Fouché / Schauspieloper Von Franz Hummel PRESSEKONFERRENZ
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Pressekonferenz Fouché 12. Dezember 2008 __________________________________________________________ PRESSEMAPPE Fouché / Schauspieloper von Franz Hummel 09. Jänner 2009, Uraufführung, Posthof Linz, 20:00 Uhr 10./14./15. Jänner 2009, 20:00 Uhr Einführungsgespräch jeweils um 19:00 Uhr PRESSEKONFERRENZ Gesprächspartner Wolfgang Winkler - künstlerischer Leiter LIVA Martin Heller - Intendant Linz09 Peter Androsch - Konzeption Musik Linz09 Franz Hummel - Komponist Susan Oswell - Regie, Choreografie Joseph Fouché war nicht nur Napoleons Polizeipräsident, er war Mönch und Priesterlehrer, Jakobiner, heftiger Intrigant, intellektueller Massenmörder und Erfinder des Überwachungsstaates. Er starb 1820 in der Verbannung. Der vor seinem Ende von Metternich halbherzig geduldete Linzer Exilant ist die Hauptfigur in der Schauspieloper „Fouché“. Ein Auftragswerk von Linz09 als Produktion der LIVA. Sie finden die Pressemappe und Bildmaterial auch digital unter: www.brucknerhaus.at Mag. Pia Leydolt / Presse Mag. Gernot Kremser / Presse & Öffentlichkeitsarbeit Linz 2009 Brucknerhaus Linz, Untere Donaulände 7, 4020 Linz Tel +43732/2009–37, Fax +43732/2009–43 Tel +43/732/7612-2120, Fax: +43/732/7612-2130 [email protected], www.linz09.at [email protected], www.brucknerhaus.at Pressekonferenz Fouché 12. Dezember 2008 __________________________________________________________ Fouché – Erfinder des Überwachungsstaates Napoleons Polizeipräsident, der Mönch und Priesterlehrer, der Jakobiner, Intrigant und intellektuelle Massenmörder, der Erfinder des Überwachungs-Staates flieht, steinreich geworden, gegen Ende seines Lebens mit der halbherzigen Zustimmung Metternichs nach Linz ins Exil. Dort geht er tagein tagaus umher und wirft den prüfend ängstlichen Blick immer wieder zu der auf einer fernen Anhöhe stehenden Gestalt hinauf. Ist es Bonaparte? Verfolgt er ihn? Überwacht er ihn? Fouchés Sprache verkommt mehr und mehr zu egoman verzerrten Kürzeln. Er durchlebt die Erinnerung an seine Vergangenheit in den grellen Verwerfungen seiner kryptischen Abschaum- Poesie, die nur noch wenige Adern intellektueller Klarheit durchkreuzen. Angstvisionen und hybride Schübe wechseln sich ab und zeigen die zunehmende Verlorenheit dieses machtbesessenen alten, ewigen zweiten Mannes, der durch sein raffiniert geknüpftes Spinnennetz der Bespitzelung und des Verrats dem Tatmenschen Napoleon gefährlich geworden ist, letztlich aber doch der groben Tücke des Kaisers unterliegt. Der feinsinnige, gebildete, gänzlich amoralische Fouché trifft als bereits deutlich verwitternder Hochglanzpotentat in Linz ein. So verkörpert er die Nutzlosigkeit jeder Sinnsuche und das Scheitern am „Willen zur Macht“. Sein Selbstverständnis zerbricht zunehmend an den Geistern, die er rief. Wenn seine Vergangenheit im Verlaufe der Handlung in Gestalt früherer Weggefährten aus dem Chor hervortritt und ihm die quälende Realität seiner Lebensgeschichte Stück um Stück vor das geistige Auge zerrt, reflektiert er erstmals fahrig – unfähig, sich noch sachgerecht zu artikulieren – Politik, Menschheit, Liebe, Verbrechen, Schuld und Sühne und wird zum Verräter seiner selbst, der an der Unio mystica Täter-Opfer zugrunde gehen muss; obwohl er gegen Ende seines Linzaufenthalts, einem fatalen Automatismus gehorchend, immer noch letzte Absolution in Triest zu finden hofft. Fouché, das Synonym für Machtmissbrauch und Korruption bleibt selbst in der Rolle des treu sorgenden Familienvaters Prototyp für die Verworfenheit des lieblosen, ungeliebten Individuums; jahrzehntelang auf der Hut, getrieben vom ständig pulsierenden Zwang, alles über alle wissen zu müssen, um es zur richtigen Zeit zum eigenen Vorteil zusammenzufügen. Schließlich endet er als menschliches Wrack, dessen psychologische Ursachen und Folgen unsere Oper thematisieren will. Die schwer auf ihm lastende Vergangenheit zwängt Fouché nun selbst in die Ausweglosigkeit seiner vormals gegen andere erlassenen Dekrete und nimmt ihm, im Alter schwer lungenkrank, förmlich den Atem. Keiner seiner Freunde, der nicht irgendwann zum Feind geworden wäre, niemand, dem er vertrauen oder mit dem er jemals einen ehrlichen Gedanken hätte teilen können. Napoleon, Robespierre, Joséphine Bonaparte etc. tauchen in seinen Tagträumen wieder auf und peinigen die Erinnerung. Nichts erlangte jemals größere Bedeutung für diesen begnadeten Verbrecher als er selbst, Intrigant, Königsmörder, Mitrailleur de Lyon (Schlächter aus Lyon), Priester, mörderischer Apostat und geheimnisumwitterter Gast der Stadt Linz. Unsere Oper ist ein Psychogramm der Machtbesessenheit am Beispiel dieser ideal dafür geeigneten Persönlichkeit des öffentlichen Lebens; eine Hieronymus Bosch-Parabel über ein Phänomen, das heute noch