fineOktober art Ausstellung 2016 fine art Oktober Ausstellung 2016

17. bis 29. Oktober 2016 Galerie Kovacek & Zetter GmbH Stallburggasse 2 A-1010 Wien

Öffnungszeiten: Mo – Fr 10 – 18 Uhr Sa 11 – 14 Uhr

Telefon +43/1/512 86 36 Telefax +43/1/513 49 57 [email protected]

www.kovacek-zetter.at Vorwort 1941 mitseinenbeidenkleinenTöchtern nach bestens indaskulturelle Leben integriertwar, nicht nursehrwohl fühlte,sondernbereits Auch Josef Floch musste, obwohl er sich in Paris zwingen sollte. die ihnimJahr1938 zurEmigration indie USA Manifest fürdasLeben ineinerdunklenZeit, duktus imVordergrund, schuf Oppenheimerein Hintergrund undspätimpressionistischem Pinsel- einer spannendenKombination auskubistischem Kunstgattung dar. Mitleuchtenden Farben, in ein seltenesundeindrucksvolles Beispieldieser sammlung stammt,stelltalsBlumenstillleben entstanden, derauseinerdeutschen Privat- Der „Fliederstrauß“ von MaxOppenheimer, 1933 Oppenheimer. Kunstgeschichte, OskarKokoschka undMax hin zudenganzGroßen derösterreichischen lerinnen Tinabis BlauundOlgaWisinger-Florian Franz von Defregger, überdieberühmtenKünst- schen Malern,angefangen beiRudolfvon Altund große Bandbreite anbedeutendenösterreichi - Moderne gewidmet.Wirzeigenheuereinesehr Stimmungsimpressionismus und der klassischen zur GänzederMalerei des19. Jahrhunderts,des art präsentieren, istdieAusstellungimOktober ausschließlich Kunst nach 1945 undcontemporary Da wir imSeptember nun schon das zweite Jahr Ausstellung einladenzudürfen. Oktober Wir freuen unssehr, Siezuunserer fineart Claudia Kovacek-Longin SophieZetter-Schwaiger

Bilder undihrer Geschichten! Wir wünschen vielFreude beimEntdecken der gerne zurVerfügung. Preisauskünfte wünschen, stehenwirjederzeit sand desKataloges. Falls SieFragen habenoder zu dürfen. WieimmerbeginntderVerkauf abVer- lich durch die umfangreiche Ausstellung führen Wir würden unsfreuen, Sieschon baldpersön- relle dieserinteressanten Künstlerin. zeigen wirselteneLinolschnitte undzwei Aqua- kantesten und wichtigsten Werke. Parallel dazu telbarkeit wiedergibt, istsicher einesihrer mar- Elefantenherde ingroßer Nahsicht undUnmit- Kunstwelt. „Unruhe“ausdemJahr1969, daseine Motive schildert, faszinieren schon langedie sche Szenerien, aber auch arkadisch anmutende gestaltung, indenensieeindringlich wild-animali- charakteristischen, samtig-weichen Oberflächen- met seinwird. Ihre markantenÖlbildermitder Retrospektive inderNeuenGalerieGraz gewid- Oktober201626. bis17. April2017 einegroße österreichischen Tiermalerin, dervomtendsten von NorbertineBresslern-Roth, derbedeu- Einen Schwerpunkt bildetdiesesJahrdasOeuvre Künstlers darstellt. malerischen Qualitäteininteressantes Werk des als Zeitzeugnis wie auch aufgrund der hohen imAltervon fünfMonaten,dassowohlMarguerite mes Bild seiner zweitgeborenen Tochter Suzanne Amerika auswandern. Wirzeigeneineinfühlsa-

von links nach rechts: Kathrin Macht Bianca Kleinbichler Claudia Kovacek-Longin Sophie Zetter-Schwaiger Sophie Cieslar Stefan Rodler Alt Rudolf von 4 Andri Ferdinand 30, 31 Auchentaller Josef Maria 22 Blau Tina 7, 8 Brandeis Antonietta 11 Index Bresslern-Roth Norbertine 38 – 43 Brunner Ferdinand 6 Charlemont Hugo 12 Darnaut Hugo 10 Defregger Franz von 1 Eisenschitz Willy 36, 37 Floch Josef 33, 34 Haanen Remigius Adrianus van 2 Heuberger Felix 20 Hörmann Theodor von 26 Jettel Eugen 9 Kirchsberg Ernestine von 13 Kokoschka Oskar 27 Krenek Carl 25 Laske Oskar 44 – 47 Mahringer Anton 32 Mønsted Peder Mørk 16, 17 Nikodem Artur 28 Oppenheimer Max 35 Reichert Carl 14, 15 Schuster Karl Maria 21 Stoitzner Josef 23, 24 Thöny Wilhelm 48 Walde Alfons 29 Weiler Max 49 Wengler Johann Baptist 3 Wisinger-Florian Olga 5 Zoff Alfred 18, 19 Franz (von) Defregger wurde 1835 als Sohn eines durch Buchillustrationen und Druckgrafik in ganz wohlhabenden Bauern auf dem Ederhof in Ost- Europa verbreiteten – feinfühligen Porträts sowie tirol geboren. Den kühnen Plan, nach dem frühen die vielfältigen Darstellungen aus heimatlicher Tod des Vaters nach Amerika auszuwandern, Geschichte und bäuerlichem Alltag zeichnen sich verwarf der junge Bauernsohn bald wieder, ver- durchwegs durch ein außergewöhnliches Gespür kaufte den elterlichen Hof und ging 1860 nach für Komposition und Farbgebung und eine genaue Innsbruck, um Bildhauerei an der Innsbrucker „psychologisierende“ Beobachtungsgabe aus. Kunstgewerbeschule bei Michael Stolz zu studie- ren. Dieser erkannte bald das außergewöhnliche Nebenstehende reizvolle Arbeit entstammt einer Talent des Schülers und arrangierte ein Treffen Werkphase aus den 1880er Jahren des Künstlers, mit dem weithin berühmten Münchner Histori- in der Motive wie „Der Besucher auf der Alm“, der enmaler Karl Theodor von Piloty. Auf dessen Rat „Salontiroler“ oder eben auch der „Urlauber“ im- bewarb sich Defregger an der Münchner Kunst- mer wieder aufs Neue variantenreich interpretiert akademie und fand 1861 Aufnahme in die Mal- werden. Unser virtuos gemalter „Bozzetto“, eine klasse von Hermann Anschütz. 1863 bis 1865 bereits sehr weit gereifte vorbereitende Studie hielt er sich zu Studienzwecken in Paris auf und zu den nachfolgenden großformatigen „Salon- arbeitete nach seiner Rückkehr im Atelier seines bildern“, rückt den Urlauber, einen adretten blau Mentors Piloty. Franz von Defreggers thematisch gewandten jungen Mann, ins Zentrum der Erzäh- und stilistisch unverwechselbare Arbeiten fanden lung. In der alten dunklen Stube sitzt er auf einer bald so großen Anklang, dass er eine Professur Ofenbank und ist von einer neugierigen bäuerli- für Historienmalerei in der Komponierklasse der chen Großfamilie, in der von der Großmutter bis Münchner Kunstakademie angeboten bekam zum jungen Mäderl sämtliche Generationen ver- und von 1878 bis 1910 dort unterrichtete. 1883 treten sind, regelrecht belagert. Aufmerksam wird erhielt er den Verdienstorden der bayrischen Kro- seinen Erzählungen und Nachrichten aus einer ne und wurde in den Adelsstand erhoben. Franz Welt jenseits der steilen Tiroler Alpentäler ge- von Defregger führte einen glanzvollen Salon in lauscht. Souverän hat der Künstler die gespannte seinem repräsentativen Haus in München, besaß und freundliche Ruhe dieses familiären Kreises aber einen zweiten Wohnsitz in Bozen, wo er viel eingefangen und die einzelnen Protagonisten in Franz von Defregger Zeit verbrachte. 1921 verstarb er in München. Haltung und Physiognomie perfekt geschildert. Auch die nuancierte Lichtregie – das warme Franz von Defregger ist neben Friedrich August von ockerfarbige Licht der Stube und das satte erdige Kaulbach, Wilhelm Leibl und Franz von Lenbach Kolorit der Trachten – verleiht dieser Begegnung einer der bedeutendsten Künstler der sogenann- mit dem Urlauber eine besonders heimelige und ten Münchner Schule. In der zweiten Hälfte des lebendige Akzentuierung. 19. Jahrhunderts prägten die Münchner Künstler In diesem brillanten Kleinod, das mit flotten Pin- die europäische Kunstentwicklung maßgeblich selschwüngen aus einer fernen ländlichen Ver- und machten die bayrische Hauptstadt zwischen gangenheit erzählt und das der Künstler wohl Franz von Defregger 1850 und 1914 zu einem veritablen Zentrum der zum Zeichen seiner Zufriedenheit mit einer (Ederhof bei Stronach 1835 - 1921 München) 1 Malerei. Wie kaum ein anderer Maler seiner Zeit selbstbewusst gesetzten Signatur versah, stellt Der Urlauber war der Bauernsohn Franz von Defregger wohl Franz von Defregger einmal mehr seine unange- um 1890 der kongeniale Chronist des ländlichen Lebens, fochtene Größe unter den europäischen Malern Öl auf Leinwand gewissermaßen ein „Insider“, der bestens mit den unter Beweis. 36,5 x 44,5 cm bäuerlichen Historien, dem Alltagsleben und den Signiert links unten: Defregger Mentalitäten vertraut war. Schon früh, noch als er Rückseitig altes Klebeetikett: Galerie Heinemann, München 10502 mit seinen Mitstudenten Hans Makart und Gabriel Provenienz: Galerie Heinemann, München; Sammlung Baurat Wilhelm Walther, Berlin-Grunewald; von Max im Atelier seines Lehrers Piloty arbeitete, Privatsammlung Süddeutschland schuf er monumentale Genre- und Historienbil- Literatur: Hans Peter Defregger, Defregger 1835-1921, Rosenheim 1983, Werkverzeichnis S. 321, m. Abb. der, die alsbald die Aufmerksamkeit der Kunstwelt Vgl.: Kunst des 19. Jahrhunderts. Bestandskatalog der Österreichi- erregten. Seine zahlreichen – bereits zu Lebzeiten schen Galerie Belvedere, Band 1, Wien 1992, S. 188 f. Ausgestellt: Galerie Heinemann, München 1909

Remigius Adrianus van Haanen 2 (Oosterhout 1812 - 1894 Bad Aussee) Sommerliche Lichtung im Eichenwald 1848 Öl auf Holz 48,5 x 65,5 cm

Signiert und datiert links unten: Remi van Haanen. (1)848. Provenienz: Privatbesitz Deutschland Literatur: Vgl.: Kunst des 19. Jahrhunderts. Bestandskatalog der Österreichischen Galerie Belvedere, Band 2, Wien 1993, S. 110 ff.; Friedrich von Boetticher, Malerwerke des Neunzehnten Jahrhunderts, Neudruck Frankfurt 1969, 1. Band, 1. Johann Baptist Wengler 3 (St. Radegund 1816 - 1899 Aigen bei Salzburg) Kinder im Kornfeld 1848 Öl auf Holz 29 x 36 cm

Signiert und datiert rechts unten: J. B. Wengler (1)848 Provenienz: Privatsammlung Wien Literatur: Vgl.: Hans Plank, Johann Baptist Wengler. Ein Maler des Biedermeier, 1966; Constantin von Wurzbach, Wengler, Johann Baptist, in: Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich, 54. Theil, Wien 1886, S. 289 f. (sic!) Rudolf (von) Alt wurde in Wien als Sohn des des Künstlers angesichts seiner Naturerlebnisse Landschafts- und Vedutenmalers Jakob Alt ge- noch immer spürbar werden lässt. boren. Wie sein jüngerer Bruder Franz erhielt der Künstler die erste künstlerische Schulung Der Vordere und der Hintere Langbathsee liegen bei seinem Vater. Schon früh kopierte er dessen am Fuße des Höllengebirges in einem Talkessel Vorlagen und illuminierte seine Druckgrafiken. Ab zwischen dem Traun- und Attersee und bilden bis 1826 besuchte er die „Historische Schule“ der heute ein unbebautes Naturdenkmal. Aufgrund Wiener Akademie und wählte alsbald die Aqua- ihrer pittoresken Lage gehörten sie neben den rellmalerei als bevorzugtes Medium. Ab 1828 gewissermaßen „kanonisierten“ Seen des Salz- setzte eine intensive Reisetätigkeit ein, die den kammergutes zu den bevorzugten Motiven, die jungen Rudolf Alt durch ganz Österreich führte. im Zuge der malerischen Erkundung Österreichs In weiterer Folge bereiste er Italien (1835 ge- im 19. Jahrhundert immer wieder aufgesucht meinsam mit dem Vater, 1850, 1867 und 1872), wurden.1 Auch Rudolf von Alt scheint seine Reise Deutschland, Frankreich, die Krim und die ehe- 1859 für einen Abstecher zu den Langbathseen maligen Kronländer. 1833 bis 1849 entstand die genützt zu haben. Die geheimnisvolle, smarag- berühmte Guckkasten-Serie für Kaiser Ferdinand I. den schillernde Schönheit des hinteren Sees Verschiedenste Aufträge aus Adelskreisen und am Fuße des Hohen Spielbergs hat ihn sofort zu dem gehobenen Bürgertum folgten, Rudolf Alts einem veritablen Meisterwerk der „reinen“ Land- Veduten wurden zu begehrten Sammlerstücken. schaftsvedute inspiriert, wie das vorliegende, Neben zahlreichen Preisen und Medaillen erhielt ehemals in der berühmten Sammlung Plach be- Rudolf von Alt Rudolf von Alt er 1879 den Professorentitel und wurde 1892 in findliche Blatt bestätigt. Unter einem freundlichen, den Adelsstand erhoben und Ehrenbürger der etwas bewölkten Spätsommerhimmel erfasst Stadt Wien. Rudolf von Alt starb 1905 in Wien, er mit souveränem, treffsicherem Pinselstrich die von Carl Moll im Kunsthandel Miethke veran- ohne jede Korrektur die spontane Stimmung des staltete Nachlassauktion im Februar 1906 geriet ganz der Natur überlassenen Ortes – das ruhi- zum großen gesellschaftlichen Ereignis und ver- ge Schimmern des Wassers, den umgebenden deutlichte die wichtige künstlerische Position des dichtgrünen Waldgürtel, aus dem einige durch di- Malers und den Ruhm, den er bereits zu Lebzeiten rektes Sonnenlicht akzentuierte Bäume plastisch erreicht hatte. herausleuchten sowie die abweisende, immer schroffer werdende Tektonik des Gebirgszuges. Das Jahrzehnt nach dem Revolutionsjahr 1848 Es ist auch die charakteristische experimentelle war für Rudolf Alt von persönlichen und künstleri- Technik dieses fünften Jahrzehnts mit der der schen Krisen gezeichnet – Reiseeinschränkungen Künstler ständig neue malerische Interpretatio- sowie der Rückzug seiner adeligen Auftraggeber nen des Gesehenen probiert und bisweilen so- auf deren Landgüter und Schlösser erschwerten gar impressionistische Tendenzen einer späteren Rudolf von Alt seine Arbeit, die sich allmählich auf – ihm zuneh- Malergeneration vorwegzunehmen scheint. (Wien 1812 - 1905 Wien) 4 mend monoton erscheinende – Aufträge der Inte- Mit dieser faszinierenden „wilden“ Landschaft am Hinterer Langbathsee rieur Darstellung beschränkte. 1859 hatte Rudolf Hinteren Langbathsee gelang Rudolf von Alt ein 1859 von Alt nach längerer Pause wieder eine Reise Kabinettstück der österreichischen Aquarellmalerei, Aquarell auf Papier ins Salzkammergut unternommen und sein Oeu- das auch den heutigen Betrachter an der empha- 27,5 x 37 cm vre erreichte – nach den Jahren persönlicher und tischen Entdeckung der heimischen Alpenregio- Signiert, datiert und betitelt rechts unten: maltechnischer Unzufriedenheit – hier einen neu- nen teilhaben lässt. R Alt Hinterer Langbathsee (1)859 en Höhepunkt. Die im Spätsommer dieses Jahres Rückseitig bezeichnet und datiert: No. 100 Rud. Alt. Der hintere Langbath = See bei Ebensee 1859 entstandenen Ansichten von Gmunden, dem Provenienz: Sammlung Plach, Wien; Traunsee oder dem Altausseer See sind von einer Privatbesitz Österreich Literatur: Vgl.: Walter Koschatzky, Rudolf von Alt mit einer Frische und Spontaneität, die die Begeisterung Sammlung von Werken der Malerfamilie Alt der Raiffeisen Zentralbank Österreich AG, Wien, Köln, Weimar 2001 (2. Auflage), S. 60, Abb. 25; 1) Schon sein Vater Jakob Alt hat die Seen für den Band der „Vorzüglichsten Klaus Albrecht Schröder, Maria Luise Sternath (Hg.), Landschaften des Salzkammergutes“ 1824 aufgesucht, vgl. Walter Koschatzky, Rudolf von Alt. 1812-1905. Ausstellungskatalog, Albertina, Rudolf von Alt, Wien, Köln, Weimar 2001, S. 134 Wien 2005, S. 115, Abb. 107

Olga Wisinger-Florian war eine der faszinierends- zu nähern wie Olga Wisinger-Florian. Von pan- ten Künstlerpersönlichkeiten des österreichischen oramahaften „Blumenlandschaften“ über reizvol- Stimmungsimpressionismus. Ursprünglich zur le Beete in Park- und Bauerngärten, Darstellung Konzertpianistin ausgebildet, musste sie diese von Jahreszeitenzyklen oder schlichten „Porträts“ Laufbahn aus gesundheitlichen Gründen aufge- einzelner Wiesenblumensträuße – beeindru- ben und wandte sich der Malerei zu. Da Frauen ckend variantenreich durchzieht das Blumenbild zu dieser Zeit an der Wiener Akademie nicht gewissermaßen leitmotivisch das Schaffen der zugelassen waren, nahm sie anfangs Privatun- Künstlerin. „Olga Wisinger-Florian war ungemein terricht bei Melchior Fritsch und August Schaef- erfolgreich (…) Sie galt als die Blumenmalerin fer von Wienwald. Am prägendsten für sie aber par excellence und hatte in diesem Metier keine war , der sie gemeinsam Konkurrenz.“1 mit Marie Egner und Carl Moll in seinen Schü- lerkreis aufnahm und mit der jungen Künstlerin Ein veritables Kleinod wie nebenstehender „Blu- zahlreiche Studienreisen unternahm. In diesen menstrauß mit Maiglöckchen“ spielt noch mit Jahren wurde ihr Malstil wesentlich von den ein- Reminiszenzen an das populäre (spät-)bieder- fühlsamen „poetischen“ Naturdarstellungen Emil meierliche Thema des Bouquets am Waldboden. Jakob Schindlers bestimmt, die in Anlehnung an Aber auch Einflüsse zeitgleicher internationaler die französische Freilichtmalerei der „École de Malerei – man denke an die Blumengemälde Barbizon“ die österreichische Landschaftsmalerei eines Eugène Delacroix (1798-1863) oder Henri entscheidend prägte. Bald gelang es ihr aber aus Fantin-Latour (1836-1904) – sind nicht ganz von dem Schatten des großen Lehrmeisters hervor- der Hand zu weisen. zutreten und sich als eigenständige Künstlerin Einen soeben erst frisch gepflückten Strauß zu etablieren, deren virtuose Blumen- und Land- Wiesenblumen, für einen kurzen Augenblick auf schaftsgemälde bis in allerhöchste Kreise ge- dem Boden abgelegt, hat Olga Wisinger-Florian schätzt und gesammelt wurden. Die öffentlichen in unserem Gemälde in brillanter Malerei festge- Anerkennungen, die ihr zuteilwurden, belegen halten. Vor einem dunklen Hintergrund lässt ein den Erfolg, den sie mit ihrer Malerei hatte: 1888 zufälliger Sonnenstrahl das zarte Bouquet aus etwa erhielt sie die „Mention honorable“ in Paris, samtig-weichen Maiglöckchen und violettblau- 1897 wurde ihr die Kleine Goldene Staatsmedail- en Veilchen hervorleuchten, akzentuiert hier und

