Regierungsbezirk UNTERFRANKEN

26. Wettbewerb 2016 bis 2019 Die Chance „Unser Dorf hat Zukunft – für unser Dorf! Unser Dorf soll schöner werden“

Abschlussbericht Impressum der Bewertungskommission Redaktion: Christine Bender Amt für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten, Mainbernheimer Straße 103, 97318 Kitzingen für den Regierungsbezirk Gartenbauzentrum Bayern Nord; christine.benderaelf-kt.bayern.de Layout: Bayerische Landesanstalt für Weinbau und Gartenbau Unterfranken Abteilung Landespflege, An der Steige 15, 97209 Veitshöchheim Fotos: im Jahr 2017 Luftbilder: Geodaten © Bayerische Vermessungsverwaltung, 2017 Bildnachweis: Christine Bender Druck: Farbendruck Brühl GmbH, 97340 Marktbreit Papier aus nachhaltiger, zertifizierter Waldbewirtschaftung http://www.dorfwettbewerb.bayern.de

26. Wettbewerb 2016 bis 2019

„Unser Dorf hat Zukunft – Unser Dorf soll schöner werden“

Abschlussbericht der Bewertungskommission für den Regierungsbezirk Unterfranken 2017

http://www.dorfwettbewerb.bayern.de 1 INHALTSVERZEICHNIS Seite

Vorwort 3 Anzahl der Teilnehmerorte in den Regierungsbezirken Bayerns im laufenden Wettbewerb 2016 bis 2019 4 Anzahl der Teilnehmerorte in den Landkreisen Unterfrankens im laufenden Wettbewerb 2016 bis 2019 5 Kreissieger im Bezirksentscheid Unterfranken im laufenden Wettbewerb 2016 bis 2019 5 Teilnehmerorte Bezirksentscheid Unterfranken 2017 6 Ergebnisübersicht Bezirksentscheid Unterfranken 2017 7 Verleihung der Sonderpreise 10

Berichte (in alphabetischer Reihenfolge) Breitensee, Gemeinde Herbstadt 12 Großbardorf, Gemeinde Großbardorf 18 Hellmitzheim, Stadt Iphofen 24 Hofstädten, Markt Schöllkrippen 30 , Gemeinde Kleinkahl 36 Rothenbuch, Gemeinde Rothenbuch 42 Rottershausen, Gemeinde Oerlenbach 48 Rück-Schippach, Markt Elsenfeld 54 Rügheim, Stadt Hofheim 60 Schmachtenberg, Markt Mönchberg 66 Schnackenwerth, Markt Werneck 72 Untermerzbach, Gemeinde Untermerzbach 78

Bewertungskommission 84 Bewertungsbogen 88 Medaillenspiegel der bayerischen Landkreise an Preisträgern bei den Bundesentscheiden 1961 bis 2016 90 Teilnehmerentwicklung 1961 bis 2016 in Unterfranken im Vergleich zur Gesamtbeteiligung in Bayern 91

2 Vorwort

Der Wettbewerb „Unser Dorf hat Zukunft – Unser Dorf soll schöner werden“ begann letztes Jahr auf der Kreisebene in Bayern und mündet im Jahr 2019 in den Bundesentscheid. Vor Ihnen liegt der Abschlussbericht der Bewertungskommission des Bezirks­ entscheides Unterfranken.

Der Wettbewerb hat an Aktualität nichts eingebüßt. Mit den Be­ wertungsbereichen werden viele Felder abgedeckt, die die Dörfer fit für die Zukunft machen. Gesichtspunkte wie soziales Leben, Natur- und Umweltschutz, Nachhaltigkeit, erneuerbare Energien und die Entwicklungsinitiativen fließen in die Beurteilung ein. Alle Dörfer, die sich dem Wettbewerb stellen, können als Vorbilder für andere Dörfer im ländlichen Raum dienen. Dabei sind aber die jeweiligen Voraussetzungen höchst unterschiedlich, was auch von der Bewertungskommission berücksichtigt wird.

Die teilnehmenden Dörfer präsentierten sich hervorragend und schafften es in der Kürze der Zeit am Bereisungstermin umfassend in allen Bewertungsbereichen zu informieren. Privates und öffentliches Engagement haben Großes geleistet. Ich bin überzeugt, dass sich der erheb­ liche Aufwand für die Dorfgemeinschaft rückblickend immer lohnen wird.

Denn die Bürgerinnen und Bürger sind zusammengerückt und setzen der Globalisierung, Individualisierung und der Schnelllebigkeit die Werte ihrer Dorfgemeinschaft entgegen, die auf ihrer Dorfgeschichte und Kultur gründen. Gegenseitige Unterstützung in sozialen Projekten, Schutz und Gestaltung der Umwelt und das Schärfen des Blickes für das Wesentliche bringen die Dorfgemeinschaft als Ganzes voran. Aktive Menschen entwickeln ihr Dorf zu einem lebenswerten Ort durch ihr leidenschaftliches Wirken in den Vereinen, Netzwerken und in der Zusammenarbeit mit Politik und Behörden. Respekt und Anerkennung gilt allen Beteiligten.

In kaum einem anderen Land Europas gibt es so attraktive Dörfer wie in Deutschland. Dies liegt unter anderem an dem Schmieden von Allianzen und dem Verzicht der Gemeinden auf grenzenloses Wachstum. Durch die bewusste Gestaltung der Dorfränder wird ein Siedlungs­ brei verhindert.

Für die Gastfreundschaft und den ehrenamtlichen Einsatz für „ihr“ Dorf und für „ihre“ Heimat danke ich auch im Namen der Bewertungskommission ganz herzlich.

Das Ergebnis das die Bezirksbewertungskommission in den zwölf Orten gesehen hat, war beeindruckend. Jeder Ort hat deutlich gewonnen. Mit Großbardorf und Hellmitzheim werden attraktive und innovative Orte den Bezirk Unterfranken im Landesentscheid vertreten.

Kitzingen im Oktober 2017

Nikolai Kendzia Vorsitzender der Bewertungskommission 3 Anzahl der Teilnehmerorte in den Regierungsbezirken Bayerns im laufenden Wettbewerb 2016 bis 2019

Oberfranken Unterfranken 87 24

Mittelfranken 43 Oberpfalz 44

Niederbayern 23 Schwaben 13

Oberbayern 7

4 Anzahl der Teilnehmerorte in den Landkreisen Unterfrankens im laufenden Wettbewerb 2016 bis 2019 Anzahl der angemeldeten Orte Landkreis Gruppe A Gruppe B Gesamt (bis 600 Einw.) (601 -3.000 Einw.) absolut %

Würzburg - - - -

Schweinfurt 1 1 2 8

Rhön -Grabfeld 1 1 2 8

Miltenberg 2 3 5 21

Main- - - -

Kitzingen 1 - 1 4

Haßberge 4 1 5 21

Bad Kissingen 1 2 3 13

Aschaffenburg 1 5 6 25

Unterfranken 11 13 24 100

Kreissieger im Bezirksentscheid Unterfranken im laufenden Wettbewerb 2016 bis 2019

Gruppe A Gruppe B Landkreis (bis 600 Einwohner) (601 -3000 Einwohner)

Schweinfurt Schnackenwerth

Rhön -Grabfeld Breitensee Großbardorf

Miltenberg Schmachtenberg Rück-Schippach

Kitzingen Hellmitzheim

Haßberge Untermerzbach Rügheim

Bad Kissingen Rottershausen Kleinkahl Hofstädten Rothenbuch Gesamt 6 6

5 Teilnehmerorte Bezirksentscheid Unterfranken 2017

LK Rhön-Grabfeld

Breitensee Großbardorf LK Bad Kissingen

Rottershausen Rügheim

Kleinkahl Hofstädten Untermerzbach LK Schweinfurt

LK Ascha enburg LK Haßberge Schnackenwerth Rothenbuch

Rück- Schippach

Schmach- LK Kitzingen tenberg Hellmitzheim LK Miltenberg

6 Ergebnisübersicht Bezirksentscheid Unterfranken 2017

Die Reihung der Ortschaften erfolgt alphabetisch (A) = bis 600 Einwohner; (B) = 601-3000 Einwohner und stellt somit keine Rangfolge innerhalb der (F) = Ort mit Dorferneuerung oder Städtebauförderung Medaillengruppen dar.

GOLDMEDAILLE

(B) Großbardorf (F) Gemeinde Großbardorf, LK Rhön Grabfeld (A) Hellmitzheim (F) Stadt Iphofen, LK Kitzingen

SILBERMEDAILLE

(A) Breitensee Breitensee Gemeinde Herbstadt, LK Rhön Grabfeld (B) Kleinkahl (F) Gemeinde Kleinkahl, LK Aschaffenburg (B) Rothenbuch (F) Gemeinde Rothenbuch, LK Aschaffenburg (B) Rottershausen (F) Gemeinde Oerlenbach, LK Bad Kissingen (B) Rück-Schippach (F) Markt Elsenfeld, LK Miltenberg (B) Rügheim (F) Stadt Hofheim, LK Haßberge (A) Schnackenwerth Markt Werneck, LK Schweinfurt (A) Untermerzbach (F) Gemeinde Untermerzbach, LK Haßberge

BRONZEMEDAILLE

(A) Hofstädten (F) Markt Schöllkrippen, LK Aschaffenburg (A) Schmachtenberg (F) Markt Mönchberg, LK Miltenberg

7 Verleihung der Sonderpreise

Rothenbuch erhält den Sonderpreis des Bezirksverbandes Unterfranken für Gartenbau und Landespflege e. V.

für den beispielhaften Einsatz für klassische Gartenkultur sowie für die nachhaltige Pflege der extensiven Kulturlandschaft.

Rottershausen erhält den Sonderpreis des Bayerischen Bauernverbandes Bezirksverband Unterfranken

für die Erhaltung des Dorfgemeinschafts­ hauses „Haus der Bäuerin“ und für die Förderung nachhaltiger Nutzung von selbst erzeugten Lebensmitteln.

Untermerzbach erhält den Sonderpreis des Bezirk Unterfranken

für ihre vorbildliche Gemeindebücherei im Bürgertreff KOMM.

8 Bezirksentscheid 2017 - Impressionen der Bereisung

9 10 „Unser Dorf hat Zukunft – Unser Dorf soll schöner werden“

11 BREITENSEE

12 SILBER Gleichwohl ist es den Verantwortlichen im Zusammenwirken mit der aktiven Bürger­ Breitensee schaft gelungen, sowohl in der Zeit der deut­ schen Teilung als auch in den Folgejahren Gemeinde Herbstadt Landkreis Rhön Grabfeld nach dem Mauerfall das Dorf als einen liebenswerten Wohnort zu erhalten und in Stetigkeit weiter zu entwickeln. Die Wasserversorgung wird vom Zweckver­ band zur Wasserversorgung Bad Königshof­ en – Gruppe Nord sichergestellt und die eigene Entwässerungseinrichtung ist langfristig ge­ sichert. Der öffentliche Personennahverkehr bedient das Dorf mit zwei Linien. Durch ihren gemeindeeigenen Bürgerbus verbessert die soziale Dorfgemeinschaft zusätzlich die Mo­ bilität. Das starke soziale Miteinander bindet auch die junge Generation an ihre Heimat. Burschenverein, Obst- und Gartenbauverein, Musikverein, Feuerwehrverein und Gymnas­ Landrat: Thomas Habemann tikgruppe tragen zum Zusammenhalt maß­ Bürgermeister: Georg Rath geblich bei. Die Einwohnerzahl ist seit vielen Jahren nahezu konstant. Der Verzicht auf die Kreisfachberatung für Gartenkultur und Landespflege: Georg Hansul Ausweisung neuer Baugebiete und die Gemeinschaft innerhalb des Dorfes haben Einwohnerzahl: 163 Leerstände verhindert und für eine gute Gemarkungsfläche: 495 ha Mischung von Jung und Alt im Ortskern Dorferneuerung / Städtebauförderung: nein gesorgt. Betriebe in der Landwirtschaft Hervorzuheben ist die Entscheidung, das alte Vollerwerbsbetriebe: 3 Backhaus, in der Mitte des Dorfes gelegen, Nebenerwerbsbetriebe: 11 Betriebe in Industrie und Gewerbe: 10 mit und für die Dorfgemeinschaft funktional auszubauen und somit neben der räum­ lichen Zentralität auch zum sozialen und ge­ sellschaftlichen Mittelpunkt zu entwickeln. Auch der übrige mit guter Qualität gestaltete öffentliche Bereich ist äußerst ansprechend 1. Entwicklungskonzepte und und beeinflusst mit seiner Strahlkraft auch wirtschaftliche Initiativen

Breitensee, der mit 183 Einwohnern kleinste Ortsteil der Gemeinde Herbstadt, ist tatsäch­ lich ein Wohn- und Wohlfühldorf. Das Stra­ ßendorf mit einer sehr breiten Verkehrs- und Freiraumfläche, die noch durch den Dorfbach getrennt ist, lebt von einer starken Dorfge­ meinschaft. Die vormalige Lage im Zonenrandgebiet und die unmittelbare dreiseitige Angrenzung an das Gebiet der ehemaligen DDR begrenzten im wahrsten Wortsinn die Entwicklungsmög­ lichkeiten in den letzten Jahrzehnten. 13 die privaten Grünflächen und Hofräume, die Leerstands der Allianz Grabfeldgau sollte im diesem Vorbild in jeder Hinsicht nacheifern. Hinblick auf die Notwendigkeit von Warte­ Für eine langfristige gute Entwicklung des zeiten vor einer Förderung geprüft werden. Ortes sollte ein Konzept erstellt werden. Am Die Verkürzung dieser Wartezeit oder sogar ehesten könnte das möglicherweise über das der Verzicht darauf wird angeregt. Verfahren einer umfassenden Dorferneue­ Mit 50 Mbit/s Breitbandversorgung und rung realisiert werden. einem guten Mobilfunknetz ist Breitensee Die Entscheidung zum Beitritt in die auch bei der modernen Infrastruktur auf kommunale Allianz Grabfeldgau zeigt einen einem hohen Niveau und kann diesbezüglich verantwortlichen Umgang mit den zukün­ mit Zuversicht den Herausforderungen der ftigen Herausforderungen des ländlichen kommenden Jahre entgegen sehen. Raums. Die Richtlinie zur Minimierung des

2. Soziale und kulturelle Aktivitäten

Die in großer Zahl erschienenen Dorfbewoh­ ner sind stolz auf ihren Ort und seine Geschichte. Der Kreisheimatpfleger führte in die Geschichte und Traditionen des Ortes ein. Besonders erwähnenswert ist ein Weih­ nachtsspiel, das von den Ministranten aufgeführt wird. Das Backhaus dient nicht nur als Backstube. Hier befinden sich auch Schulbushaltestelle, 14 Gemeinderaum und Platz für die Jugend so­ inte ­griert sich in die zentrale grüne Mitte, wie für Feuerwehrschulungen. Neben dem sodass man meinen könnte, es stand schon intakten Vereinsleben gibt es in Breitensee immer dort. Der Ort wird gut beraten sein, viel privat gelebtes Miteinander, wie zum Bei­ auch künftig diese Siedlungsidee beizube­ spiel Fahrgemeinschaften zum Kindergarten halten und sich nur bedarfsgerecht behut­ nach Herbstadt und viele andere Formen von sam weiterzuentwickeln. Dies hat man Familien- und Nachbarschaftshilfe. erkannt und befolgt, weshalb es auch keine Breitensee könnte im Bereich des Tourismus Leerstände im Ort gibt. Eine besondere mehr mit seinen Pfunden wuchern: Hier steht Qualität des Dorfes erkennt man von der mit der Pfarrkirche St. Michael das einzige Kirche aus: Der Siedlungskörper schmiegt komplett im Echter-Stil ausgestattete Gottes­ sich förmlich in die Grabenmulde, wodurch haus! Ein kleiner, feiner Dorfkern und die die Dachlandschaft zur fünften Ansicht wird, spürbare Gastfreundschaft machen es Gäs­ die es in dieser Form zu erhalten gilt. ten leicht, sich hier ein paar Tage zu erholen. Der einheitliche Gestaltungsduktus, der den öffentlichen Raum prägt, kommt mit weni­ gen, dem Dorf angemessenen Gestaltungs­ mitteln aus. Die geschickte Kombination von Naturstein, Grün und Asphalt verleiht ihm 3. Baugestaltung und -entwicklung eine wohltuende Unaufgeregtheit. Die Quali­ tät der Oberflächenbehandlung zeigt sich BREITENSEE Die Lage an der deutsch-deutschen Grenze, auch im Umgang mit dem Umfeld der Kirche, die den Ort vier Jahrzehnte dreiseitig um­ die als eine der zwei einzigen Echter-Kirchen schloss, war für die kleinste Gemeinde im im Bistum noch im Originalzustand erhalten Landkreis Rhön-Grabfeld lange wie ein Fluch, geblieben ist. Den Qualitätsanspruch, den ist aber aus heutiger Sicht wahrscheinlich ein man in den Baudetails des Backhauses sieht, Segen. Inzwischen mitten in Deutschland würde man auch gerne bei der ehemaligen kann der Ort sich glücklich schätzen, weil Zehntscheune und beim Gemeindehaus Traditionen, Siedlungsstruktur und Gebäude erkennen. Die Gemeinschaft muss gerade bei erhalten geblieben sind. Nur wenige Neu­ Projekten mit Eigenleistung als Vorbild fun­ bauten ergänzen im Nordosten harmonisch gieren. Dies gilt gleichermaßen für die und kaum wahrnehmbar die ursprüngliche Nutzung der Felsenkeller. Hier kann durch Siedlungsanlage. Wie selbstverständlich rückwärtige Verbindung eine Nutzung gruppieren sich Gehöfte, Wohngebäude und entstehen, die auch Sicherheitsaspekten ein Gasthaus um den in seiner Ursprungs­ genügt. Diese in privater Hand und Einzel­ form mit Dorfgraben erhaltenen Anger mit schicksalen zu überlassen ist kein überzeu­ Birkenallee. Selbst das neue Backhaus gendes Konzept.

15 Auch wenn in der Nachkriegszeit einige trotz des Fehlens der Nahversorgung und Neubauten den ursprünglichen Gebäude­ einer überzeugenden Mobilitätsstrategie bestand ersetzten, sind noch relativ viele keine Gedanken um Breitensee machen. historische Bauten vorhanden. Das Förder­ programm mit max. 25% bzw. 10.000 € Zu­ schuss durch die Kommune bzw. durch das Programm der interkommunalen Allianz zur Innenentwicklung schafft hier Anreize und 4. Grüngestaltung und -entwicklung zeigt Wirkung. Etliche Gebäude und Hoftore wurden liebevoll restauriert oder rekonstru­ Breitensee bezeichnet sich als Straßendorf iert. Das Anwesen Bötsch ist hier als Positiv­ und verheimlicht damit seine hochwertige beispiel zu nennen. Es gilt nun die Wunden Grünstruktur, den eindrucksvollen Dorfan­ aus der zweiten Hälfte des letzten Jahrhun­ ger, der mit Dorfgraben, Birkenreihen und derts zu heilen. Daher sollten nicht nur Baumgruppen am Spielplatz die pulsierende denkmalgeschützte oder ortsbildprägende Dorfmitte bildet. Alt und Jung finden sich Gebäude gefördert werden, sondern auch hier am Dorfplatz zur „Dorffamilie“ zusam­ gestalterische Verbesserungen bei jüngeren men, die einen zum Spielen, die andern Gebäuden und Ersatzneubauten. Eine Gestal­ engagieren sich bei der Feuerwehr oder im tungsfibel und eine Bauberatung durch einen Backhaus. Dieser grüne Anger prägt das in diesen Fragen versierten Architekten Dorfbild von Breitensee ganz entscheidend. können zusätzlich zu dem Bebauungsplan Die angrenzende Gartenmauer neben der dazu beitragen, die bauliche Qualität zu Zehntscheune gehört zum Dorfbild. Hier steigern. Dies erscheint aufgrund der orts­ kann mit bescheidenen Rank- und Kletter­ eigenen Über­lagerung von typisch fränki­ pflanzen eine Aufwertung des Straßenraums schen und thüringischen Elementen wichtig. erreicht werden. So kann verhindert werden, dass man bei In und hinter den einzelnen Höfen verbergen Neubauten oder Renovierungen über das sich viele Obst-, Gemüse- und Ziergärten und Ziel mit „modernen“ Elementen hinaus­ auch ein sehr individueller Hausbaum – der schießt, wenn von traditionellen Formen ab­ „Ewige Baum“ (Gingko biloba). Ein weiteres gewichen wird. Individuum ist „Der Garten, in dem ein Im Bereich der Energie ist Breitensee mit der Lacher wohnt“ – man spürt, dass die Bevölke­ Biogasanlage, die auch einige Haushalte ver­ rung sich intensiv mit dem Grün im Dorf sorgt, bestens aufgestellt. Man kann dem Ort auseinandersetzt. nur wünschen, dass er den eingeschlagenen Im Rahmen der einfachen Dorferneuerung Weg weiter geht und seinen liebenswerten wurde u. a. der Schieferbrunnen saniert. Die Charakter beibehält. Dann muss man sich örtliche Bedeutung des Schieferbrunnens

16 schlägt sich in der gleichnamigen Straßenbe­ Mager ­rasen-Heckenkomplexen finden sich zeichnung nieder. Charakteristisch sind die Wendehals, Neuntöter, Turteltaube unter vie­ Felsenkeller am Irmelshäuser Weg, welche len weiteren. Ein Wiesenbrütergebiet, unter gerne von Fledermäusen besetzt werden. Die anderem mit Bekassinen, zieht sich vom jüngere Nachkriegsgeschichte zu den Felsen­ Westen der Ortschaft ins Grüne Band auf kellern sollte Anlass geben, die Felsenkeller Thüringer Seite. für die Zukunft zu erhalten oder ggf. auch in Auch in einem Wiesental südwestlich von Gebrauch zu nehmen. Breitensee wurde eine Nasswiese mit einer Landesweit nimmt der Blumen- und Fassa­ angrenzenden Mähwiese als Biotop erfasst. denschmuck an den Fensterbänken und Ferner kennzeichnen ausgedehnte Acker­ Balkonen deutlich ab. Die Dorfgemeinschaft flächen mit einzelnen Heckenstrukturen Breitensee hingegen führt den traditionellen­ entlang von Wegen die Flur. Die Hecken auf Blumenschmuck auch in der Neuzeit fort, Weg- und Straßenböschungen, Obstwiesen wenn auch nicht überall. sowie offene Böschungsbereiche und eine Althergebracht ist Breitensee ein Kirchdorf. bachbegleitende Hochstaudenflur wurden Das „Gotteshaus“ ist eines der wenigen als Biotope kartiert. ur­sprün­glich erhaltenen Zeugnisse der soge­ Mit einzelnen, gezielten Pflanzungen lässt nannten „Echter-Gotik“. Bei der 1991 begon­ sich die Strukturvielfalt der Landschaft um nenen Innenrestaurierung wurde entspre­ Breitensee steigern und den Biotopverbund chendes Kunstverständnis aufgebracht. Mit ausbauen. BREITENSEE dem eingefriedeten Kirchhof bilden Kirche Westlich der Ortschaft erstreckt sich eine und Friedhof ein klassisches Ensemble. Das leicht hügelige Landschaft, die durch ausge­ große Kunstverständnis für den Innenraum dehnte Ackerflächen und Wälder geprägt ist. der Kirche sollte unter gartendenkmalpflege­ In einem Laubwald gelegene Magerrasen­ rischen Aspekten auch für den Kirchhof reste sowie an den Wald angrenzende bzw. aufgebracht werden. vorgelagerte Hecken und Gebüsche wurden in der Biotopkartierung erfasst. Zum Erhalt der Magerrasen und Säume sind Pflegemaß­ nahmen erforderlich. Neben der Entfernung bzw. Auslichtung von Gehölzaufwuchs sowie 5. Dorf in der Landschaft der Mahd kommt auch eine Beweidung in Betracht. Die Möglichkeiten gilt es zu prüfen. 14 landwirtschaftliche Betriebe, davon vier Ein besonderes Augenmerk sollte auch auf im Vollerwerb, bewirtschaften aktuell die die im Wald gelegenen Freiflächen gelegt Breitenseer Flur, deren Gemarkung überwie­ werden. gend an den Freistaat Thüringen grenzt. Vier Betriebe betreiben ökologische Landwirt­ schaft, einer davon im Haupterwerb. Das europäische Schutzgebiet „Laubwälder bei Bad Königshofen“, das nach der Fauna-­ Flora-Habitat-Richtlinie ausgewiesen wurde, sowie das EU-Vogelschutz-Gebiet „Laub­ wälder und Magerrasen im Grabfeldgau“ ragen im Südwesten in die Gemarkung. Es handelt sich um ein Gebiet artenreicher, naturnaher Laubwälder in Verbindung mit landesweit bedeutsamen Magerrasen und Säumen. Es ist somit Schwerpunktgebiet von Greifvö­geln (Rotmilan und Wespen­ bussard) sowie dem Mittelspecht. In den 17 GROSSBARDORF

18 GOLD wurden bereits zahlreiche Projekte, wie das Förderprogramm Grabfeld-Dorf, das Innen­ Großbardorf entwicklungsförderprogramm, die Koopera­ tion Grabfeld – grenzenlos mittendrin, das Gemeinde Großbardorf Landkreis Rhön Grabfeld Kernwegenetzkonzept, die Radwanderkarte und der Radwege-Lückenschluss erfolgreich weiterverfolgt. Mit der FWR (Friedrich-Wilhelm Raiffeisen) Energie Genossenschaft ist den Großbar­ dorfern die Produktion und der Vertrieb er­ neuerbarer Energien unter dem Dach einer Bürgergenossenschaft gelungen. Die Wert­ schöpfung bleibt in der Gemeinde, schafft und sichert Arbeitsplätze und entlastet die Umwelt. Rasch ist es gelungen ein Nah­ wärmenetz zu bauen und in Eigenregie zu betreiben, an das sich ständig weitere Haus­ eigentümer anschließen. In Großbardorf sind 91 Gewerbebetriebe ge­ Landrat: Thomas Habemann meldet. Das Arbeitsangebot mit 265 Stellen Bürgermeister: Josef Demar hat sich in den letzten Jahren verdreifacht. Die Grabfelder Jobmeile hilft bei der Vermitt­ Kreisfachberatung für Gartenkultur und Landespflege: Georg Hansul lung zwischen Firmen und Ausbildungs­ willigen. Einwohnerzahl: 965 Eine innovative Landwirtschaft mit gemein­ Gemarkungsfläche: 1 654 ha schaftlichem Haselnussanbau, der Laubholz­ Dorferneuerung / Städtebauförderung: ja körperschaft und zahlreichen Maschinen­ Betriebe in der Landwirtschaft gemeinschaften sichert den Erhalt und die Vollerwerbsbetriebe: 7 Einkommen von fünf Vollerwerbs- und zwölf Nebenerwerbsbetriebe: 7 Betriebe in Industrie und Gewerbe: 91 Nebenerwerbslandwirten. Die Landwirte sind auch Energieerzeuger sowie Energie­ exporteure und an der Bürgersolar-, der Photovoltaik- und der Bürgerwind­energie­ anlage beteiligt.