immer, allerdings weit weniger kühn und geistreich, durch die Flure der Demokratie geistert und mit der Chimäre Political Correctness seinen Veitstanz vollführt. Franz Hummel Mag. Pia Leydolt / Presse Mag. Gernot Kremser / Presse & Öffentlichkeitsarbeit Linz 2009 Brucknerhaus Linz, Untere Donaulände 7, 4020 Linz Tel +43732/2009–37, Fax +43732/2009–43 Tel +43/732/7612-2120, Fax: +43/732/7612-2130 [email protected], www.linz09.at [email protected], www.brucknerhaus.at Pressekonferenz Fouché 12. Dezember 2008 __________________________________________________________ Die Sprache der Potentaten Wir haben ihre operettenhaft pathetische Körpersprache längst durchschaut und mit entsetzter Aufmerksamkeit hineingehört in die verletzte Sprachklangwelt der Hitlers, Göbbels’, Stalins, Pinochets und Mussolinis. Das gutturale Staccato ihrer verwüsteten Seelen hätte sie eigentlich schon verraten müssen, bevor ihnen noch ein Quäntchen Macht zugestanden wurde. Joseph Fouché mag vielleicht unauffälliger, stiller, raffinierter geklungen haben als die von modernen Aufzeichnungstechniken bestens dokumentierten Verbrecher des zwanzigsten Jahrhunderts. Er war ohne Zweifel gebildeter als diese und mit offenbar geschliffenem Feinsinn ausgestattet, doch müssen auch bei ihm verräterische Klang- und Artikulationsspuren auf eine mörderische Gesinnung und emotionale Eiseskälte hingewiesen haben. Hier setzt mein Libretto an, indem es die narrative Ebene bei der Fouché-Figur bewusst außer Acht lässt. Ein herrschsüchtiges Primatenmännchen muss strukturieren, will es seine Macht erhalten. Dies geschieht jedoch nie durch Differenzierung, sondern immer durch Standardisierung und verräterische Ausdünnung der Sprache. Schon die leiseste Nebenbemerkung verwandelt eine verborgene Melodik in einen Befehl; und kaum erzittert darin das leiseste Selbstmitleid, schon werfen sich alle zu Boden und küssen dem Ärmsten die Füße. Die Subalternen sind zwar meistens für solch verborgene Töne nicht musikalisch genug, haben aber merkwürdigerweise einen (verwandtschaftlichen?) sehr feinen Sensus für ihrer Herren Befindlichkeit. Die Ästhetik meines Fouché-Librettos beruht im Wesentlichen auf solchen Beobachtungen. Der alte, ins Linzer Exil verschlagene Massenmörder verliert trotz seiner immer wieder aufflammenden Herrschaftsattitüde, die durchaus der napoleonischen mimetisch entlehnt sein mag, im Laufe der Oper mehr und mehr Syntax, Sprachfluss und Sinnzusammenhang. Alles verwürfelt sich nach und nach zu einem Wortfetzen-Zerfallsprodukt. Die perfekte Verdrängung seiner psychischen Verworfenheit „begnadigt“ ihn am Ende durch den alzheimerartigen Verlust sinnstiftender Artikulation. Fazit: Die Gerechtigkeit ist eine von geschundenen Seelen erfundene Chimäre, welche die Realität uns täglich ins Gesicht spuckt. Fouchés Nachkommen sollen heute noch steinreich sein. Sandra Hummel Mag. Pia Leydolt / Presse Mag. Gernot Kremser / Presse & Öffentlichkeitsarbeit Linz 2009 Brucknerhaus Linz, Untere Donaulände 7, 4020 Linz Tel +43732/2009–37, Fax +43732/2009–43 Tel +43/732/7612-2120, Fax: +43/732/7612-2130 [email protected], www.linz09.at [email protected], www.brucknerhaus.at Pressekonferenz Fouché 12. Dezember 2008 __________________________________________________________ Historische Daten der wichtigsten Opernfiguren Joseph Fouché, duc d’Otrante (Herzog von Otranto) * 21. Mai 1759 in Le Pellerin, nahe Nantes; † 26. Dezember 1820 in Triest; französischer Politiker während der französischen Revolution und Polizeiminister in der Kaiserzeit und der Restauration. Robespierre bezeichnete ihn als „Haupt der Konspiration“. Fouché organisierte ein ausgedehntes Spionagesystem über alle Klassen der Gesellschaft und unterhielt es hauptsächlich mit den Erträgen der Spielpacht, wobei er sich auch selbst bereicherte. Es gelang ihm stets, die Oppositionen gegen seine Feinde, u. a. Robespierre, zusammenzuführen: So erwirkte er am 9. Thermidor (27. Juli 1794) den Sturz und die anschließende Hinrichtung seines erbittertsten Gegners. Offiziell war er an den Ereignissen nie beteiligt – immer zog er aus dem Hintergrund die Fäden der Macht. Vom Verbannungsdekret des 6. Januar 1816 gegen die Königsmörder betroffen, emigrierte Fouché nach Österreich und durfte sich mit Metternichs Duldung zuerst in Prag und dann in Linz niederlassen. Maximilien Robespierre (Maximilien Marie Isidore de Robespierre) * 6. Mai 1758 in Arras; † 28. Juli 1794 in Paris; vom Volk „der Unbestechliche“ genannt, ein französischer Politiker und einer der einflussreichsten Männer während der Französischen Revolution. Nach seiner, durch ein Stipendium finanzierten Schulzeit begann er sein Studium im Fach Jura am Collège Louis le Grand in Paris, wo er zwölf Jahre später sein juristisches Examen ablegte. Kurz darauf publizierte er Flugschriften gegen die Privilegien des Adels und der