Olga Wisinger-Florian Olga Wisinger-Florian le verliehen, 1891 die bayrische Ludwigsmedail- dort Plastizitäten, Glanzlichter sowie die sattgrü- le und 1893 die Medaille der Weltausstellung in nen Pflanzenstängel und kontrastiert die Blüten Chicago. 1900 stellte sie auf der renommierten schließlich mit dem weichen, braun-grau lasierten Pariser Weltausstellung aus. Olga Wisinger-Florian Erdboden. Als Sinnbild für den Frühling steht das setzte sich auch sehr für die Gleichberechtigung bezaubernde Gemälde, das in der sehr feinen ihrer weiblichen Kolleginnen ein und war Präsi- Pinselführung und der zarten Farbigkeit auch an dentin des Vereins österreichischer Schriftstelle- ihren Lehrer Emil Jakob Schindler denken lässt. rinnen und Künstlerinnen in Wien. Sie starb über Der „Blumenstrauß mit Maiglöckchen“ ist durch 80-jährig 1926 in Grafenegg. das reizvoll-schlichte Motiv sowie durch die un- Olga Wisinger-Florian angefochtene malerische Qualität ein frühes (Wien 1844 - 1926 Grafenegg) 5 Kaum ein anderer heimischer Künstler bezie- Meisterwerk im Schaffen Olga Wisinger-Florians. Blumenstrauß mit Maiglöckchen hungsweise Künstlerin des 19. Jahrhunderts Werke wie dieses – von größter Eigenständig- um 1890 vermochte sich dem Thema „Blumen“ in einer keit und Originalität – sind heute am Kunstmarkt Öl auf Holz solchen motivischen Vielfalt und zugleich mit ei- ausgesprochen selten und zu weithin gesuchten 13,8 x 18,4 cm

ner unvergleichlichen Leichtigkeit und Eleganz Raritäten geworden. Signiert links unten: O. Wisinger-Florian Provenienz: Privatsammlung Österreich Literatur: Vgl. Michaela Schwab, Olga Wisinger-Florian (1844-1926), Diplomarbeit an der Universität Wien, Wien 1991; Gerbert und Marianne Frodl, Die Blumenmalerei in Wien, Wien 2010, S. 116-129; Gerbert Frodl, Verena Traeger (Hg.), Stimmungsimpressionismus, Ausstellungskatalog, 1) Gerbert und Marianne Frodl, Die Blumenmalerei in Wien, Wien 2010, S. 118 Österreichische Galerie Belvedere, Wien 2004, S. 230-253 Originalgröße Der bekannte Landschaftsmaler Ferdinand Brunner Für Kompositionen Brunners eher ungewöhnlich wurde 1870 in Wien geboren. Bereits während ist die Frauengruppe, die sich auf den Steinstufen seiner Studienzeit an der Wiener Akademie er- am Weg zum Castel zusammengefunden hat. hielt er sämtliche Preise, Auszeichnungen und Meistens sind die Bilder des Künstlers Stipendien, die die Akademie zu vergeben hatte. menschenleer. Wir denken an die symbo- Eingebettet in den Kolorismus des Spätimpres- listischen Landschaften Arnold Böcklins, sionismus und beeinflusst von der Formgebung in denen Staffagen aus mehreren Perso- des secessionistischen Malstils um 1900 fand nen oder Einzelfiguren den Mysterien und der Maler früh zu seinem ganz eigenen Stil, der der Allmacht der Natur ausgeliefert zu sein geprägt war von einer Stille und Weite, die seine scheinen. Der Kreis der drei Frauen hebt Bilder so unverwechselbar machen. Dabei ver- das Bild Brunners in eine Bedeutungsebe- zichtete er zumeist gänzlich auf menschliche Staf- ne, die über die reine Landschaftsmalerei fage. Seine Werke waren schon zu Lebzeiten auf hinaus verweist. Die am Himmel aufziehenden Arnold Böcklin, Die Toteninsel (3. Version), zahlreichen Ausstellungen zu sehen. 1945 starb grauen Wolken und die wie im Sturm gebeugte 1883 (Alte Nationalgalerie, Berlin) der Künstler in Wien. Gruppe der Zypressen in der Bildmitte verleihen der Komposition eine gewisse Dramatik. Zusätz- Nach Verlassen der Akademie erhielt Brunner lich hervorgehoben werden die Frauen durch die ein Staatsreisestipendium, das ihm in den Jah- kräftigen Farben ihrer Gewänder. Das leuchten- ren 1896/1897 einen längeren Aufenthalt in Italien de Rot des Umhangs der wohl älteren Frau, die ermöglichte. Die auf dieser Reise entstandenen uns den Rücken zugewandt hat, und das kräftige Impressionen wurden zum Teil im Atelier in grö- Blau des Kittels der jüngeren, an deren Seite ein ßere Formate umgesetzt und 1898/1899 auf den kleines Mädchen in kräftig orangem Kleid steht Jahresausstellungen im Wiener Künstlerhaus und die ein weiteres Kind im Arm hält, ziehen gezeigt. So war auch vorliegendes, für Brunner den Blick des Betrachters unweigerlich auf sich, ungewöhnlich großformatiges Werk – 1898 wohl bevor er sich den Schönheiten der umgebenden nach einer kleineren Ölstudie1 entstanden – im Landschaft widmen kann. Die hinter den Garten- Ferdinand Brunner Ferdinand Brunner Künstlerhaus zu sehen. Auffallend auch die Sig- mauern verborgene Pracht und Opulenz der Natur natur „Ferdinand Adam Brunner“ auf diesem sel- kontrastiert mit dem eher kargen Terrain im Bild- tenen monumentalen Frühwerk, die in späteren vordergrund. Sollte sich ein Unwetter zusammen- Werken nicht mehr auftaucht. brauen, wären die Frauen hier den Gewalten der Natur schutzlos ausgeliefert. Noch plaudert das Wir blicken auf einen von Mauern umgrenzten Grüppchen angeregt und sorglos, das türkisblaue Garten mit Zypressen, zu dem ein ebenfalls von Wasser des Sees rechts im Bild liegt ruhig vor uns einer steinernen Befriedung eingefasster Weg und spiegelt die Sonnenstrahlen eines schönen führt. Rechts im Bild öffnet sich die Sicht auf den Tages wider. Die Malweise, die in den späteren Albaner See. Der reich bewachsene Garten ist Teil Bildern immer klarer und glatter im Farbauftrag der großen päpstlichen Anlage, die im Ort Castel wird, ist hier noch dem Spätimpressionismus ver- Gandolfo 24 Kilometer südöstlich von Rom in den haftet. Zarte Blumenköpfe sind weiß in die Wiese

Albaner Bergen an der Via Appia liegt und wegen gestupft, Steinformationen und Mauerwerk sind Ferdinand Brunner (Wien 1870 - 1945 Wien) der günstigen Lage seit 1628 als Sommerresi- detailreich wiedergegeben und die Gewänder und 6 denz der Päpste dient. Das schon auf den römi- Gesichter der Frauen zart ausformuliert. Ein beein- Zypressen bei Castel Gandolfo schen Kaiser Domitian zurückgehende gleichna- druckendes Frühwerk von Ferdinand Brunner, das 1898 mige Schloss war in Folge Sitz der Adelsfamilien musealen Charakter hat und eine Bereicherung Öl auf Leinwand 115 x 204 cm Gandolfi und Savelli und präsentiert sich heute in jeder Sammlung darstellt. barocker Pracht. Als exterritoriales Gebiet ist es Signiert und datiert links unten: FERDINAND ADAM BRUNNER 1898 Teil des Vatikans. Rückseitig Etikett des Wiener Künstlerhauses: 1229/1898 (von Mag. Paul Rachler, Künstlerhaus Archiv, bestätigt) Provenienz: Privatsammlung Wien Literatur: Vgl.: Heinrich Fuchs, Ferdinand Brunner, 1) Vergleiche zum Beispiel „Motiv bei Castel Gandolfo“ von 1896 in Heinrich Fuchs, Wien 1979, Abb. S. 22 Ferdinand Brunner, Wien 1979, Abb. S. 22. Ausgestellt: Künstlerhaus Wien, Wien 1898

Der gebürtigen Wienerin Tina Blau gelang es, sich Franeker ist eine alte, am Van Harinxmakanaal trotz aller Schwierigkeiten, die eine Künstlerin im gelegene und von kleineren Kanälen umgebene 19. Jahrhundert überwinden musste (der Zugang Stadt in der niederländischen Provinz Friesland, zur Akademie war noch verwehrt) einen bleiben- die Tina Blau 1908 besuchte4. Etwas außerhalb den Rang in der Kunstgeschichte zu erarbeiten. hat die Künstlerin die reizvolle Impression einer Das Jahr 1869 wurde durch einen Ausstellungs- kleinen Bootswerft am Kanal mit kraftvollen Pin- besuch im Münchner Glaspalast, wo erstmalig selstrichen „en plein air“ direkt auf eine ungrun- Hauptwerke der Schule von Barbizon gezeigt dierte mahagonibraune Holztafel gesetzt. Den fein wurden, für die Künstlerin von entscheidender ausbalancierten, nahezu tektonischen Bildaufbau Bedeutung. Nach einer Lehrzeit bei Wilhelm und das Bemühen um eine Vereinheitlichung Lindenschmidt in München kehrte Tina Blau 1874 der Formen verwirklicht Tina Blau in diesem Ge- nach Wien zurück und begann eine mehrjährige mälde mit markanter Pinselhandschrift: ein paar Atelier- und Lebensgemeinschaft mit Emil Jakob verstreut liegende Häuser mit charakteristischen Tina Blau Blau Tina Schindler, mit dem sie auch mehrere Studienrei- hohen ziegelroten Dächern, Segelboote mit tür- sen unternahm. 1883 erhielt sie für den großen kisem Rumpf und hohen Masten, weite bis zum „Frühling im Prater“ die „Mention honorable“ im Horizont schwingende satte Wiesenflächen und Pariser Salon. Im selben Jahr heiratete sie den der stark bildeinwärts schillernde Kanal – dies Münchner Maler Heinrich Lang und übersiedel- alles wird in mosaikartigen, perfekt nuancier- te abermals in die Isarstadt, unterbrochen von ten Farbflächen zu einem plastischen Bildraum den Sommermonaten im Wiener Prateratelier. zusammengesetzt. Geballte hellbeleuchtete Nach dem Tod ihres Mannes kehrte sie in ihre Wolken treiben durch den hohen Sommerhimmel Geburtsstadt zurück, wo sie als Mitbegründerin und bilden einen gelungenen Kontrast zu den der „Kunstschule für Frauen und Mädchen“ von dominierenden Blau-, Grün- und Rottönen dieser 1898 bis 1915 in der Klasse für Landschaftsma- friedvollen holländischen Landschaftsidylle. lerei und Stillleben unterrichtete. Tina Blau starb Mutige Reduktion des Gesehenen, kultivierte 1916 in Wien1. Expressivität und die vibrierenden Farb- und Lichtkontraste charakterisieren dieses in seiner Seit 1900 bereiste die Künstlerin mehrfach die Modernität beeindruckend zeitlose Gemälde. Niederlande – jenes Land, das bereits auf einer Mit der Souveränität einer jahrzehntelangen frühen, mit Emil Jakob Schindler unternomme- künstlerischen Erfahrung unterstreicht Tina Blau nen Reise 1875 einen prägenden Eindruck hin- hier einmal mehr ihre singuläre Stellung unter Tina Blau terlassen hatte und ihre Auffassung von Licht den österreichischen Stimmungsimpressionisten (Wien 1845 - 1916 Wien) 7 und Landschaft nachhaltig veränderte. „Während des ausgehenden 19. Jahrhunderts. Holländische Landschaft der Sommermonate 1904 bis 1908 zieht es die Kanal in Franeker Malerin alljährlich nach Holland….1905 hält sie um 1908 sich vorwiegend in Dordrecht und Volendam auf, Öl auf Holz 1906 in Veere, 1907 in Zwyndrecht an der Maas, 24 x 39,7 cm Dordrecht sowie Pappendrecht und 1908 beson- 2 Signiert links unten: Tina Blau ders in Franeker.“ In dieser Werkphase ist eine Rückseitig signiert, datiert und betitelt: hervorragende Reihe von Arbeiten dokumentiert, Tina Blau „Kanal in Franeker“ Wien 1910 welche motivisch wie formal einen glanzvollen und Das Gemälde wird in das Werkverzeichnis Tina Blau aufgenommen. (Reihe Belvedere Werkverzeichnisse, eigenständigen Höhepunkt im späten Schaffen herausgegeben von Dr. Agnes Husslein-Arco, Autoren: von Tina Blau bilden3. Dr. Markus Fellinger, Claus Jesina) Provenienz: Privatsammlung USA Literatur: Vgl.: Gerbert Frodl, Verena Traeger (Hg.), 1) Einhundert Jahre nach ihrem Tod ehrt das Belvedere die Malerin Tina Blau mit einer Ausstellung Stimmungsimpressionismus. Ausstellungskatalog, im Rahmen der Reihe Meisterwerke im Fokus (4. November 2016 bis 19. Februar 2017) Österreichische Galerie Belvedere, Wien 2004, S. 64-83; 2) Tobias G. Natter, Claus Jesina, Tina Blau 1845-1916, Salzburg 1999, S. 130 Tobias G. Natter (Hg.), Plein Air. Die Landschaftsmalerin 3) s. o., Farbtafeln 13, 14, 16. In diesen wichtigen Jahren entstanden auch die bedeutenden Tina Blau 1845-1916. Ausstellungskatalog, plastischen und farbstarken Wiener Vorstadtansichten, vgl.: Farbtafeln 48, 49, 50 Jüdisches Museum der Stadt Wien, Wien 1996, S. 129-147; 4) Da wir bislang nur von einem Aufenthalt 1908 Kenntnis haben, könnte die am Bild rückseitige Kunst des 19. Jahrhunderts. Bestandskatalog der Datierung „1910“ irrtümlich erfolgt sein: „Gelegentlich schleichen sich aber bei Bildtitel und Österreichischen Galerie Belvedere in Wien, Band 1, Datierungsfragen Erinnerungsfehler ein“ (s. o., Natter, S. 132). Wien 1991, S. 113-117

Als Tina Blau im Herbst 1879 das Prateratelier Emil Jakob Schindlers übernimmt, wird dieses herrliche Wiener Au- und Erholungsgebiet für fast vier Jahrzehnte Hauptmotiv ihrer Bilder und eine unerschöpfliche Inspirationsquelle. Hier fühlt sie sich künstlerisch frei und ungestört und das Ateli- er ermöglicht es ihr, Landschaft und Lichtverhält- nisse zu verschiedenen Tages- und Jahreszeiten und in wechselnden Stimmungen zu studieren, wofür nebenstehendes Gemälde geradezu ex- emplarisch ist: mit unvergleichlicher Lockerheit der Pinselführung entfaltet Tina Blau ihr kleines Praterpanorama vor dem Betrachter, entrollt die Tina Blau Blau Tina sattgrünen Wiesen, die durch lebhaftes Licht- Schattenspiel und einen bildeinwärts führenden Weg rhythmisiert sind. Kulissenhaft ragen ver- schiedene Bäume hoch in den makellos blauen Himmel, das Astwerk und die Baumkronen von flirrendem mildem Herbstlicht umspielt. Weiße Hausfassaden blitzen im Hintergrund durch das Laub und bilden raffinierte koloristische Kon- trapunkte zur intensiven Vegetation, die durch reiche Nuancen aus Grün-, Ocker- und Braun- tönen plastisch und lebensnah erfasst ist. Ver- schwindend klein unter den hohen Stämmen sind auch eine Mutter mit ihren beiden Kindern auszumachen, die in pointierten roten Gewän- dern über die grüne Wiese gehen. Neben dem reizvollen Motiv besticht diese vir- tuose „en plein air“ gemalte Holztafel durch den plastischen Farbauftrag, in dem sich breit gesetzte Pinselzüge mit zarten, bisweilen poin- tillistischen Tupfern sowie in die nasse Farbe geritzten hellen Akzentuierungen abwechseln. Dieses kraftvolle und lebendig gemalte Prater- Tina Blau bild unterstreicht in seiner außerordentlichen (Wien 1845 - 1916 Wien) 8 Qualität und Eigenständigkeit einmal mehr die Im Wiener Prater überragende Meisterschaft Tina Blaus im Reigen um 1885 der stimmungsimpressionistischen Künstler des Öl auf Holz 19. Jahrhunderts. 25,8 x 32 cm

Signiert rechts unten: Tina Blau Das Gemälde wird in das Werkverzeichnis Tina Blau aufgenommen. (Reihe Belvedere Werkverzeichnisse, herausgegeben von Dr. Agnes Husslein-Arco, Autoren: Dr. Markus Fellinger, Claus Jesina) Provenienz: Privatbesitz Wien Literatur: Vgl.: Gerbert Frodl, Verena Traeger (Hg.), Stimmungs- impressionismus. Ausstellungskatalog, Österreichische Galerie Belvedere, Wien 2004, S. 64-83; Tobias G. Natter (Hg.), Plein Air. Die Landschaftsmalerin Tina Blau 1845-1916. Ausstellungskatalog, Jüdisches Museum der Stadt Wien, Wien 1996, S. 129-147; Kunst des 19. Jahrhunderts. Bestandskatalog der Österreichischen Galerie Belvedere, Band 1, Wien 1991, S. 113-117

Eugen Jettel 9 (Johnsdorf 1845 - 1901 Lussingrande) Strohschober auf der Hochebene von Auvers 1894 Öl auf Leinwand 38,2 x 55,3 cm

Signiert und datiert rechts unten: Eugène Jettel. (18)94. Provenienz: Privatsammlung Oberösterreich Literatur: Heinrich Fuchs, Eugen Jettel, Wien 1975, S. 213, Wkv.Nr. 528 Vgl.: Gerbert Frodl, Verena Traeger (Hg.) Stimmungsimpressionismus, Ausstellungskatalog der Österreichischen Galerie Belvedere, Wien 2004, S. 134-149; Kunst des 19. Jahrhunderts. Bestandskatalog der Österreichischen Galerie Belvedere, Band 2, Wien 1993, S. 190 ff. Hugo Darnaut 10 (Dessau 1851 - 1937 Wien) Auf schattiger Weide um 1910 Öl auf Malkarton 34 x 45,3 cm

Signiert links unten: H. Darnaut Provenienz: Privatsammlung Oberösterreich Literatur: Vgl.: Gerbert Frodl, Verena Traeger (Hg.), Stimmungsimpressionismus. Ausstellungskatalog Österreichische Galerie Belvedere, Wien 2004, S. 88-95; Heinz Mlnarik, Hugo Darnaut 1850-1937. Diplomarbeit an der Universität Wien, Wien 1993; Kunst des 19. Jahrhunderts. Bestandskatalog der Österreichischen Galerie Belvedere, Band 1, Wien 1992, S. 181 ff. Antonietta Brandeis wurde 1848 im böhmischen Fischerboote mit den charakteristisch orangen Miskowitz geboren. Sie studierte unter Karl Segeln liegen an der Kaimauer des Kanals. Die Javurek in Prag Malerei, übersiedelte aber bald Fischer sind noch beschäftigt, ihre Gerätschaften mit ihrer Mutter und derem zweiten Ehemann, sicher zu verstauen. Die großen Weidekörbe, mit einem Venezianer, in dessen Heimatstadt. Ihre denen Langusten und Hummer in der Lagune weitere Ausbildung erfuhr sie als eine der ers- gefangen werden, baumeln an Stangen. Hier hat ten weiblichen Studentinnen an der Accademia sich die Künstlerin in eine weniger touristisch er- di Belle Arti di Venezia unter den Professoren schlossene Gegend Venedigs begeben. Die Insel Girolamo Michelangelo Grigoletti, Federico Moja, San Pietro di Castello, ursprünglich wegen ihrer Domenico Bresolin, Napoleone Nani und Pompeo ovalen Form und der Kultivierung von Olivenbäu- Marino Molmenti. Schon während der Studien- men Olivolo genannt, liegt am östlichen Ende jahre wurde ihre wundervoll präzise Malerei mit Venedigs in der Nähe des Arsenals im Sestiere mehreren Preisen ausgezeichnet. Brandeis wirkte Castello. Die Insel ist durch zwei Brücken mit dem bei zahlreichen Ausstellungen mit, vor allem in Rest der Stadt verbunden. Die geografische Lage der Promotrice Veneta und der in Florenz, aber im Osten Richtung Sant’Erasmo und Torcello und auch auf der prestigeträchtigen International Ex- die Breite des Kanals erleichtern wohl die Zufahrt hibition of Melbourne. Schon früh begeisterten für die Boote und bieten so den idealen Anlege- sich Sammler für ihre zumeist kleinformatigen punkt für die Fischer. Die Orangetöne der Segel Ansichten ihrer Wahlheimat Italien. 1897 heiratete spiegeln sich im Wasser ebenso wie das zarte Antonietta Brandeis den venezianischen Offizier Blau des Himmels, das von pudrigen Schön- und Ordensritter Antonio Zamboni. Nach 1900 wetterwolken aufgelockert wird. Links führt die fand man ihre Arbeiten verstärkt in Ausstellungen schräggestellte Ufermauer des Kanals in die Bild- englischer Galerien, der Sammlerkreis war inter- tiefe. Hinter den Booten quert eine Holzbrücke nationaler geworden. Nach dem Tod ihres Mannes den Canale di San Pietro. Liebevoll und detailliert 1909 lebte sie großteils in Florenz, wo sie auch hat Antonietta Brandeis auch die Fassaden der 1926 verstarb. Häuser mit ihren bunten Fensterflügeln festgehal- ten. Das für die Lagunenstadt so typische, klare

Antonietta Brandeis Antonietta Brandeis Die Faszination für Venedig sollte die Künstlerin Sonnenlicht erhellt die Mauern der Häuser, lässt ein Leben lang begleiten. Ihre preziösen Schil- das Wasser glitzern und die Segel leuchten. Eine derungen der Lagunenstadt waren beliebte Er- beeindruckende Komposition der Künstlerin, eine innerungen für die schon im 19. Jahrhundert Hommage an ihre Wahlheimat, deren Schönheit zahlreichen Bewunderer und Besucher der Stadt sie hier mit großer malerischer Virtuosität festhält. und sind auch noch heute weit über die Grenzen Österreichs hinaus sehr gesuchte Sammlerstü- cke. Es gelang der Künstlerin immer wieder neue faszinierende Facetten Venedigs zu entdecken und in ihrer Malerei festzuhalten. Zahlreiche Mo- tive, Palazzi und Kanäle hat sie im Lauf der Zeit in den unterschiedlichsten Lichtstimmungen auf ihre Bilder gebannt. Antonietta Brandeis (Miskowitz 1848 - 1926 Florenz) 11 Boote mit Langustenkörben in Venedig Canale di San Pietro in Castello um 1900 Öl auf Malkarton 24,3 x 14,8 cm

Signiert rechts unten: A.Brandeis Rückseitig Galerieetikett von MacConnal-Mason & Son Ltd.: FINE ART DEALERS 14, Duke Street, St. James‘s, London, S.W.1. Provenienz: Galerie MacConnal-Mason & Son Ltd., London; Privatbesitz USA Literatur: Vgl.: Paolo Serafini, Antonietta Brandeis. 1848/1926, Turin 2010, Tav. 58

Hugo Charlemont 12 (Jamnitz 1850 - 1939 Wien) Freudenberg in Kärnten 1913 Öl auf Holz 25,1 x 40,1 cm

Signiert rechts unten: Hugo Charlemont Datiert und betitelt links unten: Freudenberg 1913 Rückseitig betitelt auf altem Klebeetikett: „Freudenberg“ in KÄRNTEN Provenienz: Privatbesitz Deutschland Literatur: Vgl.: Kunst des 19. Jahrhunderts. Bestandskatalog der Österreichischen Galerie Belvedere in Wien, Band 1, Wien 1991, S. 160 ff. Ernestine von Kirchsberg 13 (Verona 1857 - 1924 Graz) Blick über den Wolfgangsee Richtung Strobl um 1900 Öl auf Leinwand 28,6 x 54,5 cm

Signiert rechts unten: Ern. Kirchsberg Provenienz: Privatbesitz Österreich Der bekannte, aus einer Künstlerfamilie stammen- Die Kätzchen, erstaunt über ihre Entdeckung, de Tier-, Genre- und Vedutenmaler Carl Reichert tasten sich vorsichtig an den Meeresbewohner wurde 1836 in Wien geboren. Seine erste Aus- heran. Das mutigste der drei, links im Bild, be- bildung erhielt der junge Künstler bei seinem tastet vorsichtig mit weicher Pfote die Schere Vater, dem Maler Heinrich Reichert. Später war des Krustentieres, jederzeit bereit diese wieder er Schüler an der Grazer Zeichenakademie unter zurückzuziehen, falls sich das eigenartige Wesen Joseph Ernst Tunner und Ernst Christian Moser. bewegen sollte. Das zweite beobachtet, leicht Für kurze Zeit studierte er in München und bildete eingeschüchtert darüber sitzend, aus sicherer sich mehrmals in Rom bei den berühmten Malern Entfernung das Geschehen und das dritte lugt Ludwig Johann Passini und Anton Romako fort. vorsichtig hinter dem Korb hervor – die aufge- 1869 übersiedelte Carl Reichert nach Wien und stellten Ohren verraten jedoch die große Neugier. wurde 1874 Mitglied des Wiener Künstlerhauses. 1910 zog der Künstler nach Graz, wo er 1918 Carl Reichert schafft es jedes Mal aufs Neue, mit verstarb. seinen Bildern die Fantasie des Betrachters an- zuregen. Bemerkenswert ist aber vor allem seine Carl Reichert gehörte zu den begnadetsten Tier- genaue und liebevolle Beobachtungsgabe, durch malern seiner Zeit und verstand es wie kein ande- die es ihm gelingt, die unterschiedlichen Cha- rer, vor allem Hunde oder Katzen in ihrer Eigenart raktere der Tiere zu erfassen. Auch die Stofflich- Carl Reichert Carl Reichert zu erfassen und meisterhaft wiederzugeben. So keit der verschiedenen Gemüsesorten und des ist es kein Wunder, dass seine Auftragsbücher Strohkorbes gibt Carl Reichert in ihrer Eigenart stets voll waren und selbst die höchsten Kreise perfekt und detailreich wieder. Der Künstler ver- zu seinem Kundenstock gehörten. steht es meisterhaft, über das bloße Abbilden hi- Das Besondere an seinen Darstellungen ist nicht naus auch eine narrative Spannung aufzubauen, nur die detailgetreue Schilderung seiner tieri- die eine starke Faszination auf die Sammler sei- schen Modelle in ihrer Charakteristik, sondern ner Bilder ausübt. Das Gemälde „Ein unerwarteter vor allem seine Fähigkeit, mit seinen liebevoll be- Gast“, das im Jahr 1893 entstanden ist, stellt ein obachteten Momentaufnahmen Geschichten zu hervorragendes Beispiel für Carl Reicherts virtuo- erzählen. se und zugleich humorvolle Malweise dar.

