UNICUIQUE SUUM NON PRAEVALEBUNT

Redaktion: I-00120 Vatikanstadt Schwabenverlag AG Einzelpreis Wochenausgabe in deutscher Sprache 50. Jahrgang – Nummer 43 – 23. Oktober 2020 D-73745 Ostfildern Vatikan d 2,20

Ansprache von Papst Franziskus beim Angelusgebet am Sonntag, 18. Oktober Jeder Mensch trägt das Bild Gottes in sich

Liebe Brüder und Schwestern, guten Tag! che Beziehungen weben« steht. Dieses Wort »we- ben« ist schön: jeder Christ ist berufen, ein »We- Das Evangelium des heutigen Sonntags (vgl. ber« der Geschwisterlichkeit zu sein. Die Missio- Mt 22,15-21) zeigt uns, wie sich Jesus mit der nare und Missionarinnen – Priester, Männer und Heuchelei seiner Widersacher auseinandersetzt. Frauen des geweihten Lebens und Laien –, die Sie machen ihm viele Komplimente – zunächst das Evangelium auf dem großen Acker der Welt viele Komplimente –, aber dann stellen sie ihm aussäen, sind dies auf besondere Art und Weise. eine hinterlistige Frage, um ihn in Schwierigkei- Lasst uns für sie beten und ihnen unsere konkrete ten zu bringen und ihn vor dem Volk zu diskre- Unterstützung zukommen. In diesem Zusam- ditieren. Sie fragen ihn: »Was meinst du? Ist es er- menhang möchte ich Gott für die so lang erwar- laubt, dem Kaiser Steuer zu zahlen, oder nicht?« tete Befreiung von Pater Pier Luigi Maccalli dan- (V. 17), also die Steuern an den Kaiser zu zahlen. ken… – wir grüßen ihn mit diesem Applaus! –, Zu jener Zeit ertrug man in Palästina die Herr- der vor zwei Jahren in Niger entführt worden war. schaft des Römischen Reiches nur widerwillig – Wir freuen uns auch darüber, dass zusammen mit und das ist nachvollziehbar, es handelte sich um ihm drei weitere Geiseln freigelassen wurden. Invasoren –, auch aus religiösen Gründen. Für Wir wollen auch weiterhin für die Missionare und die Bevölkerung war der Kaiserkult, der auch Katecheten sowie für alle beten, die in verschie- durch sein Abbild auf Münzen unterstrichen denen Teilen der Welt verfolgt oder entführt wurde, eine Beleidigung des Gottes Israels. Die werden. Gesprächspartner Jesu sind überzeugt, dass es Ich möchte ein Wort der Ermutigung und Un- auf ihre Frage keine andere Antwort geben kann terstützung an die Fischer, die seit über einem als ein »Ja« oder ein »Nein«. Sie warteten, gerade Monat in Libyen festgehalten werden, und an weil sie sich sicher waren, mit dieser Frage Jesus ihre Familien richten. Indem sie sich Maria, in die Ecke drängen und ihn in eine Falle locken »Stern des Meeres«, anvertrauen, mögen sie die zu können. Aber er kennt ihre Bosheit und Hoffnung wach halten, dass sie ihre Lieben bald Erneut lade ich euch ein, den #Rosenkranz in die Hand zu nehmen und weicht dieser Fangfrage aus. Er bittet sie, ihm die wieder umarmen können. Ich bete auch für die die Augen zur Muttergottes zu erheben, die ein Zeichen des Trostes und Münze zu zeigen, das Geld für die Steuer, den Tri- verschiedenen Gespräche, die gerade auf inter- der sicheren Hoffnung ist. Das tun heute eine Million Kinder auf der ganzen but, er nimmt sie in die Hand und fragt, »wessen nationaler Ebene geführt werden, dass sie für die Welt, die für Einheit und Frieden beten. #ChildrenPraying Bild und Aufschrift« das sei. Sie antworten, dass Zukunft Libyens von Bedeutung sein mögen. Brü- es Caesar, also der Kaiser, sei. Da antwortet Jesus: Tweet von Papst Franziskus der und Schwestern, es ist an der Zeit, alle For- »So gebt dem Kaiser, was dem Kaiser gehört, und men der Feindseligkeit zu beenden und den Dia- Gott, was Gott gehört« (V. 21). dern es treten auch klare Richtlinien für die Sen- tes zu beleben. Es geht darum, uns demütig und log zu wählen, der zu Frieden, Stabilität und Mit dieser Antwort stellt sich Jesus über die po- dung der Gläubigen aller Zeiten, auch für uns zugleich mutig zu engagieren und unseren je- Einheit im Land führt. Lasst uns gemeinsam für lemische Kontroverse. Jesus steht immer darüber. heute, zutage. Steuern zu zahlen ist eine Bürger- weiligen Beitrag zur Errichtung einer Zivilisation die Fischer und für Libyen beten, in Stille. Einerseits erkennt er an, dass die Steuern an den pflicht, ebenso wie die Einhaltung der gerechten der Liebe zu leisten, in der Gerechtigkeit und Brü- Ich grüße euch alle, die Römer und die Pilger Kaiser gezahlt werden müssen – das gilt auch für Gesetze des Staates. Zugleich ist es notwendig, derlichkeit herrschen. aus verschiedenen Ländern. Insbesondere grüße uns alle, die Steuern müssen gezahlt werden –, den Vorrang Gottes im Leben des Menschen und Möge die selige Jungfrau Maria allen helfen, und segne ich voller Zuneigung die peruanische weil das Bild auf der Münze das des Kaisers ist. Vor in der Geschichte zu bekräftigen und Gottes jede Art von Heuchelei zu meiden und ehrliche Gemeinschaft von Rom, die hier mit dem verehr- allem aber ruft er in Erinnerung, dass jeder Recht auf das, was ihm gehört, zu respektieren. und konstruktive Bürger zu sein. Und sie möge ten Bild des »Señor de los Milagros« versammelt Mensch ein anderes Bild in sich trägt, wir tragen Daraus leitet sich der Auftrag der Kirche und uns Jünger Christi in der Sendung unterstützen, ist. Ein Applaus für die peruanische Gemein- es im Herzen, in der Seele: das Bild Gottes, und der Christen ab: den Männern und Frauen der je- zu bezeugen, dass Gott der Mittelpunkt und der schaft! Ich begrüße auch die Freiwilligen des deshalb ist es er allein, dem jeder seine Existenz, weils eigenen Zeit von Gott zu erzählen und von Sinn des Lebens ist. »Ente Italiano Tutela Animali e Legalità« (des Ita- sein Leben verdankt und in dessen Schuld er steht. ihm Zeugnis abzulegen. Ein jeder von uns ist Nach dem Angelus sagte der Papst: lienischen Tier- und Rechtsschutzvereins). In diesem Wort Jesu ist nicht nur das Krite- durch die Taufe dazu berufen, eine lebendige Prä- Liebe Brüder und Schwestern! Heute begehen Und allen wünsche ich einen schönen Sonn- rium der Unterscheidung zwischen der politi- senz in der Gesellschaft zu sein und sie mit dem wir den Weltmissionssonntag, der unter dem tag. Bitte vergesst nicht, für mich zu beten. Ge- schen und der religiösen Sphäre enthalten, son- Evangelium und mit der Kraft des Heiligen Geis - Motto »Hier bin ich, sende mich! Geschwisterli- segnete Mahlzeit und auf Wiedersehen!

Internationales Friedenstreffen 2020 in Rom In dieser Ausgabe Einsatz der Religionen für Frieden und Geschwisterlichkeit Generalaudienz in der »Aula Paolo VI« am 14. Oktober ...... 2 Rom. Bei einem Friedenstref- Kapitol organisierte interreligiöse nach Frieden«. Aber Frieden sei Rundgang durch die Päpstlichen Villen fen am Dienstagabend, 20. Okto- Friedenstreffen ist die erste öffent- nur durch Kooperation, Dialog und von Castel Gandolfo ...... 5 ber, haben Papst Franziskus und liche Veranstaltung, zu der Fran- Geschwisterlichkeit möglich, lau- Aventin statt Zionsberg – Jerusalemer andere Religionsvertreter die Gläu- ziskus seit Beginn des Lockdown tete eine durchgehende Mahnung Studienjahr auf Wanderschaft ...... 6 bigen aller Religionen zu noch den Vatikan verlassen hat. Angli- auch aller anderen Sprecher aus Videobotschaft von Papst Franziskus mehr Einsatz für Frieden aufgeru- kaner-Primas Erzbischof Justin christlichen Konfessionen, Islam, an die Teilnehmer des Treffens für fen. »Mangel an Liebe« sei der tie- Welby von Canterbury konnte Judentum, Hinduismus und Bud- einen globalen Bildungspakt ...... 7 fere »Grund unserer persönlichen, wegen der Pandemiebeschrän- dhismus. Großimam Ahmad Al- Angelus am 11. Oktober ...... 8 sozialen, internationalen und öko- kungen nicht nach Rom reisen. Tayyeb von Kairo verurteilte in logischen Probleme«, so der Papst. Der italienische Staatspräsident einer verlesenen Rede den islamis- Botschaft des Papstes an die Kongregation Der Ratsvorsitzende der Evan- Sergio Mattarella war persönlich tischen Terroranschlag von Paris vom Heiligen Erzengel Michael ...... 9 gelischen Kirche in Deutschland anwesend. ebenso wie die Beleidigung der Re- Audienz für die Mitglieder des »Circolo (EKD), Heinrich Bedford-Strohm, Parallel zu den Christen bete- ligionen und den Missbrauch ihrer San Pietro«...... 9 sagte in einer Meditation: »Fragen ten Angehörige anderer Religio- Symbole »unter dem Slogan der Botschaft von Papst Franziskus an die zu stellen und sich anrühren zu nen in Räumlichkeiten rund um Meinungsfreiheit«. Vollversammlung der Päpstlichen lassen von der Not Anderer« sei den Kapitolshügel. Anschließend Nach den Ansprachen der Reli- Akademie der Wissenschaften...... 10 kein »Katalysator für ein schlech- für Versöhnung, ein Ende des Bö- kamen sie auf dem Platz vor dem gionsvertreter wurde in einer Audienz für das Inspektorat für Öffent- tes Gewissen«. Es sei vielmehr sen, des Terrorismus und der Ge- Kapitol zusammen, wo Franziskus Schweigeminute der Toten der liche Sicherheit beim Vatikan ...... 10-11 »Türöffner für ein erfülltes Leben«, walt zu erhören und den Men- sagte, dass den durch die Pande- Pandemie und der Kriege in die- »der Weg zu Frieden und Ge- schen Hoffnung zu schenken, mie verschärften Kriegen und Kon- sem Jahr gedacht. In einem ab- Botschaft des Papstes an das schwisterlichkeit«. auch angesichts der aktuellen flikten ein Ende zu setzen insbe- schließend unterzeichneten Frie- Beraterinnengremium des Patriarch Bartholomaios I. erin- Coronavirus-Pandemie. sondere »eine unaufschiebbare densappell heißt es: »Es ist erneut Päpstlichen Rats für die Kultur...... 11 nerte bei der Andacht daran, dass Das von der Gemeinschaft Pflicht aller politischen Verantwor- Zeit für die kühne Vision, dass Generalaudienz in der »Aula Paolo VI« Friede ein Geschenk Gottes ist. Er Sant’Egidio in der Basilika Santa tungsträger« sei. Die Welt habe Friede möglich ist, dass eine Welt am 7. Oktober ...... 12 bat Gott, die Gebete der Christen Maria in Aracoeli und auf dem heute »einen brennenden Durst ohne Krieg keine Illusion ist.« 23. Oktober 2020 / Nummer 43 L’OSSERVATORE ROMANO Wochenausgabe in deutscher Sprache 2 Aus dem Vatikan

Generalaudienz in der »Aula Paolo VI« am 14. Oktober Wir sind alle kostbar in den Augen Gottes

Liebe Brüder und Schwestern, im Psalter als der unsinnigste Feind des Men- guten Tag! schen: Welches Verbrechen verdient eine so Wenn wir die Bibel lesen, stoßen wir ständig grausame Bestrafung, die Vernichtung und das auf Gebete verschiedener Art. Wir finden jedoch Ende mit sich bringt? Der Psalmbeter bittet auch ein Buch, das nur aus Gebeten besteht – ein Gott, dort einzugreifen, wo alles menschliche Buch, das zur Heimat, Übungsstätte und zum Zu- Bemühen vergeblich ist. Darum ist das Gebet hause zahlloser Beter geworden ist. Es handelt schon an sich der Weg des Heils und der Anfang sich um das Buch der Psalmen. Es sind 150 Psal- des Heils. men zum Gebet. Alle leiden in dieser Welt: ob man an Gott Es gehört zu den weisheitlichen Büchern, glaubt oder ob man ihn zurückweist. Im Psalter weil es – durch die Erfahrung des Gesprächs mit wird der Schmerz jedoch zur Beziehung, zum Gott – das »zu Beten wissen« vermittelt. In den Verhältnis: zum Schrei um Hilfe, der erwartet, auf Psalmen finden wir alle menschlichen Gemüts- Gehör zu stoßen. Er kann nicht ohne Sinn, ohne zustände: die Freuden, die Leiden, die Zweifel, die Zweck bleiben. Auch die Schmerzen, die wir er- Hoffnungen, die Verbitterungen, die unser Leben leiden, können nicht nur besondere Fälle eines all- färben. Der Katechismus sagt, dass jeder Psalm gemeinen Gesetzes sein: Es sind immer »meine« »so nüchtern [ist], dass er von den Menschen je- Tränen. Denkt daran: Die Tränen sind nicht allge- den Standes und jeder Zeit gebetet werden kann« mein, es sind »meine« Tränen. Jeder hat die eige- (KKK, 2588). Wenn wir die Psalmen immer wie- nen. »Meine« Tränen und »mein« Schmerz drän- der lesen, erlernen wir die Sprache des Gebets. gen mich also, mit dem Gebet voranzugehen. Es Denn Gott, der Vater, hat sie mit seinem Geist in sind »meine« Tränen, die niemand jemals vor mir das Herz des Königs David und anderer Beter ein- vergossen hat. Ja, viele haben geweint, viele. Aber gegeben, um jeden Mann und jede Frau zu leh- »meine« Tränen sind meine, »mein« Schmerz ist ren, wie man ihn loben, wie man ihm danken meiner, »mein« Leiden ist meines. und ihn bitten soll, wie man ihn in der Freude Der Papst hat bei der Generalaudienz Bevor ich in die Audienzhalle gekommen bin, und im Leiden anrufen soll, wie man von den Distanz zu den Menschen in der vatikanischen hatte ich eine Begegnung mit den Eltern jenes Wundern seiner Werke und seines Gesetzes er- Audienzhalle gehalten. »Gerne würde ich zu Priesters der Diözese Como, der getötet worden zählen soll. Kurz gesagt, die Psalmen sind das euch kommen, um euch zu begrüßen. Aber ist; er wurde getötet in seinem Dienst, Hilfe zu Wort Gottes, das wir Menschen gebrauchen, um mit den neuen Vorschriften wahren wir lieber leisten. Die Tränen jener Eltern sind »ihre« Trä- mit ihm zu sprechen. Abstand«, sagte er am Ende seiner Ansprache. nen, und jeder von ihnen weiß, wie sehr er gelit- Nur so, wenn die Menschen Masken tragen und ten hat, diesen Sohn zu sehen, der sein Leben im Vom Leiden zum Fragen Abstand halten, könne man die Audienzen Dienst an den Armen hingegeben hat. Wenn wir fortsetzen. Bereits zu Beginn der Veranstaltung jemanden trösten wollen, dann finden wir keine In diesem Buch begegnen wir keinen ätheri- war Franziskus erstmals nicht durch den Worte. Warum? Weil wir nicht zu seinem schen, abstrakten Personen, keinen Menschen, Mittelgang gekommen, sondern hatte das Schmerz gelangen können, weil »sein« Schmerz die das Gebet mit einer ästhetischen oder welt- Podium durch einen Seiteneingang betreten. seiner ist, »seine« Tränen seine sind. Dasselbe gilt fremden Erfahrung verwechseln. Die Psalmen für uns: Die Tränen, »mein« Schmerz ist meiner, sind nicht am grünen Tisch entstanden; oft sind eine Frage verwandelt. Vom Leiden zum Fragen. Leben ist flüchtig, aber der Beter weiß, dass er die Tränen sind »meine«, und mit diesen Tränen, es dramatische Anrufungen, die mitten aus dem Und unter den vielen Fragen gibt es eine, die im kostbar ist in den Augen Gottes, darum hat es ei- mit diesem Schmerz wende ich mich an den Leben hervorgehen. Um sie zu beten genügt es, Raum stehen bleibt, gleichsam eine unablässige nen Sinn zu klagen. Und das ist wichtig. Wenn Herrn. das zu sein, was wir sind. Wir dürfen nicht ver- Klage, die das ganze Buch von einem Ende zum wir beten, tun wir es, weil wir wissen, dass wir Alle Schmerzen der Menschen sind heilig für gessen, dass wir, um gut zu beten, so beten müs- anderen durchzieht. Eine Frage, die wir oft wie- kostbar sind in den Augen Gottes. Die Gnade des Gott. So betet der Beter des Psalms 56: »Die Wege sen, wie wir sind, ungeschminkt. Man muss die derholen: »Wie lange noch, Herr? Wie lange Heiligen Geistes erweckt in uns dieses Bewusst- meines Elends hast du gezählt. In deinem Seele nicht schminken, um zu beten. »Herr, ich noch?« Jeder Schmerz fordert eine Befreiung, jede sein: kostbar zu sein in den Augen Gottes. Und Schlauch sammle meine Tränen! Steht nicht alles bin so«, und sich vor den Herrn stellen, wie wir Träne verlangt nach einem Trost, jede Wunde er- darum werden wir angehalten zu beten. in deinem Buche?« (V. 9). Vor Gott sind wir keine sind, mit den schönen Dingen und auch mit den wartet eine Heilung, jede Verleumdung einen Unbekannten, keine Nummern. Wir sind Gesich- hässlichen Dingen, die keiner kennt, die aber wir Freispruch. »Wie lange noch, Herr, muss ich das Schmerz und Tränen ter und Herzen, jeder einzeln bekannt, mit Na- in unserem Innern kennen. In den Psalmen erleiden? Höre mich, Herr!« Wie oft haben wir so men. hören wir die Stimmen der Beter aus Fleisch und gebetet: »Wie lange noch?« Es ist genug, Herr! Das Gebet der Psalmen ist das Zeugnis dieser In den Psalmen findet der Gläubige eine Ant- Blut, deren Leben – wie das Leben aller Men- Indem sie unablässig solche Fragen stellen, Klage: eine vielfältige Klage, denn im Leben wort. Er weiß: Auch wenn alle menschlichen schen – voller Probleme, Mühsal, Ungewisshei- lehren uns die Palmen, uns nicht an den Schmerz nimmt der Schmerz zahlreiche Formen an, und Türen verriegelt sein sollten, Gottes Tür ist offen. ten ist. Der Psalmist protestiert nicht radikal ge- zu gewöhnen, und sie erinnern uns daran, dass er nimmt den Namen Krankheit, Hass, Krieg, Ver- Auch wenn die ganze Welt ein Schuldurteil ge- gen dieses Leiden: Er weiß, dass es zum Leben das Leben nicht gerettet ist, wenn es nicht geheilt folgung, Misstrauen an… Bis hin zum allerhöchs - sprochen hat, gibt es in Gott das Heil. gehört. In den Psalmen wird das Leiden jedoch in ist. Das Dasein des Menschen ist ein Hauch, sein ten »Skandal«, dem des Todes. Der Tod erscheint »Der Herr hört«: Manchmal genügt es im Ge- bet, das zu wissen. Nicht immer lassen sich die Probleme lösen. Wer betet, täuscht sich nicht: Er weiß, dass viele Fragen des Lebens hier auf Erden Jugendliches Computergenie seliggesprochen ungelöst, ausweglos bleiben; das Leiden wird uns begleiten, und wenn man einen Kampf überwun- Assisi. Der als »Cyber-Apostel« Autodidakt populäre Internetseiten den hat, werden andere uns erwarten. Wenn uns verehrte italienische Junge Carlo zu religiösen Themen. Seine ausge- jedoch Gehör geschenkt wird, wird alles erträg- Acutis ist am Samstag, 10. Oktober, prägte Liebe zur Eucharistie, die er lich. in Assisi seliggesprochen worden. als »Autobahn in den Himmel« be- Das Schlimmste, was passieren kann, ist, in , emeritierter Kardi- zeichnete, machte ihn international der Einsamkeit zu leiden, ohne dass jemand an nalvikar der Diözese Rom, würdigte bekannt. uns denkt. Daraus rettet uns das Gebet. Denn es den an Leukämie gestorbenen 15- Als der junge Katholik erfuhr, kann geschehen, und sogar oft, dass man die Jährigen als »wahren Zeugen der dass er unheilbar an Leukämie er- Pläne Gottes nicht versteht. Aber unsere Klage Liebe Christi«. Acutis habe die Eu- krankt war, widmete er sich ganz staut sich nicht hier auf Erden an: Sie steigt auf zu charistie in den Mittelpunkt seines dem Papst und der Kirche. Acutis ihm, der das Herz eines Vaters hat und der selbst kurzen Lebens gestellt und sei zu ei- starb im Alter von 15 Jahren am weint um jedes Kind – jeden Sohn und jede Toch- nem »Vorbild besonders für junge 12. Oktober 2006 und wurde sei- ter –, das leidet und stirbt. Ich möchte euch et- Menschen« geworden. nem Wunsch entsprechend in As- was sagen: Mir tut es gut, in schlimmen Augen- Zu der feierlichen Zeremonie in sisi bestattet. Beim Weltjugendtag blicken an das Weinen Jesu zu denken, als er der Basilika des heiligen Franziskus 2013 in Rio de Janeiro bezeichnete beim Anblick von Jerusalem geweint hat, als er waren etwa 3.000 Pilger in den um- man ihn bei der Vorstellung seiner vor dem Grab des Lazarus geweint hat. Gott hat brischen Wallfahrtsort gereist. We- Lebensgeschichte als möglichen für mich geweint, Gott weint, er weint um un- gen der Corona-Schutzvorschriften aufgenommen wurde. Im An- tonte Kardinal Vallini. Dieser »hero- »Patron des Internet«. sere Schmerzen. Denn Gott wollte Mensch wer- fanden nicht alle in der Kirche Platz. schluss wurde unter großem Ap- ische Glaube« habe dem Krebskran- Am 5. Juli 2018 erkannte ihm den – so sagte ein geistlicher Schriftsteller –, um Viele mussten das Ereignis auf einer plaus ein Gemälde des Jungen ent- ken selbst in den schwersten Stun- Papst Franziskus aufgrund seines weinen zu können. Daran zu denken, dass Jesus Großleinwand vor dem Gotteshaus hüllt. Auch die Eltern des den Zuversicht geschenkt. Carlo vorbildlichen Lebenswandels den im Schmerz mit mir weint, ist ein Trost: Es hilft verfolgen. Fernsehsender und Inter- Verstorbenen waren an dem Fest- stehe beispielhaft dafür, dass man heroischen Tugendgrad zu. Im Fe- uns voranzugehen. Wenn wir in der Beziehung netportale übertrugen die Seligspre- akt beteiligt. In einer Prozession das Internet nicht nur als Raum für bruar 2020 folgte die päpstliche An- zu ihm bleiben, dann erspart uns das Leben nicht chung in ganz Italien. brachten sie ein aufwendig verzier- Zerstreuung, sondern als Mittel für erkennung eines auf Fürsprache das Leiden, aber es öffnet sich auf einen großen Kardinal Vallini verlas zu Beginn tes goldenes Reliquiar mit dem Herz einen wahren Dialog nutzen könne. von Acutis bewirkten Wunders. Horizont des Guten hin und macht sich auf den der heiligen Messe das offizielle ihres Sohnes zum Altar. Acutis wird von Anhängern in al- Demnach war im Jahr 2010 ein Weg zu seiner Erfüllung. Nur Mut, vorwärts mit Schreiben von Papst Franziskus, mit Acutis' sehnlichster Wunsch sei ler Welt als frommes Computer - schwerkrankes brasilianisches Kind dem Gebet. Jesus ist immer an unserer Seite. dem Acutis (Gedenktag 12. Okto- es gewesen, so viele Menschen wie genie verehrt. Er interessierte sich auf medizinisch unerklärliche ber) in das Verzeichnis der Seligen möglich für Jesus zu gewinnen, be- früh für Informatik und erstellte als Weise geheilt worden. (Orig. ital. in O.R. 15.10.2020) 23. Oktober 2020 / Nummer 43 L’OSSERVATORE ROMANO Wochenausgabe in deutscher Sprache Aus dem Vatikan und der Weltkirche 3

