Studia Theodisca II
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Studia theodisca II Achim von Arnim • Clemens Brentano • J. W. Goethe Wilhelm Hauff • J. Ch. F. Hölderlin • E. T. A. Hoffmann Heinrich von Kleist • Novalis C. F. von Rumohr • Dorothea Schlegel Ludwig Tieck • W. H. Wackenroder Edidit Fausto Cercignani Studia theodisca An international journal devoted to the study of German culture and literature Published annually in the autumn ISSN 1593-2478 Editor: Fausto Cercignani Electronic Edition (2011) of Vol. II (1995) Studia theodisca Founded in 1994 Published in print between 1994 and 2010 (vols. I-XVII) On line since 2011 under http://riviste.unimi.it Online volumes are licensed under a Creative Commons Attribution- NonCommercial-NoDerivs 3.0 Unported License. The background image of the cover is elaborated from the original of Georg Büchner’s “Woyzeck” (F4-2v). _| |_ Studia theodisca II Achim von Arnim • Clemens Brentano • J. W. Goethe Wilhelm Hauff • J. Ch. F. Hölderlin • E. T. A. Hoffmann Heinrich von Kleist • Novalis C. F. von Rumohr • Dorothea Schlegel Ludwig Tieck • W. H. Wackenroder edidit Fausto Cercignani _ _ | | _| |_ Proprietà letteraria originaria dell’Università degli Studi di Milano Istituto di Germanistica _ _ | | _| |_ Premessa Raccolgo in questo volume alcuni saggi sul Romanticismo tedesco offerti da studiosi italiani e stranieri che hanno partecipato in vario modo agli scambi e alle iniziative culturali dell'Istituto di Germanistica dell'Università degli Studi di Milano. I compiti redazionali sono stati svolti con l'aiuto di Enrica Yvonne Dilk, che desidero qui ringraziare per la fattiva e paziente collaborazione. F. C. _ _ | | _| |_ Indice Stefan Nienhaus - Aufklärerische Emanzipation und romantischer Antisemitismus in Preußen im frühen neunzehnten Jahr- hundert p. 9 Luciano Zagari - Il male nella letteratura dell'età di Goethe p. 29 Paul Michael Lützeler - Legitimität: Aspekte politischen Denkens im historischen Roman der europäischen Restauration (1815-1830) p. 55 Lia Secci - «Florentin» di Dorothea Schlegel. Cronaca di una creatività negata p. 75 Hartmut Fröschle - Ein Kontinuum in Goethes theoretischem Spätwerk: Auseinandersetzung mit der Romantik p. 95 Emilia Fiandra - «Il Conciliatore di Pekino». Il romanticismo tedesco e la Romanticomachia p. 111 Konrad Feilchenfeldt - «Texte, für die Brentanos Autorschaft nicht gesichert ist». Ein literarisches Genre der «Frankfurter Brentano-Ausgabe» p. 125 Enrica Yvonne Dilk - Un «practischer Aesthetiker» alla scuola schellinghiana. Lettere inedite di Carl Friedrich von Rumohr a Caroline e Friedrich Wilhelm Schelling p. 147 Fausto Cercignani - Wilhelm Heinrich Wackenroder. Arte e vita tra finzione e realtà p. 177 _ _ | | _| |_ Stefan Nienhaus (Napoli) Aufklärerische Emanzipation und romantischer Antisemitismus in Preußen im frühen neunzehnten Jahrhundert Die judenfeindliche Einstellung der sog. «Berliner Romantik» stellt den End- und Höhepunkt der Auseinandersetzung um die Emanzipation der Juden in Preußen dar, deren Grundlinien in der folgenden Abhandlung angedeutet werden sollen. Aufklärerischer Geist und die Erfordernisse der Staatsraison verlangten im von Napoleon besiegten Preußen eine rechtliche Gleichstellung der Juden. Soziale Konkurrenzangst und die Suche nach einer nationalen Identität der Deutschen förderten gleichzeitig einen Haß auf die Juden als «Feinde im eige- nen Lande». Zur gleichen Zeit, als die reichen Berliner Juden sich endlich als gleichberichtigte Bürger des preußischen Staates fühlen durften, gründeten die romantischen Schriftsteller Achim von Arnim und Adam Müller in Berlin einen Verein, die «christlich deutsche Tischgesellschaft», die zur Geburtsstätte des modernen Antisemitismus wurde. 1. Ein Berliner Skandal Wer es sich leisten konnte, blieb auch im Jahre 1811 im Sommer nicht in Berlin, sondern zog sich ins Landhausleben auf seine Güter zurück oder bevor- zugte wie z.B. Ihre Majestät das mondäne Treiben der gerade modischen Bäder Töplitz oder Karlsbad. Die Stadt war von allem, was Rang und Namen hatte, weitgehend entvölkert, und der Korrespondent von Cottas «Morgenblatt» - oh- nehin stets unter die strenge Kuratel der Zensur gestellt - hatte seine liebe Not, einige wenige Zeilen mit Theaternachrichten und Notizen von städtischen Bau- vorhaben zu füllen. In dieser langweiligen Sommeröde erinnert nun der Chronist am Sonnabend, dem 31. August an einen Skandal, der im Monat zuvor die Ber- liner Gesellschaft in ziemliche Aufregung versetzt hatte: Bey dem neugierigen und neuigkeitssüchtigen Theile von Berlin macht jetzt ein Vorfall zwischen zwey jungen Männern, einem Adelichen und einem Mitgliede der jüdischen Kolonie, einiges Aufsehen. Der erstere _ _ | | _| |_ 10 Stefan Nienhaus hatte die Tante des letzteren beleidigt, und da diese ohne weitern Schutz