So machen sich des Künstlers verspielte Stuben- tiger in einem – wie sie glauben, unbeobachteten Moment – über den Einkaufskorb her. Frisch vom Markt geholt und für das Abendmahl sorgfältig ausgesuchtes Gemüse befindet sich darin. Kar- fiol, Paradeiser, Zwiebel, Zucchini, Karotten, ein Steinpilz und Rotkohlblätter sind mit charakteris- tisch präzisem Pinselstrich auf dem Tisch verteilt zu erkennen. Das eigentliche Objekt der Begier- de aber ist den feinen Näschen der Vierbeiner nicht entgangen und hat wohl ursprünglich ihre Neugierde geweckt. Denn mitten im Gemüse – Carl Reichert sein „Kochtopf-Schicksal“ schon erahnend – hat (Wien 1836 - 1918 Graz) sich ein Hummer versteckt. 14 Ein unerwarteter Gast 1893 Öl auf Leinwand 33,5 x 43 cm

Signiert und datiert rechts oben: C. Reichert. (18)93. Rückseitig bezeichnet auf altem Klebeetikett: Marktkontrolleur (?) Literatur: Vgl.: Josef Ramharter, Karl Reichert, in: Der getreue Eckart, Wien o.J., S. 264-268

Einen Moment der Unachtsamkeit nutzend fegen die beiden jungen Kätzchen durch des Künstlers Atelier. Dieser hat seine Palette für einen Augen- blick neben den Farbtuben und Pinseln abgelegt. Vor lauter Herumtollen haben die beiden Rabau- ken vergessen, dass sie sich in des Meisters Studio nur vorsichtig und auf leisen Samtpfoten fortbewegen dürfen und nehmen prompt dessen Farbmischbrett in Besitz. Das schwarz-weiße Tier- chen hat sich mitten auf dem Tisch auf die Lauer gelegt, die volle Aufmerksamkeit auf den buschi- gen Haarpinsel vor sich gerichtet. Was ist das für ein eigentümliches Wesen? Die linke Pfote hat es leicht vorgereckt, bereit mit blitzschneller Be- wegung auf dieses nicht identifizierbare „Lebe- wesen“ loszufahren. Auch das weiße Kätzchen mit der kecken blauen Masche um den Hals lässt den dicken Pinsel nicht aus den Augen. Carl Reichert Carl Reichert Carl Reichert hat das bunte Treiben seiner Vier- beiner im Jahr 1889 beobachtet und die lustige Momentaufnahme in extremer Nahsicht erfasst. Besonders meisterhaft und exakt ist der Künst- ler aber in der Wiedergabe verschiedener Ober- flächen. So hat er den zart-weichen Flaum des Katzenfells in fein abgestuften, schimmernden Nuancen herausgearbeitet, sodass es den Be- trachter direkt zum Streicheln einlädt. Aber auch der große, bauschige Pinsel im Bildvor- dergrund, dessen feine Borsten mit einem golde- nen Messingdraht in der Metallhülse festgezurrt sind, sowie die zerdrückten Farbtuben, deren Materialität Carl Reichert durch gezielt gesetzte Glanzpunkte betont hat, oder das schimmernde Perlmutt der Muschel im Hintergrund erlauben es dem Betrachter, die unterschiedlichen Stofflich- keiten nachzuempfinden.

„Kätzchen im Maleratelier“ ist ein weiteres liebe- voll beobachtetes und mit viel Sensibilität aus- Carl Reichert geführtes Gemälde, das die außerordentliche (Wien 1836 - 1918 Graz) 15 Begabung Carl Reicherts zeigt und für seine Kätzchen im Maleratelier Sammler, aber auch Katzenliebhaber ein begeh- 1899 renswertes Motiv darstellt. Öl auf Holz 21 x 26 cm

Signiert und datiert rechts oben: C. Reichert. (18)99 Rückseitig signiert, datiert und bezeichnet auf altem Klebeetikett: „Im Studio“ Ölgemälde von Carl Reichert Wien, 1899. Provenienz: Privatbesitz USA Literatur: Vgl.: Josef Ramharter, Karl Reichert, in: Der getreue Eckart, Wien o.J., S. 264-268

Peder Mørk Mønsted wurde am 10. Dezember Tauwetter im unmittelbar erlebten Augenblick 1859 in Balle Mølle in der Nähe von Grenaa lebendig und abwechslungsreich festzuhalten. an der dänischen Ostseeküste als Kind wohl- Unter den nordischen Malern ragen hier der be- habender Eltern – der Vater war Schiffsbauer – rühmte Norweger Frits Thaulow und der Däne geboren. Bereits als Schuljunge kristallisierte Peder Mønsted heraus, deren handwerklich per- sich seine künstlerische Begabung heraus und fekt ausgeführte und ungemein stimmungsvolle er erhielt privaten Malunterricht bei dem Land- Winterlandschaften zum Besten zählen, was die schaftsmaler Andreas Fritz. Ab 1875 studierte er europäische Malerei des beginnenden 20. Jahr- an der Kunstakademie in Kopenhagen. Stilisti- hunderts in der Nachfolge der Impressionisten schen Einfluss erfuhr Peder Mønsted auch durch hervorgebracht hat. seine Mitarbeit im Atelier von Peder Severin Krøyer und 1882/1883 im Atelier des berühmten So ist auch nebenstehendes lichterfülltes Gemälde Franzosen William Adolphe Bouguereau. Beide „Sonniger Wintertag“ ein hervorragendes, fast Lehrmeister setzten sich auf ihre Weise mit der magisch anmutendes Stimmungsbild des Künst- Einbeziehung von Lichtstimmungen in der Male- lers – eine haptische Schneelandschaft in der rei auseinander und wurden so zu Wegbereitern milden Sonne des Spätwinters, die motivisch ge- des Impressionismus. Auf Studienreisen besuch- nauso gut im österreichischen Voralpenland be- te Peder Mønsted Italien, die Schweiz und Paris, heimatet sein könnte. Ein heiterer Wintertag öff- bereiste Nahost und Nordafrika. Seine Arbeiten net sich dem Betrachter, eine sonnige verschneite wurden auf zahlreichen Ausstellungen in Char- Idylle am Dorfrand, die Reminiszenzen an ferne lottenburg sowie auf den Münchner und Pariser und unbeschwerte Kindertage im Schnee anklin- Salons gezeigt. Bald nach der Jahrhundertwende gen lässt. So schlängelt sich ein kleiner Bachlauf galt Peder Mønsted als einer der bekanntesten in steilem Tiefenzug bildeinwärts, flankiert vom dänischen Künstler, der mit großem Erfolg bei- Panorama einer breiten Wiese, deren bauschige spielsweise auf der Pariser Weltausstellung 1889 Schneedecke am Ende des Winters bereits von oder der Internationalen Kunstausstellung im einigen Fuß- und Schlittenspuren zerfurcht ist. Glaspalast in München 1892 ausstellte. Vor allem Auch hat die milde Sonne – als Zeichen des be- seine lichtdurchfluteten Schnee-, Wald- und vorstehenden Frühlings – schon einige größere

Peder Mørk Mønsted Peder Mørk Mønsted Wasserlandschaften waren wegen der meister- grünbraune Wiesenflecken freigelegt, die sich haften technischen Ausführung gefragt und sind kompositorisch reizvoll dem Verlauf der Uferbö- auch heute am internationalen Kunstmarkt sehr schung entlangschlängeln. Ein kleiner Junge mit gesucht. seinem Schlitten – im Hintergrund nostalgisch als Staffagefigur eingefügt – hofft auf eine letz- Die Darstellung von Schnee in all seinen Facetten – te Rodelpartie in dem schon weich gewordenen vom pulvrigen Neuschnee über Harsch bis zum Schnee. Hoch in den wolkenlosen Himmel ra- bereits wässrigen Tau- und Altschnee – zählt seit gende, kahl-verästelte Baumreihen, hinter denen Jahrhunderten zu den großen Herausforderun- ferne die bläulichen Silhouetten einiger Hausdä- gen der Landschaftsmaler. Lange Zeit eher als cher hervorlugen, runden dieses verträumte Mo- Hintergrund für historische und genrehafte Sze- tiv fernab von Lärm und Hektik unseres heutigen nen verwendet, begann die junge Künstlergene- städtischen Lebens ab. ration der deutschen und vor allem der französi- Peder Mørk Mønsted schen Impressionisten wie Claude Monet, Alfred (Grenaa 1859 - 1941 Fredensborg) 16 Sisley oder Camille Pissaro1 – und auch später Ein sonniger Wintertag Österreicher wie Alfons Walde, Gustav Jahn oder 1902 Max von Esterle – die winterliche Landschaft vom Öl auf Leinwand lichten Schneegestöber bis zum frühlingshaften 32 x 48 cm

Signiert und datiert links unten: PMønsted. 1902. Provenienz: Privatbesitz Österreich 1) Oliver Kornhoff (Hg.), Lichtgestöber. Der Winter im Impressionismus. Literatur: Hans Paffrath, Werkübersicht Peder Mönsted. Ausstellungskatalog, Arp Museum Bahnhof Rolandseck, Bielefeld 2014 Zauber der Natur, Düsseldorf 2013, Wkv.Nr. 1902_4

Neben den meisterhaften Winterbildern von Peder Mørk Mønsted gibt es auch wundervolle malerische Schilderungen der anderen Jahres- zeiten. Vorliegende „Blühende Anemonen“ sind ein Beispiel, wie der Künstler es versteht, das im Frühling erwachende Leben in seiner Leuchtkraft und Intensität einzufangen.

In einem kleinen, nahe an den Bildrand gerückten Landschaftsausschnitt wird man sogleich von der Atmosphäre des blühenden Auwaldes gefangen genommen. Die Blätter leuchten in zartem Grün, der zum Wasser hin abfallende Hang, der über und über mit blühenden Anemonen oder Wind- röschen bedeckt ist, nimmt ein Drittel der gesam- ten Bildfläche ein und führt durch die von links nach rechts abfallende Schrägstellung zugleich kompositorisch ins Bild. Mit zartem Pinselstrich hat Mønsted die einzelnen weiß leuchtenden Blü- tenköpfe der Frühlingsboten erfasst, die sich vom mit altem Laub bedeckten Waldboden deutlich abheben. Dahinter blickt man an den rhythmisch angeordneten Baumstämmen auf das stille, fins- tere Wasser der Au. Himmel und Grün der Baum- kronen reflektieren in der spiegelglatten Fläche. Unergründlich dunkel wird das Wasser im Hinter- grund, wo der Wald sich verdichtet, und der Blick über moosbewachsene Rinden im dichten Gewirr

Peder Mørk Mønsted Peder Mørk Mønsted der eng aneinandergerückten Stämme hängen- bleibt. Darüber das zarte Blau des Himmels und rosa Wolken, die durch eine kahle Baumkrone am oberen Rand schimmern. Die sonnige Licht- quelle, die den vorderen Bildraum gleichmäßig ausleuchtet, liegt außerhalb der Leinwand. Von rechts oben fällt der wärmende Sonnenschein herein, lässt die weißen Blüten und das junge Blattwerk leuchten und die Struktur der Rinde des vorderen Baumes deutlich hervortreten.

Diese Meisterschaft im Umgang mit Lichtstim- mungen, gepaart mit einem virtuosen, detail- Peder Mørk Mønsted reichen Malstil, ist es, die den Ruf Peder Mørk (Grenaa 1859 - 1941 Fredensborg) Mønsteds weit über die Grenzen Dänemarks 17 Blühende Anemonen hinaus begründet. 1924 Öl auf Leinwand 41 x 61,5 cm

Signiert, datiert und bezeichnet rechts unten: P. Mønsted Bromølle. 1924. Provenienz: Privatbesitz Dänemark Literatur: Vgl.: Hans Paffrath, Werkübersicht Peder Mönsted. Zauber der Natur, Düsseldorf 2013, Wkv.Nr. 1924_1, 1924_4

Für Alfred Zoff, 1852 in Graz geboren, war zu- und schlängelt sich ab der Bildmitte in die rech- nächst eine Karriere als Jurist oder Arzt vorge- te Bildhälfte, womit der Blick des Betrachters in sehen. 1880 bis 1884 wechselte er aber an die die Tiefe gezogen wird. Darüber wölbt sich der Wiener Akademie in die Malklasse zu Eduard mit bauschigen Wolken durchzogene Himmel, Peithner von Lichtenfels; anschließend studier- der zwei Drittel der Bildfläche einnimmt und so te er beim bekannten Landschaftsmaler Gustav das tatsächlich in dieser Landschaft empfunde- Schönleber in Karlsruhe, der den jungen Künstler ne Gefühl der Freiheit im Gemälde einfängt und mit den Werken der Schule von Barbizon vertraut spürbar macht. Diese Wirkung wird durch das machte. Zahlreiche Reisen führten Zoff in diesen Überschneiden der Kumuli über den Bildrand hi- Jahren nach Italien, Holland und in die Bretagne. naus erweitert. 1907 wurde er nach Aufenthalten in München, Krems und Wien als Professor an die Landes- Auffallend auch die starke Farbigkeit, die Alfred kunstschule in Graz berufen. Spätestens seit Zoff hier verwendet: So stehen das auf den ersten mehreren Ankäufen großer Marinelandschaften Blick satte, dunkle Blau des Wassers, das sich durch Kaiser Franz Josef war der Künstler einem bei näherem Hinsehen als ein Aneinanderfügen Alfred Zoff breiten Publikum bekannt und seine Gemälde von kobaltblauen und lilafarbenen Pinselstri- auf zahlreichen, auch internationalen Ausstellun- chen entpuppt, neben den kräftigen Grüntönen gen mit großem Erfolg vertreten. Zudem erhielt der saftigen Wiesen, die zuweilen ins Gelbliche er viele nationale und internationale Preise wie abgetönt sind und der Landschaft Lebendigkeit die Bronze Medaille der Weltausstellung in Paris einhauchen. Auch die rot-braun gedeckten Dä- 1900 und die Große Goldene Staatsmedaille. cher der Gehöfte setzen dynamische Akzente. Alfred Zoff, der auch Mitglied des Wiener Künst- Als Kontrast dazu das von lichtem Hellblau am lerhauses und des Hagenbundes war, schuf mit Horizont zu dunklerem Himmelblau am oberen seinen Marinen und Landschaftsdarstellungen Bildrand abschattierte Firmament, das von zahl- aus Österreich ein beeindruckendes Oeuvre, reichen Wolken, die in feinsten Farbabstufungen dessen hohe Qualität den Künstler zu einem der von Rosa-Grau-Tönen bis zu Helllila nuanciert wichtigsten Vertreter des österreichischen Im- sind, durchzogen wird. Aufgelockert werden so- pressionismus macht. Er verstarb 1927 in Graz. wohl der Luft- als auch der Landbereich durch die weißen Tupfer, die von der grundierten Leinwand Auf einer seiner späten Reisen entstand diese durchblitzen. Ansicht einer belgischen Landschaft, wobei den Künstler vor allem die Wiedergabe des extrem Alfred Zoff gelingt es in hervorragender Weise, tiefen Horizontes reizte, wie man ihn in dieser den typischen Charakter dieser nördlichen Regi- Ausprägung neben den Niederlanden auch in on einzufangen und für den Betrachter fühlbar zu einigen Gegenden Belgiens findet. Alfred Zoff hat machen. Vor allem das Einfangen der Wolken- sich dafür am Rande eines Kanals platziert und stimmung mit ihren sich rasch ändernden Licht- fängt die unendlich scheinende Weite des ein- verhältnissen steht ganz unter dem Eindruck der samen Landstrichs ein. Vor ihm schaukelt eine Impressionisten, zu deren Hauptvertretern der Alfred Zoff Barke, links des Wassers sieht man die roten Maler in Österreich zählte. (Graz 1852 - 1927 Graz) 18 Dächer eines Bauernhofs samt Nebengebäude Sommerlandschaft in Belgien und im Hintergrund eine weitere Häuseran- um 1925 sammlung eines bäuerlichen Gutes. Der Kanal Öl auf Leinwand auf Karton dominiert beinahe den gesamten Vordergrund 42 x 54 cm

Signiert links unten: A. Zoff Rückseitig signiert und bezeichnet: Alfred Zoff Graz Heinrichstrasse 23 Landschaft in Belgien. Rückseitig Etiketten des Wiener Künstlerhauses: 326/1926 und 1720/1928 (von Mag. Paul Rachler, Künstlerhaus Archiv, bestätigt) Provenienz: Privatbesitz Österreich Literatur: Vgl.: Martin Suppan, Alfred Zoff. Ein österreichischer Stimmungsimpressionist. Landschaften. Marinen, Wien 1991, S. 275; Kunst des 20. Jahrhunderts. Bestandskatalog der Österreichischen Galerie Belvedere, Band 4, Wien 2000, S. 301 ff.; Natürlichere Natur. Österreichische Malerei des Stimmungsrealismus. Ausstellungskatalog, Kunsthaus Mürzzuschlag, Mürzzuschlag 1994, S. 112 f. Ausgestellt: Künstlerhaus Wien, Wien 1926; Gedächtnisausstellung Alfred Zoff, Künstlerhaus Wien, Wien 1928