Religionen helfen Videobotschaft des Papstes zum 75. Gründungstag der FAO Das Gebet ist in der Pandemie Dem Hunger in der Welt die Mitte des Lebens Riad/Wien. Zum Abschluss des diesjähri- Vatikanstadt. In der Generalaudienz am gen Interreligiösen G20-Forums haben die Orga- ein für allemal ein Ende setzen Mittwoch, 21. Oktober, die in der vatikanischen nisatoren die Rolle der Religionsgemeinschaften Audienzhalle stattfand, setzte Papst Franziskus in der Corona-Krise hervorgehoben. Wichtig Vatikanstadt/Rom. Papst Franziskus hat Menschheit nicht nur eine Tragödie, sondern seine Katechesereihe über das Gebet fort. Ein Mit- seien engere Beziehungen zwischen Regierun- dazu aufgerufen, Gelder für Waffenkäufe und an- auch eine Schande. Denn zu großen Teilen ent- arbeiter der deutschsprachigen Abteilung des gen und religiösen Führungspersönlichkeiten, dere Militärzwecke in einen weltweiten Fonds stehe Hunger durch die ungerechte Verteilung Staatssekretariats trug folgende Zusammenfas- auch auf Ebene der UN, hieß es in einer am ver- zur Bekämpfung des Hungers umzuleiten. »Dies von Lebensmitteln. Hinzu kämen fehlende Inves- sung vor: gangenen Wochenende veröffentlichten Schluss - wäre eine mutige Entscheidung«, sagte der Papst titionen, der Klimawandel und die Zunahme von Liebe Brüder und Schwestern, in den Psalmen erklärung der Verantwortlichen, darunter das am Freitag, 16. Oktober, in einer Videobotschaft Konflikten. begegnet uns das Gebet als die grundlegende Wiener Dialogzentrum KAICIID und die Allianz zum 75. Gründungstag Wirklichkeit des Lebens. Der Bezug auf das Abso- der Zivilisationen der Vereinten Nationen (UN- der Welternährungsor- lute und Transzendente hin – die Lehrer des AOC). So sollten etwa die G20-Staaten bei ihren ganisation (FAO). Er geistlichen Lebens sprechen von der »heiligen künftigen Gipfeln das »G20 Interfaith Forum« of- erneuerte damit einen Ehrfurcht vor Gott« – macht uns erst wirklich fiziell an ihren Beratungen beteiligen. Vorschlag aus seiner menschlich. Der »Frevler«, das Gegenbild zum Be- »In diesen schwierigen Zeiten, in denen das jüngst veröffentlichten ter in den Psalmen, lebt hingegen so, als ob es Gott Coronavirus globale wirtschaftliche und soziale Sozialenzyklika »Fratelli nicht gäbe, und kennt keine Zügel für seine Über- Verwerfungen verursacht, sollten politische Ent- tutti« zur Einrichtung heblichkeit. Das Gebet ist die Mitte des Lebens. scheidungsträger anerkennen, dass für über 80 eines entsprechenden Wenn wir beten, gewinnt alles an Bedeutung, Prozent der Weltbevölkerung Religion das tägli- Weltfonds, »um dem wird der Bruder, die Schwester wichtig. Beten che Leben, Normen und Beziehungen beein- Hunger ein für alle Mal lässt das Verantwortungsbewusstsein wachsen. flusst«, so die Erklärung. Die Bedeutung religiöser ein Ende zu setzen«. Wer zu Gott betet, liebt dessen Kinder und achtet Führungspersönlichkeiten gehe über die Feier In den 75 Jahren ih- die Menschen. Wer den Armen in seiner Not miss - von Gottesdiensten oder pastorale Aufgabe hin- res Bestehens habe die achtet, kann dem Herrn nicht begegnen, weil er aus. In vielen Weltregionen verbreiteten sie die FAO gelernt, dass es Gottes Abbild im Mitmenschen nicht sieht. Der Ideale von Nächstenliebe, Sicherheit, Menschen- nicht ausreiche, einfach nur Nahrungsmittel zu Bei dem Festakt im FAO-Hauptquartier in Psalter ist eine große Schule des Betens. Das per- rechten und Zusammenhalt, »insbesondere für produzieren, sagte der Papst weiter. Ebenso wich- Rom sprachen unter anderen UN-Generalse- sönliche Gebet schöpft aus dem Beten des gläubi- die Schwächsten in allen Gesellschaften«. tig seien eine nachhaltige Produktion gesunder kretär António Guterres, Italiens Staatspräsident gen Volkes Gottes. Die Bitten des Einzelnen ver- Die G20-Staaten sollten bei ihrer Zusammen- Produkte, die für alle zugänglich und erwerbbar Sergio Mattarella und der Direktor des jüngst mit binden sich mit den Anliegen der Gemeinschaft arbeit gerade die Schwächsten im Blick behalten, sein müssten. Dazu braucht es nach Aussage von dem Friedensnobelpreis ausgezeichneten Welt- und können von allen und für alle vor den Herrn appellierten die Gipfel-Organisatoren. Dabei Franziskus vor allem eine nachhaltige und diver- ernährungsprogramms (WFP), David Beasley. gebracht werden. Beten vollzieht sich in einer könnten sie vom ethischen Engagement des In- sifizierte Landwirtschaft, in der auch kleine Be- Das Motto des Jubiläums am diesjährigen geistlichen Spannung in zweifacher Richtung: Das terreligiösen Forums profitieren, riefen sie zur triebe unterstützt werden und eine Chance ha- Welternährungstag lautet »Grow, Nourish, Sus- Gebet zu Hause oder in der Kirche geht hinaus auf systematische Einbindung religiöser Akteurin- ben. Hunger, so der Papst weiter, sei für die tain. Together«. die Straßen und wird dort fruchtbar; umgekehrt nen und Akteure in politische Entscheidungspro- keimt es unter den Sorgen des täglichen Lebens zesse auf nationaler und internationaler Ebene auf und findet seine Erfüllung in der Liturgie. auf. Eine konkrete Empfehlung des Forums ist Logo des Weltjugendtages 2023 Der Papst grüßte die deutschsprachigen Pilger auch, dass Religionsgemeinschaften in Entwick- in Lissabon vorgestellt auf Italienisch. Anschließend wurde folgende lung und Verteilung eines Impfstoffs gegen das deutsche Übersetzung der Grüße vorgelesen: Corona-Virus eingebunden werden. Vatikanstadt. Der Vatikan hat das Logo für Sehr herzlich heiße ich die Pilger deutscher Das Interreligiöse G20-Forum hatte in Form den Weltjugendtag 2023 in Lissabon vorgestellt. Sprache willkommen. Der Missionsmonat Okto- einer groß angelegten, mehrtägigen Online-Kon- Das von der 24-jährigen portugiesischen Desi- ber erinnert uns daran, dass im Gebet die Welt ferenz getagt. Hunderte Religionsführer, Exper- gnerin Beatriz Roque Antunes entworfene Signet immer zugegen sein muss. Die erste Mission ist ten und Politiker berieten dabei über die Folgen vereint die Motive des Kreuzes, eines Wegs, der das Gebet, unsere Beziehung zum Herrn, die un- der Corona-Pandemie und Strategien gegen ge- Gottesmutter Maria und eines Rosenkranzes. Ge- seren Einsatz für das Evangelium und für das Heil waltsame Konflikte, Klimawandel, Hassrede und halten ist die Darstellung in den portugiesischen der Menschen, vor allem der Armen, erst frucht- Menschenhandel. Die Ergebnisse sollen Ende Landesfarben Grün und Rot mit etwas Gelb. bar macht. Bitten wir den Herrn, dass wir wirk- November den Staats- und Regierungschefs der Das Logo setzt das Motto des 37. Weltjugend- lich missionarische Jünger sind. führenden Volkswirtschaften der Welt bei ihrem tages um; dieses lautet: »Maria stand auf und diesjährigen G20-Gipfel im saudischen Riad vor- machte sich eilig auf den Weg«. Wegen der Covid- Die kirchlichen Weltjugendtage wurden 1985 gelegt werden. Als Vertreter des Vatikan hatte Pandemie hatten die Verantwortlichen bereits im vom heiligen Papst Johannes Paul II. (1978-2005) Kardinal Miguel Ayuso Guixot, der Präsident des April entschieden, das für 2022 geplante interna- ins Leben gerufen und finden inzwischen in der Kurz notiert Päpstlichen Rates für den Interreligiösen Dialog, tionale Großtreffen auf den August 2023 zu ver- Regel alle drei Jahre als weltweite Großtreffen erklärt, Religionen müssten die Welt mit Hoff- schieben. Man wolle vermeiden, Familien und statt. Das bisher letzte Treffen dieser Art war im Vatikanstadt. Nach achtmonatiger nung »anstecken«. Videobotschaften zum Start junge Menschen einer gesundheitlichen Gefahr Januar 2019 in Panama-Stadt. (Website des Welt- coronabedingter Unterbrechung haben der Beratungen gab es unter anderen von UN-Vi- auszusetzen, teilte der Vatikan damals mit. jugendtages 2023: www.lisboa2023.org) Papst Franziskus und sein engster Berater- zegeneralsekretärin Amina Mohammed und kreis von Kardinälen am Dienstag, 13. Ok- dem Hohen Vertreter der UN-Allianz der Zivilisa- tober, virtuell getagt. Gegenstand war die tionen, Miguel Moratinos. Dringendes Handeln Amazonassynode Reform der Kirchenleitung. Wie das Pres- in Klimakrise erforderlich hat positive Folgen seamt des Heiligen Stuhls mitteilte, legte Papst würdigt der Kardinalsrat dem Papst eine überarbei- Vatikanstadt. In einer Videobotschaft zur Aachen/Essen. Ein Jahr nach der Weltbi- tete Fassung für eine neue Kurienordnung Dante Alighieri Klimakrise hat Papst Franziskus erneut zu drin- schofssynode fur̈ Amazonien haben die beiden vor. Der Text werde jetzt in den zuständi- zum 700. Todestag gendem Handeln aufgerufen. Die sozial-ökologi- Hilfswerke Misereor und Adveniat ein positives gen Behörden gelesen. Das letzte physi- sche Krise werde durch die Corona-Pandemie Zwischenfazit gezogen. »Ein intensivierter Aus- sche Treffen des Kardinalsrats hatte Mitte Vatikanstadt. Der Papst hat den italieni- noch verstärkt, sagte er in dem Video. »Das führt tausch sowie die Einfuhrung̈ der neuen kirchli- Februar stattgefunden. schen Dichter Dante Alighieri (1265-1321) als dazu, dass wir alle uns entscheiden müssen.« Ent- chen Amazonas-Konferenz CEAMA gelten als ****** »Propheten der Hoffnung« gewürdigt. Anlass ist weder könne man »das Leid der Ärmsten ignorie- wichtige Folgeschritte«, erklärten die Hilfsorgani- Vatikanstadt. Der Vatikan gibt sich der 700. Todestag des berühmten Dichters und ren und unser gemeinsames Haus, die Erde, wei- sationen in Aachen und Essen. Gleichzeitig neue Regeln für eine effizientere Bekämp- Philosophen im nächsten Jahr. ter misshandeln«, so der Heilige Vater. Die andere bleibe noch viel zu tun, um Papst Franziskus’ vier fung von Geldwäche und Terrorismus - Bei einer Audienz am Samstag, 10. Oktober, Möglichkeit bestehe darin, die gegenwärtige Le- Träume aus dem Abschlussschreiben der Synode finanzierung. Mit einem am 10. Oktober äußerte Franziskus die Hoffnung, das Dante-Fest- bensweise »auf allen Ebenen« zu verändern. Der Querida Amazonia Realität werden zu lassen. veröffentlichten Dekret sollen die bisher jahr werde für viele ein Anlass sein, um die Papst äußerte sich am Samstagabend, 10. Okto- Dafur̈ sei auch ein europäischer Beitrag nötig, in geltenden Vorgaben von 2013 auf den Werke des Autors wieder zur Hand zu nehmen. ber, im Rahmen der digitalen Kampagne »TED Politik wie Gesellschaft. neuesten Stand gebracht werden. unter- »Dante fordert uns erneut auf, den verlorenen Countdown«. Darin haben sich Persönlichkeiten Der Hauptgeschäftsfuhrer̈ des Lateinamerika- zeichnet wurden die Änderungen von oder verdunkelten Sinn unseres irdischen Weges aus aller Welt zusammengeschlossen, um für eine Hilfswerks Adveniat, Michael Heinz, erklärte, die Kardinal in seiner Funk- wiederzufinden«, sagte der Heilige Vater vor ei- Senkung des Treibhausgas-Nettoausstoßes auf Beschlussë der Synode wurden̈ trotz Corona vor tion als Präsident des Governatorats des ner Delegation aus Ravenna, wo sich das Grab Null zu werben. Zu den Unterstützern zählen Ort mit den Menschen an der Basis diskutiert und Staates der Vatikanstadt. Sie beziehen sich des Künstlers befindet. »Mit Gottes Hilfe« wolle etwa UN-Generalsekretär António Guterres, EU- umgesetzt. Es sei eine »Synode des Aufbruchs fur̈ unter anderem auf die Erhebung, Verar- er ihm 2021 eine Betrachtung widmen, kündigte Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen Amazonien und den Planeten«. Zudem hätten die beitung und Weitergabe von Daten sowie Franziskus an. Dante ist einer der bekanntesten und Prinz William, Herzog von Cambridge. Amazonas-Bischöfe mit Einfuhrung̈ der kirchli- interne Zuständigkeiten. Dichter der italienischen Literatur sowie des eu- Niemand solle aus der aktuellen Krise unver- chen Amazonas-Konferenz CEAMA eine der ropäischen Mittelalters. Er starb im Exil, fern sei- ändert hervorgehen, verlangte Franziskus. Es er- wichtigsten Forderungen des Papstes und der ****** ner Heimat Florenz. fordere »eine Verschiebung, Veränderung«. Das Synode umgesetzt, sagte Heinz. »Die pastorale Vatikanstadt. Eine Gedenkmünze Bereits zum 750. Geburtstag im Jahr 2015 Ziel sei klar: »Im nächsten Jahrzehnt eine Welt Arbeit in und fur̈ Amazonien hat jetzt einen mit dem Motiv der Pachamama hat der hatte Franziskus Dantes Werk gelobt. Er verwies aufzubauen, in der wir auf die Bedürfnisse heuti- festen, eigenständigen Ort innerhalb des Rates Vatikan aus Anlass des 50. »Tages der dabei auf die große Wertschätzung, die seine Vor- ger Generationen, alle mit inbegriffen, eingehen der lateinamerikanischen Bischofskonferenzen Erde« herausgegeben. Die Silbermünze gänger Dante entgegengebracht hätten. Papst Be- können, ohne die Chancen künftiger Generatio- CELAM.« Hier könne eine Pastoral entwickelt zum Preis von 69 Euro zeigt eine schwan- nedikt XV. (1914-1922) habe dem Dichter eine ei- nen zu gefährden.« Er wolle alle Menschen guten werden, die ganz im Sinne von Papst Franziskus gere Frau indigener Herkunft, auf deren gene Enzyklika gewidmet, der heilige Paul VI. Willens, ob gläubig oder nicht, einladen, sich auf das Leben der Indigenen in Kirche, Gesellschaft Bauch die Erdteile dargestellt sind. (1963-1978) ein Apostolisches Schreiben. diese »Reise« zu begeben, so der Papst. und Politik als Einheit begreife, so Heinz. 23. Oktober 2020 / Nummer 43 L’OSSERVATORE ROMANO Wochenausgabe in deutscher Sprache 4 Aus dem Vatikan

