SWR2 Tandem - Manuskriptdienst
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2 SWR2 Tandem - Manuskriptdienst Emotional, kraftvoll und unprätentiös Joan Armatrading wird 65 Autorin: Christiane Rebmann Sprecherin: Pia Fruth Redaktion: Bettina Stender Sendung: Freitag, 11.12.15 um 19.20 Uhr in SWR2 __________________________________________________________________ Bitte beachten Sie: Das Manuskript ist ausschließlich zum persönlichen, privaten Gebrauch bestimmt. Jede weitere Vervielfältigung und Verbreitung bedarf der ausdrücklichen Genehmigung des Urhebers bzw. des SWR. SWR2 Tandem können Sie auch als Live-Stream hören im SWR2 Webradio unter www.swr2.de oder als Podcast nachhören: http://www1.swr.de/podcast/xml/swr2/tandem.xml Kennen Sie schon das neue Serviceangebot des Kulturradios SWR2? Mit der SWR2 Kulturkarte können Sie zu ermäßigten Eintrittspreisen Veranstaltungen des SWR2 und seiner vielen Kulturpartner im Sendegebiet besuchen. 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Als Dreijährige zog sie zu ihrer Großmutter nach Antigua, weil ihre Eltern mit den größeren Kindern nach Großbritannien auswanderten. Als sie sieben war, setzte ihre Oma sie in einen Flieger nach London und schickte sie zu ihrer Familie. „Ich lebte mich schnell ein, ich wurde im Handumdrehen zur Britin“, erzählte sie. Sie wuchs in einem der weniger wohlhabenden Viertel Birminghams auf. Der Vater, ein Tischler spielte in einer Band, hatte aber kein Interesse daran, die Musikbegeisterung an seine Kinder weiterzugeben. Nachdem Joans Mutter ein Klavier gekauft hatte, weil sie meinte, es passe gut als Möbelstück ins Wohnzimmer, brachte sich das Mädchen das Klavierspielen selbst bei. Als 14jährige sang sie bereits selbst komponierte Songs am Piano. Sie wandelte dafür selbst verfasste Limericks, Witze und Kurzgeschichten in Lieder um. Später tauschte sie zwei ausrangierte Kinderwagen, die ihr die Mutter gegeben hatte, gegen eine billige Gitarre um. Auch dieses Instrument erlernte sie als Autodidaktin. Ihre Mutter habe großen Anteil an ihrer Karriere gehabt, sagte sie später. Sie setzte ihr 1995 mit dem Song „Trouble“ aus dem Album „What‟s Inside“ ein Denkmal. O-Ton Den Song „Trouble“ schrieb ich für meine Mom. Ich wollte ihr sagen, was ich ja auch im Song singe, dass ich sie für das bewundere, was sie ist. Und dass ich mich sehr glücklich schätze, dass ich viele ihrer Anlagen geerbt habe. Meine Mutter ist sehr positiv eingestellt, genau wie ich. Und ich bin froh, dass ich das von ihr geerbt habe. Natürlich haben wir alle Sorgen. Aber es kommt drauf an, wie man sich ihnen stellt. Man muss sie nicht als große Bedrohung sehen. Manche Menschen vergraben sich, wenn sie Sorgen haben. Sie ziehen sich zurück. Und dann übernehmen die Sorgen ihr Leben. Zu diesen Menschen gehört meine Mutter nicht. Sie kann mit Sorgen umgehen, sie stellt sich ihnen. Aber sie lässt sich nicht von ihnen unterkriegen, sie behält die Oberhand. Sie hat ja sechs Kinder groß gezogen. Das war harte Arbeit. Aber meine Mutter hat das gut hingekriegt. Und ganz egal was sie gerade durchmachte – sie hatte immer Zeit für jeden. Vielleicht sind ja alle Mütter so, ich hab keine Ahnung, ich habe ja nur eine Mutter. 2. Song: Trouble Mit 15 ging Joan Armatrading von der Schule ab, um im Büro einer Werkzeugfabrik zu arbeiten und damit ihre Familie zu unterstützen. Nachdem sie in der Mittagspause im Betrieb Gitarre gespielt hatte, wurde sie rausgeworfen. Ihr erstes Konzert gab sie als 16jährige an der Uni von Birmingham, weil ihr Bruder sie darum gebeten hatte. Sie spielte Simon & Garfunkels bekannten Song „The Sounds of Silence“. Damals sei sie vor Verlegenheit fast gestorben, erzählte sie später: „Ich war der schüchternste Mensch, den ich kenne. Aber ich war getrieben von dem Wunsch, dass die Leute da draußen irgendwann meine Songs zu hören bekommen sollten.