Alfred Zoff zählt heute zu den bedeutendsten das der Künstler wahrscheinlich direkt am Strand Marinemalern der k. u. k. Monarchie des aus- von De Panne ausführte, stellt er seine jahrzehn- gehenden 19. Jahrhunderts. Nicht ohne Grund telange malerische Erfahrung mit Leichtigkeit wurde unlängst eine Reihe beeindruckender und Bravour unter Beweis. Himmel und Erde, Luft mediterraner Küstenlandschaften anlässlich der und Wasser zeigen sich in dem schlichten Motiv Ausstellung „Im Lichte Monets. Österreichische eines trockengefallenen Fischerbootes am Strand Künstler und das Werk des großen Impressio- von De Panne in einer kaum zu überbietenden nisten“ im Wiener Belvedere gezeigt1. Zeitlebens Unmittelbarkeit. Die schillernden blauen Pfützen suchte Alfred Zoff die künstlerische Auseinan- im matten braunen Sand des Vordergrundes, dersetzung mit der südlichen Landschaft, deren die schaumige Brandung an der Küstenlinie, der Motive er hauptsächlich an der ligurischen und schmale tiefe Meeresstreifen und der hohe duns- adriatischen Küste fand. Zypressenbestandene tige Sommerhimmel erzeugen eine suggestive Flusstäler, pinien- und olivenbaumbewachsene horizontale Raumtiefe, die von den Masten und Hügel im gleißenden Sonnenlicht, jahrhunderte- Takelagen des gekippten Bootes spannungs- alte Städtchen und Fischerdörfer an der Küste reich durchbrochen wird. Auch die Staffagefigur Alfred Zoff sowie vor allem das Meer in all seinen Facetten des einsamen Fischers trägt subtil als Maßstab bilden die Hauptthemen im Oeuvre des Künst- zur Illusion von Räumlichkeit bei und kann durch- lers. Erst in späteren Jahren entdeckte Alfred Zoff aus als Metapher für die Kleinheit und auch den besonderen atmosphärischen Reiz der Hinfälligkeit des Menschen in Anbetracht kühleren, nördlichen Küstenlandschaften Frank- der unendlichen Weite der Meere ver- reichs, Belgiens und Hollands, die er bald nach standen werden. der Jahrhundertwende häufig aufsuchte. Der Topos des Fischerbootes am Strand wurde in diesen Jahren von vielen maß- De Panne ist eine Gemeinde in der Provinz West- geblichen europäischen Impressionisten flandern und heute der südlichste Badeort an der aufgegriffen, allen voran auch von Claude belgischen Küste. Obwohl der Ort keinen Hafen Monet, mit dessen Malerei sich auch hatte, besaß er um 1900 nach Ostende dennoch Alfred Zoff beschäftigte: „Mit fortschreiten- die zweitgrößte Fischerbootflotte der flämischen dem Oeuvre bemühte er sich, in seinen Küste, deren Boote mit meist abgeflachtem Bo- Gemälden auch Monets Kolorit nahezu- den, die „Panneschuiten“, jedes Mal auf den kommen, indem er die Landschaftsformen Claude Monet, Fischerboote am Strand von Etretat, 1886 Strand gezogen werden mussten. In der zweiten aus leuchtend farbigen Pinselstrichen zusammen (Museum of Fine Arts, Budapest /Szépmu´´vészeti Múzeum) Hälfte des 19. Jahrhunderts entwickelte sich De setzte und dem Meer jene Intensität gab, wie Panne allmählich von einem Fischerei- in einen sie von Monets Ansichten der südfranzösischen Badeort, der von pittoresken Dünenlandschaften Küsten bekannt war“.3 umgeben ist, die heute großenteils unter Natur- schutz stehen. Alfred Zoffs stimmungsvolle Impression „Am Strand von De Panne“ ist ein bemerkenswert mo- Alfred Zoff konnte sich dem Zauber dieser belgi- dernes Zeitdokument, das durch den fokussier- schen Landschaft wie auch des besonderen ma- ten Ausschnitt und das quadratische Bildformat Alfred Zoff (Graz 1852 - 1927 Graz) ritimen Motivs nicht entziehen, die er im August eine Auseinandersetzung auch mit der zeitge- 19 und September 1901 hier entdeckte: „Ich…fand nössischen Secessionskunst vermuten lässt. Am Strand von De Panne La Panne, nicht nur das Meer, auch die Dünen 1901 herrlich, eine für mich ganz neue, höchst anregen- Öl auf Karton 2 34 x 35 cm de Natur.“ In unserem kleinformatigen Gemälde, Signiert rechts unten: A. Zoff. Rückseitig vom Künstler bezeichnet: Alfred Zoff Graz Heinrichstr. 23 Am Strande von La Panne. (Belgien) 1) Ausstellung in der Orangerie des Unteren Belvedere Wien (24. Oktober 2014 bis 8. Februar 2015) Provenienz: Privatbesitz Norddeutschland 2) Martin Suppan, Alfred Zoff. Ein österreichischer Stimmungsimpressionist. Literatur: Vgl.: Kunst des 20. Jahrhunderts. Bestandskatalog der Landschaften. Marinen, Wien 1991, S. 62 Österreichischen Galerie Belvedere, Band 4, Wien 2000, S. 301 ff.; 3) Agnes Husslein-Arco, Stephan Koja (Hrsg.), Im Lichte Monets: Österreichische Künstler und Martin Suppan, Alfred Zoff. Ein österreichischer Stimmungsimpressionist. das Werk des großen Impressionisten, Ausstellungskatalog, Belvedere Wien, Wien-München 2014, S. 61 Landschaften. Marinen, Wien 1991, S. 307 f.

Felix Heuberger 20 (Wien 1888 - 1968 Hall in Tirol) Morgenstimmung am Attersee 1933 Öl auf Hartfaser 80,5 x 84 cm

Signiert links unten: Felix Heuberger Rückseitig bezeichnet: Felix Heuberger Motiv beim Attersee Morgenerwachen July 1933 Provenienz: Privatbesitz Österreich Literatur: Vgl.: Rudolf Morawetz, Felix Heuberger, alpiner Maler, 1888-1968. Alpenvereins-Jahrbuch 1978, Band 103, Innsbruck, München 1978, S. 117-120; Carl Kraus, Zwischen den Zeiten. Malerei und Graphik in Tirol 1918-1945, Lana 1999, S. 266; Heinrich Fuchs, Die österreichischen Maler der Geburtsjahrgänge 1881-1900, Wien 1976, Band 1, K 98, S. 234 Karl Maria Schuster 21 (Purkersdorf 1871 - 1953 Wien) Abendstimmung am Wörthersee um 1925 Öl auf Leinwand 53 x 63 cm

Signiert rechts unten: KARL M. SCHUSTER Provenienz: Privatbesitz Österreich Literatur: Vgl.: Kunst des 19. Jahrhunderts. Bestandskatalog der Österreichischen Galerie Belvedere, Band 4, Wien 2000, S. 84 Josef Maria Auchentaller wurde 1865 in Wien als Auffallend ist der wache, sein Gegenüber ab- Sohn eines aus Südtirol stammenden Seiden- schätzende Blick, der den Betrachter sogleich händlers geboren. 1886 begann er sein Studium gefangen nimmt. Der Maler beherrscht die hier an der Wiener Akademie unter Franz Rumpler. angewandte Technik der Pastellkreide perfekt: 1891 heiratete er Emma, die Tochter des ver- während er das Gesicht naturalistisch, beina- mögenden Silber- und Goldschmuckfabrikanten he dreidimensional wiedergibt, gelingt es ihm, Georg Adam Scheid. Für diesen sollte Auchen- das Rüschenkleidchen so duftig und transpa- taller acht Jahre später das Musikzimmer der rent abzubilden, dass es sich in den Konturen Familienvilla im Wiener Cottage ausstatten, ein geradezu aufzulösen und mit dem Hintergrund Meisterwerk der Jugendstildekorationskunst. Er zu verschmelzen scheint. Diesen gestal- gehörte zu den Mitgliedern der ersten Stunde der tet der Künstler durch zarte, kurze Striche neu gegründeten Secession, schuf eindrucksvol- in hellerem und dunklerem Blau, was die le Beiträge für das „Ver Sacrum“ und prägte so raumlose Fläche vibrieren lässt und dem das Gesicht des Wiener Jugendstils maßgebend Bildnis eine dynamische Wirkung verleiht. mit. Seine große Bedeutung kann auch daran be- Ein Vergleich mit Gustav Klimts Porträt der messen werden, dass Auchentaller gemeinsam Marie Henneberg (1901/1902)2 zeigt eine mit und Ferdinand Andri den großen motivisch und stilistisch ganz ähnliche Beethoven-Fries für die XIV. Secessionsausstel- Gestaltungsweise: die weißen, luftigen lung gestaltete. Allerdings waren durch die Arbeit Rüschen an den Ärmeln und den blau- an diesem prestigeträchtigen Projekt seine gan- grauen, flachen Hintergrund, der keinerlei zen künstlerischen Ressourcen gebunden. Das Hinweis auf den Raum gibt, in dem sich die von seiner Frau neuerrichtete Hotel „Fortino“ in Dargestellte befindet, und der, ebenso wie Grado sollte in den Folgejahren wesentlich zum bei Auchentaller, in kurzer Strichführung gemalt Gustav Klimt, Bildnis Marie Henneberg, 1901/1902 Familieneinkommen beitragen. Vermehrt ver- ist. Auch das Gemälde der vierjährigen Bettina (Kunstmuseum Moritzburg, Halle a. d. Saale) brachte der Künstler nun auch Zeit an der Adria. Bauer3 von Max Kurzweil (1907)4 zeigt diese Stil- Die Abwesenheit von Wien führte zu einer zuneh- merkmale. All diese Parallelen machen deutlich, menden Isolation vom Wiener Kunstleben. Nach dass Josef Maria Auchentaller in seinen Gestal- dem Ersten Weltkrieg hielt sich der Künstler fast tungskriterien auf der Höhe seiner Zeit arbeitete ausschließlich in Grado auf, wo er 1949 verstarb. und seinen secessionistischen Malerkollegen um nichts nachstand. Seine Bedeutung wird weiters Von Josef Maria Auchentallers großem Talent für durch das, nur ein Jahr nach dem Bildnis von die Porträtmalerei zeugt nebenstehendes Bild- Hanna Kestranek 1901 in vergleichbarer Art ent- nis. Es zeigt eines der vier Kinder von Wilhelm standene Ganzkörperporträt seiner Frau Emma Kestranek, einem österreichischen Großindust- hervorgehoben, welches der Künstler im selben Josef Maria Auchentaller Josef Maria Auchentaller riellen, der 1898 von Karl Wittgenstein1 die Di- Jahr auf der X. Secessionsausstellung in Wien rektion der Prager Eisenindustrie-Gesellschaft präsentierte.5 Josef Maria Auchentaller war um übernahm. Der Kunstmäzen ließ seine Tochter 1900 einer der gefragten Künstler der Moderne, Johanna (oder Hanna, wie sie liebevoll genannt was im Laufe der Zeit völlig zu Unrecht in Verges-

wurde) zwei Jahre später von einem der um die senheit geriet. So hat man auch heute noch, nach Josef Maria Auchentaller (Wien 1865 - 1949 Grado) Jahrhundertwende renommiertesten Künstler, beinahe 120 Jahren, aufgrund seiner lebendigen 22 nämlich Josef Maria Auchentaller, porträtieren. Malweise das Gefühl, dass die kleine Johanna Bildnis Hanna Kestranek Das zu diesem Zeitpunkt vier Jahre alte Mädchen aus dem Bilderrahmen treten könnte. 1900 blickt uns selbstbewusst und leicht trotzig an. Pastell auf Papier 50 x 45 cm (Sicht)

1) Der bedeutende Stahlindustrielle (1847-1913) war der Vater des Philosophen Ludwig Wittgenstein. Signiert und datiert links unten: Auchentaller 1900 2) Agnes Husslein-Arco, Jane Kallir, Alfred Weidinger (Hg.), Klimt / Schiele / Kokoschka und die Frauen. Rückseitig betitelt und bezeichnet auf altem Klebeetikett: Ausstellungskatalog, Belvedere, Wien 2015, S. 69, Taf. 13 Painter: Auchentaller 1900 3) Die spätere Ehefrau des Künstlers Georg Ehrlich. Subject: Hanna Kestranek 4. y(ea)rs. 4) Agnes Husslein-Arco, Markus Fellinger (Hg.), Max Kurzweil. Licht und Schatten. Provenienz: Privatbesitz Österreich Ausstellungskatalog, Belvedere, Wien 2016, S. 107, Taf. 34 Literatur: Vgl.: Josef Maria Auchentaller (1865-1949). 5) Josef Maria Auchentaller (1865-1949). Ein Künstler der Wiener Secession. Ein Künstler der Wiener Secession. Ausstellungskatalog, Ausstellungskatalog, Leopold Musem, Wien 2009, S. 161, Abb. 5.5 Leopold Musem, Wien 2009

Josef Stoitzner 23 (Wien 1884 - 1951 Bramberg) Winter um 1913 Farbholzschnitt 13,1 x 19,4 cm (Blatt- und Druckgröße)

Rückseitig signiert, betitelt und bezeichnet auf altem Rückkarton: „Winter“ Holzschnitt Josef Stoitzner Wien XII/2 Schönbrunnerstraße 140 Provenienz: Privatbesitz Kärnten Literatur: Josef Stoitzner 1884 Wien - 1951 Bramberg. Zeichnung. Holzschnitte. Steindrucke. Ausstellungskatalog, Museum Bramberg, Bramberg 2008, S. 56 f., Abb. S. 57

Josef Stoitzner (Wien 1884 - 1951 Bramberg) 24 Baumallee 1922 Holzschnitt 25 x 30 cm (Druckgröße)

Signiert und bezeichnet auf originalem Passepartout: „Landstrasse“ Orig. Holzschnitt, Handdruck Josef Stoitzner Provenienz: Privatbesitz Wien Literatur: Josef Stoitzner 1884 Wien - 1951 Bramberg. Zeichnung. Holzschnitte. Steindrucke. Ausstellungskatalog, Museum Bramberg, Bramberg 2008, Abb. S. 63 („Weg mit Baumallee“) Carl Krenek (Wien 1880 - 1948 Wien) 25 Frühlingsblumen um 1915 Mischtechnik auf Papier 35 x 32 cm (Passepartout-Ausschnitt)

Signiert rechts unten: K. Krenek Provenienz: Privatbesitz Österreich Literatur: Vgl.: Werner J. Schweiger, Wiener Werkstätte. Kunst und Handwerk 1903-1932 - mit 213 Künstlerbiographien im Anhang, Wien 1982 Theodor von Hörmann wandte sich bereits wäh- aus dem Handgelenk auf, sodass eine pastose rend seiner militärischen Laufbahn der Malerei Oberfläche entsteht, die er in manchen Partien, zu und studierte 1873 bis 1875 an der Wiener wie dem Weg, mit verstärkenden Gravuren mit Akademie; zuerst beim Landschafter Eduard von dem umgekehrten Pinselstiel versieht. Bei dem Lichtenfels, dann beim Historienmaler Anselm damals noch sehr konservativ eingestellten Pub- Feuerbach. Fast zehn Jahre unterrichtete er unter likum stießen solche Bilder, die sich von der übli- anderem als „Lehrer für Freihandzeichnen“ an der chen Salonmalerei stark abhoben, ob der offenen k. u. k. Militärunterrealschule in St. Pölten. Prägen- Malweise und der ungewöhnlich kräftigen Farben der als der akademische Lehrbetrieb wurde ihm teilweise noch auf Unverständnis, wie die Bemer- jedoch der Eindruck der Landschaftsgemälde der kung einer Dame auf einer Ausstellung im Künst- Schule von Barbizon auf der Wiener Weltaus- lerhaus belegt: „Das ist ja mit einer alten Zahn- stellung 1873. 1875 bereits verließ Theodor von bürste gemacht“1. Nur wenige Jahre später aber Hörmann die Akademie. In dieser Zeit wurde der waren auch die expressiveren Werke Theodor Kontakt zu Emil Jakob Schindler – den er spä- Hörmanns auf der großen Nachlassversteigerung ter „eine Zierde des Vaterlandes, einen Stolz der 1906 durch die Galerie Miethke heiß begehrt und Zeitgenossen“ nennen sollte – immer wichtiger. werden heute als Belege für die Modernität des Nach seinem Abschied vom Militär 1884 wurde er Künstlers geschätzt. Bezugnehmend auf seine freischaffender Maler und lebte ab 1886 mit sei- prägenden Pariser Jahre, die wie eine Offenba- ner Frau in Paris, später in Znaim und schließlich rung auf den Maler wirkten, schreibt Magdalena in der Nähe von Dachau. Auf zahlreichen Reisen, Hörmann-Weingartner: „Die Aufschlüsselung der unter anderem nach Ungarn, in die Bretagne, Wirklichkeit im Weg über die optischen Sachver- nach Barbizon und auf die Kanalinseln, und in halte, in die alles einfließen kann vom Reichtum unaufhörlichem, beharrlichem Arbeiten vor der im Erlebnis des Raumes, von der Bewegtheit der Natur schuf Theodor von Hörmann stimmungs- Lebewesen und der Materie, des Lichts und der impressionistische Meisterwerke, die heute zu Atmosphäre, diesem Programm, das dem klas- den großen Schätzen der österreichischen Land- sischen Impressionismus zugrunde liegt, konnte schaftsmalerei des 19. Jahrhunderts zählen. sich Hörmann bruchlos anschließen.“2

In dem Bild „Abendstimmung am Feldrand“ zeigt Heute zählt Theodor Hörmann zu den wichtigs- sich Theodor Hörmann von seiner impulsiven ten Vertretern des österreichischen Stimmungs- Seite. Vermutlich zur gleichen Zeit, um 1893, ent- impressionismus. Viele seiner Hauptwerke be- Theodor von Hörmann Theodor von Hörmann standen wie die berühmten „Esparsettenfelder finden sich in österreichischen Museen und bei Znaim“, von denen heute zwei in der Österrei- Privatsammlungen, ein dem hier gezeigten sehr chischen Galerie Belvedere zu sehen sind, zeugt ähnliches Bild befindet sich in der Sammlung des Theodor von Hörmann dieses Bild von der großen malerischen Könner- Leopold-Museums. „Abendstimmung am Feldrand“ (Imst 1840 - 1895 Graz) 26 schaft und Raffinesse, die der Künstler in den zählt zu denjenigen Arbeiten, die der Künstler Abendstimmung am Feldrand frühen 1890er Jahren bereits erreicht hatte. In selbst aufgrund ihrer Spontaneität und Direktheit 1893 den flott hingesetzten, impressionistisch wirken- besonders schätzte und die nur sehr selten auf Öl auf Leinwand 14 x 20 cm den Landschaften wie dieser kann man Theodor dem Kunstmarkt zu finden sind. Rückblickend Hörmanns Talent vielleicht sogar am eindrucks- überrascht es kaum, dass Kenner Theodor von Nachlassstempel links unten (verblasst): THEOD. V. HOERMANN NACHLASS vollsten manifestiert sehen. Hier hält er ohne Um- Hörmann noch zu Lebzeiten als „österreichischen Provenienz: Privatbesitz Wien wege die Vision des Augenblicks fest, für lange Van Gogh“3 bezeichneten. Literatur: Marianne Hussl-Hörmann, Theodor von Hörmann Vorbereitungen und korrigierende Übermalungen 1840-1895. Monographie mit Verzeichnis der Gemälde, Wien 2013, Wvz.Nr. I. 399, Abb. S. 262; bleibt keine Zeit. Die leuchtenden, dickflüssi- Vgl.: Natürlichere Natur. Österreichische Malerei gen Farben trägt er in kräftigen Bewegungen des Stimmungsrealismus. Ausstellungskatalog, Kunsthaus Mürzzuschlag, Mürzzuschlag 1994, S. 120; 1) Theo Braunegger, Magdalena Hörmann-Weingartner, Theodor von Hörmann, Theodor Braunegger, Magdalena Hörmann-Weingartner, Wien 1979, S. 123 Theodor von Hörmann (1840-1895), Wien 1979, Abb. XXX 2) s. o., S. 77 („Landschaft mit Esparsettenfeld“) 3) Natürlichere Natur. Österreichische Malerei des Stimmungsrealismus. Ausgestellt: Theodor von Hörmann. Im Spiegel des Ausstellungskatalog, Kunsthaus Mürzzuschlag, Mürzzuschlag 1994, S. 120 europäischen Impressionismus, Leopold Museum, Wien 2016 Originalgröße – Weltenbürger, „enfant terrible“ und werden heute von Sammlern hoch gehandelt. und einer der Väter des österreichischen Expres- Zentralverkaufsstelle der Postkarten war das 1907 sionismus – wurde 1886 in Pöchlarn in Nieder- errichtete Stadtlokal der Wiener Werkstätte am österreich geboren. In Wien besuchte er von Graben sowie die Filialen in Zürich und Marienbad. 1904/1905 bis 1909 die Kunstgewerbeschule unter Berthold Löffler und Carl Otto Czeschka und Die Entwürfe Kokoschkas zu den Postkarten lieferte verschiedenste Entwürfe für die Wiener dürften teilweise ein wenig vor, aber auch zeit- Werkstätte. Auf der bahnbrechenden „Interna- gleich mit seinem berühmten Illustrationszyklus tionalen Kunstschau“ in Wien 1908 erregten sei- „Die träumenden Knaben“ entstanden sein. In ne malerischen Werke bereits großes Aufsehen. diesen Farblithografien geht der Künstler bereits In Wien unverstanden, reiste Oskar Kokoschka weit über den Jugendstil hinaus mit einer Formen- 1910 nach Berlin, um Herwarth Waldens progres- sprache, die auf den Expressionismus verweist. sive Zeitschrift „Der Sturm“ zu unterstützen und Karten wie „Mädchen auf Wiese vor einem Dorf“ sein berüchtigtes Drama „Mörder, Hoffnung der (Postkarte Nr. 157, Kat.Nr. 27 d) nehmen eben- Frauen“ zu veröffentlichen. 1912, als Assistent falls diese Entwicklung vorweg. „Inmitten eines Oskar Kokoschka an der Kunstgewerbeschule, begann sein turbu- künstlerischen Milieus, in dem die dem verrau- (Pöchlarn 1886 – 1980 Montreux) 27 lentes Liebesverhältnis mit Alma Mahler. Nach schenden Jugendstil eigentümlichen Tendenzen Wiener Werkstätte, Postkarten dem Scheitern der Beziehung meldete er sich zur Flächendekoration wertbestimmend dominie- 1906-1908 bei Kriegsbeginn zum Militärdienst, wurde aber ren, bleibt Kokoschka bemerkenswert frei, ja, wie Farblithografien 1915 in Galizien schwer verwundet. Nach dem man dies mitunter bei Hochbegabten findet, naiv. Krieg setzte sein internationaler Durchbruch ein Er wird von den modischen Strömungen berührt, Die Heiligen Drei Könige a und von 1919 bis 1924 wurde er als Professor an aber nicht mitgerissen, er erliegt ihnen nicht.“2 13,5 x 8,5 cm (Druckgröße) die Dresdner Akademie berufen. 1937 wurden im Zuge der „Aktion Entartete Kunst“ zahlreiche Wer- In den früheren Postkarten offenbart sich der Sinn Mädchen mit Schaf auf Bergwiese b Oskar Kokoschka Oskar Kokoschka ke seiner Hand aus deutschen Museen entfernt für das Ursprüngliche, für die naive Volkskunst 13,2 x 8,2 cm (Druckgröße)