VATIKANISCHES BULLETIN Aus dem Vatikan in Kürze

Zum Internationalen Tag gegen die To- – den Ständigen Beobachter des Heiligen Stuhls desstrafe am 10. Oktober hat der Papst sei- Privataudienzen Aus den nen Appell für eine weltweite Abschaffung bei den Ernährungs- und Landwirtschaftsorgani- Orientalischen Kirchen sationen der Vereinten Nationen (FAO, IFAD, erneuert. »Alle Christen und Menschen guten Willens« seien aufgerufen, sich dafür PAM), Msgr. Fernando Chica Arellano; 7. Oktober: Der Papst empfing: einzusetzen, schrieb Franziskus auf Twit- 16. Oktober: Die Bischofssynode des Patriarchats ter. Zudem forderte er menschenwürdige 8. Oktober: von Alexandrien der Kopten hat den Apo- – den ehemaligen Bundespräsidenten der Bun- Lebensbedingungen in sämtlichen Gefäng- – den Präfekten der Kongregation für die Glau- stolischen Stuhl über die Annahme des desrepublik Deutschland, Christian Wulff; nissen. Im vergangenen Jahr wurden ei- benslehre, Kardinal Luis Francisco Ladaria Rücktritts von Bischof Botros Fahim – Kardinal Michael Louis Fitzgerald; nem Amnesty-Bericht zufolge offiziell 657 Ferrer; Awad Hanna von der Leitung der Epar- Menschen in 20 Ländern hingerichtet. – den Apostolischen Nuntius in Mosambik, Pier- – den Apostolischen Nuntius in Liberia, Gambia chie Minya (Ägypten) informiert. giorgio Bertoldi, Titularerzbischof von Spello; und Sierra Leone, Dagoberto Campos Salas, Seine Seligkeit Patriarch Ibrahim ******* Titularerzbischof von Forontoniana; – den Sekretär des Obersten Gerichtshofs der Isaac Sedrak hat als Administrator die Der Vatikan hat die Auszeichnung des Apostolischen Signatur, Giuseppe Sciacca, Ti- 17. Oktober: Leitung des Kirchenbezirks übernommen. Welternährungsprogramms (WFP) mit tularbischof von Fondi; – den Apostolischen Nuntius in Angola und in dem diesjährigen Friedensnobelpreis ge- – den Botschafter von Griechenland, Nicolas São Tomé und Príncipe, Giovanni Gaspari, Titu- lobt. Das unterstreiche die Bedeutung des Ch. Patakias, zu seinem Abschiedsbesuch; larerzbischof von Alba Marittima, mit Familien- mit Zuweisung des Titularsitzes Milevi; José Ma- Kampfes gegen Hunger, sagte Fernando angehörigen; nuel Garza Madero, vom Klerus der Erzdiö- Chica Arellano, Ständiger Beobachter des 9. Oktober: Heiligen Stuhls beim WFP, dem Portal Va- – den Botschafter von Griechenland, Panos Ka- zese, bisher Rektor der Kathedrale und Bischofs- – den Präsidenten des Päpstlichen Rats zur För- tican News am 10. Oktober. Ohne ein sol- logeropoulos, zur Überreichung des Beglaubi- vikar, mit Zuweisung des Titularsitzes Tiburnia. derung der Neuevangelisierung, Salvatore Fisi- ches Engagement der internationalen Ge- gungsschreibens; chella, Titularerzbischof von Voghenza; meinschaft sei Frieden nicht zu erreichen. – den Präfekten der Kongregation für die Bischö - Päpstlicher Sondergesandter – den Rektor der Päpstlichen Lateranuniversität, fe, Kardinal ; Prof. Vincenzo Buonomo; 10. Oktober: 20. Oktober: – den Büroleiter in der Päpstlichen Kommission Der Papst ernannte: 12. Oktober: für Lateinamerika, Dott. Julio César Caballero – den Apostolischen Nuntius in der Bundesrepu- – zum ordentlichen Mitglied der Päpstlichen – zu seinem Sondergesandten bei den Feierlich- Moreno; blik Deutschland, Nikola Eterovic, Titularerzbi- Akademie der Wissenschaften: Prof. Maryanne keiten aus Anlass des 100-jährigen Bestehens der schof von Cibale; Wolf, Professorin für Neurowissenschaften an 10. Oktober: Erzdiözese Lódz (Polen) am 12. Dezember: Kar- – den Erzbischof von Siena-Colle di Val d’Elsa- der »University of California« (Vereinigte Staaten – den Präfekten der Kongregation für die dinal , Päpstlicher Almosen- Montalcino (Italien), Augusto Paolo Lojudice; von Amerika); Bischöfe, Kardinal Marc Ouellet; pfleger. – den Präsidenten des Internationalen Komitees 14. Oktober: – die Gattin des Präsidenten der Republik Me- vom Roten Kreuz, Dr. Peter Maurer, mit Beglei- – zum ordentlichen Mitglied der Päpstlichen xiko, Beatriz Gutiérrez Müller; Rücktritte tung. Akademie der Wissenschaften: Prof. José 12. Oktober: Der Papst nahm die folgenden Rücktrittsge- Nelson Onuchic, Professor für Molekulare Bio- suche an: – den Botschafter von Nicaragua, Francisco Ja- Bischofskollegium physik an der »Rice University« in Houston (Ver- vier Bautista Lara, zur Überreichung des Be- 7. Oktober: einigte Staaten von Amerika); glaubigungsschreibens; Ernennungen – von Bischof Antônio Roberto Cavuto von 15. Oktober: – den Apostolischen Nuntius in Marokko, Vito der Leitung der Diözese Itapipoca (Brasilien); – zum Präfekten der Kongregation für die Selig- Der Papst ernannte: Rallo, Titularerzbischof von Alba; und Heiligsprechungsprozesse: Marcello Se- 17. Oktober: – den Bischof von Hildesheim (Bundesrepublik 7. Oktober: meraro, bisher Bischof von Albano und Sekretär Deutschland), Heiner Wilmer; – von Bischof Edward Janiak von der Leitung des Kardinalsrats, der den Heiligen Vater in der – zum Bischof der Diözese Itapipoca (Brasilien): der Diözese Kalisz (Polen). – den emeritierten Präfekten des Wirtschafts- Rosalvo Cordeiro de Lima, bisher Weihbischof Leitung der Weltkirche unterstützt und das Revi- sekretariats, Kardinal ; in der Erzdiözese Fortaleza und Titularbischof sionsprojekt für die Apostolische Konstitution Pas- von Castello di Tatroporto; Todesfälle tor Bonus über die Römische Kurie ausarbeitet; 15. Oktober: 10. Oktober: – zum ordentlichen Mitglied der Päpstlichen – den Apostolischen Nuntius in Großbritannien, Am 13. Oktober ist der emeritierte Erzbischof Akademie der Wissenschaften: Prof. Reinhard – zum Weihbischof in der Metropolitan-Erzdiö- Claudio Gugerotti, Titularerzbischof von Ra- von Aix in Frankreich, Claude Feidt, im Alter Genzel, Direktor des »Max Plank Institute for Ex- zese Tucumán (Argentinien): Roberto Ferrari, vello; von 84 Jahren im Krankenhaus von Puy-en-Velay traterrestrial Physics« in Garching (Bundesrepu- vom Klerus der Diözese Villa de la Concepción del – den Präsidenten der Päpstlichen Diplomaten- gestorben. blik Deutschland). Río Cuarto, bisher Rektor des Priesterseminars akademie, Joseph Marino, Titularerzbischof von Am 14. Oktober ist der emeritierte Bischof »Jesús Buen «, mit Zuweisung des Titular- Natchitoches; von Viana do Castelo in Portugal, José Augusto sitzes Pinhel; Martins Fernandes Pedreira, im Alter von 85 – zum Weihbischof in der Diözese Zárate-Cam- Jahren in Braga gestorben. pana (Argentinien): Justo Rodríguez Gallego, Am ist der emeritierte Bischof von Bestätigungen und Ernennungen vom Klerus der Metropolitan-Erzdiözese Toledo 15. Oktober Ciudad Real in Spanien, Antonio Ángel Algora für den Kardinalsrat (Spanien), bisher Generalvikar der Diözese Hernando, im Alter von 80 Jahren gestorben. Zárate-Campana, mit Zuweisung des Titularsitzes 15. Oktober: Nomento; Am 17. Oktober ist der emeritierte Bischof von L’OSSERVATORE ROMANO Wochenausgabe in deutscher Sprache Papst Franziskus hat Kardinal Óscar Manchester, , in den Vereinigten 12. Oktober: 50. Jahrgang Andrés Rodríguez Maradiaga, Erzbi- Staaten von Amerika, Odore Joseph Gendron, Herausgeber: Apostolischer Stuhl – zum Metropolitan-Erzbischof von Popayán Verantwortlicher Direktor: Andrea Monda schof von Tegucigalpa (Honduras), als Ko- im Alter von 99 Jahren gestorben. Vizedirektor: Giuseppe Fiorentino ordinator des Kardinalsrats bestätigt, der (Kolumbien): Omar Alberto Sánchez Cubil- los, bisher Bischof von Tibú; den Heiligen Vater in der Leitung der Welt- Redaktion kirche unterstützt und das Revisionspro- 14. Oktober: Der Apostolische Stuhl I-00120 Vatikanstadt; jekt für die Apostolische Konstitution Pas- Tel.: 00 39/06 69 89 94 30; – zum Bischof von Springfield in Massachusetts Internet: http://www.vatican.va; tor Bonus über die Römische Kurie (Vereinigte Staaten von Amerika): William D. Römische Kurie E-Mail: [email protected] ausarbeitet. Bilder: Foto-Service und Archiv O.R. Byrne, vom Klerus der Erzdiözese Washington, Tel.: 00 39/06 69 84 51 47; E-Mail: [email protected] Außerdem bestätigte der Papst als Mit- bisher Pfarrer der »Our Lady of Mercy Parish« in Der Papst ernannte: Verlag: Schwabenverlag AG; Vorstand: Ulrich Peters glieder des Kardinalsrats: , Potomac; Vertrieb: Annika Wedde; Anzeigen: Angela Rössel Kardinalstaatssekretär; Seán Patrick 7. Oktober: Postfach 42 80; D-73745 Ostfildern; 16. Oktober: Tel.: (07 11) 44 06-0; Fax: (07 11) 44 06 138; O’Malley, Erzbischof von Boston (Verei- – zum Bischof-Koadjutor von Serrinha (Brasilien): – zu Konsultoren des Amtes für die liturgischen Internet: http://www.schwabenverlag.de; nigte Staaten von Amerika); Oswald Gra- Feiern des Papstes: Sac. Pietro Angelo Muroni, E-Mail: [email protected] Hélio Pereira dos Santos, bisher Weihbischof Druck: Pressehaus Stuttgart Druck GmbH cias, Erzbischof von Bombay (Indien); Dekan der Theologischen Fakultät der Päpstli- Plieninger Straße 150, D-70567 Stuttgart; in der Metropolitan-Erzdiözese São Salvador da e , Erzbischof von Mün- chen Universität Urbaniana in Roma; Sr. Katia Jahresabonnement: Deutschland 98,50; Schweiz Bahia und Titularbischof von Tiava; sFr. 135,–; restl. Europa e 102,50; Übersee e 129,50. chen und Freising (Bundesrepublik De Simone EF, Mitarbeiterin des Staatssekreta- ISSN 0179-7387 Deutschland); Giuseppe Bertello, Präsi- 17. Oktober: Folgende Bankverbindungen gelten für die Kunden in riats und Expertin für Liturgie; Deutschland, Österreich und der Schweiz: dent des Governatorats für den Staat der – zum Apostolischen Administrator »sede va- Deutschland: Liga Bank Regensburg; BIC: GENODEF1M05; 9. Oktober: Vatikanstadt. cante« der Diözese Kalisz (Polen): Grzegorz Rys, IBAN: DE53750903000006486142; – zum ordentlichen Mitglied der Päpstlichen Österreich: BAWAG P.S.K.; BIC: OPSKATWW; IBAN: AT476 Weiter ernannte der Papst zum Mit- Metropolitan-Erzbischof von Lódz; 000000007576654 Akademie der Wissenschaften: Prof. Stefano Schweiz: PostFinance AG; BIC: POFICHBEXXX; IBAN: glied des Kardinalsrats: Kardinal Fridolin – zu Weihbischöfen in der Erzdiözese Monterrey Piccolo, Professor für Molekularbiologie an der CH2809000000800470123 Ambongo Besungu, Erzbischof von Kin- (Mexiko): P. César Garza Miranda OFM, bis- Abonnementgebühren sind erst nach Rechnungserhalt zahl- Universität in Padua (Italien); bar. Abbestellungen können nur schriftlich mit einer Frist shasa (Demokratische Republik Kongo), her Pfarrer, Dekan und Mitglied des Priesterrates von 6 Wochen zum Bezugsjahresende entgegengenommen und zum Sekretär dieses Rates: Marco als Vertreter des Geweihten Lebens, mit Zuwei- 10. Oktober: werden. Bei Anschriftenänderung unserer Leser ist die Post berechtigt, diese an den Verlag weiterzuleiten. Zur Zeit ist die Mellino, Titularbischof von Cresima, bis- sung des Titularsitzes Magneto; Juan Carlos – zu Mitgliedern der Päpstlichen Kommission für Anzeigenpreisliste Nr. 29 vom 1. Januar 2019 gültig. Für un- her beigeordneter Sekretär. Arcq Guzmán, vom Klerus der Erzdiözese, bis- christliche Archäologie: Prof. Rossana Marto- verlangt eingesandte Manuskripte und Fotos wird keine Ge- währ übernommen. her Rektor des Priesterseminars der Erzdiözese, relli und Prof. Maria Carla Somma; 23. Oktober 2020 / Nummer 43 L’OSSERVATORE ROMANO Wochenausgabe in deutscher Sprache Kultur 5