1. Entwicklungskonzepte und wirtschaftliche Initiativen

Großbardorf, das „Bioenergiedorf 2012“, liegt im Landkreis Rhön-Grabfeld in der Region -Rhön. Die Grabfeldgemeinden haben sich 2005 zur interkommunalen Allianz „Fränkischer Grab­ feldgau e. V.“ zusammengeschlossen, um die Kräfte zur Entwicklung neuer Ideen zu bün­ deln und deren Umsetzung zu sichern, regio­ nales Bewusstsein zu schaffen und die Wahr­ nehmung von außen zu stärken. Aus dem integrierten ländlichen Entwicklungskonzept 19 Gleichwohl hat sich Großbardorf, bei einem wesentlichen Betrag zur Innenentwicklung leichten Bevölkerungsrückgang, aus einem könnte die Gemeinde durch den Verzicht auf landwirtschaftlich geprägten Dorf zu einer Erschließung weiterer Baugebiete leisten. attraktiven Wohngemeinde mit 908 Einwoh­ Die Nahversorgung ist durch den sehr gut nern entwickelt. angenommenen Dorfladen gesichert. In Großbardorf konnten acht Gebäude neu Mit 50 Mbit/s Breitbandversorgung ist Groß­ vermittelt werden. Durch das Förderpro­ bardorf mit einer modernen Infrastruktur auf gramm zur Innenentwicklung wird versucht einem hohen Niveau und kann diesbezüglich bestehende Leerstände im privaten Bereich mit Zuversicht den Herausforderungen der zu beseitigen. Leider greift das Programm kommenden Jahre entgegen sehen. ÖPNV erst nach sechs Monaten Leerstand. Einen und Mobilfunk sind verbesserungswürdig.

2. Soziale und kulturelle Aktivitäten

Die Dorfbewohner sind in über 20 Vereinen organisiert, die Musikvereine treffen sich seit 2016 im eigenen Musikheim, die Feuerwehr hat ein eigenes Feuerwehr­gerätehaus, die Jugend ein eigenes Jugendheim. Die große Sportanlage verfügt auch über einen Reit­ platz und Stallungen. Der dörfliche Fest­ kalender umfasst über 20 Veranstaltungen. 20 Dabei ist das kirchliche Leben eingebunden, Plätze mit einer angemessenen Mischung etwa mit Pfarrfest und Martinsumzug. aus Naturstein, Betonstein und Asphalt, auf­ Großbardorf hat noch Potenzial, seinen gelockert durch Straßenbegleitgrün, über­ Bewohnerinnen und Bewohnern, insbeson­ zeugt. Historische Blickachsen werden auf­ dere auch Jugendlichen, im kulturellen gegriffen und betont. Sie führen durch einen Bereich neben der Musik weitere Angebote großen Bestand an gut erhaltener, wertvoller, bieten – seien es Kinoveranstaltungen oder historischer Bausubstanz, die es für die Theaterworkshops. Das Sportheim würde Zukunft zu erhalten gilt. Etliche private Bau­ durch eine zeitgemäße Modernisierung herren haben hier schon großes Gespür und aufgewertet werden. Leidenschaft bewiesen. Eine Satzung zur Innenentwicklung im gesamten Gebiet der Grabfeldallianz und Fördermöglichkeiten (10.000 €/25% max.) unterstützen diese Bemühungen. Die Gemeinde übernahm mit 3. Baugestaltung und -entwicklung der Sanierung des ehemaligen Pfarrhauses die Vorreiterrolle, sodass auch die Jugend­ Im einst landwirtschaftlich geprägten Groß­ lichen im Gewölbekeller des vorbildlich bardorf bleiben nicht nur die Kirche im Dorf sanierten denkmalgeschützten Pfarrhauses sondern auch die Menschen und das Geld. nun eine „Location“ zum Treffen, Feiern und Durch umfangreiche Maßnahmen hat das Chillen gefunden haben. Dorf nicht nur den Wandel von einem land­ Diesen Qualitätsanspruch vermisst man aller­ wirtschaftlich geprägten Dorf hin zu einem dings, sobald man das ursprüngliche Sied­ reinen Wohndorf geschafft, sondern exem­ lungsgebiet verlässt. Es bleibt zu hoffen, dass plarisch gezeigt, dass Wohnen und Arbeiten sowohl die Baugestaltung von Vereins­ mit hochqualifizierten Arbeitsplätzen auch heimen und Funktionsgebäuden der Energie­ auf dem Land möglich ist. Trotz des enormen genossenschaft künftig auch „in der GROSSBARDORF Wachstums der ortsansässigen Hightech-­ Bayernliga spielen“ wie der örtliche Fußball­ Firma sollte der städtebauliche Fokus auf verein. Innenentwicklung und nicht auf die Auswei­ Abgesehen von der Baugestaltung ist der sung neuer Baugebiete gelegt werden. Die Einsatz einer Mischung von regenerativen bisherige Baulandentwicklung hat sich zwar Energien aus Biogas, Photovoltaik und verträglich um den Ort gelegt, jedoch stehen Windkraft in Großbardorf kaum zu überbie­ dort noch Bauplätze leer und im Altort ist ten. Anstatt den großen Energiekonzernen durch den demographischen Wandel nach das Feld zu überlassen, spielt das Dorf als wie vor mit Leerständen zu rechnen. Mannschaft und nimmt nicht nur Energie ab, Die Gestaltung der Gassen, Straßen und sondern auch Geld ein.

21 4. Grüngestaltung und -entwicklung zeigen die Gärten ihr Gesicht offen zur Straße und durch den Verzicht auf Zäune tragen Großbardorfs grünes Erbe ist ein prägender auch sie zur Verzahnung mit der Landschaft Bestandteil des gesamten Ortsbildes, das bei. Stimmig fügt sich auch der Aussiedlerhof entscheidend zur Lebensqualität im Dorf mit seiner Grüngestaltung in das Land­ beiträgt. Den Auftakt bilden die baum­ schaftsbild ein. gesäumten Wege an den Ortseingängen und Neue Bau- und Gartenvorhaben sollten sich den Flurwegen, die das Dorf sanft mit der an landschaftstypischen, qualitätsvollen Landschaft verzahnen. Die vielen Groß­bäume Materialien und einer standortgerechten im Ort schaffen grüne Sichtachsen innerhalb Pflanzenauswahl orientieren und nicht von des Ortsbildes und sorgen für eine rahmende austauschbaren Elementen überlagert wer­ Gehölzkulisse. den, die der Identität des Ortes nicht gerecht Die Ortsdurchfahrt ist bis in die Seitenstraßen werden. Großbardorf bietet aber viele gute von Pflanzflächen mit Bäumen, Stauden und und nachahmenswerte Beispiele, die auch Rosen begleitet, die sich in einem überaus künftigen Vorhaben eine gute Anleitung gepflegten und qualitätsvollen Zustand bieten, sensibel mit den vorhandenen präsentieren. Dabei fällt auf, dass die Rose die Grünstrukturen des Dorfes umzugehen. leitende Pflanzenart ist, die in auffallend Um der Überflutungsgefahr zu begegnen, zahlreichen Sorten für sommerlichen Farben­ hat Großbardorf ein Regenrückhaltesystem reichtum sorgt. entwickelt und sorgfältig und harmonisch in Auch die private Gartenkultur fügt sich wohl­ die Landschaft eingefügt. Mit einem Ufer­ tuend in das Dorfbild ein. Viele Fassadenbe­ streifenprogramm wurde das regelmäßige grünungen sorgen für ein lebendiges und auf­ Ausbaggern der Bachgräben überflüssig und gelockertes Ortsensemble. Im Neubaugebiet gleichzeitig wurden so wertvolle ökologische Flächen geschaffen. Wünschenswert wäre die Fortführung der naturnahen bzw. dorf­ gerechten Gestaltung des Baches auch im gesamten innerörtlichen Bereich. Der Friedhof ist mit Heckenstrukturen rhythmisch gegliedert. Hier könnten Groß­ bäume in entsprechenden Qualitäten sowohl innerhalb als auch außerhalb für ein noch stimmigeres Bild sorgen, das sich wohltuend mit der Gesamtkulisse am Kindergarten ergänzen würde.

22 Die Sportflächen am Ortsrand sind zur offe­ Obst spielt auch sonst eine große Rolle. Es nen Landschaft hin von großen Gehölzstruk­ gibt zahlreiche Neupflanzungen von Hoch­ turen eingerahmt. Bei der Neuanlage des stämmen, tausend sollen es gewesen sein, Kunstrasenplatzes sollten die für die Bau­ um die sich der Landschaftspflegeverband maßnahme entfernten Baumreihen wieder kümmert. Der Obst- und Gartenbauverein ersetzt werden, um die entstandene Lücke in hält alle zwei Jahre ein Streuobstfest. der Grünstruktur zwischen Dorf und Land­ 230 ha Wald, zu 95% Laubwald, stocken auf schaft wieder zu schließen. der Großbardorfer Gemarkung. Die kleinere Hälfte ist Kommunalwald, die größere wird von der Laubholzkörperschaft bewirtschaftet. Dieser Niederwald wird abschnittsweise mit 20-jährigem Umtrieb geschlagen. Bei dieser 5. Dorf in der Landschaft altbewährten Bewirtschaftung kommen sel­ tenste Pflanzen zur Entwicklung, z. B. Borstige Großbardorf im Grabfeld kann auf eine große Glockenblume und Haarstrang. Die Doldige landwirtschaftliche Tradition zurückblicken. Wucherblume säumt den Weg. Eine Neuorientierung in der Landwirtschaft Böden und Klima im Grabfeld begünstigen zeigt sich darin, dass heute die Flur von fünf die Elsbeere. Diese wurde auch reichlich Landwirten biologisch statt konventionell nachgepflanzt. Altstämme können mit hohen bewirtschaftet wird. Und weiter: Gewässer­ Erlösen auf die Submission kommen. randstreifen werden auf Eigeninitiative frei­ Die in großen Teilen ökologisch reich ausge­ gehalten. Experimentierfreude zeigt der stattete Flur wird überdurchschnittlich natur­ Landwirt, der eine Haselnusskultur (Stämm­ schonend bewirtschaftet, eine erfreuliche chen auf Baumhasel) begründet hat. Bilanz. Es gibt wirksame Konzepte und ein Artenreiche Landschaftselemente sind die außergewöhnliches Bewusstsein für die Gipskeuperhänge, z. T. als flächenhaftes Na­ Werte in der Natur. Bei der Waldwoche des GROSSBARDORF turdenkmal ausgewiesen. Die Halbtr­ ocken­ Kindergartens wird das schon bei den Kleins­ rasen beherbergen dort u. a. Silberdisteln ten geweckt. und eine große Population an Schachbrett­ Die flurbereinigten Flächen können sicher in faltern. Zudem gibt es hier Beweidungskon­ Zukunft mit Ausgleichsgeldern der Wind­ zepte. kraftanlagen ökologisch wertvoll strukturiert Ein Biotop höchster Qualität sind 20 ha alte werden. Streuobstflächen am Waldrand, wo Stein­ kauz, Wendehals und Neuntöter beobachtet werden. Vogelexkursionen vermitteln dies der Bevölkerung.

23 HELLMITZHEIM

24 GOLD Grundvoraussetzung und Vorbild für private Investitionen beispielhaft. Hellmitzheim Mit einem eigenen Kindergarten, einer Bäckerei und acht Gewerbebetrieben sind Stadt Iphofen Landkreis Kitzingen nicht nur wichtige Versorgungsangebote unmittelbar im Ort, sondern es werden Arbeitsplätze geboten und die Lebendigkeit ist im Dorf deutlich spürbar. Selbst die Möglichkeiten zu Nahversorgung sind durch einen fahrenden Metzger gege­ ben, zusätzlich gibt es zwei Wirtshäuser und einen Getränkemarkt. In das nahe gelegene Iphofen gelangt man mit dem ÖPNV im Einstundentakt, von dort sind über den Bahnhaltepunkt weitere Nah- und Fernziele erreichbar. Das von der Stadt Iphofen initiierte Ziel des Erhalts der gewachsenen Struktur wurde vor­ bildlich in gemeinschaftlichem Vorgehen Landrat: Tamara Bischof umgesetzt. Bürgermeister: Josef Mend Identität und Gleichberechtigung, Verbesse­ rung der Infrastruktur und stabile Einwohner­ Kreisfachberatung für Gartenkultur und Landespflege: Mechthild Engert zahlen sind die erreichten Zielvorgaben. Seit fast 20 Jahren wird Hellmitzheim auch Einwohnerzahl: 383 durch städtebauliche Maßnahmen begleitet. Gemarkungsfläche: 992 ha Die Strategie der Stadt, Leerstände anzukau­ Dorferneuerung / Städtebauförderung: ja fen, Konzepte der Weiterentwicklung zu Betriebe in der Landwirtschaft generieren und für eine Wiederverwertung Vollerwerbsbetriebe: 11 durch Verkauf zu sorgen, sind vorbildlich und Nebenerwerbsbetriebe: 3 Betriebe in Industrie und Gewerbe: 0 erfolgreich realisiert. Mit einer umfassenden und schlüssigen Gestaltungssatzung wurden die Entwicklungsziele stringent verfolgt, wo­ bei es sich als hervorragend gezeigt hat, auch den Privateigentümern umfangreiche städ­ tebauliche Beratung an die Hand zu geben.

1. Entwicklungskonzepte und wirtschaftliche Initiativen

Hellmitzheim ist mit seinen 390 Einwohnern tatsächlich ein Dorf, dessen Stärke in der Gemeinschaft begründet ist. Trotz der demographischen Veränderungen im ländlichen Raum, weist der Ort stabile Ein­ wohnerzahlen auf. In Hellmitzheim, einem Stadtteil der Stadt Iphofen ist die Infrastruk­ tur bzw. sind die Trinkwasserversorgungs- und Abwasseranlagen vorbildlich. Die öffent­ liche Hand ist diesem Bereich sowohl in ihrer Struktur als auch in ihrer Gestaltung als 25 Die Städtebauförderung mit 30 % Förderung 2. Soziale und kulturelle Aktivitäten und bis zu 20.000 Euro finanzieller Unterstüt­ zung zeigt sich an den Privatgebäuden. Bereits vor der Begehung des Dorfes hat eine Außergewöhnlich ist auch die Entscheidung, persönlich gehaltene und professionell landwirtschaftlichen Betrieben die Aussied­ gestaltete Broschüre einen informativen lung finanziell zu erleichtern. Das unterstützt Einblick in das Leben der Bewohnerinnen die Landwirtschaft als die Verantwortlichen und Bewohner gegeben. unserer Kulturlandschaft. Gleichzeitig wird so Die Besichtigung startete mit einem kulinari­ auf die sich ändernde Zusammensetzung der schen Gruß, der den Ort und seine Speziali­ Wohnbevölkerung mit ihren Auswirkungen täten auf kreative Weise vorstellte. auf den Bezug der Einwohner zu bäuerlichen Während des ganzen Rundgangs war das Betrieben eingegangen. rege Vereinsleben erlebbar von der Senio­ Mit einer Breitbandversorgung von 30 bis rengymnastik in der zum Sportheim um­ 50 Mbit/s für alle Haushalte und einer sehr gebauten alten Schafscheune über den guten Mobilfunkversorgung ist Hellmitzheim Posaunenchor bis zu der Kinderchorgruppe auch für das digitale Zeitalter sehr gut gerüs­ der musikalischen Flummis. Besonders zu tet. erwähnen ist die intensive Nachwuchsför­ Die professionell geführte Maschinenge­ derung des Posaunenchors und der Dorfmu­ meinschaft von acht Landwirten erleichtert sikanten. Eine rührige Kirchengemeinde die Arbeit jedes Einzelnen. Der Ansatz, neben bringt das ganze Jahr hindurch Leben in die dem Flächennutzungsplan auch einen schlichte Dorfkirche, die im zweiten Welt­ Gewässerentwicklungsplan zu erstellen und krieg völlig zerstört war. diesen konsequent umzusetzen, fördert nicht Verschiedene Gebäude in Hellmitzheim wur­ nur den Naturhaushalt, sondern schafft be­ den sinnvoll umgenutzt: die Milchsammel­ sonderen Naturraum für die Bürgerinnen und stelle wurde zur Fotogalerie und die Bürger aus Hellmitzheim und ihre Besucher. Gemeinschaftsgefrieranlage zu einem Teil 26 des Feuerwehrhauses. Mehrfach genutzt ist Gestaltungssatzung, Leitlinien mit Zielformu­ ein ehemaliges Bauernhaus, das sog. Flatter­ lierungen, ein denkmalpflegerischer Erhe­ haus, in dessen Erdgeschoss sich die Jugend bungsbogen und ein Energienutzungsplan trifft, ein Gemeinschaftsraum für Musikpro­ die Basis. Privatpersonen werden bei der ben und Landfrauentreffen eingerichtet und Sanierung ihrer Anwesen durch eine Baube­ im Obergeschoss eine Ausstellung über ratung fachkundig unterstützt. Trotz des heimische Fledermäuse beheimatet ist. hohen Bewusstseins für ihren Ort, für ihre „Junges Gemüse in altem Gemäuer“ schafft eigene Kultur, ist Kirchturmdenken offen­ Identität und Bewusstsein. sichtlich für die Hellmitzheimer Schnee von Eine professionelle Fortführung der beste­ gestern. Die Zusammenarbeit und Orientie­ henden, bereits älteren Dorfchronik, mög­ rung, auch über die Ortsgrenzen hinweg, licherweise auch als Online-Datenbank, wird durch die Interkommunale Allianz „7/22 könnte die Geschichte dieses Ortes doku­ Südost“ gepflegt, die ein integriertes länd­ mentieren und bewusst machen. Ansätze liches Entwicklungskonzept gemeinsam dazu sind bereits vorhanden. erarbeitet hat. Pragmatisch, unaufgeregt und dörflich zeigt sich der gut gestaltete, barrierefreie, aus­ gebaute öffentliche Raum. Die Verwendung heimischer Materialien, Fassadengrün, 3. Baugestaltung und -entwicklung Pflanzbeete, Straßenbegleitgrün und Dorf­ linden ergänzen das harmonische Gesamt­ Der Siedlungskörper von Hellmitzheim liegt bild. Plätze und Grünflächen mit Sitzgelegen­ wie seit jeher harmonisch eingebettet in die heiten laden zur Kommunikation und zum ihn umgebende Natur- und Kulturlandschaft. Verweilen ein. Gut gewählte Beleuchtungs­ HELLMITZHEIM Scheunengürtel und das Gewässer Kirchbach körper ergänzen das ausgewogene Stim­ bilden den Ortsrand. Wie selbstverständlich mungsbild. ergänzt ein kleines Neubaugebiet aus den Zu sehen gibt es zudem in vorbildlicher 90er Jahren den Altort und fügt sich maß­ Weise sanierte private Anwesen mit charak­ stäblich als organische Siedlungserweite­ teristisch gestalteten Hausgärten und Höfen. rung in die Struktur ein. Die regionale fränki­ Die große Liebe der Hellmitzheimer zu ihrem sche Bauweise wird aufgenommen, was sich Ort zeigt sich bis ins Detail, so sind die ein­ durch geschickt festgesetzte Baufenster in gesetzten Materialien, die Farbgebungen, der Anordnung der Gebäude zeigt, aber auch Fensterdetails mit Klappläden, Hoftore, in der Kubatur, in der Wahl der Dachformen Einfriedungen und Dacheindeckungen ort­ und Dacheindeckung, bei Einfriedungen, stypisch, harmonisieren miteinander und Eingrünungen und im öffentlichen Raum spiegeln den dörflichen Charakter wieder. spürbar ist. Trotzdem steht der Sanierungswille und Substanzerhalt vor der Ausweisung von weiteren Neubaugebieten. Der Fokus ist auf die Innenentwicklung gerichtet. Die großen Zerstörungen aus dem zweiten Weltkrieg sind im Altort kaum noch zu spüren. Vielmehr wurde wieder aufgebaut, gepflegt und saniert, der Charakter des Dor­ fes ist erhalten geblieben und ins 21. Jahr­ hundert transformiert worden. Dabei bilden Rahmenpläne, strategische Konzepte, vor­ bereitende Untersuchungen, ein seit 1998 förmlich festgelegtes Sanierungsgebiet, eine 27 Dies stiftet Identität und steigert die Attrakti­ innerörtliche Großgrün. Sie prägt gleich meh­ vität der Gemeinde. Das zeigt sich selbst im rere Plätze und einige Hofstellen und wird als sehr gut gestalteten Logo, das im „Dorfkeks“ wichtiges gemeinsames Identifikations­ kulinarisch verarbeitet wird. element im Ort wahrgenommen. Zahlreiche Wichtige Infrastrukturen werden nicht auf oft landwirtschaftliche Anwesen glänzen die „Grüne Wiese“ verlagert, sondern verblei­ durch ihre beispielhafte Hofgestaltung mit ben im Ortszentrum. Hierfür werden von gepflegten Gemüsebeeten, Fassadenbegrü­ Bürgern und der Stadt bestehende Gebäude nungen, Stauden- und Rosenpflanzungen, in vorbildlicher Weise umgenutzt. Beispiel­ die den bäuerlichen Charakter des Ortes haft sind das Sportheim in einem ehemaligen­ untermalen. Schafstall, eine Sanierungsmaßnahme zur Großer Wert wird auf eine einheitliche Ein­ Unterbringung von anerkannten Flüchtlin­ friedung mit regionaltypischen Lattenzäunen­ gen, zwei gastronomische Einrichtungen und gelegt. Erwähnenswert ist hier besonders die der Kindergarten. Herausragend ist in diesem Umfriedung der Kirche und des Friedhofes, Zusammenhang das Flatterhaus, ein mit viel hierbei betonen Lattenzaun und begrünte Bürgerengagement sehr gut saniertes Natursteinmauern vortrefflich die Würde des ehemaliges Bauernhaus. Man könnte fast Ortes. Die Grabmale sind orts­typisch gestal­ meinen, dass die in Hellmitzheim immer noch tet, wobei dem beginnenden Aufkommen großen Fledermausbestände dem gesamten von sterilen Steinflächen nicht nur bei Ort Flügel verleihen. Gräbern Einhalt geboten werden sollte. Hier­ Die Hellmitzheimer können zu Recht stolz auf bei kann gezielte Öffentlichkeitsarbeit durch das bisher Erreichte sein, Visionen für die Vertreter eines Gartenbauvereins bzw. die weitere Entwicklung haben sie trotzdem. So können nach ihren Vorstellungen die durch ein Teilaussiedlungskonzept im Zusammen­ hang mit der Viehwirtschaft leer stehende Scheunen für Wohnzwecke sukzessive nach­ genutzt werden. Wohnen im Altort erfährt so eine beispielhafte Weiterentwicklung im Sinne des Flächensparens und im Sinne der Erhaltung von ortsbildprägender Bausub­stanz.

