Die Schwingfliegen Auf Dem Gelände Des Lebendigen Bienenmuseums (Diptera: Sepsidae) Und Ihre Blütenbesuche in Mitteleuropa 81- 93 PHILIPPIA 16/1 S
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ZOBODAT - www.zobodat.at Zoologisch-Botanische Datenbank/Zoological-Botanical Database Digitale Literatur/Digital Literature Zeitschrift/Journal: Philippia. Abhandlungen und Berichte aus dem Naturkundemuseum im Ottoneum zu Kassel Jahr/Year: 2013-2015 Band/Volume: 16 Autor(en)/Author(s): Flügel Hans-Joachim Artikel/Article: Die Schwingfliegen auf dem Gelände des Lebendigen Bienenmuseums (Diptera: Sepsidae) und ihre Blütenbesuche in Mitteleuropa 81- 93 PHILIPPIA 16/1 S. 81-93 12 Abb./3 Tab. Kassel 2013 Hans-Joachim Flügel Die Schwingfliegen auf dem Gelände des Lebendigen Bienenmuseums (Diptera: Sepsidae) und ihre Blütenbesuche in Mitteleuropa The Sepsidae from the ‘Lebendiges Bienenmuseum’ (Diptera) and her flower visit in Middle Europe Abstract gen und in Deutschland mit 32 Arten vertre- The Sepsidae found on the site of the ‘Lebendi- ten. Weltweit sind bisher etwa 280 Arten be- ges Bienenmuseum’ in Knüllwald, North Hesse schrieben worden (ZIEGLER 2003). Über ihre are presented. Also further results for the black Verbreitung in Deutschland ist bisher nur we- scavenger flies fauna from northern Hesse are nig bekannt und nur wenige Arbeiten hatten mentioned. In addition, an evaluation of the flo- diese Familie hauptsächlich zum Gegenstand wer visit of 14 Sepsidae species with over 900 der Bearbeitung (BÄHRMANN 1993, FLÜGEL individual observations on 87 plant species will eingereicht, OZEROV 2000, SCHACHT 1996, be presented as well as the incorporation of STUKE 2005, 2006). In Hessen ist die Daten- references to visiting flowers of Sepsidae. lage noch schlechter: einzelne Auswertungen von Sepsiden in Hessen finden sich z. B. in RUDZINSKI & FLÜGEL (2007) und LÖHR (2013). Zusammenfassung Bei den in Mitteleuropa verbreiteten Schwing- Die auf dem Gelände des Lebendigen Bienen- fliegen handelt es sich um relativ kleine Arten museums in Knüllwald, Nordhessen gefunde- von drei bis sechs Millimeter Körpergröße, nen Sepsiden werden vorgestellt und weite- die überwiegend schwarz gefärbt sind. Ihren re Ergebnisse zur Schwingfliegenfauna aus deutschen Namen haben die Sepsiden von Nordhessen gestreift. Zusätzlich erfolgt eine ihrer Angewohnheit, die halb geöffneten Flü- Auswertung des Blütenbesuchs von 14 Sep- gel beim Gehen und Stehen langsam auf und sidenarten mit über 900 Einzelbeobachtungen ab zu schwingen. Über die Bedeutung dieses an 87 Pflanzenarten sowie die Einarbeitung Verhaltens ist nichts bekannt. Die Vertreter der von Literaturangaben zum Blütenbesuch von artenreichsten mitteleuropäischen Gattung Sepsiden. Sepsis besitzen an ihren Flügelspitze jeweils einen dunklen Fleck, so dass bei ihnen die Schwingbewegungen besonders deutlich zu Biologie der Schwingfliegen erkennen sind. Die Schwingfliegen sind eine relativ kleine Dieses Verhalten ist beiden Geschlechtern Familie innerhalb der Unterordnung der Flie- ebenso eigen wie der Besitz von Stinkdrüsen, 82 Hans-Joachim Flügel Die Schwingfliegen auf dem Gelände des Lebendigen Bienenmuseums 83 Vogelkot, wieder andere Arten nutzen den Kot Ergebnis vieler weiterer Säugetiere