Von Christa Langen-Peduto Ein Rundgang durch die Päpstlichen Villen uf der »Piazza della Libertà«, dem von Castel Gandolfo Platz der Freiheit im idyllischen Ort ACastel Gandolfo in den Albaner Bergen, ist wieder viel Betrieb. Zumindest bei schönem Wetter am Wochenende sitzen Aus - flügler in Kaffeebars ringsum, und auch die Re- staurants sind gut gefüllt. Die Anliegerstraßen sind voll mit geparkten Autos. Trotz Covid-19-Ein- schränkungen, und auch trotz der Abwesenheit des Papstes, zieht Castel Gandolfo wieder Besu- cher an, die gern Stunden verweilen im einstigen päpstlichen Sommersitz und vor allem in den pit- toresken, sorgsam gepflegten Gärten. Voranmeldung über die Webseite der Vatika- Die Fassade des Apostolischen Palastes von der nischen Museen, Fiebermessen am Eingang, Piazza della Libertà aus betrachtet (links); dann ist man drinnen. Audioguide am Ohr, so geht es durch den Apostolischen Palast, in dem Blick von der Terrasse auf den insgesamt 15 Päpste – mit Unterbrechungen – ab »Barberini-Garten« (links unten); dem 17. Jahrhundert dem heißen Rom entflohen Galerie der Papstporträts im und den Sommer verbrachten. Erst Papst Franzis- Palastinneren (oben). kus brach mit dieser Tradition, er bleibt auch im August im Gästehaus Santa Marta im Vatikan. Ein Stück Vatikan Seit dem 21. Oktober 2016 ist der »Palazzo« also Paul I. war 1978 der letzte Pontifex, der sich bei eine Art Museum. »Wir sind also auch zu ei- vor den Toren Roms Generalaudienzen so tragen ließ, damit ihn alle nem Tourismuspool geworden«, sagt Alessandro, sehen konnten. Auch die Nobelgarde, zuständig Angestellter der Vatikanischen Museen in Castel für die Sicherheit des Kirchenoberhauptes, hielt Gandolfo, und wirkt zufrieden. sich früher dort auf. Gemälde von Pier Leone Ghezzi aus dem 18. Jahrhundert sowie kostbare Gepflegte Gartenanlagen Wandteppiche mit Darstellungen der Heiligen Fa- milie schmücken weitere Säle. Dazwischen im- Er fährt uns zunächst durch die weitläufigen mer wieder kleine Warteräume mit zierlichen Gärten. Man kann sie zu Fuß in rund zwei Stun- Sitzmöbeln. In einem Korridor des ersten Stocks den durchwandern, aber im »Open Bus« – er ver- ist eine Reihe von Schwarz-Weiß-Fotos ausge- kehrt coronabedingt nur mit halber Besetzung – stellt, mit Bildern von Menschen, die Hab und bekommt man schneller mehr zu sehen. 55 Hek- Gut verloren hatten und die Pius XII. im Krieg tar sind es insgesamt, doch davon gehen 25 Hek- zwischen November 1943 und Juni 1944 in Cas- tar für den Bauernhof ab. Wir fahren kreuz und tel Gandolfo beherbergen ließ. Tausende von quer, und schon sehr schnell wird bewusst, dass Kriegsflüchtlingen und Ausgebombten waren es. hier nicht nur schöne und dekorativ gestutzte Auch Juden gehörten dazu. Pflanzen zu bewundern sind. Die Gärten sind Im zweiten Stock weitere Audienzsäle und eine harmonische Einheit aus Überresten antiker schließlich die Privaträume des Papstes. Das Ar- Kunst, barocken Brunnen und Skulpturen, er- beitszimmer wurde unter Pius XI. renoviert und gänzt um Zypressen, Zierbüsche, Blumenbeete, unter anderem mit Gemälden des berühmten Magnolienbäume und allerlei Alleen. An einem Renaissancemalers Paolo Veronese (1528 bis Platz steht sogar eine Steineiche im geschätzten 1588) verschönert. Nach dem Speisesaal das Alter von 700 Jahren. Schlafzimmer mit Parkettboden, Perserteppichen Doch beginnen wir mit der Antike. Der römi- und dunklen Holzmöbeln mit Intarsiendekors. sche Kaiser Domitian (81 bis 96 n. Chr.) errichtete Benedikt XVI. war der letzte Pontifex, der in dem sich dort seine Sommervilla. Sie ist der Vorgän- schließlich den Bauernhof mit Kühen, Kaninchen gibt, auch bei Papst Franziskus verzehrt wird. Bett mit verschnörkeltem Messing-Gestell und gerbau des Apostolischen Palastes. Die Ruinen und Hühnern. Eier, Milch, Mozzarella, Joghurt, Salat, Birnen beiger Tagesdecke übernachtet hat. Für die Päps- des von Domitian errichteten Amphitheaters lie- Alles eingebettet in die Gärten, ohne deren und Pfirsiche – alles frisch auf den Tisch. Rund 50 te Pius XII. (1939 bis 1958) und Paul VI. (1963 gen jetzt mitten im Grünen. Ebenso ein einst ge- Schönheit und besonderen Reiz zu beeinträchti- Mitarbeiter sind zwischen Gärten, Villen und bis 1978) war es das Sterbezimmer. Daneben die heimer unterirdischer Gewölbegang für den Kai- gen. Da gibt es den Rosenweg, wo in regelmäßi- Bauernhof im Einsatz, erzählt Alessandro. päpstliche Privatkapelle, mit einer Kopie der ser, der während des Zweiten Weltkriegs von gen Abständen jeweils eine Staude mit besonde- Kurz fahren wir noch am Hubschrauberlande- berühmten Muttergottesikone von Tschensto- Bürgern Castel Gandolfos zum Schutzraum vor rem Namen steht. Queen Elizabeth heißt eine, platz vorbei, der zu Zeiten von Benedikt XVI. chau in Polen. Nicht Johannes Paul II.,wie nahe- deutschen Truppen genutzt wurde. Im Mittelalter andere tragen Papstnamen. Unweit davon, aus (2005 bis 2013) und vorher von Johannes Paul II. liegend wäre, sondern sein Vorgänger Pius XI. gehörte die Domitianvilla unter dem Namen Pflanzen modelliert, die Wappen von Franziskus häufig genutzt wurde. Dort landete der deutsche ließ sie dort aufstellen, ebenso wie Gemälde des »Massa Caesariana« den Grafen von Tusculum. und Benedikt XVI. Es folgen ein Bambuswald, Pontifex, nachdem er im Februar 2013 überra- polnischen Malers Jan Henryk Rosen (1891 bis 1221 wurde sie von den Fürsten Savelli erwor- eine Pinienallee, geformt wie eine gotische Ka- schend zurückgetreten war und vorläufig in Cas - 1982). Pius XI. war vor seiner Papstzeit Nuntius ben, die eine Burg aus ihr machten. 1596 wurde thedrale, Plätze mit plätschernden Brunnen, tel Gandolfo wohnen blieb, bis sein Ruhesitz im in Warschau gewesen. In dieser Kapelle fand sie von der Apostolischen Kammer wegen unbe- Skulpturen auch aus den 1930er-Jahren, schließ- Kloster Mater Ecclesiae in der Vatikanstadt für ihn 2013 die historische Begegnung zweier gemein- glichener Schulden der Savelli beschlagnahmt lich der Steineichen-Platz. Der italienische Gar- bereitstand. Am Apostolischen Palast steht jetzt sam betender Päpste statt, nämlich von Franzis- und zum Barockpalast umgebaut. ten mit seinen rund- und bogenförmig geschnit- schon die nächste Gruppe bereit, die im »Open kus nach seiner Wahl im März 2013 und dem Papst Urban VIII. Barberini (1623-1644) war tenen Hecken entzückt mit den Blumenbeeten Bus« die Gärten besichtigen möchte. Sie haben emeritierten Benedikt XVI. Zwei weitere Kapel- der erste Pontifex, der 1626 in Castel Gandolfo dazwischen. Natürlich gibt es auch den Gebets- den Rundgang durch die Residenz schon hinter len gibt es im Apostolischen Palast, die älteste aus Ferien machte. Insgesamt zwölf Mal hielt er sich weg, mit einer Marienstatue und einem kleinen sich, aus deren Fenstern man auf allen Etagen auf der Zeit Urbans VIII. im 17. Jahrhundert. dort auf, wohnte aber in der von seinem Neffen Seerosenteich davor. Benedikt XVI. fütterte dort den schönen Albaner See tief unten im Tal blickt. An die Privaträume der Päpste schließt sich Taddeo erbauten Villa Barberini in der nächsten gern die Goldfische, wird erzählt. Die »Fontana ein 30 Meter langer Billardsaal an, heute auch Nachbarschaft. Diese wurde erst nach Inkrafttre- dei Tritoni« ziert ähnlich wie ihre Namensvette- Zufluchtsort im Krieg »Buffet-Salon« genannt. Gedacht war er einst für ten der Lateranverträge mit Italien im Jahr 1929 rin in Rom mit herrlichen Plastiken die Mitte ei- das Freizeitvergnügen am päpstlichen Hof. Doch in den exterritorialen päpstlichen Sommersitz ner langen Mauer, die ihrerseits geschmückt ist Durch den Innenhof, in dem zu früheren Zei- zuletzt diente er als Esszimmer. Zwei Fresken aus eingegliedert. Außerdem gibt es die Villa Cybo mit fingerhutartig geschnittenen kleinen Zypres- ten in Castel Gandolfo häufig die allwöchentli- dem 18. Jahrhundert schmücken die Wände. Mit aus dem 18. Jahrhundert, wo heutzutage das sen in Kübeln. Davor sind gepflegte Rasenflächen chen Generalaudienzen stattfanden, gelangen der Besichtigung der sich anschließenden Woh- Kongresszentrum der kirchlichen Fokolarbewe- mit weiteren Zierpflanzen. Und immer wieder die Besucher ins Palastinnere. Die sogenannte nung des Vatikanstaatssekretärs mit Möbeln in gung liegt. Und zwischendurch trifft man auch trifft man auch auf herrliche Panoramaterrassen. »Ehrentreppe« führt in den ersten Stock. Dort spa- chinesischem Stil endet der Rundgang durch den auf die Vatikanische Sternwarte der Jesuiten und Weiter zum schmucken Bauernhof und dem zieren die Besucher über auf Hochglanz polierte Apostolischen Palast. Agrargelände auf insgesamt 25 Hektar. Marmor-Fußböden. Alles ist sehr gediegen und Hier wird so natürlich und hochqualitativ gepflegt. An den Wänden hängt die »Ahnengale- Castel Gandolfo liegt circa 25 Kilometer von wie möglich produziert, ohne das EU- rie«, nämlich Porträts in Goldrahmen von Päpsten Rom entfernt. Man erreicht den einstigen päpstli- Zertifikat »Bio« zu besitzen. Hühner lau- mehrerer Jahrhunderte, teils Kopien berühmter chen Sommersitz am besten per Auto oder mit fen frei herum, Kühe weiden, Obst und Künstler. Die Säle sind ähnlich wie jene im Apos - der U-Bahn der Linie A bis Anagnina, von dort Gemüse werden angebaut, auch Oliven tolischen Palast im Vatikan angelegt, auch mit Na- mit einem Cotral-Bus bis Castel Gandolfo (30 Mi- geerntet. Viel Milch wird produziert, die men wie Konsistoriums- und Thronsaal. Der Saal nuten Busfahrt). Die Zugfahrt vom Vatikanbahn- auch in einem kleinen Lädchen nebenan der Schweizer Gardisten ist geschmückt mit einer hof aus, in den letzten Jahren möglich, wird der- und im Supermarkt des Vatikans verkauft Kreuzabnahme im Hochrelief und einer Gottes- zeit nicht durchgeführt. Voranmeldung über wird. Neben dem Bauernhof liegt auch mutter aus dem 18. Jahrhundert von Domenico www.museivaticani.va empfehlenswert. Corona- eine kleine Raststätte im Freien mit Im- Corvi (1721 bis 1803), einem Maler aus Viterbo Auflagen sind zu beachten. Öffnungszeiten: biss-Möglichkeit für Besucher. Doch jetzt im Latium. Es folgt der sogenannte »Saal der Rei- Montags bis freitags von 8.30 Uhr bis 14.30 Uhr, in Corona-Zeiten ist das Angebot stark re- terknechte«, wo jetzt unter anderem die einstigen samstags und sonntags von 10 bis 19.30 Uhr. duziert. Versteht sich von selbst, dass ei- Papstsänften und als lebensgroße Figuren die Trä- Letzter Eintritt jeweils 30 Minuten bis eine Der »päpstliche« Bauernhof niges von dem, was der Bauernhof her- ger ausgestellt sind. Der 33-Tage-Papst Johannes Stunde vor Schließung. 23. Oktober 2020 / Nummer 43 L’OSSERVATORE ROMANO Wochenausgabe in deutscher Sprache 6 Kirche in der Welt

Jerusalemer Studienjahr auf Wanderschaft Kurz notiert

Linz. Der Orden der Grabesritter hat Aventin statt Zionsberg in einer weltweiten Solidaritätsaktion Spenden für Covid-19-Opfer im Heiligen Land gesammelt. Seit Mai sind insgesamt inundzwanzig deutschsprachige Theo- knapp drei Millionen Euro zusammenge- logiestudierende teilen die Erfahrung kommen. Die Spendenaktion fand zusätz- Edes biblischen Stammvaters Abraham. lich zu den laufenden Unterstützungen Wie der Patriarch das Land Kanaan erst nach lan- der Grabesritter für die katholische Kirche gen Wanderungen erreichte, sind sie auf dem im Heiligen Land statt. Mit der aktuellen Weg in ein Jerusalemer Studienjahr vorerst in Corona-Nothilfe habe man mehr als 2.400 Rom gelandet. Was als Odyssee unter dem Ver- Familien in Not mit Lebensmittel- und Hy- hängnis der Corona-Pandemie begann, zeigt gienepaketen sowie mit Medikamenten auch neue Chancen für theologische Ausbildung helfen können, so Dami El-Yousef, der Ge- und universitäre Zusammenarbeit. neralverwalter des Lateinischen Patriar- Ziel der elf jungen Frauen und zehn Männer, chats von Jerusalem. Zudem konnten die ihre ersten Semester hinter sich haben, ist ei- knapp 2.400 Familien in Jordanien und gentlich der Zionsberg in Jerusalem. Angegliedert Palästina bei der Bezahlung der Schulge- an die Benediktinerabtei der Dormitio findet dort bühren unterstützt werden. seit 1973 jährlich ein Programm von Lehrveran- staltungen und Exkursionen statt, das katholi- ****** sche und evangelische Studierende aus Deutsch- Jerusalem. Die größte bekannte land, der Schweiz und Österreich in einzigartiger Sammlung historischer Postkarten aus dem Weise in Kontakt mit Archäologie, Geschichte Heiligen Land geht in den Besitz der He- und religiöser Vielfalt des Heiligen Landes bringt. bräischen Universität Jerusalem über. Der In diesem Jahr war klar, dass alles schwierig britische Sammler David Pearlman stiftete werden würde. Als im Frühsommer in Israel die die in rund 60 Jahren zusammengetra- Corona-Zahlen stiegen, konnte der Deutsche Die Benediktinerabtei Sant’Anselmo in Rom: Hier haben die Studenten und Studentinnen aus dem genen Zeitzeugen des 19. und 20. Jahrhun- Akademische Austauschdienst (DAAD) als deutschsprachigen Raum das Theologische Studienjahr begonnen, während sie normalerweise auf derts, wie die Hochschule mitteilte. Pearl- Hauptförderer einer Ausreise seiner Stipendiaten dem Zionsberg vor den Toren der Jerusalemer Altstadt wohnen. mans Sammlung umfasst 130.000 An- nicht zustimmen. Komplett ins Wasser fallen sichtskarten aus osmanischer Zeit, briti- sollte das Studienjahr dennoch nicht. »Zur Aus- Die Dormitio-Studierenden füllten freie Kapazitä- neue Referenten zu gewinnen – immer in der scher Mandatszeit, der Zeit jüdischer Pio- wahl stand, es zu verschieben oder zu verlegen«, ten im Kolleg. Für Prior Mauritius Wilde ist das Ungewissheit, ob und wann das Studienjahr niere über den Sechstagekrieg bis zum Be- sagt Nora Emmerich vom DAAD in Bonn. »Rom auch ein Probelauf: Die Abtei plant künftig wei- doch noch nach Jerusalem umzieht. ginn des 21. Jahrhunderts. Sie gehen in die war von Anfang an im Gespräch.« tere Gastkurse zu beherbergen, etwa vom Saint Obhut des Forschungszentrums für Volks- Vincent College, einer großen US-amerikani- Das Fremde kennenlernen kunde am Mandel-Institut für Jüdische Stu- Akademischer Träger schen Benediktiner-Hochschule. dien der Hebräischen Universität über. Umgekehrt denkt Sant’Anselmo-Rektor Bern- Und die Studierenden, die sich auf den Nahen ****** So kam das Päpstliche Athenäum Sant’An- hard Eckerstorfer schon an eine weitere Koope- Osten eingestellt hatten und nun in Italien sitzen? Tel Aviv. Im biblischen Königreich selmo ins Spiel. Die Benediktiner-Hochschule auf ration mit der Dormitio-Abtei. »Ein Standbein in »Eine Absage war kein Thema«, sagt Raphael. Für Juda konnten offenbar mehr Menschen le- dem Aventin ist akademischer Träger des Dormi- Jerusalem zu haben, kann nicht unattraktiv den Katholiken aus Münster ist es zuerst die sen und schreiben als bisher angenommen. tio-Programms. Bislang bekamen die Jerusalemer sein«, sagt Eckerstorfer unter Verweis darauf, »wunderbare Mischung von Menschen«, die das Zu diesem Ergebnis kommt eine Studie der Studierenden vom fernen Sant’Anselmo aller- dass auch päpstliche akademische Einrichtungen soeben begonnene Studium auf dem Aventin Universität Tel Aviv in Zusammenarbeit dings kaum mehr mit als den Stempel auf ihren keine leichte Zukunft vor sich haben. Das Studi- wertvoll macht. Ähnlich pragmatisch sieht es mit einer Handschriftenexpertin der israe- Studienbescheinigungen. Jetzt bietet sich aus enhaus auf dem Zion mit seinen 30 Plätzen ließe Alisha aus dem Kanton Luzern, die einzige lischen Polizei. Dabei wurden 18 althebräi- Sicht von Studiendekanin Johanna Erzberger die sich für eigene Ausbildungsmodule in jenen Schweizerin im Kurs: »Ich hätte mich nicht be- sche, auf Tonscherben überlieferte Texte Gelegenheit, »der formalen Beziehung eine kon- Monaten nutzen, in denen es nicht vom Dormi- worben, wenn ich nicht das Fremde kennenler- aus dem 6. Jh. v. Chr. untersucht, die in den krete Gestalt zu geben«. Dies durchaus zum Nut- tio-Programm belegt ist. Das wäre ein attraktiver nen wollte. Als evangelische Christin im Zentrum 1960er-Jahren in Tel Arad, einer eisenzeit- zen von Sant’Anselmo: Wegen der Corona-Krise Mehrwert für die Ordensstudenten von Sant’ des Papsttums findet sie es auch »cool, Katholizis- lichen Festung in der Negev-Wüste, gefun- schickten Benediktinerklöster in aller Welt weni- Anselmo. mus in voller Dröhnung mitzukriegen«. den worden waren. Insgesamt konnten ger Studenten als sonst zum Studium nach Rom. Vor solchen Vernetzungs-Ideen gilt es aber Ein bisschen aufeinander einspielen muss mindestens zwölf verschiedene Hand- erst mal, das pilgernde Studienjahr voranzubrin- sich die neue Wohngemeinschaft in der Abtei of- schriften identifiziert werden. Das sei ein gen. Von Studiendekanin Erzberger und ihrem fenbar noch, sei es mit Blick auf die unbefangen- Hinweis darauf, dass die Fähigkeit zum Le- Team ist dabei nicht wenig Kreativität verlangt. jugendliche Präsenz im Kloster oder auf Mindest- sen und Schreiben in dieser Zeit weiter ver- Zwar bietet Rom vielfältige theologische und his - standards bei der Bekleidung. Aber Prior Wilde breitet war als angenommen. Damit kom- torische Anknüpfungen zu Jerusalem: Da sind und Rektor Eckerstorfer meinen einhellig, dass me auch Bewegung in die wissenschaftli- Bauten wie das Kolosseum, die auf den Jüdischen mit den jungen Leuten frischer Geist in alte Mau- che Diskussion um die Entstehungszeiten Krieg verweisen; in Rom lebt die älteste jüdische ern eingezogen sei. Den Eröffnungsgottesdienst biblischer Bücher, denn ein Element der Gemeinde außerhalb des Heiligen Landes; die am Wochenende stellte die Gruppe unter das Datierung sei die Frage, ab wann ein aus- Stadtpatrone Petrus und Paulus führen direkt in Motto »Gast sein«. Es war ein freundlicher Tribut reichendes Potenzial zum Verfassen derart die Geschichte des Neuen Testaments. Dennoch an Stammvater Abraham und die Mönche auf komplexer historischer Werke bestanden bleibt es eine Herausforderung, das Veranstal- dem Aventin. habe, so der Leiter der Studie Arie Shaus. tungsprogramm umzustricken und kurzfristig Burkhard Jürgens

Heiliglandverein: Schließungen Buch über Kaiser Franz Joseph sind nicht vorgesehen als Pilger in Jerusalem

Jerusalem/Köln. Der Deutsche Verein vom März leer. Ein Großteil der Mitarbeiter wurde Wien/Jerusalem. Kaiser Franz Joseph I., Markus Bugnyár, österreichischer Priester Heiligen Lande will trotz der angespannten fi- nach DVHL-Angaben entlassen. dem Gründervater des Österreichischen Hospi- der Diözese Eisenstadt und seit 2004 Rektor des nanziellen Lage an seinem Engagement im Heili- Viele von ihnen habe man durch den Sozial- zes, widmet dessen aktueller Rektor Markus Bug- Österreichischen Hospizes zur Heiligen Familie gen Land festhalten. Keine der Einrichtungen fonds des Hauses finanziell weiterhin unterstüt- nyár ein spannendes und unterhaltsames Buch. in Jerusalem, hat die Neuauflage dieser vor 150 stehe zur Disposition, auch wenn es Entlassun- zen können. In Tabgha am See Genezareth Der Kaiser absolvierte 1869 eine große Orient- Jahren erschienenen Publikation im Heiligen- gen gegeben habe. Entsprechend äußerte sich konnte in den Wochen zwischen dem ersten und Reise, die ihn unter anderem am 17. November kreuzer »Be&Be«-Verlag herausgebracht – mit der neue Generalsekretär des Deutschen Vereins zweiten Lockdown mit israelischen Gästen im zur Eröffnung des Suez-Kanals nach Ismailia und Bildern, Kommentaren, einer Einführung und vom Heiligen Lande (DVHL), Matthias Vogt, auf Rahmen der Belegungsgrenzen des israelischen zuvor als Pilger nach Jerusalem führte. Der öster- vielen Erklärungen zum Originaltext von P. Du- Anfrage der Katholischen Nachrichten-Agentur Gesundheitsministeriums der Betrieb aufrechter- reichische Monarch trug den historisch begrün- dík, der auch als Historiker hervortrat. Das Vor- (KNA) in Jerusalem. halten werden. Wann der Betrieb der beiden Gäs- deten Titel eines »Königs von Jerusalem« und war wort verfasste das aktuelle Oberhaupt des Hau- Mitte September hatte der Leiter des DVHL- tehäuser wiederaufgenommen werden könne, der erste christliche Kaiser im Lande Jesu seit ses Habsburg, Karl von Habsburg. Jerusalem-Büros, Georg Röwekamp, seinen wisse derzeit niemand, sicher jedoch »nicht in Kreuzfahrertagen. Der kaiserliche Pilgerbericht soll – mit vielen Dienstsitz nach Tabgha verlegt, um dort zusätz- den kommenden Monaten«, so Vogt. Der persönliche Kaplan des Kaisers, der heiteren und besinnlichen Erzählungen – auch lich die Leitung des DVHL-Gästehauses zu über- Die deutschen kirchlichen Einrichtungen ha- mährische Benediktiner P. Beda Dudík, veröffent- das Interesse an Reisen nach Jerusalem wecken, nehmen. Für Anfang Oktober wurden zudem die ben auf verschiedenen Ebenen unter den Aus- lichte 1870 unter dem Titel »Kaiserreise nach so der Rektor des Hospizes. Im Buchhandel kostet Verträge von zwei deutschen Mitarbeiterinnen wirkungen der Covid-19-Pandemie zu kämpfen. dem Oriente« einen Bericht, der auch den Auf- das 334 Seiten starke Buch »Reise nach Jerusa- im DVHL-Gästehaus »Paulus-Haus« in Jerusalem Unter anderem fiel die Palmsonntagskollekte, die enthalt des Kaisers in Jerusalem beleuchtet. Der lem. Franz Joseph – Politiker, Pilger, Privatier« gekündigt. Die erfolgten personellen Verände- wichtigste Einnahmequelle des DVHL, in den Kaiser »trug nach der heiligen Stadt ein frommes 24,90 Euro. Wer mehr überweist, hilft dem rungen seien »kein Hinweis auf eine Aufgabe von Gottesdiensten aus. Die darauffolgende Online- und gläubiges Herz und den festen Willen, am Österreichischen Hospiz, das derzeit leer ist, die Einrichtungen oder auf deren grundlegende Um- kampagne erzielte nach DVHL-Angaben nur ei- Grabe des Erlösers für sein Reich, für sich und laufenden Kosten für den Notbetrieb zu bewälti- strukturierung«, erläuterte Vogt. Das Paulus-Haus nen Bruchteil des durchschnittlichen Spendener- sein Haus zu beten, und Werke der Barmherzig- gen. (Kto. Österreichisches Pilger-Hospiz: AT95 steht seit Schließung der Grenzen in Israel im gebnisses aus den letzten Jahren. keit und Nächstenliebe zu üben«, so Dudík. 1919 0001 0015 0127). 23. Oktober 2020 / Nummer 43 L’OSSERVATORE ROMANO Wochenausgabe in deutscher Sprache Aus dem Vatikan 7