4. Grüngestaltung und -entwicklung

Hellmitzheim setzt mit seiner großen Anzahl von Grünflächen und Solitärbäumen, verbun­ den mit einer hohen Akzeptanz in der Bevölkerung und einem ausgeprägten Be­ wusstsein für Grün, Maßstäbe im Vergleich zu anderen Dörfern mit bäuerlichen Strukturen in Unterfranken. Darüber hinaus bilden gepflegte Streuobstwiesen im Innenort ästhetische und ökologische Verbindungs­ achsen in die offene Landschaft. Diesen wert­ vollen Schatz gilt es zu bewahren. Neben vielen Nuss-, Kirsch-, und Birnbäumen spielt die Linde eine wichtige Rolle für das 28 Kreisfachberaterin wertvolle Dienste leisten. Landschaftspflegeverband. Abschnitte des Das am Ortsrand befindliche Neubaugebiet Kirchbaches mit Gehölzsäumen und einem gliedert sich wunderbar in das Ortsbild ein. Quellbereich sind als Biotop erfasst. Unlängst Damit sich entstehende Gewerbeflächen zu wurden Maßnahmen des Gewässerentwick­ einem Verbindungsglied zwischen Ortskern lungsplans umgesetzt. und freier Landschaft entwickeln können, ist Die Bürgersolaranlage ist mit einer Bepflan­ eine fachgerechte Begrünung für groß­ zung in die Landschaft eingebunden. Der flächige bauliche Anlagen unabdingbar. metallverarbeitende Betrieb am östlichen Immer wieder tauchen grüngestalterische Ortsrand dagegen sollte noch mit heimi­ Details im Ort auf, die z. B. technische schen Gehölzen eingegrünt werden. Elemente elegant ins Dorfbild integrieren. Eine Besonderheit stellt der Hutewald in Dies könnte sich auch auf den Bereich des Hellmitzheim dar. Er wird auf traditionelle Art Wertstoffhofes übertragen. Die Pflege und durch Fränkisches Gelbvieh, eine alte Haus­ Gestaltung der öffentlichen Grünanlagen rindrasse, und Rotwild genutzt. Der Hellmitz­ obliegt schwerpunktmäßig den Anwohnern, heimer Hutewald wurde im Rahmen des wobei eine zu ausgeprägte Individualität in LIFE+-Projektes als einzigartiger Lebensraum punkto Gestaltung durch gegenseitige für Flora und Fauna angelegt. Auf dem Natur­ Abstimmung vermieden werden sollte. erlebnisweg erfahren Groß und Klein, wie Grasstreifen entlang der Dorfstraßen und na­ Landwirtschaft und Naturschutz Hand in turnahe Ansaaten verleihen dem Dorf nicht Hand betrieben werden können. nur ein blühendes, sondern auch ein Gemeinsam mit dem vom Landesbund für ökologisches Gesicht. Vogelschutz betriebenen Flatterhaus, einer Ausstellung über Fledermäuse, ist der Hute­ waldweg eine tragende Säule des touristi­ HELLMITZHEIM schen Konzepts der Stadt Iphofen. Das Projekt gibt nicht nur nutzungsgeschicht­ 5. Dorf in der Landschaft liche Einblicke, sondern trägt auch dazu bei, dass Wald und Flur um Hellmitzheim über Am Rande des südlichen Steigerwaldes liegt den Naturschutzaspekt hinaus weiter an das Dorf in der gleichnamigen Hellmitz­ Wertschätzung gewinnen. Auch Initiativen heimer Bucht. Das fruchtbare Ackerland wird wie das Flatterhaus tragen hierzu bei und von den bewaldeten Höhen des Steigerwald­ sind beispielgebend für eine Wertschöpfung vorlandes umgeben. im Einklang mit den natürlichen Gegeben­ Eine als Naturdenkmal ausgewiesene Gips­ heiten auf der Höhe der Zeit. Diesen Weg wei­ karstquelle ist das Geotop „Grundlos“. ter gemeinsam zu bestreiten wird die Aufga­ Die Quelle befindet sich nordöstlich der be der nächsten Jahre und Jahrzehnte sein. Ortschaft von Hellmitzheim am Bachlauf des Kirchbaches. Es handelt sich um zwei kleine Quelltrichter mit klarem Wasser. Insgesamt acht Teiche stellen wichtige Biotope für Amphibien dar. Nordöstlich der Ortschaft liegt, dem Mönch­ sondheimer Holz vorgelagert, ein arten- und strukturreicher Biotopkomplex aus Kalkma­ gerrasen, extensiven Wiesen und Gebüschen. Darüber hinaus ist hier eine rekultivierte Gipsabgrabungsstelle mit Magerrasenvege­ tation zu finden. Die Pflege der zahlreichen Hecken in der Gemarkung erfolgt zum Teil durch den 29 HOFSTÄDTEN

30 BRONZE Nach der Überarbeitung des Flächennut­ zungsplanes, eines Landschaftsplanes und Hofstädten eines Gewässerpflegeplanes wurde unter Mitwirkung von Gruppen und Vereinen Markt Schöllkrippen Landkreis Aschaffenburg konsequent die Aufnahme in das Dorf­ erneuerungsprogramm verfolgt. In den nunmehr neun Jahren Dorferneue­ rung, in denen unter grandioser Mitarbeit der Bevölkerung konkrete Maßnahmen abgear­ beitet werden konnten, hat das Dorf neues Leben und eine neue Identität erhalten. Beherrschten früher Themen wie Bevölke­ rungsrückgang, desolate Staats- und Orts­ straßen, ein in seiner Existenz gefährdeter Kindergarten und ähnliche Themen das negative Stimmungsbild der Bevölkerung, so ist man heute wieder stolz auf sein kleines „verrücktes Dorf“, das viel geleistet und sich so zum Positiven verändert hat. Landrat: Dr. Ulrich Reuter Beitragsrechtliche Probleme in den Bauge­ Bürgermeister: Reiner Pfistner bieten aus den frühen 70er Jahren konnten gelöst werden. Kreisfachberatung für Gartenkultur und Landespflege: Jenny Kummer Das Hofstädtener Highlight ist der „Hofstäd­ tener Dorfladen“ der Dorfladen GmbH UG, Einwohnerzahl: 550 bestehend aus ca. 150 Anteilseignern. Heute Gemarkungsfläche: 365 ha erwirtschaftet der Dorfladen Umsatzzahlen, Dorferneuerung / Städtebauförderung: ja die weit über die ursprünglichen Prognosen Betriebe in der Landwirtschaft hinausgehen. Etwa 50 % der verkauften Vollerwerbsbetriebe: 0 Produkte werden aus der näheren Region Nebenerwerbsbetriebe: 1 Betriebe in Industrie und Gewerbe: 30 bezogen. Positiv ist das Bestreben, den Kindergarten als „Kinderhaus“ zu erhalten.

1. Entwicklungskonzepte und wirtschaftliche Initiativen

Hofstädten liegt im Kahlgrund am westlichen Rand des Spessarts an der St2306 zwischen Geiselbach und Schneppenbach und ist seit 1978 Ortsteil der Marktgemeinde Schöll­ krippen, Landkreis Aschaffenburg. Die Gemarkungsfläche beträgt 315 ha, da­ von sind 30 ha bebaut, 250 ha landwirtschaf­ t­ liche Fläche und 35 ha Wald. Hofstädten hat sich vollständig verändert. Vor 100 Jahren war nahezu jedes Anwesen landwirtschaftlich genutzt. Heute gibt es noch einen Vollerwerbslandwirt und wenige Nebenerwerbslandwirte in Hofstädten. 31 Obwohl das Breitbandnetz (FTTC) bereits 2. Soziale und kulturelle Aktivitäten gut ausgebaut wurde, sollten die raschen Neuerungen laufend beachtet werden. Zu Recht sind die Bewohner und Bewohner­ Zur Verbesserung der problematischen Wald­ innen von Hofstädten stolz auf ihren Dorf­ bewirtschaftung auf unzähligen kleinsten laden, der die Nahversorgung sichert. Ein Privatwaldparzellen sollte eine Waldneu­ kleiner Nebenraum ist ein Treffpunkt für alle ordnung angestrebt werden. Generationen. Hierbei wäre zu überlegen, Im Altort gibt es keinen Leerstand. Im Bau­ den bisher eher provisorischen Nebenraum gebiet sind jedoch noch zehn Baulücken un­ mit einfachen Mitteln noch attraktiver zu bebaut. Der Markt Schöllkrippen ist daher gestalten. gut beraten, die Erschließung eines weiteren Obwohl fast alle Bewohner Hofstädtens Aus­ Baugebiets am Ortsrand zu überdenken. pendler sind, prägen mehrere Vereine das Der Markt Schöllkrippen ist Mitglied in der Dorfleben. Kirchliche Bräuche wie das Interkommunalen Allianz „Kahlgrund-West­ Karfreitagsklappern und Mai-Andachten am spessart“, die wesentliche Entwicklungsziele Kriegerehrenmal werden gepflegt, obwohl definiert und angestoßen hat, welche für der Ort selbst keine Kirche hat. Ministranten Hofstädten weiterhin verfolgt und umgesetzt und Chorsänger gehen zur Kirche nach werden sollten. Ein Beispiel hierfür wäre eine Geiselbach. nachhaltige Energieversorgung durch Nah­ Der Sportverein hat sich einen eigenen Sport­ wärme. platz gebaut und die Vereine bieten zahlrei­ Die vorgeschlagenen Maßnahmen aus dem che Feste an. Ein großer Gemeinschaftsraum vorliegenden Gewässerentwicklungskonzept­ ist zusammen mit dem Feuerwehrhaus am könnten die Hochwasserprobleme von Hof­ Dorfrand angesiedelt. städten lösen. Ein wichtiges Ziel in Hofstädten ist es auch, Die Wasserversorgung von Hofstädten wird dass der Buswendeplatz behindertengerecht diskutiert und ist zu regeln. ausgebaut­ wird. 32 3. Baugestaltung und -entwicklung Sanierungen ins Auge, aber auch Beispiele, die diese Sensibilität vermissen lassen. Die Der Dorfladen, Aushängeschild und Symbol Verwendung einer Vielzahl am Markt ange­ für die Wiederbelebung des Dorfes Hofstäd­ botener, unterschiedlicher Baumaterialien ten im landschaftlich schönen Kahlgrund, ist ohne Bezug zum gewachsenen Ortsbild ein sehr gut gelungenes Beispiel für die wirkt, und dies besonders oft in den Neubau­ Erfolge der durchgeführten Dorferneuerung gebieten, störend. Die Gemeinde hat mit der in diesem Ort. Auch wenn der Neubau die Aufstellung und Fortschreibung der orts­ straßenraumbildende Kontur des Vorgänger­ räumlichen Planungen notwendige Vorarbeit gebäudes nicht mehr aufnimmt, überzeugt geleistet. Hinweise zur baulichen Gestaltung die klare Architektur durch dörfliche Maß­ sollten zusätzlich z. B. in einer Gestaltungs­ stäblichkeit. Der mit viel Engagement be­ fibel dargestellt werden. Dies würde dem triebene Dorfladen schafft auch eine neue einen oder anderen Hauseigentümer einen soziale Mitte im Ort. Leitfaden mit Gestaltungstipps an die Hand Durch die Erneuerung der Straßen im Altort geben, ohne Zwänge aufzubürden. Das im und in den drei Baugebieten entstand ein privaten Bereich noch große Sanierungs­ durchgängiges, einheitliches Straßenbild, potenzial sollte weiterhin gefördert werden, auch wenn der Versiegelungsanteil sehr hoch z. B. auch durch eine entsprechende Fach­ ist. Vielleicht sind hier punktuell noch Korrek­ beratung. turen möglich. Maßnahmen zur energetischen Erneuerung Mit dem aktuellen Umbau der alten Schule sind im Ansatz erkennbar, so z. B. die Photo­ HOFSTÄDTEN bleibt der Kindergarten im Altort und das voltaikanlage auf dem Dach des Dorfladens Gebäude erfährt als „Haus für Kinder“ eine oder auch der Einsatz erster LED-Leuchten in langfristige Nutzung. Die vorgesehene der Bayernstraße. Hier sollten zukunftsfähige Umgestaltung des Buswendeplatzes in einen Wege weiter beschritten werden. Als Erstes Dorfplatz mit anschließendem Fußweg ent­ könnte dies ein Beleuchtungskonzept für lang des Schneppenbaches wird die den Gesamtort sein. Ortsmitte weiter aufwerten und das etwas außerhalb liegende Gemeinschaftshaus stärker an den Altort anbinden. Erfreulich liebevoll sind viele Sanierungen privater Anwesen ausgeführt, hier beispiel­ haft die Hofanlage in der Spessartstraße 8. Beim Rundgang durch das Dorf fallen weitere einfühlsam und dorfgerecht ausgeführte

33 4. Grüngestaltung und -entwicklung Einige private Vorgärten wurden im Trend der Zeit als reine „Steingärten“ oder mittels In Hofstädten prägt der Geiselbach die dörf­ Formgehölzen aufwendig gestaltet bzw. liche Grünstruktur. Hier pulsiert der öffent­ angelegt, ganz gegensätzlich zu alten, liche Freiraum mit Ankunft und Abfahrt aller idyllischen und bunten Gartenanlagen mit örtlichen Busverbindungen, mit speziellem stattlichen Haus- und Hofbäumen. Kinder-Spielangebot, mit Rasen-Sport für An der Einmündung zum Dorfgemeinschafts­ und mit der Nachbargemeinde sowie mit Be­ haus stand im Zuge des Ausbaus der Spes­ sorgungen für das tägliche Leben im zentral sartstraße eine prägende Blutbuche zur gelegenen Dorfladen. Der Geiselbach fließt Disposition. Dank der richtigen Entscheidung in seinem eingeengten Bachbett vernach­ wurde die Blutbuche erhalten. lässigt und noch wenig beachtet. Künftige Weitsichtig und angemessen ist die Grün- Vorhaben sollen „abseits der Straßen neue und Freiraumgestaltung im Umfeld des Dorf­ Lebensräume“ zur Erhöhung des Wohn- und gemeinschaftshauses mit Feuerwehrhaus. Freizeitwertes schaffen. Durch Umgestaltung Schattenspendende Kastanien in Zuordnung des funktionalen Buswendeplatzes wird ein zu PKW-Stellflächen, eine schützende Linde „echter Dorfplatz“ mit einer Fußwegeverbin­ als Hausbaum und eine Obstbaumreihe ent­ dung entlang des Geiselbaches angestrebt. lang des Flurweges ergeben einen selbstver­ Dies ist ein durchaus positives Bestreben, ständlichen, aber qualitätsvollen Freiraum. wobei die Aufwertung und Erlebbarkeit des Hier handelt es sich um eine gelungene Grün­ Gewässers bedacht werden müssen. Hierzu gestaltung. gehört auch die Sanierung grüngestalteri­ Eine verbesserte Grünsituation ergibt sich scher Fehlentwicklungen mit Nadelbaum­ durch den freigelegten Sichtbezug zum reihen am Fließgewässer. Wiesenpfade und Denkmal, wobei die wegbegleitende An­ Kleingärten gilt es zu bewahren. pflanzung sehr umfangreich ausgefallen ist

34 Die Kappung von Nadelbäumen fiel am Ortsrand und auch innerorts auf Privatgrund­ stücken auf. Grundsätzlich wäre es besser, an eine gänzliche Beseitigung zu denken. Überregionale Wanderwege kreuzen die Flur. Hier sind der Marienweg und der EU-Mittel­ punkte -Weg zu nennen. Man könnte auch daran denken, die Besucher durch Gastro­ nomie und durch Übernachtungsquartiere zu binden. Ein guter ökologischer Ansatz ist die Teil­ renaturierung eines Bachs, an dem auch noch Kopfweiden wachsen. Eine Schutzgemeinschaft hatte sich gebildet, um vor einiger Zeit gegen eine Restmüll­ deponie zu kämpfen. Jetzt setzt sie sich für und bereits in naher Zukunft das Denkmal die örtliche Pflege ein und will den Erhalt wieder verdecken wird. der kommunalen Trinkwasserversorgung er­ In Hofstädten ist der Grundstock einer an­ reichen. Dies ist zu begrüßen. sprechenden Grünstruktur mit öffentlichem Auch die Jagdgenossenschaft kümmert sich Verkehrsbegleitgrün geschaffen. Jetzt gilt es um die Pflege in der Flur. HOFSTÄDTEN den positiven Gartenbeispielen mit Haus- Das Kriegerdenkmal im Außenbereich ist und Hofbäumen, Fassaden-, Vorgartengrün schön gestaltet und eingegrünt, es wurde nachzueifern. Das fachliche Beratungsange­ durch eine Reihe neu gepflanzter Bäume bot des Landkreises zur Grüngestaltung soll bereichert. unbedingt genutzt werden. Empfohlen wird die Gründung eines Obst- und Gartenbauvereins, die Stärkung des Bewusstseins für die vorhandene Natur (Naturpädagogik), die Umwandlung des Verteilerhäuschens für den örtlichen Strom in 5. Dorf in der Landschaft ein Nistbiotop, wenn dieses einmal auf­ gelassen wird, und der Erhalt von einigen Hofstädten, im Einzugsbereich der im „Wilden Ecken“, wie z. B. an einer steilen Vorspessart gelegen, ist in eine hügelige Land­ Böschung, wo nun Königskerzen wachsen schaft eingebettet. Aufgrund der klimatisch dürfen. günstigen Einflüsse vom Rhein-Main-Becken hat sich der Obstbau entwickelt. Davon zeu­ gen noch einige alte Einzelbäume an den Wegen und auch in der Ackerflur. Auf dieser Tradition aufbauend sind neue Anlagen ent­ standen, die sehr gepflegt sind. Die Obstverwertung wird durch eine mobile Kelteranlage aus Mömbris unterstützt. Positiv fallen Heckenzüge und Hohlwege auf, die die Landschaft gliedern, ökologisch auf­ werten und teils bis an den Ortsrand hinzie­ hen. Auch dieser ist recht gut eingegrünt, leider fallen in diesen extensiven Anlagen aber immer wieder Nadelbäume störend ins Auge. 35 KLEINKAHL

36 SILBER und unter Beteiligung der Bürgerschaft wur­ den in den letzten 15 Jahren mit dem Instru­ Kleinkahl ment der Dorferneuerung systematisch und zielgerichtet neue Konzepte entwickelt und Gemeinde Kleinkahl Landkreis Aschaffenburg auch zahlreiche Projekte realisiert. Einer der Erfolge ist die nahezu gleichbleibende und sich nicht verringernde Bevölkerungszahl. Die gelungene Vernetzung der einzelnen Ortsteile mit neugestalteten Flurbereini­ gungswegen ist eine infrastrukturelle Verbes­ serung und hat auch dem Zusammenwach­ sen der fünf Gemeindeteile gedient. Darin, dass sich alle fünf darauf verständigen, the­ matische Feste jeweils gemeinsam und nicht parallel zu feiern, zeigt sich die gewachsene Gemeinschaft. Das hat die Menschen auch in den Planungsprozessen zusammenge­ führt. Einvernehmlich werden Schwerpunkte gesetzt. Landrat: Dr. Ulrich Reuter Die Verbesserungen in den Ortskernen ver­ Bürgermeister: Angelika Krebs hinderten bzw. beseitigten Leerstände und lassen die Lebendigkeit des Ortes deutlich Kreisfachberatung für Gartenkultur und Landespflege: Jenny Kummer spüren. Drei Lokale zeigen die Offenheit und Gastfreundschaft. Mit der Realisierung des Einwohnerzahl: 1850 Dorfladens wurde das Angebot der Nahver­ Gemarkungsfläche: 1300 ha sorgung elementar erweitert und gleichz­ eitig Dorferneuerung / Städtebauförderung: ja ein Treffpunkt für Jung und Alt geschaffen. Betriebe in der Landwirtschaft Die Entscheidung zur Mitgliedschaft in der Vollerwerbsbetriebe: 3 kommunalen Allianz Kahlgrund-Spessart war Nebenerwerbsbetriebe: 10 Betriebe in Industrie und Gewerbe: 5 strategisch richtig und zielführend. Die in dieser Allianz gesetzten Schwerpunkte zur Innenentwicklung, zur Vermarktung leerste­ hender Grundstücke und die Maßnahmen zur Verhinderung des Flächenverbrauchs zählen ebenso dazu wie das Angebot an kos­ tenloser Beratung durch Architekten für 1. Entwicklungskonzepte und wirtschaftliche Initiativen

Fünf Dörfer eine Gemeinde! So erlebt auch der Fremde die am nord-öst­ lichen Teil des Spessarts gelegene Gemeinde Kleinkahl mit ihren weiteren Ortsteilen Edelbach, Großkahl, Großlaudenbach, Klein­ laufenbach. Den strukturellen Veränderungen, insbe­ sondere im Bereich der Landwirtschaft und der Holzindustrie, ist die Gemeinde in den vergangenen Jahrzehnten zielstrebig und er­ folgreich begegnet. Mit fachlicher Beratung 37 Bauwillige in den Ortskernen. Der Verzicht in der Allianz geschlossene Maschinenge­ auf die Ausweisung neuer Baugebiete ist mu­ meinschaft sind beispielgebend. tig, aber zielführend. Im gleichen Atemzug ist Der gute Geist der starken Dorfgemeinschaft die Entscheidung für eine Hackschnitzel­ wird für Kleinkahl auch in der Zukunft ele­ heizung als Beleg für visionäres Handeln im mentar sein. Ihn gilt es dauerhaft zu pflegen. energe­tischen Bereich zu nennen. Ein Zeichen der Familienfreundlichkeit ist eine Windelpauschale von 300 Euro für jedes Kind für die ersten drei Lebensjahre. Auf die­ sem Weg, junge Leute in den Ort zu bringen, 2. Soziale und kulturelle Aktivitäten zu unterstützen und dort zu halten, sollte Kleinkahl bleiben. Zahlreiche Vereine, teils in den umliegenden Die Verlegung von Leerrohren bei Straßen­ Orten angesiedelt, und ihr lebendiges Fest­ bauarbeiten als Möglichkeit für eine künftige leben prägen das soziale Miteinander in Verbesserung der Breitbandversorgung ist Kleinkahl. Reichen die Sonntage überhaupt im Ansatz richtig. Jedoch sollte langfristig im Jahr für die vielen Feste? Besonders eine höhere Übertragungsrate angestrebt erwähnenswert sind das Handkäsefest und werden. Deshalb wird die Verlegung von das Strohballenfest mit der Strohkönigin, Glasfaser-Leerrohren empfohlen. Zur not­ organisiert vom Gesangverein Heiterkeit. wendigen Versorgung gehört auch ein gut Es gibt viele Möglichkeiten für geselliges ausgebautes Mobilfunknetz. Es wird empfoh­ Zusammensein im und um den Ort, etwa im len, alle Möglichkeiten der Verbesserung seit fünf Jahren bestehenden Dorfladen, anzustreben. Langfristig würde auch eine der auch eine E-Bike-Ladestation hat sowie Gestaltungssatzung oder -fibel die Qualität am Maulaff­ enplatz, wo der Wasserlauf der Innenentwicklung fördern. Klein ­kahl zu einem kleinen Spielplatz gefasst Der Feuerwehrbeschaffungsverband und die und ein Kickergerät aufgebaut ist, am 38 Wassertretbecken außerhalb des Dorfes oder Zusammen mit den Gemeindemitgliedern am Backhäuschen beim Kindergarten. konnten die in Arbeitskreisen entwickelten Traditionen werden in Kleinkahl großge­ Ideen in einem Maßnahmenkatalog zusam­ schrieben, sei es das Karfreitagsklappern, das mengestellt und teilweise bereits umgesetzt Maibaumaufstellen oder die Herstellung werden. traditioneller Gerichte im Backhaus. Neue Um unnötigem Flächenverbrauch vorzubeu­ Herausforderungen werden angenommen: gen und die vorhandenen Leerstände zu Die vierzig Flüchtlinge im Ort sind integriert, minimieren werden die Bürger mit einer unter anderem im Fußballverein. kostenlosen Vermittlung von Grundstücken und Immobilien der kommunalen Allianz Kahlgrund-Spessart auf der Internetseite „Hausnummer frei!“ bei der Suche ihres Traumhauses unterstützt. Neue Bau- und 3. Baugestaltung und -entwicklung Gewerbegebiete sollen nicht erschlossen werden. Teils kauft die Gemeinde neben­ „…ein Dorf mit vielen Ortsteilen“ einander liegende Grundstücke mit leerste­ Kleinkahl liegt im oberen Kahlgrund, besteht henden Immobilien auf, um sie den heutigen­ aus mehreren kleinen ehemaligen Einzel­ Ansprüchen entsprechend neu aufzuteilen, KLEINKAHL gemeinden entlang dem Kahl-Bach und ist sodass sich leichter ein Käufer findet. an die Verwaltungsgemeinschaft Schöll­ Der erst kürzlich eröffnete Dorfladen in der krippen angeschlossen. Ortsmitte wurde von Anfang an hervor­ Gemeindeverwaltung, Grundschule, Kirche ragend angenommen. In naher Zukunft soll und ein neu errichteter moderner Dorfladen neben dem Laden ein Bouleplatz in Eigen­ für die Sicherung der täglichen Grundver­ leistung der Bürger entstehen, um den neu sorgung befinden sich zentral in Kleinkahl. entstandenen Kommunikationsmittelpunkt Mit Mitteln der Dorferneuerung konnten weiter zu beleben. In Edelbach wurde ein viele Straßen neu gestaltet und kleine öffent­ Dorfbackhaus mit Bushaltestelle und Park­ liche Dorfplätze, die sogenannten „Maul­ platz errichtet. Regelmäßig wird hier gemein­ affenplätze“, zum Verweilen eingerichtet schaftlich Brot gebacken. Es werden regelmä­ werden. Die kleinen Plätze beleben den Orts­ ßig Feste gefeiert und der Weihnachtsmarkt kern und tragen zur Attraktivität des Dorfes hat hier seinen Standort. bei. Die Straßenbeleuchtung wurde im Die Gemeinde hat das Potenzial erkannt, Sanierungsgebiet vollständig auf LED um­ erneuerbare Energien zu nutzen. Eine Hack­ gestellt. Neue Stege und Brücken über die schnitzelanlage versorgt bereits fünf kom­ Kahl sowie Flurbereinigungsstraßen lassen munale Gebäude. Es ist denkbar, das Nah­ kurze verbindende Fußwege zu. wärmenetz noch auszubauen und die vorhandene Ressource „Holz“ noch intensiver zu nutzen. Bis dahin sollen weitere private und kommunale Dächer und der Dorfladen mit Photovoltaikanlagen ausgestattet wer­ den. „In Kleinkahl gibt es leider nur wenig histori­ sche Bausubstanz.“, ist im Bericht zu lesen. Vermutlich ist dies dem geschuldet, dass in der Vergangenheit nicht lange darüber nach­ gedacht wurde, ob ein erhaltendes Konzept nicht zielführender und zudem charmanter sein könnte als ein Ersatzneubau. Bei den wenigen noch vorhandenen historischen Bauwerken sollte zukünftig die Wertigkeit 39 eingehender geprüft und nach einfühlsamen wirken fremdartig. Lange, überdimensionier­ te Lösungen gesucht werden. Um den Dorf­ Balkone, womöglich mit einem Geländer im charakter zu erhalten sollte dringend ein Um­ voralpenländischen Stil, sind fehl am Platz. denken in den Köpfen aller Beteiligten an­ Besonderes Augenmerk ist der Maßstäblich­ gestrebt werden. Bei geplanten Neubauten keit an sich zu widmen. Proportionen, und zukünftigen Renovierungen sollte auf Bau ­volumen, Dachform, -neigung und Dach­ identitätsstiftende Elemente Wert gelegt überstände, klassische Formate, schlichte werden. Anstehende energetische Sanierun­ Baukörper sind hier nur ein paar Schlagworte. gen bieten hierbei eine sehr große Chance Kitschige, überflüssige, aber auch fremd­ gestalterische Fehler zu korrigieren. artige Baustile sollten das fränkische Um dem Dorf wieder zu Identität zu verhel­ Ur -­Design nicht überlagern und ersticken. So fen müssen alle Bereiche, kommunal und tragen die Ausgestaltung der Fassade mit privat, Neubau und Altbausanierung, Haupt­ dezenter Farbe, die Oberflächenstrukturen, gebäude, Nebengebäude und Schuppen mit aber auch Tore, Zäune, Vorgärten, Hofein­ in das Planungskonzept aufgenommen wer­ fahrten und Höfe der einzelnen Liegen­ den. Auf jedes kleine Detail muss Wert gelegt schaften maßgeblich zum Gesamtbild des werden. So sollte für die dorfgerechte Ausge­ wieder aufzubauenden Dorfambientes bei. staltung vorwiegend auf heimisches Material Zusammen mit den Beratern des Amtes für zurückgegriffen werden. Naturstein aus Indi­ ländliche Entwicklung bietet die Gemeinde en, Klinkersockel, eine Materialsammlung eine individuelle und kostenfreie Bau­be­ aus dem Baumarkt passen hier einfach nicht. ratung für bauwillige Bürger an. Holzfenster sind Kunststofffenstern vorzu­ Mit dieser richtungsweisenden Unterstüt­ ziehen. Stehende Formate entsprechen der zung steht einer zukünftigen qualitätsvollen fränkischen Bautradition, liegende Formate baulichen Entwicklung eigentlich nichts im Weg, um die Gemeinde ihrem zukünftigen Ziel ein Stückchen näher zu bringen.

