN)

17 Generalplan Küstenschutz Niedersachsen - Ostfriesische Inseln

5 Küstenschutzanlagen und -maßnahmen

Hauptdeiche und Schutzdünen auf den Ost- Ringes liegende Flächen gegen Überflutungen friesischen Inseln dienen dem Schutz eines schützt. Dieses sind vor allem Siedlungsberei- Gebietes vor Sturmfluten. Diese Anlagen und che und Infrastruktureinrichtungen wie bei- Objekte werden durch das Niedersächsische spielsweise Flugplätze. Außerhalb dieses Deichgesetz (NDG) definiert. Hierbei wird unter- Schutzringes übernehmen Schutzdünen die schieden zwischen Küstenschutzanlagen, die Aufgabe der Bestandssicherung der Inseln. Sie eine unmittelbare Schutzfunktion vor Überflu- besitzen hier die Funktion, einen Inseldurch- tung oder zur Bestandssicherung der Inseln bruch zu verhindern und bestehende Infrastruk- besitzen und solchen, denen eine Sicherungs- tureinrichtungen zu sichern. Zum Hauptdeich oder Schutzfunktion für diese zugewiesen wird. gehören dessen Sicherungswerke wie Fußber- Auf den Inseln Borkum und Wangerooge sind an men, Deichgräben sowie Fuß- und Böschungs- den West- und Nordseiten zudem Uferschutzan- sicherungen. Daneben wird der Deich und auch lagen und Buhnen vorhanden, die der Be- Teile der Schutzdünen durch vorgelagerte Anla- standssicherung dieser Inseln als strombauliche gen, so genannte Schutzwerke geschützt (siehe Anlagen zur Sicherung der Fahrwasser von Ems Anlage 3). Sicherungswerke der Schutzdünen und Jade auf Grundlage des Bundeswasser- bilden massive Deckwerke, Ufermauern und straßengesetzes dienen. andere Schutzanlagen. Zweite Deichlinien sind auf den Inseln nicht vorhanden. Hauptdeiche und Schutzdünen bilden zu- sammen einen Schutzring, der innerhalb dieses

Tab. 5-1: Übersicht über Küstenschutzanlagen auf den Ostfriesischen Inseln

Insel Hauptdeiche Schutzdünen Uferschutzwerke Seebuhnen [km] [km] [km] [Anzahl] Borkum 4,9 18,4 6,5* 35* Juist 5,4 18,4 1,4 7 Norderney 10,0 12,1 4,7 32 Baltrum 1,5 6,3 1,9 14 Langeoog 5,8 20,3 - - Spiekeroog 1,6 10,5 1,6 14 Wangerooge 5,9 11,3 5,4* 23* * strombauliche Anlagen der Wasser- und Schifffahrtsverwaltung des Bundes

5.1 Hauptdeiche, Sicherungs- und Schutzwerke und Deichvorland

An den niedrig liegenden Südseiten der In- tungen kehrende Deiche Höhen von bis zu ca. seln, die sich als Marschen im Schutz der Dü- NN + 6 m aufweisen, können gegen Westen nenketten gebildet haben, bilden Hauptdeiche bzw. Südwesten kehrende Deiche deutlich stär- den Sturmflutschutz. Die Gesamtlänge der ker durch Seegang belastet sein. Hier sind Hauptdeiche auf den Ostfriesischen Inseln be- Deichhöhen von ca. NN + 8 m vorhanden. trägt 35 km. Die meisten Abschnitte der Insel- Die Hauptdeiche auf den Inseln sind über- deiche sind als Vorlanddeiche ausgeführt. wiegend als grasbedeckte Kleideiche mit Sand- Die Höhen der Deiche sind neben dem Be- kern ausgebaut. Moderne Seedeiche werden an messungswasserstand maßgeblich von der der Außenböschung mit einer Mindestneigung Seegangsbelastung abhängig. Während stark von 1 : 6 und an der Binnenböschung von 1 : 3 von Seegang abgeschirmte z.B. in östliche Rich- ausgeführt (siehe Anlage 3). Sonderlösungen

18 Generalplan Küstenschutz Niedersachsen - Ostfriesische Inseln bilden auf einigen Inseln sehr flach geneigte Ein Hauptdeich erfüllt seinen Zweck am be- begrünte Sanddeiche. Auf die im „Generalplan sten, wenn seine Homogenität durch Bauwerke Küstenschutz Niedersachsen/Bremen – Fest- möglichst nicht gestört wird. Jede Nutzung, die land“ enthaltenen Grundsätze für Planung und nicht der Deicherhaltung dient, ist daher auf ein Bau von Deichen wird verwiesen. unumgängliches Maß zu beschränken. Dieses gilt auch für besondere Bauwerke und Anlagen, In Bereichen mit starker Seegangs- oder die der Be- und Entwässerung oder dem Ver- Strömungsbelastung oder wenn Klei als Deich- kehr dienen sowie für Versorgungsleitungen für decke nur unter sehr hohem technischem und Wasser, Gas, Öl und Strom. finanziellen Aufwand realisiert werden kann, kommen auch Deckwerke auf der Deichaußen- böschung zum Einsatz. Auf Norderney schützen Buh- nen den Deich- fuß auf Teil- strecken gegen starke Tideströ- mungen. Deich- verteidigungs- wege sind auf der Binnenberme der Hauptdeiche generell notwen- dig. In einigen sehr beengten Ortslagen ist der Deich unmittel- Abb. 5-1: Inseldeiche und Deichvorland auf Juist bar über Zuwe- Große Teile der Hauptdeiche auf den Inseln gungen zugänglich. Treibselabfuhrwege sind sind als Vorlanddeiche ausgeführt. Das Deich- wegen des überwiegend geringen Treibselan- vorland dient dem Schutz des Hauptdeiches. Es falls auf den Inseln nur auf kleineren Teilstrec- vermindert dessen hydrodynamische Beanspru- ken erforderlich. chung und kann so teure Deckwerke zum Die Pflege von grünen Deichen erfolgt auf Schutz des Deichfußes ersetzen. Im Fall eines den Inseln in der Regel durch Mahd, da eine Deichbruchs wird durch das Vorland die Gefahr Schafbeweidung wegen der vergleichsweise eines Strombruches mit ungehindertem Ein- und kurzen Deichstrecken nur mit sehr großem Auf- Ausströmen der Tide verringert. wand betrieben werden kann. Die Deichvorländer auf den Inseln sind in ih- Klei als Deichbaustoff kann auf den Inseln rer jetzigen Ausdehnung wesentlich durch nicht gewonnen werden, weil die Inselmarschen Landgewinnungsmaßnahmen gefördert worden. und -heller meist zu hohe Schluff- oder Sandan- Wegen des im Vergleich zum Festland höheren teile aufweisen. Für den Deichbau auf den In- Sand- und Schluffanteils sind sie besonders seln kommt daher Klei vom Festland zum Ein- anfällig gegen Erosion. Lahnungssysteme satz. Bei der Unterhaltung der Hafenzufahrten schützen in erosionsgefährdeten Bereichen das zu den Inselhäfen fällt auch Schlick als Bagger- Deichvorland und fördern die Aufhöhung des gut an. Im Fall geeigneter bodenmechanischer Watts und einen Bewuchs. Eigenschaften und nach gezielter Aufbereitung kann das Material auch zu Küstenschutzzwec- ken für lokale Deichbaumaßnahmen übernom- men werden.

19 Generalplan Küstenschutz Niedersachsen - Ostfriesische Inseln

Abb. 5-2: Randdünenausbildung bei ausreichender (links) und negativer (rechts) Sedimentbilanz des Strandes

5.2 Schutzdünen

Schutzdünen sind Dünenzüge, die eine aus- Im Fall ausreichend breiter, ausreichend mit reichende Höhe und Breite aufweisen, um den Sediment versorgter Strände treten auch in Schutz vor Sturmfluten oder die Bestandssiche- Sturmfluten keine oder nur geringe Abbrüche an rung einer Insel sicher zu stellen. Sie sind auf der Randdüne auf. Die Energie des Seegangs Grundlage des NDG flächenhaft per Verordnung wird weitgehend im Vorstrand- und Strandbe- gewidmet und bilden ein wesentliches Element reich durch Brechen der Wellen umgeformt. In des Küstenschutzes auf den Ostfriesischen In- diesen Bereichen werden bedarfsweise Sand- seln. Insgesamt beträgt die Länge der Schutz- fangmaßnahmen durchgeführt (Abb. 5-2). dünen einschließlich der Sicherungs- und An nicht ausreichend mit Sediment versorg- Schutzwerke Reededamm auf Borkum und Har- ten Strandabschnitten mit dementsprechend lehörn auf Wangerooge ca. 97 km. niedrig liegenden Stränden und Vorstränden und Das technische Konzept zur Sicherstellung geringen Strandbreiten können durch Sturmflu- der Funktion der Schutzdünen als Küsten- ten erhebliche Abbrüche von mehreren zehn schutzelement ist wesentlich sowohl von der Metern an den Dünenkanten auftreten. Die je- kurzfristigen als auch langfristigen Sedimentbi- weils vorhandenen Dünenbreiten und Vorstrand- lanz der vorgelagerten Vorstrände und Strände, und Strandsituationen werden zielgerichtet er- den hydrodynamischen Belastungen und den fasst und unter Einbeziehung kurz- und langfri- jeweiligen örtlichen Rahmenbedingungen ab- stig zu erwartender Entwicklungen bewertet. Im hängig. Fall nicht ausreichender Dünenbreiten sind ge- eignete Maßnahmen zur Sicherstellung der An den West- und Nordseiten vieler Inseln ist Funktion der Schutzdüne erforderlich. auf Grund der hydromorphologischen Rahmen- bedingungen keine ausreichende Sedimentver- Diese reichen von Strand- und Vorstrandauf- sorgung vorhanden. Die dort errichteten massi- spülungen über Verstärkungen der Schutzdünen ven Schutzanlagen wie Dünendeckwerke, Ufer- bis hin zu ingenieurbiologischen Maßnahmen mauern, Buhnen und Längswerke bilden einen zum Wiederaufbau der Dünensubstanz. Wenn wesentlichen Bestandteil des Erosionsschutzes auf Grund besonders ungünstiger hydro- für die Schutzdünen und sichern den Bestand morphologischer Rahmenbedingungen diese der Inseln. Maßnahmen nicht oder nicht allein wirksam sind, kann im Einzelfall auch der Bau massiver Schutzdünen, die nicht durch massive Schutzanlagen erforderlich sein. Schutzanlagen gegen Erosion gesichert sind, unterliegen als sandige Körper unmittelbar den Kräften der Natur. Vorstrand, Strand und Rand- düne bilden ein dynamisches System.