vom Mäuse- über Seit Beginn der Bestandserhebung auf dem Fuchskot bis hin zu Pferdeäpfeln. Sepsiden- Gelände des Lebendigen Bienenmuseums um larven sind aber auch zu finden in verrotten- 1997 konnten bis heute neun Arten aus der dem pflanzlichem Material wie organischem Familie der Schwingfliegen nachgewiesen wer- Schwemmgut an Flüssen und Küsten, dem den (Tab. 1). Dabei nimmt die Erfassungsdichte Uferschlamm von Teichen und Seen, Kompost in jüngerer Zeit deutlich zu, was sicher auch auf oder dem Saftfluss an verletzten Bäumen, die geringe Größe der Sepsiden zurückzufüh- außerdem in tierischen Kadavern. Damit leisten ren ist. Anfänglich wurden verständlicherweise sie einen wichtigen Beitrag beim ökologischen erst die auffälligeren und bestimmungsmäßig Abbau von abgestorbenem organischem Mate- besser erschlossenen Insektengruppen er- rial. Zur Förderung des Verrottungsprozesses fasst. Außerdem war eine zuverlässigere Be- übertragen sie zudem Nematodenlarven, die stimmung aller mitteleuropäischen Schwing- ebenfalls von diesen Stoffen leben. fliegen erst nach der Bearbeitung durch PONT & MEIER (2002) möglich. Bemerkenswert ist, dass es sich bei den erfassten Arten fast aus- Material und Methoden schließlich um Arten aus der Gattung Sepsis Das Lebendige Bienenmuseum befindet sich handelt. Nemopoda nitidula ist der einzige in der Gemeinde Knüllwald im Ortsteil Nie- Vertreter einer anderen Schwingfliegengat- derbeisheim, die zum Schwalm-Eder-Kreis in tung. Diese Art ist auch die einzige Art, die Nordhessen gehört. Das Gelände des Bienen- mit den von Dezember 2001 bis November museums liegt am Ortsrand auf etwa 260 m 2003 ausgebrachten Barberfallen hinter dem über NN und hat in etwa folgende geographi- Leben digen Bienenmuseum, am stillgelegten Abb 1: Weibchen der Schwingfliege Sepsis fulgens mit den für die Gattung Sepsis typischen Flügelflecken. Ihre Flügel schen Koordinaten: 51°02‘34“N / 009°31‘24“E und vom Museum gepachteten Bahndamm breiten die Schwingfliegen beim Laufen aus und schwingen sie dabei langsam auf und ab. Foto: Claude Galand. (Gebäude, Quelle: Google-Earth). Die Sepsi- erfasst wurde. Nemopoda nitidula ist die häu- den wurden auf dem Gelände des Lebendigen figste, meist die einzige Schwingfliegenart, die Bienenmuseums im Zuge der allgemeinen sich mit Barberfallen fangen läßt (FLÜGEL, un- die vermutlich zur Feindabwehr dienen. Sol- aus aktive Schwingfliegen gefunden werden Bestandserhebung seit 1997 mit verschiede- veröffentlichte Beobachtungen), was mit ihrer che Drüsen treten nur in wenigen anderen können, wie die Nachweise aus ganzjährig nen Methoden erfasst, ohne dass eine gezielte Lebensweise zusammenhängt. Sie hält sich Fliegenfamilien und dort – mit Ausnahme der eingesetzten Malaisefallen zeigen (FLÜGEL Suche nach Schwingfliegen erfolgte. Zum Ein- überwiegend am Boden zwischen dichter Ve- Stink fliegen (Coenomyiidae) – ausschließlich eingereicht). Einige Arten der Sepsiden, insbe- satz kamen neben Barberfallen, die zur Erfas- getation auf, wo sie die vielfältigen Substrate bei den Männchen auf. Dafür besitzen die sondere aber Sepsis fulgens (Abb. 1) neigen sung bodenaktiver Insekten dienen, vor allem Männchen der Schwingfliegen zusätzlich an zur Schwarmbildung mit bis zu 60.000 Tieren. der