4. Grüngestaltung und -entwicklung

Kleinkahls örtliche Grüngestaltung wird belebt durch die Lage am Fließgewässer Kahl, dessen bewachsene Ufer wie ein grünes Band den ganzen Ort prägen. Plätze wie der „Maul­ affenplatz“ an der „Kleinen Kahl“ bereichern nicht nur das Ortsbild, sondern haben auch wichtige soziale Funktionen. Die den Platz prä­ gende Linde zeigt Vitalitätsmängel. Um diese beheben zu können, ist die Einbeziehung von professioneller Hilfe ratsam. Ein stimmiges Beispiel ist auch das Umfeld der Kirche und des Friedhofes. Neue Bestattungsformen, sensible Grünpflege und ausreichend vorhan­ denes Großgrün im neuen Friedhofsteil sind gelungene Beispiele für einen zukunfts­ weisenden Bewusstseinswandel. Die traditionelle Rolle des Streuobstanbaues in diesem Ort wurde unmittelbar neben dem 40 Dorfladen auf einer innerörtlichen Wiese in Besucher einen Eindruck von ihrer Ausdeh­ Form einer Neupflanzung aufgenommen, bei nung erhalten können. der besonders historische Regionalsorten Die beiden Quellen, denen die Kahl ent­ und -arten ausgewählt wurden. Um die springt, gehören zu den stärksten im Spes­ Funktionsfähigkeit der Pflanzung nachhaltig sart. An der Grenze der beiden anstehenden sichern zu können, wäre es primär wichtig, Gesteinsschichten Buntsandstein und Brö­ die Pflege der Bäume in Form eines Stamm­ ckelschiefer treten weitere Sickerquellen schutzes sowie eines regelmäßig fach­ zutage. Die Quellbereiche bieten einzigartige männisch durchgeführten Schnittes zu inten­ Bedingungen für hochspezialisierte Pflan­ sivieren. Die Umwandlung von partiellen zen- und Tierarten. Der Kulturweg wurde in rasenartigen Grünflächen in blütenreiche diesem Bereich so hergerichtet, dass das Wiesenflächen, die Verwendung von ein­ Wasser der Hangsickerquelle unverrohrt heimischen Pflanzenarten sowie das Belas­ abfließen kann. sen von punktuellen Wildkrautbeständen Die Rad- und Wanderwege sind gut beschil­ sind lobenswerte Initiativen, um die Ästhetik dert und werden vor allem von Tagestouris­ und Ökologie des Ortes weiter auszubauen. ten aus dem Aschaffenburger und Frankfur­ Eine optische sowie ökologische Bereiche­ ter Raum gern genutzt. Kleinkahl beteiligt rung des Ortsbildes könnte zusätzlich, falls sich am Projekt „Wald erFahren“, in dem ein KLEINKAHL umsetzbar, durch eine verstärkte Begrünung flächendeckendes Netz an E-Bike Ladestatio­ der oft großflächigen Fassaden und durch nen bereitgestellt wird. Das Projekt stärkt verstärktes Engagement im Bereich Blumen­ damit nicht nur den Radtourismus, sondern schmuck erreicht werden. Für die Freizeitg­ leistet auch einen positiven Beitrag zum estaltung der Bürger ist der geplante Boule­ Klimaschutz. platz in der Nähe des Dorfladens eine große Die in den 80er Jahren vom Fremdenver­ Bereicherung. Der örtliche Spielplatz und kehrsverein erbaute Wassertretanlage wird das an der Schule befindliche „Grüne nach wie vor gut angenommen. Klassenzimmer“ könnten durch eine dezente Der erst jüngst errichtete Urwaldpfad ist zu Nachpflanzung von Stauden, Sträuchern und einem neuen Treffpunkt geworden. Mit kleinen Bäumen an Wert gewinnen. Der wenig Aufwand und großem Engagement Wildnispfad mit Kneippbecken am Ortsrand wurde der Pfad in Eigeninitiative durch die ist ein gelungenes Angebot für Groß und Bürger erstellt. Klein Natur bewusst wahrzunehmen und zu Wald und Flur um Kleinkahl werden von ge­ erleben. schützten Vogelarten wie Schwarzstorch, Grünspecht, Steinkauz oder auch Fledermäu­ sen als Brut- und Nahrungshabitat genutzt. Eine Flora-Fauna-Habitat-Fläche zum Schutz der individuenreichsten Vorkommen der bei­ 5. Dorf in der Landschaft den Wiesenknopf-Ameisenbläulings-Arten im Landkreis Aschaffenburg befindet sich im Die Landschaft am Tor zum Spessart wirkt Wiesengrund der Kahl. heute in weiten Teilen unberührt. Jedoch ist Das zahlreiche Streuobst wird gekeltert oder sie das Ergebnis einer jahrhundertelangen in einer der drei Brennereien verwertet und Nutzung als Glashütte für den Bergbau und regional vermarktet, wie z. B. der „Kahlvados“, die Holzverarbeitung. Einblicke in diese ein 40-prozentiger Apfelschnaps, in An­ Geschichte gibt der europäische Kulturweg. lehnung an den Calvados. Neun Stationen führen durch die Kulturland­ Einzelne Großbäume an markanten Punkten schaft von Kleinkahl. Unter anderem wurde in der Landschaft, an Treffpunkten und Ort­ die Epstein-Glashütte archäologisch unter­ seingängen könnten hier noch zu einer sucht, konserviert und circa einen halben ökologischen und gestalterischen Aufwer­ Meter höher nachgebaut, so dass die tung beitragen. 41 ROTHENBUCH

42 SILBER Kulturlandschaft um Rothenbuch in einem sehr gepflegten Zustand, da die Verantwort­ Rothenbuch lichen den enormen Wert dieser Landschaft für das Dorf erkannt haben und durch ein Gemeinde Rothenbuch Landkreis Aschaffenburg Beweidungskonzept und -system die länd­ lichen Strukturen erhalten. Trotz des demographischen Wandels in unse­ rer Gesellschaft konnte Rothenbuch stetig seine Bevölkerungszahl auf nunmehr 1778 Einwohner steigern, ohne dabei den typi­ schen Charakter eines Spessartdorfes zu ver­ lieren. Vorausschauend hat die Gemeinde mit Ausnahme von bedarfsorientierten Abrun­ dungen in den letzten Jahren keine neuen Bau- und Gewerbegebiete ausgewiesen. Die Gemeinde legt vielmehr ihr Augenmerk auf die intelligente Nutzung der vorhandenen Flächen, indem sie die bestehenden Sied­ lungsflächen verdichtet und vorhandene Landrat: Dr. Ulrich Reuter Baulücken schließt. Wertvolle Hilfe leistet Bürgermeister: Gerhard Aulenbach hierzu das von der Gemeinde in vorbildlicher Weise erstellte Baulückenkataster, das kom­ Kreisfachberatung für Gartenkultur und Landespflege: Jenny Kummer munale Förderprogramm zur Nutzung alter Bausubstanz, das Leerstandsmanagement Einwohnerzahl: 1723 auf Interkommunaler Ebene und der Bebau­ Gemarkungsfläche: 705 ungsplan „Dorfzentrum“. Das bereits vor Dorferneuerung / Städtebauförderung: ja mehreren Jahren unter Mitwirkung der Bür­ Betriebe in der Landwirtschaft gerschaft erarbeitete Leitbild für eine Vollerwerbsbetriebe: 1 zukunftsfähige Entwicklung, wonach das Nebenerwerbsbetriebe: 4 Betriebe in Industrie und Gewerbe: 141 Ziel in einer auf den Naturraum abgestimm­ ten und infrastrukturell verträglichen Sied­ lungsentwicklung liegt, sollte konsequent weiter verfolgt werden. Dabei wäre die Dorf­ entwicklung mit generationenübergreifen­ den Wohn- und Lebensformen weiterhin anzustreben.

1. Entwicklungskonzepte und wirtschaftliche Initiativen

Rothenbuch – „eine Gemeinde mit Zukunft“ – liegt im Waldgebiet des Inneren Spessarts ca. 25 km südöstlich von Aschaffenburg. Der Strukturwandel in der Landwirtschaft hat sich aufgrund der ungünstigen und schwieri­ gen Standortbedingungen weitestgehend vollzogen. So spielt die Landwirtschaft mit einem Haupterwerbs- und fünf Neben­ erwerbsbetrieben heute nur noch eine untergeordnete Rolle. Dennoch ist die 43 Trotz des klaren Entwicklungsziels als quali­ das Gewerbeflächeninformationssystem SISBY tätsvolle Wohngemeinde gibt es in Rothen­ und das Programm zur Ortskernförderung. buch 55 Handwerks-, Gewerbe- und Dienst­ Die Gemeinde hat die bereits bei dem Wett­ leistungsbetriebe, die sich harmonisch in das bewerb 2009 als vorbildlich eingestufte Ent­ Dorf- und Landschaftsbild einfügen und wicklung konsequent vorangetrieben und ca. 240 Arbeitsplätze zur Verfügung stellen. befindet sich auf einem ausgezeichneten, Die Gemeinde verfügt über eine sehr gute in­ zukunftsfähigen Weg. frastrukturelle Ausstattung, wie z. B. einen Kindergarten mit Hort und Nachmittags­ betreuung für Schulkinder, eine Grundschu­ le, zwei Lebensmittelläden, eine Postagentur etc. Enorme Anstrengungen unternimmt die Gemeinde für eine Versorgung ihrer Bürger und Gewerbebetriebe mit einer den heuti­ gen Ansprüchen genügenden Breitband-In­ frastruktur. Hierbei sollten die raschen tech­ nischen Veränderungen und Verbesserungen beachtet werden. Die Gemeinde Rothenbuch ist Mitglied in der Interkommunalen Allianz „Spessart-Kraft“, die wesentliche Entwicklungsziele definiert und angestoßen hat. Zu nennen wären hier u. a. das Energiekonzept, das Baulückenkataster, das Flächen- und Leerstandsmanagement, 44 2. Soziale und kulturelle Aktivitäten

Obgleich Rothenbuch ein Pendlerdorf ist, ist es gelungen, den Bewohnern eine Heimat zu schaffen. Dabei unterstützt die Kommune die Vereine. Dazu kommen landkreisüber­ greifende Verbindungen zu verschiedenen Verbänden bis Miltenberg. Außerhalb der in einem Vereinsring zusam­ mengeschlossenen Vereine gibt es viel ehren­ amtliches Engagement, z. B. Seniorenhilfe und Elternlotsendienst für Schüler und einen vorbildlich gepflegten Bauerngarten, in dem man gerne verweilt. Überhaupt ist in Rothen­ buch kein Mangel an öffentlichen Aufent­ haltsmöglichkeiten: Ein kleiner See mit Ruhe­ bänken, die großzügige Pfarrscheune und ein im Stil der 1950er Jahre eingerichtetes Dorfwirtshaus, das für Feste genutzt werden kann. Entsprechend gibt es Konzerte und Vorträge im Ort, aber auch traditionelle Feiern wie das Maibaumaufstellen, das ROTHENBUCH Johannisfeuer und den überregional bekann­ ten, stimmungsvollen Weihnachtsmarkt. Das Heimatmuseum harrt weiterhin einer Neukonzeptionierung. Eine Herausforderung für Rothenbuch ist, dass es im Ort an Einzelhandel fehlt. Diese durchgeführten Maßnahmen belegt den Problematik ist erkannt und wird bearbeitet, Weiterentwicklungs- und Gestaltungswillen eine Pauschallösung gibt es hier nicht. der Bürger. Die Maßnahmen wurden oft mit viel engagierter Eigenleistung durchgeführt, so zum Beispiel der gelungene Umbau der Pfarrscheune zum Dorfgemeinschaftshaus. Hier wurde sensibel mit dem Baubestand 3. Baugestaltung und -entwicklung umgegangen und die neue Nutzung behut­ sam in die vorhandene Hülle integriert. Beim Rothenbuch erhielt seine bedeutendsten angrenzenden Maria-Stern-Platz mit seiner ortsbildprägenden Bauten durch den Sitz der schlichten, dorfgemäßen, wassergebunde­ Forstmeisterei seit dem 15. Jahrhundert und nen Decke sollte geprüft werden, ob eine blieb bis zum Ende des 19. Jahrhunderts Ver­ durchgehende Befestigung tatsächlich not­ waltungsmittelpunkt des inneren Spessarts. wendig ist. Ebenso vorbildlich sind die Sanie­ In dieser Zeit entstanden das Zeughaus, das rung der alten Mühle mit Erneuerung des Schloss, die Schlosskapelle und das Forstamt. Mühlrades, die Sport- und Freizeitanlage Diese zentralen Funktionen waren Ausgangs­ Setzborn mit ihren Einrichtungen und weite­ punkt für die straßendorfartige Siedlungs­ re kleinere Maßnahmen. Besonders originell entwicklung. Trotz des Verlustes an regiona­ ist der Umbau einer Werkstatt als kleines ler Bedeutung ist es Rothenbuch seit Mitte Museum zur Wirtshausaustellung. Dieses des 20. Jahrhunderts gelungen, mehr und könnte mit entsprechender professioneller mehr an Attraktivität zu gewinnen. Beratung Keimzelle für eine größere Einrich­ Die Fülle der in den vergangenen Jahren tung dieser Art in Rothenbuch werden. 45 Rathaus und einer schon hälftigen Ausstat­ tung der Straßenbeleuchtung mit LED-Licht ist Rothenbuch auch im Umgang mit Ressourcen auf dem richtigen Weg. Bei den privaten Maßnahmen beweisen die Bürger Rothenbuchs viel Gespür für dorf­ gerechte Details und eine ortstypische Materialwahl. Erfreulich auffallend ist die liebevolle Pflege der dorfgemeinschaftlichen Anlagen; auch hier wird das starke Engage­ ment der Dorfgemeinschaft spürbar.

4. Grüngestaltung und -entwicklung

Rothenbuch liegt in Tallage einer Rodungsin­ sel des Inneren Spessarts. Unscheinbar unter der Staatsstraße entspringt die in Sandstein gefasste Quelle der Hafenlohr. Der noch jun­ ge Fluss durchfließt den Schlossgraben und prägt als Grünzug das ganze Straßendorf. Ein Gedanke des Leitbilds „Rothenbuch – eine Gemeinde mit Zukunft“ zielt auf die Erhaltung des dörflichen Charakters und die Mit der laufenden Umgestaltung des Fried­ Erhöhung bzw. Steigerung der Wohnqualität hofes, der Erschließung eines kleinen ab. Landschafts- und Naturelemente sollen Gewerbegebietes, dem Ausbau von Blumen- einbezogen und innerörtliche Frei- und Grün­ und Lange Straße und weiteren Maßnahmen räume ökologisch aufgewertet werden. So bis hin zur geplanten Erweiterung des wurde jüngst der Gewässerverlauf der Hafen­ Kindergartens bleibt Rothenbuch auf dem lohr über 200 m renaturiert und das grüne Weg der kontinuierlichen Weiterentwicklung. Freizeitangebot erweitert. Seitliche Verbin­ Mit der Förderung privater Zisternen, der dungwege durch den Ort wurden an die energetischen Sanierung von Schule und Grünzone „Hafenlohr“ angebunden.

46 Als Ergänzung ist angeraten, die technische Die Flur ist durch Grünlandbewirtschaftung, Ballfangeinrichtungen am Allwetterplatz mit meist Weideland, geprägt. Hier befindet sich Rankern oder Selbstklimmern zu begrünen. keine Ackerland. Daher ist anzunehmen, dass Bedauerlich ist der Auenverlust als Folge der Pflanzenschutzmitteleinsatz minimiert beachtlicher Geländeverfüllung zu Schaf­ ist. Diese Situation wird man anderswo in fung hochwasserfreien Baugrunds. Franken selten antreffen. Die Erweiterung Die Seeanlage „Jägergarten“, ein technisches des Wasserschutzgebietes mit seinen Auf­ Überlaufbauwerk, ist eine Bereicherung der lagen unterstreicht hier die Verpflichtung zur innerörtlichen Grünausstattung und wird Zurückhaltung. Eine Wasserqualität mit nur angemessen unterhalten. 4-5 mg Nitrat/Liter wird man sicher in großen Die Gestaltung privater Haus- und Vorgärten Umkreis suchen müssen. ist äußerst vielseitig, teils schlicht, teils auf­ Das Spechtshaardt-Hotel hält Hirsche in der wendig. Entlang der Staatsstraße St2317 wird Flur. Ein Tierhalter experimentiert mit der hoher Wert auf eine verkehrstechnische Nut­ gemeinsamen Weidehaltung von Pferden, zung gelegt, während in davon entfernten Mufflons und Rindern, und hat damit Erfolg. Straßen verstärkt Zier- und Nutzgärten mit Die extensive Beweidung ermöglicht vielen hoher Aufenthaltsqualität angelegt sind. Arten, sich zu entwickeln. Beobachtet wer­ Höchste Anerkennung verdienen die Bevöl­ den konnte die Moschusmalve. kerung und der Obst- und Gartenbauverein In der Hafenlohr haben der Bund Naturschutz für die Anlage und den anhaltenden Unter­ Flussperlmuscheln und die Jagdgenossen­ halt des Bauerngartens am Maria-Stern-Platz. schaft Flusskrebse erfolgreich eingesetzt. In dessen unmittelbarer Nachbarschaft wer­ Bachneunaugen werden beobachtet, dazu ROTHENBUCH den bereits die kleinsten Bürger im „Ameisen­ die Tätigkeit des Bibers, die immer wieder bau“ an Garten- und Grünkulturen auf neue Lebensräume schafft. Im naturnahen Hochbeeten herangeführt. Hafenlohrtal ist dies eine Bereicherung. Nach Jahren der Akzeptanz der offenporigen Neben den Bund Naturschutz sind auch der Kiesfläche des Maria-Stern-Platzes benötigt Obst- und Gartenbauverein und der Land­ der Platz aufgrund der intensiven Nutzung schaftspflegeverband aktiv. eine staubfreie Oberfläche. Mit dem Einbau Der umgebende Wald bietet besondere eines üblichen Pflasterbelags ist zu befürch­ Qualitäten, nicht nur, dass der Schwarzstorch ten, dass der Charme des Platzes verloren hier nistet. Sicher wird sich bald der Schwarz­ geht. Damit steht die Gemeinde vor der gro­ specht einfinden, denn es wird nach Angabe ßen Herausforderung, eine Gestaltungs­ mit einem Totholzanteil von 14% gewirt­ lösung für den Platz mit Kirchenaufgang zu schaftet. Die Edelkastanie tritt hier schon auf, entwickeln, die den dorftypischen Charakter entscheidend ist aber der hohe Eichenanteil erhält oder gar aufwertet. im Buchenwald mit 25%. Ein Alleinstellungs­ merkmal: Nach Untersuchungen der TU Mün­ chen ist Rothenbuch der weltbeste Standort für Eichen. Im Ferienhausgebiet konnte eine Satzung ein 5. Dorf in der Landschaft Ausufern der Bebauung einschränken. Wanderwege erschließen diese reiche Flur. Rothenbuch, im Hochspessart gelegen, um­ Hier kann der Besucher die außergewöhnlich gibt eine Rodungsinsel. Diese dem Ort zuge­ strukturierte Flur genießen und vielleicht den ordnete Flur ist schon auf dem Luftbild als einen oder anderen Vertreter aus der reich strukturierte Landschaft zu erkennen. vielfältigen Tier- und Pflanzenwelt sehen. Die Gehölzriegel, Feldholzinseln und Hecken Ökologisch gesehen treffen wir hier auf der haben einen hohen Biotopcharakter und gesamten Fläche die höchste Qualität an eine wirksame Trittsteinqualität. Die Wild­ Naturnähe. Eine solche Flur muss ihres­ katze nutzt eine solche Landschaft gerne. gleichen suchen. 47 ROTTERSHAUSEN

48 SILBER sowie den organisierten Fahrdienst (Bürger­ bus). Im Bereich der Wasser- und Abwasser­ Rottershausen versorgung sind die Anschlüsse an die Rhön-Maintalgruppe und den Abwas­ Gemeinde Oerlenbach Landkreis Bad Kissingen serzweckverband Oberes Werntal zukunfts­ weisend. Rottershausen hat frühzeitig erkannt, dass der Rückgang der Geburtenzahlen und das Älterwerden der Gesellschaft neue Heraus­ forderungen für eine Gemeindeentwicklung bringen. Die Anpassung des Bebauungs­ planes darf als Instrument des strategischen Handelns ebenso genannt werden wie auch die Entscheidung, Innenentwicklung vor eine Neugebietsausweisung zu stellen. Die Ergän­ zung dieser Maßnahmen durch finanzielle Anreize bei Investitionen in einen Leerstand und der Ansatz, Bauwilligen durch eine Gestaltungsfibel Richtschnur zu geben, wer­ Landrat: Thomas Bold den dem Dorf auch in der Zukunft einen Bürgermeister: Franz Kuhn lebens- und liebenswerten Charakter erhal­ ten. Auch die kostenlose Beratung durch Kreisfachberatung für Gartenkultur und Landespflege: Dieter Büttner Architekten zählt zu diesem Ansatz. Die Dorf­ gemeinschaft und die politisch Verantwort­ Einwohnerzahl: 907 lichen dürfen sich durch die ermutigende Gemarkungsfläche: 995 Verringerung der Leerstände (35 % in acht Dorferneuerung / Städtebauförderung: ja Jahren) gestärkt fühlen. Betriebe in der Landwirtschaft Mit einer Breitbandrate von bis zu 50 Mbit/s Vollerwerbsbetriebe: 1 und einer guten Mobilfunkanbindung, bleibt Nebenerwerbsbetriebe: 11 Betriebe in Industrie und Gewerbe: 16 Rottershausen auch und gerade für junge Leute ein Ort mit Zukunft. In der Gemeinde Oerlenbach geht nicht nur „die Lutzi“ ab, sondern junge Leute fühlen sich insgesamt hier wohl. Zu überdenken wäre die bisherige Regelung 1. Entwicklungskonzepte und der Wartezeiten bei der Förderung eines wirtschaftliche Initiativen