Videobotschaft von Papst Franziskus anlässlich des von der Kongregation für das Katholische Bildungswesen veranstalteten Treffens »Global Compact on Education. Together to look beyond« Neue Horizonte für eine neue Kultur

Das ursprünglich für Mai geplante Treffen tige Zugehörigkeit berücksichtigt. Wenn sich sichts möglicher Zukunftsszenarien prägen müs- Aus diesen Gründen engagieren wir uns per- zum weltweiten Bildungspakt fand am Nachmit- heute die Bildungssysteme nach einer Logik der sen. In der gegenwärtigen Gesundheitskrise – sönlich und gemeinsam für Folgendes: tag des 15. Oktober in der Aula Magna der La- Ersetzbarkeit und Wiederholung richten und es wo es viel Verzagtheit und Orientierungslosigkeit – Erstens: die Person, ihren Wert und ihre teranuniversität mit beschränkter Teilnehmer- nicht vermögen, neue Horizonte zu entwickeln gibt – sind wir der Meinung, dass dies der Zeit- Würde in den Mittelpunkt jedes formellen und zahl statt. Es war außerdem über Streaming zu und aufzuzeigen, in denen Gastfreundschaft, Ge- punkt ist, einen globalen Bildungspakt für die informellen Bildungsprozesses zu stellen, um verfolgen. Zu Beginn wandte sich der Papst mit nerationensolidarität und der Wert der Transzen- und mit den jüngeren Generationen zu unter- ihre je eigene Besonderheit, ihre Schönheit, ihre folgender Videobotschaft an die Teilnehmer: denz eine neue Kultur begründen, verpassen wir zeichnen, der Familien, Gemeinschaften, Schu- Einzigartigkeit und gleichzeitig ihre Beziehungs- dann nicht eine historische Gelegenheit? len und Universitäten, Institutionen, Religionen, fähigkeit mit anderen und mit ihrer Umgebung Liebe Brüder und Schwestern, Wir sind uns auch bewusst, dass Lebenswege Regierende, ja, die gesamte Menschheit dazu ver- hervortreten zu lassen und dabei jene Lebensstile als ich euch zu diesem Prozess der Vorberei- eine Hoffnung brauchen, die auf Solidarität grün- pflichtet, reife Menschen heranzubilden. abzulehnen, die die Verbreitung einer Wegwerf- tung, Mitwirkung und Planung im Hinblick auf ei- det. Jede Veränderung erfordert einen Bildungs- Heute wird von uns eine parrhesìa [Freimut] kultur begünstigen. nen globalen Bildungspakt einlud, konnten wir prozess, um neue Paradigmen herauszubilden, verlangt, die notwendig ist, um über oberflächli- – Zweitens: auf die Stimme von Kindern, Ju- keineswegs ahnen, unter welchen Bedingungen die auf die Herausforderungen und Notlagen der che Vorstellungen hinsichtlich der Bildungspro- gendlichen und jungen Menschen zu hören, de- dieses Vorhaben durchgeführt werden sollte. Co- heutigen Welt reagieren, die Bedürfnisse der ver- zesse hinauszugehen und die übertriebenen Ver- nen wir Werte und Wissen vermitteln, um ge- vid-19 hat viele der dringlichen Fälle und Notsi- schiedenen Generationen verstehen und Lösun- einfachungen zu überwinden, die sich auf meinsam eine Zukunft in Gerechtigkeit und tuationen, die wir ausgemacht haben, beschleu- gen für sie finden und die Menschheit von heute Nützlichkeit, (standardisierte) Ergebnisse, Funk- Frieden, ein menschenwürdiges Leben für alle nigt und verstärkt sowie manch andere offenbart. und morgen zum Blühen bringen. tionalität und Bürokratie beschränken, die Bil- aufzubauen. Auf die schwierige gesundheitliche Lage folgten – Drittens: die volle Beteiligung von Mädchen wirtschaftliche und soziale Probleme. Weltweit und jungen Frauen an der Bildung zu fördern. haben die Bildungssysteme auf schulischer wie – Viertens: die Familie als den ersten und un- akademischer Ebene unter der Pandemie gelitten. verzichtbaren Ort für die Erziehung zu sehen. Überall wurde versucht, mit digitalen Unter- – Fünftens: uns selbst und andere zu einer richtsangeboten schnell darauf zu reagieren. Dies Willkommenskultur zu erziehen und uns für die hat nicht nur eine ausgeprägte Ungleichheit zwi- Schutzbedürftigen und Ausgegrenzten zu öff- schen den pädagogischen und technologischen nen. Möglichkeiten ans Licht gebracht, sondern bei – Sechstens: uns dafür einzusetzen, andere vielen Kindern und Jugendlichen aufgrund des Wege zu erforschen, wie man die Wirtschaft, Lockdowns und zahlreicher anderer bereits be- die Politik, das Wachstum und den Fortschritt stehender Mängel auch einen Rückstand im verstehen kann, damit diese wirklich dem Men- natürlichen pädagogischen Entwicklungsprozess schen und der gesamten Menschheitsfamilie ergeben. Einigen neueren Daten internationaler im Hinblick auf eine ganzheitliche Ökologie Agenturen zufolge spricht man von einer »Bil- dienen. dungskatastrophe« – das klingt etwas drastisch, – Siebtens: unser gemeinsames Haus dadurch aber tatsächlich ist von einer »Bildungskatastro- zu hüten und zu pflegen, dass wir es vor der Aus- phe« die Rede – angesichts der etwa zehn Millio- beutung seiner Ressourcen schützen, einen nen Kinder, die aufgrund der durch das Corona- schlichteren Lebensstil annehmen und die um- virus ausgelösten Wirtschaftskrise gezwungen fassende Nutzung erneuerbarer Energiequellen sein könnten, die Schule zu verlassen. Dies anstreben, welche die menschliche und natürli- würde ein bereits alarmierendes Bildungsgefälle Wir sind der Meinung, dass Bildung einer der dung mit Instruktion verwechseln und unsere che Umwelt gemäß den Prinzipien der Subsi- vergrößern (über 250 Millionen Kinder im wirksamsten Wege ist, um die Welt und die Ge- Kulturen letztlich »atomisieren«; vielmehr sind diarität und Solidarität sowie der Kreislaufwirt- Schulalter sind von jeder Bildungsaktivität ausge- schichte menschlicher zu machen. Bildung ist vor wir aufgefordert, das Ziel einer integralen, parti- schaft achten. schlossen). allem eine Frage der Liebe und der Verantwor- zipatorischen und »polyedrischen« Kultur zu ver- Liebe Brüder und Schwestern, wir wollen uns Angesichts dieser dramatischen Lage ist of- tung, die von Generation zu Generation weiter- folgen. Wir brauchen den Mut, Prozesse in Gang also mutig dafür einsetzen, in unseren Her- fensichtlich, dass die notwendigen Gesundheits- gegeben wird. zu setzen, die bewusst von der bestehenden Zer- kunftsländern ein Bildungsprojekt ins Leben zu maßnahmen unzureichend sind, wenn sie nicht Bildung bietet sich daher als das natürliche splitterung und den Gegensätzen ausgehen, die rufen, indem wir unser Bestes geben und in Zu- von einem neuen kulturellen Modell begleitet Gegenmittel zur individualistischen Kultur an, die wir in der Tat mit uns herumtragen; den Mut, das sammenarbeit mit der Zivilgesellschaft schöpferi- werden. Die gegenwärtige Situation hat das Be- bisweilen in einen wahren Kult des Ich und in die Beziehungsgefüge zugunsten einer Menschheit sche und umgestaltende Prozesse in Gang set- wusstsein dafür geschärft, dass unser Entwick- Vorherrschaft der Gleichgültigkeit ausartet. Un- neu zu gestalten, welche die Sprache der Ge- zen. Einen Bezugspunkt in diesem Prozess stellt lungsmodell eine Veränderung braucht. Denn da- sere Zukunft darf nicht von der Spaltung, von der schwisterlichkeit zu sprechen vermag. Der Wert die kirchliche Soziallehre dar. Auf der Grundlage mit dieses Modell die Würde der menschlichen Verarmung des Denkens und der Vorstellungs- unserer Bildungsmethoden wird nicht einfach der Weisungen der Offenbarung und des christli- Person achtet und wahrt, muss es von den Mög- kraft, des Zuhörens, des Dialogs und des gegen- daran gemessen, dass man standardisierte Tests chen Humanismus bietet sie sich als solide lichkeiten der weltweiten Interdependenz der seitigen Verständnisses gekennzeichnet sein. besteht, sondern daran, ob sie auf das Herz einer Grundlage und lebendige Quelle an, um in der ge- Gemeinschaft und den Völkern ausgehen und da- Das darf nicht unsere Zukunft sein. Gesellschaft einzuwirken vermögen und einer genwärtigen Notsituation die zu beschreitenden bei Sorge für unser gemeinsames Haus tragen Heute bedarf es eines Neubeginns für ein Bil- neuen Kultur Leben einhauchen können. Eine Wege zu finden. und den Frieden schützen. Wir erleben eine um- dungsengagement, das alle Glieder der Gesell- andere Welt ist möglich und erfordert, dass wir Eine solche Investition in die Ausbildung, die fassende Krise, die nicht auf einen einzigen Be- schaft miteinbezieht. Hören wir auf den Appell sie aufzubauen lernen, und das betrifft unser auf einem Netz offener und menschlicher Be- reich oder Sektor reduziert oder beschränkt wer- der jungen Generationen, der die Notwendigkeit ganzes Menschsein, sowohl auf persönlicher als ziehungen beruht, sollte allen den Zugang zu ei- den kann. Sie ist umfassend. Die Covid-19- und zugleich die Gunst der Stunde für einen er- auch auf gemeinschaftlicher Ebene. ner qualitativ hochwertigen Bildung gewährlei- Pandemie ließ uns überall auf der Welt erkennen, neuerten Bildungsweg klar unterstreicht, der Wir appellieren in besonderer Weise an die sten, die der Würde der menschlichen Person dass unsere Art und Weise, die Realität zu verste- nicht durch bewusstes Ausblenden schwere so- Männer und Frauen, die überall auf der Welt in und ihrer Berufung zur Geschwisterlichkeit ent- hen und miteinander in Beziehung zu treten, ziale Ungerechtigkeiten, Rechtsverletzungen, den Bereichen Kultur, Wissenschaft und Sport, spricht. Es ist an der Zeit, mutig und zuversicht- selbst in der Krise steckt. tiefe Armut und das Aussondern von Menschen Kunst und Medien tätig sind, dass auch sie die- lich nach vorn zu blicken. Dabei möge uns die begünstigt. sem Pakt beitreten und durch ihr Zeugnis und Überzeugung tragen, dass die Bildung den Sa- Bildung birgt den Samen der Hoffnung: Es braucht einen ihre Arbeit die Fürsorge, den Frieden, die Ge- men der Hoffnung birgt: einer Hoffnung auf einer Hoffnung auf Frieden und ganzheitlichen Weg, rechtigkeit, das Gute, die Schönheit, die An- Frieden und Gerechtigkeit; einer Hoffnung auf Gerechtigkeit; einer Hoffnung auf Schönheit um jenen Situationen nahme des anderen und die Geschwisterlichkeit Schönheit und auf Güte; einer Hoffnung auf so- und auf Güte; einer Hoffnung auf soziale von Einsamkeit und als Werte fördern. »Wir dürfen nicht alles von de- ziale Harmonie. Harmonie.#GlobalerBildungspakt. Zukunftsängsten zu nen erwarten, die uns regieren; das wäre infantil. Denken wir daran, Brüder und Schwestern, begegnen, die bei jun- Wir haben Möglichkeiten der Mitverantwortung, dass die großen Veränderungen nicht am Schreib- Tweet von Papst Franziskus gen Menschen De- die es uns erlauben, neue Prozesse und Verände- tisch fabriziert werden, nein. Es gibt eine »Archi- pressionen, Süchte, rungen einzuleiten und zu bewirken. Wir müs- tektur« des Friedens, zu der die verschiedenen In- Aggressionen, verba- sen aktiv Anteil haben beim Wiederaufbau und stitutionen und Personen einer Gesellschaft nach Hier sehen wir, dass weder oberflächliche Re- len Hass und Mobbing hervorrufen. Es ist ein ge- bei der Unterstützung der verwundeten Gesell- je eigener Kompetenz beitragen, ohne jedoch je- zepte noch leerer Optimismus genügen. Uns ist meinsamer Weg, auf dem uns die Geißel der Ge- schaft. Heute haben wir die großartige Gelegen- manden auszuschließen (vgl. ebd., 231). So müs- die verwandelnde Kraft der Erziehung bekannt: walt und des Kindesmissbrauchs, das Phänomen heit, unsere Geschwisterlichkeit zum Ausdruck sen wir weitergehen: alle zusammen, jeder so, Erziehen heißt darauf zu setzen und der Gegen- der Kinderbräute und Kindersoldaten, das Drama zu bringen; zu zeigen, dass wir auch barmherzige wie er ist, aber immer gemeinsam nach vorne wart eben diese Hoffnung zu geben, welche die der verkauften und versklavten Minderjährigen Samariter sind, die den Schmerz des Versagens schauend, mit dem Blick auf diesen Aufbau einer deterministischen und fatalistischen Theorien nicht gleichgültig lassen. Hinzu kommt der auf sich nehmen, anstatt Hass und Ressentiments Kultur der Harmonie und der Einheit gerichtet, in durchbricht, mit denen sich der Egoismus der Schmerz über das »Leiden« unseres Planeten auf- zu verstärken« (Enzyklika Fratelli tutti, 77). der es für die schreckliche Pandemie der Weg- Starken, der Konformismus der Schwachen und grund sinnloser und gefühlloser Ausbeutung, die Es ist ein pluraler und vielgestaltiger Prozess, werfkultur keinen Platz gibt. Vielen Dank. die Ideologie der Utopisten oft als angeblich ein- eine schwere Umwelt- und Klimakrise hervorge- bei dem wir alle unseren Beitrag zu signifikanten zig möglicher Weg aufdrängen.1 rufen hat. Antworten geben können, welche unsere Unter- Fußnote Erziehen ist immer ein Akt der Hoffnung; er In der Geschichte gibt es Zeiten, in denen es schiede und Ansätze auf der Suche nach dem Ge- 1 Vgl. Michel de Certeau SJ, Lo straniero o ruft zur Mitbeteiligung auf und zur Umwandlung notwendig ist, grundlegende Entscheidungen zu meinwohl harmonisch verbinden. Die Fähigkeit, l’unione nella differenza, Vita e Pensiero, Mailand der sterilen, lähmenden Logik der Gleichgültig- treffen, die nicht nur unsere Lebensweise, son- Harmonie herzustellen – das ist es, was wir heute 2010, S. 30. [Original: L’Étranger ou l’union dans keit in ein anderes Denken, das unsere gegensei- dern vor allem eine bestimmte Haltung ange- brauchen. la différence, Desclée de Brouwer, Paris 1969]. 23. Oktober 2020 / Nummer 43 L’OSSERVATORE ROMANO Wochenausgabe in deutscher Sprache 8 Aus dem Vatikan und der Weltkirche

Ansprache von Papst Franziskus beim Angelusgebet am Sonntag, 11. Oktober Niemand ist vom Haus Gottes ausgeschlossen