20 Generalplan Küstenschutz Niedersachsen - Ostfriesische Inseln

Dünendeckwerke, Ufermauern, Buhnen und direkt an die Küstenschutzanlagen angrenzen- Längswerke der vorhandener Bebauung, wurden auf Norder- ney im mittleren und oberen Deckwerksbereich Bereits im Jahr 1858 wurde auf der Insel integrierte senkrechte Sonderkonstruktionen Norderney das erste Dünendeckwerk mit einer ausgeführt, da über herkömmliche Bauweisen Länge von 900 Metern als Erosionsschutz er- keine ausreichenden Bauwerkshöhen mehr baut. Auf allen Inseln mit Ausnahme von Lange- realisierbar waren (siehe Abb. 5-4). Dieses Bei- oog wurden massive Uferschutzwerke in unter- spiel zeigt die Notwendigkeit der Freihaltung schiedlichen Bauformen errichtet. Parallel hierzu verfügbarer Flächen im Bereich von Küsten- wurden Buhnensysteme gebaut, um die den schutzanlagen, um auf zukünftige potentielle Anlagen vorgelagerten Strände zu stabilisieren Ausbaubedarfe gerade im Kontext des Klima- und die Inselsockel zu den Seegaten hin zu wandels reagieren zu können. sichern. Wegen fortschreitender Erosion und Sturmflutschäden mussten diese auf allen Inseln mit Ausnahme von Juist, wo die Anlagen unter Sand liegen, sowohl im Querschnitt als auch in der räumlichen Ausdehnung erweitert und ver- stärkt werden. Auf Grund dieser Entwicklung der Anlagen finden sich oft mehrfach gegliederte Querschnitte unterschiedlichen Alters. Viele dieser Anlagen besitzen auf Grund ihrer Lage zudem eine große Bedeutung für den Tourismus als Uferpromenaden. Die teilweise sehr starke Seegangsbelastung Abb. 5-3: Durch Deckwerke und Buhnen gesicherter an den West- und Nordseiten der Inseln erfor- Westkopf von Norderney dern dort die Kronenhöhen der Anlagen bis zu 9 m über dem mittleren Tidehochwasser. Die den Uferschutzanlagen vorgelagerten Als Bauformen haben sich Schrägdeckwerke Buhnen weisen Strömungen vom unmittelbaren wegen der geringeren hydrodynamischen Bela- Deckwerksnahbereich ab und reduzieren so die stungen als oft vorteilhaft gegenüber senkrech- Sedimentverluste des Strandes. Einige Buhnen ten Konstruktionen wie Ufermauern oder Spund- erstrecken sich zur Sicherung des Inselsockels wandkonstruktionen erwiesen. Letztere unterlie- gegen die Tideströmungen in den Seegaten bis gen durch die anlaufenden Wellen erheblich zu deren Grund. In stark durch Seegang und höheren Druckbelastungen und verursachen Strömungen beanspruchten Bereichen haben durch Wellenreflektion ein verstärktes Ausräu- sich insbesondere als Flachbuhnen ausgeführte men des vorgelagerten Strandes. Im Fall von massive Buhnen bewährt. nicht ausreichenden Platzverhältnissen, wie z.B.

Abb. 5-4: Schwallmauern zur Verringerung des Wellenauflaufs am Nordstrand von Norderney im Sommer und während der Sturmflut vom 9. November 2007

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Buhnen und Uferschutzanlagen werden so Erosion in Sturmfluten wieder hergestellt. ausgeführt, dass eine Standfestigkeit auch bei Schwerpunkte bisheriger Strand- und Vor- veränderlichen Strandhöhen bis zu definierten strandaufspülungen bilden die Inseln Norderney, Grenzen gewährleistet ist. Im Fall einer Unter- Langeoog und Wangerooge. schreitung von örtlich definierten Mindeststrand- niveaus werden wie z. B. auf Norderney Strandauf- füllungen durchgeführt, um eine Gefährdung der Bauwerke zu verhindern. Massive Schutzanla- gen unterbinden wirksam die Erosion der von ih- nen geschützten Dünen- abschnitte. Sie können allerdings eine strukturel- le Unterversorgung mit Sediment nicht beheben. Auch treten im Anschluss an diese Anlagen in Richtung des vorherr- schenden Sediment- transports verstärkt Lee- Erosionen auf. Deckwer- ke und Buhnen erstrec- Abb. 5-5: Kombinierte Strandauffüllung und Dünenverstärkung am Harlehörn auf ken sich deshalb oft bis Wangerooge zu ausreichend mit Se- diment versorgten Strandbereichen. Auf Norderney werden Strandauffüllungen durchgeführt, um die Standfestigkeit der massi- Eine weitere Form massiver Schutzanlagen ven Uferschutzanlagen sicherzustellen und so bilden Längswerke, die überwiegend als ge- den Inselsockel zu stabilisieren. Wegen des schüttete oder gesetzte Natursteine oder Beton- ungünstigen Anlandepunktes des Riffbogens elemente im Strandbereich ausgeführt sind. Sie östlich des Westkopfes herrscht im unmittelba- dienen dazu, als Abschlussbauwerk den Über- ren Westen der Insel struktureller Sediment- gangsbereich zwischen massiven Schutzanla- mangel. Die erste Strandauffüllung erfolgte im gen und nicht durch Bauwerken geschützten Jahr 1951/52. Seitdem sind insgesamt ca. 5 Dünenbereichen gegen Erosion zu sichern oder Mio. m³ Sand zum Schutz des Westkopfes der das Strandniveau zu stabilisieren, um die Ero- Insel aufgespült worden. Die Entnahme erfolgt sionen in Sturmfluten zu vermindern. inselnah aus hochliegenden Sandplaten. Durch die Aufspülung werden somit die ungünstige Transportrichtung und der Anlandepunkt des Strandaufspülungen Sediments durch einen künstlichen Bypass kor- Natürliche Materialverluste des Strandes und rigiert und der Westen der Insel mit Sediment Vorstrandes können durch längerfristige Erosion versorgt. Auf Langeoog wurden seit 1971 ca. 2,9 oder Phasen von Sedimentmangel z. B. in Folge Mio. m³ Sand zur Sicherung der Schutzdünen von Platenanlandungen auftreten. Über Strand- aufgespült, um temporäre Sedimentmangelpha- und Vorstrandaufspülungen können diese Mate- sen, die aus zeitlich und örtlich variierenden rialverluste ausgeglichen werden. Durch eine Platenanlandungen resultieren, zu überbrücken. gezielte Erhöhung des Strand- und Vorstrandni- Auch auf Borkum und Wangerooge wurden veaus und damit einhergehender Verbreiterung durch den Bund bedarfsweise Aufspülungen des Strandes wird die seegangsdämpfende durchgeführt. Wirkung dieser Bereiche verstärkt und der Schutz für eine ungeschützte Randdüne vor

22 Generalplan Küstenschutz Niedersachsen - Ostfriesische Inseln

Vorteile einer Aufspülung sind deren natur- Dünenverstärkungen hafter Charakter als eine an die natürlichen hy- Schutzdünen benötigen eine ausreichende dromorphologischen und sedimentologischen Breite und Höhe, um ihre Funktion als sturmflut- Bedingungen angepasste Maßnahme sowie das kehrendes Element oder zur Bestandserhaltung weitgehende Fehlen von negativen Randeffek- der Insel zu erfüllen. Eine Verstärkung der ten wie Lee- oder Fußerosion. Sandaufspülun- Schutzdüne ist erforderlich, wenn diese Funktion gen sind von zeitlich begrenzter Wirkung, weil

Abb. 5-6: Dünenverstärkung auf Langeoog sie die natürlichen Erosionsprozesse nicht auf- gefährdet ist. Soweit genügend Raum innerhalb halten können und deshalb bedarfsweise wie- der Schutzdünengrenzen zur Verfügung steht, derholt werden müssen. kann dieses durch eine rückwärtige Verstärkung der Düne über Sandeinbau im Trockenbauver- Das Material für Strandaufspülungen kann fahren erfolgen. Die Profilierung der Dünenver- entweder inselnah mittels Schneidkopfsaugbag- stärkung wird soweit möglich naturnah durchge- gern (sogen. Cutter-Baggern) oder im Küsten- führt. Anschließend erfolgt eine ingenieurbiolo- vorfeld über Laderaumsaugbagger (sogen. gische Sicherung durch Bepflanzung mit stand- Hopper-Bagger) gewonnen werden. Im Fall von ortgerechtem Strandhafer, um den Dünenkörper Entnahmen im Küstenvorfeld wird Sediment gegen Windeinfluss zu stabilisieren. Der erfor- außerhalb des küstennahen Sedimenttransport- derliche Sand wird flächenhaft in sorgfältig aus- systems entnommen. Durch eine solche Aufspü- gewählten Strandbereichen mit ausreichender lung wird neben der Beseitigung von lokalen Sedimentversorgung gewonnen, die sich durch Sedimentdefiziten zusätzliches Sediment in das natürliche Prozesse wieder regenerieren. System transportiert und damit auch eine lang- fristige dynamische Anpassung der Inseln und Steht nicht genügend Raum zur Verfügung, des Wattenmeeres an einen Anstieg des Mee- kommt auch eine seewärtige Verstärkung der resspiegels unterstützt. Schutzdüne mittels Nass- oder Trockenbauver-

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fahren zum Einsatz. Diese wird im Fall beson- Rückseiten der Dünen lagert sich Sand ab, der ders niedriger Strandlagen auch in Kombination durch Strandhaferbepflanzung festgelegt wird. mit einer Strandauffüllung durchgeführt, um zukünftige Abbrüche der Düne zu reduzieren. Dünenverstärkungen wurden z. B. auf Juist, Langeoog, Spiekeroog und Wangerooge durch- geführt.

Ingenieurbiologische Maßnahmen und Dü- nenmanagement Neben Baumaßnahmen des Inselschutzes kommt ingenieurbiologischen Maßnahmen, wel- che die natürlichen Prozesse nutzen, eine er- Abb. 5-8: Besucherlenkung in den Schutzdünen hebliche Bedeutung für den Schutz sandiger Küsten zu. Sie werden auf allen Inseln ausge- Ebenso ist der Erhalt des Dünenkörpers der führt. Schutzdünen von großer Bedeutung. Durch Schäden an der Dünenvegetation, welche oft durch Trampelpfade oder durch Wildtierbefall verursacht werden, entwickeln sich zunächst kleinräumige Windrisse, welche sich schnell zu großen Ausbläsern ausweiten und die Wehrhaf- tigkeit der Dünen stark beeinträchtigen können. Durch das gezielte Setzen von Buschzäunen und eine systematische Bepflanzung mit Strandhafer werden solche Bereiche stabilisiert. Der Strandhafer wird meist an natürlichen Standorten gewonnen und im Fall größeren Bedarfs auch gezielt kultiviert. Ein weiteres wichtiges Element des präventi- ven Dünenschutzes besteht in der gezielten Abb. 5-7: Sandfangmaßnahmen am Dünenfuß Information und Lenkung der zahlreichen Insel- gäste, um die empfindliche Dünenvegetation vor In Sturmfluten erodierte Randdünen können Trittschäden zu schützen. Dieses wird durch durch gezielte Sandfangmaßnahmen wieder Beschilderung, befestigte, markierte Wege, den aufgebaut werden. Durch das Setzen von Ausbau von einzelnen hohen Dünen als leicht Buschzäunen am Dünenfuß wird hierdurch in begehbare Aussichtsplattformen sowie die ge- Strandbereichen, in denen ausreichend äoli- zielte Überwachung und Information vor Ort scher Sedimenttransport stattfindet, eine Sedi- erreicht. In Kooperation zwischen Küstenschutz- mentation des Sandes durch eine Reduzierung und Naturschutzverwaltung und den Inselge- der Windgeschwindigkeit erreicht. Der abgela- meinden wird bei den Inselgästen auf diesem gerte Sand wird soweit erforderlich durch geziel- Weg erfolgreich Verständnis für die Belange des te Bepflanzung mit Strandhafer als natürlichem Dünenschutzes als Küstenschutzaufgabe und Dünengras stabilisiert. Insbesondere im Fall des Schutzes des Nationalparks ”Niedersächsi- ausreichend ausgebildeter Außenhänge der sches Wattenmeer” gewonnen. Dünen wird der äolische Sandtransport genutzt, um auch die Rückseiten der Schutzdünen ge- zielt zu verstärken. In den windabgewandten

