AUSGABE 1. 2020

GEBURTS- UND GEDENKTAGE 90. GEBURTSTAG 2021 AUSSERDEM Prokofjew, Denissow, Kantscheli, Geringas, Chatschaturjan u.a. INHALT / CONTENT Liebe Leserinnen, 03 / 22 liebe Leser, Sofia Gubaidulina 90. Geburtstag im Jahr 2021 die russische Komponistin Jelena Firssowa sagte ein- 06 / 24 mal über die von ihr bewunderte Sofia Gubaidulina, Georgische Musik sie sei eine „Schamanin in der Musik”, eine der tief- des 20. Jahrhunderts gründigsten und interessantesten Komponistinnen Kantscheli, Zinzadse, der Gegenwart. Im Jahr 2021 begeht Gubaidulina Nassidse ihren 90. Geburtstag. In diesem Magazin, das Kompo- nistenjubiläen der bervorstehenden Jahre 2021 und 08 / 26 2022 zum Inhalt hat, berichten wir von neuesten Sergej Prokofjew Werken Gubaidulinas und veröffentlichen zudem ein zum 130. Geburtstag dieser Komponistin gewidmetes Exklusiv-Interview 12 mit dem Dirigenten Kent Nagano. 100. Geburtstage von Francisco Tanzer & Stanisław Lem Ein weiteres Jubiläum steht uns mit Sergej Prokof- jews 130. Geburtstag im April 2021 bevor. Wir ver- 14 / 29 binden einen Rückblick auf die spektakuläre Neuin- 10. Todestag von szenierung von Prokofjews Oper „Die Verlobung im Karen Chatschaturjan Kloster” an der Staatsoper Berlin 2019 mit Kurzdar- stellungen ausgewählter Werke. 15 / 29 Edison Denissow Der 25. Todestag des Russen Edison Denissow, aus- 25. Todestag am 24. November 2021 gewählte Gedenktage von Komponisten aus Georgien 18 / 30 und zwei 100. Geburtstage von bedeutenden Text- Jubiläen litauischer dichtern wie Stanisław Lem und Francisco Tanzer Interpreten und Komponisten sind weitere Themen dieser Ausgabe. David Geringas & Bronius Kutavičius Wir wünschen Ihnen eine interessante Lektüre und viele Entdeckungen, 20 / 32 News Winfried Jacobs 19 Geschäftsführer Geburts- und Kennen Sie auch die anderen Gedenktage 2021 Hefte des SIKORSKI Magazins? 21 Vorschau 2022

IMPRESSUM FOTONACHWEISE Titel Sofia Gubaidulina © Priska Ketterer S. 03/22 Sofia Gubaidulina © Quartalsmagazin der S. 05 Kent Nagano © Antoine Saito S. 06 Gija Kantscheli © Priska Ketterer S. 08/26 Sergej Prokofjew © SIKORSKI MUSIKVERLAGE Courtesy of the Serge Prokofiev Foundation (Ausschnitt); S. 09 Sergej Prokofjew „Die Verlobung im Kloster”, erscheint mind. 4x im Jahr Staatsoper Unter den Linden, Berlin © Ruth und Martin Walz S. 12 Francisco Tanzer © Itai Hermelin kostenfrei S. 13 Stanisław Lem © wikipedia S. 14/29 Karen Chatschaturjan © Norbert Unfried S. 15/29 Edison Denissow © Sikorski Archiv S. 16/30 David Geringas © wikipedia S. 17/31 Bronius Kutavičius © wikipedia VERLAG S. 18/32 Dejan Lazić © Susie Knoll; Marko Nikodijevic © Sikorski Archiv; Lera Auerbach © Sikorski Archiv Internationale Musikverlage S. 32 Ferran Cruixent © Gabriel Teschner Hans Sikorski GmbH & Co. KG Johnsallee 23, 20148 Hamburg T +49 40 41 41 00-0 F +49 40 41 41 00-60 HINWEIS Wo möglich haben wir die Inhaber aller Urheberrechte der Fotos/Illustrationen ausfindig gemacht. [email protected] Sollte dies im Einzelfall nicht ausreichend gelungen oder es zu Fehlern gekommen sein, bitten wir die Urheber, www.sikorski.de sich bei uns zu melden, damit wir berechtigten Forderungen umgehend nachkommen können.

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2 SIKORSKI MAGAZIN 01.2020 SOFIA GUBAIDULINA

Sofia Gubaidulina der 90. Geburtstag im Jahr 2021

Als wir Sofia Gubaidulina anlässlich ihres 85. Ge- Eine andere Frage ist: Was würde ich tun, wenn burtstages im Jahr 2016 einmal um einen Rückblick ich die Möglichkeit hätte, meinen Lebensweg fort- auf ihr Leben, ja um eine Art Lebensbilanz auch in zusetzen? Erstens: Ich würde mich erneut mit dem schöpferischer Hinsicht gebeten haben, antwortete strengen polyphonen Stil des 15. und 16. Jahrhun- sie: „Wenn man sein gesamtes vergangenes Leben derts beschäftigen. Zweimal habe ich unter der hinterfragt, drängen sich zahlreiche kritische Beob- Leitung von sehr guten Pädagogen an einem Kurs achtungen auf. Man wird sich einer Fülle von Unzu- der strengen Polyphonie teilgenommen. Jetzt würde länglichkeiten bewusst, die man lieber nicht an sich ich diesen eingeschlagenen Weg fortsetzen, doch sähe. Als meine größte Schwäche betrachte ich diesmal in eigener Initiative (und unter Berücksichti- meine mangelnde Fähigkeit, sinnvoll mit der Zeit um- gung der Erfahrung solch einschlägiger Lehrmeister zugehen. Von daher rührt meine ständige Eile. Allzu wie Diether de la Motte). Und zweitens: Ich würde oft hatte ich nicht genügend Zeit, um meine Kompo- mir zum Ziel setzen, einen Zyklus von Miniaturen zu sitionen auf ein möglichst hohes Niveau zu bringen. komponieren, ähnlich den Inventionen von Johann Was ich in meinem vergangenen Leben ändern würde, Sebastian Bach oder den Mazurken Chopins.“ wenn ich es noch einmal neu beginnen könnte? Die Zeit richtig einzuteilen zwischen meiner Fantasie Nun schreiben wir das Jahr 2020 und blicken bereits und Vorstellung und der Umsetzung meiner Fantasie. auf den 90. Geburtstag der großen Komponistin am Schon viel früher hätte ich mir dieser Aufgabe be- 24. Oktober 2021 voraus. Was ist aus den Plänen wusst sein müssen und mich ihr stellen sollen. Gubaidulinas bis heute geworden, wie haben sich

2 3 SIKORSKI MAGAZIN 01.2020 SIKORSKI MAGAZIN 01.2020 SOFIA GUBAIDULINA

ihre damals formulierten Einstellungen und Betrach- de Gewalt umschlägt: ’Keine Religion dieser Welt tungsweisen verändert? hat das Recht, sich über eine andere Religion zu erheben und Hass gegen sie zu schüren’, sagte sie Darauf zu antworten, fällt nicht leicht. Nur soviel: kürzlich. So kann das große Oratorium ’Über Liebe Die Grundforderungen an sich selbst und an ihr und Hass’, das sie im Vorfeld ihres 85. Geburtstages Werk sind dieselben geblieben wie seinerzeit. Ihren schrieb und das eines der letzten Werke ihres Le- Wunsch, die Zeit richtig einzuteilen zwischen ihrer bens sein soll, als eine Art Vermächtnis angesehen Fantasie und Vorstellung und der Umsetzung ihrer werden, als ihr verzweifelter, letzter Appell an die Fantasie, hat Gubaidulina verwirklicht, was die be- Menschheit, Gottes Geboten zu folgen und endlich eindruckende Fülle neuer Kompositionen in den einen dauerhaften Frieden herzustellen.“ jüngsten Jahren eindrucksvoll belegt. Das Werk und dessen Hintergründe haben die rus- Allein an großen Orchester- und vokalsinfonischen sischen Dokumentarfilmer Stepan Below und Leila Werken sind seit 2016 das Oratorium „Über Liebe Monassypowa angeregt, einen neuen Film über und Hass“ für Sopran, Tenor, Bariton, Bass, zwei Sofia Gubaidulina zu drehen, der zum Geburtstag der gemischte Chöre und Orchester (2015/2016, revidierte Komponistin im Oktober 2021 erstaufgeführt werden Fassung 2018), das Tripelkonzert für Violine, Violon- soll. Er trägt den dem Gubaidulina-Oratorium ent- , Bajan und Orchester (2017), das 3. Violinkonzert liehenen Titel „Über Liebe und Hass“, wird knapp „Dialog: Ich und Du“ (2018) sowie das Orchester- eine Stunde Spieldauer haben und im Gubaidulina- werk „Der Zorn Gottes“ (2019) hinzugekommen. Zentrum in Kasan Premiere haben. Die Filmemacher Für Ensemble entstand das Werk „Einfaches Gebet. empfinden „Über Liebe und Hass“, Gubaidulinas Messa bassa“ für Erzähler, zwei Violoncelli, Kontra- letztes abgeschlossenes großes Werk, als eine Art bass, Klavier und zwei Schlagzeuger nach russi- Credo, als Botschaft der Komponistin in der späten schen Gebeten und Psalmen. Phase ihres Schaffens. Inhaltlich greift der Film weit zurück in die Biographie der Komponistin. Bilder aus Zu dem Vorhaben, an Bachs Inventionen sich orien- der Kindheit sollen zeigen, sagen die Autoren, „wie tierende Miniaturen zu komponieren, ist Gubaidulina Gubaidulina schon früh Liebe und Reinheit erfahren in den letzten fünf Jahren nicht gekommen. Die Ar- hat.“ Im weiteren Verlauf konzentriert sich der Film beit an Auftragswerken, die sie ihrer Arbeitsweise auf die geistlich-spirituellen Werke der Komponistin. entsprechend stets mit viel Zeit entstehen lässt, hat Sofia Gubaidulina selbst führt als Erzählerin durch ihr hier keinen Raum gelassen. den Film, sie ist aber auch in Ausschnitten aus älte- ren, zum Teil wenig bekannten Interviews zu hören Filmdokumentation und zu sehen. Der Betrachter wird Zeuge von Auf- „Über Liebe und Hass“ führungen des Oratoriums „Über Liebe und Hass“ Das Oratorium „Über Liebe und Hass“ (2016/2018) in St. Petersburg unter Valery Gergievs Leitung war ein Auftragswerk der Staatskapelle Dresden, und begleitet die Komponistin bei Spaziergängen in der Stiftung Frauenkirche Dresden, des Philhar- ihrer deutschen Wahlheimat in Appen bei Pinneberg monischen Orchesters Rotterdam und des Gergiev nahe Hamburg. Der Film will überdies abbilden, wie Festivals Rotterdam. Sofia Gubaidulina vertont darin Gubaidulina arbeitet, wie sie sich langsam einem Psalm- und Gebetstexte vornehmlich in deutscher Werkkonzept nähert und die Musik, wie sie selber und russischer, aber auch in italienischer, französi- formuliert, „züchtet“ und entstehen lässt. Die Re- scher und englischer Sprache. Das Werk ist in seinem gisseurin Leila Monassypowa sagt: „Für die ganze musikalischen und textlichen Gehalt die spirituelle Menschheit ist es interessant zu sehen, wie Gubai- Reaktion der Komponistin auf die zunehmende dulina an Partituren herangeht. Dass sie innerlich Friedlosigkeit unserer heutigen Welt. von Feuer und Geist belebt ist und dabei äußerlich so bescheiden auftritt.“ Damit schließt der Film an ein Der Verlagsdirektor der Sikorski Musikverlage, Vorgängerprojekt der Macher an, einen Film mit dem Hans-Ulrich Duffek, beschreibt das Werk mit folgen- Titel „Im Zeichen der Liebe“. Der Titel ist eine An- den Worten: spielung auf das Werk „Im Zeichen des Skorpions“ „Gubaidulina betrachtet ihr irdisches Leben als Pilger- von Sofia Gubaidulina. schaft, in ständigem Konflikt zwischen der realen Welt mit ihren Nöten und Notwendigkeiten und ihrem von Gottesglauben geprägten Seelenleben, das ihr mentale Kraft, Halt und Kreativität verleiht. Ihre Gottesliebe zeigt sich in ihrer Liebe zu den Mitmen- schen, in ihrem Gerechtigkeitsgefühl und ihrer Ab- lehnung von Hass, Krieg und Zerstörung. Sie leidet regelrecht unter der Zerstrittenheit der Religionen dieser Welt, die zunehmend in menschenverachten-

4 SIKORSKI MAGAZIN 01.2020 SOFIA GUBAIDULINA

Musik klingen soll. Der innere rhythmische Bogen in einem Stück entwickelt eine eigene Lebendigkeit der Zeit. Damit gut und sorgfältig umzugehen, ist eine besondere Herausforderung als Interpret von Gubaidulinas Musik.

Folgt Gubaidulinas Musik einem konstruierten Grundprinzip? Ich würde aus meiner Sicht sagen, dass Gubaidu- linas Musik natürlich einem mathematisch-struktu- rierten Aufbau folgt, aber das ist nicht wie bei Brian Ferneyhough, auch nicht so wie bei dem Umgang anderer Komponisten etwa mit den Obertönen wie in der Spektralmusik. Trotzdem orientiert sich Gubaidu- linas Musik immer an Dimensionen und auf jeden Fall an den Formen. Den Formaufbau von Gubaidulinas Stücken finde ich immer sehr differenziert und stark. Und doch ist diese Musik so empfindsam, lebendig und energiegeladen. Die starke Animationskraft von Exklusiv-Interview mit Kent Nagano Gubaidulinas Musik ist aber das Wesentliche, sie anlässlich des 90. Geburtatgs von steht bei weitem über jeder Frage des strukturellen Sofia Gubaidulina Aufbaus. Der Generalmusikdirektor der Hamburgischen Staats- oper, Kent Nagano, ist ein Bewunderer von Sofia Gubaidulina wird in zwei Jahren 90. Gubaidulina. Wir trafen ihn zu einem Gespräch, in Welche Merkmale eines Spätstils erkennen Sie dem er über seine ersten Begegnungen mit Gubai- in ihren jüngsten Werken? dulinas Musik und deren Eigenarten spricht. Ich habe in den letzten Jahren Kontakt zu Frau Gubadulina gesucht und vor zwei Jahren ja auch Sikorski Magazin: Erinnern Sie sich an Ihre erste eine Laudatio ihr zu Ehren gehalten. Als ich hierher Begegnung mit der Musik von Sofia Gubaidulina? nach Hamburg als Generalmusikdirektor kam, habe Kent Nagano: Ich bin auf Sofia Gubaidulinas Musik ich gleich daran gedacht, dass Gubaidulina Ham- vor vielen, vielen Jahren über den Geiger Gidon burgerin ist und dass wir etwas zum Beispiel in der Kremer aufmerksam geworden. Das war in den Elbphilharmonie zusammen machen können. Leider 1980er Jahren. Ich habe einmal das für Gidon Kremer wurde das wegen der Gesundheit von Frau Gubai- entstandene Geigenkonzert „Offertorium“ von Gubai- dulina etwas begrenzt. dulina dirigiert. Von diesem Moment an ist das Inte- resse geweckt worden und bis heute geblieben. Ein Meiner Meinung nach hat auch Gubaidulinas Musik, paar Jahre später habe ich das Violakonzert mit Yuri seit sie hier lebt, Merkmale einer Hamburger Tradi- Bashmet als Solisten aufgeführt. Damals war sie tion angenommen. Wir haben hier eine sehr reiche selbst anwesend, und wir haben zusammen gearbei- und lange Musikgeschichte von Telemann über Bach tet. Das war ein Eindruck, der bis heute nachwirkt. bis hin zu Brahms und Ligeti und natürlich Gubaidulina. Zum 90. Geburtstag von Sofia Gubaidulina werde ich Welche besonderen Herausforderungen, auf jeden Fall ein Werk von ihr dirigieren. ja vielleicht auch Gefahren bergen Orchester- werke Gubaidulinas für Sie als Dirigenten? Bei der Aufzählung der Hamburger Komponisten- Das hat sich im Laufe der Jahre durchaus verändert. größen haben Sie Gubaidulinas russischen Am Anfang bewiesen die Partituren jedenfalls für Zeitgenossen nicht genannt. mich eine neue Art, Musik zu schreiben. Das betraf Gibt es zwischen Schnittke und Gubaidulina vor allem die Notation. Mit Yuri Bashmet zusammen Unterschiede, die Sie beschreiben können? erklärte mir Gubaidulina damals, was die Notationen Das ist schwer zu beschreiben. Es handelt sich ja um zu bedeuten haben. Heute ist diese Art zu notieren zwei sehr unterschiedliche künstlerische Persön- normal und wurde auch von anderen Komponis- lichkeiten. Beide haben meiner Ansicht nach sowohl ten adaptiert. Trotzdem ist für mich im Umgang mit theatralische und dramatische Momente in ihrer Gubaidulina immer das Bedürfnis geblieben, über Musik, aber eben auf sehr unterschiedliche Art und die Relationen der Zeit, die Beziehung von Raum Weise. Das dramatische Moment wird in Schnittkes und Zeit, zu sprechen. Dabei verstehe ich den Raum Musik, selbst einem Violinkonzert, geradezu visuell als universellen Raum und nicht als Raum, in dem transportiert. In Gubaidulinas Musik handelt es sich ein Stück aufgeführt wird. Gubaidulina hat eine mehr um eine innere Dramatik. Man fühlt das, aber sehr persönliche Ästhetik und Auffassung, wie ihre es ist nicht mit den Augen zu sehen.