Das knapp 900-Seelen-Dorf Rottershausen liegt im Vorland der Rhön im östlichen Landkreis Bad Kissingen und ist seit der Gebietsreform von 1972 ein Gemeindeteil von Oerlenbach. Mit ca. 150 Arbeitsplätzen in diesem Gemeindeteil, der hervorragenden Anbin­ dung an den öffentlichen Personennah­ verkehr, Krabbelgruppe, dem Kindergarten und der Grundschule ist Rottershausen hin­ sichtlich der Versorgung gut aufgestellt. Er­ gänzend bietet der Ort Fachgeschäfte im Ort 49 Leerstandes, um nicht unnötige Verzöge­ werden. Die Anschlussstelle zur A 71 befindet rungen bei der Innenentwicklung zu provo­ sich in unmittelbarer Nähe, Bus- und Bahn­ zieren. anschlüsse sind gegeben. Für Kinder und Jugendliche ist gut gesorgt durch eine Krabbelgruppe, drei Spielplätze für die Kleinen, eine umfassende Sportanlage und eine Skateranlage. 2. Soziale und kulturelle Aktivitäten Es gibt eine Gaststätte und eine Mehrzweck­ halle. Im ehemaligen Haus der Bäuerin sind Rottershausen ist in mehrfacher Hinsicht gut der Raum der Reservistenkameradschaft, ein angebunden: Back- und Wurstwaren sowie Backhaus sowie ein Zerwirk- und Verkaufs­ Grundlebensmittel können im Ort gekauft raum für Weiderindfleisch zur Selbstvermark­ tung untergebracht. Eine Besonderheit ist das im Juli stattfinden­ de Rock-Festival „Ab geht die Lutzi“, das von den Jugendlichen in ihrem Jugendheim mit einer gestalteten Filmshow präsentiert wur­ de. Jährlich helfen praktisch alle Dorfbewoh­ ner zusammen: Hochkarätige Bands machen Musik, rund 6.000 Gäste reisen an. Gemeinschaft wird auch im Alltag gepflegt, beispielsweise beim Gartenbauverein, wo auch Gartengeräte entliehen werden kön­ nen. Ein Ziel für dieses lebendige Dorf sollte es sein, die Grundschule am Dorf zu halten. 50 3. Baugestaltung und -entwicklung leerstehende Bausubstanz im Altort zu schaffen. Eingebettet als klassisches Haufendorf in Einen großen Beitrag zur Steigerung der eine Talraumlage im östlichen Landkreis Bad Attraktivität des Altortes leisten die gut Kissingen präsentiert sich Rottershausen als gestalteten öffentlichen Flächen, die vorwie­ kompakter Siedlungskörper, der seit Ende gend in der Dorferneuerung um die zentra­ der 50er Jahre deutlich angewachsen ist. Es len öffentlichen Funktionen realisiert wur­ fällt positiv auf, dass nicht nur der Altort, son­ den. Heimischer Muschelkalk und die hierzu dern auch die „neueren“ Siedlungsgebiete passenden Materialien sind gut gewählt. einen dörflichen Charakter haben. Der har­ Dieser Gestaltungsduktus sollte auch in monische Eindruck entsteht unter anderem Zukunft einheitlich beibehalten bzw. fortge­ auch durch die Ausbildung einer zurück­ führt werden. Denn hierdurch entstehen haltenden Dachlandschaft mit einheitlich gestalterisch wertvolle Flächen, an denen ausgerichteten Firsten. Ein sparsamer Um­ man gerne zusammenkommt, plaudert und gang mit Dachaufbauten, Dachformen und feiert. Für Hoftore, Zäune und Einfriedungen Ziegelfarben unterstützen dieses Gesamt­ gibt es einige dem Ort angemessene wirklich erscheinungsbild. gelungene Beispiele, die zum Nachahmen Trotz dieser Siedlungserweiterungen besteht anregen können. auch heute noch ein harmonischer Übergang Überformungen aus den 70er Jahren tragen in die den Ort prägende Landschaft. Das Grün wie manch anderen Orts in Rottershausen umschließt den Ort nicht nur, sondern fließt nicht zum Verlust der Identität bei, vielmehr in Form von Streuobstwiesen, Bauerngärten werden sie durch robuste städtebauliche und im öffentlichen Bereich förmlich durch Strukturen aufgefangen und in das Gesamt­ ihn hindurch. Diese Qualitäten zu erhalten, bild integriert. Hierzu leistet z. B. auch das zu sichern und weiter zu entwickeln stellt Fassadengrün einen wichtigen Beitrag. eine wichtige Aufgabe der Zukunft dar. Dafür Positiv fällt auch die Nutzung von regenera­ bieten sich bauleitplanerische Instrumente tiven Energien in Form von Photovoltaik auf. ROTTERSHAUSEN an. In Rottershausen wird mehr Energie produ­ Die ergriffenen Maßnahmen zur Innenent­ ziert als im Ort verbraucht wird. wicklung gehen alle in die richtige Richtung. Außergewöhnlich sind nicht nur die sehr Flächenmanagement, Bauberatung, Gestal­­ gute Verkehrsanbindung (St2445, A7) und tungsempfehlungen, Leerstandskataster der wiedergewonnene Bahnhaltepunkt, sowie die Kooperation und Förderung auf sondern auch eine überdurchschnittlich gute Allianzebene sind gut gewählte Instrumente, Versorgungssituation, was die Lebensquali­ um untergenutzte oder nicht bebaute Grund­ tät, den Wohnstandort und die Arbeitsplätze stücke zu aktivieren und Anreize zur Nutzung sichert.

51 Zukünftige anstehende Sanierungen kom­ Der örtliche Obst- und Gartenbauverein hat munaler Bauten aus den 50er und den über mehr als 100 Jahre einen großen Beitrag 60er Jahren wie Schule, Mehrzweckhalle zur reichlichen Durchgrünung des Ortes und Kindergarten sollten qualitätsvoll weiter­ geleistet. Besondere Anerkennung gebührt entwickelt werden. Sie können dann ein gu­ der Anlage eines Obstbaumlehrpfades – hier tes Beispiel für private Bauherren sein. erfahren Besucher nahezu alles über Apfel­ Bei den sehr aktiven flüggen „Spirken“ geht sorten und deren Kultur. mit der „Lutzi“ schon jetzt der „Punk“ ab, dies Auch die Mariengrotte am Waldrand ist mit stiftet im kulturellen Bereich Identität und ei­ Hainbuchen und Kirschlorbeer angemessen ne Bindung zum „Heimatnest“. Wichtig wäre zurückhaltend bepflanzt und mit bescheide­ für die Zukunft auch im baulichen Bereich nem Blumenschmuck gewürdigt. Hier zeigt verstärkt die „jungen Spatzen“ in „alte Nester“ sich, dass mit wenig „Input“ große Wirkung zu holen. Wenn auch dies gelingt, muss man erreicht wird. Gleiches gilt für den dorf­ sich um Rottershausen und „die Lutzi“ keine typischen Holunder am Backhaus. Sorgen machen. Der Freiraum des Kindergartens ist sehr groß­ zügig und kindgerecht gestaltet. Es drängt sich die Frage auf, ob das „Einsperren“ der Kleinsten hinter Stahlgitterstäben angemes­ sen ist. 4. Grüngestaltung und -entwicklung Der asphaltierte Schulhof aus den 60er Jah­ ren ist zwar nicht sehr anschaulich, aber die Das typische Haufendorf im südlichen aufgemalten Verkehrszeichen und Hüpf­ Vorland der Rhön hat sich um die Dorfmitte, spiele etc. genügen offenbar den Anforde­ die Lina, ausgebreitet. Im Zuge des Straßen­ rungen. Robinie, Linde und Walnuss spenden ausbaus wurde die Dorfmitte mit Schöpf­ am Rand des Pausenhofes etwas Schatten. brunnen und den „Spirken“ neu gestaltet. In In Rottershausen hat der „Kirfich“, der der Dorfmitte wurde wieder eine ortsbild­ Kirchhof, als Begegnungsstätte einen tradi­ prägende Linde gepflanzt und entlang der tionell hohen Stellenwert. Nachdem heute Dorfstraße wurden kleine Pflanzbeete die Friedhofskultur einen deutlichen Wandel angelegt. An die rückwärtigen Scheunen­ erfährt, sind auch hier in naher Zukunft bereiche schließen sich häufig Gemüse­ gestalterische Änderungen zu erwarten. Für gärten an. den Friedhofsabfall besteht bereits seit Jah­ Fließgewässer gibt es in der Gemarkung nicht. ren ein Provisorium mit Stahlplanken. Dieses Am Platz an der Weth ist stehendes Gewässer unschöne Provisorium ist von langer Bestän­ zwar erlebbar, aber es ist leider kein Wasser­ digkeit, bedarf allerdings der dringenden kontakt bzw. Wasserzutritt möglich. pflanzlichen Eingrünung.

52 5. Dorf in der Landschaft Waldkindergarten, Ausgleichspflanzungen mit Grundschülern, Ferienprogramme oder Rottershausen liegt in der sogenannten ein grünes Klassenzimmer im Wald, dessen „Schweinfurter Rhön“. Dass hier früher sogar Anfänge bis in die 70er Jahre zurückreichen. Wein angebaut werden konnte, ist auf den Bei der Ortsrandeingrünung sollte die Bera­ Schutz durch die ausgedehnten Wälder zu­ tung der Privateigentümer, beispielsweise rückzuführen. durch den Obst- und Gartenbauverein, Die in weiten Bereichen kleinteilige Flur, verstärkt werden, um auf eine dorfgerechte gepaart mit dem Wald und wertvollen Einfriedung hinzuwirken. Sonderstandorten wie einem aufgelassenen Von Weitblick zeugt, dass bereits seit Jahr­ Hohlweg, Trockenrasen oder einem Him­ zehnten der Umbau der Kiefernmischwälder melsweiher, bietet vielen Tier- und Pflanzen­ hin zu laubholzbetonten Wäldern mit arten optimale Bedingungen. Hierzu zählen klimatoleranten Arten gefördert wurde. Ins­ Vogelarten des Offenlandes und des Waldes besondere Edellaubhölzer wurden mittels wie zum Beispiel Rebhuhn, Kornweihe, Naturverjüngung gezielt begünstigt. Rotmilan und Specht, aber auch die Wild­ Im Gemeindewald erfolgte vor 25 Jahren katzen. eine Erprobung mit einer Nussbaumsaat. Der Gewachsene Strukturen werden ebenso ge­ Erfolg blieb nicht aus und der Versuch bekam pflegt wie neu geschaffene Landschaftsele­ überregionalen Modellcharakter. mente. Die vor einigen Jahren angelegte Biotopbäume wie Höhlenbäume und Totholz Benjeshecke hat sich gut entwickelt. Die werden gezielt im Wald belassen, um selte­ Pflege erfolgt in der Regel durch örtliche nen, zum Teil hochspezialisierten Arten als Landwirte, die Gemeinde ist jedoch auch Lebensraum zu dienen. Mitglied des Landschaftspflegeverbandes. Das Ja zur Energiewende und damit auch zu Die Gemeinde gehört zur Ökomodellregion Windkraftanlagen hat einen nicht unbe­ Oberes Werntal. Dies ist eine noch kaum trächtlichen und nicht unumstrittenen Ein­ genutzte Basis, um weitere Entwicklungs­ fluss auf Natur und Landschaft um Rot­ ROTTERSHAUSEN möglichkeiten zu identifizieren und zu tershausen. Durch einen bedarfsgerechten realisieren. Rückbau der Trassen lassen sich die bau­ Der Obstbaumlehrpfad, mit fachlicher Unter­ bedingten Eingriffe reduzieren. stützung der Bayerischen Landesanstalt für Wein- und Gartenbau um neue Sorten er­ gänzt, wird gern als ortsnaher Spazierweg genutzt. Naturpädagogische Angebote haben in Rot­ tershausen Tradition. Hierzu zählen ein

53 RÜCK-SCHIPPACH

54 SILBER Maßnahmen, die unter Einbindung und un­ ter Beteiligung der Bürgerschaft Ortsbild und Rück-Schippach Infrastruktur verbesserten und gleichzeitig das gesellschaftliche und soziale Miteinander Markt Elsenfeld Landkreis Miltenberg stärkten. Der Ausbau der Ortsdurchfahrt wurde dazu genutzt, gleichzeitig den genossenschaftlich betriebenen Dorfladen zu errichten, der die Nahversorgung sichert. Auf diese Weise wur­ de ein werthaltiger neuer Dorfmittelpunkt gestaltet, der zudem acht Arbeitsplätze bietet. Dass 300 Rück-Schippacher Bürger Genossenschaftsanteile zeichneten, ist Beleg für eine starke Gemeinschaft. Der Erwerb der ehemaligen Metzgerei, die erfolgte Neuordnung dieses Bereiches und die damit verbundene Platzgestaltung besei­ tigten einen Leerstand und führten zu einer städtebaulichen Verbesserung. Weitsichtig Landrat: Jens Marco Scherf war die Entscheidung für Grunderwerb rund Bürgermeister: Matthias Luxem um die Johanniskirche und die dortige Platzgestaltung, weil diese dem Ort einen Kreisfachberatung für Gartenkultur und Landespflege: Roman Kempf wohltuenden Aufenthaltsbereich abseits des Straßenverkehrs schaffte. Einwohnerzahl: 1680 Die Erweiterung des bestehenden Gewerbe­ Gemarkungsfläche: 1161 ha gebiets um 6,5 ha war angemessen, sie führ­ Dorferneuerung / Städtebauförderung: ja te zur Verbesserung des Angebots in der Betriebe in der Landwirtschaft Gemeinde und schaffte weitere Arbeits­ Vollerwerbsbetriebe: 0 plätze. Nebenerwerbsbetriebe: 1 Betriebe in Industrie und Gewerbe: 130 Der eingeschlagene Weg sollte konsequent beibehalten werden. Bei neuen Straßenbau­ maßnahmen wird empfohlen, nicht nur Leer­ rohre, sondern Speed-Pipes für schnellen In­ ternetanschluss zu verlegen. Eine weitere Stärkung darf der Ort bei Ausbau der touris­ 1. Entwicklungskonzepte und tischen Infrastruktur erwarten. Deswegen wirtschaftliche Initiativen

Im lebendigen Weinort Rück-Schippach, am Eingangstor zum Landschaftsschutzgebiet Spessart gelegen, ist deutlich zu spüren, dass die politisch Verantwortlichen mit großem Einsatz und unter intensiver Beteiligung der Bevölkerung die Herausforderungen zu­ künftiger Veränderungen annehmen. Eine Bestandsaufnahme mit einer Stärken- und Schwächenanalyse, die darauf klar formulierten Ziele und die stringente Umsetzung im Rahmen eines Dorferneue­ rungsverfahrens führten zu zahlreichen 55 sollte der angedachte Wohnmobilstellplatz gespendet wird. Der „Rück“-Besinnungsweg zeitnah umgesetzt werden. Dies gilt auch für mit Kunstwerken und Texten führt am Dorf­ die Realisierung der angedachten Erholungs­ platz zur Bronzefigur der „Momme“ (Mutter), anlage. der Symbolfigur des Vereins. Das Restaurant Schalkhaus entstand in einer abbruchreifen Scheune. Hier kann in stilvoller Atmosphäre gut gegessen werden. Zusam­ men mit Ferienwohnungen entwickelt sich 2. Soziale und kulturelle Aktivitäten hier ein Tourismusmagnet. Rück-Schippach hat ein reiches öffentliches Die Bewohner von Rück-Schippach haben Leben. Aufgabe wird es sein, diese Vielfalt zu aus der Begehung der Kommission ein klei­ erhalten und Kinder und Jugendliche weiter nes Dorffest gemacht und kamen zu Grill­ würsten und kalten Getränken zahlreich in der „guten Stube“ des Ortes zusammen, näm­ lich auf dem Platz, der zwischen Dorf­laden und dem alten Rathaus liegt. Mit dem von einer Bürgergenossenschaft ge­ gründeten Dorfladen ist die Lebensmittel­ nahversorgung gesichert. Er ist mit seinem kleinen Wintergarten auch ein sozialer Treffpunkt. Unter den vierzehn zu einem Vereinsring zu­ sammengeschlossen Vereinen ist der „Mom­ me“ -Verein hervorzuheben. Er veranstaltet Feste, deren Erlös bedürftigen Menschen 56 in die Angebote zu integrieren. Potenziale für rahmen den östlichen Platzbereich funktio­ mehr kulturelle Aktivitäten wie z. B. einen nal sinnvoll ein. Bei der Sanierung des alten Theaterverein sind im Ort vorhanden. Rathauses wurde auf die Bausubstanz und maßstäbliche Gestaltung mit großer Sensibi­ lität Rücksicht genommen. Dieses hohe Maß an architektonischer Qualität findet sich leider in der gegenüberliegenden Bebauung 3. Baugestaltung und -entwicklung des Dorfladens nicht in diesem Umfang wieder. „Ich hab Glück, ich bin aus Rück.“ „Ich hab Der Johanneskirchplatz südlich der Kirche Glück, ich bin aus Schippach-Rück.“- Zwei in wurde ebenfalls mit viel Einfühlungsver­ ihrem Ursprung kleine Haufendörfer, mögen gestaltet. Die Materialwahl auf dem nordöstlich und südwestlich der Elsava gele­ Kirchenplateau, abgestuft von vollständig gen, die durch ihre geografische Lage im befestigter Pflasterfläche bis zur wasser­ schmalen Elsavatal im Laufe des 20. Jahrhun­ gebundenen Decke, ist gut gelungen. Der derts nicht nur baulich zusammengewach­ Geländesprung zum tiefer gelegenen Park­ sen sind. Konnte sich Rück am südlichen Fuß platz mit gestockter Betonmauer und zeit­ des Dachsberges entlang der Elsavastraße gemäßem Geländer ist angemessen und entwickeln, vergrößerte sich Schippach im maßstäblich gestaltet. Als Spolien werden Taldreieck Elsava/Veilchenbach. Die durch­ alte Werksandsteine in wirkungsvollen grünte Talaue der Elsava trennt und verbin­ Kontrast zur neuzeitlichen Mauer gesetzt. det die beiden Ortsteile jetzt gleichermaßen. Durch den Ausbau der Hauptstraße in Mit der Generalsanierung der Elsavastraße Schippach hat auch dieser Ortsteil hinzu­ in Rück im Rahmen der Dorferneuerung er­ gewonnen, auch wenn die Durchgängigkeit fuhr der heute als Straßendorf erlebbare Ort bis nach Rück noch fehlt. Im Straßenverlauf eine enorme Aufwertung. Völlig neu geord­ trennend wirkt hier noch besonders die Ge­ net wurde die Dorfmitte im Bereich Kirche staltung des Brückengeländers. Hier könnte und Rathaus. Mit der Anlage von Platz­flächen mit einfachem Blumenschmuck eine Aufwer­ RÜCK-SCHIPPACH südlich der Kirche und östlich des alten tung erzielt werden. Die noch reichlich vor­ Rathauses und deren sehr gut gelungenen, handenen, handwerklich vorgefertigten barrierefreien Verbindung nach dem Durch­ Naturwerksteine zum gedachten Bau der bruch südlich des Rathauses wurde hier ein „Weltfriedenskirche“ könnten bei entspre­ zentraler Aufenthalts- und Kommunikations­ chender Aufbereitung und Darstellung viel­ raum geschaffen. Das zum Bürgerhaus um­ leicht Grundlage einer kleinen touristischen gebaute Rathaus und der Neubau des Dorf­ Attraktion werden. ladens mit darüber liegenden Wohnungen

57 Ortsrand und die attraktiv gestalteten Bepflanzungen an den Straßenzügen, Gebäuden und Parkplätzen dieses Weinortes. Vorbildlich zeigt sich auch der Ortskern mit Dorfplatz und Kirche. Aufgrund der sensiblen Planung, die auch der Historie des Ortes gerecht wurde, brilliert insbesondere die raumverbindende Verwendung des ein­ heimischen Buntsandsteines, kombiniert mit den farblich kommunizierenden Porphyr­ wegebelägen entsteht ein harmonisches Gesamterscheinungsbild. Die befestigte Freifläche unterhalb des Kirch­ platzes zeigt eine gekonnte Auswahl an modernen Materialien wie gestockten Beton­ wänden, Stahl sowie traditionellen Natur­ stein. Gelungen ist auch die Grüngestaltung in diesem Bereich, die Kombination aus Bäumen, Stauden und Fassadenbegrünung wird den Örtlichkeiten gerecht. Die klein­ kronigen Kugelahorne in Kirchennähe sind für diesen Bereich verwendbar, zeigen aber Vitalitätsmängel, im Gegensatz zur präch­ tigen Kastanie am Dorfplatz. Falls die vor­ handenen Ahornbäume mittelfristig ersetzt werden müssten, wären aufgrund der Mit dem Erhalt und der Wiederherstellung Proportionen dieses Ortes auch größere der Hoftoranlage, Mechenharder Straße 20 Bäume denkbar. Die geplante Umgestaltung wurde eine der letzten dieser Anlagen im der ehemaligen Nutzgärten im Bereich des Ortsbereich gesichert. Im Bereich privater Fließgewässers Elsava in eine naturnah Baumaßnahmen ist die fachliche Beratung, gestaltete öffentliche Grünanlage ist ein durchgeführt im Rahmen der Dorferneue­ zukunftsweisendes Vorhaben, das auch lang­ rung, an vielen Objekten positiv spürbar. fristig die Lebensqualität dieses Ortes Diese Unterstützung für die Gestaltung erhöhen wird. privater Baumaßnahmen sollte auch nach Abschluss der Dorferneuerung angeboten werden.