24 Generalplan Küstenschutz Niedersachsen - Ostfriesische Inseln

6 Grundlagen der Deichbemessung

6.1 Tide- und Sturmflutwasserstände

Die Tidebewegung in der Nordsee mit dem Tabelle 6-1 aufgeführt. Sturmtiefs über der täglichen etwa zweimaligen Steigen und Fallen Nordsee und insbesondere in der Deutschen des Wasserstandes bewirkt auf den Ostfriesi- Bucht können zu erheblichen Erhöhungen der schen Inseln periodische Wasserstandsschwan- Tidehochwasserstände durch Windstau führen. kungen von im Mittel 2,6 m. Die Periode der Der Windstau steigt von Borkum in Richtung Tidewelle beträgt im Mittel 12 Stunden und 25 Wangerooge an. Die höchsten gemessene Ti- Minuten. Die mittleren Tidehochwasserstände dehochwasserstände (HHThw) für ausgewählte (MThw) und Tideniedrigwasserstände (MTnw) Pegel auf den Ostfriesischen Inseln sind eben- und der mittlere Tidehub (MThb) für ausgewähl- falls in Tabelle 6-1 dargestellt. te Pegel auf den Ostfriesischen Inseln sind in

Tab. 6-1: Mittlere Tidewasserstände Jahresreihe 2000/2009 an ausgewählten Pegeln

Pegelstandort Gewässer MThw MTnw MThb HHThw (Datum) Borkum, Fischerbalje Nordsee 1,15 mNN -1,23 mNN 2,38 m 4,06 mNN (13.03.1906) Norderney, Riffgat Nordsee 1,24 mNN -1,20 mNN 2,44 m 4,10 mNN (16.02.1962) Langeoog Nordsee 1,37 mNN -1,27 mNN 2,64 m 4,22 mNN (16.02.1962) Spiekeroog Nordsee 1,41 mNN -1,28 mNN 2,69 m 3,99 mNN (01.11.2006) Wangerooge, West Nordsee 1,45 mNN -1,41 mNN 2,86 m 4,13 mNN (21.01.1976)

6.2 Säkularer Meeresspiegelanstieg und mögliche Auswirkungen von Klimaveränderungen

Im 18. Jahrhundert sind im deutschen Kü- Die im Jahre 2007 veröffentlichte Studie des stengebiet erste Pegel errichtet und betrieben von der UNO und der WMO eingesetzten Inter- worden, um die Wasserstandsentwicklung zu national Panel on Climate Change (IPCC) weist dokumentieren. Die Auswertung langer Pegel- Szenarien für den Anstieg des mittleren Mee- aufzeichnungen ergibt einen säkularen Anstieg resspiegels mit einer Bandbreite von 18 bis 59 des mittleren Tidehochwassers von ca. 25 cm in cm bis zum Ende des 21. Jahrhunderts aus. Die 100 Jahren an der offenen Küste (siehe Abb. 6- Schwankungsbreiten beruhen vor allem auf 1). Dieser Anstieg setzt sich aus einer Erhöhung unterschiedlichen Szenarien für weltwirtschaftli- des Wasserspiegels und einer Landsenkung che Entwicklungen und politischen Entschei- zusammen und unterliegt dabei starken dungen zum Klimaschutz sowie auf naturwis- Schwankungen. Dabei zeigt die Entwicklung des senschaftlichen Kenntnisdefiziten, welche auch mittleren Tidehochwassers am Pegel Norderney die Höhe der Prognosen zusätzlich beeinflussen einen stärkeren Anstieg bis etwa in die 30er können. Die verwendeten Szenarien gehen von Jahre und ab den 60er Jahren des letzten Jahr- sehr unterschiedlichen Emissionsraten von hunderts. Der dazwischen liegende Zeitraum Treibhausgasen aus und können damit erhebli- weist einen schwächeren Anstieg auf. In den chen Einfluss auf die globale Erwärmung haben. Ästuaren sind überwiegend durch Ausbaumaß- Unsicher sind u. a. auch die Einflüsse des Ab- nahmen zum Teil deutlich größere Veränderun- schmelzens des Festlandeises. gen aufgetreten. Der tatsächliche zukünftige Meeresspiegel- anstieg, die zukünftigen Sturmfluthöhen und der

25 Generalplan Küstenschutz Niedersachsen - Ostfriesische Inseln ______

zu erwartende Seegang sind nicht bekannt. damit zusammenhängenden Änderungen hohe Trotzdem wird einem aus dem Klimawandel Bedeutung seitens des Küstenschutzes beige- resultierenden Meeresspiegelanstieg und den messen.

1,30

1,25

1,20

1,15

1,10

1,05

MThw [mNN] 1,00

0,95

0,90 MThw Jahresmittel 0,85 5-jähr. gleitendes Mittel 19-jähr. gleitendes Mittel 0,80 1890 1900 1910 1920 1930 1940 1950 1960 1970 1980 1990 2000 2010

[Jahr] Pegel Riffgat ab 1971 Datengrundlage W SV Abb. 6-1: Entwicklung des mittleren Tidehochwassers am Pegel Norderney

Auf Grund der Studie des IPCC kann davon x weitere Untersuchungen zur Berücksichti- ausgegangen werden, dass ein verstärkter An- gung des zukünftig zu erwartenden Mee- stieg des Meeresspiegels erfolgen wird. Deshalb resspiegelanstieges und der Sturmfluthäu- werden für zukünftige Planungen und Maßnah- figkeit und -stärke für Planungen im Küsten- men des Küstenschutzes folgende Ansätze ver- schutz werden durchgeführt. folgt: Im Hinblick auf den Meeresspiegelanstieg ist x als Vorsorgemaß für den Meeresspiegelan- die Tatsache wichtig, dass die Deiche in Nieder- stieg und zukünftige Auswirkungen des Kli- sachsen in großem Umfang in Erdbauweise mawandels wird bei der Ermittlung des Be- erstellt sind. Im Falle eines verstärkten Meeres- messungswasserstandes ein Wert von 50 spiegelanstieges oder höher auflaufender cm in 100 Jahren berücksichtigt. Sturmfluten besteht für bereits ausgebaute Dei- che hinreichend Zeit, dann erforderliche Nach- x Gründungen von konstruktiven Bauteilen im erhöhungen und Verstärkungen vorzunehmen. Deich, wie Sperrwerke, Siele u. a., werden Prioritär ist jedoch der Ausbau der Deiche, für beim Bau statisch und erdstatisch so ausge- die bereits jetzt ein Unterbestick vorhanden ist. führt, dass eine spätere Nacherhöhung von insgesamt rund 1 m möglich ist. Von großer Bedeutung für zukünftige Pla- nungen im Küstenschutz ist weiterhin, dass Ver- x Deichverstärkungen können mit einer brei- änderungen der Tidewasserstände und die Häu- teren Binnenberme angelegt werden, so figkeit und Stärke von Sturmfluten in der Nord- dass eine weitere Verstärkung in der vor- see weiterhin sorgfältig beobachtet werden, um handenen Deichaufstandsfläche möglich ist. den wissenschaftlichen Kenntnisstand laufend x Sollhöhen der Küstenschutzanlagen werden zu verbessern. Hieraus können die für den Kü- bis 2013 und danach in einem Turnus von stenschutz notwendigen Folgerungen rechtzeitig 10 Jahren überprüft. gezogen werden, um den Grundsätzen einer nachhaltigen Daseinsvorsorge zu entsprechen.

26 Generalplan Küstenschutz Niedersachsen - Ostfriesische Inseln ______

6.3 Ermittlung der Solldeichhöhen

Für Hauptdeiche enthält das NDG verbindli- Der Bemessungswasserstand ergibt sich da- che Maßgaben für deren Bemessung. Die Höhe bei aus der Addition von der Hauptdeiche ist nach dem zu erwartenden a: Höhe des mittleren Tidehochwassers (MThw) höchsten Tidehochwasser (maßgebender über NN Sturmflutwasserstand) als Bemessungswasser- stand zu bestimmen. Zusätzlich ist der örtliche b: Höhenunterschied zwischen dem höchsten Wellenauflauf zu berücksichtigen. Aus der Springtidehochwasser (HSpThw) und dem Summe von Bemessungswasserstand und Be- MThw messungswellenauflauf ergibt sich die Sollhöhe c: Höhenunterschied zwischen dem höchsten des Deiches. Diese wird durch die zuständige eingetretenen Tidehochwasser (HHThw) und Behörde festgesetzt. Der Bemessungswasser- dem MThw stand stellt ein nach definierten Kriterien festge- legtes Sicherheitsmaß dar, welches keine abso- d: Vorsorgemaß für 100 Jahre lute Sicherheit vor Sturmfluten bedeutet.

Abb. 6-2: Einzelwert- und Vergleichsverfahren

Zur Ermittlung des Bemessungswasserstan- Das Vergleichsverfahren wird nach einer des wird in Niedersachsen das deterministische höchsten eingetretenen Sturmflut zur Überprü- Einzelwertverfahren eingesetzt. In diesem wer- fung der aus dem Einzelwertverfahren oder Mo- den vier Einzelwerte addiert, deren Summe eine dellrechnungen gewonnenen Daten dort ange- physikalisch denkbare, aber noch nicht eingetre- wendet, wo z. B. die örtliche Lage, Einflüsse von tene Sturmfluthöhe darstellt, um das Zusam- Baumaßnahmen oder weitere Faktoren die menwirken jeweils ungünstiger Faktoren zu be- Sturmflutwasserstände beeinflussen können. Es rücksichtigen. Dieses Verfahren soll gewährlei- wird die Summe des höchsten bisher eingetre- sten, dass an der gesamten niedersächsischen tenen Tidehochwasserstandes zuzüglich des Nordseeküste ein möglichst gleichwertiger zukünftigen säkularen Anstiegs bis zum Bere- Schutz vor Überflutungen gewährleistet wird. chungszeitpunkt und eines Sicherheitszuschlags für weitere Einflüsse gebildet. Der jeweils höhe-

27 Generalplan Küstenschutz Niedersachsen - Ostfriesische Inseln ______re Wert der Bemessungsverfahren ist für die messungswellenauflauf wird auf der Grundlage Bestimmung der Solldeichhöhe maßgebend. In eines international anerkannten Berechnungs- Abbildung 6-2 ist das Einzelwertverfahren dem ansatzes ermittelt. Vergleichsverfahren grafisch gegenübergestellt Dabei werden der spektrale Charakter des worden. Seeganges, der Wellenangriffsrichtung, die Die Bestimmung des Bemessungswellenauf- Deichgeometrie und -bauweise über spezielle laufs an Deichen ist abhängig von dem verursa- Parameter und Beiwerte berücksichtigt. Für chenden Seegang. Gegen Westen oder Südwe- Inseldeiche sind Seegangsmodelle zur Ermitt- sten kehrende Inseldeiche weisen oft eine deut- lung des Bemessungsseegangs dort nicht ein- lich höhere Seegangsbelastung auf, als gegen setzbar, wo eine starke Abschirmung gegen den Süden oder Osten kehrende. aus der Nordsee auf die Watten einschwingen- den Seegang vorhanden ist. In diesen Fällen Derzeit werden für weite Teile der nieder- werden empirische Verfahren zur Ermittlung des sächsischen Küste zur Bestimmung des Be- Wellenauflaufs verwendet. messungsseegangs mathematische Seegangs- modelle angewendet, welche aufgrund von Na- turmessungen verifiziert worden sind. Der Be-