Liebe Brüder und Schwestern! Evangelium nachzuahmen, indem wir aus unse- ren Schemata und engstirnigen Ansichten aus- Mit der Erzählung des Gleichnisses vom brechen und allen verkünden, dass der Herr uns Hochzeitsmahl im heutigen Abschnitt aus dem zu seinem Festmahl einlädt, um uns die rettende Evangelium (vgl. Mt 22,1-14) umreißt Jesus den Gnade anzubieten, um uns sein Geschenk zu ge- Plan Gottes für die Menschheit. Der König, der ben. »seinem Sohn ein Hochzeitsfest ausrichtete« Nach dem Angelusgebet sagte der Heilige Va- (V. 2), ist das Bild des Vaters, der für die seinen ter zu den auf dem Petersplatz versammelten Pil- eingeborenen Sohn umgebende ganze Mensch- gern und Besuchern: heitsfamilie ein wunderbares Fest der Liebe und Liebe Brüder und Schwestern! Gemeinschaft vorbereitet hat. Zweimal schickt Ich möchte den Menschen meine Verbunden- der König seine Diener aus, um die Gäste zu ru- heit zum Ausdruck bringen, die von den Bränden fen, aber sie schlagen die Einladung aus, sie wol- betroffen sind, die so viele Regionen des Planeten len nicht zum Fest gehen, weil sie an andere verwüsten, ebenso wie den Freiwilligen und Feu- Dinge zu denken haben: Äcker und geschäftliche erwehrleuten, die ihr Leben riskieren, um die Angelegenheiten. Oft geben auch wir unseren In- Brände zu löschen. Ich denke dabei an die West- teressen und materiellen Dingen die Priorität vor küste der Vereinigten Staaten, insbesondere an dem Herrn, der uns ruft – und der uns zu einem Kalifornien, und ich denke auch an die zentralen Fest ruft. Doch der König des Gleichnisses will Regionen Südamerikas, das Pantanal-Gebiet, Pa- nicht, dass der Saal leer bleibt, denn er will die raguay, die Ufer des Paraná-Flusses, Argentinien. Schätze seines Reiches schenken. So sagt er zu Viele Brände werden durch anhaltende Dürre den Dienern: »Geht also an die Kreuzungen der verursacht, aber es gibt auch Brände, die von Straßen und ladet alle, die ihr trefft, zur Hochzeit Menschen gelegt wurden. Möge der Herr denen ein!« (V. 9). So verhält sich Gott: wenn er abge- beistehen, die unter den Folgen dieser Katastro- lehnt wird, überbietet er sich noch, statt aufzuge- Menschheit, an die Orte am Rande, zu jenen Si- jeder Gast am Eingang als Geschenk erhalten phen leiden, und uns für die Bewahrung der ben, und fordert dazu auf, alle, die an den Weg- tuationen, wo sich zerbrochene Existenzen nie- hatte. Die Menschen gingen so, wie sie gerade ge- Schöpfung aufmerksam werden lassen. kreuzungen stehen, zu rufen, ohne jemanden dergelassen haben und leben, die keine Hoffnung kleidet waren, wie sie gekleidet sein konnten, sie Ich weiß zu schätzen, dass zwischen Ar- davon auszunehmen. Niemand ist vom Haus haben. trugen keine Festkleidung. Aber am Eingang be- menien und Aserbaidschan aus humanitäreren Gottes ausgeschlossen. Es geht darum, sich nicht auf bequeme und kamen sie eine Art Schulterumhang, ein Ge- Gründen ein Waffenstillstand vereinbart wurde, Der ursprüngliche Ausdruck, dessen sich der gewohnte Wege der Evangelisierung und des schenk. Dieser junge Mann hat sich durch die um später ein grundsätzliches Friedensabkom- Evangelist Matthäus bedient, bezieht sich auf die Zeugnisses der Nächstenliebe zu verlassen, son- Ablehnung der unentgeltlichen Gabe selbst aus- men zu erreichen. Auch wenn sich der Waffen- Enden der Straßen, das heißt auf die Punkte, an dern die Türen unseres Herzens und unserer geschlossen: der König konnte also nicht umhin, stillstand als allzu brüchig erweist, ermutige ich denen die Straßen der Stadt enden und die Pfade Gemeinschaften für alle zu öffnen, denn das ihn hinauszuwerfen. Dieser Mann hat die Einla- dazu, ihn wieder aufzunehmen und bringe mein beginnen, die auf das Land hinaus führen, fernab Evangelium ist nicht nur wenigen Auserwählten dung angenommen, dann aber entschieden, dass Mitgefühl für die Verluste an Menschenleben der Stadt, wo das Leben prekär ist. Zu diesen vorbehalten. Auch diejenigen, die am Rande ste- sie ihm nichts bedeutete: er war ein sich selbst zum Ausdruck, für das zugefügte Leid und die Menschen an den Kreuzungen schickt der König hen, auch diejenigen, die von der Gesellschaft ab- genügender Mensch, er hatte nicht den Wunsch, Zerstörung von Häusern und Gotteshäusern. Ich des Gleichnisses seine Diener, in der Gewissheit, gelehnt und verachtet werden, werden von Gott sich zu ändern oder sich vom Herrn ändern zu bete und lade dazu ein, für die Opfer und für all Menschen zu finden, die bereit sind, sich an den als seiner Liebe würdig erachtet. Er bereitet sein lassen. Das Hochzeitsgewand – dieser Schulter- jene zu beten, deren Leben in Gefahr ist. Tisch zu setzen. So füllt sich der Festsaal mit »Aus- Festmahl für alle vor: Gerechte und Sünder, Gute umhang – symbolisiert die Barmherzigkeit, die Gestern wurde in Assisi Carlo Acutis seligge- geschlossenen«, mit denen, die »außen vor« sind, und Böse, Intelligente und Ungebildete. Gestern Gott uns unentgeltlich schenkt, also die Gnade. sprochen, ein fünfzehnjähriger Junge, der in die mit denen, die nie würdig erschienen waren, an Abend ist es mir gelungen, mit einem älteren ita- Ohne die Gnade kann man im christlichen Leben Eucharistie verliebt war. Er hat sich nicht in einer einem Fest, an einem Hochzeitsmahl teilzuneh- lienischen Priester zu telefonieren, der seit seiner keinen Schritt vorwärts gehen. Alles ist Gnade. bequemen Unbeweglichkeit ausgeruht, sondern men. Vielmehr sagt der Herr, der König gar zu Jugend Missionar in Brasilien ist, der aber immer Es reicht nicht, die Einladung zur Nachfolge des er hat die Bedürfnisse seiner Zeit erkannt, weil er den Boten: »Ruft alle, Gute und Böse. Alle!« Gott mit den Ausgeschlossenen, mit den Armen gear- Herrn anzunehmen, es ist auch erforderlich, of- in den Schwächsten das Antlitz Christi sah. Sein ruft auch die Bösen. »Nein, ich bin schlecht, ich beitet hat. Und er lebt das Alter in Frieden: er hat fen zu sein für einen Weg der Umkehr, der das Zeugnis zeigt den jungen Menschen von heute, habe schon so viel angestellt…« Er ruft dich: sein Leben mit den Armen hingegeben. Das ist Herz verändert. Das Gewand der Barmherzig- dass man das wahre Glück dann findet, wenn »Komm, komm, komm!« Und Jesus hielt Mahl mit unsere Mutter Kirche, das ist der Bote Gottes, der keit, das Gott uns unaufhörlich anbietet, ist ein man Gott an die erste Stelle setzt und ihm in un- den Zöllnern, die öffentliche Sünder waren, die an die Kreuzungen der Straßen geht. unentgeltliches Geschenk seiner Liebe, es ist seren Brüdern und Schwestern dient, besonders die Bösen waren. Gott hat keine Angst vor unse- Der Herr stellt aber eine Bedingung: man soll eben die Gnade. Und es verlangt, mit Staunen in den Geringsten. Einen Applaus für den neuen rer Seele, die durch so viel Böses verwundet das Hochzeitsgewand anlegen. Und damit kom- und Freude willkommen geheißen zu werden: jungen Seligen aus der Generation Y! wurde, denn er liebt uns, er lädt uns ein. Und men wir zum Gleichnis zurück. Als der Saal voll »Danke, Herr, dass du mir dieses Geschenk ge- Ich möchte an die Gebetsmeinung erinnern, die Kirche ist dazu aufgerufen, zu den Wegkreu- ist, kommt der König und begrüßt die Gäste der macht hast«. die ich für diesen Monat Oktober vorgeschlagen zungen von heute zu gehen, also zu den geogra- letzten Stunde, aber er sieht einen von ihnen Möge uns die allerseligste Jungfrau Maria da- habe und die folgendermaßen lautet: »Wir beten phischen und existentiellen Peripherien der ohne das Festgewand, jene Art von Umhang, den bei helfen, die Diener des Gleichnisses aus dem dafür, dass die Laien – insbesondere Frauen – aufgrund ihrer Taufgnade größeren Anteil an kirchlicher Verantwortung bekommen«. Denn keiner von uns ist als Priester oder Bischof ge- Kirche in Ungarn startet Neururer-Film in tauft worden: wir sind alle als Laien getauft wor- Aktion »Katechismus 365« den USA ausgezeichnet den. Die Laien sind Protagonisten der Kirche. Heute ist es erforderlich, die Räume für eine ein- Budapest. Das Vorbereitungskomitee nen Katechismusgruppen auszutauschen. Wien. Der österreichische Kinofilm über den schneidendere weibliche Präsenz in der Kirche des auf September 2021 verschobenen Inter- (Infos dazu im Internet auf der Webseite: von den Nationalsozialisten ermordeten Tiroler zu erweitern, und für eine Präsenz der Laien, das nationalen Eucharistischen Kongresses (NEK) https://www.iec2020.hu/en/CCC365IEC) Priester Otto Neururer (1882-1940) ist mit zwei ist klar, aber unter Betonung des weiblichen in Budapest hat eine neue Initiative zur Glau- Der Katechismus fasst die Inhalte und Leh- Filmpreisen beim »Hollywood Divine Internatio- Aspekts, denn im Allgemeinen werden die bensvermittlung gestartet. Mit der Aktion ren des katholischen Glaubens zusammen nal Film Festival 2020« in Pennsylvania ausge- Frauen beiseite geschoben. Wir müssen die Inte- »Katechismus 365« rufen die Verantwortli- und dient der Unterweisung von Gläubigen zeichnet worden. Wie die »Bezirksblätter Tirol« gration von Frauen an den Orten fördern, an de- chen zum täglichen Lesen im Katechismus und Taufanwärtern. Der Katechismus der Ka- berichten, wurde »Otto Neururer – Hoffnungs- nen wichtige Entscheidungen getroffen werden. der Katholischen Kirche (KKK) auf. Dafür tholischen Kirche wurde 1987 bis 1991 durch volle Finsternis« von Regisseur Hermann Weis- Lasst uns dafür beten, dass die Laiengläubigen, wurde ein Leseplan entworfen, mit dem man den heutigen Wiener Erzbischof Kardinal kopf und Drehbuchautor Peter Mair als bester vor allem die Frauen, kraft der Taufe mehr an im Vorbereitungsjahr bis zum Start des Welt- Christoph Schönborn, damals Sekretär der Ka- Spielfilm sowie mit dem Preis »Divine Inspiration den verantwortlichen Institutionen in der Kirche kongresses am 5. September 2021 den gesam- techismuskommission, redigiert. 1992 appro- Award« in der Kategorie »Out of the Box Film« teilhaben, ohne dabei in Klerikalismen zu verfal- ten Katechismus studieren kann. Rund sieben bierte Papst Johannes Paul II. (1978-2005) das prämiert. Für die Festivalverantwortlichen sei der len, die das Laiencharisma zunichtemachen und Minuten täglich seien dafür nötig, sagte NEK- Glaubenskompendium. Tiroler-Film der am »herausforderndsten, am auch das Antlitz der Heiligen Mutter Kirche ent- Generalsekretär Kornel Fabry gegenüber un- Die von der Kirche organisierten Eucharis - meisten nachdenklich stimmende und originells - stellen. garischen Onlinemedien: »So viel Zeit ver- tischen Weltkongresse sollen das Verständnis te Film« des Festivals. »Wir sind überwältigt«, Am kommenden Sonntag, den 18. Oktober, dient unser Glaube.« und die Verehrung der Eucharistie in der Orts- meinte Regisseur und Produzent Weiskopf in ei- fördert die Stiftung »Kirche in Not« die Initiative Das Lesen im Katechismus stärke den und Weltkirche fördern und vertiefen. Sie ner Stellungnahme dazu. Der österreichische Ki- »Eine Million Kinder betet für die Einheit und den Glauben. »Viele besuchen den Bibelunterricht werden seit 1881 an wechselnden Orten in nofilm über den von den Nationalsozialisten er- Frieden den Rosenkranz«. Ich ermutige dieses nur bis zu ihrer Erstkommunion, aber als Er- zuletzt vierjährigem Abstand durchgeführt, mordeten Tiroler Priester hatte unter anderem schöne Ereignis, das Kinder auf der ganzen Welt wachsene würden sie die Fragen und Pro- zuletzt 2016 in Cebu auf den Philippinen. Der beim renommierten »International Catholic Film einbezieht, die insbesondere für die durch die bleme des Glaubens auf eine völlig andere nächste Eucharistische Weltkongress war ei- Festival – Mirabile Dictu« im Vatikan die Aus- Pandemie verursachten kritischen Situationen Weise formulieren oder interpretieren«, so Fa- gentlich im September 2020 in der ungari- zeichnung »Bester Spielfilm« erhalten. beten werden. bry. »Mit Hilfe des Katechismus können wir schen Hauptstadt Budapest geplant, musste Otto Neururer, seit 1932 Pfarrer von Götzens Ich grüße euch alle, die Römer und die Pilger unseren Glauben bewusster verstehen und wegen der Corona-Pandemie aber verscho- in Tirol, war im Mai 1940 als erster österreichi- aus verschiedenen Ländern: Familien, Pfarrgrup- leben«, sagte der NEK-Generalsekretär. Sinn- ben werden. Er findet nun vom 5. bis 12. Sep- scher Priester im KZ Buchenwald von den Natio- pen, Vereine und einzelne Gläubige. Ich wün- voll sei es, sich über die Lektüre auch in klei- tember 2021 statt. nalsozialisten ermordet worden. Am 24. Novem- sche euch allen einen schönen Sonntag. Bitte ver- ber 1996 sprach ihn Papst Johannes Paul II. als gesst nicht, für mich zu beten. Gesegnete Märtyrer selig. Mahlzeit und auf Wiedersehen! 23. Oktober 2020 / Nummer 43 L’OSSERVATORE ROMANO Wochenausgabe in deutscher Sprache Aus dem Vatikan 9

Botschaft von Papst Franziskus an die Kongregation vom Heiligen Erzengel Michael aus Anlass der Anerkennung vor 100 Jahren Zeugen Christi und Verteidiger der Menschen

verlassenen Kindern fort. Dabei sammelte er und religiösen Wachstum anleiten. In die- Männer und Frauen um sich; es waren die Mit- sem Zusammenhang möchte ich an die arbeiter des ersten Kerns des männlichen und Worte erinnern, mit denen Euer Gründer des weiblichen Zweigs der zukünftigen Kongre- seine Sendung zusammenfasste: »Ich gationen des heiligen Erzengels Michael. Er starb möchte Millionen Waisenkinder aus allen 1912, einige Jahre bevor das von ihm ersehnte Or- Nationen und Völkern sammeln, um sie zu densinstitut am 29. September 1921 vom damali- Gott zu führen« (Brief an Mutter Isabella, 11. gen Krakauer Erzbischof Adam Stefan Sapieha of- April 1910, in: Epistulae, V, S. 91). fiziell anerkannt wurde. Auf jeden Fall wurde das Heute tragen die Bedürftigsten das Ant- geistliche Erbe des Gründers von seinen Söhnen litz nicht nur derer, die in materieller Not le- An den ehrwürdigen Pater Darius Wilk CSMA, in diesen 100 Jahren mit apostolischem Eifer ge- ben, sondern häufig auch derer, die Sklaven Generaloberer der Kongregation lebt, wobei es der Wirklichkeit und den neuen der modernen Einflüsse und Abhängigkei- vom Heiligen Erzengel Michael pastoralen Nöten weise angepasst wurde, auch ten sind. Daher ist Euer Institut aufgerufen, um den Preis der äußersten Hingabe des Lebens, jenen Lebenswirklichkeiten der Jugendli- Ich möchte mich im Geiste Ihnen und Ihren wie dies das Martyrium Eurer Seligen Ladislaus chen und der Gesellschaft, die der Gefahr Mitbrüdern anschließen aus Anlass der Aner- Bladzinski und Adalbert Nierychlewski zeigt. des Bösen und der Entfernung von Gott aus- kennung dieser Kongregation vor 100 Jahren, die gesetzt sind, all seine Sorge und Aufmerk- Ihr mit einem Jubiläumsjahr begehen wollt. Die- Aktuelles Charisma samkeit zu widmen. Ein weiterer Bereich ser bedeutsame Anlass gibt mir Gelegenheit, Eures Apostolats, zu dessen Fortsetzung ich mich mit Eurer Danksagung an den Herrn zu ver- Euer Charisma, das nichts von seiner Aktua- Euch ermahne, ist die Pastoral durch das ge- einen für all das Wunderbare, das er durch das lität verloren hat, ist geprägt von der Sorge für druckte Wort. Der Verlag Michalineum und Wirken Eures Instituts vollbracht hat. Zugleich arme, verwaiste und verlassene Kinder, die nie- die beiden Zeitschriften Temperanza e La- möchte ich Euch ermutigen, Euer Werk mit Über- mand will und die oft als eine Art »Ausschuss - voro und Chi come Dio sind nicht nur das zeugung, Freude und in erneuerter Treue zu je- ware« der Gesellschaft betrachtet werden. Erbe des Gründers, sondern wertvolle so- Der Ordensgründer P. Bronislaw Markiewicz wurde nem Weg fortzusetzen, den Euer Gründer, der se- Während ich mich über als das freue, was Ihr in ziale Kommunikationsmittel, die – den ak- am 19. Juni 2005 in Warschau durch Kardinal Józef lige Bronislaw Markiewicz, vorgezeichnet hat. diesen Jahrzehnten für verlassene Kinder getan tuellen Erfordernissen angepasst und durch Glemp, Primas von Polen, Legat von Benedikt XVI., Wie das Senfkorn des Evangeliums, das, in die habt, lade ich Euch ein, im Hinblick auf diejeni- moderne Technik bereichert – viele errei- seliggesprochen. Erde gesät, wächst und zu einem großen Baum gen, die häufig niemand aufnehmen und vertei- chen und so Früchte des Guten in Geist und und Nistplatz für die Vögel des Himmels wird digen will, mit neuer Begeisterung Euer erziehe- Gewissen der Menschen hervorbringen können. persönlichen oder gemeinschaftlichen Zuflüchte (vgl. Lk 13,18-19), so bringt auch das Werk dieses risches Engagement fortzusetzen: in den Schu- Möge in diesem Eurem Jubiläumsjahr jeder zu suchen, die uns erlauben, gegenüber dem eifrigen Priesters aus der Diözese Przemysl, das len, den Oratorien, den Heimen, Aufnahmestel- von Euch fügsam auf den Heiligen Geist zu hören Kern des menschlichen Leids auf Distanz zu blei- zuerst in polnische Erde gesät wurde, durch Eu- len und anderen Einrichtungen der Hilfe und der wissen und sich von ihm formen lassen, um die ben, damit wir dann akzeptieren, mit dem kon- ren Dienst weiterhin zahlreiche Früchte in vielen Ausbildung. Vor allem für die Armen und an Or- notwendige brüderliche Gemeinschaft zu erneu- kreten Leben der anderen ernsthaft in Berührung Ländern auf den Kontinenten hervor. ten, wo eine menschliche und christliche Ausbil- ern im Hinblick auf eine immer fruchtbarere Mis- zu kommen und die Kraft der Zartheit kennen Die göttliche Vorsehung hat diesen Samen in dung aus verschiedenen Gründen fehlt und nicht sion. Werdet nicht müde, auf den »Schrei« zu lernen« (Apostolisches Schreiben Evangelii gau- das Leben von Don Markiewicz gepflanzt, der in angemessener Weise von der Gesellschaft ge- hören, den schutzlose Kinder und Jugendliche in dium, 270). Wenn Ihr so lebt, seid Ihr wahre Zeu- diesen zunächst gepflegt hat durch die Erfahrung währleistet wird, ist diese das größte Geschenk, ihren Augen tragen, und vermittelt ihnen Hoff- gen Christi und Verteidiger der Menschen. Die des Ordenslebens bei den Salesianern und in per- das Ihr auch heute den verwahrlosten Kindern nung und Zukunftsperspektiven. Vergesst nicht: heutige Zeit braucht Gottgeweihte, die immer sönlichem, freundschaftlichem Kontakt zum hei- und Jugendlichen zu geben berufen seid. Sie »Jesus aber will, dass wir mit dem menschlichen mehr die Nöte der Letzten zu sehen wissen, die ligen Johannes Bosco. Als er als erster Salesianer brauchen kontinuierlich Ausbilder und Erzieher, Elend in Berührung kommen, dass wir mit dem nicht davor zurückschrecken, das Charisma ihrer aus Italien nach Polen zurückkehrte, setzte er die die sie mit väterlicher Liebe und dem Evangelium leidenden Leib der anderen in Berührung kom- Institute in den modernen Feldlazaretten zu ver- Aussaat durch Werke zugunsten von armen und entsprechender Güte bei ihrem menschlichen men. Er hofft, dass wir darauf verzichten, unsere wirklichen.