4 5 SIKORSKI MAGAZIN 01.2020 SIKORSKI MAGAZIN 01.2020 GIJA KANTSCHELI

Georgische Musik des 20. Jahrhunderts

net, 2008 erhielt er den Preis der israelischen Wolf- Stiftung. Der Schwerpunkt seines umfangreichen Schaffens liegt im Orchester- und Kammerorches- terbereich, doch entstanden immer wieder auch be- merkenswerte Chor- und Kammermusikwerke. Viele seiner Kompositionen arbeitete Kantscheli, oft auf Wunsch von Interpreten, für Alternativbesetzungen um. Daneben hinterlässt er auch ein bedeutendes Œuvre im Bereich der Film- und Bühnenmusiken. Der Großteil seines Schaffens liegt auf CD vor, ins- besondere beim Label ECM in exemplarischen und vom Komponisten autorisierten Einspielungen.

Kantschelis Klangwelt besitzt etwas ungemein Na- türliches, ist modern und archaisch zugleich. Seine musikalischen Strukturen richten sich wesentlich nach emotionalen Gesichtspunkten wie Steigerung und Spannung, Erregung und Ruhe. Er arbeitet mit dynamischen Extremen und fordert nicht selten Gija Kantscheli äußerste Langsamkeit. Kantschelis Musik ist atmo- starb am 2. Oktober 2019 sphärisch seiner Heimat Georgien verbunden, ohne dass sie jedoch georgische Folklore zitiert. Nostalgie Wir trauern um unseren langjährigen Freund und und Melancholie sowie Trauer über die politischen Verlagsautor Gija Kantscheli, der am 2. Oktober 2019 Zustände in der damaligen Sowjetunion, über die im Alter von 84 Jahren in seiner Heimatstadt Tbilissi Zerstörungen infolge des georgischen Bürgerkriegs an Herzversagen verstarb. Gija Kantscheli wurde und über jegliche Form von Gewalt und Unfrieden in 1935 in Tbilissi geboren. Er studierte von 1959 bis unserer Zeit prägen sein Schaffen. 1963 am dortigen Konservatorium bei Iona Tuskija. 1971 wurde er musikalischer Leiter des Rustaweli- Wir verneigen uns vor einem großen Komponisten Theaters in Tbilissi. Daneben unterrichtete er bis 1978 und Humanisten, der uns sehr fehlen wird. am Konservatorium. Von 1984 bis 1989 war er Vor- sitzender des Georgischen Komponistenverbandes. Kantschelis letzte Werke Kantscheli übersiedelte im Jahre 1991 nach Berlin, wo er ein Stipendium des DAAD erhielt. 1995 wurde „Nachtgebete“ er in residence der Königlichen Flämi- in einer Fassung für Flöte/Bassflöte, schen Philharmonie in Antwerpen. Seither lebte er Streichorchester und Tonband (1992/2019) freischaffend in Belgien. Janne Thomsen (Flöten) und das dänische Jugend- ensemble brachten unter der Leitung von Morten Eine besondere Freundschaft verband ihn mit Alfred Ryelund am 5. Oktober 2019 das Werk „Nachtgebete“ Schnittke, aber auch mit einer Reihe von Interpre- in einer Fassung für Flöte/Bassflöte, Streichorchester ten wie dem georgischen Dirigenten Dschansug und Tonband von Gija Kantscheli unmittelbar nach Kachidse, der Kantschelis einzige Oper „Musik für dem Tod des Komponisten im dänischen Holstebro die Lebenden“ und die meisten seiner Sinfonien zur zur Uraufführung. Uraufführung brachte, mit Mstislaw Rostropowitsch, für den er u.a. das Cellokonzert „Simi“ schrieb, mit „T.S.D.“ Yuri Bashmet, dem er zwei Bratschenkonzerte wid- für Violoncello und Orchester (2018) mete, sowie mit Gidon Kremer, für den er zahlreiche Kantschelis Cellokonzert trägt den Titel „T.S.D.“ (ge- Violinwerke schrieb und viele seiner Kompositionen meint sind Tonika, Subdominante und Dominante) für Violine einrichtete. Mit Kremer verband ihn auch und gelangte am 11. November 2018 im Rahmen des sein leidenschaftliches Eintreten für Gerechtigkeit Festivals ’VivaCello’ in Moskau zur Uraufführung. und Menschenrechte. Im Jahre 1999 wurde er mit Uraufführungsort war das neue Zaryadye-Konzert- dem russischen Kulturpreis ’Triumph’ ausgezeich- haus, das im September 2018 eröffnet wurde. Den

6 SIKORSKI MAGAZIN 01.2020 SULCHAN ZINZADSE / SULCHAN NASSIDSE

Solopart übernahm der künstlerische Leiter des dieser Studienjahre trat er als Cellist des Staatlichen Festivals, Boris Andrianov. Das Werk wurde von der Georgischen Streichquartetts hervor. Seine ersten, U-art Foundation für das Festival ’VivaCello’ in Auf- auf georgischen Volksliedern beruhenden Komposi- trag gegeben. tionsversuche, die „Drei Miniaturen“ für Streich- quartett, waren deshalb auch diesem Ensemble „Middelheim“ gewidmet. Just mit diesem Werk wurde Zinzadse für Klaviertrio und Streichorchester schlagartig bekannt. Ab 1966 war Zinzadse Dozent (2015/2018) am Konservatorium Tiflis, dessen Leitung er zeitweise Am 21. Juli 2018 kam im italienischen Pietrasanta die auch übernahm. 1973 wurde der Komponist zum Orchesterfassung eines Klaviertrios von Gija Kant- Professor ernannt und nahm leitende Funktionen im scheli mit dem Titel „Middelheim“ zur Uraufführung. georgischen Komponistenverband ein. Zinzadses Es spielte das Georgische Kammerorchester Ingol- Kompositionen stehen im Vergleich zu seinen geor- stadt. „Middelheim“ ist eine orchestrale Erweite- gischen Kollegen vielleicht am stärksten unter dem rung von Kantschelis Klaviertrio, das bisher noch Einfluss von Dmitri Schostakowitsch. Zwei Präludi- nicht zur Uraufführung kam. Die Anregung hierzu enzyklen, die 24 Präludien für Klavier und die 24 Prä- erfolgte durch das Sion Festival, das zusammen ludien für Violoncello und Klavier, sind besonders mit dem Festival von Pietrasanta (Toskana) die Ur- erwähnenswert. Sehr erfolgreich wurden auch die aufführung und die schweizerische Erstaufführung „Grusinischen Weisen" für Violoncello und Klavier, organisierte. Das Werk ist nach dem Antwerpener das Streichquartett Nr. 7 sowie das mit den Initialen Krankenhaus benannt, das Kantscheli mehrfach das Schostakowitschs bezeichnete Streichquartett Nr. 9 Leben rettete, und ist den Ärzten dieses Kranken- „DSCH“. Den größten Erfolg im westlichen Musik- hauses gewidmet. leben hatten jedoch seine „Miniaturen“ für Streich- quartett (oder Streichorchester), die bei Sikorski im „Deda Ena“ Druck erschienen sind. Der Mandolinenvirtuose Avi für Sopran, Kinderchor und Kammerorchester Avital bearbeitete daraus sechs Miniaturen für sein (2017) Instrument und führt diese weltweit auf. Das Werk, das Kantscheli ohne Auftrag schrieb, wurde bereits im Oktober 2017 in Tbilissi uraufge- führt. „Deda Ena” heißt auf Deutsch „Mutterspra- che”. Kantscheli strebt in diesem Werk nach einer 25. Todestag von Art „komplexen Einfachheit”, indem er, ähnlich wie beim Erlernen der Muttersprache, auf einfache mu- sikalische Formeln und Klangprinzipien zurückgreift. Sulchan Nassidse So erklärt sich auch die Verwendung eines Kinder- „Wenn von zehn Komponisten neun eine einander chores, der lediglich Buchstaben, Silben und Flos- ähnliche Musik schreiben (mag es sich dabei sogar keln zu singen hat, die dem georgischen Alphabet noch um gute Musik handeln!), so interessiert mich entnommen sind. „Deda Ena” ist dem Kinderchor mehr die Musik desjenigen, der sich grundlegend der georgischen Stadt Gori und Kantschelis Enkel- von den anderen unterscheidet.” (Sulchan Nassidse) kindern gewidmet. Seit Januar 2002 werden die Werke des 1927 in Tbilissi (Georgien) geborenen Komponisten Sulchan Wie uns die Familie des Komponisten mitteilt, hat Nassidse von den Sikorski Verlagen weltweit ver- Gija Kantscheli in seinen letzten Lebensmonaten treten. Bis 1955 studierte Nassidse am Konservato- noch an einem Requiem und einem Werk für Män- rium von Tbilissi. Seit 1962 war er im Vorstand des nerchor, Männerstimme und Instrumente gearbeitet. Georgischen Komponistenverbandes tätig, unter- Diese Partituren lagen uns bei Redaktionsschluss richtete am Konservatorium seiner Heimatstadt und jedoch noch nicht vor. leitete dort seit 1969 den Fachbereich Musiktheorie und Komposition. 1974 übernahm er die Künstleri- sche Leitung der Georgischen Philharmonie. Sein umfangreiches Schaffen strebt eine Verbindung 30. Todestag von zwischen neueren Gestaltungsmitteln und Elemen- ten nationaler Überlieferung an. Anfangs versuchte Nassidse, sich von den traditionellen Wegen einer Sulchan Zinzadse rein folkloristisch orientierten Musik zu lösen, und Als ausübender Cellist und Komponist war der am 23. gelangte mit neuen instrumentalen Techniken zu August 1923 in Gori geborene Sulchan Zinzadse eine einer ausdrucksstarken Musiksprache. Einer mehr Doppelbegabung. Er starb am 15. September 1991 reflektierenden Phase folgte die Rückbesinnung auf in Tiflis. Bis 1945 studierte er Violoncello am Musik- die heimatliche Folklore, deren weniger bekannte konservatorium in Tbilissi und setzte seine Studien Bereiche er mit Hilfe der inzwischen gewonnenen am Moskauer Konservatorium fort. Schon während Erfahrungen neu erschließt.

6 7 SIKORSKI MAGAZIN 01.2020 SIKORSKI MAGAZIN 01.2020 SERGEJ PROKOFJEW

Sergej Prokofjew zum 130. Geburtstag Sergej Prokofjew ist neben Dmitri Schostakowitsch Trotz seines Bemühens, den offiziellen ästhetischen und Igor Strawinsky einer der bedeutendsten rus- Maximen der Partei zu genügen, fanden seine Werke sischen Komponisten des 20. Jahrhunderts. Er hat nicht immer ungeteilte Zustimmung. 1948 wurde er Werke wie die Ballettmusiken zu „Cinderella“ und neben Schostakowitsch, Achmatowa, Pasternak, „Romeo und Julia“, den Kinderkonzertklassiker Eisenstein u.a. im Rahmen der von Andrej Schda- „Peter und der Wolf“ und zahlreiche Orchester- und now eingeleiteten repressiven Kulturkampagne des Kammermusikwerke geschaffen, die zum Teil zu den „Formalismus“ beschuldigt. meistaufgeführten Werken der russischen Musik weltweit zählen. Eine der wohl am häufigsten ge- Prokofjews Instrumentalwerke fanden rasch Ein- spielten Sinfonien des 20. Jahrhunderts ist Prokof- gang in das Repertoire namhafter Interpreten. Neben jews 5. Sinfonie. Der aus seinem Exil im Westen in seinen Sinfonien begründete die Ballettmusik zum die Sowjetunion zurückgekehrte Komponist schrieb Shakespeare-Drama „Romeo und Julia“ und das sin- das Werk 1944 in einem Gefühl des Triumphes an- fonische Kindermärchen „Peter und der Wolf“ den gesichts des nahenden Sieges Russlands über Nazi- weltweiten Ruhm Prokofjews. Es gelingt ihm, zarteste Deutschland. Vieles erinnert darin an Prokofjews Lyrik und filigrane Melodik mit gewagter Harmonik, Ballettmusiken, vor allem an die parallel entstandene heftigen Dissonanzen und oft bohrender Motorik zu „Cinderella“-Musik. verbinden.

130. Geburtstag am 23. April 2021 Berliner Premiere der Sergej Prokofjew wurde am 23. April 1891 geboren Prokofjew-Oper und studierte von 1904 bis 1914 am St. Petersburger „Die Verlobung im Kloster“ Konservatorium Komposition, Klavier und Dirigieren. Die lyrisch-komische Oper in 4 Akten (9 Bildern) 1918 verließ er seine Heimat. In Paris, wo er sich „Die Verlobung in Kloster” von Sergej Prokofjew 1923 schließlich niederließ, produzierten der be- entstand im Kriegsjahr 1940. Als Sujet diente dem rühmte Impresario Sergej Diaghilew und der Tänzer Komponisten, der zu jener Zeit im Zenit seines und Choreograph Sergej Lifar zwischen 1921 und Ruhms stand, die Komödie „Duenna” von Richard 1932 seine ersten Ballette. 1936 kehrte Prokofjew Sheridan. Prokofjew selbst und seine spätere Ehe- mit seiner Familie endgültig nach Russland zurück. frau Mira Mendelson verfassten das Libretto.