Abb. 6-3: Pfahlschutzwand und Hafen auf Baltrum während einer Sturmflut

28 Generalplan Küstenschutz Niedersachsen - Ostfriesische Inseln ______

7 Organisation des Küstenschutzes auf den Inseln

7.1 Erhaltung der Küstenschutzanlagen

Die Aufgaben des Küstenschutzes auf den Die Landkreise , und Ostfriesischen Inseln obliegen dem Land Nie- sind die unteren Deichbehörden für den Bereich dersachsen. Die landeseigenen Küstenschutz- der Ostfriesischen Inseln. Das Niedersächsische anlagen werden vom Niedersächsischen Lan- Ministerium für Umwelt und Klimaschutz hat die desbetrieb für Wasserwirtschaft, Küsten- und Zuständigkeit für bestimmte Aufgaben auf den Naturschutz erhalten. Dieser ist Träger der Ostfriesischen Inseln nach ZustVO–Deich zum Deicherhaltung und erhält die Schutzdünen so- Niedersächsischen Deichgesetz auf den wie die zugehörigen Schutz- und Sicherungs- NLWKN übertragen. Oberste Deichbehörde ist werke. Auf den Inseln Borkum und Wangerooge das Niedersächsische Ministerium für Umwelt sind an den West- und Nordseiten Uferschutz- und Klimaschutz. anlagen und Buhnen vorhanden, die der Be- Der ordnungsgemäße Zustand von Küsten- standssicherung dieser Inseln als strombauliche schutzanlagen bildet eine wesentliche Voraus- Anlagen zur Sicherung der Fahrwasser von Ems setzung für die Sicherstellung des Küstenschut- und Jade auf Grundlage des Bundeswasser- zes. Die Küstenschutzanlagen auf den Ostfriesi- straßengesetzes dienen. Durch eine Schrift- schen Inseln werden einschließlich ihrer Siche- wechselvereinbarung zwischen dem Bundesmi- rungs- und Schutzwerke regelmäßig durch nister für Verkehr und dem Niedersächsischen Bauwerksprüfungen und Anlagenschauen über- Minister für Ernährung, Landwirtschaft und For- wacht. sten haben der Bund und Niedersachsen die örtlichen Zuständigkeiten auf Wangerooge und Borkum geregelt.

7.2 Deichverteidigung und Gefahrenabwehr

Die durch Küstenschutzanlagen geschützten Schutzdünenabschnitte umfasst, gehört eine im Gebiete auf den Inseln bilden im Gegensatz zu Sturmflutfall gut funktionierende Deichwacht. den deichgeschützten Gebieten an der Fest- Diese wird vom NLWKN in enger Kooperation landsküste in sich geschlossene Systeme, die mit den Inselgemeinden als Gefahrenabwehrbe- im Sturmflutfall vollständig auf sich allein gestellt hörden durchgeführt. Wird der Katastrophenfall sind. Der Vorsorge für die Deichverteidigung durch die zuständige Katastrophenschutzbehör- und Gefahrenabwehr kommt deshalb eine be- de ausgerufen, geht die Zuständigkeit auf den sonders hohe Bedeutung zu. Landkreis über, der den Katastrophenfall fest- stellt. Der Träger der Deicherhaltung hat für die Deichverteidigung vorzusorgen. Zur Vorsorge Im Katastrophenfall müssen in der Regel wei- gehören organisatorische Vorkehrungen wie das tere Hilfskräfte wie Polizei, Feuerwehr, THW, Aufstellen und Umsetzen von Deichverteidi- Sanitätskräfte oder Bundeswehr eingesetzt wer- gungs- und Alarmplänen sowie die Erstellung den, um an den bedrohten Strecken der Küsten- und Vorhaltung von Deichbüchern. Weiterhin schutzanlagen Abwehr- und Sicherungsmaß- bildet das Bereitstellen von notwendigen Gerä- nahmen durchzuführen. Die Verteidigung der ten, Baustoffen und Beförderungsmitteln einen Küstenschutzanlagen erfordert frühzeitige und wichtigen Baustein der Vorsorge. sachgerechte Entscheidungen sowie einen ra- schen organisierten Einsatz. Zur Deichverteidigung, die auf den Ostfriesi- schen Inseln auch die sturmflutkehrenden

29 Generalplan Küstenschutz Niedersachsen - Ostfriesische Inseln ______

7.3 Sturmflutwarndienst

Der Sturmflutwarndienst stellt bei einer dro- schen Bucht für das Vorhersagegebiet der nie- henden Sturmflut die frühzeitige Information der dersächsischen Nordsee berücksichtigt. Dabei für die Verteidigung der Küstenschutzanlagen wird unterschiedlichen regionalen Anforderun- zuständigen Stellen und die Kommunen sicher. gen und lokalen Besonderheiten Rechnung ge- Er bildet eine wichtige Voraussetzung für die tragen. Auf dieser Basis werden Vorhersagen zielgerichtete Durchführung der notwendigen zur Entwicklung von Sturmfluten herausgege- organisatorischen und operativen Maßnahmen. ben. Der NLWKN betreibt diesen Warndienst als Die Übermittlung der Sturmflutvorhersagen innerbetriebliches Steuerungsinstrument, des- erfolgt abgestuft nach der Schwere der zu er- sen Ergebnisse auf freiwilliger Grundlage der wartenden Sturmflut entsprechend einem vor- Öffentlichkeit zur Verfügung gestellt werden. Die gegebenen Verteiler über Faxdienst und elek- Sturmflutvorhersage fußt dabei auf den Wind- tronischer Post. Deichverbände, Behörden und vorhersagen des Deutschen Wetterdienst die interessierte Öffentlichkeit können außerdem (DWD). die Sturmflutentwicklung in dem sie betreffenden Bereich aus dem Internet entnehmen Zur Sturmflutvorhersage werden Pegel- und (www.nlwkn.niedersachsen.de). Winddaten aus den Niederlanden und der Deut-

Abb. 7-1: Sturmfluthäufigkeit am Pegel Norderney

30 Generalplan Küstenschutz Niedersachsen - Ostfriesische Inseln ______

8 Ausbauprogramm 8.1 Finanzierung

Die Verbesserung des Küstenschutzes ist Verstärkung und Sicherung der Schutzdünen von nationaler Bedeutung und deshalb als eine durch Strandauffüllungen, Dünenverstärkungen Gemeinschaftsaufgabe des Bundes und der und Dünenbaumaßnahmen, die Grundinstand- Länder im Grundgesetz verankert. Von den In- setzung von Sicherungs- und Schutzwerken der vestitionskosten für Küstenschutzmaßnahmen Hauptdeiche und Schutzdünen bilden Schwer- tragen im Rahmen der Gemeinschaftsaufgabe punkte der erforderlichen Maßnahmen. „Verbesserung der Agrarstruktur und des Kü- Im folgenden Abschnitt 8.2 werden die erfor- stenschutzes“ grundsätzlich der Bund 70 % und derlichen Maßnahmen im Einzelnen erläutert. das jeweilige Bundesland 30 %. Insgesamt müssen ca. 17 km Hauptdeiche und In Niedersachsen wurden von 1955 bis zum 9 km Schutzdünen einschließlich der dazugehö- 1. Januar 2010 rund 2,4 Mrd. Euro verausgabt. rigen Deckwerke erhöht und verstärkt werden. In diesem Betrag sind alle Baumaßnahmen an Darüber hinaus können aufgrund von Erosi- den Hauptdeichen, Sperrwerken, auf den ost- onsprozessen an der Seeseite der Inseln auf friesischen Inseln und an den Schutzdeichen einer Gesamtlänge von ca. 12 km Strandaufspü- enthalten. Im Jahr 2009 hat das Land Nieder- lungen und Dünenverstärkungen erforderlich sachsen insgesamt rund 74 Mio. Euro für den werden. Die Umsetzung dieser Maßnahmen Küstenschutz investiert. wird mittelfristig einen voraussichtlichen Finanz- Im folgenden Abschnitt 8.2 werden inselspe- bedarf von insgesamt bis zu 300 Millionen Euro zifisch die erforderlichen Küstenschutzmaßnah- auslösen. men erläutert. Die Herstellung der Solldeichhöhe bei einem Unterbestick von mehr als 20 cm, die

Abb. 8-1: Strandaufspülung zum Schutz des Westkopfes Norderney

31 Generalplan Küstenschutz Niedersachsen - Ostfriesische Inseln ______

8.2 Maßnahmen auf den Inseln

8.2.1 Borkum

Borkum liegt als westlichste Insel nördlich der An der Westseite wird die Insel durch massi- Emsmündung. Sie ist mit einer Fläche von fast ve Uferschutzwerke von insgesamt 6,5 km Län- 31 km² die größte der sieben bewohnten ge und 35 Buhnen gesichert. Diese dienen als Ostfriesischen Inseln. Im westlichen Teil der strombauliche Anlagen der Bestandssicherung Insel befindet sich die Stadt Borkum. Östlich der Insel zur Sicherung des Fahrwassers der davon gelegen sind einzelne Streusiedlungen, Ems auf Grundlage des WaStrG. Die Überprü- der Flugplatz und Infrastruktureinrichtungen. Der fung der Funktionalität dieses Bereiches in sei- „Hopp-Deich“, der „Tüskendör-Deich“ und des- ner strombaulichen und Küstenschutzfunktion ist sen Fortsetzung „Steernklippsteert“ bilden mit derzeit Gegenstand gemeinsamer Untersuchun- einer Gesamtlänge von 4,9 km den wattseitigen gen von Bund und Land. Sturmflutschutz der Insel. Seeseitig befinden Erhöhungs-, Verstärkungs- und Grundin- sich einschließlich Sicherungswerken 18,4 km standsetzungsbedarf ergibt sich zur Sicherung lange Schutzdünen. Diese schließt an den An- des Deichvorlandes durch Lahnungsbau sowie fangs- und Endpunkt der Hauptdeiche an. Das der Sicherstellung der Funktionsfähigkeit der Sicherungswerk Reededamm sichert den Be- Schutzdünen durch Dünenverstärkungen und stand der Insel und die Anbindung an den Ha- Dünenbaumaßnahmen (siehe Anlagen 6 und fen. 16).

Erforderliche Baumaßnahmen: Hauptdeiche

ƒ Bau eines Lahnungssystems vor dem Hopp- und Tüskendör-Deich Schutzdünen

ƒ Erstellung einer Fußsicherung vor dem Ree- dedamm

ƒ Wiederaufbau, Verstärkung und Sicherung der Schutzdünen durch Sandfang- und Dü- nenfestlegungsmaßnahmen

ƒ Verstärkung der Schutzdünen im Bereich der Süddünen und Woldedünen (Greune Stee). Voraussichtliche Baukosten: ca. 4,5 Mio. Euro

