Das Ärztepaar Rorschach Im Appenzellerland
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Innovation aus dem PZA : das Ärztepaar Rorschach im Appenzellerland Autor(en): Blum, Iris Objekttyp: Article Zeitschrift: Appenzeller Kalender Band (Jahr): 287 (2008) PDF erstellt am: 01.10.2021 Persistenter Link: http://doi.org/10.5169/seals-377347 Nutzungsbedingungen Die ETH-Bibliothek ist Anbieterin der digitalisierten Zeitschriften. Sie besitzt keine Urheberrechte an den Inhalten der Zeitschriften. Die Rechte liegen in der Regel bei den Herausgebern. Die auf der Plattform e-periodica veröffentlichten Dokumente stehen für nicht-kommerzielle Zwecke in Lehre und Forschung sowie für die private Nutzung frei zur Verfügung. Einzelne Dateien oder Ausdrucke aus diesem Angebot können zusammen mit diesen Nutzungsbedingungen und den korrekten Herkunftsbezeichnungen weitergegeben werden. Das Veröffentlichen von Bildern in Print- und Online-Publikationen ist nur mit vorheriger Genehmigung der Rechteinhaber erlaubt. 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Und dass im Garten Klassenkameradin, schrieb der Stock des Hauses am Sonnen- ein Junge und ein Mädchen ehemalige Sekundarlehrer 1991: bergweg 308 sitzt, dem bietet zeitweilig mit Patientinnen und «[...] Deine Mutter. Ich sehe sie sich eine atemberaubende Aussicht Patienten spielten? Einer, der sich vor mir, Zigaretten rauchend, die auf den Alpstein. noch an Olga Rorschach und Welt hinterschauend, eine grosse Ob die heutigen Bewohnerinnen ihre Familie erinnert, ist Hans einsame Frau, irgendwie und Bewohner noch wissen, Bruderer, Jahrgang 1918. Er imponierend und rätselhaft, mit einer dass an der Wegseite des stammt aus Teufen und lebt weichen Sprache.» ' Hauses einmal ein Emailschild heute in Pratteln BL. In einem Wer aber war Olga Rorschach? mit der Aufschrift «Frau Dr. Brief an Elisabeth Rorschach Olga Rorschach wurde 1878 als -? ¦•--. ,'« ¦ 71 * -., m 4 Die Ärztin Olga Rorschach-Stempelin (1878-1961) als Studentin in Zürich. 55 ; «««: v««'.ij«c : «- E »fr 111 "¦ mWÊr"'YSEH*" ijBbJx ii. ¦•'¦- Wi Hiatal Hte-- i. 1 iisV ¦&vül Der Psychiater Hermann Rorschach (1884-1922) um 1912 i Rorschach mit ihren beiden Kindern Elisabeth (1917- in Münsterlingen. 2006) und Wadim (*1919) um 1923 in Herisau. Olga Wassilijewna Stempelin in russischen Bevölkerung und der Nach Beendigung ihrer Tätigkeit der Nähe von Kazan, im russischen Literatur, lernte der in Münsterlingen reisten die heutigen Tatarstan, als ältestes von angehende Psychiater fliessend beiden Ende Dezember 1913 drei Kindern geboren. Nach dem russisch und beabsichtigte mit nach Russland, um sich dort Besuch eines Töchterinstituts in seiner Frau ins Zarenreich niederzulassen. Allerdings Kazan studierte sie in Zürich auszuwandern. zerschlugen sich die Pläne für eine und Berlin Medizin. Sie schloss gemeinsame Zukunft im Zarenreich ihre Studien 1908 ab und schon bald. Hermann Als Ärztepaar beabsichtigte, in ihre Heimat Russland Rorschach kehrte 1914 in die Schweiz in Münsterlingen zurückzukehren, um als zurück, Olga folgte im Jahr Ärztin auf dem Land zu arbeiten. Vorerst arbeitete das Ärztepaar darauf. Von der Arbeit in einem Zunächst heiratete Olga Stempelin aber in der thurgauischen russischen Sanatorium für jedoch ihren Studienkollegen, psychiatrischen Klinik Münsterlingen. vermögende Patientinnen und den 26-jährigen Mediziner Eine schöne Zeit war das, Patienten enttäuscht, wo sich ihm Hermann Rorschach. insbesondere für Hermann keine Möglichkeit geboten hatte, Hermann Rorschach wurde Rorschach, wie sich Olga Rorschach wissenschaftlich tätig zu sein, trat 1884 in Zürich als ältestes von 1944 erinnert: Hermann Rorschach 1915 die vier Kindern geboren. Nach seiner «Er liebte Münsterlingen, fühlte Sekundararztstelle in der Heil- Gymnasialzeit in Schaffhausen sich dort überaus glücklich, fast und Pflegeanstalt Herisau an. Im studierte er in Zürich, Bern fürstlich in seinem «eigenen Heim» gleichen Zuge wurde Olga und Berlin Medizin und schloss von zwei Zimmern, mit dem Rorschach in Herisau mit einer Art seine Studien 1909 ab. Schon geliebten Bodensee vor den Augen, «Berufsverbot» belegt. Der früh begeistert von Russland, der den er beijedem Wetter genoss.»2 Regierungsrat hielt 1915 fest, der Ehe- 56 ;««««««««« .