8 SIKORSKI MAGAZIN 01.2020 SERGEJ PROKOFJEW

Am 13. April 2019 hatte das aparte Werk an der erspart. Die Personenregie favorisiert die Andeu- Staatsoper Berlin in russischer Sprache Premiere tung; als einziges werkgerechtes Requisit fungiert und steht noch immer im Spielplan. Regie führte ein Schleier, mit dessen Hilfe die Darstellerinnen Dmitri Tcherniakov, die musikalische Leitung hat ihre Identität wechseln. (zitiert nach: Sybill Mahlke, in: kein Geringerer als Daniel Barenboim. Der Tagesspiegel, 14.04.2019)

Erzählt wird in diesem Stück von dem reichen, alten „(...) Dass Prokofjew hier eine Verwechslungs- Fischhändler Mendoza, der mit Don Jeronimo nicht komödie des 18. Jahrhunderts vertonte, wie sie nur ein großes Geschäft abschließen, sondern auch vom Handlungsmuster her wohlbekannt ist, nimmt dessen hübsche Tochter Luisa heiraten möchte. Luisa Tscherniakow zum Anlass, die äußeren Umstände aber liebt den jungen, armen Don Antonio, ihr Bruder dieser Handlung gleich ganz zu ignorieren. Der iri- Ferdinand die schöne Clara. Luisas Amme Duenna sche Dramatiker Richard Brinsley Sheridan, dessen hat selbst ein Auge auf den Fischhändler geworfen Komödie „The Duenna“ (Die Amme) dem Libretto und ersinnt deshalb eine List, um Mendozas und Don zugrunde liegt, siedelte sein Stück im Sevilla der Jeronimos Pläne zu vereiteln ... damaligen Zeit an. Davon bleibt hier nichts übrig. Tscherniakow inszeniert stattdessen eine Oper über Pressestimmen die Oper im Allgemeinen und das, was sie mit den Menschen macht.” (zitiert nach: Clemens Haustein, in: „Prokofjews Oper ’Die Verlobung im Kloster’ ist Die deutsche Bühne, 14.04.2019) eine Komödie, wie sie im Buche steht (...) Meistens hört man ein Parlando wie in einer Sprechkomödie. Bemerkungen Prokofjew zeigt dort seine Meisterschaft des feinen zu ausgewählten Werken von Instrumentierens und musikalischen Kommentierens; Sergej Prokofjew mal ein kleiner Trommelschlag, ein kurzes Hin und Her der Klarinetten, gefolgt von nervösem Flackern Sonate für Violoncello und Klavier op. 119 der Holzbläser, unter das sich die Trompete mischt. Fünf Jahre vor seinem Tod hatte auch ihn, den Kom- (...) Der Regisseur Dmitri Tcherniakov stimuliert – promissbereiten und Rückkehrer aus dem Exil, die ähnlich wie Barenboim die Zuhörer – die Phantasie harte parteiamtliche Rüge Shdanows ereilt, die viele der Zuschauer (...)” (zitiert nach WDR3/musik/opern- seiner in der Sowjetunion verbliebenen Künstler- blog, 14.04.2019) kollegen teilweise noch härter getroffen hatte. Die Violoncellosonate op. 119 ist ganz unter dem Ein- „(...) Anders als sonst gibt es keine Übertitel. Der ge- druck von Schdanows Kritik entstanden. Bezeichnend samte Text erscheint vielmehr in weißer Farbe auf ist folgende, unmittelbar nach Abschluss der Arbeiten der Rückwand der Bühne, quasi mitten im Spiel, was an diesem Werk verfasste Selbstkritik Prokofjews aus einem den Blickwechsel zwischen oben und unten dem Jahr 1949, die mit der sonderbar rückgewand-

Sergej Prokofjew „Die Verlobung im Kloster”, Staatsoper Unter den Linden, Berlin

8 9 SIKORSKI MAGAZIN 01.2020 SIKORSKI MAGAZIN 01.2020 SERGEJ PROKOFJEW

ten Ästhetik dieses Werkes in Beziehung zu setzen 19. Jahrhunderts. Abgesehen von dem für Prokof- ist: „Ich bin überzeugt, dass der Komponist, ebenso jews Musiktheaterwerke ungewöhnlichen Umfang wie der Dichter, Bildhauer und Maler, dazu berufen ist die stilistische Konzeption der Oper eine konse- ist, der Menschheit und dem Volke zu dienen. Es soll quente Fortsetzung seiner Opernerfolge „Die Liebe das Leben verschönern und verteidigen. Er ist vor zu den drei Orangen“, „Der feurige Engel“ und „Die allem dazu verpflichtet, ein Bürger in seiner Kunst Verlobung im Kloster“. Er verwendet Leit- und Erin- zu sein, das menschliche Leben zu besingen und die nerungsmotive, verzichtet überwiegend auf traditio- Menschheit einer glücklichen Zukunft entgegenzu- nelle Arien- oder Duett-Partien und reiht viele kurze führen. Das ist von meinem Gesichtspunkt aus der Handlungsabschnitte wie Filmszenen aneinander. unverrückbare Kodex der Kunst.“ Dem wie immer bei Prokofjew blendend instrumen- tierten Orchesterpart kommt im Gesamtkonzept des Spricht hier bereits ein altersweiser Komponist? Werkes eine zentrale Rolle zu. Atmosphärisch berei- Wollte Prokofjew seinen Beitrag zur Erneuerung der tet das Orchester bestimmte Szenen vor, leitet mit musikalischen Sprache und Formenvielfalt wirklich teilweise langen Zwischenspielen zum Nachfolgen- unter derart platten Begriffen verstanden wissen? den über und übernimmt auch illustrative Aufgaben Zweifel sind angebracht, obwohl die vorherrschen- bei den Schlachtenschilderungen. Viele melodische den zarten Pastelltöne und der klare dreisätzige Auf- Motive des Werkes prägen sich auf Anhieb ein. bau des Werkes, der sich ganz an klassischen For- men zu orientieren scheint, eine Art Zugeständnis an Die großen Ballettmusiken die Forderungen des Komponistenverbandes belegen Sergej Prokofjew begann die Arbeit an seiner zweiten könnten. Wie in anderen Spätwerken, allen voran großen Ballettmusik, „Cinderella“, im Sommer 1941, dem Sinfonischen Konzert und dem Concertino für als er sich mit seiner Frau in Kratowo bei Moskau auf Violoncello und Orchester, findet Prokofjew zu einem dem Lande aufhielt. „Als ich am Schreibtisch saß“, melodischen Reichtum und einer Klangpoesie, die der berichtete er, „kam die Frau des Wächters und fragte Romantik zwar tief verpflichtet, dennoch aber ein- verstört, ob uns wirklich ’der Deutsche überfallen zig-artig und typisch für seine individuelle lyrische hätte’ und schon, wie es heiße, Bomben auf unsere Sprache ist. Der zweite, „Moderato“ überschriebene Städte fielen. Bestürzt begaben wir uns zu Sergej Satz ist ein geistreich verwobenes Scherzo, während Eisenstein (...) Ja, das Gerücht bewahrheitete sich.“ Prokofjew in den Ecksätzen Themenverwandtschaf- Prokofjew brach die Arbeit ab und übersiedelte ten schafft, die an Schumann und Brahms anknüpfen. noch im Herbst des Jahres ins georgische Tbilissi. Das kantable Hauptthema des ersten Satzes nämlich Fortan beschäftigte ihn Filmmusik, unter anderem wird im dritten Satz wieder aufgegriffen. „Iwan der Schreckliche“, und die Arbeit an seinem gigantischen Opernwerk „Krieg und Frieden“. Erst An der Entstehung der Violoncellosonate op. 119 wie im Jahre 1944 sollte das Ballett „Cinderella“, zu dem auch an vielen anderen Werken für dieses Instru- Alexander Wolkow das Libretto verfasst hatte, fertig ment hatte der Cellist Mstislaw Rostropowitsch gestellt werden. Bei der Uraufführung wurde die maßgeblich Anteil. Rostropowitsch war seinerzeit Hauptrolle von Galina Ulanowa getanzt, der ersten selbst zum Landsitz des Komponisten gereist, um das „Julia“-Darstellerin und Primaballerina des Lenin- Werk mit Prokofjew durchzugehen und Änderungen grader Kirow-Theaters, das nach dem immensen einzufügen. Svjatoslaw Richter und Rostropowitsch Erfolg des Ballettes „Romeo und Julia“ den Auftrag waren dann auch die Uraufführungsinterpreten im für das neue Märchenballett gegeben hatte. „Das Jahr 1950, beide spielten die Sonate später bei einem Verständnis“, so erinnert sich Ulanowa, „das Pro- Gedenkkonzert am Moskauer Konservatorium kurz kofjew gefunden hatte, die ’Gewöhnung’ an seine nach Prokofjews Tod. Musik, offenbarten sich beim Einstudieren des ’Aschenbrödel’ schon darin, dass uns jetzt vieles auf Oper „Krieg und Frieden“ den ersten Blick gefiel, vieles von Anfang an klar war „Prokofjew wollte keine Schlachtentableaux“, kom- oder wenigstens unendlich viel schneller klar wurde mentierte einmal der Regisseur der Kölner Inszenie- als bei der Einstudierung von ’Romeo und Julia’. Und rung von Sergej Prokofjews Oper „Krieg und Frie- dennoch ist ’Aschenbrödel’ nicht etwa unbedeutend den“, Nicolas Brieger, „keine Massenszenen, keine im Vergleich zu dem Shakespeare-Ballett, was zu Kriegsschauplätze, er plante ursprünglich ein sehr sagen ungerecht wäre. Aber unbestreitbar stehen intimes Drama, ’lyrische Szenen’ im Geiste Tschai- beide Werke zueinander im gleichen ’Kräfteverhält- kowskys.“ Herausgekommen ist ein opulentes Werk, nis’ wie die unsterbliche Tragödie Shakespeares zu das – ungekürzt – zwei Aufführungsabende füllt und dem ebenso unsterblichen, aber alles in allem doch eine große Besetzung erfordert. Das Roman-Epos kindlichen Märchen.“ „Krieg und Frieden“ von Leo Tolstoi hatte Prokofjew stets als eines seiner Lieblingsbücher bezeichnet. Prokofjew wäre ein solches Gegeneinanderabwägen Der Roman spielt in der Zeit der napoleonischen seiner Ballettmusiken nie in den Sinn gekommen. Kriege im zaristischen Russland zu Beginn des Was er in „Cinderella“ recht eigentlich in Musik setz-

10 SIKORSKI MAGAZIN 01.2020 SERGEJ PROKOFJEW

ten wollte, stand dem Sujet der berühmtesten Liebes- niemand traurig sein, dass das einzige Opfer des ge- geschichte aller Zeiten sogar näher, als Ulanowa fräßigen Wolfes, die kleine Ente, vom Untier einfach vermutet. Ihm ging es weniger um die handlungs- verschluckt wird. Alles hat auch eine positive Sei- befördernden Eckpunkte der Erzählung oder um die te, denkt die Ente. „Endlich“, sagt sie sich nämlich, Zeichnung grotesker Figuren wie der Stiefmutter oder „kann ich mal ungestört verreisen.“ Carsten Gerlitz der bösen Schwestern, sondern um die romantische hat die kongeniale Textfassung von Loriot auch zur Liebe Aschenbrödels und des Prinzen, ihr Aufkeimen Grundlage einer Bearbeitung für gemischten Chor a und ihre Entfaltung, die Hindernisse in ihrem Verlauf cappella gemacht. und ihre Erfüllung. Seine Aschenbrödel-Musik ist da- rum viel weniger illustrierend, als ungemein lyrisch Sinfonisches Konzert geraten. Welche Bedeutung er selbst der Cinderella- für Violoncello und Orchester e-moll op. 125 Musik zumaß, beweisen nicht zuletzt die drei Zyklen Das Sinfonische Konzert für Violoncello und Orches- von Klavierstücken, die er unmittelbar nach Fertig- ter e-moll op. 125 sei erfüllt von jugendlichem Elan, stellung des Ballettes niederschrieb, sowie die drei schrieb Paul Henry Lang anlässlich der Moskauer Orchestersuiten op. 107 bis 109, die noch während Uraufführung am 18. Februar 1952 im “New York der Arbeit an der sechsten Sinfonie entstanden und Herald Tribune”. Die Bemerkung, so allgemein sie zweifellos an den Erfolg der drei Suiten zu „Romeo auch sein mag, ist dennoch treffend und steht mit der und Julia“ anknüpfen sollten. Werkgeschichte unmittelbar in Zusammenhang. Ge- wiss vereint das Werk nicht die typischen Merkmale Peter und der Wolf eines Spätwerkes in sich, wie man sie zum Beispiel Man muss diese Geschichte in ihrem Ablauf kaum auf das sperrige Streichquartett cis-moll op. 131 von verändern, und doch kann sie immer wieder anders Beethoven oder die depressive Violasonate op. 147 klingen, anders ausschauen und andere Assoziatio- von Schostakowitsch zu beziehen gewohnt ist. Keine nen freisetzen. „Peter und der Wolf“ handelt vom Spur von Melancholie oder Todesahnung, keine Ten- Sieg über eine scheinbar stärkere Macht, der man denzen zur Reduktion kompositorischer Parameter durch Klugheit Herr wird. Sie handelt aber auch von beherrschen dieses Werk. Im Gegenteil. Die Musik Gewalt. Vom Tod von Peters Freundin, der Ente, und vermittelt eher einen kaleidoskopartigen Eindruck, der Gefangennahme des Bösewichts. so als ob Prokofjew sein eigenes Werkverzeich- nis wie im Daumenkino Revue passieren lässt. Der Kaum ein anderes Stück der Musik für Kinder wur- Komponist zitiert sich selbst und spielt mit den aus de häufiger aufgeführt und von unterschiedlichen älteren Werken gewonnenen Versatzstücken im Stile Medien – darunter auch dem Film – adaptiert als einer groß angelegten Variation. Sprunghaftigkeit Prokofjews Klassiker. Als „sinfonisches Märchen“ und Lebendigkeit, sprühende melodische Einfälle konzipiert, werden den erzählerischen Passagen und der offene Umgang mit traditionellen Formen eingängige und bildhafte musikalische Passagen lassen an die Werke der 30er Jahre denken. Zuwei- gegenübergestellt, die einen hohen Wiedererken- len fühlt man sich an die schmachtende Melodik der nungswert für die jungen Hörer haben. Peter erhält Ballettmusik zu „Romeo und Julia“ erinnert, dann das ohrwurmartige Streichermotiv, das Vöglein zwit- wieder treten die grotesken, „windschiefen“ Modu- schert in höchsten Flötenkaskaden und der Großva- lationen oder aber die schrägen Marschfiguren auf, ter trottet mit gemütlichen Fagottmotiven durch den die das Genre stets zu persiflieren scheinen. Garten seines Hauses, in dem das Abenteuer der Wolfsjagd seinen Ausgang nimmt. Warum unterstreicht Prokofjew die sinfonische Anla- ge seines Konzertes aber zusätzlich noch so pointiert Loriots „Peter und der Wolf“ im Titel? Warum wurde das Konzert viele Jahre lang und der 10. Todestag des Humoristen sogar als „Sinfonia concertante“ bezeichnet und da- Im gleichen Jahr, in dem wir des 130. Geburtstags von mit in die unmittelbare Nähe zu neoklassizistischen Sergej Prokofjew gedenken, steht am 22. August 2021 Werken gestellt? Vielleicht geschah dies, um das auch der zehnte Todestag des unvergessenen Humo- Stück von einer klassischen Konzertform abzusetzen risten, Cartoonisten und Schauspielers Loriot (Vicco und ihm somit eine neue „Identität“ zu verleihen. Ohne von Bülow) bevor. Mit Sergej Prokofjew verbindet Frage ist das Konzert sinfonisch angelegt, der Solo- Loriot eine Textneufassung von „Peter und der Wolf“. part oft, aber nicht vornehmlich in den vielfarbigen Orchesterklang integriert. Prokofjew bewegt sich Loriots Texte sind stets brillant, treffend und vieldeu- klar in der Tradition spätromantischer Konzerte, bei tig, so wie wir es aus seinen legendären Sketchen denen das emanzipierte Orchester das Geschehen kennen. Das Stück „Peter und der Wolf“, das übli- bestimmt. Und doch hat er ein Virtuosen-Konzert cherweise in Prokofjews eigener Textfassung auf- geschaffen, dreisätzig angelegt, wobei die übliche geführt wird, erzählt Loriot hier in einer zeitgemäßen großformale Anlage quasi umgekrempelt wird: zwei Sprache, die den Kindern vertrauter sein mag. Viele langsame Ecksätze schließen einen umfangreichen, neue Ideen sind in seiner Version versteckt. So muss scherzohaften zweiten Satz ein.

10 11 SIKORSKI MAGAZIN 01.2020 SIKORSKI MAGAZIN 01.2020 FRANCISCO TANZER / STANISŁAW LEM

100. Geburtstage von Francisco Tanzer und Stanisław Lem Es ist schon ungewöhnlich, dass zwei Textautoren, die Komponisten unseres Hauses zu bemerkenswerten Werken angeregt haben, an ein und demselbem Tag geboren wurden.