Abb. 8-2: Tüskendör-Deich mit Deichvorland auf Bor- kum

32 Generalplan Küstenschutz Niedersachsen - Ostfriesische Inseln ______

8.2.2 Juist 1913 und 1920 erbaut wurden und schon seit mehreren Jahr- zehnten übersandet ist, befinden sich auf Juist keine massiven Sicherungswerke. Im Westteil der Insel treten bis auf Höhe des Hammersees längerfristige Ero- sionen des Strandes und Vor- strandes auf. Erhöhungs-, Verstärkungs- und Grundinstandsetzungsbedarf ergibt sich auf Grund von Fehlhö- hen und Defiziten in der Haupt- deichlinie, des in Teilen schadhaf- ten bzw. ergänzungsbedürftigen Lahnungssystems und der Si- cherstellung der Funktionsfähig- keit der Schutzdünen durch Abb. 8-3: Loog-Deich auf Juist mit Deichvorland Sandauffüllungen und Dünen- baumaßnahmen (siehe Anlagen 7 und 17). Die Insel Juist ist ca. 16 km² groß und weist eine langgestreckte Form mit Breiten von teil- Erforderliche Baumaßnahmen: weise nur einigen hundert Metern auf. Im mittle- ren Inselbereich befinden sich der Hauptort Juist Hauptdeiche (Dorf oder Ostdorf genannt) und das Loog. Im ƒ Erhöhung und Verstärkung des „Billdeiches“ Westen der Insel liegen die Domäne Bill und im auf gesamter Länge Osten der Bereich der Jugendbildungsstätte mit dem Flugplatz der Insel. ƒ Erhöhung und Verstärkung des “Loogdei- ches“ auf gesamter Länge Auf der Wattseite wird die Insel größtenteils durch eine 5,4 km lange Hauptdeichline gegen ƒ Erhöhung und Verstärkung des „Süddeiches“ Sturmfluten geschützt. Als Hauptdeiche sind der östlich des Hafens Juist „Bill-Deich“, der „Loog-Deich“, der „Süddeich“ ƒ Erhöhung und Verstärkung des „Flugplatz- und der „Flugplatzdeich“ gewidmet. Diese Dei- deiches“ von Deich-km 4,9 bis 5,4 che bilden keine in sich geschlossene Deichli- nie. Zwischen dem „Bill-Deich“ und dem „Loog- ƒ Grundinstandsetzung und Ergänzung des Deich“ sowie dem „Süddeich“ und dem „Flug- Lahnungssystems vor dem „Bill-, Süd- und platzdeich“ wird der Schutz vor Sturmfluten Flugplatzdeich“ auf Teilstrecken durch Schutzdünen sicher gestellt. Lahnungen Schutzdünen: vor den Hauptdeichen sichern das in Teilen sehr niedrig gelegene Vorland auf Teilstrecken vor ƒ Bedarfsweise Sicherung der Schutzdünen im Erosion. Bereich Juist-West durch Sandauffüllungen Auf der Seeseite gewährleistet eine durchge- ƒ Wiederaufbau, Verstärkung und Sicherung hende Schutzdünenkette den Sturmflutschutz der Schutzdünen durch Sandfang- und Dü- und die Bestandssicherung der Insel. Die Ge- nenfestlegungsmaßnahmen samtlänge der Schutzdünen beträgt 18,4 km. Voraussichtliche Baukosten: Bis auf eine ca. 1,4 km Schutzmauer und sieben Buhnen im Bereich der Ortslage, die zwischen ca. 41,5 Mio. Euro

33 Generalplan Küstenschutz Niedersachsen - Ostfriesische Inseln ______

8.2.3 Norderney

Erhöhungs-, Verstärkungs- und Grundin- standsetzungsbedarf ergibt sich auf Grund von Fehlhöhen und Defiziten in der Hauptdeichlinie, des in Teilen schadhaften bzw. ergänzungsbe- dürftigen Deckwerks-, Buhnen- und Lahnungs- systems und der Sicherstellung der Funktions- fähigkeit der Schutzdünen durch Sandauffüllun- gen und Dünenbaumaßnahmen (siehe Anlagen 8, 9 und 18).

Erforderliche Baumaßnahmen: Abb. 8-4: Küstenschutzanlagen im Westen von Norder- Hauptdeiche ney ƒ Grundinstandsetzung der Deichfußsicherung Mit einer Fläche von ca. 26 km² ist Norderney des „Westdeiches“ die zweitgrößte der Ostfriesischen Inseln. Der Stadtbereich von Norderney befindet sich im ƒ Erhöhung und Verstärkung des „Hafen- Westen der Insel. Zur Inselmitte hin sind kleine- deichs“ von Deich-km 1,2 bis 1,8 re Siedlungsbereiche, Flugplatz und Infrastruk- ƒ Erhöhung und Verstärkung des „Südstrand- tureinrichtungen gelegen. Die Hauptdeiche auf polderdeiches“ von Deich-km 3,5 bis 5,0 Norderney weisen eine Gesamtlänge von 10 km Erhöhung und Verstärkung des „Grohdedei- auf. Die Deichlinie beginnt am Westkopf mit dem ƒ ches“ auf gesamter Länge „Westdeich“. Es schließen sich der „Hafendeich“ und der „Südstrandpolderdeich“ an. Im An- ƒ Grundinstandsetzung und Ergänzung des schluss an einen Schutzdünenabschnitt beginnt Lahnungssystems vor dem „Grohdedeich“ der „Grohdedeich“. Schutzdünen Die im westlichen Teil der Insel Norderney ƒ Grundinstandsetzung von Teilabschnitten gelegenen Hauptdeiche sind wegen ihrer direk- des Deckwerkes (Fußsicherungen, S-Profil, ten Nähe zum Norderneyer Seegat bzw. der untere Wandelbahn, oberer Deckwerksbe- tiefen Wattrinne des Riffgats einer deutlichen reich) im Bereich Westbad bis Nordbad Seegangs- und Strömungsbelastung ausge- setzt. Sie sind deshalb überwiegend als Schar- ƒ Grundinstandsetzung einzelner Buhnen und deiche mit schweren Deckwerken an der Au- Buhnenabschnitte ßenböschung und Buhnen gesichert. Der ƒ Bedarfsweise Sicherung der Deckwerke und „Grohdedeich“ ist als Vorlanddeich ausgebildet, Buhnen am Westkopf durch Sandauffüllun- Lahnungen sichern das schmale Vorland vor gen Teilstrecken des Südstrandpolderdeichs und des Grohdedeichs sowie der dazwischen lie- ƒ Verstärkung der Schutzdünen im Bereich genden Schutzdüne. westlich bis nordöstlich der Domäne Tünnbak Die Schutzdünen mit einer Gesamtlänge von ƒ Wiederaufbau, Verstärkung und Sicherung 12,1 km beginnen am südwestlichen Abschnitt der Schutzdünen durch Sandfang- und Dü- des Westkopfes, erstrecken sich an der Seesei- nenfestlegungsmaßnahmen te über den westlichen und mittleren Inselteil Voraussichtliche Baukosten: und enden wattseitig am „Grohdedeich“. Am Westkopf ist die Schutzdüne durch ein 4,7 km ca. 113 Mio. Euro langes Deckwerk und 32 Buhnen gesichert.

34 Generalplan Küstenschutz Niedersachsen - Ostfriesische Inseln ______

8.2.4 Baltrum

Wattseitig wurde die Schutzdüne vom Deckwerk aus bis zum An- schluss an den Leitdamm des Hafens durch einen Sanddeich als Sicherungswerk verlängert. Westlich des Westdorfdeiches in Richtung Westkopf sowie östlich des Ostdorfdeiches befinden sich nicht als Schutzdünen gewidmete Dünenbereiche. Erhöhungs-, Verstärkungs- und Grundinstandsetzungsbedarf ergibt sich auf Grund von Fehlhö- hen und Defiziten in der Haupt- deichlinie, des in Teilen schadhaf- ten bzw. ergänzungsbedürftigen Abb. 8-5: Westkopf von Baltrum mit Deckwerken und Buhnen Deckwerk- und Buhnensystems Die Insel Baltrum ist mit einer Gesamtfläche und der Sicherstellung der Funk- von etwa 7 km² die kleinste der Ostfriesischen tionsfähigkeit der Schutzdünen durch Sandauf- Inseln. Siedlungsbereiche befinden sich in der füllungen und Dünenbaumaßnahmen (siehe westlichen Inselhälfte mit dem West- und Ost- Anlagen 10, 11 und 19). dorf. Daneben sind einige Einzelnutzungen und Infrastruktureinrichtungen außerhalb der Sied- Erforderliche Baumaßnahmen: lungsbereiche vorhanden. Die beiden Ortsteile Baltrums werden wattseitig durch Hauptdeiche Hauptdeiche mit einer Gesamtlänge von 1,5 km und kleinere ƒ Erhöhung, Verstärkung und Ausbau des Dünenabschnitte vor Sturmfluten gesichert. Der „Ostdorfdeiches“ von Deich-km 0,7 bis 1,5 „Westdorfdeich“ beginnt in Höhe des Ortskernes des Westdorfes. Das Ostdorf wird durch den Schutzdünen „Ostdorfdeich“ vor Sturmfluten geschützt. Auf- ƒ Erhöhung und Verstärkung des Deckwerks grund seiner Entstehungsgeschichte und räum- am Nordstrand bis Höhe Strandzugang Kin- lichen Situation sind die Hauptdeiche mit den derspielhaus hinter diesen liegenden Grundstücken räumlich eng verbunden. Diese trennt oft nur eine schma- ƒ Grundinstandsetzung von Buhnen le Berme von der Binnenböschung des Deiches. ƒ Grundinstandsetzung des historischen Pfahl- Die Deichverteidigung erfolgt im Katastrophen- schutzwerkes auf Teilstrecken fall über einzelne Zuwegungen und diese Grundstücke. Die Außenberme des Deiches ƒ Erhöhung und Verstärkung der Schutzdüne dient gleichzeitig als Hauptverbindungsweg des „Grassteedeich“

Ostdorfes zum Hafen. Wegen dieser Besonder- ƒ Wiederaufbau, Verstärkung und Sicherung heiten sind im Deich mehrere Schartanlagen der Schutzdünen durch Sandfang- und Dü- vorhanden. nenfestlegungsmaßnahmen Die insgesamt 6,3 km langen Schutzdünen Voraussichtliche Baukosten: bestehen seeseitig aus einem 1,9 km langen durch Deckwerke, Längswerke und 14 Buhnen ca. 39 Mio. Euro gesicherten Abschnitt am Westkopf und enden an der Wattseite nahe des „Ostdorfdeiches“.

35 Generalplan Küstenschutz Niedersachsen - Ostfriesische Inseln ______

8.2.5 Langeoog

Die Gesamtlänge der Schutzdünen beträgt 20,3 km. Erhöhungs-, Verstärkungs- und Grundin- standsetzungsbedarf ergibt sich auf Grund von Fehlhöhen und Defiziten in der Hauptdeichlinie, des schadhaften bzw. ergänzungsbedürftigen Lahnungssystems und der Sicherstellung der Funktionsfähigkeit der Schutzdünen durch Sandauffüllungen und Dünenbaumaßnahmen (siehe Anlagen 12 und 20).

Abb. 8-6: Schutzdünen im Nordwesten von Langeoog

Die Insel Langeoog weist eine Fläche von ca. Erforderliche Baumaßnahmen: 20 km² auf. Die zentrale Ortslage befindet sich im Nordwesten der Insel. Im mittleren und östli- Hauptdeiche chen Teil der Insel befinden sich Streusiedlun- ƒ Erhöhung und Verstärkung des Flinthörn- gen und Infrastruktureinrichtungen. und Ostdeiches von Deich-km 2,1 bis 3,2 Die Hauptdeichlinie ist insgesamt 5,8 km ƒ Erhöhung und Verstärkung des Meiereidei- lang. “Flinthörndeich“ und „Ostdeich“ bilden von ches auf gesamter Länge der Südwestseite der Insel bis östlich der Orts- lage einen durchgehenden wattseitigen Sturm- ƒ Bau eines Deichverteidigungsweges im west- flutschutz der an die Schutzdüne anschließt. Im lichen Teilabschnitt des Flinthörndeichs

Ostteil der Insel schützt der „Meierei-Deich“ ƒ Grundinstandsetzung des Lahnungssystems Meierei und Osningschule. Dieser kann vom zwischen dem Ost- und Meierei-Deich auf Polder aus erreicht werden und besitzt keinen Teilstrecken Deichverteidigungsweg. Der zum Seegat der Accumer-Ee orientierte Deichabschnitt des Schutzdünen Flinthörndeiches ist als Schardeich mit einem ƒ Bedarfsweise Sicherung der nordwestlichen massiven Deckwerk befestigt. Alle weiteren Schutzdünenbereiche durch Sandauffüllun- Deichabschnitte sind als Vorlanddeiche ausge- gen führt. Vor dem östlichen Flügel des Ostdeiches, Verstärkung der Schutzdünen im Bereich der anschließenden Schutzdüne und dem Meie- ƒ östlich kleiner Schlopp und des Osterhook- reideich liegt ein Vorland, das in Teilen durch deichs Lahnungen gesichert wird. Wiederaufbau, Verstärkung und Sicherung Langeoog ist als einzige Ostfriesische Insel ƒ der Schutzdünen durch Sandfang- und Dü- seeseitig nur durch Schutzdünen geschützt. nenfestlegungsmaßnahmen Massive Schutzanlagen sind nicht vorhanden, da der Westen der Insel diskontinuierlich über Voraussichtliche Baukosten: den Riffbogen des Seegats Accumer Ee mit ca. 19 Mio. Euro Sediment versorgt wird. Die insgesamt 20,3 km langen Schutzdünen beginnen auf der südwest- lichen Seite der Insel am Flinthörn und erstrec- ken sich in Richtung Osten bis zum Osterhook.