war, warf sich der Neffe auf, forderte von dem Adelichen, daß er sich entschuldigen oder ihm Genugthuung geben möchte, was jener, mit ei- nigem Rechte für eine Herausforderung nahm; weßwegen er seinem Gegner in dem weitern Briefwechsel Bescheinigungen beybrachte von andern Adelichen darüber, daß er sich mit ihm nicht schlagen könne noch dürfe. Diese Bescheinigungen waren zum Theil nicht im anständi- gen, ja oft im empörenden Ton gefaßt, und der junge wahrhaft beleidigte Israelit nahm seine Rache so, daß die Sache zur Entscheidung des Kammergerichts gebracht werden mußte, dessen Urtheil nun erwartet wird.1 Der Artikel verschweigt mit scheinbarer Rücksicht auf die Betroffenen die Namen, für die «Eingeweihten» werden diese Andeutungen jedoch ausgereicht haben, um den Klatsch über den «Vorfall» wieder aufleben zu lassen. Gesche- hen war aber Folgendes: Achim von Arnim - von dem in den Berliner Gesell- schaftskreisen bekannt war, daß er Anfang des Jahres 1811 eine Vereinigung gegründet hatte, die auch getaufte Juden ausschloß und in der judenfeindliche Reden gehalten wurden - war aufgrund eines Mißverständnisses im Salon Sarah Levys erschienen, wodurch sich deren Neffe, Moritz Itzig, beleidigt fühlte und Arnim daher in einem Briefe aufforderte, sich für sein Verhalten zu rechtferti- gen oder mit ihm zum Duell zu schreiten. Arnim schrieb zunächst einen in di- stanziertem Ton abgefaßten Brief, mit dem er glaubte, die Angelegenheit beile- gen zu können, erkundigte sich aber nach einer weiteren erbosten Reaktion It- zigs bei einigen Standesgenossen nach der Zulässigkeit eines Duells mit einem Juden und schloß danach die abschlägigen, und für den Juden Stockschläge an- ratenden Antworten in einen letzten Brief an Itzig ein. Am 16. Juli 1811 wurde Arnim in einem Badehaus von Itzig überfallen, konnte diesen aber überwältigen und zeigte ihn beim Kammergericht an. Was diese an sich banale Schlägerei im Berlin jener Zeit zu einem die Gemüter hoch bewegenden Skandal machte, läßt sich nur aus der sozialen und politischen Umbruchphase erklären, in der sich die preußische Gesellschaft damals befand. Es wird sich zeigen, daß jener Vor- fall als symptomatisches, eine historische Schnittstelle bezeichnendes Ereignis für das in der deutschen Geschichte so zentrale Oppositionspaar Emanzipation- Antisemitismus2 anzusehen ist. 2. Emanzipation der Juden in Preußen Die Bemühungen um eine Emanzipation der Juden in Preußen beginnen im 18. Jahrhundert und entspringen ganz dem Geist der Berliner Aufklärung. Im 1 Morgenblatt für gebildete Stände, Nr. 209 v. 31. August 1811, S. 836. 2 S. R. Rürup, Emanzipation und Antisemitismus, Göttingen 1975. _ _ | | _| |_ Aufklärerische Emanzipation und romantischer Antisemitismus 11 Kampf um die Beseitigung von Vorurteilen ging es nicht um die Juden im Be- sonderen, sondern im Rahmen der Emanzipation des Menschengeschlechts ins- gesamt erschien diese Diskriminierung eines derart demonstrativ ausgegrenzten Teils der Einwohnerschaft als besonders unerträglich. In einem Land, dessen König verkündigt hatte, daß hier «jeder nach seiner Fasson selig werden» solle, war nicht mehr einzusehen, warum nur die Juden von dieser Toleranz ausge- nommen bleiben sollten. Einzelne Beispiele «edler Juden» wie Moses Mendels- sohn, der Freund Lessings und Nicolais, zeugten von der Bereitschaft der Juden, an den Fortschritten der Aufklärung teilzunehmen. Den Grund für die auffälli- gen Unterschiede in Lebensgewohnheiten und äußerer Erscheinung der Masse der jüdischen Bevölkerung machte man in der jahrhundertelangen Isolierung aus, die zu einer skurrilen Ausartung der religiösen Riten geführt habe. Mit ei- ner Öffnung der aufgeklärten bürgerlichen Gesellschaft für die Juden würden diese durch eine Religionsreform auch jene unsympathischen Eigenheiten ver- schwinden lassen. So zeigte sich auch der Staatsrath Christian Wilhelm Dohm 1781 in seiner Schrift «Über die bürgerliche Verbesserung der Juden»3 davon überzeugt, daß der «ängstliche Ceremonien- und Kleinigkeiten-Geist, der sich in die jüdische Religion eingeschlichen» habe, notwendig verschwinden müsse, wenn die Juden «zu Gliedern der politischen Gesellschaft aufgenommen, dieser Interesse zu dem ihrigen»4 werde. Dohm gehörte jenem Teil der preußischen Beamtenschaft an, der im Interesse einer «merkantilistischen Staatsraison des aufgeklärten Abso- lutismus»5 an der rechtlichen Grundlage für eine nutzbringendere Stellung der Juden im Staat arbeitete. Dohms Schrift wurde schon ein Jahr nach ihrem Er- scheinen ins Französische übersetzt und bewirkte in Frankreich ein neues Nach- denken über die Judenfrage, das sich nicht lange bei aufgeklärt-theoretischen Debatten aufhielt, sondern kurz darauf mit dem 1791 von der revolutionären Nationalversammlung verabschiedeten Emanzipationsedikt zu einer umfassen- den Gesetzesreform