4. Grüngestaltung und -entwicklung

Die Visitenkarte eines Hauses ist der Vorgar­ ten, die eines besiedelten Raumes mitunter eine gelungene öffentliche Grüngestaltung. Und dies ist in Rück-Schippach vom Ortskern bis zum Ortsrand in vielen Bereichen erleb­ bar. Einladend für Besucher wie Einheimische sind z. B. die Säulenhainbuchenanlage am 58 Der dörflich gestaltete Friedhof würde so naturnah wie möglich zu bewahren und durch die Pflanzung von Großgehölzen gleichzeitig die Erlebbarkeit des Gewässers (Hochstämmen) an Attraktivität gewinnen. als Spazier- und Radweg zu erhalten und aus­ Neben der öffentlichen Gartenkultur genießt zubauen. in Rück-Schippach auch die private Garten­ Zwei gut ausgeschilderte und digitalisierte kultur einen hohen Stellenwert. Auffallend Wanderwege ergänzen sich in Rück-­ sind hierbei die schönen Höfe im Altort wie Schippach. Der europäische Kulturweg z. B. „Am Schalkhaus“, wo die Besitzer den „Tiepolos Erben“ führt von Schippach in die ästhetischen und ökologischen Nutzen ihres Kulturlandschaft zum Kloster Himmelthal. abgestorbenen Nussbaumes erkannt haben Von dort aus geht es in die Rücker Weinber­ ge. und diesen harmonisch in die Gesamt­ge­ Von hier, wie auch von den gegenüberliegen­ staltung der Grünanlage einfügen. den Hängen, bieten sich malerische Die Bemühungen der Gemeinde durch Aus ­sichten in das Elsavatal bis hin zum Aktionen wie „Rück-Schippach blüht auf“ und Odenwald und in den Vorspessart. Bestre­ die geplante Umwandlung von öffentlichen bungen, diese Aussichtspunkte als Bilder­ Rasenflächen in wiesenartige Blühflächen rahmen oder Fenster zu gestalten, gilt es zu sind der richtige Weg, um Negativent­ unterstützen, um Rück-Schippach als Dorf in wicklung wie die zu beobachtende Umwand­ der Landschaft von seiner attraktivsten Seite lung von Gärten und Gräbern in Steinwüsten zu präsentieren. zu unterbinden und eine nachhaltige Der „Rück-Besinnungsweg“ lädt auf einer Entwicklung der dörflichen Grünkultur zu idyllischen Strecke von ca. 5 km ein, sich in sichern. der Natur mit den Werten Friede, Mut, Hoff­ nung, Gelassenheit, Achtsamkeit, Dankbar­ keit und Gemeinschaft auseinanderzusetzen. Sechs mehrheitlich regionale Künstler haben dazu Kunstwerke gestaltet, welche diese 5. Dorf in der Landschaft Werte aufgreifen. Rück-Schippach ist auf einem guten Weg, RÜCK-SCHIPPACH Die Landschaft um Rück-Schippach ist ge­ Landwirtschaft, Weinbau, Naherholung/ prägt durch den Grünzug der Elsava, einer Tourismus und Natur beispielgebend mit­ relativ kleinteiligen Flur mit hohem einander in Einklang zu bringen. Die weitere Streuobstanteil, und den Weinbau. Sieben Gestaltung sollte auf dieses Ziel ausgerichtet Winzer betreiben Weinbau auf den bei der werden. Weinbergflurbereinigung erhalten gebliebe­ nen Terrassen. Das Gewerbegebiet ist durch den Streuobst­ gürtel gut eingebunden. Die Pflege erfolgt durch einen ortsansässigen Keltereibetrieb, der auch den Ankauf und die Pflege weiterer Flächen beabsichtigt. Seit nunmehr 25 Jahren sorgt die Aktion „Saubere Flur“ dafür, dass nicht nur Unrat beseitigt wird, sondern auch der sorgsame Umgang mit der Landschaft und deren Wertschätzung gefördert werden. Zu den Herausforderungen der Zukunft ge­ hören der Erhalt und die Pflege der Streuobst­ bestände, aber auch der Unterhalt des Elsavaufers. Hier gilt es, den Fluss und den begleitenden Gehölzsaum als Lebensraum 59 RÜGHEIM

60 SILBER mündeten in einem Leitbild, das einerseits die Bereitschaft zeigt, am Alten festzuhalten, Rügheim gleichzeitig aber auch die Aufgeschlossen­ heit für Neues deutlich macht. Diese Strate­ Stadt Hofheim i. UFr. Landkreis Haßberge gie scheint aufzugehen. Den Veränderungen in der Landwirtschaft und der Verringerung der landwirtschaftlichen Betriebe begegnen neue Angebote in Rügheim. Eine für die Größe Rügheims sehr beachtliche Anzahl an Gewerbetreibenden bietet rund 100 Arbeits­ plätze. Dazu gehört neben dem Fremdenver­ kehr mit einem Landhotel am Ortsrand auch eine Vielzahl an Dienstleistungs-, Gewerbe- und Handwerksbetrieben. Nahversorgungs­ möglichkeiten für die Bewohner gibt`s beim Bäcker, beim Metzger und am Marktplatz direkt „Um`s Eck“. Die politische Entscheidung, die Bauleit­ planung zu korrigieren und 23 ausgewiesene Landrat: Wilhelm Schneider Bauplätze aus der Planung zu nehmen, belegt Bürgermeister: Wolfgang Borst den Mut und die Weitsichtigkeit bei der Reaktion auf die Veränderungen der länd­ Kreisfachberatung für Gartenkultur und Landespflege: Guntram Ulsamer lichen Räume. In diesem Prozess ist es gelungen, die Bürger­ Einwohnerzahl: 613 schaft nicht nur zum Partner zu machen, son­ Gemarkungsfläche: 1111 dern sie wurde in Rügheim zum Akteur und Dorferneuerung / Städtebauförderung: ja zum Motor. Aus 13 Vereinen entstand eine Betriebe in der Landwirtschaft Vereinsgemeinschaft, die zusammen im Vollerwerbsbetriebe: 7 Jahresverlauf die unterschiedlichsten Aktivi­ Nebenerwerbsbetriebe: 5 Betriebe in Industrie und Gewerbe: 24 täten entwickelt und die dabei erzielten Erlöse im Dorf reinvestiert. Als besonderes gelungenes Beispiel kann die Entscheidung zur Sanierung der Alten Schule als Dorfgemeinschaftshaus mit vielfältigen Raum- und Nutzungsmöglichkeiten genannt 1. Entwicklungskonzepte und werden, weil das auch in Zukunft das wirtschaftliche Initiativen

Drei Kilometer südwestlich der ehemaligen Kreisstadt Hofheim liegt deren Stadtteil Rügheim im Hassgau. Rügheim, „alles – außer – gewöhnlich“, so lautet der Slogan. Und vieles, was der Besucher oder Einwohner in Rügheim erlebt, darf tatsächlich als außer­ gewöhnlich beschrieben werden. Politik und Bürgerschaft gingen gemein­ schaftlich, zielgerichtet und konsequent die künftige Entwicklung ihres Dorfes an. Stärken- und Schwächenanalyse und klare Formulierung des angestrebten Ziels 61 Gemeinde- und Gemeinschaftsleben beför­ gelingt, die Vereinsgemeinschaft mit ihrem dert. Ohne Zweifel hat diese Gemeinschaft, enormen Einsatz dauerhaft zu erhalten. in der man sich wohlfühlt, auch die mutige Entscheidung einiger junger Leute beein­ flusst, denkmalgeschützte Bauernhöfe zu erwerben, aufwändig zu sanieren und damit wiederzubeleben. 2. Soziale und kulturelle Aktivitäten Die Wasserversorgung der Stadt Hofheim mit einer Enthärtungsanlage verbessert die Was­ Die Rügheimer zeigen sich selbstbewusst serqualität und verringert die Kosten für die und meinen: „Für uns ist Rügheim das schöns­ Bürgerschaft. Die Abwasserentsorgung ist in te Dorf.“ Tatsächlich hat es sich der Ort an einem gemeinschaftlichen Zweckverband vielen Stellen schön gemacht. Ein Detail ist geregelt. Neben den gut ausgebauten die selbst gefertigte neu geschaffene Haß­ Straßen und dem stündlichen öffentlichen bergtracht, die die Frauen bei feierlichen Personennahverkehr nach Hofheim und Haß­ Anlässen tragen. Architektonische Schmuck­ furt verfügt das Dorf auch über schnelles stücke sind das Tagungs- und Kulturzentrum Internet und eine gute Mobilfunk-Verfüg­ Schüttbau und die Alte Schule als vorbildlich barkeit. saniertes Dorfgemeinschaftshaus. In Kürze Als Mitglied der Allianz Haßberggau ist es der wird die Sanierung eines neuen Brau- und Stadt Hofheim mit ihrem Ortsteil Rügheim zu Backhauses mit einem Brotbackofen fertig empfehlen, dass sie die in ihren Fördersat­ gestellt. Für die im und um das Dorf geernte­ zungen festgelegten Wartezeiten für Leer­ ten Früchte ist eine Obstkelter des Obst- und stände neu überdenkt. Langfristig erscheint Gartenbauvereins in Betrieb. auch ein Konzept zur Förderung von Privat­ Das Vereinsleben bietet viele Möglichkeiten: maßnahmen bei der Sanierung von Immo­ von verschiedenen Sportarten bis hin zur bilien zielführend. Zu wünschen ist, dass es Teilnahme an einer Theatergruppe und am 62 lokalen Brauchleben (z. B. Kirchweih, Mai­ werden können. Positiv fällt auch das noch in baumaufstellen, Johannisfeuer). der Sanierung befindliche Brau- und Back­ In Rügheim hat sich eine Töpferei angesie­ haus auf, das in Kürze von den Bewohnern delt. Denkbar wäre es, weitere Kreative in den zum Backen, Brauen und Feiern genutzt wird. Ort zu holen. Der Mehrgenerationen-Spiel­ Dies schafft Identität und hält die Dorf­ platz ist eine gute Initiative, die durch mehr gemeinschaft zusammen. Speziell hier hätte Spielgeräte und Sitzgruppen aufgewertet allerdings mit einer besseren Gestaltung der würde. Außenanlagen mehr Aufenthaltsqualität erreicht werden können. Die bereits neu gestalteten Bereiche im öffentlichen Raum wie der Marktplatz oder der Park an der Schlossmauer wirken insge­ 3. Baugestaltung und -entwicklung samt unaufgeregt und unterstützen den dörflichen Charakter. Der Ausbau ist bislang

Die über 1200 Jahre alte 600-Seelen-Gemein­ jedoch nur punktuell vollzogen. Bei der RÜGHEIM de Rügheim ist umgeben von landwirtschaft­ weiteren Neugestaltung im öffentlichen lich geprägten Fluren und reich an Geschich­ Raum sollte der bereits etablierte Gestal­ te und an baukulturellem Erbe. Einige dieser tungsduktus beibehalten, weiterhin auf Schätze wurden bereits in vorbildlicher Weise Barrierefreiheit und die Verwendung heimi­ wieder gehoben, belebt und weiter ent­ scher Materialien wie Muschelkalk geachtet wickelt. Sehr gelungene Beispiele sind im werden. Fassaden- und Straßenbegleitgrün öffentlichen wie auch im privaten Bereich zu ist fester Bestandteil von Plätzen, Straßen finden. Sie können bei zukünftigen Sanierun­ und Gassen und wird liebevoll von den gen zur Nachahmung anregen. Bewohnern gepflegt. Schon deswegen muss Besonders bemerkenswert ist der weit über man sich keine Sorgen machen, dass diese die Ortsgrenzen bekannte, vom Bezirk reno­ Pflege auch in Zukunft weitergeführt wird. vierte Schüttbau, der zu Veranstaltungen wie Rügheim besitzt im Altortensemble eine z. B. Konzerten einlädt. Auf Initiative der beachtliche Anzahl an sehr gut erhaltenen Ortsbevölkerung konnte im Rahmen der Fachwerkhöfen aus dem 17. und 18. Jahrhun­ „Hofheimer Allianz“ auch die „Alte Schule“ dert. Einige wurden bereits von ihren mit Hilfe der Städtebauförderung saniert Besitzern sehr gelungen saniert, ortstypische werden. Nun ist sie barrierefrei und als Gene­ Materialien und Formate finden Verwen­ rationenhaus für alle Bürger offen. Hier wird dung, aber auch Treppenanlagen, Zäune und deutlich, dass durch eine gute Planung Bau­ Hoftore wurden nach historischen Vorgaben kultur, Bautradition und Maßstäblichkeit vorbildlich instand gesetzt. Unterstützt und gewahrt und trotzdem neu interpretiert begleitet werden diese privaten Vorhaben

63 Dies zeigt sich auch daran, dass Mittel aus dem Dorfgemeinschaftsverein unter ande­ rem in die Grüngestaltung fließen. Im Ortskern sind auf zahlreichen öffentlichen und privaten Flächen Grünbereiche entstan­ den, die das Bild des Dorfes zunehmend beleben. Fassadengrün, große Bäume am Ortseingang und in vielen Privatgärten, Nutz­ gärten innerhalb des Dorfes und an den Rändern oder die Rosen an den Kellern zeigen vielerorts ideenreiche und nachahmenswer­ te Beispiele für eine dorfgerechte Begrünung. Auch die private Gartenkultur bietet eine Fülle stimmungsvoller Gestaltungsvorbilder, durch Beratergutscheine im Rahmen der die mit Liebe zum Detail auf die Bausubstanz interkommunalen Hofheimer Allianz. Im abgestimmt sind. kommunalen Bereich, insbesondere am Das prägende Großbaumensemble im Um­ Friedhof, würde man sich diese Qualität feld der Kirche und des Schüttbaus schafft wünschen. wichtige Raum- und Blickbezüge. Die beein­ Insgesamt konnten bislang zwölf unbewohn­ druckenden Linden und Ahornbäume unter­ te private Objekte im Ortszentrum wieder streichen die Bedeutung dieser wichtigen genutzt werden, darauf kann Rügheim zu Gebäude im Ort und können ihre ganze Recht stolz sein. Zur Unterstützung dieser Wirkung nicht zuletzt dank ihres guten Innenentwicklung wurden rund 20 Bauplätze Pflegezustandes entfalten. Hier könnte eine aus „Neubaugebieten“ zurück genommen. Ergänzung des Baumbestandes auf der Durch diesen mutigen Schritt und durch die Frei ­fläche orv der Kirche noch zu einer ausge­ ­ bereits realisierten positiven Beispiele wird wogenen Proportion des Raumes beitragen. der fränkische Charme gewahrt und Leben Durch die randsteinlose Gestaltung der ins Dorfzentrum zurückgeholt. Gräber inmitten der Grasfläche fügt sich der In Rügheim wird ganzheitlich gedacht! Die Friedhof mit seinem schlichten und unauf­ Handlungsfelder Ökologie und Ökonomie dringlichen Gesamtbild in das Dorf ein. Auch werden in die Gesamtbetrachtungen einge­ hier würden einige größere Bäume nicht nur bunden. An eine Biogasanlage sind bereits für Beschattung sorgen, sondern die Fläche öffentliche Gebäude und 20 Privatanwesen stärker strukturieren, auflockern und den angeschlossen, weitere können folgen. Friedhof in seinem Erscheinungsbild stimmig Regernative Energie durch Wasserkraft wird und symbolhaft aufwerten. zusätzlich in der Mittelmühle erzeugt. Mit Kraft -Wärme-Koppelung wird Strom erzeugt.

4. Grüngestaltung und -entwicklung

„Rügheimer Blümlich“ sind an vielen Stellen im Ort sichtbar. Das Dorfgrün spielt in Rügheim eine wichtige Rolle und wird von der Dorfgemeinschaft und dem Obst- und Gartenbauverein kontinuierlich mit großem Engagement gepflegt und weiterentwickelt. 64 Der neu gestaltete Plotti-Platz mit dem liebe­ Kippbachtal mit seiner Aue ist als geschützter voll gestalteten Brunnenumfeld hat eine gute Landschaftsbestandteil ausgewiesen. Hier Aufenthaltsqualität. Diese könnte durch eine findet in einem Weiher die Nachzucht von Erweiterung der Begrünung mit Bäumen in Edelkrebsen statt. Die ehemalige Tongrube entsprechenden Qualitäten noch gesteigert der örtlichen Ziegelei enthält ebenfalls eine werden. Wasserstelle. Dieser leider private Bereich ist Für die Sitzmöglichkeiten im und rund um auch wegen seiner offenen Tonwände als den Ort, z. B. am Mehrgenerationenspielplatz Geotop eingestuft. Als ökologisch sehr wert­ und am Brauhaus, könnte ein Möblierungs­ volles Element sollte es als Naturschutzgebiet­ konzept in ansprechender Qualität die ausgewiesen werden. Bemühungen der Dorfgemeinschaft um die Die Lössüberdeckung begünstigt die Land­ Grüngestaltung unterstützen und die gestal­ wirtschaft mit hohen Bodenwertzahlen. terische Wirkung der Sitzplätze steigern. Früher wurde vermehrt Kraut angebaut und Bei der Weiterentwicklung des Dorfgrüns gleich im Ort in einer Krautfabrik verarbeitet. sollte die Standortgerechtigkeit der verwen­ Im Rahmen der Flurbereinigung wurden drei RÜGHEIM deten Pflanzen im Vordergrund stehen. Die ausgedehnte Zeilen Windschutzhecken vielen guten Beispiele, die es im Ort bereits gesetzt. Im Streuobst gibt es insgesamt 36 ha gibt, sind gute Vorlagen für die stimmige und alte Bestände und Neupflanzungen. Aus harmonische Fortführung der dörflichen einer Birnenanlage mit 200 Bäumen soll Grün- und Gartenkultur. später der „Willy“ destilliert werden. Auch der Obst- und Gartenbauverein kümmert sich um Obstkulturen und einen Lehrpfad. Am Spielplatz pflanzte er 30 schattenspendende Bäume. Daneben betreibt er eine eigene 5. Dorf in der Landschaft Kelterei. 2017 richtete er den Tag der offenen Gartentür aus, der hier sogar für ganz Rügheim liegt in der Nassachniederung Unterfranken eröffnet wurde. wenige Kilometer vor dem Hassbergtrauf. An Ein Mitglied des LBV hat 480 Nistkästen den Ufern der Nassach und ihrer Seitenbäche aufgehängt. Diese Aktion trägt Früchte. verzichtet die Landwirtschaft auf Düngung Insgesamt beobachtet man in Rügheim Vögel und Pflanzenschutz in der Gemarkung. Die­ wie z. B. den Eisvogel, den Kiebitz und das ser Schutz des Gewässers paart sich mit dem Braunkehlchen, Rohr- und Kornweihe, Schutz vor dem Gewässer durch Erhalt von Schleiereulen und Turmfalken. Im Frühjahr „Schwemmwiesen“ als Feuchtwiesen und erfreut der Gesang der Nachtigall. Hochwasserrückhalt. Der Wald präsentiert sich als Laubwald und Bleiben wir bei den Feuchtgebieten: Das ist zum großen Teil in kommunalem Besitz. Der Förster führt hier waldpädagogische Maßnahmen mit den Realschülern durch. Die Siedlung ist gut eingegrünt, und das wurde schon vor Jahren begründet, wie ein älteres Luftbild zeigt. Ein Feldkreuz aus der Zeit vor der Glaubens­ spaltung ist erhalten. Im evangelischen Dorf Rügheim soll in der Flur noch 2017 eine Erin­ nerung an das Reformationsjubiläum aufgestellt werden. Als Vorschläge zur Weiterentwicklung seien genannt: Mehrung der Zahl der Imker, Schutz­ gebietsausweisung Tongrube und Vervollstän­ digung der Eingrünung an der Biogasanlage. 65 SCHMACHTENBERG SCHMACHTENBERG

66 BRONZE bestehen. Im Altort stehen zudem acht Gebäude leer. Die Marktgemeinde hat jedoch Schmachtenberg die Gefahren erkannt, die Innenentwicklung als großes Ziel vorgegeben und das Kommu­ Markt Mönchberg Landkreis Miltenberg nalunternehmen KU für das Gebäude- und Grundstücksmanagement gegründet. Trotz Strukturwandel in der Landwirtschaft und der Nähe zum Wirtschaftsraum Rhein- Main mit einem guten Arbeitsplatzangebot bewirtschaften noch ein Haupterwerbs- und fünf Nebenerwerbsbetriebe die Kulturland­ schaft von Schmachtenberg. Schnelles Internet mit bis zu 50 Mbit/s ist seit 2012 überall in Schmachtenberg verfügbar. Alle Einrichtungen der Daseinsvorsorge und der Grundversorgung sind im Hauptort Mönchberg ausreichend vorhanden. Das Gasthaus „Zur Sonne“ mit Metzgerei trägt wesentlich zur Versorgung im Ort bei. Die Landrat: Jens Marco Scherf Ortsgruppe des BRK „Helfer vor Ort“ sorgt im Bürgermeister: Thomas Zöller Notfall für schnelle ärztliche Hilfe. Zur Unterstützung des örtlichen Handwerks Kreisfachberatung für Gartenkultur und Landespflege: Roman Kempf wurde 2015 ein kleines Gewerbegebiet für fünf kleinere Handwerksbetriebe geschaffen, Einwohnerzahl: 442 die ortsnah 14 Menschen beschäftigen. Gemarkungsfläche: 496 Als Beitrag zur energetischen Entwicklung Dorferneuerung / Städtebauförderung: ja hat die Energieversorgung Untermain in Betriebe in der Landwirtschaft Schmachtenberg eine Hackschnitzelzentrale Vollerwerbsbetriebe: 1 mit Nahwärmenetz installiert. Die Anschluss­ Nebenerwerbsbetriebe: 4 Betriebe in Industrie und Gewerbe: 2 dichte liegt bei 50% und könnte durch weitere Motivation der Bürgerschaft noch gesteigert werden. Die Vernetzung in der Interkommunalen Allianz „SpessartKraft“ schafft der Markt­ gemeinde Mönchberg positive Impulse, die 1. Entwicklungskonzepte und weiterhin intensiv genutzt werden sollten. wirtschaftliche Initiativen

Schmachtenberg im Naturpark Spessart mit rund 440 Einwohnern gehört seit 1978 zur Marktgemeinde Mönchberg, einem staatlich anerkannten Luftkurort in der Region Bayerischer Untermain. Seit 1997 ist die Bevölkerung um rund 27 % gestiegen. Die Marktgemeinde Mönchberg hat sich in den letzten Jahrzehnten in Richtung Wohn­ nutzung und Fremdenverkehr entwickelt. In den Zeiten des Wachstums wurde auch in Schmachtenberg ein Baugebiet ausge­ wiesen, in dem noch 30 private Baulücken 67 2. Soziale und kulturelle Aktivitäten Auf dem Friedhof ist eine Anlage für Urnen­ gräber entstanden. Begrüßt wurden wir im St.-Valentinus-Haus Zu überlegen ist, bei der Behebung der Leer­ nahe der Kirche. Das neu erbaute Gebäude stände auch Künstler ins Dorf zu holen, etwa dient für Versammlungen und schließt mit in den Alten Obstkeller, und den Kinderspiel­ einem Platz mit Bushaltestelle, Sitzgelegen­ platz attraktiver zu gestalten. Leider war vom heit und öffentlicher Toilette zum Hang hin Vereinsleben im Dorf während der Begehung ab. wenig zu spüren. Schmachtenberg ist gut versorgt: Ehren­ amtliche Helfer vor Ort sind mit einem eigens dafür vorhandenen Auto für Notfälle zur Stelle, das in der ehemaligen Feuer­ löschhalle untergebracht ist. Die Busver­bindungen, insbesondere in das na­ he Mönchberg, sind gut und es gibt eine E-Bike-Ladestation. Das Dorfwirtshaus mit eigener Metzgerei ist sehr beliebt und bekannt. Für die Kinder gibt es einen Spielplatz. Mehrere Vereine prägen das öffentliche Leben, zum Beispiel Feuer­ wehr- und Gesangverein, Tischtennisclub, Chor, Dorfmusikanten sowie der Sportverein. In der Sporthalle mit Vereinsgaststätte werden alle größeren Veranstaltungen durchgeführt, wie z. B. die Faschingsfeiern der örtlichen Vereine. 68 3. Baugestaltung und -entwicklung

Schmachtenberg liegt ruhig und abseits der Staatsstraße an einer sanften Anhöhe. Auf dem Weg von Mönchberg nach Schmachten­ berg liegt auf halber Strecke die Fatima-Kapelle, die sich harmonisch in die Umgebung einfügt und die Neugierde auf das Dorf weckt. Erste Schritte zur Verbesserung der Bauge­ staltung und -entwicklung von Schmachten­ berg wurden bereits unternommen. Ein Vitalitäts-Check mit Gebäude- und Denkmal­ kartierung, ein im ILEK entstandenes Leerstands-Management sowie die Dorfer­ neuerung wirken hierbei als Impulsgeber. Die Gemeinde plant die Leerstände sukzessiv mit Leben zu füllen und Baulücken zu schließen. Das Neubaugebiet mit seinen großzügigen Grundstücken und unbebauten Flächen wird nachverdichtet. Da noch genügend Flächen vorhanden sind, steht die Ausweisung eines neuen Baugebietes nicht zur Debatte. Durch die Vermittlung von Objekten und Grund­ stücken unterstützt die Gemeinde Bau- und Investitionswillige. Der Einsatz erneuerbarer Energien ist in Schmachtenberg ebenfalls ein großes Thema. angedockt. Das gegenüber liegende Gast­ Die Straßenbeleuchtung wurde im Sanie­ haus ist einen kulinarischen Besuch wert. Der

rungsgebiet der Dorferneuerung auf LED grüne zweite Dorfplatz nebenan könnte SCHMACHTENBERG umgestellt. Eine Nahwärmeversorgung mit durch die Anschaffung von hochwertigen Hackschnitzel versorgt derzeit die innerört­ Bänken deutlich aufgewertet werden. lichen Anwesen entlang der bereits gestalte­ Unruhig wirken die Straßen- und Geh­ ten Ortsdurchfahrt. Ziel ist es, bei den anste­ wegoberflächen. Anstelle eines aufwendigen henden Straßen- und Tiefbaumaßnahmen Material-Mix würde ein einheitliches Pflaster, weitere Gebäude mit anzuschließen. das durch den ortstypischen Naturstein und Den Ortsmittelpunkt im Altort markiert eine Grünflächen gezielt unterbrochen wird, den Barockkirche mit stattlichem Giebel und Dorfcharakter stärken. Entlang der Dorfstra­ Treppenaufgang. Neben der St. Johannes­ ße wurden bereits einige Häuser durch priva­ kirche wurden im Rahmen der Dorferneue­ tes Engagement hübsch saniert. Weitere alte, rung in Zusammenarbeit von Kirche und ortsbildprägende Liegenschaften bergen Politik ein Dorfplatz mit Bushäuschen, öffent­ großes Potenzial, sich positiv auf die weitere lichen WC´s, ein barrierefreier Aufgang zur Entwicklung des Dorfbildes auszuwirken. Kirche und ein Gemeinschaftshaus, das so­ Bestehende Planungsinstrumente des Bau­ genannte „Valentinushaus“, errichtet. Das rechts sollten durch eine Gestaltungssatzung ehemalige Feuerwehrhaus wurde vorbildlich oder eine Gestaltungsfibel ergänzt werden. saniert und beheimatet jetzt die Station für Zur Sensibilisierung aller Beteiligten und zur die Ersthelfer vor Ort. Das Funktionsgebäude Stärkung des Gespürs für den Umgang mit der Hackschnitzelanlage ist unauffällig und der dörflichen Struktur und Baukultur ist es harmonisch an das neue Feuerwehrhaus wichtig, einzelne Bürger als Multiplikator in 69 den Prozess mit einzubinden. Unter fach­ durch die 1966 abgeschlossene Flurbe­ männischer Anleitung können in einem reinigung änderte. Diese bedauerliche Arbeitskreis die ortstypischen baulichen Grün-Entwicklung von Schmachtenberg Merkmale herausgearbeitet und der Blick für wandelte sich mit der einfachen Dorferneue­ die richtige Materialwahl, die Formen­sprache, rung, die erst Ende April 2017 auslief. Einige die Farbwahl und die Maßstäblichkeit der positive Veränderungen wanderten mit dem Baukörper geschärft werden. neu gestalteten Dorfmittelpunkt und der Bei kommunalen wie auch privaten Baumaß­ Dorfscheune am St. Valentinus-Haus sowie nahmen wird oft noch das finale Gespür für der Platzgestaltung am „Helfer vor Ort“-Haus die dörfliche Struktur und Baukultur vermisst. in Schmachtenberg ein. Im Rahmen dieser Architektonische Ausrutscher, mögen sie staatlich geförderten Aktion wurde anspre­ noch so klein sein, schädigen nachhaltig das chendes, innerörtliches Straßenbegleitgrün gesamte Bild. Jedes einzelne Anwesen, jede angelegt und einige private Anwesen wurden Liegenschaft ist ein Puzzleteil im harmoni­ angemessen saniert. Die weitere Entwick­ schen Ganzen und trägt maßgeblich zum lung von Schmachtenberg wurde dem neuen Gesamteindruck des Dorfes bei. Kommunalunternehmen für die nächsten Um die privaten Bauherren zu motivieren Jahre übertragen. sollte die Gemeinde richtungsweisend mit Eine gewisse Vorliebe zur „Fremdsteuerung“ gutem Beispiel voran gehen und Beratungs­ – im Gegensatz zur Eigeninitiative – zeigt sich empfehlungen annehmen. auch in den Leihgaben von Pflanztrögen und Insgesamt präsentiert sich das idyllische -kübeln für den öffentliche Raum. Der „Grüne Schmachtenberg als Dorf mit großem Poten­ Daumen“ der Bürgerschaft und deren Eigen­ zial und ist auf dem besten Weg in die initiative sind spürbar im Wachsen. Zukunft. Prägend ist der Rote Buntsandstein, der ins­ besondere im Kirchenumfeld stark eingesetzt ist. An der Aussegnungshalle im Friedhof dominiert eine prächtige hainartige Baum­ gruppe mit Eichen, Buchen und Linden. 4. Grüngestaltung und -entwicklung Zwischen den Grabfeldern hingegen bedarf es einiger kleinkroniger Anpflanzungen. Es Das kleine Spessartdorf Schmachtenberg ist beabsichtigt, die alte Thuja-Hecke außer­ liegt beschaulich abseits von Industrie und halb des Friedhofes zu entfernen. Der be­ Verkehrshektik leicht erhaben auf 250 m scheidene Grünweg neben dem Friedhof soll ü. NN in landwirtschaftlicher Flur. Weithin in der einfachen, dorftypischen Qualität bekannt war Schmachtenberg für seine erhalten werden. Tafelobstqualität, bis sich der Baumbestand Gestalterische Extreme veranschaulichen die