36 Generalplan Küstenschutz Niedersachsen - Ostfriesische Inseln ______

8.2.6 Spiekeroog

Die Insel Spiekeroog ist ca. 18 km² groß. Der Erhöhungs-, Verstärkungs- und Grundin- Hauptort liegt im westlichen Inselteil. Westlich standsetzungsbedarf ergibt sich auf Grund von und östlich davon befinden sich noch einzelne Fehlhöhen und Defiziten in der Hauptdeichlinie, Gebäudekomplexe wie das Internatsgymnasium der schadhaften bzw. ergänzungsbedürftigen „Hermann-Lietz-Schule“ und ein Umweltzen- Uferschutzanlagen und Buhnen sowie der Si- trum. Im gesamten östlichen Inselteil sind keine cherstellung der Funktionsfähigkeit der Schutz- Küstenschutzanlagen vorhanden. dünen durch Sandauffüllungen und Dünenbau- maßnahmen (siehe Anla- gen 13, 14 und 21).

Erforderliche Baumaß- nahmen: Hauptdeiche

ƒ Erhöhung und Ver- stärkung des Süddei- ches vom Deich-km 0,4 bis 0,8 sowie ab Deich-km 1,0 und im Bereich des vorhan- denen Bahnscharts Schutzdünen

ƒ Grundinstandsetzung einzelner Buhnen

ƒ Grundinstandsetzung der Uferschutzanlagen Abb. 8-7: Schumacherwand auf Spiekeroog während der Sturmflut vom 9.11.2007 im Bereich Schuma- Der insgesamt 1,6 km lange „Süddeich“ um- cherwand schließt als Hauptdeich wattseitig die Ortslage ƒ Grundinstandsetzung der Uferschutzanlagen der Insel. Die Schutzdünen von insgesamt 10,5 im Bereich Hessenwand und bedarfsweise km Länge beginnen an der Südwestseite der Sandauffüllungen Insel westlich des ehemaligen Inselanlegers und verlaufen entlang der Nordseite bis zur Inselmit- ƒ Verstärkung der Schutzdünen im Bereich der te. Sie umschließen dort auch den Bereich der Hermann-Lietz-Schule Hermann-Lietz-Schule. Wegen einer phasen- ƒ Wiederaufbau, Verstärkung und Sicherung weise nicht ausreichenden Sedimentversorgung der Schutzdünen durch Sandfang- und Dü- aus dem Riffbogen der Otzumer Balje ist die nenfestlegungsmaßnahmen Südwestseite der Schutzdünen durch Ufer- Voraussichtliche Baukosten: schutzanlagen vom 1,6 km Länge und 14 Buh- nen gesichert. ca. 39 Mio. Euro

37 Generalplan Küstenschutz Niedersachsen - Ostfriesische Inseln ______

8.2.7 Wangerooge

Die östlichste bewohnte Ostfriesische Insel che Anlagen der Bestandssicherung der Insel ist Wangerooge. Mit ca. 8 km² Fläche ist sie die zur Sicherung des Fahrwassers der Jade auf zweitkleinste Insel der Gruppe. Der Hauptort Grundlage des WaStrG. Die Überprüfung der liegt etwa in Inselmitte. Mehrere Gebäudekom- Funktionalität dieses Bereiches in seiner strom- plexe befinden sich im Westen der Insel. Östlich baulichen und Küstenschutzfunktion ist derzeit des Ortes liegt der Flugplatz. Gegenstand gemeinsamer Untersuchungen von Bund und Land. Als wattseitiger Sturmflutschutz besteht auf Wangerooge eine durchgehende 5,9 km lange Erhöhungs-, Verstärkungs- und Grundin- Hauptdeichlinie. Diese beginnt am Westturm mit standsetzungsbedarf ergibt sich auf Grund von dem Westgrodendeich an welchen sich Süd- Fehlhöhen und Defiziten in der Hauptdeichlinie, deich, Dorfgrodendeich und Ostgrodendeich des schadhaften bzw. ergänzungsbedürftigen anschließen. Vor dem Dorf- und Ostgrodendeich Lahnungssystems und der Sicherstellung der sichern Lahnungen auf Teilstrecken das schma- Funktionsfähigkeit der Schutzdünen durch le Vorland. Sandauffüllungen und Dünenbaumaßnahmen (siehe Anlagen 15 und 22).

Erforderliche Baumaßnahmen: Hauptdeiche

ƒ Ausbau des Deichverteidigungsweges am des Westgrodendeich

ƒ Erhöhung und Verstärkung des Süddeiches auf Teilstrecken

ƒ Erhöhung und Verstärkung des Dorfgroden- deiches auf gesamter Länge

ƒ Erhöhung und Verstärkung des Ostgroden- Abb. 8-8: Westgrodendeich auf Wangerooge deiches auf gesamter Länge

ƒ Grundinstandsetzung des Lahnungssystems Im Südwesten der Insel liegt die als Schutz- vor dem Ostgrodendeich werk gewidmete Dünenkette des Harlehörn. Diese erstreckt sich vom Westkopf in Richtung Schutzdünen Hafen und sichert dessen Anbindung an den ƒ Bedarfsweise Sicherung des Harlehörns Ort. Das Harlehörn reduziert zudem den in durch Sandauffüllungen Sturmfluten auf die westlichen Inseldeiche tref- Wiederaufbau, Verstärkung und Sicherung fenden Seegang. ƒ der Schutzdünen durch Sandfang- und Dü- Seeseitig befindet sich eine einschließlich nenfestlegungsmaßnahmen des Schutzwerkes Harlehörn 11,3 km lange Voraussichtliche Baukosten: Schutzdüne. An der West- und Nordseite wird die Insel durch massive Uferschutzwerke und ca. 40 Mio. Euro Buhnen gesichert. Diese dienen als strombauli-

38 Generalplan Küstenschutz Niedersachsen - Ostfriesische Inseln ______

9 Zusammenfassung und Ausblick

Die Ostfriesischen Inseln bilden einen wichti- und rechtliche Zusammenhänge und stellt die gen Teil des Niedersächsischen Küstengebie- Schutzstrategie und Ziele des Küstenschutzes tes. Ihre Siedlungsgebiete besitzen eine erhebli- sowie die auf Basis einer aktuellen Zustandsbe- che wirtschaftliche Bedeutung als touristischer wertung notwendigen Maßnahmen übersichtlich Schwerpunktraum. Für nachhaltige Nutzung der dar. Für deren Umsetzung ist aus heutiger Sicht Inseln bilden der Schutz vor Sturmfluten und die ein Finanzbedarf von bis zu 300 Millionen Euro Bestandssicherung zwingende Voraussetzun- zu erwarten. Die noch anstehenden Aufgaben gen. Weil die Ostfriesischen Inseln die nieder- verdeutlichen, dass Küstenschutz eine Dauer- sächsische Festlandsküste gegen die unmittel- aufgabe ist und bleiben wird. bare Wirkung des Seegangs aus der Nordsee Die Finanzierung von Küstenschutzmaß- abschirmen, bilden sie zudem einen wichtigen nahmen erfolgt weitgehend aus der Gemein- Bestandteil des Systems aus Küstenschutzele- schaftsaufgabe „Verbesserung der Agrarstruktur menten, welches die Niedersächsische Fest- und des Küstenschutzes“ des Bundes und der landsküste schützt. Länder. Zusätzlich werden Mittel der Europäi- Nach der Katastrophenflut vom 16./17. Fe- schen Union eingesetzt. bruar 1962 wurde die Verbesserung des Kü- Auf Grund der ständigen Veränderungen der stenschutzes auch auf den Inseln strukturiert Strände, Vorstrände und Dünen ergibt sich ein vorangetrieben. 1973 folgte die Aufstellung des kontinuierlicher Handlungsbedarf, um den Kü- „Generalplans Küstenschutz Niedersachsen“ stenschutz für die sandigen Küsten der Inseln und 1997 des „Generalplans Küstenschutz für sicher zu stellen. Sowohl die massiven Küsten- den damaligen Regierungsbezirk Weser-Ems“. schutzanlagen als auch Sandauffüllungen und Seit 1962 sind eine Reihe schwerer Sturmfluten Dünenbaumaßnahmen bilden wichtige Baustei- aufgetreten. Beispielhaft seien die Sturmfluten ne des Küstenschutzes. Für die ungeschützten vom Januar 1976, vom 28. Januar 1994 und Schutzdünenbereiche stellt das Konzept eines vom 1. November 2006 genannt, die auf Grund dynamischen Erhalts der Küstenlinie deren sehr hoher Wasserstände und starken See- Funktionsfähigkeit nachhaltig sicher. gangs zu erheblichen Schäden an den Küsten- schutzanlagen bzw. Dünenabbrüchen auf den Von zunehmender Bedeutung für den Kü- Inseln führten. stenschutz auch auf den Inseln werden die Aus- wirkungen einer Klimaänderung in Form eines Die Anstrengungen im Küstenschutz in Nie- verstärkten Anstiegs des Meeresspiegels und dersachsen wurden nach der so genannten einer Zunahme von Stürmen sein. In Nieder- Holland-Sturmflut vom 31. Januar/ 1. Februar sachsen wird deshalb bereits heute ein Vorsor- 1953 mit mehr als 2000 Toten in Belgien, den gemaß von 50 cm für die Bemessung von Kü- Niederlanden und Großbritannien wesentlich stenschutzanlagen und zusätzlicher Sicherheits- verstärkt, so dass das heutige hohe Sicherheits- zuschlag für Massivbauwerke einbezogen. niveau im Küstenschutz erreicht werden konnte. Seit 1955 wurden in Niedersachsen rund 2,4 Die in Erdbauweise errichteten Deiche er- Mrd. Euro in den Bau und die Verstärkung von möglichen auf Grund ihrer Bauweise eine An- Küstenschutzanlagen incl. Maßnahmen zum passung an verstärkte Belastungen. Für die Schutz sandiger Küsten investiert. sandigen Küsten der Ostfriesischen Inseln wird der Ausgleich von Sedimentdefiziten durch Auf- Der vorliegende „Generalplan Küstenschutz spülungen zukünftig an Bedeutung gewinnen. – Ostfriesische Inseln“ gibt einen aktuellen Hierzu ist auch eine langfristige rechtliche Absi- Überblick über den derzeitigen Stand (1. Januar cherung geeigneter Sedimentgewinnungsgebie- 2010) des Küstenschutzes auf den sieben dau- te im Küstenvorfeld über die raumordnerische erhaft bewohnten Ostfriesischen Inseln Borkum, Festlegungen erforderlich. Juist, Norderney, Baltrum, Langeoog, Spieke- roog und Wangerooge. Er erläutert historische

