Sound of Silence Ten Reihe Und Streichelt Göring-Eckardt Zur Begrüßung Mit Einer Kurzen, Kreisen - Den Bewegung Den Rücken
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Deutschland Fraktionsspitze der Partei Geltung ver - schaffen kann. Grüne Bundestag, Donnerstag der vergange - nen Woche, Anton Hofreiter betritt das Plenum. er eilt zu seinem Sitz in der ers - Sound of Silence ten reihe und streichelt Göring-eckardt zur Begrüßung mit einer kurzen, kreisen - den Bewegung den rücken. Sie muss Katrin Göring-eckardt und Anton Hofreiter sind die nettesten gleich eine rede halten, da ist so eine the - Oppositionsführer seit langem. Aber eine Opposition rapeutische Zuwendung im Stil studenti - scher Wohngemeinschaften willkommen. hat andere Aufgaben, als nett zu sein. Von Dirk Kurbjuweit Hofreiter ist ein ruhiger, etwas bäriger Mensch, der aus Bayern stammt und im enn Katrin Göring-eckardt in spitze aus, Katrin Göring-eckardt, 47, und gehobenen Landburschenidiom redet. ihrem Büro auf dem Trampolin Anton Hofreiter, 44, ersetzten die Meister Seine Sätze beginnen oft mit „mei“. Bei Whüpft, sieht sie draußen eine des Ingrimms und der Bärbeißigkeit, re - einem Gespräch in seinem Büro zeigt er Würstchenbude, die neuland-Fleisch ver - nate Künast, 58, und Jürgen Trittin, 59. sich zufrieden mit der Lage seiner Frak - wendet. Für die Fraktionsvorsitzende der eine neue Generation, ein neuer Stil. Die tion. In den Verhandlungen mit Union Grünen geht das in Ordnung, Fleisch, nun neuen wollen nicht aggressiv sein, nicht und SPD im Bundestag über die redezeit gut, aber Fleisch von halbwegs glückli - ideologisch. Sie haben eine konstruktive und andere Minderheitenrechte habe chen Schweinen. Manchmal kommt ein Opposition angekündigt. man sich „in den Kernpunkten durchge - Mann in einem Bärenkostüm vorbei, Das liegt im Trend. Die Politik insge - setzt“. In einem Interview mit der Kin - setzt seinen Bärenkopf ab und isst eine samt hat sich pazifiziert. Der aufschäu - derzeitschrift „Dein SPIeGeL“ hatte sich Currywurst. Göring-eckardt hüpft auf mende Stil, wie von Herbert Wehner, Hofreiter ohnehin als Freund der Kürze dem Trampolin und sieht den Bärenkopf Franz Josef Strauß, Gerhard Schröder gezeigt: „Wer wenig Zeit hat, hat auch neben dem Bärenmann liegen. oder roland Koch gepflegt, reduziert sich keine Zeit herumzuschwafeln.“ Das Berliner regierungsviertel ist nicht auf die Generalsekretäre der Parteien, die Aber ist es nicht so, dass die Grünen reich an surrealen Situationen, dies ist genau dafür bezahlt werden. Horst See - derzeit bundespolitisch untergehen? eine. Der Mann tritt vor dem Branden - hofer spielt manchmal den Wüterich, an - „Mei“, sagt er. eine außenpolitische Krise burger Tor als Berliner Bär auf, und Kat - sonsten traut sich kaum noch einer, die sei eher die Zeit der exekutive, und Au - rin Göring-eckardt hüpft regelmäßig in ruhe zu stören, auf die Bundeskanzlerin ßenminister Frank-Walter Steinmeier ihrem Büro, weil sie das fit hält und weil Angela Merkel so viel Wert legt. „macht das sehr gut. Da muss man als dadurch die Sorgen nach unten abgeschüt - Ist das der richtige Weg für eine Oppo - Opposition nicht krampfhaft nach Ab - telt werden, wie sie sagt. So kann sie ent - sition, die doch auffallen muss, damit Al - grenzung suchen“. spannt und freundlich auftreten. ternativen sichtbar werden, zumal in den Zweiter Versuch, eine sich abgrenzen - Zu entspannt? Zu freundlich? Das sind Zeiten einer Großen Koalition, die sich de Opposition zu finden, gleich nebenan, Fragen, die sich stellen, Fragen, die ge - so ungeheuer breitmacht und fast alles in im Büro von Katrin Göring-eckardt. Das stellt werden. nach der Bundestagswahl Watte packt? Bei den Grünen wird schon Zimmertrampolin steht hochgekippt hin - 2013 tauschten die Grünen ihre Fraktions - gemeckert. es gibt Zweifel, ob die neue ter der Tür, wenig Betrieb an der ökolo - ) . R ( K C E B M A L P C H ; ) . L ( Z U E R K T S O / S S I E W E C I R U A M Fraktionschef Hofreiter: Gehobenes Landburschenidiom Fraktionschefin Göring-Eckardt: Zimmertrampolinhüpferin der spiegel 15/2014 29 Deutschland gisch orientierten Currywurstbude, der Bärenmann ist leider nicht da. Göring- eckardt ist ein umgänglicher, nahezu son - niger Mensch. Sie sagt, die Arbeit ihrer Fraktion sei „ganz ordentlich“. Sie erzählt, dass sie von den regie - rungsfraktionen große Aufmerksamkeit erfahre. Union und SPD sähen die Grü - nen als künftige regierungspartner und würden sie daher ernst nehmen. es kom - me sogar Applaus von Teilen der anderen Fraktionen. netter ging es im Parlament wohl nie zu. Union und SPD beglückwün - schen sich gegenseitig zu ihren Gesetzes - entwürfen, und die Grünen reden so, dass andere klatschen. Ist das noch Oppositi - on? Göring-eckardt sagt: „Klar, machen wir auch das, was die Opposition machen muss. Aber wir machen keine Fundamen - talopposition, Beispiel Ukraine. Das re - flexhafte Dagegensein überlassen wir Gregor Gysi.