Ziel des Apostolats Audienz für die Mitglieder des »Circolo San Pietro« Um dieses Ziel des Apostolats zu erreichen, muss man Gemeinschaft suchen, Grenzen über- Die neuen Formen der Armut erkennen winden, Brücken bauen und die Mauern der Gleichgültigkeit niederreißen. Vergesst nicht, auf Ansprache von Papst Franziskus am 25. September dem Weg einer erneuerten Treue zum Charisma auf die Worte Bezug zu nehmen, die in den ver- Liebe Mitglieder des »Circolo Auf eine außergewöhnliche Si- Erwartung entsprechen. Das ist die auch an eine kleine-große Geste er- gangenen 100 Jahren den Weg Eurer verdienst- San Pietro«, willkommen! tuation kann man keine gewohnte Erfahrung der Barmherzigkeit, »Mi- innern, eine Geste der Gruppe der vollen Kongregation erhellt haben, den Siegesruf Mein Dank geht an den neuen Antwort geben, sondern es ist eine sericordia«, »miseri-cor-dare«, den jungen Mitglieder des »Circolo« ge- des heiligen Erzengels Michael »Wer ist wie Präsidenten, Graf Niccolò Sacchetti, neue, andersartige Reaktion vonnö- Elenden Barmherzigkeit schenken, genüber den älteren Mitgliedern: Gott!«, der den Menschen vor Egoismus bewahrt, für die freundlichen Worte, die er an ten. Um dies zu tun, ist es notwen- den Elenden das Herz geben. eine telefonische Nachfrage, um zu und ebenso auf das Prinzip »Maß und Arbeit«, mich gerichtet hat. Ich wünsche dig, ein Herz zu haben, das die Wun- Wie der heilige Johannes Paul II. sehen, ob alles in Ordnung war, und das auf die Art und Weise anspielt, wie Ihr Euer ihm alles Gute für diese neue Auf- den der Gesellschaft zu »sehen« vor 40 Jahren bemerkte, »scheint« um ihnen ein wenig Gesellschaft zu Charisma verwirklichen sollt. Die von diesen gabe. weiß, und ebenso Hände zu haben, unsere Welt »für das Erbarmen kei- leisten. Das ist die Phantasie der Werten inspirierte Kohärenz des Lebens wird Euer Motto ist: »Gebet – Aktion die beim wohltätigen Werk kreativ nen Raum zu lassen« (Enzyklika Di- Barmherzigkeit. Euer Apostolisches Werk glaubwürdig und anzie- – Opfer«. Diese drei Worte stehen sind. Ein Herz, das sieht, und Hände, ves in misercordia, 2). Jeder von uns Ich ermutige euch, mit Einsatz hend machen und auch neue Berufungen für die drei Grundprinzipien, auf die die handeln. Diese beiden Aspekte ist aufgerufen, einen neuen Kurs und Freude eure karitativen Werke wecken. Vor diesem Hintergrund hoffe ich, dass das Leben der Vereinigung gegrün- sind wichtig, damit karitatives Han- einzuschlagen. Und das ist möglich, fortzusetzen, immer aufmerksam Eure Ordensfamilie in der Verbreitung des Apos- det ist. Bei unserer Begegnung im deln stets fruchtbar sein kann. wenn wir uns als erste selbst von und bereit, mutig auf die Nöte der tolats des heiligen Erzengels Michael, des macht- vergangenen Jahr galten meine Ge- Zuerst ist es dringend notwen- der Macht der Barmherzigkeit Armen zu antworten. Bittet den vollen Siegers über die Mächte des Bösen, fort- danken ersterem, dem Gebet (vgl. dig, in der sich schnell verändern- Gottes berühren lassen. Bevorzug- Heiligen Geist im persönlichen und fahren und darin ein großes Werk der Barm- Ansprache an die Mitglieder des den Stadt die neuen Formen der ter Rahmen für diese Erfahrung ist gemeinschaftlichen Gebet uner- herzigkeit für Seele und Leib sehen kann. »Circolo San Pietro«, 19. Februar Armut zu erkennen. Armut ist nor- das Sakrament der Versöhnung. müdlich um diese Gnade! Möge in den verschiedenen Feldern Eures 2019). In diesem Jahr möchte ich da- malerweise beschämend, sie Wenn wir unser Elend vor den Ich danke euch, weil ihr ein kon- kirchlichen Dienstes die unverbrüchliche Treue gegen etwas zur »Aktion« sagen. schämt sich: man muss hingehen, Herrn bringen, werden wir in das kreter Ausdruck der Nächstenliebe zu Christus und seinem Evangelium erstrahlen. Die Pandemie mit ihrer Notwen- um zu entdecken, wo es sie gibt… Erbarmen des Vaters eingehüllt. des Papstes seid, die sich der ver- Die heilige Jungfrau und der heilige Erzengel digkeit des zwischenmenschlichen Die neuen Formen der Armut, ihr Und diese Barmherzigkeit ist es, die schiedenen Formen der Armut Michael mögen Euch beschützen und sichere Abstandhaltens hat euch gezwun- wisst sehr gut, dass es viele gibt: ma- zu leben und zu schenken wir auf- Roms annimmt. Der Armen und der Führer sein für den Weg eurer Kongregation, da- gen, die konkrete Art und Weise der terielle Formen der Armut, mensch- gerufen sind. Immer: Gott, wir und verschiedenen Formen der Armut. mit sie all ihre guten Vorhaben verwirklichen karitativen Werke zu überdenken, liche Formen der Armut, soziale die anderen. Und ich bin euch dankbar für den kann. Während ich mein Gebet für einen jeden die ihr normalerweise für die Ar- Formen der Armut. Wir haben die Nachdem wir die Wunden der »Peterspfennig«, den ihr jedes Jahr für Euch und für die Initiativen Eures Jubiläums- men Roms durchführt. Zu den Be- Aufgabe, sie mit den Augen des Her- Stadt, in der wir leben, gesehen ha- in den Kirchen der Stadt sammelt jahres zusichere, erteile ich Euch, verbunden mit dürfnissen der Menschen, denen zens wahrzunehmen. Man muss ben, fordert uns die Barmherzigkeit und den ihr mir heute bringt. diesen Wünschen, von Herzen meinen Segen, in ihr normalerweise dient, kam die die menschlichen Wunden mit dem auf, »Phantasie« in den Händen zu Ich vertraue euch, eure Familien den ich gerne alle einschließe, denen Ihr bei Eu- Notwendigkeit hinzu, auf die Nöte Herzen zu sehen wissen, um sich haben. Das ist es, was ihr in dieser und alle Menschen, denen ihr tag- rem täglichen Apostolat begegnet. vieler Familien zu antworten, die das Leben des anderen »zu Herzen Zeit der Pandemie getan habt, das ist täglich beisteht, Maria, »Salus Po- Rom, St. Johannes im Lateran, 29. Juli 2020 sich von heute auf morgen in finan- zu nehmen«. So ist dieser nicht viel: Nachdem ihr die Herausforde- puli Romani«, an und auch der Für- ziellen Engpässen befanden. Und mehr nur ein Fremder, der Hilfe rung angenommen hattet, auf eine sprache der Schutzheiligen Roms, man darf nicht erschrecken: Es wird braucht, sondern vor allem ein Bru- konkrete Situation zu antworten, Petrus und Paulus. Und ich bitte immer mehr und mehr geben, denn der, ein Bruder, der um Liebe bet- wusstet ihr euren Dienst den euch, weiterhin für mich zu beten. die Auswirkungen der Pandemie telt. Nur wenn wir uns jemanden zu neuen, vom Virus auferlegten Be- Danke. werden schrecklich sein. Herzen nehmen, können wir dieser dingungen anzupassen. Ich möchte (Orig. ital. in O.R. 26.9.2020) (Orig. ital. in O.R. 28./29.9.2020) 23. Oktober 2020 / Nummer 43 L’OSSERVATORE ROMANO Wochenausgabe in deutscher Sprache 10 Aus dem Vatikan

Botschaft von Papst Franziskus an die Vollversammlung der Päpstlichen Akademie der Wissenschaften Forschung im Dienst an den Menschen

Überlebens. Neben dem Beitrag der Wissen- schaften verlangen die Nöte und Bedürfnisse der ärmeren Mitglieder unserer Menschheitsfamilie nach gerechten Lösungen seitens der Regierun- gen und aller Entscheidungsträger. Die Gesund- heitssysteme zum Beispiel müssen sehr viel inklusiver sowie für Benachteiligte und in ein- kommensschwachen Ländern lebende Men- schen zugänglicher werden. Wenn jemand be- vorzugt werden sollte, dann sollten es die An die namhaften Mitglieder der Bedürftigsten und Verletzlichsten unter uns sein. Päpstlichen Akademie der Wissenschaften, Ebenso muss, wenn Impfstoffe verfügbar sein die ihre virtuelle Vollversammlung abhalten werden, der gleichberechtigte Zugang zu ihnen unabhängig vom Einkommen gewährleistet wer- den, wobei immer mit den Geringsten begonnen Ich grüße Sie herzlich und möchte der Päpstli- werden soll. Die globalen Probleme, mit denen chen Akademie der Wissenschaften danken, dass wir konfrontiert sind, erfordern kooperative und sie die diesjährige Vollversammlung dem Thema multilaterale Antworten. Internationale Organi- der Grundlagenforschung im Dienst an der Ge- sationen wie die UNO, die WHO, die FAO und sundheit unseres Planeten und seiner Bewohner, andere, die gegründet wurden, um die globale Zu- besonders der Ärmsten und Benachteiligsten sammenarbeit und Koordination zu fördern, soll- widmet. Ebenso grüße ich die eingeladenen Ex- ten respektiert und unterstützt werden, damit sie perten und Führungspersönlichkeiten, die alle im Interesse des universalen Gemeinwohls ihre Die Aufmerksamkeit für die Auswirkungen der Krise auf die Armen der Welt dürfe keinesfalls ver- hohe internationale Verantwortung tragen, und Ziele erreichen können. nachlässigt werden, mahnte Papst Franziskus, denn für viele von ihnen sei es eine Frage des Überle- freue mich auf ihren Beitrag. Im weiteren Kontext der globalen Erwär- bens. Regierungen und Entscheidungsträger sollten nach gerechten Lösungen suchen. Das Gemälde Zunächst möchte ich meiner Unterstützung mung, der ökologischen Krise und des dramati- von Vincent van Gogh trägt den Titel »Die Armen und das Geld« (1882). für die Arbeit der Akademie Ausdruck verleihen, schen Verlusts der Biodiversität ist der Ausbruch die von ihrem Präsidenten, Prof. Joachim von der Pandemie ein Aufruf an unsere Menschheits- Braun, und dem Rat tatkräftig vorangebracht familie, ihren Kurs zu überdenken, Reue zu zei- chen Szenarien auf, die ihren Ursprung in den men zu stellen. In diesen Monaten war die ganze wird. In diesen Tagen ist mein Interesse für Ihre gen und eine ökologische Umkehr zu vollziehen fortschrittlichsten Labors der Natur- und Biowis- Welt auf Sie und Ihre Fachkollegen angewiesen, Arbeit noch größer, weil Sie diese Vollversamm- (vgl. Laudato si’, 216-221). Eine Umkehr, die sich senschaften haben könnten. Dürfen wir ange- um zu informieren, Hoffnung zu wecken und – lung einem Thema gewidmet haben, das zu auf all unsere gottgeschenkten Gaben und Ta- sichts solcher Aussichten schweigen? So groß das gilt für unzählige medizinische Fachkräfte – Recht der ganzen Menschheit große Sorge berei- lente stützt, um eine »Humanökologie« zu för- die Verantwortung der Politiker auch sein mag, die Kranken und Leidenden zu versorgen, oft un- tet. Unter dem Aspekt der SARS-CoV-2/ Covid- dern, die unserer angeborenen Würde und unse- sie entbindet die Wissenschaftler nicht von der ter Einsatz ihres eigenen Lebens. Indem ich Ih- 19-Pandemie und anderer globaler Fragen befas- rer gemeinsamen Bestimmung würdig ist. Das Übernahme ihrer eigenen ethischen Verantwor- nen erneut meine Dankbarkeit zum Ausdruck sen Sie sich mit dem Begriff einer Wissenschaft ist die Hoffnung, die ich in meiner kürzlich tung in dem Bemühen, nicht nur die Herstel- bringe und Ihnen meine mit dem Gebet verbun- im Dienst an den Menschen für das Überleben veröffentlichten Enzyklika Fratelli tutti über Ge- lung, den Besitz und den Einsatz von Kernwaf- denen guten Wünsche für die Beratungen Ihrer der Menschheit. schwisterlichkeit und soziale Freundschaft zum fen zu stoppen, sondern auch die Entwicklung Vollversammlung ausspreche, rufe ich auf Sie, Ausdruck gebracht habe: »Wie schön wäre es, biologischer Waffen mit ihrem Potenzial, un- Ihre Familien und Ihre Mitarbeiter Gottes Segen Falsche wenn die Zunahme der Innovationen in Wissen- schuldige Zivilisten und sogar ganze Völker zu der Weisheit, der Kraft und des Friedens herab. Sicherheiten schaft und Technik auch mit einer immer größe- vernichten. Und ich bitte Sie, in Ihrem Gebet meiner zu ge- ren Gleichheit und sozialen Inklusion einherge- denken. Denn die Pandemie hat nicht nur unsere hen würde! Wie schön wäre es, wenn wir, so wie Geist der falschen Sicherheiten offengelegt, sondern auch wir die Entdeckung neuer entfernter Planeten ge- Zusammenarbeit Rom, St. Johannes im Lateran, die Unfähigkeit der Länder der Welt zur Zusam- macht haben, die Bedürfnisse unseres Bruders 7. Oktober 2020 menarbeit. Trotz aller Hyperkonnektivität ist eine und unserer Schwester wiederentdecken wür- Liebe Freunde, noch einmal danke ich Ihnen Zersplitterung eingetreten, die es erheblich er- den, die um uns kreisen!« (Nr. 31). für Ihre Forschung und Ihre Bemühungen, sich schwert hat, die Probleme, die alle betreffen, zu Die Reflexionen Ihrer Vollversammlung über im Geist der Zusammenarbeit und der gemeinsa- lösen (vgl. Fratelli tutti, 7). Daher ist es bedeut- die Wissenschaften und das Überleben der men Verantwortung für die Zukunft unserer Ge- sam, dass diese virtuelle Vollversammlung der Menschheit werfen auch die Frage nach ähnli- sellschaften diesen schwerwiegenden Proble- (Orig. engl., ital. in O.R. 8.10.2020) Akademie eine Reihe unterschiedlicher wissen- schaftlicher Disziplinen zusammenbringt. In die- ser Hinsicht liefert sie ein Beispiel dafür, wie die Audienz für Führungskräfte und Beamte des Inspektorats für Öffentliche Sicherheit »Vatikan« Herausforderungen der Covid-19-Krise durch ab- gestimmte Anstrengungen im Dienst der gesam- aus Anlass des 75-jährigen Bestehens ten Menschheitsfamilie angegangen werden soll- ten. Ihre Arbeit konzentriert sich vor allem auf Mit Kompetenz und Leidenschaft die Erforschung neuer immunologischer und im- munchemischer Möglichkeiten, um die körper- Ansprache von Papst Franziskus am 28. September eigenen Abwehrmechanismen zu aktivieren oder die Vermehrung infizierter Zellen zu stop- Liebe Brüder und Schwestern! Sie alle: Führungskräfte, Beamte, Polizeikräfte gie des »Herbstes von Buenos Aires« [Der Papst pen. Sie analysieren auch andere spezifische Be- mit Ihren Familien. Mein achtungsvoller Gruß bezog sich auf ein Musikstück, das die Blaska- handlungen, darunter Impfstoffe, die gerade in Ich freue mich, mit der großen Familie des gilt der Innenministerin, der ich für ihre Worte pelle der Polizei gespielt hatte.] Danke! klinischen Studien getestet werden. Wie wir Inspektorats für Öffentliche Sicherheit »Vatikan« danke, wie auch dem Polizeichef. Und ich Das Gedenken an die Gründung dieses In- wissen, hat das Virus durch die Beeinträchti- zusammenzutreffen, der des 75. Jahrestags sei- möchte Ihnen auch danken, denn es war schön spektorats veranlasst zu spontanem Dank an den gung der Gesundheit der Menschen auch das ge- ner Einrichtung gedenkt. Herzlich begrüße ich für mich, diesen Saal zu betreten mit der Nostal- Herrn für die 75-jährige Geschichte und für die samte soziale, wirtschaftliche und geistige Ge- Arbeit vieler Männer und Frauen der italieni- füge der Gesellschaft beeinträchtigt, da es schen Staatspolizei. In der Tradition der tiefen menschliche Beziehungen, Arbeit, Produktion, Bande, die zwischen dem Heiligen Stuhl und Handel und sogar viele geistige Aktivitäten Italien bestehen, haben sie mit Kompetenz und lahmgelegt hat. Das hat enorme Auswirkungen Leidenschaft eine Mission erfüllt, die ihren Ur- auf die Bildung. In vielen Teilen der Welt können sprung in den Lateranverträgen von 1929 hat. Zu- sehr viele Kinder nicht mehr in die Schule sammen mit der Schaffung des Staates der Vati- zurückkehren, und diese Situation birgt die Ge- kanstadt sahen diese Abkommen eine besondere fahr einer Zunahme von Kinderarbeit, Ausbeu- Regelung für den Petersplatz vor, mit freiem Zu- tung, Missbrauch und Unterernährung. Kurz ge- gang für die Pilger und Touristen unter der Auf- sagt, das Gesicht einer Person nicht sehen zu sicht der italienischen Behörden. können und andere Menschen als potenzielle Ein Rückblick zeigt, dass die Gründung des In- Überträger des Virus zu betrachten, ist eine spektorats für Öffentliche Sicherheit »Vatikan« in schreckliche Metapher für eine globale soziale einem prekären Kontext nationalen Notstands Krise, die alle, denen die Zukunft der Mensch- stattfand, als die politischen und gesellschaftli- heit am Herzen liegt, interessieren muss. chen Kräfte mit einem demokratischen Neube- In dieser Hinsicht darf niemand von uns die ginn befasst waren. Im März 1945 konkretisierte Aufmerksamkeit für die Auswirkungen der Krise sich der Plan, diesem Polizeidienst Autonomie auf die Armen der Welt vernachlässigen. Für viele von ihnen ist es in der Tat eine Frage des Fortsetzung auf Seite 11 23. Oktober 2020 / Nummer 43 L’OSSERVATORE ROMANO Wochenausgabe in deutscher Sprache Aus dem Vatikan 11