Francisco Tanzer

Francisco Tanzer wurde am 12. September 1921 in zahlreiche internationale renommierte Komponisten Wien geboren. 1938 emigrierte er über die Tschecho- zu Vertonungen an, darunter Edison Denissow slowakei nach Paris, später nach Portugal, New York („Requiem“, „Blätter“, „Wishing well“), Sofia Gubai- und Kalifornien. Er gehörte von 1942 bis 1947 der US dulina („Perception“, „Stimmen ... verstummen ...“, Army an, zuletzt als Press Control Officer der ameri- „Garten von Freuden und Traurigkeiten“) und Alfred kanischen Truppen in Deutschland. Von 1947 bis 1954 Schnittke („Drei Madrigale“). Tanzer starb am 25. lebte und studierte er (u.a. Germanistik) in New York, Oktober 2003 in seiner Wahlheimat Düsseldorf. Das danach ließ er sich in Deutschland nieder. Zu seinen österreichische Bundeskanzleramt verlieh dem wichtigsten Arbeiten zählen die Novellen „Das Ehe- Dichter ehrenhalber den Professorentitel. Tanzers paar“ und „Agnus Dei“ sowie das Buch „Stimmen“. literarischer Nachlass befindet sich in der Österrei- Einzelne Gedichte aus dem Band „Stimmen“ regten chischen Nationalbibliothek.

12 SIKORSKI MAGAZIN 01.2020 FRANCISCO TANZER / STANISŁAW LEM

Stanisław Lem

Am 12. September 2021 gedenken wir auch des 100. seiner Erzählungen für ein Opernsujet aus. Meyers Geburtstages von Stanisław Lem. Lem war der wohl Oper in drei Akten nach Erzählungen von Stanisław bedeutendste Philosoph, Essayist, Schriftsteller und Lem mit dem Titel „Kyberiade“ erlebte am 11. Mai Spezialist für hintergründige Science-fiction-Litera- 1986 in Wuppertal ihre Uraufführung. tur in Polen. Seine Werke, die allein in 57 Sprachen übersetzt wurden, haben ganze Generationen be- Hier der Inhalt: In einem von Androiden belebten geistert. Dabei sind Lems Bücher alles andere als kybernetischen Zeitalter erfindet der Konstrukteur leicht zu übersetzen, denn seine Sprache ist unge- Trull für die schwermütige Königin Genia drei ge- mein komplex und erfindungsreich. Vergleichbar schichtenerzählende Maschinen, deren Märchen Jules Verne, der Visionen mancher technischen sie zerstreuen und erheitern sollen. Die erste han- Errungenschaften bereits vor ihrer Realisierung delt davon, wie Trull dem König der Vielzuvielen vorausdachte und in seinen Romanen verarbeite- einen perfekten Supercomputer baut, mit dessen te, beschäftigte sich auch Stanisław Lem bereits in Hilfe er jedoch selbst ausgeschaltet werden soll. den sechziger Jahren mit naturwissenschaftlichen Durch einen raffinierten Trick gelingt es Trull jedoch, Themen wie Nanotechnologie und der Vernetzung den Plan des Königs zu vereiteln. In der zweiten Ge- der Welt. Auch das Thema der Kontaktaufnahme mit schichte lässt sich König Voluptatus vom Ingenieur Außerirdischen war ein Lieblingssujet des Autors. Listig drei riesige erotische Traumschränke konstru- Einer seiner bekanntesten Romane war „Solaris“. ieren, die er begeistert erprobt. Völlig traumsüchtig Lem, der aus einer polnisch-jüdischen Familie verliert er die Fähigkeit, in die Wirklichkeit zurück- stammte, studierte während der deutschen Besat- zufinden. In der Geschichte der dritten Maschine zung in Polen Medizin und konnte den Holocaust mit gerät Automatthias als Schiffbrüchiger in höchste gefälschten Papieren überleben. Sein internatio- Lebensgefahr, aus der selbst sein winziger Computer naler Ruhm nahm mit der Veröffentlichung seines „Im Ohr“ keinen Ausweg weiß. Nach seiner un- ersten Romans „Der Planet des Todes“ im Jahr 1951 erwarteten Rettung wird er für den Rest seines seinen Ausgang. Viele seiner Sujets wurden auch Daseins zum erbitterten Technikfeind. Am Ende der verfilmt. ironisch-utopistischen Reflexion über das irdische Dasein steht die Einsicht, dass nicht Geld, Fort- Stanisław Lems Landsmann, der polnische Komponist schritt und Perfektion, sondern allein Weisheit und Krzysztof Meyer, wählte verschiedene Passagen Wahrheit die Welt retten können.

12 13 SIKORSKI MAGAZIN 01.2020 SIKORSKI MAGAZIN 01.2020 KAREN CHATSCHATURJAN

10. Todestag von Karen Chatschaturjan

Tatsächlich ist der 1920 in Moskau geborene arme- mitreißende, überaus unterhaltsame Werk ist unbe- nische Komponist Karen Chatschaturjan mit dem dingt eine Empfehlung. Ein weiteres wirkungsvolles großen und ihn an internationaler Bekanntheit weit Werk von Karen Chatschaturjan ist die sinfonische überragenden Aram Chatschaturjan verwandt: Er ist Suite „Im Zirkus“ aus dem Jahr 1968 sowie die Intro- dessen Neffe. Am 19. September 2020 gedenken wir duktion und Fuge für Orgel. Ein beliebtes Kammer- seines 100. Geburtstags, am 19. Juli 2021 steht sein musikwerk ist zudem die Sonate für Violoncello 10. Todestag bevor. Karen Chatschaturjan stammte und Klavier von 1966. Karen Chatschaturjan schrieb aus einer künstlerisch engagierten Familie. Seine zudem etliche Filmmusiken vor allem zu Trickfilmen Mutter war eine Schauspielerin, sein Vater Produ- des sowjetischen Filmstudios Sojusmultfilm. zent eines Moskauer Theaterstudios. Nach anfäng- lichen Kompositionsstudien bei Heinrich Litinski Märchenballett studierte Karen Chatschaturjan ab 1945 am Mos- „Cipollino“ kauer Konservatorium und wurde von Wissarion Das Märchenballett „Cipollino“ beruht auf einem Schebalin, Dmitri Schostakowitsch und Nikolai italienischen Kinderbuch aus den fünfzigern Jah- Mjaskowski (dessen Kompositionsklasse er an- ren von Gianni Rodari. Die 1973 komponierte Bal- gehörte) gefördert. 1949 beendete er sein Studium lett-musik von Karen Chatschaturjan wurde am 27. und wurde 1952 – neben seiner kompositorischen März 2008 am Opernhaus Köln in deutscher Erstauf- Tätigkeit – Hochschullehrer. Aus seinem knappen führung vertanzt. Es spielte bei dieser Produktion Œuvre wird ersichtlich, dass er vor allem Anregun- das Orchester der Litauischen Staatsoper Vilnius. gen von Paul Hindemith, Igor Strawinsky und Dmitri Schüler des Ballettstudios Hilger-Lee tanzten, für Schostakowitsch aufgriff. Zu Karen Chatschaturjans die Choreographie zeichnete Arila Siegert verant- bekanntesten Werken zählt neben zwei Sinfonien, wortlich. Die Figuren des Stücks sind als Früchte Orgelwerken und Streicherkammermusik das Ballett und Gemüse verkleidete Personen wie etwa Prinz „Cipollino“ („Zwiebelchen“), das in einer Choreo- Zitrone oder Signore Tomato. Die beiden Letztge- graphie von Arila Siegert im März 2008 an der Kölner nannten unterdrücken ihr Volk und werden am Ende Oper zur deutschen Erstaufführung gelangte. Das doch in ihre Schranken verwiesen.

14 SIKORSKI MAGAZIN 01.2020 EDISON DENISSOW

Edison Denissow 25. Todestag am 24. November 2021

Denissow wurde anfangs von Dmitri Schostako- witsch gefördert, sein eigenes Schaffen grenzte sich aber später immer mehr von dessen Einfluss ab, während er sich zunehmend westlichen Vor- bildern der Gegenwartsmusik (vornehmlich aus dem französischen Raum) zuwandte. Denissows umfangreiches Werk ist geprägt von freier Dode- kaphonie und mikrostrukturellen Verfahren, womit er einen großen Reichtum an atmosphärischen Klangfarben erzielt. Denissow ist der Schöpfer zahlreicher Kammermusik-, Vokal-, Bühnen- und Orchesterwerke wie etwa „Requiem“, „La vie en rouge“ oder der Oper „L’écume des jours“ nach Boris Vian. In „La vie en rouge“ für Singstimme und Kammerensemble nach politischen Texten von Boris Vian gelingt es Denissow einzigartig, die Musikalität der Sprache Vians im Rahmen eines Liedzyklus umzusetzen.

„L’écume des jours“ „Der Schaum der Tage“ Die Oper „L’écume des jours“ / „Der Schaum der Tage“ aus dem Jahr 1981 ist ein zentrales Werk in Edison Denissows Schaffen. Das lyrische Drama in 3 Akten und 14 Bildern nach einem Sujet von Boris Vian, das auch in einer deutschen Übersetzung von Jürgen Köchel vorliegt, wurde am 15. März 1986 in Paris uraufgeführt. Der Komponist Edison Denissow gilt unter den russi- schen Komponisten der Nach-Schostakowitsch-Ära Die Handlung spielt in einer surrealistisch gestal- wie Sofia Gubaidulina, Galina Ustwolskaja und Alfred teten, gleichzeitig beglückenden und grauenhaften Schnittke als der große Klangpoet, als Meister des Zukunftswelt. Colin und Chloé, zwei wahre „Kinder differenzierten Kolorits und der feinsten Konturen. des Glücks“, lernen sich in einem Kreis junger Der am 6. April 1929 geborene Komponist zählt zu Phantasten kennen und lieben. Sie heiraten und den bedeutendsten Komponisten der russischen leben unbeschwert in den Tag. Doch dieses Glück Moderne. Zunächst begann er ein Mathematik- währt nicht lange. Als Chloé von einer rätselhaften studium, bevor er am Konservatorium in Tomsk bei Krankheit befallen wird, beansprucht die ärztliche Wissarion Schebalin und Nikolai Pejko Komposition Behandlung die letzten finanziellen Reserven. Der studierte. Zerfall der heilen Welt ist ebenso unaufhaltsam wie Chloés Siechtum. Sie stirbt und läßt Colin in der Von 1968 bis 1970 arbeitete Denissow im Experimen- bitteren Erkenntnis zurück, daß Glück, Liebe und talstudio für elektronische Musik in Moskau. Er gab Leben den Händen wie Sand entrinnen. private Unterrichtsstunden in Komposition (seine bedeutendsten Schüler waren Jelena Firssowa und Werkverzeichnis Dmitri Smirnow) und lehrte am Moskauer Konser- Edison Denissows bei Sikorski vatorium Instrumentation und Partiturspiel, da man ihm aufgrund seiner avantgardistischen Tendenzen Das im Jahr 2016 erschienene Werkverzeichnis keine Kompositionsklasse anvertrauen wollte. Nach Edison Denissows ist bis heute vollständig und aktuell. dem Zusammenbruch der Sowjetunion war Denis- Im Vorwort zu diesem Verzeichnis schreibt Ekaterina sow eine Zeitlang Sekretär des russischen Kompo- Kouprovskaia: „Denissows stilistische Entwicklung nistenverbandes und Mitbegründer des Moskauer weist eine große Stetigkeit auf, ohne Unterbrechun- Ensembles für Neue Musik. gen oder Umwege, immer jedoch evolutionär.“

14 15 SIKORSKI MAGAZIN 01.2020 SIKORSKI MAGAZIN 01.2020

Jubiläen litauischer Interpreten und Komponisten

David Geringas

Der am 29. Juli 1946 im litauischen Vilnius gebore- Auch als Dirigent ist David Geringas international ne Cellist und Dirigent David Geringas ist Schüler unterwegs. Zum Beispiel als Chief Guest Conductor von Mstislaw Rostropowitsch. Von 1963 bis 1973 des Kyushu Orchestra Japan oder des studierte er bei ihm am Moskauer Konservatorium. Tokyo Philharmonic Orchestra, des China Philhar- 1976 wurde Geringas 1. Solocellist im NDR Sinfonie- monic Orchestra und der Moskauer Philharmoniker. orchester, was ihn nicht davon abhielt, als Solist zu konzertieren und u.a. mit den Berliner Philharmo- Von 1977 bis 1986 unterrichtete David Geringas an nikern, allen deutschen Rundfunkorchestern, den der Hochschule für Musik und Theater Hamburg. Als Bamberger Symphonikern, dem London Philharmo- Professor für Violoncello wurde er 1980 zudem an nic Orchestra, dem Chicago Symphony Orchestra, die Musikhochschule Lübeck berufen. Später unter- dem Detroit Symphony Orchestra, dem Philadelphia richtete er außerdem an der Hochschule für Musik Orchestra und dem NHK-Sinfonieorchester Tokio „Hanns Eisler“ Berlin. aufzutreten. David Geringas, Uraufführungs- und Widmungsin- Die zeitgenössische Musik spielt in Geringas’ Reper- terpret von Sofia Gubaidulinas Cellokonzert „Und: toire eine herausragende Rolle. Namhafte Komponis- Das Fest ist in vollem Gang“, hat das Werk im ten wie Sofia Gubaidulina oder Peteris Vasks haben Februar 2004 uraufgeführt und in der Zwischenzeit ihm Konzerte gewidmet. Mit dem 1998 in Hamburg in 17 Ländern und 32 Städten präsentiert und auf CD gestorbenen Alfred Schnittke war er eng befreundet. eingespielt.

16 SIKORSKI MAGAZIN 01.2020 LUDWIG VAN BEETHOVEN

David Geringas sind hier in einem Satz zusammengefasst. Virtuosität brachte eine Cellosonate von im Sinne des Effekts tritt zurück zugunsten gedank- Jüri Reinvere auf Usedom licher Arbeit und emotionaler Spannung. Trotzdem zur Uraufführung sollen sich beide Instrumente, Violoncello und Kla- vier, in ihrer Wirkung gegenseitig steigern, statt sich David Geringas, der am 29. Juli 2021 sein 75. Lebens- zu erdrücken oder zur Zurückhaltung zu zwingen. jahr vollendet, hat viele Komponisten zu neuen Gewidmet ist die Sonate David Geringas, der mich Werken angeregt. Zuletzt auch unseren neuen Autor nicht nur durch sein Können beeindruckt hat, son- Jüri Reinvere. dern auch darin, wie er, als Litauer Kulturpatriotis- mus und kosmopolitisches Denken verbindet.“ Der estnische Komponist Jüri Reinvere, der am 2. Dezember 2021 übrigens seinen 50. Geburtstag be- geht, hatte Kontakt zu David Geringas und dessen Frau Tatjana aufgenommen. Er schrieb eine Sonate für Violoncello und Klavier, die am 22. September 2019 im Rahmen des Usedomer Musikfestivals im Schloss Stolpe auf Usedom von David Geringas und seinem Klavierbegleiter Ian Fountain zur Urauffüh- rung gebracht wurde.