“ Die Linken um Gysi sind im Bundestag die Letzten, die noch rich - tig schimpfen und nahezu komplett an - derer Meinung sind als die anderen. Sie erzählt auch von einem neuen Stil in der Fraktion und der Fraktionsspitze. In den Gesprächen gehe es nicht darum, wer die Oberhand behalte und wer für sich am meisten herausholen könne. Sie erwähnt, dass sie Joschka Fischer zu einer Veranstaltung eingeladen habe. Der alte Patriarch der Grünen hatte Göring- eckardt nicht ernst genommen, und sie litt darunter, aber zum neuen Stil gehört auch die Versöhnlichkeit. Gespräche mit ihren Vorgängern ver - liefen anders. Künast und Trittin, beide keine Zimmertrampolinhüpfer, musste man nicht erst nach der regierung fragen, sie legten gleich damit los, wie fürchter - lich die Bundeskanzlerin und ihre Minis - ter seien, die reine Unfähigkeit, eine Stra - fe für das Land und so weiter. Dieser alte Sound der Politik ist nichts, was man vermissen muss. In der Gesell - schaft gibt es zwei Hauptkritiken an den Politikern: Die streiten doch nur. Die ver - halten sich ausschließlich parteitaktisch. Göring-eckardt und Hofreiter kann man das nicht vorwerfen. Sie wirken offener, freier. Trotzdem haben die Grünen ein Problem mit den beiden. Das sagen nicht nur die Medien, die wenige, dafür aber recht ungnädige Bi - lanzen zu den ersten hundert Tagen des neuen Duos schrieben. Das sagen auch zwei grüne Spitzenpolitiker aus den Län - dern. „Die Grünen finden nicht statt“, sagt der eine. „Die Leute im Bund sind ein Problemfall geworden“, sagt der andere. Sie sagen das anonym, was nicht schön ist, aber es ist früh in der Legis - laturperiode, und niemand mag der erste sein, der die Berliner angreift und Un - ruhe nach außen trägt. Aber diese Unru - he ist da. Bei den Grünen haben sich die Macht - verhältnisse verschoben. In den Zeiten 30 der spiegel 15/2014 Fischers und Trittins dominierten die Bun - despolitiker. nun fehlt in Berlin die starke Figur, und die Landesverbände sitzen in sieben regierungen, stellen sogar einen Ministerpräsidenten, Winfried Kretsch - mann in Baden-Württemberg. Mit diesem Selbstbewusstsein wird auf das Zentrum geschaut. Und wer sich als riese fühlt, ist leicht versucht, nur Zwerge zu erkennen. Die beiden anonymen Landespolitiker finden nicht, dass Hofreiter und Göring- eckardt die Stille, die sie umgibt, mit ei - nem neuen Stil begründen können. einer sagt, dies sei eine Ausrede, um „rhetori - sche Talentlosigkeit“ zu verbrämen. Katrin Göring-eckardt redet: Sie steht am Pult des Bundestags und hat sieben Minuten Zeit, um die rentenpolitik der regierung zu zerpflücken und eine Alter - native anzubieten. Sie ist nicht schlechter als Sozialministerin Andrea nahles (SPD) und besser als andere redner der Koali - tion. Aber es gelingt ihr keine Formulie - rung, die haftenbleibt. „Zynismus“ ist ihr schärfster Vorwurf. Dieses Wort ist rhe - torische Massenware in der Politik. Das reicht nicht. eine regierung hat die Aufmerksamkeit. eine Opposition muss sich Aufmerksamkeit verschaffen. es müssen ja nicht immer scharfe Formu - lierungen sein, wie sie Medien, zugege - ben, liebend gern zu großen Meldungen machen. Wie wäre es mit einer Intelli - genz-Attacke, mit einer Ideen-Attacke? eine Opposition hat die Pflicht, die Schwächen der regierung bloßzustellen und eigene rezepte dagegenzusetzen. Die Grünen fielen auf, als ein weithin unbekannter Politiker null Promille für Autofahrer forderte. Da war sie wieder, die alte Lebe-unbedingt-vernünftig-Par - tei. Auch Hofreiter und Göring-eckardt hat das nicht erfreut. Der „Veggie-Day“ hatte ihren Wahlkampf nicht gerade be - flügelt. Sie wollten diesen eindruck ver - gessen machen. Sie haben es versäumt, einen eigenen eindruck dagegenzusetzen. Dabei steht das Tor offen, auf ureigenem Gebiet. Die regierung hat enorme Probleme, die energiewende umzusetzen. Der rahmen sei falsch und schade dem Klimaschutz, sagt Hofreiter, aber innerhalb dieses rah - mens hätten die Grünen in Bund und Län - dern einige wichtige Dinge verändert, zum Beispiel ein Abwürgen der Wind - kraft. Auch hier wird mehr kooperiert als kritisiert. Clevererweise machte Wirt - schaftsminister Sigmar Gabriel einen Grü - nen, rainer Baake, zu seinem Staatsse - kretär für diesen Bereich. Das hemmt die Attacke, fördert die nettigkeit. nach ihrer rede geht Göring-eckardt zurück auf ihren Platz, diesmal ohne Ap - p laus aus anderen Parteien. Kaum sitzt sie, holt der Fraktionsvorsitzende der Uni - on, Volker Kauder, sie ab, und die beiden setzen sich in eine hintere reihe und plau - dern. Sieht schrecklich nett aus. ◆ der spiegel 15/2014 31.