Botschaft von Papst Franziskus an das Beraterinnengremium des Päpstlichen Rats für die Kultur Gebetsanliegen des Papstes Friedensstifterinnen für die Erneuerung für den Monat Oktober Vatikanstadt. Um das Thema der Laien und insbesondere der Frauen dreht Liebe Freundinnen, Gang setzen, zwischen Einheit und Verschieden- sich die Gebetsmeinung von Papst Fran- heit, zwischen Musik und Liturgie, und das mit ziskus für den Monat Oktober, den Missi- ich freue mich, einen herzlichen Gruß an Sie, dem grundlegenden Ziel der universalen Freund- onsmonat. In einem Video, das der Vatikan das Beraterinnengremium des Päpstlichen Rats schaft und des allgemeinen Vertrauens. Und Sie am 8. Oktober veröffentlicht hat, spricht für die Kultur, zu richten. Anlass ist das Webinar tun dies mit weiblicher Stimme, die in einer kran- sich der Papst »für eine wirksamere weib- »Frauen lesen Papst Franziskus: Lektüre, Refle- ken Welt zur Heilung beitragen will. Ihre Lek- liche Präsenz in der Kirche« aus. xion und Musik«, das sich aus einer Reihe von türefolge wird eine besondere Sichtweise über »Niemand wurde als Priester oder Bi- Veranstaltungen zusammensetzt und nun mit das Thema der gesellschaftlichen und kulturellen schof getauft«, so Franziskus wörtlich: dem Thema »Evangelii gaudium« beginnt. Auseinandersetzung anbieten können, als Bei- »Wir wurden alle als Laien getauft.« Und Ihr heutiges Symposium erlaubt auch, die trag zum Frieden, denn die Frauen haben die »Laien und Laiinnen« seien die »Protago - schöne Neuheit ins Licht zu rücken, die Sie in- Gabe, eine Weisheit einzubringen, die Wunden nisten« der katholischen Kirche. nerhalb der Römischen Kurie darstellen. Zum zu schließen weiß, die zu vergeben, neu zu er- ersten Mal bezieht ein Dikasterium eine Gruppe finden und zu erneuern weiß. von Frauen ein und macht sie zu Protagonistin- In der Heilsgeschichte ist es eine Frau, die das nen der von ihm entwickelten Projekte und kul- göttliche Wort aufnimmt. Und es sind ebenso die turellen Leitlinien, und nicht nur, um sich mit Frauen, die in der Dunkelheit der Nacht die Frauenfragen zu befassen. Ihr Gremium setzt kleine Flamme des Glaubens hüten und die Auf- sich zusammen aus Frauen, die in verschiede- erstehung erwarten und verkünden. Die freudige nen Sektoren des gesellschaftlichen Lebens en- und tiefe Verwirklichung der Frau konzentriert gagiert sind und kulturelle und religiöse Sicht- sich auf diese beiden Aspekte: Aufnahme und weisen der Welt einbringen, die, obwohl sie Verkündigung. Frauen sind die Protagonistinnen unterschiedlich sind, auf dasselbe Ziel ausgerich- einer Kirche, die hinausgeht durch das Zuhören »Heute ist es besonders notwendig, die tet sind: mit gegenseitigem Respekt zusammen- und die Fürsorge, die sie den Nöten der anderen Räume für eine wirksamere weibliche Prä- zuarbeiten. Als großes weibliches Vorbild in der Kirche wür- entgegenbringen, und durch die ausgeprägte senz in der Kirche zu erweitern. Für die Für Ihre Lektürefolge haben Sie drei meiner digte der Papst die heilige Hildegard von Bingen. Fähigkeit, in einer von »der Wärme eines Zu- Präsenz der Laien selbstverständlich, aber Texte ausgewählt: das Apostolische Schreiben Benedikt XVI. hatte sie 2012 zur Kirchenlehrerin hause« geprägten Atmosphäre Dynamiken der dabei muss die Präsenz der Frauen beson- Evangelii gaudium und anschließend die Enzy- erhoben. Gerechtigkeit in den verschiedenen gesellschaft- ders betont werden, weil Frauen oft igno- klika Laudato si’ und das Dokument über die Brü- lichen Umfeldern, in denen sie arbeiten, zu för- riert werden.« derlichkeit aller Menschen für ein friedliches Zu- Verschiedenheit, die so zu arbeiten weiß, dass sie dern. Zuhören, Meditation, liebevolles Handeln: Franziskus setzt sich dafür ein, »die In- sammenleben in der Welt. Diese Schreiben sind im Dialog Punkte der Übereinstimmung und der Das sind die wesentlichen Elemente einer tegration von Frauen an Orten zu fördern, jeweils den Themen der Evangelisierung, der Harmonie zu suchen vermag. Freude, die sich durch den weiblichen Blick er- wo wichtige Entscheidungen getroffen Schöpfung und der Geschwisterlichkeit gewid- Ebenso ist die Tatsache zu unterstreichen, neuert und den anderen mitteilt, bei der Sorge für werden«. Er bittet dafür im Monat Oktober met. Es ist eine bedeutsame Auswahl, die den dass das Symposium im Zeichen einer großen die Schöpfung, im Aufbau einer gerechteren um Gebet: »Dass die Laien und in beson- Geist des Gremiums widerspiegelt, eine reiche Frau steht, die 2012 zur Kirchenlehrerin erhoben Welt, in der Schaffung eines Dialogs, der die Un- derer Weise die Frauen kraft der Taufe wurde: die heilige Hildegard von Bingen. Auch terschiede respektiert und wertschätzt. mehr an den verantwortlichen Stellen in sie hat, wie der heilige Franziskus, einen Lobge- Ich wünsche Ihnen, dass Sie Friedensstifte- der Kirche mitwirken, ohne in einen Kleri- sang komponiert, in dem sie das Lob des Herrn rinnen sein und Erneuerung bewirken mögen. kalismus zu verfallen, der das Charisma Kurz notiert der Schöpfung auch in der Schöpfung singt. Hil- Dass Sie eine Präsenz sind, die mit Mut und De- der Laien aufhebt.« degard vereint wissenschaftliche Kenntnis und mut Neues zu verstehen und anzunehmen und Das Video wurde in Zusammenarbeit Vatikanstadt. Kardinal Gianfranco Spiritualität. Seit eintausend Jahren liest, kom- die Hoffnung einer auf die Geschwisterlichkeit mit dem Dikasterium für Laien, Familie Ravasi, Präsident des Päpstlichen Rats für mentiert, gestaltet und lehrt sie als wahre Lehre- gegründeten Welt zu wecken weiß. Ich begleite und Leben unter Beteiligung leitender Mit- die Kultur, hatte 2015 eine rein weiblich rin Frauen und Männer. Sie hat die Regeln ihrer Sie mit meinem Gebetsgedenken und bitte Sie, arbeiter des Vatikan und vatikanischer besetzte Konsultationsgruppe eingerich- Zeit durchbrochen, die den Frauen verboten, zu dasselbe für mich zu tun. Danke! Journalisten produziert, die bei ihrer Ar- tet. Sie setzt sich aus rund 30 Frauen aus studieren und eine Bibliothek zu betreten, und beit zu sehen sind. weit verstreuten Berufsfeldern und ver- dies fordert sie als Äbtissin auch für ihre Mit- Rom, St. Johannes im Lateran, Videos mit den monatlichen Gebetsan- schiedenen Religionen zusammen, unter schwestern. Sie lernt Gesang und komponiert 1. Oktober 2020, Gedenktag der heiligen liegen von Papst Franziskus werden vom anderen sind eine muslimische Theologin Musik, die für sie wie eine Woge war, die sie bis Theresia vom Kinde Jesus »Gebetsnetzwerk des Papstes« zu jeweils und eine jüdische Wissenschaftlerin ver- zur Höhe Gottes tragen konnte. Musik war für sie wechselnden Themen erstellt. Zu sehen treten. Das Gremium soll die Aktivitäten nicht nur Kunst oder Wissenschaft, sie war auch sind sie unter anderem unter dem Stich- des Dikasteriums beurteilen und auch Liturgie. wort »Das Video des Papstes« auf der Platt- neue Wege aufzeigen. Jetzt möchten Sie durch diese Begegnung ei- form Youtube. nen Dialog zwischen Intellekt und Spiritualität in (Orig. ital. in O.R. 8.10.2020)

Audienz für Führungskräfte und Beamte des Inspektorats für Öffentliche Sicherheit »Vatikan«

Fortsetzung von Seite 10 mut und Leid in den Familien. Das ist das Er- des Papstes ihren besonderen Charakter der Be- gebnis des Krieges. Die Römer und die Pilger, gegnung mit dem Volk Gottes nicht verlieren. Für die in die Hauptstadt gelangen konnten, kamen all dies möchte Ich Ihnen nochmals meinen Dank und eine Rechtsform zu verleihen. Das Innen- immer zahlreicher nach St. Peter, auch um ihren zum Ausdruck bringen. ministerium unter Leitung des Ministerpräsiden- Dank an Papst Pius XII. zu Ausdruck zu brin- Möge das Inspektorat für Öffentliche Sicher- ten Ivanoe Bonomi errichtete das Sonderbüro gen, der zum »Defensor civitatis« proklamiert heit »Vatikan« die Arbeit seiner großartigen Ge- Öffentliche Sicherheit »St. Peter«. wurde. Das neue Büro der Staatspolizei war so schichte entsprechend fortsetzen, so dass sie Auf diese Weise wurde der seit langer Zeit be- in der Lage, angemessen auf die neuen Erfor- neue und reiche Früchte tragen kann. Ich bin si- stehende Dienst der Polizeikräfte auf dem Peters- dernisse zu antworten und sowohl Italien als cher, dass die Arbeit an diesem Ort für Sie eine platz und in der Umgebung des Vatikan verstärkt auch dem Heiligen Stuhl einen wichtigen Dienst ständige Mahnung zu den höchsten Werten dar- und effizienter. Die Besetzung Roms durch deut- zu leisten. stellt: zu jenen menschlichen und geistlichen sche Truppen 1943 hatte nicht wenige Schwie- Vom Tag der Einrichtung dieses Büros an, Werten, die Tag für Tag angenommen und be- rigkeiten und Sorgen verursacht: Es stellte sich das im Lauf der Zeit unterschiedliche Bezeich- zeugt werden müssen. Ich wünsche, dass Ihre das Problem der Respektierung der Neutralität nungen hatte, bis zur heutigen, entfaltete sich Um dem Papst eine Freude zu bereiten, spielte nicht selten unter Opfer und in Gefahren aufge- und Souveränität der Vatikanstadt wie auch der ein Weg im Zeichen der fruchtbaren Zusam- das Polizeiorchester den »Herbst« aus den »Vier brachte Mühe von einem lebendigen christlichen Person der Papstes von Seiten der deutschen menarbeit zwischen Italien und dem Heiligen Jahreszeiten« von Astor Piazzolla. Glauben beseelt sei: Er ist der kostbarste geistige Soldaten. Neun Monate lang war die mit Kreide Stuhl, zwischen dem Inspektorat und den für Schatz, den Ihre Familien Ihnen anvertraut ha- auf den Pflastersteinen des Petersplatzes mar- die öffentliche Ordnung und die Sicherheit Opferbereitschaft. Vor allem bewundere ich Ihre ben und den Ihren Kindern weiterzugeben Sie kierte Grenze zwischen dem italienischen Staat des Papstes zuständigen Vatikaneinrichtungen. Geduld, die Sie üben, wenn Sie mit Menschen berufen sind. und der Vatikanstadt ein Ort von Spannungen Auch im Wandel der nationalen und internatio- unterschiedlicher Herkunft und Kultur zu tun ha- Der Herr möge es Ihnen vergelten, wie nur er und Befürchtungen. Den Gläubigen, die in der nalen Szenarien sowie der Sicherheitsanforde- ben und – ich erlaube mir, es zu sagen – wenn es zu tun weiß. Ihr Schutzpatron, der Heilige Erz - Basilika beten wollten, war der Zugang nicht rungen blieb der Geist, in dem Männer und Sie mit Priestern zu tun haben! In meinen Dank engel Michael, behüte Sie und die heilige Jung- ohne weiteres möglich, weshalb viele davon Ab- Frauen des Inspektorats ihre geschätzte Arbeit schließe ich auch Ihren Einsatz sein, wenn Sie frau wache über Sie und Ihre Familien. Und auch stand nahmen. geleistet haben, unverändert. mich bei Besuchen in Rom, in den Diözesen oder mein Segen begleite Sie. Und bitte vergessen Sie Schließlich wurde Rom am 4. Juni 1944 be- Liebe Führungskräfte und Beamte, ich danke Gemeinschaften innerhalb von Italien begleiten. nicht, für mich zu beten. Danke. freit, aber der Krieg hinterließ tiefe Wunden in Ihnen für Ihren wertvollen Dienst, der sich aus- Eine schwierige Arbeit, die Diskretion und Ba- den Gewissen, Trümmer auf den Straßen, Ar- zeichnet durch Beflissenheit, Professionalität und lance verlangt, um zu ermöglichen, dass die Wege (Orig. ital. in O.R. 28./29.9.2020) 23. Oktober 2020 / Nummer 43 L’OSSERVATORE ROMANO Wochenausgabe in deutscher Sprache 12 Aus dem Vatikan

Generalaudienz in der »Aula Paolo VI« am 7. Oktober Der Prüfstein des Gebets ist die konkrete Nächstenliebe

Liebe Brüder und Schwestern, guten Tag! Wir nehmen heute die Katechesen über das Gebet wieder auf, die wir unterbrochen hatten für die Katechesen über die Sorge für die Schöp- fung. Jetzt wollen wir also wieder zu ihnen zurückkehren. Und wir begegnen dabei einer der imposantesten Gestalten der ganzen Heiligen Schrift: dem Propheten Elija. Er geht über die Grenzen seiner Zeit hinaus, und wir können seine Gegenwart auch in einigen Episoden des Bild oben: Darstellung der Entrückung des Evangeliums erkennen. Er erscheint an der Seite Propheten Elija im Feuerwagen: »Ein Stückchen Jesu, zusammen mit Mose, bei der Verklärung von Elijas Mantel können wir alle erhaschen, (vgl. Mt 17,3). Jesus selbst nimmt Bezug auf seine so wie sein Schüler Elischa die Hälfte seines Gestalt, um das Zeugnis von Johannes dem Täu- Mantels erhascht hat«, merkte Papst Franziskus fer zu beglaubigen (vgl. Mt 17,10-13). in seiner Katechese zu dieser Episode aus dem Alten Testament an. Glasklarer Glaube Links und unten: Aufgrund des regnerischen In der Bibel erscheint Elija ganz plötzlich, auf Wetters in Rom fand die Begegnung des geheimnisvolle Weise. Er stammt aus einem klei- Heiligen Vaters mit Pilgern und Besuchern aus nen, völlig unbedeutenden Dorf (vgl. 1 Kön 17,1); aller Welt in der »Aula Paolo VI« statt. und am Ende entschwindet er unter den Augen seines Schülers Elischa auf einem feurigen Wa- Gestalten, die der monastischen Tradition beson- Versuchungen. Diese Wirklichkeit findet sich in gen, der ihn in den Himmel bringt (vgl. 2 Kön ders am Herzen liegen, so dass einige ihn zum vielen anderen biblischen Berufungen wieder, 2,11-12). Er ist also ein Mann ohne genaue Her- geistlichen Vater des gottgeweihten Lebens er- auch im Neuen Testament – denken wir zum Bei- kunft und vor allem ohne ein Ende, der in den wählt haben. Elija ist der Mann Gottes, der sich spiel an den heiligen Petrus und an den heiligen Himmel entrückt wird: Daher erwartete man zum Verteidiger des Primats des Allerhöchsten Paulus. Auch ihr Leben war so: Augenblicke der seine Wiederkunft vor der Ankunft des Messias, erhebt. Dennoch ist auch er gezwungen, seine ei- Begeisterung und Augenblicke der Erniedrigung, gleichsam als Vorläufer. So erwartete man die genen Schwächen in Rechnung zu stellen. Es ist des Leidens. Wiederkunft des Elija. schwer zu sagen, welche Erfahrungen für ihn Die Heilige Schrift präsentiert uns Elija als ei- nützlicher gewesen sind: der Sieg über die Klangvolle Stille nen Mann mit glasklarem Glauben: Schon in sei- falschen Propheten auf dem Berg Karmel (vgl. nem Namen, der bedeuten könnte »Jahwe ist 1 Kön 18,20-40) oder die Verwirrung, in der er Elija ist ein Mann des kontemplativen und Gott«, ist das Geheimnis seiner Sendung enthal- feststellt, dass er nicht besser ist als seine Väter gleichzeitig des aktiven Lebens, besorgt um die den Brüdern und Schwestern entgegen, zu denen ten. So wird er sein ganzes Leben lang sein: ein (vgl. 1 Kön 19,4). Im Herzen des Beters ist das Be- Ereignisse seiner Zeit, fähig, sich gegen den König er uns sendet. Das Gebet bedeutet nicht, sich mit sehr aufrichtiger Mann, unfähig zu billigen Kom- wusstsein um die eigene Schwäche wertvoller als und die Königin zu wenden, nachdem diese dem Herrn einzuschließen, um sich die Seele zu promissen. Sein Symbol ist das Feuer, Bild der rei- die Augenblicke der Begeisterung, wenn das Le- Nabot töten ließen, um seinen Weinberg in ihren schminken: Nein, das ist kein Gebet, das ist ein nigenden Macht Gottes. Er wird zunächst auf ben ein erfolgreicher Ritt von Sieg zu Sieg zu sein Besitz zu bringen (vgl. 1 Kön 21,1-24). Wie sehr vorgetäuschtes Gebet. Das Gebet ist eine Ausein- eine harte Probe gestellt werden und treu blei- scheint. So ist es immer im Gebet: Augenblicke brauchen wir Gläubige, eifrige Christen, die ange- andersetzung mit Gott und ein Sich-Senden-Las- ben. Er ist das Vorbild aller gläubigen Menschen, des Gebets, die wir tief empfinden und die uns sichts von Menschen, die Führungsverantwor- sen, um den Brüdern und Schwestern zu dienen. die Versuchungen und Leiden kennen, aber dem aufrichten, auch Augenblicke der Begeisterung, tung tragen, mit dem Mut des Elija handeln, um Der Prüfstein des Gebets ist die konkrete Näch- Ideal nicht untreu werden, für das sie geboren und Augenblicke des Gebets im Schmerz, in der zu sagen: »Das darf man nicht tun! Das ist Mord!« stenliebe. Und umgekehrt: Die Gläubigen han- sind. Trockenheit, in der Prüfung. So ist das Gebet: sich Wir brauchen den Geist des Elija. Er zeigt uns, deln in der Welt, nachdem sie zuerst geschwie- Das Gebet ist der Lebenssaft, aus dem sich von Gott tragen lassen, aber auch die Hiebe aus- dass es im Leben des Beters keine Zweiteilung ge- gen und gebetet haben; sonst ist ihr Handeln sein Dasein beständig speist. Daher ist er eine der halten von schlimmen Situationen und auch von ben darf: Man steht vor dem Herrn und man geht impulsiv, ist es ohne Urteilsvermögen, ist es ein mühevolles Rennen ohne Ziel. Die Gläubigen ver- halten sich so, sie tun viel Unrecht, weil sie nicht erst zum Herrn gegangen sind, um zu beten, um zu erkennen, was sie tun sollen. Die neue Enzyklika: Was in der Bibel steht, lässt vermuten, dass auch Elijas Glaube einen Fortschritt gekannt DerTr Traum voon einer geschhwwiisterlichen WeWelt hat: Auch er ist im Gebet gewachsen, hat es all- mählich verfeinert. Das Antlitz Gottes ist für ihn Papst Franziskus Bestellen Sie hier versandkostenfrei: auf dem Weg deutlicher geworden. Bis zum Höhepunkt in jener wunderbaren Erfahrung als Fratelli tutti ___ Exemplar(e) Fratelli ttuutti | ISBN 978-3-8436-1311-8 | a 12,00 [D] Gott sich Elija auf dem Berg offenbart (vgl. 1 Kön Enzyklika über die 19,9-13). Er offenbart sich nicht im heftigen T Ich bestelle (Rechnnuungsempfänger): Sturm, nicht im Erdbeben oder im verzehrenden Geschwisterlichkeit und Feuer, sondern im »sanften, leichten Säuseln« die soziale Freundschaft Name/VVoorname (V. 12). Oder eine bessere Übersetzung, die jene Einführung von Jürgen Erbacher Erfahrung gut widerspiegelt: in einem Hauch klangvoller Stille. So offenbart Gott sich Elija. Mit Mit Register Straße/Hausnummer diesem demütigen Zeichen teilt Gott sich Elija 13 x 21,3 cm, 240 Seiten mit, der in jenem Augenblick ein fliehender Pro- PLZ/Ort Paperback phet ist, der den Frieden verloren hat. Gott a 12,00 [D] kommt einem müden Mann entgegen – einem ISBN 978-3-8436-1311-8 Telefon Mann, der meinte, an allen Fronten gescheitert zu sein, und mit jenem sanften Säuseln, mit je- Auch als eBook Ort/Datum Unterschrift nem Hauch klangvoller Stille lässt er wieder Ruhe und Frieden in sein Herz einziehen. »»WWie in einem Brennglas fügt Franziskus in ›Fratelli tutti‹ seine Ideen von einer neuen Weltordnung zusammen, die allen Das ist die Geschichte von Elija, aber sie scheint für uns alle geschrieben zu sein. Manch- Menschen ein Leben in Würde ermöglicht, in der alles Handeln in der Perspektive des ›Wir‹ und nicht des ›Ich‹ vollzogen mal können wir uns am Abend nutzlos und ein- wird. …« ((AAus der Einführung von Jürgen Erbacher) sam fühlen. Dann kommt das Gebet und klopft an die Tür unseres Herzens. Ein Stückchen von Der Band enthält die hochaktuelle neue Sozial- und Gerechtigkeitsenzyklika von Papst Franziskus in übersichtlicher Elijas Mantel können wir alle erhaschen, so wie D t ll Di Ei l it P tk Jü E b h lä t tdi K kt Ei füh li h sein Schüler Elischa die Hälfte seines Mantels er- hascht hat. Und auch wenn wir einen Fehler ge- macht haben oder uns bedroht und verängstigt fühlen sollten: Wenn wir uns Gott im Gebet wie- der zuwenden, kehren wie durch ein Wunder auch die Ruhe und der Frieden zurück. Das ist es, Bestellungen bitte an: was Elijas Vorbild uns lehrt. Kundenservice derVVeerlagsgruppe Patmos | Im Alten Rathaus | Hauptstraße 37 | 79427 Eschbach | TTeel. 07634 50545-27 | Fax 07634 50545-29 | kundenservice@verlagsgruppe-patmos (Orig. ital. in O.R. 8.10.2020)