und teils vernichtet. Aufgrund der immer prekä- und eine intensive Auseinandersetzung mit dem Mädchen am Fenster c rer werdenden politischen Situation emigrierte japanischen Farbholzschnitt. Sie sind geprägt 13,4 x 8,7 cm (Druckgröße) Kokoschka 1938 nach London und erhielt 1947 von einer Formvereinfachung, einer Neigung zur die englische Staatsbürgerschaft. 1953 übersie- Geometrisierung, die bis an die Grenzen des Ab- Mädchen auf Wiese vor einem Dorf d delte er nach Villeneuve am Genfer See, wo er strakten führt. Figuren werden auf ihre charakte- 12,8 x 7,9 cm (Druckgröße) seine letzten Lebensjahre verbrachte. ristischen Merkmale, oft auf ihre Silhouette redu- ziert. In weiterer Folge beginnen die Linien aber Musikanten e In den Jahren 1906 bis 1908 entwarf Oskar in Bewegung zu geraten und „um den Raum zu 13,4 x 8,7 cm (Druckgröße) Kokoschka mehrere Postkarten für die Wiener werben … obwohl sie die Parallelität zur Bildfläche Werkstätte1. Von diesen sehr seltenen frühen noch kaum zu durchbrechen scheinen.“3 Farbige Drei Mädchen, Lamm und Paradiesvögel f Meisterwerken des Künstlers können wir hier neun Flächen mit leuchtenden Grundfarben werden in 12,5 x 8,1 cm (Druckgröße)

anbieten, in dieser Dichte sicher nicht leicht zu komplementärer Anordnung gewählt und „zwi- Sennerin und Kuh finden. Die druckgrafischen Arbeiten waren ein schen sehr festen gleichsam Inseln bildenden g 4 13,2 x 8,5 cm (Druckgröße) Projekt der Wiener Werkstätte in den Jahren 1908 Konturen“ eingespannt. Stilistisch steht Oskar bis 1915, um vor allem jüngere Künstler bekannt Kokoschka hier bereits an einem Wendepunkt. Flötenspieler und Fledermäuseh zu machen, außer Kokoschka lieferten auch Mela Der Weg führt dann über den lithografischen 13 x 8 cm (Druckgröße) Köhler, Egon Schiele, Fritzi Löw, Berthold Löffler, Zyklus „Der gefesselte Kolumbus“ und die 1910 Carl Otto Czeschka, Maria Likarz, Richard Teschner in Herwarth Waldens Zeitschrift „Der Sturm“ ver- Jäger und Tiere i und Ludwig Heinrich Jungnickel Entwürfe. Diese öffentlichten Zeichnungen „Mörder, Hoffnung der 12,4 x 8,4 cm (Druckgröße) Karten wurden ab 1908 fortlaufend nummeriert Frauen“ zum Expressionismus. Alle Postkarten im Druck monogrammiert: OK 1) Von insgesamt zweiundzwanzig Entwürfen Kokoschkas gelangten sechszehn zur Ausführung. Rückseitig jeweils typografischer Text (Agnes Husslein-Arco, Alfred Weidinger (Hg.), Kokoschka. Träumender Knabe – Enfant Terrible. Literatur: Traude Hansen, Die Postkarten der Wiener Ausstellungskatalog, Belvedere, Wien 2008, S. 30) Werkstätte. Verzeichnis der Künstler und Katalog ihrer 2) Hans M. Wingler, Friedrich Welz, Oskar Kokoschka. Das druckgraphische Werk, Salzburg 1975, S. 11 Arbeiten, München-Paris 1982; 3) s. o., S. 12 Hans M. Wingler, Friedrich Welz, Oskar Kokoschka. 4) s. o., S. 11 f. Das druckgraphische Werk, Salzburg 1975 27a b c

d e f

g h i Oskar Kokoschka Oskar Kokoschka Oskar Kokoschka 27 b (Pöchlarn 1886 - 1980 Montreux) 27 h (Pöchlarn 1886 - 1980 Montreux) 27 i (Pöchlarn 1886 - 1980 Montreux) Mädchen mit Schaf auf Bergwiese Flötenspieler und Fledermäuse Jäger und Tiere Wiener Werkstätte, Postkarte Nr. 79 Wiener Werkstätte, Postkarte Nr. 73 Wiener Werkstätte, Postkarte Nr. 72 1906-1908 1906-1908 1906-1908 Farblithografie Farblithografie Farblithografie 13,2 x 8,2 cm (Druckgröße) 13 x 8 cm (Druckgröße) 12,4 x 8,4 cm (Druckgröße) Monogrammiert rechts unten im Druck: OK Monogrammiert links unten im Druck: OK Monogrammiert Mitte unten im Druck: OK Rückseitig typografischer Text Rückseitig typografischer Text Rückseitig typografischer Text Hans M. Wingler, Friedrich Welz, Oskar Kokoschka. Hans M. Wingler, Friedrich Welz, Oskar Kokoschka. Hans M. Wingler, Friedrich Welz, Oskar Kokoschka. Das druckgraphische Werk, Salzburg 1975, Wkv.Nr. 10, Abb. S. 65 Das druckgraphische Werk, Salzburg 1975, Wkv.Nr. 6, Abb. S. 63 Das druckgraphische Werk, Salzburg 1975, Wkv.Nr. 5, Abb. S. 63 Oskar Kokoschka Oskar Kokoschka Oskar Kokoschka 27 a (Pöchlarn 1886 - 1980 Montreux) 27 c (Pöchlarn 1886 - 1980 Montreux) 27 f (Pöchlarn 1886 - 1980 Montreux) Die Heiligen Drei Könige Mädchen am Fenster Drei Mädchen, Lamm und Paradiesvögel Wiener Werkstätte, Postkarte Nr. 155 Wiener Werkstätte, Postkarte Nr. 152 Wiener Werkstätte, Postkarte Nr. 147 1906-1908 1906-1908 1906-1908 Farblithografie Farblithografie Farblithografie 13,5 x 8,5 cm (Druckgröße) 13,4 x 8,7 cm (Druckgröße) 12,5 x 8,1 cm (Druckgröße) Monogrammiert rechter Rand im Druck: OK Monogrammiert links unten im Druck: OK Monogrammiert rechts unten im Druck: OK Rückseitig typografischer Text Rückseitig typografischer Text Rückseitig typografischer Text Hans M. Wingler, Friedrich Welz, Oskar Kokoschka. Hans M. Wingler, Friedrich Welz, Oskar Kokoschka. Hans M. Wingler, Friedrich Welz, Oskar Kokoschka. Das druckgraphische Werk, Salzburg 1975, Wkv.Nr. 16, Abb. S. 66 Das druckgraphische Werk, Salzburg 1975, Wkv.Nr. 15, Abb. S. 66 Das druckgraphische Werk, Salzburg 1975, Wkv.Nr. 14, Abb. S. 66 Artur Nikodem wurde 1870 in Trient geboren. Er und Privatsammlungen im Tiroler Landesmuseum besuchte – gegen den Willen seiner Eltern – die Ferdinandeum in Innsbruck gewürdigt. Münchner Akademie unter Franz von Defregger und Wilhelm Kaulbach. Es folgten Studienjahre in Seine Ausbildung als Telegrafist bewahrte Artur Mailand und Florenz. Seine Militärzeit 1889/1890 Nikodem vor dem Einsatz an der umkämpften bei der k. u. k. Marine führte den jungen Künstler Ostfront. 1915 erreichte ihn der Marschbefehl, in die Levante und bis nach Ägypten. Es war diese woraufhin er zunächst in Sofia stationiert und von Dienstzeit, die spannende Begegnung mit frem- 1916 bis 1919 in Konstantinopel als Kommandant den Kulturen und südlichem Licht, die für Artur der Telegrafenabteilung eingesetzt wurde. Als er Nikodem zu einer wahren „Schule des Sehens“ in die Türkei reiste, konnte er noch nicht ahnen, wurde, nachhaltiger als die Studienjahre. Im Jahr wie sehr ihn dieses Land beeindrucken und be- 1892 hielt er sich in Paris, im „Mekka“ der euro- einflussen sollte. Er schaffte es, die Lebendigkeit päischen Kunst auf, wo er sich mit den aktuellen der orientalischen Lebenswelt und die Farben- Strömungen der zeitgenössischen Malerei ausei- pracht seiner Umgebung – etwa der Stoffe, Tep- nandersetzte. Im selben Jahr, nach dem Tod des piche und Majoliken – in sein eigenes künstleri- Vaters, trat er – um dem Wunsch seiner Familie sches Werk zu übersetzen. nach einer soliden bürgerlichen Existenz zu ent- sprechen – in den staatlichen Postdienst ein und So wie die Glyzinie in nebenstehendem Werk zog 1893 nach Meran, wo er vierzehn Jahre ver- scheint auch Nikodem in dieser Umgebung aufzu- brachte. Er ist, nach der ironischen Bezeichnung blühen. In diesem bezaubernden Gemälde „Motiv

Artur Nikodem von Albin Egger-Lienz – der jedoch die Kunst Artur aus dem Orient“ von 1916 fängt der Künstler die Nikodems sehr schätzte – der erste und berühm- eigentümlich exotische Atmosphäre des damali- teste jener „malenden Postbeamten“ Tirols. Nach gen Osmanischen Reichs mit lockerem und far- seiner vorzeitigen Pensionierung 1920 widmete benprächtigem Pinsel ein und kreiert eine leben- er die folgenden zwei Jahrzehnte ausschließlich dige Straßenszene mit mehreren Protagonisten. und mit großer Leidenschaft der Malerei sowie Der Blick des Betrachters wandert von den Män- der Fotografie, die er mit beachtlichem Erfolg auf nern und Frauen in bunten Gewändern im Vorder- zahlreichen deutschen und österreichischen Aus- grund über den satten Blauregen, der von rechts stellungen präsentierte. oben in voller Blüte ins Bild ragt, hin zur Silhouette einer Moschee in zarten Rosa- und Orangetönen Artur Nikodems Schaffen ist heute zentraler Be- im Zentrum des Hintergrundes. Das Türkis im Um- standteil der Tiroler Moderne der Zwischenkriegs- hang des türkischen Passanten in der Mitte wird zeit, die geprägt ist von der Auseinandersetzung subtil im Himmel wieder aufgenommen. Die Dä- mit den neuen Strömungen der Münchner Szene cher der Stadt deckt Nikodem in Beerenrot und und dennoch der Tradition der Tiroler Landschafts- mischt über die gesamte obere Bildhälfte die un- malerei verhaftet ist. Wurzeln seiner Malerei liegen terschiedlichsten Blautöne bei, womit er ein wei- aber auch im Wiener Jugendstil und im Secessio- teres Mal seinem Gefühl für feinste Farbnuancen Artur Nikodem nismus. Im Nationalsozialismus wurde er aus ver- Ausdruck verleiht. Mit kräftigen schwarzen Kontu- (Trient 1870 - 1940 Innsbruck) 28 schiedenen Künstlervereinigungen ausgeschlos- ren umschließt er diese leuchtenden Formen, und Motiv aus dem Orient sen, seine Kunst für „entartet“ erklärt und Teile der teilweise durchschimmernde Karton wird be- 1916 seines Werkes in Nürnberg zerstört. Seine male- wusst zum farbgebenden Element. Öltempera auf Malkarton rische Tätigkeit kann er nach dem Anschluss nur „Motiv aus dem Orient“ ist ein seltenes und frühes 26 x 23,5 cm zurückgezogen und ohne Ausstellungsmöglichkeit Zeitdokument, in dem es Artur Nikodem großartig Signiert rechts unten: a. nikodem ausüben. Artur Nikodem begibt sich in eine Art „in- gelingt, aus Einflüssen der flächigen, zierlichen Rückseitig datiert und bezeichnet auf nere Emigration“, nur ihm sehr Nahestehende ha- Jugendstilmalerei, des konturbetonten deutschen originalem Künstleretikett: Adamgasse 23 in Innsbruck: Arabische Frauen Juli 1916 ben die Möglichkeit, seine Arbeiten zu sehen. Nach Expressionismus und vor allem der farbstarken Provenienz: Privatbesitz Luzern seinem Tod 1940 verwaltete seine Witwe Barbara französischen Malerei der Fauvisten ein eigen- Literatur: Vgl.: Günther Dankl, Judith Simoni-Lang, Artur Nikodem (1870 - 1940) „... Kunst ist Schaffen aus den Nachlass. Im Jahr 2000 wurde das Schaffen ständiges und in seinem Oeuvre unverwechsel- seiner Seele“. Ausstellungskatalog, Tiroler Landesmuse- Artur Nikodems durch eine umfangreiche Ausstel- bares Kunstwerk zu schaffen. um Ferdinandeum, Innsbruck, 2000; lung mit bedeutenden Leihgaben aus Museums- Gottfried Hohenauer, Artur Nikodem, Innsbruck 1961

Alfons Walde studierte ab 1910 an der Techni- ausformulierten Schneelandschaften wurden be- schen Hochschule in Wien Architektur, allerdings reits zu Lebzeiten des Künstlers weit über die mit einem Schwerpunkt in zeichnerisch-kreativen Grenzen Österreichs hinaus Anerkennung und Fächern. 1911 fand in Innsbruck die erste und Wertschätzung zuteil. bereits sehr erfolgreiche Ausstellung mit Wer- Abseits seiner „ikonenhaften“ Landschaftszyklen, ken des jungen Künstlers statt, für die stilistisch die durch Motive wie das „Auracher Kirchl“, die Giovanni Segantini und der spätimpressionisti- „Trattalmen im Schnee“ oder „Aufstieg der Schi- sche Maler Max von Esterle Pate standen. Gustav fahrer“ gekennzeichnet sind, schuf Alfons Walde Klimt und Egon Schiele, die ihm auch freund- immer wieder sehr persönlich gefärbte Ansichten schaftlich verbunden waren, erwiesen sich für die seiner Tiroler Heimat. Wie unermüdlich er immer weitere künstlerische Entwicklung Alfons Wal- wieder nach neuen Motiven und wirkungsvollen des als prägend. Egon Schiele beispielsweise Inszenierungen „sucht“, zeigt das nebenstehen- bestärkte ihn auch darin, sich weiterhin mit der de – in keinerlei weiteren Ausformungen oder Va- intimen Welt seines ursprünglichen Lebensbe- rianten bekannte – Motiv der „Almen im Schnee“: reiches zu befassen. Nach seinem Einsatz bei Hoch hinauf ins tiefwinterliche Gebirge hat es den Tiroler Kaiserschützen in den Kriegsjahren den Künstler gezogen und er schildert, kraftvoll 1914 bis 1918 ließ Alfons Walde sich endgültig in und einfühlsam, die fern von Technisierung und Kitzbühel nieder. In den zwanziger Jahren profi- Wintersportlärm gelegenen Almen, die in eine Alfons Walde Alfons Walde tierte er vom heiteren Milieu des aufstrebenden dichte Schneedecke gehüllt sind. Nur der leicht Wintersportortes Kitzbühel in künstlerischer als verspurte Weg im Vordergrund, der rhythmisie- auch persönlicher Hinsicht. Ab 1924 gestaltete er rend zu den beiden eingeschneiten Hütten führt, Plakate für die Tiroler Fremdenverkehrswerbung zeugt von sporadischer menschlicher Präsenz in und Postkartenserien mit den für sein gesamtes dieser hochalpinen Region. Jenseits des Tales Oeuvre charakteristischen Schneebildern aus Tirol. ziehen sich mäandernd schattige Waldformatio- Ausstellungen wie unter anderem die „Biennale nen hinauf bis zu einem schneebedeckten Gip- Romana“ 1925 trugen neben der ständigen Prä- fel, der, von den letzten Sonnenstrahlen umspielt, senz im Wiener Künstlerhaus zu seiner überre- mächtig in den zartblauen Abendhimmel ragt. gionalen Bekanntheit bei. In der zweiten Hälfte Das präzise abgestufte Kolorit und die formale der 1920er Jahre entwickelte seine Malerei Ana- Ausgewogenheit der Komposition verleihen die- logien zur Neuen Sachlichkeit: mittels einfacher, sem kleinen Panorama die für den Winter typi- präzise formulierter Kompositionen und in einer sche Stille und Ruhe, die der Darstellung einen klaren Farbigkeit hielt er die Natur in markanter beinahe meditativen Charakter verleiht. Formensprache fest. Nach dem Zweiten Welt- Eine eindrucksvolle und sehr persönlich emp- krieg, während dem er sich auch aus Ablehnung fundene Winterimpression, in der Alfons Walde der vorherrschenden politischen Meinung in sein seine kontrastreiche und haptische Modellierung Berghaus am Hahnenkamm zurückgezogen hat- des Schnees sowie das vibrierende Wechselspiel te, war Alfons Walde vor allem mit architektoni- von Licht und Schatten dem Betrachter bravourös schen Entwürfen befasst. 1956 wurde ihm als vor Augen führt. Mit diesem stimmigen Gemälde, späte offizielle Anerkennung der Professorentitel das auch motivisch eine absolute Rarität in seinem verliehen. Werk darstellt, hat der Künstler seiner geliebten Alfons Walde Tiroler Bergwelt ein schönes Denkmal gesetzt. (Oberndorf 1891 - 1958 Kitzbühel) 29 Alfons Walde gilt heute neben Albin Egger-Lienz, Almen im Schnee Wilhelm Nikolaus Prachensky oder Artur Nikodem um 1935 als der unverwechselbare „Tiroler Maler“ schlecht- Öl auf Karton hin. Den markanten, leuchtenden und plastisch 28 x 23 cm

Rückseitig Nachlassstempel und Bestätigung der Tochter des Künstlers Guta E. Berger geb. Walde Expertise von Peter Konzert, Innsbruck, vom 7.6.2010, liegt bei. Provenienz: Privatsammlung Österreich Literatur: Vgl.: Gert Ammann, Alfons Walde 1891-1958, Innsbruck 2001; Alfons Walde. Ausstellungskatalog, Leopold Museum, Wien 2006

Ferdinand Andri wurde 1871 in Waidhofen an der bestattet. Werke Ferdinand Andris befinden sich Ybbs als Sohn eines Vergolders geboren. Nach im Lentos Kunstmuseum Linz, in mehreren Wie- einer zweijährigen Lehre bei einem Holzschnitzer ner Museen, wie dem Belvedere, dem Leopold und Altarbauer in der Nähe von Linz studierte er an Museum und der Albertina, dem Museum für an- der Wiener Akademie unter Julius Victor Berger, gewandte Kunst, dem Wien Museum und dem Eduard von Lichtenfels und August Eisenmenger. Heeresgeschichtlichen Museum. Darüber hinaus Noch an der Akademie im Alter von nur neun- verfügt auch die Berliner Nationalgalerie über Ar- zehn Jahren erhielt Andri seine erste Auszeich- beiten des Künstlers. nung. Ein Wechsel an die Karlsruher Kunstschule mag der doch recht konservativen Ausbildung in Die „Stehende vor Wolkenhimmel“ ist um Wien geschuldet sein. Studienreisen führten den 1910 entstanden, eine Phase, die geprägt jungen Künstler nach Italien, Frankreich, England ist von der Auseinandersetzung mit der und Nordamerika. 1897 heiratete er die Malerin symbolistischen Malerei und somit eine Charlotte Hampel. Er war ab 1899 bis 1909 Mit- Weiterentwicklung vom reinen Jugendstil glied der Wiener Secession und von 1905 bis mit sich bringt. Von großem Einfluss ist 1906 Präsident der Vereinigung. In diese Zeit fällt hier sicherlich die Malerei Ferdinand auch die Mitarbeit an der Zeitschrift „Ver Sacrum“. Hodlers, dessen Kunst weit über die Die Weltausstellung 1904 in St. Louis, Missouri, Grenzen seiner Schweizer Heimat stilprä- die sogenannte Louisiana Purchase Exhibition, gend war. Eine schlanke, hochgewachsene brachte Andri große Bekanntheit. Er schmückte Frauengestalt steht auf einem schmalen, den österreichischen Pavillon mit einem 240 m² bühnenartigen Erdhügel, rechts und links großen Wandfresko. Der weltoffene Kunstsinn von ihr ragen Wolkentürme in die Höhe,

Ferdinand Andri des Künstlers verhinderte eine Berufung als Leh- wie um ihre Abgerücktheit von allem Irdi- rer an die Wiener Akademie. Erzherzog Franz schen zu betonen. Sie hat einen weißen Ferdinand legte persönlich ein Veto ein, Andris Umhang eng um sich geschlungen und Kunst schien ihm zu progressiv. die Arme fest vor ihrer Brust verschränkt. Die Zeit des Ersten Weltkriegs verbrachte der Der Kopf mit braunem Haar bleibt eine Künstler als Kriegsmaler des k. u. k. Kriegspres- Andeutung, wir blicken in ein Antlitz ohne Augen, Ferdinand Hodler, Day (Truth), 1896/1898 (The Art Institute sequartiers und als Offizier in Montenegro, Alba- Mund und Nase. Die Anonymität der Dargestell- Chicago, Illinois) nien, Galizien, Dalmatien und an der Alpenfront in ten verstärkt die Allgemeingültigkeit der Aussage. Südtirol. Nach Kriegsende 1918 übersiedelte er in Die Figur sieht aus wie eine Karyatide, jene an- die Geburtsstadt seiner Mutter nach St. Pölten, wo tiken Skulpturen, die als tragende Elemente Bal- er als Jugendlicher schon die Schulzeit verbracht kone, Gesimse und Portale stützen. Diese waren hatte. 1919 wurde seiner Berufung als Professor auch im 19. Jahrhundert in der Architektur des an die Akademie endlich stattgegeben. Seine Historismus äußerst beliebt. Der Himmel am Laufbahn führte ihn von der Leitung einer Meis- oberen Rand trägt Streifen von blauschattierten Ferdinand Andri terklasse für Malerei zum Prorektorat, nach dem Wolkenbändern. Dieses Gestaltungsmittel erin- (Waidhofen a. d. Ybbs 1871 - 1956 Wien) 30 Anschluss Österreichs an das Deutsche Reich nert an Hodlers großartige Landschaftsbilder vom Stehende vor Wolkenhimmel wurde er Vorsitzender der kommissarischen Genfer See, wie auch die weibliche Gestalt Re- um 1910 Leitung der Akademie und übernahm 1939 bis miniszenzen an dessen heroische Frauenfiguren Öl auf Karton 1945 die Meisterklasse für Freskomalerei. 1945 aufweist. Die Frau ist spirituelle Protagonistin im 64 x 42,5 cm

wurden bei einem Bombenangriff das Atelier und Bestreben, die verloren gegangene Harmonie Rückseitig Signaturstempel: F. Andri die Wohnung des Künstlers zerstört, dabei ver- zwischen Mensch und Natur wiederherzustellen. Provenienz: Privatbesitz Belgien Literatur: Vgl.: Niederösterreichisches Landesmuseum St. lor die Frau des Künstlers ihr Leben, große Teile Landschaft, Figur und Farbe verschwimmen zu Pölten (Hg.), Waldmüller bis Schiele - Meisterwerke aus seines Oeuvres wurden vernichtet. 1950 übergab einer visionären Einheit. Bilder wie dieses mar- dem Niederösterreichischen Landesmuseum, St. Pölten 2002, S. 140 ff.; der Künstler alle noch in seinem Besitz befindli- kieren einen Höhepunkt im Schaffen Ferdinand Marian Bisanz-Prakken, Heiliger Frühling. Gustav Klimt chen Werke der Stadt St. Pölten, die heute in ihrer Andris, der um 1910 sicherlich zur Avantgarde der und die Anfänge der Wiener Secession 1895-1905, Wien 1999, S. 149; Gesamtheit im Stadtmuseum zu sehen sind. 1956 österreichischen Kunstszene zählt. Kunst des 19. Jahrhunderts. Bestandskatalog der starb der Künstler in Wien und wurde in St. Pölten Österreichischen Galerie Belvedere, Band 1, Wien 1992, S. 57 ff.

