Politische Studien443
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POLITISCHE STUDIEN 443 Orientierung durch Information und Dialog 63. Jahrgang | Mai-Juni 2012 | ISSN 0032-3462 | € 4,50 /// IM FOKUS NEUE DIMENSIONEN DES RECHTSEXTREMISMUS Mit Beiträgen von Uwe Backes | Eckhard Jesse | Wilhelm Schmidbauer | Hans-Peter Uhl | Jörg Ziercke /// SUSANNE SCHMID Antworten auf den demographischen Wandel /// HEINRICH KREFT Afrika und Deutschland /// SIEGFRIED SCHNEIDER Die Zukunft der Medienregulierung www.hss.de EDITORIAL Um die deutsch-französische Zusammenarbeit „muss selbstverständlich stets GERUNGEN werden. frankreich 2012 – WAHL DES STAATSPRÄSIDENTEN Das Ausmaß des Sieges von François Hollande und der Niederlage von Nico- las Sarkozy im zweiten Durchgang der Wahlen zum französischen Staatsprä- sidenten am 6. Mai 2012 entsprach ziemlich genau den vorher kolportierten Prognosen – was keine Selbstverständlichkeit ist. Die Analyse, warum es so gekommen ist, hat, über die mitwirkenden persönlichen Faktoren hinaus, ihre Bedeutung für die Feststellung von Rahmenbedingungen französischer Innenpolitik. Aber da Frankreich in Europa und in der Weltpolitik immer noch ein äußerst selbstbewusster Akteur ist, wird nun jenseits der Grenzen des „Hexagon“ die Frage aktuell, wieviel an Wandel in der Außenpolitik der Wechsel des Hausherren im Elysée-Palast mit sich bringen mag. Von offiziel- ler deutscher Seite ist man bestrebt, eine Kontinuität zu unterstellen, denn die deutsch-französische Zusammenarbeit sei schon hinreichend kompromisser- probt. Das dürften die typisch staatswirtschaftlich-sozialistischen Akzente im Wahlkampfprogramm von François Hollande nicht vergessen machen. Die Situation, dass dabei Berlin den Stabilitätspakt als nicht weiter ver- handelbar ansieht, einem hinzuzufügenden „Wachstumspakt“ aber nicht widersprechen würde, bietet hinreichend viele Möglichkeiten zur Kontrover- se, zumal Hollande seiner teilweise linksradikal ausgerichteten Klientel ver- pflichtet bleibt, sein Verhandlungsspielraum also nicht beliebig groß ist. Fer- ner: Wird er, wie durch sein Versprechen des französischen Truppenabzugs aus Afghanistan schon zum Ende von 2012 signalisiert, für die USA ein schwierigerer Partner werden, als es Nicolas Sarkozy gewesen ist – wird er dann auch nicht mehr so bedingungslos wie dieser der amerikanisch-israeli- schen Linie im Konflikt mit dem Iran folgen? Die einzige Kontinuität, auf die wir uns verlassen dürfen, besteht darin, dass in Frankreich ein Sozialist nicht anders als ein Konservativer auf die Wahrung des nationalen Profiles achtet. Bernd Rill Referent für Recht, Staat, Europäische Integration, Integrationspolitik und Dialog der Kulturen, Akademie für Politik und Zeitgeschehen der Hanns-Seidel-Stiftung, München. 443 // POLITISCHE STUDIEN 3 68 inhalt 06 IM FoKUS 56 Formen und transnatioNale PRoJEKTE netze im vergleich 14 Rechtsextremismus – Haupt- Rechtsterroristische Kristallisations- 90 3. münchener oRDo-gespräche gefahr für Sicherheit und felder in Europa Weiterbildungsforum für junge Füh- Demokratie in Deutschland? uwe backes rungskräfte Einführung claUdia schlembach Gerhard hirscher PoLITISCHE-STUDIEN- zEITgESPRÄCH 92 Die Zukunft der 17 Rechtsextremismus Medienregulierung in Deutschland 06 Wem die Stunde schlägt – Fünf anforderungen aus wirtschafts- und herausgefordert von einer neuen Dimension vor Zwölf für den IRaN? gesellschaftspolitischer Sicht Hans-Peter Uhl Politische-Studien-Zeitgespräch mit sieGfried schneider dem Politikwissenschaftler 17 24 Rechtsterroristische Joachim kraUse aKTUELLES BUCH Strukturen in Deutschland Vergangenheit und Gegenwart aNaLySEN 102 Der amerikanische Patient Eckhard Jesse Was der drohende Kollaps der USA für 68 Antworten auf den die Welt bedeutet 36 Neue Dimension des DemogRaphischen Wandel sUsanne WaxenberGer RechtsTerrorismus Bevölkerungsentwicklung in Deutschland Gefährdungslage und Bekämpfung Susanne schmid RUbRIKEN JörG Ziercke 80 Afrika und Deutschland 03 EDIToRIaL 46 ein lagEbericht zur situatioN – eine neue Partnerschaft 105 REzENSIoNEN in bayern Zielsetzungen deutscher Afrikapolitik 117 leseempfehlung Rechtsterrorismus und Rechtsextremismus heinrich kreft 120 aNKüNDIgUNgEN 56 Wilhelm schmidbaUer 122 IMPRESSUM 4 PoLITISCHE STUDIEN // 443 443 // PoLITISCHE STUDIEN 5 Politische-studien-ZeitgesPräch mages i etty g Bildnachweis: /// Politische-studien-Zeitgespräch Wem die stunde schlägt – FünF vor ZWölF Für den iran? Joachim Krause /// ist seit 2001 Inhaber des Lehrstuhls für Internationale Politik und Direktor am Institut für Sozialwissenschaften im Bereich Politikwissenschaft der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel. Dort leitet er auch das Institut für Sicher- heitspolitik. Davor war er von 1993 bis 2001 stellvertretender Direktor des Forschungs- instituts der Deutschen