39 Generalplan Küstenschutz Niedersachsen - Ostfriesische Inseln ______

Wesentlich ist zudem, den technischen und Küstenschutz stellt für Sturmflutschutz und wissenschaftlichen Kenntnisstand laufend zu die Bestandssicherung auf den Ostfriesischen verbessern und den Sicherheitsstandard der Inseln eine wesentliche Aufgabe der Daseins- Küstenschutzanlagen regelmäßig zu überprüfen. vorsorge dar, die dauerhaft gewährleistet wer- Dazu müssen nationale und europäische Ko- den muss. Diese kann in einem durch Touris- operationen weiter gepflegt werden. So können mus, Naturschutz, Gewerbe, Häfen und Schiff- die notwendigen Strategien, Planungen und fahrt vielfältig genutzten, vergleichsweise klein- Maßnahmen für einen zukünftigen nachhaltigen räumigen Bereich wie den Ostfriesischen Inseln Küstenschutz angemessen umgesetzt werden. nicht isoliert betrachtet werden. Für die Anpas- Weiterhin bildet die Einbindung der niedersäch- sung des Küstenschutzes an zukünftig zu erwar- sischen Küstenschutzstrategie in die Anforde- tende Belastungen besteht langfristiger Flä- rungen der EU-Hochwasserschutzrichtlinie eine chenbedarf. Eine vorausschauende und langfri- wichtige Aufgabe. stige Berücksichtigung der Belange des Küsten- schutzes in der Raumordnung und Bauleitpla- Neben der Verstärkung von Küstenschutzan- nung ist deshalb wesentlich. lagen sind deren sorgfältige Unterhaltung, ein funktionsfähiger Sturmflutwarn- und Vorhersa- Gemeinsames Ziel aller muss es sein, die gedienst, Deichverteidigung, Gefahrenabwehr Ostfriesischen Inseln als Bestandteil des Kü- und Katastrophenschutz sowie die Information stenraums in Niedersachsen und als Lebens- der Bevölkerung als wichtige Elemente eines grundlage der Menschen nachhaltig zu sichern Hochwasserrisikomanagements von großer und zu entwickeln. Bedeutung.

Abb. 9-1: Sturmerprobt: Neues Deckwerk auf Norderney

40 Generalplan Küstenschutz Niedersachsen - Ostfriesische Inseln ______

ABBILDUNGSVERZEICHNIS Abb. 1-1: Satellitenaufnahme des nordwestlichen Niedersachsens mit den Ostfriesischen Inseln (Quelle: Landsat 7 ETM@Eurimage 2002) Abb. 1-2: Sturmflut am 3. Januar 1976 auf Norderney (Quelle: Stadtarchiv Norderney) Abb. 2-1: Morphologische Entwicklung der Inseln Baltrum und Norderney (Ostteil) von 1650 bis 1960 und heutiger Zustand (Quelle: NLWKN) Abb. 2-2: Seebad Norderney um 1900 (Quelle: Historisches Postkartenmotiv) Abb. 2-3: Norderneyer Seegat mit Riffbogen (Quelle: NLWKN) Abb. 2-4: Anlandung von Sandplaten im Nordwesten von Langeoog (Quelle: H. Wirdemann) Abb. 3-1: System aus Küstenschutzelementen (Quelle: NLWKN) Abb. 3-2: Massiv durch Deckwerke und Buhnen befestigter Westkopf von Baltrum (Quelle: NLWKN) Abb. 3-3: Ring aus Küstenschutzanlagen am Beispiel von Norderney (Quelle: NLWKN) Abb. 3-4: Durch eine Sturmflut erodierte Randdüne auf Spiekeroog (Quelle: NLWKN) Abb. 4-1: Falschfarbenaufnahme der Insel Baltrum mit vorgelagertem Riffbogen (Quelle: NLWKN) Abb. 5-1: Inseldeiche und Deichvorland auf Juist (Quelle: H. Wirdemann) Abb. 5-2: Randdünenausbildung bei ausreichender (links) und negativer (rechts) Sedimentbilanz des Strandes (Quelle: NLWKN) Abb. 5-3: Durch Deckwerke und Buhnen gesicherter Westkopf von Norderney (Quelle: H. Wirdemann) Abb. 5-4: Schwallmauern zur Verringerung des Wellenauflaufs am Nordstrand von Norderney im Sommer und während der Sturmflut vom 9. November 2007 (Quelle: NLWKN) Abb. 5-5: Kombinierte Strandauffüllung und Dünenverstärkung am Harlehörn auf Wangerooge (Quelle: NLWKN) Abb. 5-6: Dünenverstärkung auf Langeoog (Quelle: H. Wirdemann) Abb. 5-7: Sandfangmaßnahmen am Dünenfuß (Quelle: NLWKN) Abb. 5-8: Besucherlenkung in den Schutzdünen (Quelle: NLWKN) Abb. 6-1: Entwicklung des mittleren Tidehochwassers am Pegel Norderney (Quelle: NLWKN) Abb. 6-2: Einzelwert- und Vergleichsverfahren (Quelle: NLWKN) Abb. 6-3: Pfahlschutzwand und Hafen auf Baltrum während einer Sturmflut (Quelle: NLWKN) Abb. 7-1: Sturmfluthäufigkeit am Pegel Norderney (Quelle: NLWKN) Abb. 8-1: Strandaufspülung zum Schutz des Westkopfes Norderney (Quelle: H. Wirdemann) Abb. 8-2: Tüskendör-Deich mit Deichvorland auf Borkum (Quelle: H. Wirdemann) Abb. 8-3: Loog-Deich auf Juist mit Deichvorland (Quelle: NLWKN) Abb. 8-4: Küstenschutzanlagen im Westen von Norderney (Quelle: H. Wirdemann) Abb. 8-5: Westkopf von Baltrum mit Deckwerken und Buhnen (Quelle: H. Wirdemann) Abb. 8-6: Schutzdünen im Nordwesten von Langeoog (Quelle: NLWKN) Abb. 8-7: Schumacherwand auf Spiekeroog während der Sturmflut vom 9.11.2007 (Quelle: NLWKN) Abb. 8-8: Westgrodendeich auf Wangerooge (Quelle: NLWKN) Abb. 9-1: Sturmerprobt: Neues Deckwerk auf Norderney (Quelle: NLWKN) Tabellenverzeichnis Tab. 5-1: Übersicht über Küstenschutzanlagen auf den Ostfriesischen Inseln Tab. 6-1: Mittlere Tidewasserstände Jahresreihe 2000/2009 an ausgewählten Pegeln

41 Generalplan Küstenschutz Niedersachsen - Ostfriesische Inseln ______

ANLAGENVERZEICHNIS

Anlage 1: Bedeutende Sturmflutkatastrophen an der deutschen Nordseeküste Anlage 2: Verzeichnis der zitierten Rechtsnormen Anlage 3: Deichbezeichnungen

Lagepläne: Die Anlagen 5 bis 15 enthalten Auszüge aus den Geobasisdaten der Niedersächsischen Vermessungs- und Katasterverwaltung

Anlage 4: Legende Anlage 5. Übersichtsplan Anlage 6: Borkum Anlage 7: Juist Anlage 8: Norderney Anlage 9: Norderney Detailplan Anlage 10: Baltrum Anlage 11: Baltrum Detailplan Anlage 12: Langeoog Anlage 13: Spiekeroog Anlage 14: Spiekeroog Detailplan Anlage 15: Wangerooge

Längsschnitte: Anlage 16: Borkum Anlage 17: Juist Anlage 18: Norderney Anlage 19: Baltrum Anlage 20: Langeoog Anlage 21: Spiekeroog Anlage 22: Wangerooge

42 Generalplan Küstenschutz Niedersachsen - Ostfriesische Inseln ______

Anlage 1: Bedeutende Sturmflutkatastrophen an der deutschen Nordseeküste

Datum Name der Auswirkungen Sturmflut 26.12.838 - erste dokumentierte Sturmflut an der Nordsee; ca. 2500 Tote im Gebiet der heutigen Niederlande 17.02.1164 1. Julianenflut 20.000 Tote; erster Einbruch der Jade, große Schäden im Elbegebiet 16.01.1219 1. Marcellusflut 36.000 Tote; große Überflutungen auch im Elbegebiet; erster überliefer- ter Augenzeugenbericht 28.12.1248 Allerkindleinsflut hohe Verluste an Menschenleben; Zertrennung der historischen Elbinsel Gorieswerder in mehrere Teile 14.12.1287 Luciaflut Beginn der Bildung des Dollarts, 50 000 Tote 23.11.1334 Clemensflut Erweiterung des Jadebusens 16.01.1362 2. Marcellusflut, 100.000 Tote; erster Einbruch des Dollart, Erweiterung von Leybucht, Große Manndränke Harlebucht, Jadebusen und Eidermündung, Untergang von großen Tei- len Nordfrieslands 09.10.1374 1. Dionysiusflut größte Ausdehnung der Leybucht bis zur Stadt Norden, Untergang des Dorfes Westeel bei Norden 09.10.1377 2. Dionysiusflut Deiche bei Lütetsburg und Bargebur zerrissen, die Wellen schlugen an die Mauern des Dominikanerklosters zu Norden 21.11.1412 Cäcilienflut an der Estemündung wurde ein ganzes Dorf vernichtet, die Elbinsel Hahnöfersand wurde vom Festland abgetrennt 01.11.1436 Allerheiligenflut Überflutungen an der gesamten Nordseeküste, insbesondere in Eider- stedt und Nordstrand 06.01.1470 Dreikönigsflut Überflutungen in Eiderstedt, keine bleibenden Landverluste 26.09.1509 Cosmas- und Dami- Durchbruch der Ems bei , größte Ausdehnung des Dollarts, letzte anflut Erweiterung des Jadebusens nach Nordwesten 16.01.1511 Antoniusflut, Durchbruch zwischen Jade und Weser Eisflut 31.10./ 3. Allerheiligenflut mehrere tausend Tote in Nordfriesland, erste Höhenmarke des Schei- 01.11.1532 telwertes überliefert in der Kirche von Klixbüll; Untergang von Osterbur und Ostbense in Ostfriesland 01.11.1570 4. Allerheiligenflut Überflutung der Marschen von Flandern bis Eiderstedt; große Deichbrü- che im Alten Land sowie in den Vier- und Marschenlanden; Untergang der Dörfer Oldendorf und Westbense bei Esens; 9.000 bis 10.000 Tote zwischen Ems und Weser. Flutmarke an der Kirche Suurhusen bei NN +4,40 m. 26.02.1625 Fastnachtsflut Eisflut, Deichbrüche und große Schäden in Ostfriesland und Oldenburg, im Alten Land und , viele Ausdeichungen an Jade und Weser 11.10.1634 2. Manndränke Insel Strand geht unter; Reste sind die Inseln Nordstrand und ; mind. 8 000 Tote 22.02.1651 Petriflut Auf Juist und Langeoog wurden Dünenketten durchbrochen, Dornumer- siel wurde zerstört, es gab Deichbrüche am Festland 12.11.1686 Martinsflut Schwere Deichschäden von den Niederlanden bis zur Elbe 24./25.12. Weihnachtsflut 11.150 Tote von Holland bis zur dänischen Küste; größte bis dahin be- 1717 kannte Sturmflut mit Überflutungen und Verwüstungen ungeheueren Ausmaßes 31.12.1720 / Neujahrsflut höher als Weihnachtsflut; Zerstörung der nach 1717 notdürftig reparier- 01.01.1721 ten Deiche; Untergang der Dörfer Bettewehr II und Itzendorf Generalplan Küstenschutz Niedersachsen - Ostfriesische Inseln ______