“ Später trat sie mit eigenen Songs in Clubs und Bars auf und begleitete sich selbst auf der Bass- bzw. Rhythmusgitarre. Peu à peu besserte sich ihre anfängliche Scheu vor der Bühne. Sie gibt allerdings zu, dass sie heute noch oft vor Auftritten mit nervös bedingter Übelkeit zu kämpfen hat. Mit 18 spielte sie in einer Bühnenproduktion des Musicals „Hair“ mit. 1972 brachte sie ihr erstes Album „Whatever‟s for us“ heraus, nachdem sie von mehreren Plattenfirmen Angebote erhalten und sich für Cube Records entschieden hatte, weil ihr die Menschen dort am besten gefielen. Bei den folgenden Fernsehauftritten begleitete sie sich auf dem Klavier und der Gitarre. Den Ratschlag, den sperrigen, angeblich schlecht zu merkenden Namen gegen ein griffigeres Künstlerpseudonym einzutauschen, lehnte sie ab. 1975 erschien ihr zweites Album „Back to the night“, es fand aber keinen großen Anklang. Erst ihr drittes Album „Joan Armatrading“, das ein Jahr später herauskam, schaffte es in die Charts. Ihre bis heute erfolgreichste Single „Love and Affection“ erreichte die Top Ten, obwohl sie jazzlastig klang und nicht in das Mainstreamschema passte. „Ich glaube, die Leute mögen den Song vor allem wegen der ersten Zeile „I am not in love, but i am open to persuasion“, sagte sie. Frei übersetzt heißt das: „Ich bin nicht verliebt, aber ich könnte mich überzeugen lassen.“ Und weiter: “With a friend I can smile, but with a lover I could really laugh.” Die im Englischen neutral gehaltenen Wörter friend und lover kann man nach heutigem Wissensstand eindeutiger übersetzen: „Mit einer Freundin kann ich lächeln. Mit einer Geliebten könnte ich meinen Kopf zurückwerfen und wirklich lachen.“ 3. Song: Love and Affection 4. Song: Show some emotion Der Song „Show some emotion“ aus dem gleichnamigen Album, das 1977 auf Platz 6 der Charts landete, galt vielen Frauen als Aufruf, die emotionale Alphabetisierung ihrer in dieser Hinsicht eher unterbemittelten männlichen Partner anzugehen und sorgte dafür, dass die Sängerin mit der Afrokrause auch in der Frauenbewegung wahrgenommen wurde. Mittlerweise war Joans Altstimme, die in den höheren Lagen leicht kippt und der Künstlerin dann den Eindruck einer gewissen Verwundbarkeit verleiht, zu ihrem Markenzeichen geworden. Manchmal reichte ihr aber auch ein lakonisch melancholischer Ansatz, wie im Song „The Shouting Stage“, um sehr eindrucksvoll eine schwierige Gefühlslage zu beschreiben. 5. Song: The Shouting Stage 6. Song: Everyday Boy O-Ton In „Everyday boy“ geht es um jemanden, der sehr mutig ist. Die Menschen in seiner Umgebung sind nicht sehr nett zu ihm. Aber er hat Mitleid mit ihnen. Deshalb erwidert er diese negative Haltung nicht nach dem Motto: „Du bist schlecht zu mir, also bin ich schlecht zu dir“. Er versteht, warum diese Mensschen so sind, wie sie sind – und – ich weiß nicht, ob man sagen kann: Er vergibt ihnen. Aber in diese Richtung geht es jedenfalls. In ihren Songs geht es um oft um zwischenmenschliche Kommunikation. „Ich singe von Freundschaft und darüber, dass man nicht zulassen sollte, dass sich die Menschen durch Restriktionen einschränken lassen. Wir sind auf der Welt, um zu kommunizieren“, sagt sie. „In meinen Songs erzähle ich fast nie über mich, Wenn ich über Liebe, Schmerz und Kummer singe, sind das oft Szenen, die ich beobachtet habe. Wären es meine eigenen Geschichten, wäre mir das so peinlich, dass ich damit nicht auf die Bühne gehen könnte.“ O-Ton Ich lebe ja in dieser Welt, und ich bin mir der Dinge bewusst, die um mich herum geschehen. Ich sehe, was bei meinen Freunden passiert. Ich sehe, wie ihre Beziehungen laufen. Ich sehe, wie die Menschen einander behandeln. Ich sehe, wie der Ladenbesitzer seine Kunden behandelt. Es gibt sehr viel Songmaterial, das sich aus den verschiedenen Geschehnissen ergibt, deren Zeuge ich automatisch werde. „Lediglich die optimistischen Songs spiegeln meinen Seelenzustand“, sagt sie, „ich neige ja zum Optimismus.“ 7. Song: Drop the pilot Joan Armatrading hört gern klassische Komponisten wie Gustav Mahler, aber sie legt sich nicht fest. O-Ton Ich höre Klassik, ich höre Jazz, ich höre Pop. Ich höre nicht sehr oft Musik. Aber wenn ich welche höre, dann sehr unterschiedliche Stile. Ich höre afrikanische Musik, arabische Musik. Ich werde von allen möglichen Dingen beeinflusst, ohne dass es mir bewusst ist. Aber wenn ich schreibe, versuche ich, mich von diesen Dingen nicht beeinflussen zu lassen. Ich versuche, meine Musik zu schreiben. Aber es ist nun mal unmöglich, nicht all das aufzunehmen, was um einen herum geschieht. Dafür müsste man ja tot sein. Sie ist passionierte Gitarristin. Sie spielt nicht nur die sechssaitige, sondern auch die zwölfsaitige Gitarre. Und sie empfand es als ein großes Geschenk, dass sie für eine Radioserie in der britischen BBC so renommierte Gitarristenkollegen wie Bonnie Raitt, Mark Knopfler oder John Williams interviewen