Der Komponist berichtet, wie seine Cellosonate ent- stand: „Vor einigen Jahren traf ich David Geringas zum ersten Mal. Wir saßen in einem Berliner Pro- grammkino und sahen einen Dokumentarfilm über Davids Lehrer Mstislaw Rostropowitsch. Bald dar- auf hörte ich David Geringas jährlich bei den Kon- zerten des Usedomer Musikfestivals, wo er das große Repertoire für Violoncello und Klavier von Beethoven bis Prokofjew spielte und immer wieder weit in unsere Gegenwart vorstieß. Nach einem seiner Konzerte mit Sonaten von Beethoven hat- te ich plötzlich ganz klare Vorstellungen, wie eine Sonate von mir aussehen konnte. War also zum einen das Spiel von David Geringas eine starke Inspiration für mich, so war es zum anderen ein Buch von Christiane Wiesenfeldt über die Cello- sonate des 19. Jahrhunderts. Ich habe mich dar- aufhin intensiv mit diesem gewichtigen Repertoire 90. Geburtstag des befasst: mit Mendelssohn und Brahms, den großen litauischen Komponisten Sonaten von Chopin und Rachmaninow, die von den Möglichkeiten des so fasziniert waren, Bronius Kutavičius dass sie ihre sonstige Zurückhaltung gegenüber der Kammermusik völlig vergaßen. Der litauische Komponist Bronius Kutavičius wird seinen 90. Geburtstag am 13. September 2022 be- Ich stellte mir die Frage: Was ist das eigentlich ge- gehen. wesen – die große romantische Cellosonate? Worin lag ihre Faszination? Was ist daran bis heute lebens- 1932 in Molainiai im Bezirk Panevėžys geboren fähig? Welche Ambitionen, welche Probleme sind studierte Kutavičius 1959 bis 1964 Komposition am mit dem Genre und der Besetzung verbunden? Ent- Litauischen Staatskonservatorium in Vilnius. 1995 standen ist dabei ein Stück, das ganz bewusst nicht wurde er mit dem Litauischen Staatspreis und 1996 auf eine Überhöhung der romantischen Cellosonate, mit dem Preis des Probaltica-Festivals in Toruń auf eine Ausdehnung ihrer zeitlichen Proportionen (Polen) ausgezeichnet. Ein besonderer Reiz seiner und der spieltechnischen Möglichkeiten setzt. Eher Werke ergibt sich auch aus der Anknüpfung an die ging es mir um Konzentration. In gut zweiundzwanzig Musik des alten Litauens. Minuten soll aus den Gegensätzen des thematischen Materials, aus dem Kontrast hörbarer Gestalten Zu herausragenden Kompositionen von Bronius ein Prozess in Gang kommen, der den Titel ’Sonate’ Kutavičius zählen die Dzukischen Variationen für auch rechtfertigt. Alle Möglichkeiten, Charaktere, Kammerorchester und das Vokalwerk „Am Strand“ Stimmungen und Techniken der mehrsätzigen Form für fünf Frauenstimmen a cappella.

16 17 SIKORSKI MAGAZIN 01.2020 SIKORSKI MAGAZIN 01.2020 NEWS

JÜRI REINVERES OPER „MINONA“ FRIDS „DAS TAGEBUCH DER ÜBER BEETHOVEN-TOCHTER ANNE FRANK“ IN EINER IN REGENSBURG TRIOFASSUNG AM STADTTHEATER Die neue Oper „Minona“ des estni- GIESSEN schen Komponisten Jüri Reinvere Am 20. Februar 2020 hat am Stadt- erlebt am Theater Regensburg am theater Gießen die Monooper „Das 25. Januar 2020 ihre Uraufführung. Tagebuch der Anne Frank“ von Hendrik Müller inszeniert, und die Grigori Frid in einer Triofassung in musikalische Leitung hat Chin- deutscher Sprache Premiere. Chao Lin. „ASTRONOMICA“ BEETHOVEN-HOMMAGE VON CLAUS-STEFFEN MAHNKOPF S.C.H.E.RZO“ VON DEJAN LAZIĆ IN HEIDELBERG Das neue Werk “S.C.H.E.rzo” für Das KlangForum Heidelberg bringt Orchester von Dejan Lazić wird am 22. Februar 2020 das neue am 17. Januar 2020 in Indianapolis Ensemblestück „Astronomica“ von uraufgeführt. Der Komponist sagt Claus-Steffen Mahnkopf zur Urauf- über den Beethoven-Bezug: „In führung. diesem Werk wollte ich dem gro- ßen Beethoven in Form, Geist und KONZERT FÜR E-GITARRE Humor Tribut zollen - wobei die vier LERA AUERBACH „GOETIA: UND KAMMERORCHESTER Großbuchstaben eher spielerisch 72 – IN UMBRA LUCIS“ AUF TOUR VON YARON GOTTFRIED als musikalische Kryptogramme Am 30. Januar 2020 findet in Ams- IN TACOMA mit deutschen Notennamen ge- terdam die niederländische Erst- In der US-amerikanischen Stadt dacht sind („S“ entspricht „Es = E- aufführung von „Goetia: 72 – In Tacoma gelangt das Konzert für E- flat“, und „H“ entspricht dem eng- umbra lucis“ für Chor und Streich- Gitarre und Kammerorchester von lischen „B“) und das melodische quartett von Lera Auerbach mit Yaron Gottfried am 22. Februar und harmonische Hauptmotiv des dem Nederlands Kamerkoor und 2020 zur amerikanischen Erstauf- Werkes (Es, C, B, E) bilden. dem Quatuor Danel unter der führung. Der Solist ist Michael Leitung von Peter Dijkstra statt. Nicolella (E-Gitarre). Er wird beglei- Außerdem gastieren diese Inter- tet von der Symphony Tacoma unter preten mit dem Werk in verschie- Leitung von Sarah Ionannides. denen niederländischen Städten und präsentieren am 2. Februar SPANISCHE ERSTAUFFÜHRUNG 2020 in Budapest die ungarische VON FERRAN CRUIXENTS Erstaufführung. Am 1. Februar 2020 „CYBORG“ kommt es zudem zur kanadischen In Bilbao im spanischen Basken- Erstaufführung des Orchester- land bringt das Bilbao Orkestra werks “Dreams and Whispers of Sinfonikoa unter der Leitung von Poseidon” von Auerbach. Alexis Leonard Slatkin am 27. Februar ZWEI URAUFFÜHRUNGEN VON Hauser leitet das McGill Sympho- 2020 das Stück „Cyborg“ des kata- WERKEN MARKO NIKODIJEVICS ny Orchestra. lanischen Komponisten Ferran IN BERLIN Cruixent zur spanischen Erstauf- Der serbische Komponist Marko JAN MÜLLER-WIELANDS führung. Nikodijevic ist in der Saison 2019/ „GOTTESSPUR“ WIRD BEIM NDR 2020 Composer in Residence bei HANNOVER URAUFGEFÜHRT NIEDERLÄNDISCHE dem von Vladimir Jurowski gelei- Die Einbeziehung von Elektronik ERSTAUFFÜHRUNG VON teten Rundfunk-Sinfonieorchester ist im Schaffen von Jan Müller- AUERBACHS „EVAS KLAGE“ Berlin. Damit verbunden sind zwei Wieland eher eine Ausnahme. Das im Auftrag des RSO Wien, des Uraufführungen. Am 17. Januar Nun hat der an der Münchner Baltimore Symphony Orchestra, 2020 kommt das Auftragswerk „da Musikhochschule lehrende Kom- des Radio Filharmonisch Orkest ispravitsja / gebetsraum mit nacht- ponist im Auftrag des NDR Han- Hilversum und des Wiener Konzert- wache“ zur Uraufführung. Am 19. nover das Werk „Gottesspur“ für hauses entstandene Orchester- Januar 2020 folgt dann im Rahmen Fagott/Kontrafagott, Elektronik und werk „Evas Klage“ von Lera Auer- des Festivals Ultraschall die Ur- großes Orchester vollendet. Malte bach gelangt am 28. Februar 2020 aufführung des vokalsinfonischen Refardt ist der Fagottsolist bei der in Utrecht zur niederländischen Werkes „abgesang. Lied für Sop- Uraufführung am 20. Februar 2020 Erstaufführung. Karina Canellakis ran und Orchester“ mit dem Rund- in Hannover. Andrew Manze leitet leitet das Radio Filharmonisch funk-Sinfonieorchester Berlin. die Radiophilharmonie des NDR. Orkest Hilversum.

18 SIKORSKI MAGAZIN 01.2020 GEBURTS- UND GEDENKTAGE 2021

KOMPONISTEN 20. FEBRUAR 19. APRIL BEARBEITER 75. Geburtstag 125. Geburtstag TEXTDICHTER Vladimir Martynov (*20.02.1946) Hugo Herrmann (19.04.1896 – - „Come in!“ für Violine und 09.04.1976) Kammerorchester - Feiermusik I für Streicher 22. JANUAR - „Herbstlied“ für Knabenstimme, und Pauken 100. Geburtstag 2 Violinen, Streicher und Schlagzeug - Feiermusik II für Orchester Arno Babadschanjan (22.01.1921 – 11.11.1983) 26. FEBRUAR 23. APRIL - Klaviertrio 25. Todestag 130. Geburtstag - Konzert für Violine und Orchester Mieczyslaw Weinberg Sergej Prokofjew (08.12.1919 – 26.02.1996) (23.04.1891 – 05.03.1953) 29. JANUAR - Opern „Der Idiot”, - „Peter und der Wolf“. 75. Geburtstag „Lady Magnesia“, „Das Porträt“ Musikalische Erzählung für Ulrich Leyendecker - Sinfonien Nr. 6, 10, 12, 14 Sprecher und Orchester (29.01.1946 – 29.11.2018) - Konzert für Violine und Orchester - Sinfonien Nr. 5-7 - Bagatellen für Klavier - Fantasie für Violoncello - Instrumentalwerke und Vokalmusik - Hebräische Balladen für und Orchester - Ballette „Romeo und Julia“ Mezzosopran und Kammer- - Streichquartette Nr. 13-15 und „Cinderella” ensemble (Klavier) - Filmmusiken „Alexander Newski” - „Nachgelassene Papiere des 03. MÄRZ und „Iwan der Schreckliche“ Bruders Medardus, eines 80. Geburtstag Kapuziners” für neun Vladislav Shoot 04. MAI Instrumentalisten und Tonband (*03.03.1941) 90. Geburtstag - Konzert für Violine und Orchester - „Ex animo” für Orchester Gennadi Roschdestwenski - „Romantische Botschaften” (04.05.1931 – 16.06.2018) 04. FEBRUAR für Fagott, Flöte, Klavier und - Bearbeiter von Alfred Schnittkes 20. Todestag Streichorchester „Gogol-Suite“ Raimo Kangro - Suite „Puschkiniana“ nach (21.09.1949 – 04.02.2001) 20. MÄRZ Sergej Prokofjew - Musik für zwei Klaviere 30. Todestag - Serenade für Bläserquintett Stanley Weiner 09. MAI - „Tuuru“. Kammersinfonie (27.01.1925 – 20.03.1991) 75. Geburtstag - „Arche Noah“. Eine Geschichte Drafi Deutscher 07. FEBRUAR für Orchester und Erzähler (09.051946 – 09.06.2006) 25. Todestag - deutscher Sänger, Komponist Boris Tschaikowski 23. MÄRZ und Musikproduzent (10.09.1925 – 07.02.1996) 75. Geburtstag - „Milk and Sugar“ - Acht Kinderstücke für Klavier Richard Kula - „Pierre der Clochard” - Klavierquintett (*23.03.1946) - Konzert für und Orchester - Bearb. u.a. des Musicals 11. MAI - Konzert für Klavier und „Der kleine Tag“ von Eicke/ 50. Todestag Kammerorchester Niehaus/Zuckowski Hans Carste (05.09.1909 – 11.05.1971) - Festival-Ouvertüre und Finale 19. FEBRUAR 25. MÄRZ für Orchester 75. Geburtstag 90. Geburtstag - „Du trägst ein entzückendes Alexander Tschaikowski Vytautas Barkauskas Kleidchen“ (*19.02.1946) (*25.03.1931) - Bashmet-Suite für - Konzert für Viola und 12. MAI Streichorchester Kammerorchester 100. Geburtstag - „Der Revisor“. Ballett in - Sinfonien Nr. 2, 4 und 5 Edward Mirsojan zwei Akten (12.05.1921 – 05.10.2012) 26. MÄRZ - Sinfonie für Streichorchester 125. Geburtstag und Pauken Anton Profes - Sonate für Violoncello und Klavier (26.03.1896 – 22.08.1976) - „Kauf dir einen bunten Luftballon“

18 19 SIKORSKI MAGAZIN 01.2020 SIKORSKI MAGAZIN 01.2020 GEBURTS- UND GEDENKTAGE 2021

17. MAI 06. AUGUST 15. SEPTEMBER 75. Geburtstag 90. Geburtstag 30. Todestag Udo Lindenberg Wladimir Zytowitsch Sulchan Zinzadse (*17.05.1946) (06.08.1931 – 05.10.2012) (23.08.1925 – 15.09.1991) - „Leider nur ein Vakuum” - „Die Abenteuer des braven - Miniaturen für Streichquartett Soldaten Schweyk“. Sinfonische (Streichorchester) 29. MAI Skizzen für Orchester und Sprecher - Streichquartett Nr. 9 „DSCH“ 85. Geburtstag - Konzert für Gitarre und Vyacheslav Ovchinnikov Kammerorchester 21. SEPTEMBER (29.05.1936 – 04.02.2019) 25. Todestag - Sinfonie Nr. 1 11. AUGUST Sulchan Nassidse 70. Geburtstag (17.03.1927 – 21.09.1996) 30. MAI Alexander Lokschin - Streichquartette Nr. 1-5 20. Todestag (11.08.1951 – 11.06.1987) - Violinkonzert, Violakonzert, Nikolai Korndorf - „Margarete“. Drei Szenen aus Oboenkonzert (23.01.1947 – 30.05.2001) Goethes „Faust“ - „Fresken“ für Orchester - Hymnus I für Orchester - Sinfonien Nr. 1-5 und Nr. 9 - „Ja!“ Ritual für Sopran, und Nr. 10 27. SEPTEMBER zwei Tenöre und Instrumental- 90. Geburtstag ensemble 22. AUGUST Freddy Quinn - „Con sordino“ für 10. Todestag (*27.09.1931) Kammerorchester Vicco von Bülow (Loriot) - Senor Capitan (12.11.1923 – 22.08.2011) 31. MAI - Neutextierung des musikalischen 24. OKTOBER 80. Geburtstag Märchens „Peter und der Wolf“ 90. Geburtstag Hans Neuenfels von Sergej Prokofjew Sofia Gubaidulina (*31.05.1941) (*24.10.1931) - „Die Schnecke“ 07. SEPTEMBER - Sinfonie Libretto zu Moritz Eggerts Oper 85. Geburtstag „Stimmen ... verstummen ...“ Romualds Kalsons - „Garten von Freuden und 19. JULI (*07.09.1936) Traurigkeiten“ für Flöte, Viola 10. Todestag - Konzert für Violine und Orchester und Harfe (Sprecher ad lib.) Karen Chatschaturjan - Konzert für Klarinette und - Violinkonzerte „Offertorium”, (19.09.1920 – 19.07.2011) Kammerorchester „In tempus praesens” und - „Cipollino“. Ballett in 3 Akten „Dialog: Ich und Du“ - Sinfonien Nr. 1-2 12. SEPTEMBER - Johannes-Passion und - „Im Zirkus“. Sinfonische Suite 100. Geburtstag Johannes-Ostern für Orchester Stanisław Lem - Oratorium „Über Liebe und Hass“ (12.09.1921 – 27.03.2006) - „Fachwerk“ für Bajan, 29. JULI - Textvorlage zur Oper „Kyberiade“ Schlagzeug und Streicher 75. Geburtstag von Krzysztof Meyer David Geringas 05. NOVEMBER (*29.07.1946) 12. SEPTEMBER 70. Geburtstag - Bearbeiter der Zwei Puschkin- 100. Geburtstag Jerwand Jerkanjan Walzer für Violoncello und Klavier Francisco Tanzer (*05.11.1951) von Sergej Prokofjew (12.09.1921 – 25.10.2003) - Drei Rezitative für Flöte und Klavier - Textdichter von Edison Denissows - Quintett in memoriam Anton 01. AUGUST „Requiem“ und „Wishing Well“ Webern für Flöte, Klarinette, 100. Geburtstag sowie der Werke von Sofia Violine, Violoncello und Klavier Günter Fuhlisch Gubaidulina „Garten von Freuden (01.08.1921 – 04.09.2013) und Traurigkeiten“ und „Perception“ 18. NOVEMBER - „Skat-Polka“ für Gesang und 70. Geburtstag Klavier Gian-Luca Petrucci - „Tip-Top-Boogie“ für Klavier (*18.11.1951) - Bearbeiter der Violinsonate D-Dur (op. 115) von Sergej Prokofjew für Flöte solo