In seinen zahlreichen Studien und Genrebildern Andri den großen Schweizer getroffen hat, ist hat Ferdinand Andri das Leben und die Traditi- eher unwahrscheinlich. Hodlers Einfluss auf die onen der österreichischen Bauern festgehalten, österreichische Landschafts- und Figuren- aber auch ihren Lebensraum, die Felder, Wälder malerei um 1915 ist aber stilistisch evident. und das Voralpenland. Sein Oeuvre umfasst so- Auch hatten die österreichischen Künstler mit Holzskulpturen ebenso wie das monumenta- bereits 1904 die Gelegenheit auf der XIX. le Wandbild, das repräsentative Porträt und die Ausstellung der Wiener Secession, Arbei- Landschaftsmalerei. Daneben nimmt auch das ten Hodlers im Original zu bewundern. grafische Werk einen hohen Stellenwert ein. Zahl- reiche Entwürfe für das „Ver Sacrum“, offizielle Der Hintergrund der „Landschaft in den Zeitschrift der Secession als Vereinigung bilden- Alpen“ wird von den warmen Braun- und der Künstler Österreichs, belegen das. Während Rottönen des Gebirgszuges dominiert, bei Andri in der Grafik eine viel größere Stilisie- selbst die Wolken am Himmel rücken mit rung bis hin zu einer Abstraktion stattfindet, ist ihrer purpurnen Tönung optisch nach vor- er im Malerischen weitaus freier und expressiver. ne, was bewirkt, dass wir hier keine Entwicklung Ferdinand Hodler, Eiger, Mönch und Jungfrau von der Schynigen-Platte aus gesehen, in die Tiefe, sondern eher ein Stapeln der ein- 1908 (Privatbesitz Basel, Schweiz) Schon ab 1902 bis 1907, als er sich viel in der zelnen Landschaftsteile in die Höhe empfinden. Gegend des steirischen Lassing aufhält, entste- Rechte und linke Bildhälfte sind fast symmetrisch hen erste malerisch freie Landschaftsstudien. In zueinander, sodass man die Komposition als äu- diesen früheren Waldbildern ist eine dekorative ßerst ausgewogen und harmonisch wahrnimmt. Verteilung der einzelnen Elemente wichtig, das Erst das undurchdringliche, fast schwarze Grün Ziel eine geometrische Ausgewogenheit. Auch des Tannenwaldes bringt etwas Geheimnisvolles,

Ferdinand Andri die Farbigkeit ist oft irreal und erzeugt eine un- Rätselhaftes ins Bild, das eine Deutung über eine wirkliche, fast mystische Stimmung. Um 1915, rein landschaftliche Interpretation hinaus denkbar der Zeit, in der wohl vorliegende „Landschaft in macht. Die Natur soll in ihrer Schönheit und Un- den Alpen“ entstanden ist, gewinnt die expres- berührtheit dargestellt werden. Wie bei Hodler be- sive Gestaltung Oberhand. Im Sinne Ferdinand sitzt die Landschaftsmalerei bei Ferdinand Andri Hodlers wird eine freiere Malschrift jedoch sym- aber auch eine philosophische Dimension. Es geht bolistisch aufgeladen. Wesentliche Kompositi- um die Darstellung einer natürlichen Ordnung, onselemente, die die Kunst des großen Schwei- als Spiegel der menschlichen Empfindungen, zer Landschaftsmalers prägen, finden sich auch als Wunder der Schöpfung, die gleichzeitig den in vorliegendem Bild. So wird die Komposition Menschen auf seine wahre Dimension verweist. in die Fläche hochgeklappt, der Verzicht auf eine Farb- und Luftperspektive verstärken den Eindruck der monumentalen Flächengestaltung.

Sucht man in Österreich nach ähnlich fortschritt- licher Landschaftsmalerei drängt sich der Ver- Ferdinand Andri gleich mit Bildern Kolo Mosers auf. Die großarti- (Waidhofen a. d. Ybbs 1871 - 1956 Wien) 31 gen Ansichten von der Rax, die dieser bei seinen Landschaft in den Alpen Aufenthalten in der Villa Mautner Markhof gemalt um 1915 hat und die zeitgleich entstandenen Bilder aus Öl auf Karton den französischen Alpen weisen frappierende 39,5 x 63,5 cm

Parallelen auf. Von Moser ist eine persönliche Signiert rechts unten: F. Andri Begegnung mit Ferdinand Hodler belegt, dass Provenienz: Privatbesitz Österreich Literatur: Vgl.: Niederösterreichisches Landesmuseum St. Pölten (Hg.), Waldmüller bis Schiele - Meisterwerke aus dem Niederösterreichischen Landesmuseum, St. Pölten 2002, S. 140 ff.; Marian Bisanz-Prakken, Heiliger Frühling. Gustav Klimt und die Anfänge der Wiener Secession 1895-1905, Wien 1999, S. 149; Kunst des 19. Jahrhunderts. Bestandskatalog der Österreichischen Galerie Belvedere, Band 1, Wien 1992, S. 57 ff.

Anton Mahringer, ein gebürtiger Schwabe, begann späten 1920er Jahren Anton Mahringers kraftvol- 1921 auf Wunsch seines Vaters eine bürgerliche len, gestisch-expressiven Frühstil. Laufbahn im Stuttgarter Zollamt. 1924 inskribier- te er an der Stuttgarter Kunstgewerbeschule, um Wahrscheinlich hat Anton Mahringer noch die sich für die Aufnahme an die Stuttgarter Kunst- künstlerisch kongenialen Waldbilder Ernst Ludwig akademie vorzubereiten, die er 1925 erfolgreich Kirchners oder Max Pechsteins aus den 1920er bestand. 1928 kam er in die Malerklasse zum Jahren vor Augen, als er 1933 mit neben- eben erst berufenen Anton Kolig. Als Anton Mah- stehender „Waldlandschaft“ einen unbe- ringer im selben Jahr im Zuge einer Exkursion streitbaren Höhepunkt seines expressiven mit seinem Lehrer nach Kärnten kam, lag seine Frühwerkes erreicht. Irgendwo an den künstlerische Intention noch vorwiegend in der Berghängen des Gailtals hat er diese früh- Erfassung des menschlichen Körpers. Jedoch lingshafte, sonnendurchflutete Lichtung übte die Landschaft des Gailtales eine derartige eines dichten Nadelwaldes entdeckt und Faszination auf den jungen Maler aus, der 1931 – sichtlich begeistert – mit einem hohen endgültig in die Gegend bei Nötsch übersiedelte. Maß an formaler Innovation festgehalten. Er verzichtete bewusst auf eine urbane künstle- Kraftvoll neben- und übereinander gesetzte rische Karriere und ließ sich – ähnlich wie Wer- geometrische Farbflächen aus hellen und ner Berg – auf das Wagnis eines Künstlertums dunklen, kalten und warmen Farben formen in ländlicher Abgeschiedenheit ein. 1948 erhielt den pastelligen, onduliert schwingenden er für das Werk „Abendlandschaft“ den wichtigen Boden, die dunklen, ins rot changieren- Österreichischen Staatspreis für Malerei. 1956 den Stämme und das undurchdringlich- bezog der Künstler mit seiner Familie ein neues dichtgrüne Geäst dieser üppigen Kärntner Haus mit Atelier in St. Georgen im Gailtal. Vom Vegetation. Durch die Verbindung von horizon- Ernst Ludwig Kirchner, Waldlandschaft mit Bach, Anton Mahringer Anton Mahringer Fenster und Balkon dieses Ateliers eröffnete sich tal-stufiger Tiefenstaffelung und stark vertikaler 1925/1926 (Kunsthaus Zürich) eine grandiose Aussicht auf die vom Künstler so Rhythmisierung gelingt Anton Mahringer eine geliebte Kärntner Landschaft. Das markante Pro- ganz spezielle räumliche Wirkung, die die Aus- fil des Dobratsch im Osten, die Sicht ins Gailtal dehnung des Waldes weit über die Bildgrenzen mit den Silhouetten der Karnischen und Julischen hinweg suggeriert. Wie auch später in seinem Alpen sowie die Obstbäume seines Gartens mit Werk geht es dem Künstler hier nicht um eine der St. Georgener Dorfschule und Kirche im Hin- „realistische“ Wiedergabe der landschaftlichen tergrund boten einen Formenschatz, aus dem Situation, sondern um die Erschaffung einer Mahringer bis zu seinem Tod reichlich schöpfte. neuen Wirklichkeit auf der Leinwand – um ein Zu seinem 100. Geburtstag fand 2002 in der auf die Spitze getriebenes Farb-Formenspiel, das Österreichischen Galerie im Belvedere eine viel- emotionale und atmosphärische Stimmungswer- beachtete Retrospektive statt. Er zählt heute mit te vermitteln soll. seinen unverwechselbaren Kärntner Landschaf- „Waldlandschaft“ ist ein seltenes und frühes ten zu den großen Künstlern der österreichischen Zeugnis des kultivierten Farbexpressionismus Zwischen- und Nachkriegszeit. Anton Mahringers, das sowohl die hervorragen- de künstlerische Qualität des Nötscher Kreises Die so wichtigen formativen Jahre um 1930 sind und der österreichischen Zwischenkriegsmalerei Anton Mahringer für Anton Mahringer von einer Phase der Suche repräsentiert. (Neuhausen b. Stuttgart 1902 - 1974 Villach) 32 nach „künstlerischer Wahrheit“ geprägt – nach Waldlandschaft seiner eigenen Auffassung ein Streben, das nicht 1933 den malerischen Effekt, sondern die kontinuierli- Öl auf Leinwand che Vertiefung und Identifikation mit dem Motiv 70,5 x 55,5 cm

sucht. In diese Zeit fallen Begegnungen mit der Monogrammiert und datiert links unten: A M (19)33 Kunst Van Goghs und mit Gemälden der deut- Provenienz: Privatbesitz Deutschland Literatur: Vgl.: Gerbert Frodl, Elisabeth Brandstötter (Hg.), schen Expressionisten, vor allem aber die Be- Anton Mahringer, Salzburg 2004, S. 285, 288; kanntschaft mit Anton Kolig. Dieses künstlerische Kunst des 20. Jahrhunderts. Bestandskatalog der Österreichischen Umfeld beeinflusste auf vielfältige Weise seit den Galerie Belvedere, Band 3, Wien 1997, S. 57 ff.

1894 wurde Josef Floch in Wien geboren. Ab Mimi es will? Ich liebe Frankreich und möchte 1913 besuchte er die Akademie der bildenden nicht weg. Was geschieht mit dem Kind, dem zu Künste, wo er anfangs von Rudolf Bacher, später erwartenden? Was mit der Arbeit? Alles liegt im von Franz Rumpler unterrichtet wurde. Obwohl Dunkel.“3 Am 4. Juni ist es soweit, in Paris erblickt Floch in Wien schon in früher Zeit sehr erfolgreich Suzanne Marguerite, Guitou genannt, das Licht war, wurde sein Wunsch, die Heimat zu verlas- der Welt. 1940 verschärft sich die Situation immer sen, mit den Jahren nach dem Ersten Weltkrieg mehr, in Turenne, fünfhundert Kilometer südlich immer größer. 1918 reiste er nach München, wo von Paris, erleben der Künstler und seine Fami- er zum ersten Mal mit Bildern von Paul Cézanne, lie wie Frankreich nach und nach zur deutschen Vincent van Gogh und Hans Marées in Kon- Besatzungszone wird. Die Flucht scheint nun un- takt kam – eine Erfahrung, die für sein weiteres vermeidbar. Im August 1941 besteigen Josef und Schaffen nicht unbedeutend war. Auch wenn Jo- Mimi Floch mit den beiden kleinen Kindern sef Floch die große soziale und künstlerische An- in Sevilla ein Schiff Richtung New York. erkennung im eigenen Land zu schätzen wusste, entschloss er sich 1925 zur Übersiedlung nach Verletzlich wirkt das in ein weißes Tuch ge-

Josef Floch Frankreich. Es folgten mehrere erfolgreiche Aus- wickelte Kind, fast wie eine kleine Puppe stellungen in der berühmten Galerie Berthe Weill aus Porzellan. Liebevoll hat Floch die zarten sowie 1931 in der Crillon Gallery in Philadelphia. Gesichtszüge seiner kleinen Tochter fest- Mit Beginn des Zweiten Weltkriegs änderte sich gehalten. Gerade fünf Monate alt ist das für den Künstler die gesamte Lebenssituation. Mädchen, als es der Künstler noch in In Österreich verfolgt und zum Verlassen seiner Frankreich porträtiert. Ruhig liegt es auf Wahlheimat Frankreich gezwungen, emigrierte dem roten Kissen, das auf ein braunes er mit seiner Familie nach New York, wo er nun Sofa oder ein Bett platziert wurde, und Josef Floch mit Guitou, ca. 1942 eine völlig neue Existenz aufbauen musste. Auch blickt dem Betrachter und wohl auch ihrem ma- wenn es anfangs schwierig war Fuß zu fassen, lenden Vater mit wachem Blick entgegen. Sie dokumentierten die zahlreichen Auszeichnungen, scheint ein geduldiges Modell zu sein, lediglich die Josef Floch im Laufe der Zeit erhielt, seine die kleinen Ärmchen sind in Bewegung. Der um- Anerkennung in Amerika. Im Jahre 1972 fand in gebende Raum ist weitgehend neutral gehalten, der Österreichischen Galerie im Oberen Belvede- die volle Aufmerksamkeit des Betrachters wird re eine viel beachtete Retrospektive statt. Josef auf das Antlitz des Kindes gelenkt, das sich, von Floch starb 1977 in New York. einem weißen Häubchen eingerahmt, deutlich vom kräftigen Rot des Kissens abhebt. Die Zeit Das Geburtsjahr von Flochs zweiter Tochter1 um 1940 ist gekennzeichnet von einem sehr Suzanne Marguerite ist für Josef Floch und seine glatten, äußerst kontrollierten Farbauftrag, der Frau Mimi ein schwieriges Jahr voller Unsicher- Flochs Bildern eine Atmosphäre der Ruhe ver- heit. Er schreibt am 2. Jänner 1939 in sein Tage- leiht. Mit Werken wie diesem leistet der Künstler buch: „… unabsehbar schwer liegt die Zukunft einen wesentlichen Beitrag zum Figurenbild der da“2. Die immer schwieriger werdende Situation Zwischenkriegszeit, das auch für seine weitere Josef Floch veranlasst das Paar über eine Emigration nach Zeit in Amerika bestimmend sein wird. (Wien 1894 - 1977 New York) 33 Amerika nachzudenken, wie ein weiterer Eintrag Die Tochter des Künstlers vom 22. März verrät: „Es liegt etwas unsagbar Suzanne Marguerite (Guitou) Schicksalhaftes in allem was geschieht. Eine 1939 teuflische Macht, der man nicht entrinnen kann. Öl auf Leinwand – Was sollen wir selbst tun, nach Amerika, wie 38 x 55,3 cm

Signiert rechts oben: Floch Rückseitig datiert und bezeichnet auf alten Klebetiketten: Guitou 1939 Oct(ober) und Suzanne (Guitou) 1939 Provenienz: Privatbesitz Österreich 1) Jenny, die erste Tochter, wird am 1. März 1935 geboren. Literatur: Karl Pallauf, Josef Floch. Leben und Werk. 2) Karl Pallauf, Josef Floch. Leben und Werk. 1894-1977, Wien 2000, S. 53 1894-1977, Wien 2000, Wkv.Nr. 313, Abb. S. 234 3) s. o., S. 53 (Signatur fälschlich mit rechts unten angegeben)

1925 verlässt Josef Floch Wien in Richtung Paris hatte, die daraufhin zur Schutzpatronin Palermos und kann dank seines Freundes Willy Eisenschitz erklärt wurde. Dem in 458 Meter Höhe liegenden rasch Kontakte zur französischen Kunstszene Eingang zur 25 Meter tiefen Grotte wurde 1625 knüpfen. Auch im Freundeskreis seiner damaligen eine Kapelle im Barockstil vorgebaut. Lebensgefährtin, der Bildhauerin Chana Orloff, zu dem Jacques Lipschitz, Chaim Soutine und Balthus Die Verehrung für die Landschaftsmalerei Paul gehören, fasst er bald Fuß. Bereits 1929 wird er Cézannes, die den frühen Werken Flochs noch von der renommierten Galeristin Berthe Weill1 un- deutlicher anzumerken ist – wir denken ver- ter Vertrag genommen, und darf sich hiermit zur gleichsweise an Cézannes berühmte Serie der Bil- französischen Avantgarde zählen. Im selben Jahr der des Montagne Saint-Victoire – ist hier ergänzt ist eine erste Personale in der Galerie zu sehen. durch ein verstärktes Interesse am geometrischen Die Kunstkritiker, unter ihnen so prominente wie Bildaufbau der Kubisten: „Die größere seelische Jean Cassou, Direktor des Musée d’art moderne in Intensität des Expressionismus und die bewußtere Paris und späterer Begründer des Centre Georges Formklarheit des Kubismus gehen in ihr (Flochs Pompidou, feiern den Österreicher als einen der Malerei) eine neue Verbindung ein.“4 Geometri-

Josef Floch bedeutendsten Maler des 20. Jahrhunderts. sche Elemente bestimmen den Bildaufbau, zu nennen sind hier die Treppenanlage ganz links im Nur zwei Jahre später, 1931, findet in der Crillon Bild, die Kuben der Häuser am Fuße des Berges Galerie in Philadelphia die erste Ausstellung Josef oder der in Zick-Zack-Linien den steilen Hang hi- Flochs auf amerikanischen Boden statt und die naufführende Weg. Durch die Schräge der Hafen- Grafische Sammlung Albertina in Wien erwirbt ei- mauer entsteht ein Tiefenzug, der aber malerisch nige Zeichnungen. Der Künstler steht also am Ze- nicht durch eine Luftperspektive unterstützt wird. nit der öffentlichen Anerkennung, sowohl in seiner Der Bildraum ist einheitlich ausgeleuchtet, Geburtsstadt Wien und seiner Wahlheimat Paris Kontraste und Helligkeit sind in Vorder- und als auch in seinem künftigen Wohnort Amerika. Im Hintergrund durchwegs gleichwertig aus- April und Mai des Jahres 1931 bereist Josef Floch gebildet und sorgen für einen unglaublich Italien. Er startet in Mailand und reist über die Tos- scharfen, fast kristallinen Eindruck. Hier ist kana in den Golf von Neapel und dann weiter nach der kompositionelle Grundgedanke durch- Sizilien. Vermutlich nach dort angefertigten Zeich- aus mit Werken Lyonel Feiningers aus den nungen entstehen noch im selben Jahr mehrere 1920er Jahren vergleichbar. Horizontale und 2 Versionen des Monte Pellegrino in Palermo. Vertikale werden besonders stark hervorge- Lyonel Feininger, Das hohe Ufer (Die Bucht), hoben und bilden ein stabiles Gerüst: „Um eine 1923 (Privatbesitz) Der Künstler hat als Standpunkt das südliche Ende Störung des festen Gefüges zu vermeiden, sind der Hafenanlagen von Palermo gewählt, von dem die Naturformen vereinfacht, nur die Grundformen aus man einen guten Blick auf den bis auf sechs- mit ihrer kubistischen Kraft sind gegeben.“5 Aller- hundert Meter ansteigenden Monte Pellegrino, dings ist die Malerei Josef Flochs im Vergleich zu den „Pilgerberg“, hat. Das karstige Felsmassiv, das Feininger weicher, kaum konturiert, ohne Präzisie- Josef Floch Johann Wolfgang von Goethe als „das schönste rung der Stofflichkeit gleichsam in eine zeitlose (Wien 1894 - 1977 New York) 34 Vorgebirge der Welt“3 bezeichnete, beherbergt Atmosphäre gerückt. Der Bildraum ist kein „Wirk- Monte Pelegrino, Palermo Höhlen mit steinzeitlichen Felsenbildern. Seit lichkeitsraum“6, sondern eine neu geschaffene Re- Sizilien III dem 17. Jahrhundert ist es auch ein bedeutender alität, die Josef Floch in einer faszinierenden und 1931 Wallfahrtsort, da man in einer weiteren Höhle den unverwechselbaren Art zu erschaffen versteht. Öl auf Leinwand unversehrten Leichnam der Hl. Rosalia entdeckt 53,5 x 73 cm