Streifnetzfang und der gezielte Netzfang an bestimmten Blütenpflanzen. Daneben wur- den Hinterbeinen Duftdrüsen, die ein Sexual- Da diese nur im Herbst auftreten, handelt es Tab. 1: Liste der auf dem Gelände des Lebendigen Bienen- hormon absondern. Außerdem sind die Vor- sich vermutlich um Überwinterungsschwärme, den im Wohngebäude und im Gewächshaus museums in Knüllwald, Nordhessen nachgewiesenen Arten derschenkel der Männchen mit besonderen, da sich im Schwarm nur Tiere ohne reife Ge- Fänge an den dort an den Fenstern fliegen- aus der Familie der Sepsidae (Diptera) mit Angabe ihres arttypischen Dornen und Höckern ausgestat- schlechtsorgane befinden. Außerdem können den Insekten durchgeführt. Die Barberfallen Erstnachweises (Erstn.) sowie der Anzahl der Nachweise (Anz.N.). tet. Diese benutzen sie, um die Weibchen bei sich in einem solchen Schwingfliegenschwarm waren mit handelsüblichem Frostschutzmittel Table 1: Species from the fly family Sepsidae, which were der Kopulation an den Flügelwurzeln festzu- verschiedene Sepsidenarten befinden (PONT (bis -30°C) gefüllt und wurden in einem in etwa found at the site of the Lebendiges Bienenmuseum in halten (ZIEGLER 2003). Die Evolution dieser 1987, PONT & MEIER 2002). dreiwöchigen Turnus geleert. Alle Lebendfänge Knüllwald, North Hesse with an indication of their first sexuellen Dimorphismen beeinflusst direkt das wurden mit Essigäther getötet, die toten Tiere record (Erstn.) and the number of finds (Anz. N.). Paarungsverhalten bei den Schwingfliegen Die meisten erwachsenen Schwingfliegen dann präpariert, mit Fundortetiketten versehen Gattung Art (Autor, Jahr) Erstn. Anz N. und damit die Artbildung (PUNIAMOORTHY et al. ernähren sich überwiegend von Nektar oder und bestimmt. Zur Bestimmung der Sepsiden Nemopoda nitidula (Fallén ,1820 ) 1997 5 2008). Weitere Untersuchungen an den weib- Honigtau, nehmen aber ergänzend Minera- wurde die Arbeit von PONT & MEIER (2002) Sepsis cynipsea (Linnaeus ,1758 ) 2001 6 lichen Geschlechtsteilen zeigten, dass auch lien und Eiweiße auf, die sie in zersetzendem verwendet, nach der sich auch die verwendete Sepsis duplicata Haliday ,1838 2012 1 hier rasch mutierende Funktionsteile existie- organischem Material wie Jauche etc. finden. Nomenklatur richtet. Die ersten Tiere wurden Sepsis flavimana Meigen ,1826 2009 1 ren, die zur Artbildung beitrugen (PUNIAMOOR- Ihre Larven entwickeln sich – oft artspezifisch von Rudolf Bährmann determiniert, dem spä- Sepsis fulgens Hoffmannsegg M ,1826 2001 4 THY et al. 2010). – in eben diesen Materialien. Dabei haben sich ter noch die kritischen Arten zur Überprüfung Sepsis orthocnemis Frey ,1908 2005 2 viele Arten auf den Kot bestimmter Tiere spe- übergeben wurden. Alle Belegexemplare be- Sepsis punctum (Fabricius ,1794 ) 2007 2 Ein Großteil der Arten überwintern als erwach- zialisiert. Die Larven sehr vieler Arten sind an finden sich in der Sammlung des Lebendigen Sepsis thoracica Robineau-Desv. ,1830 2003 1 sene Tiere, so dass in milden Wintern durch- Kuhdung zu finden. Andere Arten bevorzugen Bienenmuseums. Sepsis violacea Meigen ,1826 2000 2 84 Hans-Joachim Flügel Die Schwingfliegen auf dem Gelände des Lebendigen Bienenmuseums 85 findet, in denen sich ihre Larven entwickeln herigen Erhebungen übersehen