70 Pflasterflächen um das „Helfer vor Ort“-Haus wertvoll. Steinkauzröhren sind angebracht, und die Grünstrukturen des Gasthauses Son­ teils auch besetzt. Eine Bruthöhlenkartierung ne sowie einige Hofanlagen mit historischem wurde durchgeführt. Sicher wäre auch eine Sandsteinpflaster, mit Topf- und Fassadengrün Obstsortenkartierung empfehlenswert, da einschließlich bäuerlichen Gemüse­gärten. sich hier ebenfalls Schätze verbergen wer­ Der Spielplatz ist von einer eindrucksvollen den. Leider war nicht so ein großes Bewusst­ Kirsche beherrscht und bietet ein reichliches sein für die noch vorhandenen Rückzugs­ Spielangebot in dörflichem Rasengrün. gebiete schutzwürdiger Arten erkennbar. Ein Der Umgriff der Kapelle neben dem TTC ist Beginn sind die Besuche des Kindergartens beschaulich angelegt. Unsensibel sind die zur Ernte in den Obstbeständen. Dies lässt freistehenden Wertstoffsammelbehältersich aber steigern. Im Rahmen von Bayern­ nahe der Kapelle aufgestellt. Hier bedarf es TourNatur könnte die Vogelwelt vorgeführt dringend einer Eingrünung oder auch einer werden. Naturpädagogen haben hier Verlagerung der Behälter. Möglichkeiten. In vielen privaten Gärten dominiert der Zeit­ Ausgleichsstrukturen wie Hecken könnten geist des „pflegeleichten Zierrasens“, es sind sicher noch mehr die landwirtschaftliche Flur aber auch Vorzeigeobjekte mit stimmig bereichern. Für Bauprojekte in der Gemeinde gestalteten Garten- und Hofanlagen entlang werden oft Ausgleichsflächen benötigt. Hier der Hauptstraße zu entdecken. ergeben sich Möglichkeiten. Im weitgehend kommunalen Wald finden sich Feuchtstellen als ökologische Trittsteine und ein Kuriosum, das Zuckerhaus. Früher wurden hier bei Festlichkeiten Kinder mit 5. Dorf in der Landschaft Süßigkeiten beschenkt. Ein Trittsteinkonzept für Biotope könnte Das Dorf auf dem „schmächtigen Berg“ war ausgebaut werden. Empfohlen wird die durchaus früher durch Erträge aus dem schon Gründung eines Gartenbau- und Verschöne­ vom Rhein-Main-Raum klimatisch günstig rungsvereins, der ehrenamtliche Kräfte beeinflussten Spessartvorland bereichert. bündelt, zur weiteren ökologischen Entwick­

Erträge stammten aus dem Wald und aus den lung von Dorf und Flur beitragen kann und SCHMACHTENBERG weiträumigen Obstanlagen. Die wirtschaft­ auch erhebliche naturpädagogische Arbeit liche Attraktivität der Obstanlagen sank in leistet. den 60er Jahren, folglich verringerten sich in einer laufenden Flurbereinigung auch die Anlagen mit noch vorhandenem Hoch­ stammbestand. Heute fällt die Kultur von Johannisbeeren auf. Einige der Streuobstparzellen sind übrig geblieben, teils verwerten noch die Eigen­ tümer, teils tritt der Verein der „Apfelleser“ auf, der das Aufgesammelte veredelt. Hier gibt es schon den aus der hessischen Nach­ barschaft bekannten „Äppelwoi“. Die große Obstlagerhalle sollte unbedingt wieder belebt werden – evtl. auch zu kulturellen Zwecken und auch für einen Obstmarkt im Herbst genutzt werden, wo die Streuobst­ besitzer ihre Ernte an die Städter verkaufen können. Die Streuobstflächen sind ökologisch sehr 71 SCHNACKENWERTH

72 SILBER Schweinfurt ist der Gemeindeteil ebenfalls bestens angeschlossen. Schnackenwerth Diese hervorragende Lage im Zentrum Deutschlands ist mit dafür verantwortlich, Markt Werneck Landkreis Schweinfurt dass Schnackenwerth entgegen dem demo­ grafischen Trend steigende Einwohnerzahlen zu verzeichnen hat. Der Markt Werneck hat sich bereits 2004 mit weiteren sieben Gemeinden zur interkom­ munalen Allianz „Oberes Werntal“ zusammen­ geschlossen, um die Wettbewerbsfähigkeit, die Standortbedingungen, die Attraktivität und die Gleichwertigkeit der Lebens- und Arbeitsbedingungen für die Region zu sichern und zu steigern. Mittlerweile besteht die Allianz aus zehn Gemeinden mit 46 Dör­ fern. Die verstärkte Kooperation wirkt sich sehr positiv bis in den kleinsten Ortsteil aus, trifft Vorsorge für eine zukunftsfähige Landrat: Florian Töpper Entwicklung und vermittelt den Menschen Bürgermeister: Edeltraud Baumgartl in der Region mehr Lebensqualität. Mit dem vor kurzem erstellten Gemeinde­ Kreisfachberatung für Gartenkultur und Landespflege: Brigitte Goss entwicklungskonzept unter dem Motto „Projektideen entwickeln, Zukunft gestalten“ Einwohnerzahl: 407 hat der Markt Werneck sich zum Ziel gesetzt, Gemarkungsfläche: 503 auch künftig die Attraktivität als Lebens-, Dorferneuerung / Städtebauförderung: nein Wirtschafts- und Erholungsraum für alle Betriebe in der Landwirtschaft Gemeindeteile zu erhalten und zu erhöhen. Vollerwerbsbetriebe: 3 Schnackenwerth war durch seine Lage im Nebenerwerbsbetriebe: 6 Betriebe in Industrie und Gewerbe: 29 fruchtbarsten Teil des lößbedeckten Schwein­ furter Gaus immer eine wohlhabende Bauerngemeinde und zeigt trotz der Nähe Schweinfurts noch ein recht bäuerliches Gepräge. Derzeit gibt es noch drei Voll­ erwerbs- und rund sechs Nebenerwerbsland­ 1. Entwicklungskonzepte und wirte. wirtschaftliche Initiativen

Schnackenwerth, mundartlich „Schnaga­ wärt“ genannt, hat 419 Einwohner und ist seit der Gebietsreform 1972 einer von 13 Orts­ teilen des Marktes Werneck mit insgesamt etwa 10.270 Einwohnern. Durch den Ort führt die Bundesstraße B19 von Würzburg nach Meiningen. Im Westen grenzt die A7 Würz­ burg – Kassel, im Süden die A70 Schweinfurt – Bamberg und im Norden die A71 Schwein­ furt-Erfurt unmittelbar an, d. h. Schnacken­ werth ist verkehrstechnisch gut einge­ bunden. An das Radwegenetz im Landkreis 73 Begrüßenswert ist die Entwicklung im Bau­ Vorübergehenden ein, Beeren und Gemüse gebiet Point, da hier bereits alle Bauplätze zu verkosten. verkauft und die allermeisten bebaut wur­ Schnackenwerth hat ein aktives Vereins­ den. Nach der Devise „Stillstand ist leben, eine kleine Bücherei und einen Rückschritt“ sollte hier die vollständige Besuchsdienst. Ein Teil der Kirchengaden Bebauung intensiv beworben werden, um wurde so ausgebaut, dass diese für verschie­ den Druck auf den Altort zu verstärken und dene Festlichkeiten genutzt werden können, damit künftigen Leerstand zu verhindern. zum Beispiel Konzerte und Lesungen. Die angestrebte Aufnahme in das Dorfer­ Versucht werde sollte, das Gasthaus am Ort neuerungsprogramm kann Schnackenwerth zu erhalten und den maroden Tanzsaal auf wichtige Impulse geben. Nutzbarkeit zu prüfen.

2. Soziale und kulturelle Aktivitäten 3. Baugestaltung und -entwicklung

Mit Witz und Phantasie präsentierten die Das ursprüngliche Siedlungsgefüge Schna­ Schnackenwerther ihr festlich herausgeputz­ ckenwerths ist auch heute noch gut ablesbar. tes Dorf und ihr reges Vereinsleben. Die Die Werntalstraße mit der Reihung giebel­ Theatergruppe zeigte ihr Können in einem ständiger Häuser mit Hackenhöfen und rück­ Sketch auf offener Straße und die Jugendfeu­ wärtigen Scheunen stellt nach wie vor das erwehr führte einen preisgekrönten Kurzfilm Rückgrat des Straßendorfes dar, in dem eine vor. Die Anglerjugend zeigte ihre Unterkunft Querung an der Kirche eine interessante am Anglerteich. Der Ort ist flankiert von klei­ räumliche Situation schafft. Bis in die jüngere nen Gärten. Ein Naschgarten lädt alle Vergangenheit hat die Siedlungsentwicklung 74 auf der Südseite des Ortes stattgefunden und Beim Brückengeländer in „ Klein Venedig“ auf an der St2277 geendet. der Rückseite der Scheunenriegel an der Anstatt auf Innenentwicklung und behut­ Weth hätte man nur das ansprechende same Siedlungsweiterentwicklung nach Geländer an der Kirche kopieren müssen. Osten zu setzen, hat man in nicht nachvoll­ Hinter den Scheunen aus Naturstein verläuft ziehbarer Weise ein Baugebiet südlich der die Weth, ein kleiner natürlich belassener Staatsstraße ausgewiesen und sich dabei Bachlauf mit Grasböschung, der immer nicht nur von der ursprünglichen Siedlungs­ wieder von kleinen Brücken zu den Scheu­ idee entfernt. Man hat auch durch viel zu nentoren überspannt wird. Dies ist sicher liberale Festsetzungen­ gegen ein städtebau­ eine der reizvollsten Anlagen in „Schnagga­ liches Grundprinzip – Einheitlichkeit eines wärd“. Leider wurden einige Holztore durch Bau ­gebietes und Ortes – gehandelt. Sektionaltore ersetzt. Wenn Gebäude so In die richtige Richtung geht das Dorf, wenn wenige Elemente aufweisen, kommt dem es um die Aufwertung öffentlicher Räume einzelnen Element eine umso größere geht. Bei den Kirchengaden mit der hervor­ Bedeutung zu und desto mehr mindern ragenden Gestaltung des Kirchenumfeldes Störungen dann den Gesamteindruck des und beim Dorfplatz ist eine hohe gestalteri­ Dorfes. sche Sensibilität für die Verwendung des Keine Störung, sondern eine Bereicherung heimischen Sandsteines im Verbund mit gut des Ortsbildes ist die kleine Kapelle mit Grün­ gewähltem Betonpflaster, Asphalt und Grün anlage und Grotte. Hier und bei der erkennbar. Gestaltung des Bachlaufs haben die Mit dem Platz fällt leider auch etwas die Schnackenwerther hohe Sensibilität an den Gestaltungshöhe ab. Man versteht nicht, Tag gelegt, die Schule machen sollte. Ins­ warum eine Seite des Platzes asphaltiert ist, besondere am Fischteich, dem historischen obwohl die Stellplätze auf der anderen liegen. Weiher des Dorfes, könnte man sich viel Hier befindet sich auch das Kräuterbeet, des­ sen Form, Lage und Funktion an dieser Stelle Fragen aufwirft. Die Bachöffnung kann man sich größer vorstellen, damit das Wasser auch

vom Platz aus sichtbar ist. So verbleibt nur ein SCHNACKENWERTH breiterer Schacht. Das Wasser erkennt man erst, wenn man davor steht oder den neu und positiv zu bewertenden Zugang hinab­ gestiegen ist! Der Bildstock und die Wasser­ säule benötigen einen Hintergrund, den das hier wuchernde Grün nicht schafft.

75 abschauen. Leider stehen hier, wo man der für die Raumwirkung des Platzes von großer Natur so nahe ist, Mauern aus Baumarkt­ Bedeutung und bilden gleichzeitig einen pflanztrögen mit Kunststeinabdeckung. wichtigen Bezugspunkt innerhalb der Achse Einige Bürger haben schon angefangen Dorfplatz – Kirchenvorplatz. Auch tragen sie kleine Pflanzbeete anzulegen um den maßgeblich zur Aufenthaltsqualität bei und Straßenraum aufzuwerten, der jetzt entsteht. werden diese mit zunehmender Größe noch Dies ist sehr erfreulich, jedoch sollte man steigern. nicht auf Beratungsangebote und eine Der gegenüber liegende Kirchplatz bildet das Gestaltungssatzung verzichten. Bei einigen Entree für Kirche und Gaden. Die abgestuften Renovierungen im Altort wurde mit dem Pflanzflächen im Bereich der Friedhofsmauer heimischen Muschelkalk vorbildlich Finger­ sind mit einer qualitätsvollen Bepflanzung spitzengefühl für ortsgerechte Gestaltung an gestaltet, die dem Umfeld einen hoch­ den Tag gelegt. wertigen Rahmen gibt. Hinsichtlich innovativer Mobilität und Nut­ Rund um den Dorfsee bietet sich den zung regenerativer Energien könnte sich Schnackenwerthern ein zentral gelegener, Schnackenwerth noch etwas weiter nach idyllischer Erholungsraum. Das von der Ang­ vorne bewegen. lergemeinschaft gepflegte und genutzte Wenn die Schnackenwerther bei der Weiter­ Gelände hat sich zu einem Ort entwickelt, der entwicklung des Feuerwehrhauses und der nicht nur eine hohe Aufenthaltsqualität zahlreichen erhaltenswerten öffentlichen bietet, sondern zugleich Lebensraum für und privaten Gebäude ebenso viel Detail­ zahlreiche Tier- und Pflanzenarten ist. Für die liebe und Engagement zeigen wie die Jung­ junge Vorstandschaft des Anglervereins ist feuerwehr bei ihrem selbstgedrehten Kurz­ die Pflege des Sees und seines Umfeldes film, dann wird das Ortsbild von selbstverständlich. Mit einer sorgfältigen Schnackenwerth noch schöner als es schon Materialwahl bei künftigen Maßnahmen, wie ist. Auf Hilfe von außen sollte man dabei z. B. der Mauer am Vereinsgebäude, könnte unter keinen Umständen verzichten! das Gesamtbild noch stimmiger werden. Sehr schön fügt sich der Spielplatz in das Gelände am Bach ein. Pflanzmaßnahmen aus jüngerer Zeit, wie z. B. die Apfelbäume, 4. Grüngestaltung und -entwicklung werden wertvolle Strukturen für die Fläche schaffen. Die Koniferenpflanzung an der Schnackenwerth hat mehrere grüne Räume, Bachseite fügt sich allerdings nicht ideal in die für das Ortsbild eine große Rolle spielen. das Gesamtbild ein. Der zentrale Raum im Ort ist der Dorfplatz. Ein reiches Gartenerbe pflegt Schnackenwerth Vier Linden bilden den Mittelpunkt. Sie sind mit den Nutzgärten, die sich als Gürtel am

76 Ortsrand entlang ziehen und ihn harmonisch die Ortseingrünung und haben ökologische abrunden. Mit einer Aufwertung der beste­ Qualität. Drei Bäche durchziehen von West henden Gartenzäune könnte dieser grüne nach Ost die Flur und gliedern sie wesentlich. Raum noch stärker als wertvoller Grünber­ eich Hier wird seit sieben Jahren der Biber beob­ wahrgenommen werden und eine gestalteri­ achtet, auch der Graureiher stellt sich ein. sche Einheit mit dem liebevoll angelegten Die sogenannte „Alte Burg“ hat sich als Umfeld der Feldkapelle, dem Sitzplatz und Keltenschanze erwiesen, aber schon Jahr­ dem bepflanzten Bachufer bilden. In diesem tausende zuvor, in der Jungsteinzeit, wurden Zuge könnten die Bachquerungen zu den die fruchtbaren Böden besiedelt. Pfosten­ gegenüber liegenden Scheunen gestalte­ spuren davon hat man beim Baugebiet risch verbessert werden, z. B. durch hoch­ „Obere Point“ ausgegraben. wertigere Geländer. Eine Altgrasfläche an der „Alten Burg“ kann Die Ortsdurchfahrt von Schnackenwerth ist zum ökologisch wirksamen Strukturelement stellenweise mit Fassadenbegrünungen werden. Nach Ausmagern könnte ein Halb­ aufgelockert, doch fehlt insgesamt ein trockenrasen entstehen und schließlich als prägendes Straßenbegleitgrün. Dies könnte Schutzgebiet ausgewiesen werden. Der zunächst weiter mit ansprechenden Rank­ Aussiedlerhof ist durch Eingrünung mit der gerüsten und angepassten Kletterpflanzen Landschaft verbunden. intensiviert werden. Mit der Stärkung des Als Entwicklungsmaßnahmen ist vorgeschla­ mobilen Grüns in qualitativ hochwertiger gen, die neuen Baugebiete im „Speckgürtel Ausführung könnte man das noch unterstüt­ von Schweinfurt“ von Anfang an mit einer zen. Bei einem Straßenausbau würden wirksamen Eingrünung zu versehen, die Pflanzflächen für Stauden und Gehölze das vorhandenen Ausgleichsflächen weiter zu ent­ Ortsbild allerdings noch stärker beleben. wickeln und mit Ausgleichsgeldern die weit­ räumige Ackerflur weiter zu struktu­rieren.

5. Dorf in der Landschaft

Bei besten Bodenbonitäten rund um Schna­ SCHNACKENWERTH ckenwerth spielt die Landwirtschaft eine herausragende Rolle. Sie nimmt auch die meisten Flächen ein und wird intensiv betrie­ ben. Einzelne Sonderkulturen sind zu finden: Kräuteranbau und Ginkgopflanzungen zur pharmazeutischen Verwertung. Wald zieht sich in der Gemarkung auf 24 ha (alles Laub­ wald) zurück und wird von der Waldkörper­ schaft im Wesentlichen als Niederwald zu Brennholzzwecken bewirtschaftet. Die Flurbereinigung fand schon in den 30er Jahren statt, hier wurde die Wern begradigt, heute erfährt sie abschnittsweise Renaturierung. Hier ist eine wesentliche Auf­ wertung zu sehen. Herausragendes Natur­ schutzprojekt ist eine Feldhamsterfläche, die als Ausgleichsbiotop angelegt wurde. Monitoring überprüft den Erfolg. Als Greif­ vögel sind Kornweihen aufgetreten. Zwei nennenswerte Streuobstwiesen ergänzen 77 UNTERMERZBACH

78 SILBER die Achsen der Bundesstraßen B4 in Nord- Süd-Richtung bzw. der B303 in West-Ost- Untermerzbach Richtung leicht erreichbar. Die Anbindung zur Kreisstadt Haßfurt erfolgt durch die Gemeinde Untermerzbach Landkreis Haßberge Staatsstraße St2278 über die nahegelegene ehemalige Kreisstadt Ebern. Es bestehen Busverbindungen nach Bamberg und Coburg. Die Gemeinde gehört zur Metropol­ region Nürnberg. Untermerzbach ist mit weiteren Gemeinden aus Oberfranken und Thüringen Mitglied in der „Initiative Rodachtal“ und im „Zweckver­ band Deutscher Burgenwinkel“, die u. a. touristische Konzepte mit Themenwander­ wegen entwickelt haben. Den experimentierfreudigen Untermerz­ bachern ist es neuerdings auch gelungen, die kultivierten Weintrauben in einen schmackhaften Wein, das „Merzbacher Tafel­ Landrat: Wilhelm Schneider glück“, zu verwandeln. Der – wenn auch nur Bürgermeister: Helmut Dietz kleine – Weinbau könnte dem Tourismus eine neue Note verleihen, was zu fördern wäre. Kreisfachberatung für Gartenkultur und Landespflege: Guntram Ulsamer Die Gemeinde ist Mitglied in der über­ regionalen „Baunach-Allianz“, die in den Einwohnerzahl: 591 letzten Jahren u. a. ein Energiekonzept er­ Gemarkungsfläche: 2775 arbeiten ließ, das in weiten Teilen durch Dorferneuerung / Städtebauförderung: ja energieeffiziente Umbaumaßnahmen und Betriebe in der Landwirtschaft Sanierungen in verschiedenen Einrichtungen Vollerwerbsbetriebe: 1 bereits umgesetzt wurde, z. B. Generalsanie­ Nebenerwerbsbetriebe: 2 Betriebe in Industrie und Gewerbe: 7 rung der Grundschule, Sanierung des Rathauses, Umstellung der Straßenlampen auf LED und Einrichtung der „P & Charge“ E -Tankstelle. Es gibt auch einen eigenen Energieberater, der als ständiger Ansprech­ partner innerhalb der Gemeinde tätig ist. 1. Entwicklungskonzepte und wirtschaftliche Initiativen