Signiert rechts unten: Floch 1) Weill gründete 1901 als erste Frau eine eigene Galerie, die bis 1939 an verschiedenen Standorten Provenienz: Privatbesitz Österreich existierte. Sie stellte vor allen anderen bereits 1902 Werke von aus. Literatur: Karl Pallauf, Josef Floch. Leben und Werk. 2) Im Werkverzeichnis von Karl Pallauf finden sich vorliegende und zwei weitere Versionen des Motivs. 1894-1977, Wien 2000, Wkv.Nr. 219, S. 195, m. Abb.; 3) Johann Wolfgang von Goethe, Italienische Reise, veröffentlicht 1816/1817 Die verlorene Moderne. Der Künstlerbund Hagen 1900-1938, 4) Hans Tietze, Neue Arbeiten von Joseph Floch, in: Österreichische Kunst, IV. Jg., Heft 1, Wien 1933 Ausstellungskatalog. Österreichische Galerie im Schloß 5) Fritz Grossmann, Zu neueren Arbeiten Joseph Flochs, in: FORUM. Zeitschrift für Kunst, Bau und Halbturn, Burgenland 1993, Abb. S. 102 Einrichtung, IV Jg., Nr. 5/6, Bratislava 1934 Ausgestellt: AAA Gallery, New York 1942; 6) s. o. Hagenbund. Die verlorene Moderne, Halbturn 1993

Max Oppenheimer, der als Sohn des Journalisten Alltag – auf der Leinwand verewigt hat. Auch die Ludwig Oppenheimer 1885 in Wien geboren wur- Beruhigung der früheren kubischen und futuristi- de, kam schon im Alter von fünfzehn Jahren als schen Formensprache in Kombination mit einem Gastschüler von Professor Christian Griepenkerl an farbigen – vor allem in der Charakterisierung der die Wiener Akademie der bildenden Künste. 1903 lila Dolden – fast spätimpressionistischen Duktus setzte er seine Studien an der Akademie in Prag sind für diese Jahre charakteristisch.3 Die Hinwen- fort, von wo aus er in der Folge die Wiener „Kunst- dung zum raren Thema Blumenstillleben kann schau“ mit einigen Bildern bestückte. Bei seiner durchaus auch als eine Art „innere Emigration“ ge- Rückkehr nach Wien schloss er sich dem Künstler- deutet werden. Max Oppenheimer formt mit kraft- kreis um Oskar Kokoschka und Egon Schiele an. vollem Pinselstrich jedes Detail dieses Bildes und Ab 1912 verwendete er das Kürzel „MOPP“ zum souverän gibt er die Dolden des Fliederbusches Signieren seiner Werke. Max Oppenheimers Le- in all ihren fein nuancierten Lilatönen wieder. Sub- bensweg war von zahlreichen Umzügen zwischen tile Rottöne versinnbildlichen die Lebenskraft, die Wien, Berlin und der Schweiz geprägt, bevor er in den in voller Blüte stehenden Pflanzen steckt. 1938 in die USA emigrierte und bis zu seinem Le- Durch den pastosen Farbauftrag verleiht Max Op- bensende 1954 in New York wohnte. Künstlerisch penheimer dem Strauß in der Vase eine großartige ist Max Oppenheimer eine Einzelerscheinung. Er Plastizität, die durch den indifferenten Hintergrund wird den Expressionisten zugerechnet, hat sich gelungen kontrastiert wird. Mit raschen Kraftlinien aber auch intensiv mit den Strömungen des Ku- und flüchtigem Umriss hat er die Glasvase festge- bismus, Kinetismus und Futurismus, sowie mit der halten, und der Eindruck der schimmernden Trans- Neuen Sachlichkeit auseinandergesetzt. parenz ist ihm meisterhaft gelungen, obwohl das Gefäß nur schemenhaft wiedergegeben ist. Hin- Im März 1932 übersiedelt Max Oppenheimer auf- terfangen ist das Blumenstück von einem weißli- grund der angespannten politischen Lage von chen Hintergrund, an dessen Rändern amorphe, Deutschland zurück nach Wien. Bereits ein Jahr schattige Braun- und Grüntöne hereinwachsen. Max Oppenheimer später, im Anschluss an das Novemberpogrom, Links der Vase sind zarte Wellenlinien angedeu- wird sein Werk in Berlin diffamiert und später für tet, vielleicht eine duftige Gardine, die hinter den „entartet“ erklärt. Aber auch in Österreich gestaltet Blumen weht. Sofort assoziiert man die Bildhinter- sich seine wirtschaftliche Lage, trotz großer Be- gründe der ausdrucksstarken Porträts Max Oppen- kanntheit und Ausstellungspräsenz in Künstler- heimers, auch diese sind oftmals unbestimmt in haus und Secession, als sehr schwierig, sodass Grau- und Brauntönen gehalten, stets expressiv, er auf Hilfe seiner Schweizer Freunde und Mä- manchmal ins Kubistische schweifend. Nicht zu- zene Jenny und Sidney Brown angewiesen ist1. letzt diese formale Parallele erhebt den „Flieder- „Das Wenige, was die Regierung tut, macht sie strauß“ gleichsam in den Rang eines Porträts. für kirchliche Kunst und für die Provinz. Wie über- In den Jahren 1933 bis 1935 malt der Künstler haupt ein empörend ordinärer Zug durch die Zeit einige Blumenbilder, darunter Nelken und Herbst- Max Oppenheimer geht, denn es ist nicht nur die materielle Knapp- blumen. Sie sind nicht nur geistiges, auch künst- (Wien 1885 - 1954 New York) 35 heit, es ist auch die Abkehr von der Geistigkeit, lerisches Rückzugsgebiet und bieten ihm die Fliederstrauß die diese Notlage so drückend macht“, schreibt Möglichkeit, seinen kultivierten Expressionismus 1933 der Künstler 1935 in einem Brief an Jenny Brown.2 weiterzuentwickeln, ohne angefeindet zu werden. Öl auf Leinwand „Fliederstrauß“ ist ein seltenes und großartiges 65,5 x 50 cm

Umso bemerkenswerter erscheint die klare Prä- Zeugnis aus einer dunklen Zeit, ein Meisterwerk Signiert rechts unten: MOPP. senz und die schlichte Schönheit des Fliederstrau- der Malkunst des Kosmopoliten Max Oppenhei- Provenienz: Privatsammlung Österreich Literatur: Marie-Agnes von Puttkamer, Max Oppenheimer - ßes, den Max Oppenheimer so eindrucksvoll – mer, dessen Beitrag zur österreichischen Kunstge- MOPP (1885-1854). Leben und malerisches Werk mit und als lebensfrohen Kontrapunkt zu seinem schichte von entscheidender Bedeutung ist. einem Werkverzeichnis der Gemälde, Wien 1999, Wkv.Nr. 222 (o. Abb.) Vgl.: MOPP - Max Oppenheimer 1885-1954. Ausstellungskatalog, 1) Die beiden erwarben bereits nach dem Ersten Weltkrieg einige Blumenstillleben des Künstlers. Jüdisches Museum, Wien 1994; (Vgl. Marie-Agnes v. Puttkamer, Max Oppenheimer - MOPP (1885-1854). Leben und malerisches Werk, S. 111) Kunst des 20. Jahrhunderts. Bestandskatalog der 2) Brief an Jenny Brown vom 3.4.1935, s. o., S. 148 Österreichischen Galerie Belvedere, Band 3, 3) s. o., S. 145, 155-160 Wien 1997, S. 143 ff.

Gegen den Willen seines Vaters, eines Wiener Wie kein Zweiter verstand es Willy Eisenschitz, Rechtsanwaltes, studierte Willy Eisenschitz ab mit seinem unverwechselbaren Malstil und Kolorit 1911 an der Wiener Akademie, um ein Jahr spä- die mannigfaltigen Landschaften Südfrankreichs ter ins Zentrum moderner Malerei, nach Paris, zu einzufangen und Gemälde voller Zauber und übersiedeln. Dort setzte er seine Studien an der Harmonie zu schaffen. Als er 1952 erstmalig berühmten „Académie de la Grande Chaumière“ mit seiner Frau Claire Bertrand Ibiza bereist, ge- fort, wo er auch seine zukünftige Frau, die Malerin winnt seine Malerei zusätzlich an Helligkeit und Claire Bertrand, kennenlernte. Den jungen Künst- Farbintensität. Das gleißende Licht der Insel mit ler faszinierten vor allem die französischen Im- ihren urtümlichen Motiven fasziniert den Künstler pressionisten sowie die farbintensiven Malereien so sehr, dass er in Folge viele Sommer auf Ibiza Gauguins, Cézannes und der Fauvisten, eine Be- verbringt. geisterung, die ihn zeit seines Lebens begleitete. Während des Ersten Weltkrieges war er als Auch in nebenstehendem repräsentativen Bild „feindlicher Ausländer“ interniert und lebte ab schildert der Künstler mit pastosem Pinselstrich 1917 mit seiner Familie – inzwischen war er Vater eine eindrucksvolle, naturbelassene Küstenland- zweier Kinder geworden – in Luzern. schaft der Insel. Fast wie eine Bilddiagonale er- Nach den Kriegsjahren entdeckte Eisenschitz schließt ein langer Sandstrand den Bildraum in malend die Landschaften Italiens und vor allem die Tiefe, nur rhythmisiert durch sattgrüne Ufer- Südfrankreichs, eine Offenbarung, die für seine vegetation im Vordergrund. Dahinter öffnet sich künstlerische Laufbahn wegweisend war. 1925 eine weite Meeresfläche, die in geheimnisvollen übersiedelte die Familie Eisenschitz ins Bergdorf Türkis- und Grüntönen changiert. Eine Felsküste, Dieulefit im Department Drôme und 1927 nach die sich gegen den Horizont hin in einem Farb- La Valette du Var in der Nähe Toulons, wo sie in spiel von Violett- gegen Blaunuancen hin „auf-

Willy Eisenschitz Eisenschitz Willy dem ehemaligen alten Kloster „Le Chateau des zulösen“ scheint, rundet die „Ibiza-Impression“ Minimes“ ihren Lebensmittelpunkt fanden. kompositorisch ab. In dieser Zeit wurde Willy Eisenschitz Mitglied Die kraftvolle pastose Pinselführung, die virtuo- der renommierten „Société Nationale des Beaux- se Beherrschung des Licht- und Farbenspiels Arts“ und seit 1930 korrespondierendes Mitglied sowie das gekonnte kompositorische Gestalten der Künstlervereinigung Hagenbund. 1935 nahm der Bildfläche beeindrucken an dieser schönen er die französische Staatsbürgerschaft an. Der Meereslandschaft, die Willy Eisenschitz in ihrer Ausbruch des Zweiten Weltkrieges brachte eine Wildheit und Ursprünglichkeit hervorragend er- neuerliche Übersiedelung ins sichere Dieulefit. fasst hat. Nach dem Tod seiner Frau 1969 ging Eisenschitz nach Paris zurück, wo er bis zu seinem Lebens- ende 1974 arbeitete. Regelmäßig vertreten in bedeutenden Pariser Kunstgalerien, würdigten zahlreiche Ausstellungen in Frankreich, England und in Übersee, sowie

Ankäufe von namhaften Museen, das beein- Willy Eisenschitz (Wien 1889 - 1974 Paris) druckende, unverwechselbare Werk des großen 36 österreichisch-französischen Landschaftsmalers. Strand auf Ibiza um 1955 Öl auf Leinwand 54,2 x 72,7 cm

Signiert links unten: W. Eisenschitz Rückseitig betitelt und nummeriert auf altem Klebeetikett: „11 Plage à Ibiza“ Provenienz: Privatsammlung Österreich Literatur: Vgl.: Jean Perreau, Willy Eisenschitz. Werksverzeichnis, Linz 1999, Abb. S. 261; Bernard Denvir, Willy Eisenschitz. 1889-1974. The Wertheimer Foundation, London 2004

„Nun haben die Formen Afrikas, barbarisch und Figuren und den kahlen Baum links im Bild un- surreal, mit einem Schlag diese mannigfaltigen terbunden. So ist Willy Eisenschitz „dem Instinkt Verwicklungen der visuellen Sensibilität... verein- nach ein ‚Fauve’, der Farben verwendete, um facht. Ohne wirklich abstrakt zu werden, hat seine Gefühle und Emotionen zu schaffen; dem Intel- Kunst einen Grad der Abstraktion erfahren, die lekt und der Selbstdisziplin nach ein Schüler von von der Beobachtung des Subjektes stammt, und Cézanne, der die Form und Struktur herausstrich, dadurch eine Kraft und Dynamik überträgt, die um jedes Bild zu einem überzeugend zusam- nicht vorhersehbar war. Dieses rauhe Land hat menhängenden Ganzen zu machen“3. einen Künstler hervorgebracht..., der sich in das Geheimnis des Landes vertieft hat, und der uns das so vollkommen nahe bringt“1 schreibt Pierre- Jean Nouvel anlässlich einer Ausstellung 1959 in der Galerie Vendôme in Paris. Im Anschluss an eine dreiwöchige Reise in den Sudan zeigt Willy Eisenschitz dort mit großem Erfolg die afrikani- schen Bilder. Die Stadt Paris erwirbt ein Werk mit dem Titel „Les Hauts plateaux (Soudan)“.

Ein ähnliches Motiv zeigt vorliegendes Bild. Es gehört zu den Stärken des Künstlers den Zauber eines Ortes, die Eigenheiten, die ihn auszeich- nen, den „genius loci“2 zu erfassen und wieder- zugeben. Wenngleich Eisenschitz die meisten

Willy Eisenschitz Eisenschitz Willy afrikanischen Ölbilder nach Aquarellen und Pas- tellzeichnungen, die er vor Ort angefertigt hatte, nach seiner Rückkehr im Pariser Atelier gemalt hat, beeindrucken die farbkräftigen Kompositio- nen dennoch durch ihre Unmittelbarkeit und Au- thentizität. Mit zielsicherem Pinselstrich setzt er mutig die Farben nebeneinander, ein intensives Rot neben Rosa, Violett, Braun und Zitronengelb, der Zusammenklang gibt perfekt den Zauber der afrikanischen Erde wieder, deren Haptik auch im trocken-pastosen Farbauftrag fast greifbar wird. Die flirrende Hitze und die unendlich klare Weite der ausgetrockneten Landschaft des suda- Willy Eisenschitz nesischen Hochlandes sind deutlich spürbar. Die (Wien 1889 - 1974 Paris) 37 Komposition ist von mehreren Diagonalen durch- Haut plateau (Soudan) zogen, die in einem Auf und Ab die Bildfläche 1959 gliedern. Der Weg in die völlige Abstraktion Öl auf Leinwand wird lediglich durch die drei geschickt verteilten 60 x 81 cm

Signiert rechts unten: W. Eisenschitz Rückseitig signiert, betitelt und datiert am Keilrahmen: W. Eisenschitz „Soudan“ 1959 Rückseitig bezeichnet und betitelt auf altem Klebeetikett: Eisenschitz Willy 8, rue de Tournon Paris VI No 2 „Haut plateau“ (Soudan) Provenienz: Privatsammlung Oberösterrreich Literatur: Vgl.: Jean Perreau, Willy Eisenschitz. 1889-1974. Werkverzeichnis, Linz 1999, Abb. S. 269; Willy Eisenschitz. 1889-1974. Ausstellungskatalog, 1) Thomas Metlewicz, Erich Tromayer, Willy Eisenschitz. 1899-1974. Leben + Werk, Wien 1988, Abb. S. 16 Neue Galerie der Stadt Linz, Linz 1999, Abb. S. 69; 2) Bernard Denvir, Willy Eisenschitz. 1889-1974. Wertheimer Foundation, London 2014, S. 34 Thomas Metlewicz, Erich Tromayer, Willy Eisenschitz. 1899-1974. 3) Thomas Metlewicz, Erich Tromayer, Willy Eisenschitz. 1899-1974. Leben + Werk, Wien 1988, Abb. S. 16 Leben + Werk, Wien 1988, Abb. S. 96 ff.

Norbertine Bresslern-Roth zählt zu den bedeu- „Unruhe“ ist der Titel des 1969 entstandenen tendsten österreichischen Tiermalerinnen und großen Ölbildes von Norbertine Bresslern-Roth. zu den am häufigsten ausgezeichneten inländi- Sie rückt das Bildgeschehen ganz nah an den schen Künstlerinnen. Die außergewöhnliche Be- Bildrand heran. Die Tiere scheinen den Rahmen gabung der jungen Malerin wurde schon in den fast zu sprengen, werden von diesem überschnit- ersten Jahren ihrer künstlerischen Ausbildung an ten. Was hat die Elefantenherde und die davon- der Steirischen Landeskunstschule entdeckt und flatternden Kuhreiher so in Aufruhr versetzt? führte sie in den Sommermonaten 1909 und 1910 Könnte der orangegefärbte Horizont der Wider- an die Tiermalschule nach Dachau bei München. schein eines sich rasch ausbreitenden Buschfeu- Beeindruckt von ihrem herausragenden Talent ers sein? Die Wildheit und manchmal auch Grau- zeigte sich auch der in Wien unterrichtende Pro- samkeit der Natur sind stets Bestandteile ihrer fessor Ferdinand Schmutzer, der die Malerin 1912 Bilder, wobei der Umstand, dass sie die Tiere nur in sein Akademieatelier aufnahm – eine Sensation, im geschützten Bereich eines Tiergartens studie- da Frauen erstmals 1921 offiziell an der Wiener ren konnte, umso mehr verwundert. Die Fantasie Kunstakademie studieren durften. 1916 kehrte und das Imaginationsvermögen der Künstlerin die mittlerweile Fünfundzwanzigjährige nach Graz sind wahrlich herausragend. Dabei hat sie einen zurück, um sich als freischaffende Künstlerin nie- untrüglichen Sinn für die perfekte Komposition. derzulassen. Ab 1921 schuf sie gemeinsam mit Die aufgeregt in die Höhe gestreckten Rüssel der ihrem Mann, der die kraftintensive Druckerpresse Elefanten bilden eine vertikale Wellenbewegung, bediente, über 200 Linolschnitte. Nach seinem während diese Bewegung in der Horizontalen von Tod 1952 wandte sie sich gänzlich der Ölmale- den trockenen Buschgräsern aufgenommen wird. rei zu und entwickelte darin ihren ganz eigenen, Die drei davonfliegenden Reiher im Vordergrund unverwechselbaren Malstil, der sich durch eine folgen diesem Verlauf und bilden gleichzeitig samtig-matte Textur der Bildoberfläche aus- eine in die Tiefe führende Diagonale. Hinter den zeichnet. Diese Wirkung wird vor allem dadurch ersten drei Dickhäutern, die mehr als die Hälfte erreicht, dass die Künstlerin auf hell grundierter der gesamten Bildfläche einnehmen, kann man Jute malt und den groben Malgrund immer wie- weitere aus dem hohen Gras ragende Köpfe der der durchblitzen lässt. In den fein abschattierten in Aufregung versetzten Herde erblicken, die ge- Farbübergängen kann Norbertine Bresslern-Roth gen den hohen Horizont in der Wiedergabe im- ihr malerisches Talent voll entfalten. mer diffuser werden. Vorliegendes Ölbild vermag uns mit seiner enormen Dynamik, der Schönheit Biografisch verankert ist nur eine einzige Reise seiner Komposition und der Lebendigkeit der der Künstlerin nach Nordafrika, wo sie wohl die Darstellung zu beeindrucken und entführt uns in Gelegenheit hatte, einige der Tiere, die sich in eine andere Welt. ihren Bildern finden, in freier Wildbahn zu stu- dieren. Ansonsten hatte sie nur die Möglichkeit

Norbertine Bresslern-Roth in den großen zoologischen Anlagen Europas Physiognomie und Eigenheiten der wilden Krea- turen, die sie so meisterhaft in ihren Werken ein- zufangen verstand, zu studieren. Umso erstaun- Norbertine Bresslern-Roth licher ist die unglaublich präzise Wiedergabe der (Graz 1891 - 1978 Graz) 38 Tiere, eingebettet in ihren natürlichen Lebens- Unruhe raum, und die Unmittelbarkeit und Lebendigkeit 1969 ihrer Darstellungen. Öl auf Jute 100 x 88 cm

Signiert rechts unten: B. ROTH Provenienz: Privatsammlung Deutschland, direkt von der Künstlerin erworben Literatur: Michael Stoff (Hg.), Bresslern-Roth. Eine Hommage im St. Veiter Schloessl zu Graz, Graz 2003, m. Abb.; Otto Pascher (Hg.), Norbertine v. Bresslern-Roth. 2. erweiterte Auflage, Graz-Wien 1973, m. Abb.