20 SIKORSKI MAGAZIN 01.2020 GEBURTS- UND GEDENKTAGE 2021 / VORSCHAU 2022

18. NOVEMBER VORSCHAU 2022 14. OKTOBER 70. Geburtstag 20. Todestag Slawa Ulanowski 03. APRIL Norbert Schultze (*18.11.1951) 125. Todestag (26.01.1911 – 14.10.2002) - „Erinnerungen“ für Johannes Brahms - Oper „Schwarzer Peter“ Violoncello solo (07.05.1833 – 03.04.1897) - Musical „Käpt’n Bay-Bay“ - „Die Wut über den verlorenen - „Hommage à Johannes Brahms“ Groschen“ (Orchestrierung des (Krzysztof Meyer) 27. OKTOBER Beethoven-Werkes) - Konzert für Violoncello und 100. Geburtstag Orchester (Bearbeitung des James Last 24. NOVEMBER Doppelkonzerts: Cord Garben) (27.10.1922 – 09.07.1982) 25. Todestag - „Keiner weiß, was morgen ist“ Edison Denissow 19. APRIL für Gesang und Klavier (06.04.1929 – 24.11.1996) 100. Geburtstag - „Der Schaum der Tage“ Werner Cyprys 04. NOVEMBER Lyrische Oper (19.04.1922 – 30.07.2000) 175. Todestag - Konzert für Gitarre und Orchester - „Übers Jahr, wenn die Felix Mendelssohn Bartholdy - Konzert für Viola und Orchester Kornblumen blühen“ (03.02.1809 – 04.11.1847) - Konzert für Klarinette und Orchester - „Der 42. Psalm“. Kantate für - „Tod ist ein langer Schlaf“ für 12. MAI Sopran, Chor und Violoncello und Orchester 75. Geburtstag Kammerensemble - Requiem Rolf Zuckowski (Bearb.: Johannes X. Schachtner) - „Peinture“ für Orchester *12.05.1947) - „Verleih uns Frieden“ für gem. – „Es schneit“ Chor und Kammerensemble 02. DEZEMBER – „Hallo Mama, hallo Papa“ (Bearb.: Johannes X. Schachtner) 50. Geburtstag – „In der Weihnachtsbäckerei“ Jüri Reinvere 22. NOVEMBER (*02.12.1971) 23. MAI 60. Geburtstag - Oper „Minona“ 120. Geburtstag Benjamin Yusupov - „Inter lacrimas et luctum“ – Mark Lothar (*22.11.1962) Ein Violoncello Konzert (23.05.1902 – 06.04.1985) - „Gabriel“ für Orchester - „Ehe Leviathan erwacht“. - „Die Geschichte vom - „Inquities“ für Orchester Symphonische Notizen für faulen Bären“ - Konzert für Violoncello großes Orchester und Orchester - „Und müde vom Glück, 28. MAI - „Maximum“ für Violine, Viola, fingen sie an zu tanzen“ 75. Geburtstag Flöte und Harfe für großes Orchester Frangis Ali-Sade (*28.05.1947) 16. DEZEMBER 13. DEZEMBER - „Mugam-Sajahy“ für Streich- 90. Geburtstag 100. Geburtstag quartett, Schlaginstrumente und Rodion Shchedrin Timofei Dokschizer Synthesizer (Band) Konzert (*16.12.1932) (13.12.1921 – 16.03.2005) für Violoncello und Orchester - Carmen-Suite - Bearbeiter des - „Silk-Road”-Zyklus - Musik für die Stadt Köthen Trompetenkonzertes von - „Freche Orchesterscherze“ Alexander Arutjunjan 13. JUNI - Ballette „Anna Karenina“ und 80. Geburtstag „Die Möwe“ 23. DEZEMBER Viktor Suslin - Oper „Nicht nur Liebe“ 100. Geburtstag (13.06.1942 – 10.07.2012) - „Drei Hirten“. Trio für Flöte, Heinrich Riethmüller - „Leb wohl“ für Orchester Oboe und Klarinette (23.12.1921 – 08.12.2006) - Konzert für Violine und - Klavierkonzerte Nr. 1-4 - „Das Traumklavier“ Kammerorchester Drei Miniaturen für Klavier - „Capriccio über die Abreise“ - Kinderland-Suite für Orchester für zwei Violinen - „Mitternachtsmusik“. Trio für Violine, Cembalo und Kontrabass - “1756” für Violine solo

20 21 SIKORSKI MAGAZIN 01.2020 SIKORSKI MAGAZIN 01.2020 SOFIA GUBAIDULINA

DEAR READERS, way. This is where my constant haste comes from. The Russian composer Yelena Firsova once said of All too often I didn’t have enough time to bring my Sofia Gubaidulina, whom she greatly reveres, that she compositions to the highest possible level. is a “shaman of music” and one of the deepest and most interesting contemporary . In 2021, What would I change in my past life if I could start Gubaidulina will celebrate her 90th birthday. In this again? To divide the time correctly between my fan- issue, we’re focussing on upcoming anniversaries in tasy and imagination and the realization of my fan- 2021 and 2022 associated with several composers. We tasy. I should have been aware of this task much look at Gubaidulina’s latest works and are pleased to earlier and should have faced it. include an exclusive interview with conductor Kent Nagano in which he talks about Gubaidulina’s work. Another question is: What would I do if I had the op- portunity to continue my life? Firstly, I would once Another important date is also coming up, namely the again deal with the strict polyphonic style of the 15th 130th anniversary in April 2021 of the birth of Sergei and 16th centuries. Twice I took part in a course Prokofiev. This edition also combines a look back at a dealing with strict polyphony under the guidance spectacular new 2019 production of Prokofiev’s of very good teachers. Now I would continue along “Betrothal in a Monastery” at the Berlin State Opera this path, but this time on my own initiative (and take with summaries of selected works. into consideration the experience of such relevant teachers as Diether de la Motte). Among the other topics covered in this issue are the 25th anniversary of the death of the Russian composer Secondly, I would set myself the goal of composing , a number of anniversaries remembe- a cycle of miniatures similar to the inventions of ring Georgian composers as well as two 100th birth- Johann Sebastian Bach or the Mazurkas of Chopin. days of major librettists, Stanislav Lem and Fransicsco Tanzer. Now, in 2020, we look forward to the great composer’s 90th birthday on 24 October 2021. What has become We hope you enjoy this issue. of Gubaidulina’s plans, how have her attitudes and ways of looking at things changed since she formu- Winfried Jacobs lated them? Director Answering that isn’t easy. But the basic demands in themselves and on her work have remained the same as then. Gubaidulina has realized her desire to divide time correctly between her fantasy and per- formance and the realization of her fantasy which has been impressively demonstrated by a great ab- undance of new compositions over recent years.

She has written great orchestral and vocal sympho- nic works such as the oratorio ”Über Liebe und Hass” (On Love and Hatred) for soprano, tenor, baritone, two mixed choirs and orchestra (2015/2016, revised ver- sion 2018), the Triple Concerto for , cello, bayan and orchestra (2017), the Third Violin Concerto ”Dialogue: I and You” (2018) and the orchestral work ”The Wrath of God” (2019). For ensemble she wrote ”Simple Prayers. Messa bassa” for a narrator, two Sofia Gubaidulina cellos, double bass, and two percussionists 90th birthday in 2021 based on Russian prayers and psalms. When we asked Sofia Gubaidulina on the occasion Over the last five years, Gubaidulina has not mana- of her 85th birthday in 2016 to review her life, or look ged to compose miniatures based on Bach’s inven- back at her creative life, she replied: tions. The great amount of time she always takes when writing commissioned works has left her with ”If one questions one’s entire past life, numerous criti- insufficient time to spare for them. cal observations are imposed. One becomes aware of an abundance of inadequacies that one would Film documentation ”On Love and Hatred” rather not see in themselves. My greatest weakness The oratorio ”On Love and Hatred” (2016/2018) was is my lack of ability to deal with time in a meaningful commissioned by the Staatskapelle Dresden, the

22 SIKORSKI MAGAZINE 01.2020 SOFIA GUBAIDULINA

Stiftung Frauenkirche Dresden, the Rotterdam Phil- ”breeding” the music (her description). The director harmonic Orchestra and the Gergiev Festival, Rotter- Leila Monasypova says: ”It is interesting for the whole dam. Sofia Gubaidulina interprets psalm and prayer of humanity to see how Gubaidulina approaches texts mainly in German and Russian, but also in Ita- scores. That she is inwardly enlivened by fire and lian, French and English. In terms of its musical and spirit and yet appears outwardly so modest.” The film textual content, the work is the composer’s spiritual thus follows on from a previous project by the same reaction to the increasing unrest of our world today. filmmakers, a film entitled ”In the Sign of Love”. The The publishing director of Sikorski Music Publis- title alludes to Sofia Gubaidulina’s work ”Im Zeichen hers, Hans-Ulrich Duffek, describes the work in the des Scorpions” (In the Sign of the Scorpion). following words: Exclusive interview with Kent Nagano ”Gubaidulina regards her earthly life as a pilgri- on the occasion of Sofia Gubaidulina 90th birthday mage, in constant conflict between the real world The musical director of the Hamburg State Opera, with its needs and necessities and her spiritual life, Kent Nagano, is an admirer of Sofia Gubaidulina. We which is shaped by faith in God and gives her men- met him for a conversation in which he talks about tal strength, stability and creativity. Her love for God his first encounters with Gubaidulina’s music and its is shown in her love for others, in her sense of jus- unique characteristics. tice and her rejection of hatred, war and destruc- tion. She suffers in the face of the divisiveness of Sikorski Magazin: Do you remember your first the world’s religions, which increasingly turns into encounter with the music of Sofia Gubaidulina? inhuman violence: ’No religion in the world has the Kent Nagano: I became aware of Sofia Gubaidulina’s right to rise above another religion and incite hatred music many, many years ago through the violinist against it,’ she said recently. Thus the great oratorio Gidon Kremer. That was in the 1980s. I once conducted ’On Love and Hatred’, which she wrote in the run-up Gubaidulina’s violin concerto ”Offertorium”, written to her 85th birthday and which is supposed to be one for Gidon Kremer. From that moment on my interest of the last works of her life, can be seen as a kind of was aroused and has remained to the present. A few legacy, as her desperate, final appeal to humanity to years later I conducted the Viola Concerto with Yuri follow God’s commandments and finally establish a Bashmet as soloist. She herself was present at that lasting peace. time and we worked together. That was an experi- ence that continues to affect me to this day. Her work and its background have inspired Russi- an documentary filmmakers Stepan Below and Leila What challenges, perhaps even dangers, Monasypova to make a new film about Sofia Gubai- do orchestral works by Gubaidulina hold for dulina, to be premiered on the composer’s birthday you as a conductor? in October 2021. It bears the title ”On Love and Hat- That has certainly changed over the years. In the red”, borrowed from the Gubaidulina oratorio and beginning, the scores proved a new way of wri- will last almost an hour. It is scheduled to premie- ting music for me. That was especially true for the re at the Gubaidulina Centre in Kazan. The filmma- notation. Together with Yuri Bashmet, Gubaidulina kers perceive ”On Love and Hatred”, Gubaidulina’s explained to me what the notations meant. Today last completed great work, as a kind of credo, the this way of notation is normal and has been adapted composer’s message in the late phase of her work. by other composers. Nevertheless, when dealing In terms of content, the film reaches far back into with Gubaidulina, I always felt the need to talk about the composer’s biography. Pictures from her child- the relations of time, the relationship between space hood should show, the authors say, ”how Gubaiduli- and time. I understand space as a universal space na experienced love and purity at an early age”. The and not as a space in which a piece is performed. film then concentrates on the composer’s spiritual Gubaidulina has a very personal aesthetic and con- works. ception of how her music should sound. The inner rhythmic arc in a piece develops its own liveliness of Sofia Gubaidulina herself guides through the film time. To deal with this well and carefully is a special as a narrator but can also be heard and seen in ex- challenge for interpreters of Gubaidulina’s music. cerpts from older interviews, some of which are little known. The viewer is presented with performances Does Gubaidulina’s music follow of the oratorio ”On Love and Hatred” in St. Peters- a constructed basic principle? burg conducted by Valery Gergiev and accompanies From my point of view, I would say that Gubaidulina’s the composer on walks in her adopted German home music naturally follows a mathematically ordered in Appen near Pinneberg, not far from Hamburg. structure, but not in a manner similar to Brian Fer- neyhough, nor the way other composers deal with The film also seeks to depict how Gubaidulina works, overtones, such as in spectral music. Nevertheless, how she slowly approaches a work concept, namely Gubaidulina’s music is always orientated towards

22 23 SIKORSKI MAGAZINE 01.2020 SIKORSKI MAGAZINE 01.2020 GIYA KANCHELI

dimensions and certainly to forms. I always find chairman of the Georgian Composers’ Association. the form structure of Gubaidulina’s pieces extre- Kancheli moved to Berlin in 1991, where he received mely differentiated and strong. And yet this music a DAAD scholarship. In 1995 he became composer- is so sensitive, lively and full of energy. But it is the in-residence of the Royal Flemish Philharmonic in strong animating power of Gubaidulina’s music that Antwerp. From that time on he lived and worked in is essential, it is far above any question of structural Belgium. A special friendship connected him with composition. Alfred Schnittke, but also other conductors. These include the Georgian conductor Jansug Kakhidze, Gubaidulina will turn 90 in two years. who premiered Kancheli’s only opera ”Music for What characteristics of a late style do you the Living” and most of his ; Mstislav recognize in her most recent works? Rostropovich, for whom he wrote the cello concerto In recent years I have sought contact with Ms Gubai- ”Simi”; Yuri Bashmet, to whom he dedicated two viola dulina. Two years ago I gave a laudatory speech in concertos and Gidon Kremer, for whom he wrote her honour. When I came here to Hamburg as ge- numerous violin works and many of whose compo- neral music director, I immediately remembered that sitions he arranged for violin. He was also associa- Gubaidulina was from Hamburg and that we could ted with Kremer through his passionate advocacy of do something together in the Elbphilharmonie, for ex- justice and human rights. In 1999 he was awarded ample. Unfortunately, because of Mrs. Gubaidulina’s the Russian ’Triumph’ prize for culture and in 2008 health, this was somewhat limited. the prize of the Israeli Wolf Foundation. The focus of his extensive work was orchestral and chamber In my opinion, Gubaidulina’s music has also taken orchestral music, but he also produced remarkable on the characteristics of a Hamburg tradition since works of choral and chamber music. Many of she has lived here. We have here a very rich and Kancheli’s compositions have been adapted for long music history from Telemann to Bach to Brahms alternative ensembles, often at the request of and Ligeti and of course Gubaidulina. For Sofia performers. He also leaves behind an important Gubaidulina’s 90th birthday I will certainly be con- oeuvre in the field of film and stage music. Most of ducting one of her works. his work is available on CD, especially on the ECM label in exemplary recordings authorized by the You did not mention Gubaidulina’s Russian composer. contemporary Alfred Schnittke when enumerating the great composers of Hamburg. Are there any Kancheli’s sound world is imbued with an incredibly differences between Schnittke and Gubaidulina natural quality and is at once modern and archaic. that you can describe? His musical structures are often based on emotional It’s hard to describe. They are two very different aspects such as heightening and tension, excite- artistic personalities. In my opinion, both have both ment and calm. His work employs dynamic extremes theatrical and dramatic moments in their music, and often demands extreme slowness. Kancheli’s but in very different ways. The dramatic moment in music is atmospherically connected to his Georgian Schnittke’s music, even a violin concerto, is trans- homeland, but does not quote directly from Georgian ported visually. Gubaidulina’s music is more con- folklore. His work is characterised by nostalgia and cerned with an inner drama. You can feel it, but you melancholy as well as sadness about the political can’t see it with your eyes. conditions in the former , the destruc- tion caused by the Georgian civil war and every form of violence and discord in our time.

We bow before a great composer and humanist who Georgian music we will miss very much. of the 20th century Kancheli’s last work GIYA KANCHELI died 2 October 2019 ”Night Prayers” We mourn our friend and author of many years Giya in a version for flute/bass flute, string orchestra Kancheli, who died of heart failure on 2 October and tape (1992/2019) 2019, at the age of 84, in his hometown of . Giya Janne Thomsen (flutes) and the Danish Youth Ensem- Kancheli was born in 1935 in Tbilisi. From 1959 to ble, conducted by Morten Ryelund, premiered the 1963 he studied at the local conservatory with Iona work ”Night Prayers” by Giya Kancheli in a version Tuskiya. In 1971 he became musical director of the for flute/bass flute, string orchestra and tape im- Rustaveli Theatre in Tbilisi. He also taught at the mediately after the composer’s death in Holstebro, conservatory until 1978. From 1984 to 1989 he was Denmark, on 5 October 2019.