03./04.02. Februarflut 800 Tote; entlang der Küste kam es zu vielen Deichbrüchen und schwe- 1825 ren Dünenverlusten auf den Inseln; höchste Sturmflut an der Elbe bis 1962 01./02.01. Januarflut Schwere Zerstörungen auf den Ostfriesischen Inseln, Sturmflutmarke 1855 auf Norderney bei NN +4,26 m

13.03.1906 Märzflut höchste bis dahin festgestellte Sturmflut an der ostfriesischen Küste

31.01./01.02. Hollandflut schwerste Naturkatastrophe des 20. Jahrhunderts im Bereich der Nord- 1953 see. In den Niederlanden (ca. 1800 Tote), England und Belgien mehr als 2000 Tote; Gesamtschaden mehr als 500 Mio. €; keine größeren Schä- den an der deutschen Küste, jedoch Anstoß, die Deiche zu überprüfen. 16./17.02. Februarsturmflut 62 340 Tote, davon 19 in Niedersachsen, ca. 28.000 Wohnungen bzw. 1962 2. Julianenflut Häuser beschädigt und ca. 1.300 völlig zerstört; höchste bisherige Sturmflut östlich der Jade mit 61 Deichbrüchen in Niedersachsen; betrof- fen war vor allem das Elbegebiet mit seinen Nebenflüssen; 03.01.1976 Januarflut bis heute höchste Sturmflut an nahezu allen Pegeln der deutschen Nordseeküste; zahlreiche Deichbrüche in Kehdingen und der Haseldor- fer Marsch 24.11.1981 Novemberflut höchste Scheitelwasserstände in Nordfriesland mit NN +4,72 m am Pegel Dagebüll 28.01.1994 Januarflut höchste Scheitelwasserstände an Ems mit NN +4,75 m am Pegel Wee- ner sowie an der Weser mit NN +5,33 m am Pegel Vegesack 03.12.1999 Anatol kurzfristiger Anstieg mit sehr hohen Wasserständen im gesamten Nord- seegebiet; Abflauen des Sturms vor Eintritt des astronomischen Hoch- wassers in Cuxhaven, andernfalls wären im Elbegebiet die Werte von 1976 überschritten worden 01.11.2006 5. Allerheiligenflut sehr schwere Sturmflut mit Überschreiten der Pegelwerte von 1994 im Bereich der Ems, Dünenabbrüche auf den Ostfriesischen Inseln Juist, Langeoog und Wangerooge Generalplan Küstenschutz Niedersachsen - Ostfriesische Inseln ______

Anlage 2: Verzeichnis der zitierten Rechtsnormen

Europäische Rechtsnormen x Richtlinie 2007/60/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. Oktober 2007 über die Bewertung und das Mana- gement von Hochwasserrisiken - (Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften Nr. L 288/27 vom 06.11.2007) - EG- Hochwasserrisikomanagementrichtlinie x Richtlinie 2000/60/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. Oktober 2000 zur Schaffung eines Ordnungsrah- mens für Maßnahmen der Gemeinschaft im Bereich der Wasserpolitik (Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften Nr. L 327 vom 22.12.2000) - EG-Wasserrahmenrichtlinie x Richtlinie 97/11/EG des Europäischen Rates vom 03. März 1997 zur Änderung der Richtlinie 85/337/EWG über die Umweltver- träglichkeitsprüfung bei bestimmten öffentlichen und privaten Projekten (Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften Nr. L 73/5 vom 14.03.1997) - UVP-Richtlinie x Richtlinie 79/409/EWG des Europäischen Rates vom 02. April 1979 über die Erhaltung der wildlebenden Vogelarten Projekten (Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften Nr. L 103 vom 25.04.1979) - Vogelschutzrichtlinie x Richtlinie 97/62/EG des Rates vom 27. Oktober 1997 zur Anpassung der Richtlinie 92/43/EWG zur Erhaltung der natürlichen Lebensräume sowie der wildlebenden Tiere und Pflanzen an den technischen und wissenschaftlichen Fortschritt (Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften Nr. L 305 vom 8.11.1997) x Richtlinie 92/43/EWG des Europäischen Rates vom 21. Mai 1992 zur Erhaltung der natürlichen Lebensräume sowie der wildle- benden Tiere und Pflanzen (Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften Nr. L 206/7 vom 22.07.1992) - Flora-Fauna- Habitatrichtlinie (FFH-Richtlinie)

Bundesgesetze x Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland vom 23. Mai 1949 (BGBl. S. 1), zuletzt geändert durch Artikel 1 des Gesetzes vom 29. Juli 2009 (BGBl. I S. 2248) - GG x Gesetz über die Gemeinschaftsaufgabe „Verbesserung der Agrarstruktur und des Küstenschutzes“ i.d.F. vom 21. Juli 1988 (BGBl. I S. 1055) zuletzt geändert durch Artikel 189 der Verordnung vom 31. Oktober 2006 (BGBl. I S. 2407)- GAKG x Wasserhaushaltsgesetz vom 31. Juli 2009 (BGBl. I S. 2585) x Bundesnaturschutzgesetz vom 29. Juli 2009 (BGBl. I S. 2542) - BNatSchG x Bundeswasserstraßengesetz in der Fassung der Bekanntmachung vom 23. Mai 2007 (BGBl. I S. 962; 2008 I S. 1980), zuletzt geändert durch Artikel 5 des Gesetzes vom 31. Juli 2009 (BGBl. I S. 2585)- WaStrG x Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung in der Fassung der Bekanntmachung vom 24. Februar 2010 (BGBl. I S. 94) - UVPG x Wasserverbandsgesetz vom 12. Februar 1991 (BGBl. I S. 405), geändert durch Artikel 1 des Gesetzes vom 15. Mai 2002 (BGBl. I S. 1578) - WVG x "Raumordnungsgesetz vom 22. Dezember 2008 (BGBl. I S. 2986), zuletzt durch Artikel 9 des Gesetzes vom 31. Juli 2009 (BGBl. I S. 2585)- ROG

Landesgesetze und Verordnungen in Niedersachsen x Niedersächsisches Deichgesetz i.d.F. vom 23. Februar 2004 (Nds. GVBl. S. 83) zuletzt geändert durch Artikel 2 des Gesetzes vom 19. Februar 2010 (Nds. GVBl. S. 64 - NDG x Niedersächsisches Wassergesetz vom 19. Februar 2010 (Nds. GVBl. S. 64) - NWG x Niedersächsisches Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung i.d.F. vom d 30. April 2007 (Nds. GVBl. S. 179) zuletzt ge- ändert durch Gesetz vom 19.02.2010 (Nds. GVBl. S. 122) – NUVPG x Niedersächsisches Ausführungsgesetz zum Bundesnaturschutzgesetz vom 19. Februar 2010 (Nds. GVBl. S. 104) - (NAGB- NatSchG) x Gesetz über den Nationalpark Niedersächsisches Wattenmeer vom 11. Juli 2001 (Nds. GVBl. S. 443) zuletzt geändert durch Artikel 3 des Gesetzes vom 19.02.2010 (Nds. GVBl. S. 104) - NWattNPG - x Niedersächsisches Raumordnungsgesetz i.d.F. vom 7. Juni 2007 (Nds. GVBl. S. 223) - NROG x Niedersächsisches Katastrophenschutzgesetz i.d.F. vom 14. Februar 2002 (Nds. GVBl. S. 73) zuletzt geändert durch Artikel 13 des Gesetzes vom 25.03.2009 (Nds. GVBl. S. 72)) - NKatSG x Niedersächsisches Gesetz über die öffentliche Sicherheit und Ordnung) vom 19. Januar 2005 (Nds. GVBl. S. 9) zuletzt geän- dert durch Artikel 14 des Gesetzes vom 25.03.2009 (Nds. GVBl. S. 72) - Nds.SOG x Verordnung über Zuständigkeiten auf dem Gebiet des Deichrechts (ZustVO–Deich vom 29.11.2004 (Nds. GVBl. S. 549) Generalplan Küstenschutz Niedersachsen - Ostfriesische Inseln ______

Anlage 3: Deichbezeichnungen Anlage 4

Legende

bereits erhöhte Deichlinie

noch auszubauende Deichlinie

vorhandener Treibselabfuhr- / Deichverteidigungsweg

erforderlicher oder auszubauender Treibselabfuhr- / Deichverteidigungsweg

vorhandenes Deckwerk

erforderliches oder zu verstärkendes Deckwerk

vorhandene Lahnung

erforderliche oder auszubauende Lahnung

vorhandenes Siel

zu erneuerndes Siel

vorhandenes Schöpfwerk

zu erneuerndes Schöpfwerk

vorhandenes Deichschart

auszubauendes Deichschart

Schutzdüne

zu verstärkende Schutzdüne

Uferschutzanlage der Schutzdüne mit Buhnen

vorhandene Uferschutzanlage der Schutzdüne (gestuft)

auszubauende Uferschutzanlage der Schutzdüne (gestuft)

vorhandene Buhne zu verstärkende Buhne

Bereich bedarfsweiser Sandauffüllungen km 1,0 Deichkilometrierung Anlage 5

Anlage 15 Anlage 13 Anlage 12 Wangerooge Spiekeroog Anlage 8 Anlage 10 Langeoog

Anlage 7 Baltrum Norderney

Juist

Anlage 6

Norden Borkum

Wittmund

Jever

Aurich

Emden Anlage 6

Borkum

p- lip k ch rn ei e td km 4,9 te r S e te s

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S km 0,0 R ee de da mm

1:50 000

0 500 1000 1500 2000 2500 Meter Anlage 7

Juist

Flugplatzdeich

km 5,4 km 4,8 km

og-Deich

Lo Süddeich km 4,8

km 4,6 4,9 km

km 3,1 km km 1,0 km

Billdeich km 4,0

km 1,0

km 0,0

Memmert

1:60 000

0 500 1000 1500 2000 2500 Meter Anlage 8

Norderney

Detailplan Anlage 9

km 10,0

km 5,8 km 5,8 h

c h i c i km 1,8 e G eich e d rohded d r n e e d f l W a o e Süd p

st H stra n d km 5,0

km 0,0 km de km 1,2 3,5 km ich

1:55 000

0 500 1000 1500 2000 2500 Meter X 1

W 1 V 1 Anlage 9 U 1 T 1

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Hafen E F

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1:20 000

0 250 500 750 1000 1250 Meter Anlage 10 Baltrum

Detailplan Anlage 11

km 0,6 km 0,6 km 0,7 fdeich tdor es W km 0,2 km 0,4

km 0,0 O stdorf dei ch km 1,5

1:20 000

0 250 500 750 1000 1250 Meter Anlage 11 N

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Baltrum

A Westdorf C 1

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D

Hafen L

1:10 000

0 100 200 300 400 500 Meter Anlage 12

Langeoog

km 5,5 Meierei-Deich km 5,8 km 5,5

ch i

km 0,0 e

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O

Fl inthö rnd eich km 3,2

km 2,1

1:45 000

0 500 1000 1500 2000 2500 Meter Anlage 13

Spiekeroog

Detailplan

Anlage 14 km 0,0 km km 1,6

h km 0,4 km Süddeic

km 1,0 km 0,8 km

1:40 000

0 500 1000 1500 2000 2500 Meter Anlage 14

F

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I H HII

1:20 000

0 200 400 600 800 1000 Meter Anlage 15

Wangerooge lage der Wasser- und he An aulic des Bundes mb rwaltung Stro hrtsve ifffa Sch

h ic e km 1,0 d S

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e 2,8 km km 2,3 km D W o r fg rod km 6,0 endeich km 0,0

O km 5,5 stgrodendeich

1:35 000

0 500 1000 1500 2000 2500 Meter