Norbertine Bresslern-Roth (Graz 1891 - 1978 Graz) 40 Wölfe 1926 Linolschnitt 21,9 x 20,4 cm (Druckgröße)

Norbertine Bresslern-Roth (Graz 1891 - 1978 Graz) 41 Hyazinth-Ara 1945 Linolschnitt Norbertine Bresslern-Roth 24,1 x 19,3 cm (Druckgröße) 39 (Graz 1891 - 1978 Graz) Welpen

1919 Norbertine Bresslern-Roth (Graz 1891 - 1978 Graz) Aquarell auf Papier 42 28,5 x 37 cm Windhunde 1925 Signiert und datiert links unten. NORBERTINE ROTH SEPT. 1919 Provenienz: Privatbesitz Wien Linolschnitt Literatur: Vgl.: Michael Stoff (Hg.), Bresslern-Roth. 20,4 x 23,2 cm (Druckgröße) Eine Hommage im St. Veiter Schloessl zu Graz, Graz 2003

Norbertine Bresslern-Roth (Graz 1891 - 1978 Graz) 43 Leopard 1922 Linolschnitt 21,1 x 15,8 cm (Druckgröße)

Alle Blätter signiert „Bresslern-Roth“ und bezeichnet „Handdruck“. 40 41

42 43 Oskar Laske wurde 1874 in Czernowitz geboren. Auf der Brücke herrscht reges Treiben: eine 1884 übersiedelte die Familie des Künstlers nach Pferdekutsche, zwei Mädchen in Tracht und ein Wien. Von 1892 bis 1898 studierte er Architektur elegant gekleidetes Paar stechen aufgrund ihrer an der Technischen Hochschule in Wien, sowie farbigen Akzentuierung aus den übrigen, in mo- an der Akademie der bildenden Künste bei Otto nochromen Brauntönen gehaltenen Passanten Wagner. Danach trat er in die väterliche Firma hervor. Der diagonale Verlauf der Brücke sowie „Laske & Fiala“ ein. Sein bekanntestes Bauwerk, des Krans, der in der Hafenanlage aufgestellt die Apotheke „Zum weißen Engel“ in der Wiener ist, leiten den Blick des Betrachters in den Hin- Innenstadt, entstand in den Jahren 1901/1902. tergrund. Das Stadtpanorama auf der anderen Während ausgedehnter Reisen, unter anderem Seite des Flusses zeigt sich silhouettenhaft im nach England, Schottland und Italien, entstanden Gegenlicht der nachmittäglichen Sonne. In der erste Bilder und Radierungen. 1908 entschied Mitte dominiert der Dom St. Martin, der mit seiner sich der 34-jährige Architekt, der als Mitglied des über tausendjährigen Geschichte die Hauptse- Hagenbundes bei Ausstellungen großen Erfolg henswürdigkeit in Mainz darstellt. Interessant ist, feierte, Maler zu werden. Während des Ersten dass der Maler auch hier, ebenso wie bei der Brü- Weltkrieges gehörte er dem Kriegspressequar- cke, auf eine alte Ansicht (möglicherweise eine tier an und war vor allem als Kriegsmaler in Ru- Postkarte) zurückgreift, da er den Vierungsturm Oskar Laske Oskar Laske mänien, Russland und der Ukraine tätig. Noch des Ostchores mit der vom Stadtbaumeister Ge- während des Krieges heiratete er im Jahr 1916 org Moller entworfenen Eisenkuppel präsentiert, die Pianistin und Musikpädagogin Emilie Klein. die jedoch bereits 1870 vom bis heute bestehen- 1924 wurde Laske Mitglied der Wiener Secessi- den Spitzdach ersetzt wurde. Beeindruckend ist on. In der Zwischenkriegszeit wurde Oskar Laske die außergewöhnliche Lichtstimmung, die Laske mit dem Großen Preis der Stadt Wien, sowie der uns in diesem Gemälde vorführt. Die in offenem, Goldenen Staatsmedaille ausgezeichnet. In den lockerem Pinselstrich gesetzten Farbschattie- Jahren des Zweiten Weltkrieges lebte er in einer rungen im Himmel reichen von gelb-orange bis Art „inneren Emigration“. In seinen Werken kon- rosa-violett und sind von bestechender Zartheit. zentrierte er sich fortan auf Ansichten aus Wien Die Schattenseite des Doms gestaltet Laske in und Umgebung. Drei Jahre nach dem Tod seiner impressionistischer Manier in verschiedensten Frau Emilie verstarb Oskar Laske 1951 im Alter Grau-, Braun-, Rot- und Gelbtönen. Die Strahlkraft von 77 Jahren nach längerem Lungenleiden und der Nachmittagssonne beleuchtet aber auch das wurde im darauf folgenden Jahr in einer großen gegenüberliegende Ufer und setzt helle Betonun- Gedächtnisausstellung in der Wiener Albertina gen auf der Brücke und in der Bootswerft, die der und im Künstlerhaus umfassend geehrt. sonst in Braun, Grün und Grau vorherrschenden Farbgebung Dynamik und Leben einhaucht. Der Die beeindruckende Ansicht von Mainz entstand harmonischen Gesamtstimmung, die sich aus auf einer Reise nach Deutschland im September diesen Farbnuancen ergibt, wird durch das Türkis und Oktober des Jahres 1920. Oskar Laske stellt des Rheins im Mittelpunkt des Bildes zusätzliche die Stadt vom rechten Rheinufer aus dar, wobei Klarheit und Frische verliehen. Oskar Laske er einen leicht erhöhten Standpunkt einnimmt. Der raffinierte Bildaufbau sowie die delikate Licht- (Czernowitz 1874 - 1951 Wien) 44 Der detailliert wiedergegebene Vordergrund zeigt führung zeichnen dieses seltene Gemälde Oskar Mainz mit Blick auf den Dom die bis 1885 existierende Schiffsbrücke, die aus Laskes aus seiner frühen Schaffensperiode als 1920 einer Holzkonstruktion auf Schwimmkörpern be- eine Arbeit von höchster Qualität aus. Öl auf Leinwand stand und sich für den Wasserverkehr öffnen ließ. 35,3 x 43,8 cm

Signiert rechts unten: O. Laske. Betitelt links unten: Mainz Provenienz: Privatsammlung Wien Literatur: Cornelia Reiter, Oskar Laske. Ein vielseitiger Individualist, Salzburg 1995, S. 87 Vgl.: Tobias G. Natter (Hg.), Oskar Laske. 1874-1951. Ausstellungskatalog, Kunsthaus Wien, Wien 1996, Abb. S. 57; Handschriftliches Ausstellungsverzeichnis von Oskar Laske, Dezember 1920, Kommission an Herrn Fritz Mandel

„Die Vogelinsel“ ist mit „Opus 135“ bezeichnet, wohl als Vollendung des Themas, da es danach ein Hinweis, dass Oskar Laske dieses Bild zu keine weiteren Versionen mehr gibt. So unterschei- seinen Hauptwerken zählt, denn nur diese hat det sich unsere „Vogelinsel“ in der Lichtgebung er durchgehend nummeriert und mit „Opus“ be- und im Einbeziehen von Menschen in das Tier- titelt. Thematisch gehört das Bild zu einer Serie reich von ihren Vorgängern. Voll Theatralik setzt von arkadischen Landschaften bevölkert mit Tie- Oskar Laske die Landschaft in Szene. Der Vor- ren, die sich schon im frühen Werk des Künstlers dergrund des Bildes liegt im Schatten, während ab 1913 1 finden. Er setzt sich hier mit dem bibli- am Horizont durch das von links einfallende schen Paradies der Genesis auseinander, wo alle Sonnenlicht ein strahlend heller Streifen über Wesen harmonisch miteinander leben. Weitere die Wasserfläche zieht und auch den anachro- Druckgrafiken wie „Die Fischpredigt“, „Orpheus nistisch schneebedeckten Berg im Hintergrund und die Tiere“ oder „Adam und Eva im Paradies“ an einer Flanke hell erstrahlen lässt. Zum oberen sind ebenfalls thematisch verwandt. Zwei Ölbilder Bildrand färbt sich der Himmel ausgehend vom können als direkte Vorläufer vorliegender Version Hellgelb der letzten Sonnenstrahlen bis zu einem bezeichnet werden. Opus 70 „Das Tierparadies“, tiefen Kobaltblau, das mit dem dunklen Blau des datiert mit 1930, und Opus 133 die „Vogelinsel“ Wassers am unteren Bildrand korrespondiert. Die von 1938, im selben Jahr wie nebenstehende Bevölkerung der „Vogelinsel“ ist wohl eher dem Oskar Laske Oskar Laske Fassung entstanden. „In einer gebauten Phan- asiatischen Raum zuzuordnen. Eine Frau in einer tasielandschaft, die Landschaftselemente wie Barke hat alle Hände voll zu tun, ihre drei klei- Ebene, Teich, Hügel und Berge in sich vereint, nen Kinder, die sie in einen Weidenkorb gepackt tummeln sich in friedlicher Koexistenz die ver- hat, zu bändigen. Davon unbeeindruckt ziehen schiedenen Tierarten.“2 Der Typus der Univer- zwei Fischer Netze aus den Fluten des Gewäs- sallandschaft, die verschiedene, manchmal ge- sers. Vorne links sind zwei Männer beschäftigt, gensätzliche Elemente in sich vereint und so einen Korb voller Fische an Land zu schleppen. stellvertretend für die ge- Die rechte Bildhälfte wird samte Welt steht, kommt dominiert von den orna- immer wieder im Schaffen mental ausladenden Zwei- des Künstlers zum Einsatz. gen zweier Bäume, die von Auch „die wiederholte Be- einer bunten Vogelschar handlung eines Themas, bevölkert werden. Pfauen, die meist auch einen for- Reiher, Papageien flattern malen und inhaltlichen Rei- wild herum, scheinen in fungsprozeß beinhaltet“, ist Diskurs miteinander. Ob typisch für Oskar Laske. „Er sie wohl über die Fischer scheint sich, abgesehen diskutieren, die ihnen ihre von der offensichtlichen Nahrung streitig machen? Freude an der Variation Nur ein verliebtes, zärtlich Oskar Laske, Die Vogelinsel, 1938, gleichbleibender Themen Opus 133 (Privatbesitz Wien) schnäbelndes Vogelpär- und Motive, auch solange chen bekommt von alle- Oskar Laske mit einem Thema beschäftigt zu haben, bis ihn dem nichts mit. Oskar Laske brilliert hier mit einer (Czernowitz 1874 - 1951 Wien) 45 die formale Lösung zur Gänze zufrieden stellte.“3 einfühlsam-poetischen Naturschilderung, gepaart Die Vogelinsel mit einem humoristisch angehauchten, narrativen 1938 Insofern kann man die spätere Fassung durchaus Element, das gleichnishaft vom Kreislauf des Öl auf Leinwand als Weiterentwicklung der vorigen verstehen und Lebens erzählt. 85,8 x 128,8 cm

Signiert und bezeichnet rechts unten: O. Laske Op. 135 Provenienz: Atelier des Künstlers; Sammlung Otto Brehm, Wien; Privatbesitz Deutschland 1) „Das Paradies“, 1913, Farblithografie Literatur: Vgl.: Tobias G. Natter, Oskar Laske. 1874-1951. Ausstellungskatalog, 2) Cornelia Reiter, Oskar Laske. Ein vielseitiger Individualist, Salzburg 1995, S. 50 Kunsthaus Wien, Wien 1996, Abb. S. 38 f.; 3) s. o., S. 41 Cornelia Reiter, Oskar Laske. Ein vielseitiger Individualist, Salzburg 1995, Tafel 12

Oskar Laske 46 (Czernowitz 1874 - 1951 Wien) St. Peter bei Graz Oskar Laske 1942 (Czernowitz 1874 - 1951 Wien) 47 Gouache auf Papier Bunter Strauß 34,5 x 47,5 cm 1950

Signiert rechts und Mitte unten: O. Laske Aquarell und Gouache auf Papier Datiert und betitelt links unten: St. Peter bei Graz 1942 52,5 x 46 cm (Passepartout-Ausschnitt) Provenienz: Privatbesitz Wien Literatur: Handschriftliches Ausstellungsverzeichnis von Oskar Laske, fortaufende Signiert und datiert Mitte unten: O. Laske 1950 Nr. 370, Künstlerhaus Herbst 1942 „St. Peter in Graz“ (sic!) Provenienz: Privatbesitz Österreich Vgl.: Cornelia Reiter, Oskar Laske. Ein vielseitiger Individualist, Salzburg 1995; Literatur: Vgl.: Cornelia Reiter, Oskar Laske. Kunst des 20. Jahrhunderts. Bestandskatalog der Österreichischen Galerie Ein vielseitiger Individualist, Salzburg 1995; Belvedere, Band 3, Wien 1997, S. 14ff. Kunst des 20. Jahrhunderts. Bestandskatalog der Österreichischen Galerie Belvedere, Ausgestellt: Künstlerhaus Wien, Wien 1942 Band 3, Wien 1997, S. 14 ff.

Wilhelm Thöny wurde am 10. Februar 1888 als Arbeiten untergebracht war, wurden an die tau- Sohn eines Papiergroßhändlers in Graz geboren, send seiner Werke vernichtet. Von dieser persön- wo er in einem den Künsten aufgeschlossenen lichen Katastrophe hat sich Wilhelm Thöny nie Elternhaus aufwuchs. Der äußerst musikalische mehr erholt – er verstarb ein gutes Jahr später Bub genoss neben einem ersten Malunterricht am 1. Mai. Sammlungen seiner Werke finden sich auch eine Klavier- sowie Gesangsausbildung. unter anderem im Belvedere in Wien und in der Nach der Schulzeit in Graz absolvierte er ab 1908 „Neuen Galerie“ Graz. ein Studium an der Münchner Akademie der bil- denden Künste, wo er sich unter anderem mit Wilhelm Thönys Malstil ändert sich mit seiner Buchillustrationen und Radierungen beschäftigte. Übersiedelung nach Paris radikal. Dominieren in 1913 war er neben Paul Klee und Albert Weisger- seinen Grazer Jahren vor allem dunkle, düstere ber Mitbegründer der Münchner Neuen Secessi- Farben, die Distanz und Einsamkeit vermitteln, on. Durch Ausbruch des Ersten Weltkriegs muss- hellt sich die Farbpalette nun auf, was die Grund- te der angehende Maler sein Studium abbrechen stimmung seiner Arbeiten positiv beeinflusst. Der und nach Graz zurückkehren, von wo aus er 1915 Malduktus wird leicht und das Licht gewinnt an als Einjährig-Freiwilliger als Frontmaler am Monte Intensität. Unsere Ansicht einer südfranzösischen Zebion eingesetzt wurde. Im selben Jahr heira- Landschaft ist ein wunderbares Beispiel für die- tete er die Amerikanerin Fanny Hilma Walborg se wichtige Schaffensperiode des Künstlers. Von White – die gemeinsame Tochter Margit wird im 1932 bis 1937 zieht es das Ehepaar Thöny jedes darauffolgenden Jahr geboren. Nach seiner Ab- Jahr zu Herbstbeginn an die Côte d’Azur zum

Wilhelm Thöny Wilhelm rüstung 1918 zog Wilhelm Thöny zu seiner jun- Entspannen und Malen. Ist in Paris das Aquarell gen Familie in die Schweiz, wo die Ehe wenig bevorzugte Maltechnik, so verlegt sich der Maler später geschieden wurde. Nach einigen Jahren in während der Aufenthalte in Südfrankreich vor al- München ging er 1923 zurück nach Graz, wo er lem auf kleinformatige Ölbilder, die vor der Natur mit Gleichgesinnten im Herbst desselben Jahres entstehen und die leichte, mediterran vibrieren- die Grazer Secession gründete. 1925 lernte er de Atmosphäre einfangen. Spontan hingesetzte seine spätere zweite Frau, die gebürtige Ame- kurze, pastos aufgetragene Pinselstriche kont- rikanerin Thea Herrmann, kennen. 1929 wurde rastieren zu zarten, zeichnerischen Linien (wie ihm der Professorentitel verliehen, außerdem zum Beispiel beim Aquädukt), wobei der Mal- reiste er zum ersten Mal nach Paris, was ihn der- grund großflächig sichtbar bleibt. Damit erreicht maßen beeindruckte, dass er 1931 trotz großer der Künstler eine beinahe aquarellartige Wirkung Ausstellungs- und Verkaufserfolge im deutsch- seines Ölbildes. Überwiegen in der unteren Bild- sprachigen Raum, in die französische Hauptstadt hälfte vor allem Grüntöne, die durch sparsame übersiedelte. Die Jahre bis 1938 zählten zu den Akzente in Rot aufgelockert werden, spannt sich glücklichsten und künstlerisch fruchtbarsten sei- im oberen Teil des Bildes duftig der in klarem Blau nes Lebens. Die unsicheren politischen Verhält- gehaltene Himmel und macht die würzig-herbe nisse in Europa bewogen den Maler und seine Luft dieser Region für den Betrachter spürbar. Frau nach New York auszuwandern, wo seine Dieses beeindruckende Werk aus Wilhelm Kunst sehr geschätzt wurde, was eine rege Aus- Thönys französischer Periode stellt eine Rarität Wilhelm Thöny stellungstätigkeit nach sich zog. Obwohl es ihm am Kunstmarkt dar und ist eine Bereicherung für (Graz 1888 - 1949 New York) 48 rasch gelang, einen neuen Freundeskreis aufzu- jede Sammlung. Sommerlandschaft in Südfrankreich bauen und er eine umfangreiche Korrespondenz um 1935 mit Bekannten in Europa pflegte, fühlte er sich in Öl auf Leinwand den USA nie ganz heimisch. Am 4. März 1948 30,5 x 44,5 cm ereilte den bei seinen Zeitgenossen beliebten Signiert rechts oben: W. Thöny Künstler ein schwerer Schicksalsschlag: bei einem Provenienz: Privatbesitz Österreich Brand in einem Lagerhaus, wo ein Großteil seiner Literatur: Wilhelm Thöny. Im Sog der Moderne. Ausstellungskatalog, Neue Galerie Graz, Universalmuseum Joanneum, Graz 2013, Wkv.Nr. 325 m. Abb.; Vgl.: Wieland Schmied, Wilhelm Thöny. Porträt eines Einzelgängers, Salzburg 1976, Farbtafeln 27-34; Bruno Grimschitz, Wilhelm Thöny. Mit Essays des Künstlers, Salzburg 1950

Neben Oskar Kokoschka oder Friedensreich Es entstehen in den späteren 1980er Jahren Hundertwasser zählt Max Weiler zu den gro- vegetabile Malereien mit poetischen Titeln wie ßen, international anerkannten österreichischen „Große Blume“, „Kobaltblaue Blume“, „Julirose“, Künstlern des 20. Jahrhunderts. Schon als junger oder „Blumensonne“ und hier reiht sich auch Maler und Mitglied der „katholischen Reformbe- unsere nebenstehende „Dunkelblaue Blume“ wegung“ entwickelte er früh eine eigenständige ein. Etwas rechts aus dem Bildzentrum gerückt, „spiritualisierte“ Weltanschauung. Er studierte schwebt eine mächtige, zwischen Ultramarin- von 1930 bis 1937 an der Wiener Akademie bei und Coelinblau changierende Form, die als gro- Karl Sterrer. Nach dem Kriegsdienst führte er die ße, gerade aufknospende Blume gedeutet wer- damals sehr kontrovers diskutierten Wandmale- den könnte. Flankiert ist diese blumenartige reien in der Theresienkirche auf der Hungerburg Form von anderen großen amorphen Gebilden, (1946/1947) sowie die des Innsbrucker Haupt- die in verschiedenen matten und leuchtenden bahnhofes (1954/1955) aus. Nach einer großen Grüntönen aufblitzen und als aufkeimende, erst Einzelausstellung im Landesmuseum Ferdinan- in Ausformung befindliche Natur zu deuten sind. deum (1950) setzte mit den Biennale-Teilnahmen Hinter dieser vegetabilen „Ursuppe“ pulsieren

Max Weiler des Künstlers in São Paulo (1955) und Venedig rosafarbige, bläuliche und braune Wolken-, Luft- (1960) dessen internationale Anerkennung ein. und Landschaftsfragmente, die einen koloristisch 1961 wurde Max Weiler der Große Österreichi- gelungenen, zarten Kontrapunkt zu den mächti- sche Staatspreis verliehen, von 1964 bis 1981 gen farbstarken Bildprotagonisten bilden. Winde war er Professor für Malerei an der Wiener Aka- scheinen die sich dynamisch formende Land- demie der bildenden Künste. schaft und Natur wie einen Spielball zu bewe- Retrospektiven seines Werkes fanden in Muse- gen, die Erde ist in Bewegung geraten und wie en auf der ganzen Welt sowie in regelmäßigen im Zeitraffer ziehen die Wetterstimmungen über Abständen in Österreich statt, 1999 in einer groß die Bildfläche. Dieses Toben der Elemente, das angelegten Ausstellung des Wiener Künstler- stetige dynamische Wechselspiel von pflanzli- hauses und der Wiener Akademie, 2010 im Essl chem Werden und Vergehen sowie die farbigen Museum in Klosterneuburg und zuletzt eine Wür- Verdichtungen der Atmosphäre, die Max Weilers digung des zeichnerischen Werks in der Albertina unverwechselbare Bilderwelten beherrschen, in Wien 2011. Max Weiler wurde in den vergange- wird konzise vom großen Kenner seines Werkes, nen Jahren mit angesehenen Preisen und hohen dem Kunsthistoriker Otto Breicha, auf den Punkt offiziellen Würdigungen ausgezeichnet. gebracht: „Dieses Grün möchte Pflanzen werden, Strauch oder Quell, dieses Blau will Blume sein, Nachdem Max Weiler im Jahr 1981 seine Profes- Wolke oder Fels, dieses Rot will Erde werden, sur an der Wiener Akademie niedergelegt hat, Baum oder Sonne, dieses Grau will sein Nach- beginnt eine intensive Werkphase. Obwohl be- bar sein, Nachbar von Moos, Sonne und Strauch. reits ein gewaltiges Oeuvre entstanden war, ist Dieses Strichwerk will Wurzelgrund sein und Blü- die Schaffenskraft des über 70-jährigen Künstlers tenstaub, Bergformation und Felsstruktur. Und Max Weiler ungebrochen. Dabei kann er auf einen reichhal- Wolke und Stein, Blume und Baum wollen wieder (Absam bei Hall 1910 - 2001 Wien) 49 tigen Formenschatz zugreifen, den er mit beein- nichts anderes als Farbe sein, ein Wehen in den Dunkelblaue Blume druckender Souveränität zu handhaben weiß. Lüften, ein Strömen über der Erde, ein Schein im 1987 Leuchtende Farben in prächtiger Vielfalt erobern Himmel, ein Traum im Kopf des Künstlers und Eitempera auf Leinwand 1 ab Mitte der 1980er Jahre die Leinwand. Die bereit zu neuen Verwandlungen.“ 66 x 120 cm Strukturierung der Bilder wird Vorbildern aus der Signiert und datiert rechts unten: MWeiler (19)87 Natur überlassen, die Titel helfen bei der Lesbar- Provenienz: Galerie Elisabeth & Klaus Thoman Innsbruck; keit. Wir begegnen dem Berg, der Wolke, dem Privatbesitz Tirol Literatur: Vgl.: Gottfried Boehm, Der Maler Max Weiler. Baum, dem Garten, dem Wald, dem Wind und Das Geistige in der Natur. 2. verbesserte Auflage, auch immer wieder der Blume. Wien 2010, Abb. S. 367 f.; Max Weiler. Malerei seit 1927. Retrospektive. Ausstellungs- katalog, Künstlerhaus, Wien 1999/2000, Abb. S. 340 ff.; Otto Breicha, Weiler. Die innere Figur, 1) Otto Breicha, Weiler. Die innere Figur, Salzburg 1989, S. 287 Salzburg 1989, Abb. S. 354 f.

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Redaktion: Stefan Rodler

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