24 SIKORSKI MAGAZINE 01.2020 SULKHAN TSINTSADZE / SULKHAN NASIDZE

”T.S.D.” servatory. During these years he appeared as cellist for cello and orchestra (2018) of the State Georgian . His first attempts Kancheli’s cello concerto is titled ”T.S.D.” (meaning at composition, the ”Three Miniatures” for string tonic, subdominant and dominant) and premiered quartet, based on Georgian folk songs, were thus on 11 November 2018 at the ’VivaCello’ festival in dedicated to the ensemble. It was to be Tsintsadze’s . The premiere took place at the new Zarya- breakthrough. From 1966, Tsintsadze taught at the dye Concert Hall, which opened in September 2018. Tbilisi Conservatory, occasionally taking on the role The solo part was performed by the artistic director of director. In 1973 he was appointed professor and of the festival, Boris Andrianov. The work was com- went on to hold leading positions in the Georgian missioned by the U-art Foundation for the festival Composers’ Association. Tsintsadze’s compositions ’VivaCello’. are perhaps more influenced by than those of his Georgian colleagues. Two prelude ”Middelheim” cycles, the 24 prelude cycles for piano and the 24 for piano trio and string orchestra (2015/2018) prelude cycles for cello and piano are particularly On 21 July 2018, the orchestral version of a piano trio noteworthy. The ”Grusinian Wise Men” for Violon- by Giya Kancheli entitled ”Middelheim” was premie- cello and Piano, the String Quartet No. 7 as well red in Pietrasanta, Italy, performed by the Georgian as the String Quartet No. 9 ”DSCH”, marked with Chamber Orchestra Ingolstadt. ”Middelheim” is an Shostakovich’s initials, were also very successful. orchestral extension of Kancheli’s as yet unperfor- med piano trio. The inspiration for this came from However, his ”Miniatures” for string quartet (or string the Sion Festival, which together with the Festival of orchestra), published by Sikorski, had the greatest Pietrasanta (Tuscany) organized the world premiere success in the Western musical sphere. The mando- and the Swiss premiere. The work is named after the lin virtuoso Avi Avital used them to create six mini- Antwerp Hospital that saved Kancheli’s life several atures for his instrument and continues to perform times and is dedicated to the hospital’s doctors. them worldwide.

”Deda Ena” for soprano, children’s choir and chamber orchestra (2017) 25th anniversary of the death of The work, which Kancheli wrote without commissi- SULKHAN NASIDZE on, was premiered in October 2017 in Tbilisi. ”If nine out of ten composers write music similar to each other (even if it is good music!), the music ”Deda Ena” means mother tongue in English. Kan- of the one who is fundamentally different from the cheli strives for a kind of ”complex simplicity” in others interests me most.” (Sulchan Nassidse) this work, in which he falls back on simple musical formulas and sound principles, similar to learning Since January 2002, the works of composer Sulkhan his mother tongue. This also explains the use of a Nasidze (born in 1927 in Tbilisi, ) have been children’s choir, which only has to sing letters, sylla- represented worldwide by the Sikorski publishing bles and phrases taken from the Georgian alphabet. houses. ”Deda Ena” is dedicated to the children’s choir of the Georgian city of Gori and Kancheli’s grandchildren. Nassidse studied at the Tbilisi Conservatory until 1955. From 1962 he was a member of the board of The composer’s family has told us that prior to his the Georgian Composers’ Association, taught at the death, Giya Kancheli has been working on a requiem conservatory in his hometown, and from 1969 hea- and a work for a male choir, a male voice and ins- ded its Music Theory and Composition Department. truments during the last months of his life. However, In 1974 he took over the artistic direction of the these scores were not available to us at the time of Georgian Philharmonic Orchestra. going to press. His extensive oeuvre strives for a connection bet- ween new means of design and elements of national tradition. Initially Nasidze tried to break away from 30th anniversary of the death of the traditional paths of purely folkloristic music and, SULKHAN TSINTSADZE with new instrumental techniques, arrived at an ex- Born on 23 August 1923 in Gori, Sulkhan Tsintsadze pressive musical language. A more reflective phase was a double talent as a performing cellist and com- was followed by a return to his native folklore, who- poser. He died on 15 September 1991 in Tbilisi. se lesser-known areas he explored anew with the help of experience gained in the meantime. Until 1945 he studied cello at the Music Conservatory in Tbilisi and continued his studies at the Moscow Con-

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Prokofiev’s instrumental works quickly found their way into the repertoire of renowned performers. In addition to his symphonies, the ballet music for the Shakespeare drama ”Romeo and Juliet” and the symphonic children’s fairy tale ”Peter and the Wolf” established Prokofiev’s worldwide fame. He succeeds in combining the most delicate lyrics and filigree melodies with daring harmonies, violent dissonances and often persistent motoric drive.

Berliner Premiere of Prokofiev’s Opera ”Betrothal in a Monastery” Sergei Prokofiev’s lyrical comic opera in 4 acts (9 scenes) ”Betrothal in a Monastery” was written during the war in 1940. The composer, who was at the height of his fame at that time, based the work on the comedy ”Duenna” by Richard Sheridan. Pro- kofiev himself and Mira Mendelson (later to become his wife) wrote the libretto.

On 13 April 2019, this distinctive work premiered in Sergei Prokofiev Russian at the Berlin State Opera and is still in the on his 130th birthday repertoire. It was directed by Dmitri Tcherniakov and conducted by Daniel Barenboim. Alongside Dmitri Shostakovich and , Sergei Prokofiev is one of the most important Rus- This piece tells the story of the rich old fishmonger sian composers of the 20th century. He has created Mendoza, who not only wants to close a big deal works such as the ballet music for ”Cinderella” and with Don Jeronimo, but also wants to marry his pretty ”Romeo and Juliet”, the children’s concert classic daughter Luisa. But Luisa loves the young, poor ”Peter and the Wolf” and numerous orchestral and Don Antonio, while her brother Ferdinand is in love chamber music works, some of which are among the with the beautiful Clara. Luisa’s wet nurse Duenna most performed works of Russian music worldwide. also has an eye on the fishmonger, however, and One of the most frequently performed symphonies begins devising a trick to thwart Mendoza and Don of the 20th century is Prokofiev’s 5th Symphony. The Jeronimo’s plans... composer, who returned to the Soviet Union from his exile in the West, wrote the work in 1944 with a sense of triumph in the face of Russia’s imminent victory Press Comments over Nazi Germany. Much of it is reminiscent of Prokofiev’s ballet music, especially the ”Cinderella” ”Prokofiev’s opera, ’Betrothal in a Monastery’ is an music he was writing at the same time. archetypal comedy (...) Most of the time you hear a parlando as in a spoken comedy. Here Prokofiev 130th birthday exhibits his mastery of fine instrumentation and on 23 April 2021 musical commentary: sometimes a small drumbeat, Born on 23 April 1891, Sergei Prokofiev studied com- a short back and forth of the clarinets, followed by position, piano and conducting at the St. Petersburg nervous flickering of the woodwinds, under which Conservatory from 1904 to 1914. He left his home in the trumpet mixes in. (...) Director Dmitri Tcherniakov 1918. He finally settled in Paris in 1923 where he met stimulates the audience’s imagination just as Baren- the famous impresario Sergei Diaghilev. The dancer boim does the listener (...)” (quoted from WDR3/musik/ and choreographer Sergei Lifar produced his first opernblog, 14.04.2019) ballets between 1921 and 1932. ”(...) Unusually, there are no surtitles. The whole In 1936 Prokofiev returned to Russia with his family. text appears instead in white on the back wall of the Despite his efforts to satisfy the official aesthetic stage, practically during the play, which spares one maxims of the Party, his works did not always meet switching one’s attention between the stage and the with undivided approval. In 1948, alongside Shosta- space above it. The director favours adumbration; kovich, Akhmatova, Pasternak, Eisenstein and the only prop suitable for the work is a veil through others, he was accused of ”formalism” as part of the help of which the actresses change their identity. the repressive cultural campaign initiated by Andrei (quoted from Sybill Mahlke, in: Der Tagesspiegel, Zhdanov. 14.04.2019)

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”(...) The fact that Prokofiev set to music here an well as many other works for this instrument. At 18th-century comedy of errors, well known from the the time, Rostropovich himself had travelled to the plot pattern, is used by Cherniakov as an opportunity composer’s country estate in order to review the to ignore the external circumstances of the plot alto- work with Prokofiev and introduce changes. Svia- gether. The Irish playwright Richard Brinsley Sheri- toslav Richter and Rostropovich were also the first dan, whose comedy ”The Duenna” (The Nurse) forms performers of the sonata in 1950, both later playing it the basis of the libretto, set his play in contemporary at a memorial concert at the Seville. There is nothing left of it here. Instead, Cher- shortly after Prokofiev’s death. niakov stages an opera about opera in general and what it does to people.” (quoted from: Clemens Haustein, Opera ”War and Peace” in: Die deutsche Bühne, 14.04.2019) ”Prokofiev did not want battle tableaux”, commen- ted Nicolas Briege, director of a Cologne produc- tion of Sergei Prokofiev’s opera ”War and Peace”, Comments on selected works by ”no mass scenes, no theatres of war, he originally Sergei Prokofiev planned a very intimate drama, ’lyrical scenes’ in the spirit of Tchaikovsky”. The result is an opulent work Sonata for Cello and Piano op. 119 that unabridged fills two performance evenings and Five years before his death, the compromise-min- requires a large cast. Prokofiev had always descri- ded former exile and returnee was the subject of bed the novel epic ”War and Peace” by Leo Tolstoy Zhdanov’s harsh party reprimand that had previously as one of his favourite books. The novel takes place been directed at many of his artist colleagues who during the Napoleonic wars in tsarist Russia at the had remained in the Soviet Union. Some it had hit beginning of the 19th century. Aside from the un- even harder. The op. 119 was composed usual size of ”War and Peace” given the rest of entirely under the influence of Zhdanov’s criticism. Prokofiev’s musical theatre works, the stylistic con- The following self-critique by Prokofiev of 1949, writ- cept of the opera is a consistent continuation of his ten immediately after the completion of his work on opera successes ”The Love for Three Oranges”, this sonata, is poignant and must be regarded in the ”The Fiery Angel” and ”Betrothal in a Monastery”. context of the oddly backward-looking aesthetic of He uses leitmotifs and memorabilia, predominantly this work: ”I am convinced that the composer, as refrains from traditional arias or duets, and strings well as the poet, sculptor and painter, is called to together many short plot sections like film scenes. serve mankind and the people. It should embellish As always with Prokofiev, the brilliantly orchestra- and defend life. Above all, he is obliged to be a citizen ted orchestral part plays a central role in the overall in his art, to sing about human life and to lead huma- concept of the work. The orchestra prepares certain nity towards a happy future. From my point of view, scenes by setting the atmosphere and leads over to this is the unalterable code of art.” the next section, sometimes with long interludes. It also takes on illustrative tasks in the battle de- Are these the words of a composer whose age has scriptions. Many melodic motifs of the work are very already made him wise? Did Prokofiev really want his memorable. contribution to the renewal of musical language and diversity of form to be understood under such plati- The great ballet works tudinous terms? This seems doubtful, although the Sergei Prokofiev began working on his second great predominant soft pastel tones and the clear three- ballet music, ”Cinderella”, in the summer of 1941, movement structure of the work, seemingly orientated when he was in the countryside with his wife in entirely towards classical forms, may be something Kratovo near Moscow. ”When I was sitting at my of a concession to the demands of the composers’ desk,” he recounted, ”the guard’s wife came and association. As in other late works, especially the asked in consternation whether the Germans had Symphonic Concerto and the Concertino for violon- really ’attacked’ us and already, as the saying goes, cello and orchestra, Prokofiev finds a melodic rich- bombs were falling on our cities. We went to Sergei ness and a sound poetry that, while deeply committed Eisenstein (...) Yes, the rumour was true.” Prokofiev to romanticism, is nevertheless unique and typical broke off his work and moved to the Georgian city of his individual lyrical language. The second move- of Tbilisi in autumn that year. From then on, he was ment, entitled ”Moderato”, is a wittily interwoven occupied with film music, among them ”Ivan the scherzo, while Prokofiev creates thematic affinities Terrible”, as well as work on his gigantic opera in the first movements reminiscent of Schumann and ”War and Peace”. It was only in 1944 that the ballet Brahms. The cantabile main theme of the first move- ”Cinderella”, for which Alexander Volkov had writ- ment is taken up again in the third movement. ten the libretto, was completed. At the premiere the leading role was danced by Galina Ulanova, the first Cellist played an important ”Julia” actress and prima ballerina of the Lenin- role in the creation of the Cello Sonata op. 119 as grad Kirov Theatre, who had commissioned the new

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fairy-tale ballet following the immense success of Loriot’s ”Peter and the Wolf” and the the ballet ”Romeo and Juliet”. ”The understanding,” 10th anniversary of the humourist’s death Ulanova recalls, ”that Prokofiev had found, the ’ac- In the same year we commemorate the 130th birth- climatisation’ to his music, was already revealed in day of Sergei Prokofiev, is the tenth anniversary of the rehearsal of ’Cinderella’ by the fact that many the death of the unforgettable humourist, cartoonist things pleased us at first sight, many things were and actor Loriot (Vicco von Bülow) on 22 August clear from the beginning or at least became infinitely 2021. The connection between Sergei Prokofiev and clear much faster than in the rehearsal of ’Romeo Loriot? The composition of a new text for ”Peter and and Juliet’. And yet ’Cinderella’ is not insignificant the Wolf”. compared to the Shakespeare ballet, and to say it was would be unjust. But undeniably both works are As we know from his legendary sketches, Loriot’s in the same ’balance of forces’, the immortal tragedy texts are always brilliant, accurate and ambiguous. of Shakespeare to the equally immortal but all in all The piece ”Peter and the Wolf”, normally performed childish fairy tale.” implementing Prokofiev’s own version of the text, is now told by Loriot in a contemporary language that Prokofiev would never have thought of such a ba- may be more familiar to children. Many new ideas lancing of his ballet music. What he actually wanted are hidden in his version. Nobody has to be sad that to put into music in ”Cinderella” was even closer the only victim of the voracious wolf, the little duck, to the subject of the most famous love story of all is simply swallowed by the beast. Everything also time than Ulanova suspects. He was less interested has a positive side, thinks the duck. ”Finally,” she in the action-promoting cornerstones of the story or says to herself, ”I can travel undisturbed.” Carsten the drawing of grotesque figures such as the step- Gerlitz has also used Loriot’s ingenious text version mother or the evil sisters than in the ”romantic love as the basis for an arrangement for mixed choir a of Cinderella and the prince, its germination and un- cappella. folding, the obstacles in its course and its fulfilment. His music for Cinderella is therefore less illustra- Symphonic Concerto for Cello and Orchestra tive than it is extremely lyrical. The importance he in E minor op. 125 himself attached to the Cinderella music is demonst- The Symphonic Concerto for Cello and Orchestra in rated not least by the three cycles of piano pieces he E minor op. 125 is full of youthful vigour, wrote Paul wrote immediately after the completion of the ballet, Henry Lang on the occasion of the Moscow premiere as well as the three orchestral suites op. 107 to 109, on 18 February 1952 in the ”New York Herald Tribune”. which were written during work on the Sixth Sym- The remark, as general as it may be, is neverthel- phony intended, undoubtedly, to follow on from the ess apt and directly related to the work’s history. success of the three suites for ”Romeo and Juliet”. Certainly, the work does not combine the typical characteristics of a late work, in the manner, for ex- Peter and the Wolf ample, of the unwieldy string quartet in C sharp minor It is hardly necessary to reorder the elements of this op. 131 by Beethoven or the depressive Viola Sonata story, yet it can always sound different, look diffe- op. 147 by Shostakovich. This work shows no trace of rent and provoke other associations. ”Peter and the melancholy or notion of death, nor is it dominated by Wolf” is about the victory over a seemingly stronger a tendency to reduce compositional parameters. On power, which one can master through cleverness. the contrary. The music conveys a kaleidoscope-like But it also deals with violence. It is about the death impression, as if Prokofiev were reviewing his own of Peter’s friend, the duck, and the capture of the catalogue of works like a flip book. The composer villain. quotes himself and plays with the set pieces from older works in the style of a large-scale variation. Hardly any other piece of music for children has Jerkiness and liveliness, sparkling melodic ideas been performed more frequently and adapted by and an open approach to traditional forms make one various media – including film – than Prokofiev’s think of the works of the 1930s. Sometimes one feels classic. Conceived as a ”symphonic fairy tale”, the reminded of the languishing melody of the ballet narrative passages are juxtaposed with catchy and music to ”Romeo and Juliet”, or the grotesque,” pictorial musical passages that have a high recog- warped” modulations, or even the strange marching nition value for young listeners. Peter is given the figures which always seem to satirize the genre. most memorable string motif, the little bird chirps the highest flute cascades and his grandfather trots But why does Prokofiev underline the symphonic with unhurried bassoon motifs through the garden arrangement of his concerto in the title? Why was of his house, in which the adventure of the wolf hunt the concerto even called ”Sinfonia concertante” begins. for many years and thus assigned to the immediate vicinity of neoclassical works? Perhaps this was done to conceal the original of the earlier First Cello