Im äußersten Nordosten Unterfrankens, zugleich des Naturparks und Landkreises Haßberge, liegt Untermerzbach als Hauptort der gleichnamigen Gemeinde mit weiteren acht Gemeindeteilen. Der Umgriff Untermerzbachs ist naturräum­ lich als Teil des mittleren Itzgrundes mit seinen weiten, wegen der periodischen Hochwasser nur extensiv nutzbaren Wiesen­ flächen anzusehen. Untermerzbach liegt zentral zwischen den Städten Bamberg und Coburg und ist über 79 Erklärtes Ziel der Gemeinde ist es, die Arbeit Infrastruktur Schritt halten zu können und zurück zu den Menschen zu bringen. Ob inte­ dies­bezüglich mit Zuversicht den Herausfor­ grierte Gewerbebetriebe, Praxen oder Pen­ derungen der rasend wandelnden Zukunft sionen, die Gemeinde ermutigt und unter­ entgegen sehen zu können. stützt jedes Vorhaben. Somit gibt es in Untermerzbach 130 Arbeitsplätze im Bereich Gewerbe/Handwerk und Dienstleistungen. Dennoch hat Untermerzbach mit nunmehr rund 550 Einwohnern eine negative Bevölke­ 2. Soziale und kulturelle Aktivitäten rungsentwicklung durch Überalterung und Wegzug zu verzeichnen, die es zu stoppen Zahlreiche Dorfbewohner waren zur Begrü­ gilt. Die Infrastruktur mit Einrichtungen und ßung gekommen. Vor Ort gibt es ausreichend Angeboten, die ein angenehmes Leben im Kindergarten- und Krippenplätze. Eine Dorf bieten, ist mit Ärzten, Dorfladen, Gastro­ Grundschule, eine der kleinsten im Landkreis nomie, Bäckerei, Kindergarten, Grundschule Haßberge, ist ebenfalls vorhanden. Hier etc. reichlich vorhanden. können die Kinder sogar in Hochbeeten Durch das Leerstandsmanagement mit gärtnern. kostenloser Beratung, aktiver Vermittlung Sportvereine bieten den Kindern unter ande­ und Förderung von Bauen im Altort konnten rem ein Ferienprogramm an. Nachbarschafts­ sieben Leerstände beseitigt werden. hilfe und Seniorentreffen gehören ebenfalls Mit 30 bis 50 Mbit/s Breitbandversorgung zum Ort. Untermerzbach hat das Glück, Ärzte, und einem guten Mobilfunknetz ist Unter­ eine Apotheke und einen Laden am Ort zu merzbach momentan auf einem hohen haben. Eine vorbildlich geführte Bibliothek Niveau. Die Gemeinde ist gut beraten, auf ergänzt das Angebot. Die Simultankirche diesem Gebiet am Ball zu bleiben, um mit wird von evangelischen und katholischen den modernen Anforderungen an die Gläubigen genutzt, die Pfarrerin ist am 80 Dorfleben aktiv beteiligt. Hervorzuheben ist den Straßenraum bilden, übernimmt das der fränkische Bibelweg, der Dorf und Grün diese Funktion im Neubaugebiet. Das Landschaft auf besondere Weise verbindet. Schloss hat seine Einzelstellung bewahrt, die Das Rockfestival „Rambazamba in der Pam­ funktionelle Kooperation mit dem Dorf ist pa“ bringt jedes Jahr im Sommer Hunderte gut. Man darf darauf hoffen, dass die von Musikbegeisterten friedlich zusammen. Umfassungs­mauer in einen besseren Zu­ Die hohe Ärztedichte, Kindergarten und stand versetzt wird. Schule sowie die Läden sind für die Zukunft Öffentliche Gebäude wie Rathaus und des Dorfes von hoher Wichtigkeit. Aufgabe Bibliothek sind qualitätsvoll restauriert, die wird es sein, sie zu erhalten und auszubauen. Freiflächen davor und einzelne kleine Platz­ situationen aufwändig mit Granit gestaltet. Der Rest des Altorts wartet noch auf eine Belagsveränderung. Bei dem sehr sinnvollen und wichtigen Dorfladen hingegen vermisst 3. Baugestaltung und -entwicklung man sowohl beim Gebäude als auch beim Zugangsbereich diese Qualität. Hier sollte Inmitten der Hassberge liegt Untermerzbach man eine attraktive Möglichkeit schaffen in dem schönen Itzgrund am Zusammenfluss nicht nur zu parken, sondern sich auch von Rodach und Itz. Das Haufendorf hat sich zu einem Kaffee im Freibereich hinsetzen zu fast ausschließlich nach Norden entwickelt können. Es muss nicht immer Naturstein sein, und sich sozusagen um den Friedhof und die aber wenn Betonpflaster, dann bitte gut Schule gespiegelt, die jetzt mitten im Ort gestaltet. liegen. Der Altort hat so zur Talaue hin seine Feuerwehrhaus und Bauhof sind kommunale ursprüngliche Erscheinung bewahrt. Durch Funktionsbauten, die sich sehen lassen die kompakte Siedlungsform des Neubau­ können. Hier und bei den liebevoll restaurier­ gebietes und eine angenehme Eingrünung, ten privaten Anwesen im Altort zeigt sich, die ganz im Norden noch fehlt, ist der Sied­ dass man in Untermerzbach die Bedeutung

lungskörper in der Landschaft kaum wahr­ der Bauqualität erkannt hat. Auch die Fassa­ UNTERMERZBACH nehmbar. denbegrünung mit Wein ist hier als positiv zu Von der Anlage weiterer Neubaugebiete nennen, die inzwischen als „Tafelglück“ ihren sollte man Abstand nehmen und besser die Weg in die Flur gefunden hat. Lücken und Flächen- bzw. Raumpotenziale Mit dem Pfund des nahezu intakten im Altort nutzen. Während die außergewöhn­ Ortsbildes sollte man künftig auch wuchern. lich schönen und zahlreich vorhandenen Man kann sich durchaus vorstellen, hier historischen Fachwerkgebäude und Urlaub zu machen. Menschen wie der Künst­ Gebäude mit lokalem Sandstein im Altdorf ler Gerd Kanz hauchen alten leerstehenden

81 Gebäuden wie der ehemaligen Brauerei wie­ 4. Grüngestaltung und -entwicklung der Leben ein und fördern damit die Attrakti­ vität. Diese Entwicklung kann auch Arbeits­ Untermerzbach pflegt eine stimmige und plätze vor Ort schaffen und die Infrastruktur dorftypische Gartenkultur, die einen hohen sichern helfen, damit das Schloss mit seinen Stellenwert genießt. Die vielen privaten 50 Beschäftigten und die nach wie vor gut Gärten und Vorgärten runden nicht nur das entwickelten Landwirtschafts- und Garten­ Ortsbild harmonisch ab, sondern sind baubetriebe nicht alleine das Beschäfti­ beispielgebend in ihrer Gestaltung. Große gungsangebot stellen. Auch ein innovativer Gehölze prägen die Gebäudeensembles und Hightech-Betrieb ist hier denkbar, der die Ru­ bilden schöne Sichtachsen im Dorf. he auf dem Land sucht. Bei Mobilität und Die Baugestaltung ist im gesamten Ort von Energie ist Untermerzbach interkommunal in einer liebevoll gepflegten Gartenkultur die Initiative Rodachtal eingebunden. Die begleitet. So verbindet das Projekt für Unter­ Tatsache, dass man zusätzlich noch in der merzbacher Wein nicht nur zwei rückwärtige Interkommunalen Allianzen Itzgrund Mit­ Gartengrundstücke zu einem Weingarten, glied ist, zeigt, dass das Dorf sich nach außen sondern trägt die Idee der Fassadenbe­ öffnen und den Bekanntheitsgrad stärken grünungen entlang der Ortsdurchfahrt will. weiter in das Dorf. Zunehmend bilden Hausrebstöcke einen reizvollen Kontrast zu schieferge­täfelten Fassaden und beleben das Ortsbild. Eingesäte Blütenmischungen sind anspre­ chende Beispiele dafür, wie man brach­ liegende Restflächen attraktiv macht und dabei ökologisch wertvolle Gestaltungs­ formen nutzt. Auf den vielen unbefestigten Randstreifen im Ort darf sich dörfliche Ruderalflur entwickeln, die Verbindungs­ wege im und um das Dorf sind wassergebun­ den oder als Graswege ausgebildet. Der Untermerzbacher Friedhof ist beispiel­ haft von Grün durchzogen. Gerahmt von großen Bäumen sind die Grabfelder in Grasflächen angeordnet. Baumreihen aus Kornelkirschen gliedern den Friedhof und schaffen eine stimmige und symbolhafte

82 Atmosphäre. Auf Plattenabdeckungen und Bereiche renaturiert, Verrohrungen durch Grabgestaltungen mit Kies- oder Schotter­ Furten ersetzt und die Durchgängigkeit für material verzichtet man und möchte dies wandernde Fischarten erhöht, indem man auch künftig verbindlich festlegen. Hindernisse beseitigte. In der intensiv land­ Die Grundschule ist in Untermerzbach eng wirtschaftlich genutzten, durch flache mit dem Gartengedanken verknüpft. Zusam­ Rücken und Talsenken strukturierten Land­ men mit den Kindern ist ein Insektenhotel schaft südwestlich von Untermerzbach entstanden und jede Jahrgangsstufe betreut erstreckt sich im Vorfeld des Waldgebiets eigene Beerensträucher. Die Freiwillige Auholz der zur Itz hin entwässernde Feld­ Feuerwehr und der Obst- und Gartenbauver­ graben mit Seitengräben. Am Oberlauf des ein haben Hochbeete gebaut, die von den Feldgrabens liegen zwei Feuchtwäldchen. Klassen gepflegt werden. Diese Hochbeete Das Grabensystem mit seinen Gehölzsäumen,­ finden sich auch bunt bemalt im gesamten Staudenfluren und Feuchtwaldresten wurde Ort als mobiles Grün dort wieder, wo anstelle in der Biotopkartierung erfasst. von Pflanzflächen eine blühende Auflocke­ Die Seeleite ist ein größtenteils intensiv als rung gut tut. Allerdings können sie im Ackerland genutzter flacher Rücken südwest­ Neubaugebiet die fehlende Straßenbegleit­ lich der Ortschaft. Die vorhandenen meist pflanzung nicht ersetzen. dichten Hecken am Osthang des Itzgrundes südlich von Untermerzbach, am Nordwest­ hang des Feldgrabens und am Südhang des Dorfgrabens sind kartierte Biotope. In der Kellergasse befinden sich in der 5. Dorf in der Landschaft bewachsenen Böschung 47 Erdkeller. Die Nutzung als Winterquartier verschiedener Untermerzbach liegt am Rande der Itzaue. Fledermausarten ist nachgewiesen. Das Itztal ist als europäisches Schutzgebiet Ein beträchtlicher Teil der Keller wird noch als nach der Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie aus­ Lager genutzt. Einige wenige Keller wurden

gewiesen. in den letzten Jahren saniert. Eine umfassen­ UNTERMERZBACH Die naturschutzfachliche Bedeutung liegt in de Sanierung, die bauliche, gestalterische einem hohen Flachland-Mähwiesen-Anteil in und ökologische Aspekte berücksichtigt, ist guter Qualität und dem Populationsverbund wünschenswert. der beiden Wiesenknopf-Ameisenbläulinge. Die Itzaue ist auch EU-Vogelschutz-Gebiet, da es sich um ein Dichtezentrum des Eis­ vogels handelt. Darüber hinaus gibt es wertvolle Wiesenbrüterhabitate. Westlich des Dorfes erstreckt sich das Tal des Merzbachs. Seine naturnahen Abschnitte sind als Biotop erfasst. Der Bach mäandriert im kartierten Abschnitt durch eine intensiv bewirtschaftete Grünlandaue. Der begleiten­ de Gehölzsaum ist dicht geschlossen und besteht weitgehend aus Schwarzerlen. Zum Schutz der bachbegleitenden Hochstauden­ säume und ihrer Tierwelt sind möglichst breite und durchgängige Pufferstreifen anzustreben, die im mehrjährigen Turnus abschnittsweise gemäht werden. Mit der Umsetzung des Gewässerentwick­ lungsplanes wurden bereits im Oberlauf 83 Bewertungskommission

84 85 Bewertungskommission für den Bezirksentscheid Unterfranken

Vorsitz, Leitung und Organisation der Jury Amt für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten Kitzingen Gartenbauzentrum Bayern Nord LOR Nikolai Kendzia LRin Christine Bender

Entwicklungskonzepte und wirtschaftliche Initiativen Bürgermeister Friedel Heckenlauer, Markt Stadtlauringen, Bayer. Gemeindetag Baudirektor Maximilian Jungwirth, Amt für Ländliche Entwicklung, Unterfranken

Soziale und kulturelle Aktivitäten Stellv. Bezirksbäuerin Anette vom Berg-Erbar, Kreisbäuerin LK KT, Bayer. Bauernverband Stellv. Bezirksheimatpflegerin Dr. Birgit Speckle, Bezirk Unterfranken

Baugestaltung und -entwicklung Architekt und Stadtplaner BDA, Dipl.-Ing. (FH) Thomas Geiger, Bayer. Architektenkammer Bauoberrätin Daniela Kircher, Regierung von Unterfranken Architekt und Stadtplaner BDA Bernd Müller, Bayer. Architektenkammer Architektin, Dipl.-.Ing. Christiane Weckert, Landwirtschaftliche Bauberatung

Grüngestaltung und -entwicklung Dipl.-Ing. (FH) LandespflegeBärbel Faschingbauer, Bezirksverband für Gartenbau und Landespflege Kreisfachberater Hilmar Keller, Landratsamt Main-Spessart Landschaftsarchitekt BDLA und Stadtplaner BDA, Dipl.-Ing. Klaus Neisser, Bayer. Architektenkammer

Dorf in der Landschaft Baudirektorin Dorit Bollmann, Amt für Ländliche Entwicklung, Unterfranken Kreisfachberater Friedhelm Haun, Landratsamt Kulmbach 86 Thomas Geiger, Christiane Weckert, Daniela Kircher, Bernd Müller

Dr. Birgit Speckle, Anette vom Berg-Erbar

Friedel Heckenlauer, Maximilian Jungwirth

Klaus Neisser, Hilmar Keller, Bärbel Faschingbauer

Friedhelm Haun, Dorit Bollmann 87 Bewertungsbogen zum Dorfwettbewerb 2016 bis 2019

„Unser Dorf hat Zukunft – Unser Dorf soll schöner werden“

Die Untergliederung der Bewertungsbereiche ist als Hilfe für die Mitglieder der Jury gedacht. Die Leistungen der Dörfer werden vor dem Hintergrund ihrer jeweiligen Ausgangslage und den individuellen Möglichkeiten der Einfluss- nahme bewertet. Besonderer Wert wird dabei auf Maßnahmen und Aktivitäten der letzten Jahre gelegt.

Höchstpunktzahl insgesamt: 1. Entwicklungskonzepte und wirtschaftliche Initiativen (Höchstpunktzahl 20) • Welche Zukunftsperspektive, welches Leitbild, welche Ziele gibt es für das Dorf? • Sind bei den Entwicklungen Stärken und Schwächen analysiert und demografische eränderungenV berücksichtigt?· • Wie werden überörtliche Entwicklungen in der Region und / oder interkommunale Kooperation berücksichtigt (Vernetzung)? • Wie werden Bürgerinnen und Bürger, Vereine, Verbände, Behörden und Unternehmen einbezogen? • Welche Initiativen und Maßnahmen zur Gründung oder Unterstützung örtlicher Unternehmen werden ergriffen? • Welcher Beitrag wird zur Erhaltung oder Schaffung von Arbeits- und Ausbildungsplätzen sowie neuer Einkommensmöglich- keiten geleistet? • Was wird zur Verbesserung der Infrastruktur getan (Bildungseinrichtung, ÖPNV, …)? • Was wird zur Verbesserung einer hinreichenden Breitbandverfügbarkeit unternommen (Internet)? • Was wird für Naherholung und Tourismus unternommen? • Was wird zur Sicherung der Nahversorgung getan? • Wie unterstützen Unternehmen die Entwicklung im Dorf? • Was wird hinsichtlich einer nachhaltigen Energieversorgung getan? • Welche Konzepte und Planungen liegen vor? Sind sie zukunftsfähig (Bauleitplanung, Landschaftsplan, Gestaltungssatzung, …)? • Wie wird mit vorhandenen Flächen umgegangen? • Was wird unternommen, um die Wünsche und Bedürfnisse der Dorfbewohner zu erfahren? • Was wird unternommen, um die Akzeptanz aller Dorfbewohner bei Neuerungen im Dorf zu erreichen? • Wie wird die Entwicklung der landwirtschaftlichen Betriebe im Ort gefördert?

2. Soziale und kulturelle Aktivitäten (Höchstpunktzahl 20) • Welche Vereine, Gruppen und Bürgerinitiativen und andere Einrichtungen bestehen? Wie werden sie unterstützt? Wie tragen sie ihrerseits zum Dorfleben und zur Dorfentwicklung bei? Wie kooperieren sie untereinander? • Was wird getan, um alle Altersgruppen in das Dorf- und Vereinsleben zu integrieren und an das Dorf zu binden? • Was wird zur Kinder-, Jugend- und Seniorenbetreuung getan? • Welche Aktivitäten zur Verbesserung der Familienfreundlichkeit bestehen? • Welche Zusammenarbeit gibt es mit Nachbarorten bei der Sicherung der sozialen Infrastruktur? • Wie werden Zugezogene integriert? • Was wird zur Vermittlung von Dorfgeschichte und zur Förderung oder Erhaltung von Dorftraditionen / Brauchtum getan? • Wie wird das Ehrenamt gewürdigt? • Wie gestaltet sich das kirchliche Leben?

88 3. Baugestaltung und -entwicklung (Höchstpunktzahl 20) • Was wird unternommen zur: - Erhaltung und Gestaltung charakteristischer Elemente des Dorfes und des Dorfbildes? - baulichen und gestalterischen Einbindung neuer Wohn- und Gewerbegebiete? - nachhaltigen Energiegewinnung? - Realisierung von Gebäudesanierungen unter energetischen Gesichtspunkten? - barrierefreien Gestaltung? - Umnutzung oder zum Rückbau ungenutzter Bausubstanz für andere Zwecke (Leerstände)? • Was wird zur Erhaltung, Pflege und Nutzung das Ortsbild prägender Gebäude und Gebäudeensembles getan bei der: - Sanierung von Baudenkmalen oder ortsbildprägenden historischen / denkmalwürdigen Bauten? - harmonischen Einpassung von Neubauten in das Ortsbild (Ensemblesituation)? - Verwendung von regionaltypischen, umweltfreundlichen Materialien bei Neubauten, Renovierung und Sanierung im Be- stand? - Formulierung von Ortsgestaltungssatzungen, Bebauungsplänen oder anderer Ordnungsrahmen? • Werden regenerative Energien genutzt? • In welchem Zustand sind gemeinschaftlich genutzte Gebäude und Anlagen? Was wird von wem zur Verbesserung getan (Kirche, Brunnen, Denkmäler, Vereinsheime,…)? • Wie wird mit vorhandenen Flächen umgegangen: - Ist die Siedlungsentwicklung flächensparend und schlüssig aus der Bauleitplanung abgeleitet? - Ist die funktional Straßen- und Platzgestaltung funktional durchdacht? - Ist die Materialauswahl dorfgerecht?

4. Grüngestaltung und -entwicklung (Höchstpunktzahl 20)

• Wodurch drückt sich das Engagement der Dorfbewohner in der Grüngestaltung aus?

• Welche Elemente und Gestaltungsideen der privaten und öffentlichen Flächen sind zu erkennen bei: - der dorfgerechten Gestaltung des Straßenraumes, des Friedhofes, des Schulumfeldes, des Kindergartens und der öffentli- chen Gebäude der umweltfreundlichen Pflege der öffentlichen Freiflächen? - der dorfgerechten Pflanzenauswahl im öffentlichen und privaten Bereich? - der Gestaltung der privaten Vorgärten und Hofräume? - der Auswahl, Erhaltung und Pflege der Haus- und Hofbäume? - der Anlage und Pflege der Nutzgärten? - der Fassadenbegrünung und dem Blumenschmuck? - der Einfriedungen, Zaun- und Hoftorgestaltung? - der Freiraummöblierung im öffentlichen und privaten Bereich (Beschilderungen, Sitzbänke, Abfallkörbe, privates Gartenzu- behör)? - den naturnahen Lebensräumen für Pflanzen und Tiere im Ort und am Ortsrand? - dem Dorfbach und Dorfweiher (Zustand, Pflege und Entwicklung)? - den Bereichen mit natürlicher Gras- und Krautflora?

• Wie sind Flächenentsiegelung und Regenwassermanagement entwickelt?

• Wie präsentieren sich Freizeit- und Erholungsanlagen?

• Wie stimmt sich das Dorf mit den Nachbardörfern ab?

5. Dorf in der Landschaft (Höchstpunktzahl 20) • Wie fügt sich das Dorf in die Landschaft ein? - Geht die Bebauung harmonisch in die Landschaft über (z. B. Eingrünung mit standortgerechten Gehölzen)? - Passen sich Neubauten bezüglich Baustil, Farb- und Materialwahl sowie Maßstäblichkeit der Landschaft an? - Sind bauliche Anlagen außerhalb der Ortslage (landwirtschaftliche oder gewerbliche Betriebe, Freizeit und Erholungsein- richtungen, Ver- und Entsorgungsanlagen) in Lage und Bepflanzung in die Landschaft eingebunden? • Wurden Maßnahmen zur Förderung der Artenvielfalt und des Biotopschutzes durchgeführt? - Welcher Beitrag zur Verbesserung der Lebensbedingungen für heimische wildlebende Tier- und Pflanzenarten wurde geleistet? - Was wurde zur Erhaltung, Pflege und Einrichtung von regionstypischen Landschaftselementen getan (z. B. Feldgehölze, Einzelbäume, Gewässer, Auen, Feuchtwiesen, Trockenrasen, Hohlwege)? - Wie werden Ausgleichsmaßnahmen für Eingriffe in Natur und Landschaft von der Gemeinde genutzt? • Wie werden außerhalb des Ortes gelegene Strukturen oder Einrichtungen, die aus kultureller und sozialer Sicht für das Dorf von Bedeutung sind, erhalten, genutzt oder gepflegt? Werden geologische oder landschaftliche Besonderheiten erhalten? • Wie erfolgt die Umsetzung von Landschaftsplänen und landschaftspflegerischen Begleitplänen? • Ist die Landnutzung in Art und Intensität standortgerecht differenziert? • Sind traditionelle und moderne Landnutzungsformen in der Land- und Forstwirtschaft integriert (ökologische Ausgleichsflä- chen, Anbau nachwachsender Rohstoffe, Anlagen zur Energiegewinnung, ...) • Sind umweltbildende Maßnahmen eingerichtet? • Stichwort: Möblierung der Landschaft? • Wie stimmt sich das Dorf mit den Nachbardörfern ab (Gewässer- und Biotopvernetzung, …)?

89 Medaillenspiegel der bayerischen Landkreise an Preisträgern bei den Bundesentscheiden 1961 bis 2016 Regierungs- Gold Silber Bronze Gesamt Landkreis bezirk Weißenburg-Gunzenhausen MFr. 11 2 1 14 Lichtenfels OFr. 8 3 0 11 Ostallgäu Schw. 5 3 0 8 Cham OPf. 4 4 0 8 Bamberg OFr. 5 2 0 7 Rosenheim OBay. 5 2 0 7 Neustadt a. d. Aisch-Bad Windsheim MFr. 3 2 2 7 Regensburg OPf. 1 0 4 5 Freyung -Grafenau NBay. 2 2 0 4 Schwandorf OPf. 1 2 1 4 Schweinfurt UFr. 0 3 1 4 Dingolfing-Landau NBay. 3 0 0 3 Roth MFr. 3 0 0 3 Main-Spessart UFr. 2 1 0 3 Weilheim-Schongau OBay. 2 1 0 3 Traunstein OBay. 2 0 1 3 Landsberg am Lech OBay. 1 2 0 3 Passau NBay. 1 2 0 3 Hof OFr. 2 0 0 2 Ansbach MFr. 1 1 0 2 Bad Tölz-Wolfratshausen OBay. 1 1 0 2 Haßberge UFr. 1 1 0 2 Kronach OFr. 1 1 0 2 Kulmbach OFr. 1 1 0 2 Lindau (Bodensee) Schw. 1 1 0 2 Kitzingen UFr. 1 1 0 2 Amberg-Sulzbach OPf. 0 2 0 2 Pfaffenhofen a. d. Ilm OBay. 0 2 0 2 Eichstätt OBay. 0 1 1 2 Günzburg Schw. 0 0 2 2 Neumarkt i. d. OPf. OPf. 0 0 2 2 Neustadt a. d. Waldnaab OPf. 0 0 2 2 Berchtesgadener Land OBay. 1 0 0 1 Coburg OFr. 1 0 0 1 Fürstenfeldbruck OBay. 1 0 0 1 Neuburg-Schrobenhausen OBay. 1 0 0 1 Regen NBay. 1 0 0 1 Straubing-Bogen NBay. 1 0 0 1 Deggendorf NBay. 0 1 0 1 Fürth MFr. 0 1 0 1 Tirschenreuth OPf. 0 1 0 1 Wunsiedel im Fichtelgebirge OFr. 0 1 0 1 Altötting OBay. 0 0 1 1 Landshut NBay. 0 0 1 1 Rhön -Grabfeld UFr. 0 0 1 1 90 Quellen: Abschlussberichte des Bundesministeriums für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten Teilnehmerentwicklung 1961 bis 2013 in Unterfranken im Vergleich zur Gesamtbeteiligung in Bayern

Jahr Anzahl Orte Jahr Anzahl Orte 1961 106 (Bayern 799) 1986 102 (Bayern 1.787) 1963 103 (Bayern 834) 1988 104 (Bayern 1.586) 1965 162 (Bayern 746) 1990 98 (Bayern 1.493) 1967 122 (Bayern 786) 1992 62 (Bayern 1.303) 1969 217 (Bayern 1.088) 1994 91 (Bayern 1.007) 1970 96 (Bayern 1.105) 1996 45 (Bayern 977) 1972 110 (Bayern 1.183) 1999 70 (Bayern 1.025) 1974 147 (Bayern 1.303) 2002 48 (Bayern 973) 1976 125 (Bayern 1.117) 2005 43 (Bayern 635) 1978 105 (Bayern 1.163) 2008 38 (Bayern 513) 1980 162 (Bayern 1.397) 2010 22 (Bayern 345) 1982 152 (Bayern 1.920) 2013 22 (Bayern 327) 1984 128 (Bayern 1.492) 2016 24 (Bayern 237)

91 92

Regierungsbezirk UNTERFRANKEN

26. Wettbewerb 2016 bis 2019 Die Chance „Unser Dorf hat Zukunft – für unser Dorf! Unser Dorf soll schöner werden“

Abschlussbericht Impressum der Bewertungskommission Redaktion: Christine Bender Amt für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten, Mainbernheimer Straße 103, 97318 Kitzingen für den Regierungsbezirk Gartenbauzentrum Bayern Nord; [email protected] Layout: Bayerische Landesanstalt für Weinbau und Gartenbau Unterfranken Abteilung Landespflege, An der Steige 15, 97209 Veitshöchheim Fotos: im Jahr 2017 Luftbilder: Geodaten © Bayerische Vermessungsverwaltung, 2017 Bildnachweis: Christine Bender Druck: Farbendruck Brühl GmbH, 97340 Marktbreit Papier aus nachhaltiger, zertifizierter Waldbewirtschaftung http://www.dorfwettbewerb.bayern.de