Gesellschaft für Auswärtige Politik e.V. und von 1997 bis 2001 Privatdozent an den Universitäten Potsdam und Bonn. Seine Karriere begann bei der Stiftung Wissenschaft und Politik, wo er u.a. als Leiter des Forschungssekretariats beschäftigt war. Zudem war Krause wiederholt längere Zeit im Ausland und hat dort hochrangige diplomatische Tätigkeiten wahrgenommen. Der iranische Präsident Mahmoud Ahmadinejad besichtigte im April die Urananreicherungsanlage in der Atomanlage Natanz, 300 km südlich von Teheran gelegen. Politische studien: Der Iran will seine Verstoß gegen die Charta der Vereinten umfasste Personen, die als gemäßigt gal- se des Ost-West-Konflikts. Damals wie Stellung als Regionalmacht ausbauen. Nationen ist, die Auslöschung Israels. ten und mit denen man verhandeln heute gibt es Staaten, die die internatio- Diesem Ziel dient auch die Produktion Diese revolutionäre Zielsetzung wird in konnte. Seit Mitte des vergangenen nalen Beziehungen zivilisieren wollen von A-Waffen und der dazu gehörenden der Region und darüber hinaus als An- Jahrzehnts hat sich die Lage aber funda- und es gibt eine Macht, die dem mit ei- Träger. Was bedeutet das für die weitere maßung bzw. als existenzielle Bedro- mental verändert. Man findet kaum ner kruden revolutionären Ideologie mit politische Lage? hung empfunden. Dies gilt nicht nur in noch moderate Kräfte in der iranischen allen Mitteln entgegenwirkt. Viele Beob- Joachim Krause: Es wäre alles weniger Israel, sondern auch in der arabischen Führung, nur noch unterschiedliche Va- achter sprechen schon von einem neuen kompliziert, wenn der Iran nur einfach Welt. Viele Araber haben noch in guter rianten extrem revolutionärer und ag- strategischen Konflikt. Der Unterschied seine Position als ganz normale Regio- Erinnerung, dass in den 80er-Jahren die gressiver Positionen. zu der Lage in den Jahren nach dem nalmacht ausbauen wollte. Das Problem iranische Revolutionsbewegung unter Die Politik des Iran stellt eine grund- Zweiten Weltkrieg liegt allerdings dar- liegt darin, dass der Iran kein „norma- Ayatollah Chomeini im Laufe des acht- sätzliche strategische Herausforderung in, dass die relative Machtposition des ler“ Staat ist. Die iranische Führung jährigen Krieges gegen den Irak unbeirrt auch für uns dar. Sie ist eine offene Iran gegenüber den westlichen Mächten strebt nicht nach „Hegemonie“ – mit das Ziel verfolgte, die schiitische Revo- Kampfansage an unsere Bemühungen, viel schwächer ist als diejenige der Sow- diesem Begriff wird eine Form der Vor- lution zu exportieren, selbst zum Preis die internationalen Beziehungen koope- jetunion Ende der 40er-Jahre. Das Stre- macht bezeichnet, die von den Nachbar- von mehr als einer Million Todesopfern. rativ zu gestalten und zu verrechtlichen. ben nach Kernwaffen ist nur ein – aller- staaten akzeptiert wird – sondern nach In den darauf folgenden Jahrzehnten Insofern kann man sagen, dass wir uns dings zentraler – Aspekt der iranischen revolutionärer Dominanz in der Region wurde die iranische Revolution dann in einer Situation befinden, die durch- Politik. Sollte es dem Iran gelingen, in und er fordert, was ein fundamentaler pragmatischer, die Führungsschicht aus Ähnlichkeiten hat mit der Frühpha- den Besitz von Kernwaffen zu gelangen, 6 POLITISCHE STUDIEN // 443 443 // POLITISCHE STUDIEN 7 Politische-studien-ZeitgesPräch die usa sind nicht bereit eine nuklearbewaffnung des „iran hinzunehmen. würde das die Lage nicht nur komplizie- kann, dass man Israel schon mit weni- ren, sondern massiv die Gefahr eines gen Kernwaffen auslöschen könnte. Krieges in der Region verschärfen, bis Auf die erhoffte Stabilisierung durch Politische studien: Was werden die hin zu einem Kernwaffenkrieg. eine Zweitschlagsoption Israels kann USA tun? man wegen der hohen Verwundbarkeit Joachim Krause: Präsident Obama ver- Politische studien: Wie wird Israel re- Israels gegen einen Vernichtungsschlag sucht derzeit den Einsatz militärischer agieren? nicht setzen. Vielmehr wird eine offene Mittel gegen das iranische Nuklearpro- Joachim Krause: Israel sieht sich exis- israelisch-irani sche Nuklearkonkur- gramm zu vermeiden. Er weiß um die gime ist ein Rentierregime, welches tenziell gefährdet, denn es ist ein Land, renz wegen der darin enthaltenen Erst- Risiken (sowohl militärischer wie politi- ohne die hohen Einnahmen aus dem Öl- welches aufgrund seiner geringen Grö- schlagsanreize hochgradig instabil scher Art), die ein solcher Einsatz mit geschäft dauerhaft nicht überleben ße mit wenigen Atomwaffen binnen sein und dürfte in einen Kernwaffen- sich bringen würde. Aber er schließt ei- kann. Sobald diese Einnahmen nicht weniger Minuten buchstäblich ausge- krieg münden. nen solchen Einsatz nicht aus, etwa mehr fließen, zerfällt die Basis des Regi- löscht werden kann. Das Auslöschen dann, wenn die Iraner hartnäckig blei-