28 SIKORSKI MAGAZINE 01.2020 KAREN KHACHATURIAN / EDISON DENISOV

Concerto and thus lend the piece a new ”identity”. Arila Siegert. We heartily recommend this stirring, There is no question that the concerto is symphonic. extremely entertaining work. Another powerful work The solo part is often, but not primarily, integrated by Karen Khachaturian is the symphonic suite ”Im into the multi-coloured orchestral sound. Prokofiev Zirkus” (In the Circus), written in 1968, as well as clearly moves in the tradition of late romantic con- the Introduction and Organ Fugue. Another popular certos, in which the emancipated orchestra deter- chamber music work is the 1966 Sonata for Violon- mines the events. And yet he has created a virtuoso cello and Piano. Karen Khachaturian also wrote concerto, in three movements, in which the usual several film scores, especially for animated films by large-scale formal arrangement is turned upside the Soviet film studio Soyuzmultfilm. down; two slow opening movements include an ex- tensive, scherzo-like second movement. Fairy tale ballet ”Cipollino” The fairy-tale ballet ”Cipollino” is based on a 1950s Italian children’s book by Gianni Rodari. Karen Khachaturian’s ballet music, composed in 1973, was first performed in Germany on 27 March 2008, at the Cologne Opera House. This production was ac- companied by the orchestra of the Lithuanian State Opera Vilnius. It was danced by the students of the Hilger-Lee ballet studio to a choreography by Arila Siegert.

The figures in the piece are persons dressed up as fruits and vegetables, such as Prince Lemon or Signore Tomato. The latter two oppress their people, yet in the end find themselves put in their place.

10th anniversary of the death of Karen Khachaturian

Born in Moscow in 1920, the Armenian composer Karen Khachaturian is related to the great and in international terms far more famous Aram Khacha- turian; he is his nephew. On 19 September 2020 we commemorate his 100th birthday, while the 10th anni- versary of death falls on 19 July 2021. Karen Khacha- turian came from an artistically engaged family. His mother was an actress, his father a producer of a Moscow theatre studio. Following initial composi- tion studies with Heinrich Litinsky, Karen Khacha- Edison Denisov turian studied at the Moscow Conservatory from 25th anniversary of his death 1945 and was supported by Vissarion Shephalin, Dmitri Shostakovich and (who- on 24 November 2021 se composition class he attended). He finished his Among the Russian composers of the post-Shosta- studies in 1949 and in 1952 became a university kovich era such as Sofia Gubaidulina, Galina Ust- lecturer in addition to his composition activities. It volskaya and Alfred Schnittke, the composer Edison is evident from his small oeuvre much of his inspira- Denisov is regarded as the great sound poet, the tion came from Paul Hindemith, Igor Stravinsky and master of differentiated coloration and the finest Dmitri Shostakovich. Karen Khachaturian’s most contours. Born 6 April 1929, he is one of the most famous works include two symphonies, organ works important modern Russian composers. He began his and string chamber music as well as the ballet studies in mathematics before studying composition ”Cipollino” (”Onion”), first performed in Germany at at the Tomsk Conservatory with the Cologne Opera in March 2008 choreographed by and Nikolai Peiko.

28 29 SIKORSKI MAGAZINE 01.2020 SIKORSKI MAGAZINE 01.2020 EDISON DENISOV / DAVID GERINGAS

From 1968 to 1970 Denisov worked at the Experimen- tal Studio for Electronic Music in Moscow. He gave Anniversaries of private lessons in composition (his most important students being Elena Firsova and Dmitry Smirnov) Lithuanian performers and taught instrumentation and score playing. Due and composers to his avant-garde tendencies, he was not entrusted with a composition class at the Moscow Conserva- tory. After the collapse of the Soviet Union, Denisov was for a time secretary of the Russian Composers’ Association and co-founder of the Moscow Ensem- ble for New Music.

Denisov was initially supported by Dmitri Shosta- kovich, but as time went on his own work became in- creasingly detached from Shostakovich’s influence, as Denisov turned ever more to Western models of contemporary music (primarily French). His extensi- ve oeuvre is characterized by free dodecaphony and microstructural processes, with which he achieved a great wealth of atmospheric timbres.

Denisov was the creator of numerous chamber music, vocal, stage and orchestral works such as ”Requiem”, ”La vie en rouge” or the opera ”L’écume des jours” (Froth on the Daydream) after Boris Vian. In ”La vie en rouge” for voice and chamber ensem- ble, based on political texts by Boris Vian, Denisov succeeds quite uniquely in translating the musicality of Vian’s language into a song cycle.

”L’écume des jours” / ”Froth on the Daydream” The 1981 opera ”L’écume des jours” / ”Froth on the Daydream” is a central work in Edison Denisov’s oeuvre. The lyrical drama in 3 acts and 14 scenes DAVID GERINGAS based on a subject by Boris Vian, which is also Born on 29 July 1946 in Vilnius, Lithuania, the cellist available in English translation by Stanley Chapman, and conductor David Geringas was a pupil of Mstislav was premiered in Paris on 15 March 1986. Rostropovich. He was his student at the Moscow Conservatory from 1963 to 1973. The plot takes place in a surrealistic, simultaneously delightful and horrible future world. Colin and Chloé, In 1976 Geringas became first solo cellist in the NDR two true ”children of happiness”, become acquain- Symphony Orchestra, which did not prevent him ted and fall in love amongst a circle of young fanta- from performing as a soloist with the Berlin Phil- sists. They marry and live for the day without a care harmonic, all of Germany’s radio orchestras, the in the world. But their happiness does not last. When Bamberg Symphony Orchestra, the London Philhar- Chloé is struck by a mysterious illness, her medical monic Orchestra, the Chicago Symphony Orchestra, treatment forces them to use their last financial re- the Detroit Symphony Orchestra, the Philadelphia serves. The disintegration of the intact world is just Orchestra and the NHK Symphony Orchestra Tokyo. as unstoppable as Chloé’s infirmity. She dies and leaves Colin in the bitter realization that happiness, Contemporary music plays an outstanding role in love and life run through one’s hands like sand. Geringas’ repertoire. Renowned composers such as Sofia Gubaidulina and Peteris Vasks have dedica- Edison Denisov’s ted concerts to him. He was a close friend of Alfred catalogue of works by Sikorski Schnittke, who died in Hamburg in 1998. Edison Denisov’s catalogue of works, published David Geringas is also an international conductor. in 2016, is still complete and up-to-date. Ekaterina He was, for instance, chief guest conductor of the Kouprovskaia writes in the foreword to this catalogue: Kyushu Symphony Orchestra Japan, the Tokyo ”Denisov’s stylistic development is very steady, with- Philharmonic Orchestra, the China Philharmonic out interruptions or detours, but always evolving”. Orchestra and the Moscow Philharmonic.

30 SIKORSKI MAGAZINE 01.2020 DAVID GERINGAS / BRONIUS KUTAVIČIUS

From 1977 to 1986 David Geringas taught at the Uni- centration. In a good twenty-two minutes, the con- versity of Music and Theatre in Hamburg. In 1980 trasts of the thematic material, the contrast of audi- he was appointed professor for violoncello at the ble figures, are to be turned into a process that also Lübeck Academy of Music. Later he also taught at justifies the title ’Sonata’. All possibilities, charac- the Hanns Eisler Academy of Music in Berlin. ters, moods and techniques of the multi-movement form are combined in one movement. Virtuosity in David Geringas performed Sofia Gubaidulina’s cello the sense of the effect recedes in favour of cogni- concerto ”Und: Das Fest ist in vollem Gang” (And: The tive work and emotional tension. Nevertheless, both Festivities at their Height) at its premiere in February instruments, violoncello and piano, should enhance 2004 and it has since been presented in 32 cities each other in their effect instead of oppressing each in 17 countries and recorded on CD. The work was other or forcing each other to hold back. The sonata dedicated to him. is dedicated to David Geringas, who impressed me not only by his ability, but also in the way he, as a David Geringas premiered a Lithuanian, combines cultural patriotism and cosmo- cello sonata by Jüri Reinvere on Usedom politan thinking.” David Geringas, who will celebrate his 75th birthday on 29 July 2021, has inspired many composers to write new works. Last but not least, our new compo- ser Jüri Reinvere.

The Estonian composer Jüri Reinvere, (who inciden- tally will celebrate his 50th birthday on December 2, 2021) got into contact with David Geringas and his wife Tatjana. He wrote a sonata for violoncello and piano, premiered by David Geringas and his piano accompanist Ian Fountain on 22 September 2019, at the Usedom Music Festival at Stolpe Castle, Use- dom.

The composer comments on the composition pro- cess for his Cello Sonata as follows: ”I met David Geringas for the first time a few years ago. We were sitting in a Berlin arthouse cinema watching a documentary about David’s teacher Mstislav Rostropovich. Soon afterwards I heard David Geringas at the concerts of the Usedom Music Festival, where he played the great repertoire for cello and piano from Beethoven to Prokofiev and advancing far into the present. After one of his con- certs featuring Beethoven sonatas, I suddenly had a clear idea of what a sonata of mine could be like. If David Geringas’s playing was a strong inspiration for me, so too was a book by Christiane Wiesenfeldt on 90th birthday of the Lithuanian composer the cello sonata of the 19th century. From that point BRONIUS KUTAVIČIUS on I devoted myself intensively to this influential The Lithuanian composer Bronius Kutavičius will repertoire: to Mendelssohn and Brahms, the great celebrate his 90th birthday on 13 September 2022. sonatas by Chopin and Rachmaninov, who were so fascinated by the possibilities of the cello that they Born in 1932 in Molainiai in the district of Panevėžys, completely forgot their other reservations about Kutavičius studied composition at the Lithuanian chamber music. State Conservatory in Vilnius from 1959 to 1964. In 1995 he was awarded the Lithuanian State Prize and I asked myself the question: What was the great ro- in 1996 the Probaltica Festival Prize in Toruń (Poland). mantic cello sonata? What was fascinating about it? A special attraction of his works arises from its con- What is viable about it today? What ambitions, what nection to the music of ancient Lithuania. problems do the genre and the instrumentation pre- sent? The result is a piece that deliberately does not Among the outstanding compositions of Bronius rely on an exaggeration of the romantic cello sonata, Kutavičius are the Dzukish Variations for chamber on an extension of its temporal proportions and its orchestra and the vocal work ”Am Strand” (On the technical possibilities. I was more interested in con- Beach) for five female voices a cappella.

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JÜRI REINVERE’S OPERA FRIDS ”THE DIARY OF ANNE FRANK” ”MINONA” IN A TRIO VERSION ABOUT BEETHOVEN’S DAUGHTER AT THE STADTTHEATER GIESSEN IN REGENSBURG The mono opera ”The Diary of Anne The new opera ”Minona” by the Frank” by Grigori Frid will premi- Estonian composer Jüri Reinvere ere at the Stadttheater Gießen on will be premiered at the Theater 20 February 2020 in a trio version Regensburg on 25 January 2020. in German. Staged by Hendrik Müller it will be conducted by Chin-Chao Lin. ”ASTRONOMICA” BY CLAUS-STEFFEN MAHNKOPF BEETHOVEN HOMMAGE IN HEIDELBERG ”S.C.H.E.RZO” BY DEJAN LAZIĆ The KlangForum Heidelberg will The new work ”S.C.H.E.rzo” for or- premiere the new ensemble piece chestra by Dejan Lazić will be pre- ”Astronomica” by Claus-Steffen miered in Indianapolis on January Mahnkopf on 22 February 2020. 17, 2020. The composer comments on the Beethoven reference: ”In CONCERTO FOR ELECTRIC GUITAR this work, I wanted to pay tribute AND CHAMBER ORCHESTRA to the great Beethoven in form, BY YARON GOTTFRIED IN TACOMA spirit and humour – the four capital The Concerto for Electric Guitar letters being intended more play- and Chamber Orchestra by Yaron fully than musical cryptograms Gottfried will be premiered in with German note names (”S” the city of Tacoma in the USA on correponds to ”E-flat”, and ”H” LERA AUERBACH ”GOETIA: February 22, 2020. The soloist is corresponds to the English ”B”) 72 - IN UMBRA LUCIS” ON TOUR Michael Nicolella (electric guitar). and forming the melodic and On 30 January 2020, the Dutch He will be accompanied by the harmonic main motif of the work premiere of ”Goetia: 72 – In umbra Symphony Tacoma conducted by (E-flat, C, B, E). lucis” for choir and string quartet Sarah Ionannides. by Lera Auerbach with the Nether- lands Chamber Choir and the Danel quartet conducted by Peter Dijkstra will take place in Ams- terdam. The musicians will also perform the work in various Dutch cities and present the Hungarian premiere in Budapest on 2 Feb- ruary 2020. On February 1, 2020 SPANISH PREMIERE OF the orchestral work ”Dreams and FERRAN CRUIXENT’S ”CYBORG” Whispers of Poseidon” by Auer- The Bilbao Symphony Orchestra TWO WORLD PREMIERES OF WORKS bach will receive its Canadian pre- will premiere the piece ”Cyborg” by BY MARKO NIKODIJEVIC IN BERLIN miere. Alexis Hauser is to conduct Catalan composer Ferran Cruixent In the 2019/2020 season, Serbian the McGill Symphony Orchestra. under the baton of Leonard Slatkin. composer Marko Nikodijevic will The performance will take place in be Composer in Residence with JAN MÜLLER-WIELAND’S Bilbao on 27 February 2020. the Berlin Radio Symphony Or- ”GOTTESSPUR” chestra, whose Conductor in Chief Few works by Jan Müller-Wieland DUTCH PREMIERE OF AUERBACH’S is Vladimir Jurowski. His residence include electronic equipment. The ”EVAS KLAGE” (EVE’S COMPLAINT) is connected to two world pre- composer, who teaches at the The orchestral work ”Evas Klage” mieres. The commissioned work Munich Musikhochschule, has (Eve’s Complaint) by Lera Auer- ”da ispravitsja / gebetsraum mit completed the work ”Gottesspur” bach, commissioned by the RSO nachtwache” (prayer room / with (God’s Trail) for bassoon/contra- Vienna, the Baltimore Symphony night watch) will be premiered on bassoon, electronics and large Orchestra, the Radio Philharmonic 17 January 2020. On January 19, orchestra, commissioned by NDR Orchestra Hilversum and the Vi- 2020, the vocal symphonic work Hannover. Malte Refardt will be enna Concert House, will be pre- ”swan song. Song for Soprano and the bassoon soloist at the premie- miered in Utrecht on 28 February Orchestra” will receive its world re on 20 February 2020 in Hanover. 2020. Karina Canellakis conducts premiere in a performance by the Andrew Manze is to conduct the the Radio Philharmonic Orchestra Berlin Radio Symphony Orchestra. NDR Philharmonic Orchestra. Hilversum.