««« frau des neuen Sekundararztes sei tern in Herisau weiterentwickelt. ren konnte die kleine Pension die «Ausübung des ärztlichen Das Buch zu diesem Test jedoch nie. Mit Stellvertretungen Berufes... sowohl in als auch erschien schliesslich nach im Bellevue und in staatlichen ausserhalb der Anstalt zahlreichen Versuchsreihen 1921 im Anstalten wie der Klinik Céry untersagt»3. Olga Rorschach war fortan Ernst Bircher Verlag in Bern. bei Lausanne hielt Olga vor allem Hausfrau und Mutter. Von vielen Seiten bewundert wie Rorschach ihre kleine Familie über 1917 kam ihre Tochter Elisabeth auch angegriffen machte der Test Wasser. 1953 zog sie zu ihrer zur Welt, 1919 ihr Sohn Wadim. ab den 1930er-Jahren Karriere. Tochter Elisabeth nach Zürich, Das junge Familienglück währte Der Test wurde in der klinischen wo sie 1961 im hohen Alter von jedoch nicht lange: Am Psychologie und in der Psychiatrie 83 Jahren verstarb. 2. April 1922 starb Hermann eifrig eingesetzt. Auch Das Emailschild von Olga Rorschach völlig überraschend an Tausenden von Testpersonen in Rorschachs Pension ist längst den Folgen einer zu spät diagnostizierten Berufs- und Laufbahnberatungen entfernt worden. Neu zugezogene Blinddarmentzündung. wurden die ästhetischen, Bewohnerinnen und sogenannten Tinten-Kleckse vorgelegt. Bewohner im Sonnenberg erzählen In den 1960er-Jahren geriet heute andere Hausgeschichten. Der Rorschach-Test das Verfahren zunehmend in die Weder ein Strassenname noch Hermann Rorschach konnte in Kritik. Heute wird es vor allem ein Denkmal in Herisau oder in Herisau seine wissenschaftlichen noch in der klinischen Psychologie Teufen erinnern an das berühmte Studien fortsetzen, insbesondere angewendet. In Amerika Ärztepaar. So ist es umso die Arbeit an dem heute erfährt das Verfahren durch neue verdienstvoller, dass im kommenden sogenannten Rorschach-Test. Es handelt Standardisierungen zurzeit eine Jahr das Museum Herisau an sich um ein psychodiagnos- gewisse Renaissance. das Wirken des bedeutenden tisches Verfahren, einen Ärztepaars Rorschach im anhand Appenzellerland erinnert. Formdeutungsversuch von Ärztin im Unruhestand zehn schwarzweissen und farbigen Tafeln zur Einschätzung Durch den frühen Tod ihres 1 Briefvon Hans Bruderer an Elisabeth Rorschach der Persönlichkeit. Dieses Mannes war Olga Rorschach vom 14.4. 1991, Privatbesitz. Verfahren war bereits zuvor entstanden gezwungen, wieder einer Erwerbsarbeit 2 Rorschach. Olga: «Über das Leben und die und wurde nun in nachzugehen. Eine feste Wesensart von Hermann Rorschach». regem Sonderdruck aus: Schweizer Archiv für Neurologie psychiatrischen Austausch mit anderen Psychia- Anstellung in einer und Psychiatrie. Band LUI, Heft 1, Klinik zu finden, gelang Zürich 1944, S. 3-11, hier S.5. der Psychiaterin jedoch nicht 3 STAAR: CB.C-1-56: Protokoll des Veranstaltungshinweis: Regierungsrates vom 3. Juli 1915. mehr. Von 1922 bis 1924 konnte Im Frühling 2008 wird im Rahmen Olga Rorschach noch stellvertretend Literaturhinweis: Rorschach, Hermann: Psychodiagnostik. der Jubiläumsveranstaltungen Stelle ihres - die Mannes Methodik und Ergebnisse eines 100 Jahre PZA im Museum besetzen. Danach machte sich die wahrnehmungsdiagnostischen Experiments Herisau eine Sonderausstellung Ärztin mit einer kleinen Pension (Deutenlassen von Zufallsformen). Bern 1921. zu Leben und Werk von Bash, K.W.: Hermann Rorschach. Gesammelte für Nervenkranke in Teufen - Olga und Hermann Rorschach Aufsätze. Zusammengestellt und eröffnet. Begleitend zur Ausstellung selbstständig. Die Patientinnen herausgegeben von K.W. Bash. Bern 1965. Müller, Christian, Signer, Rita: Hermann erscheint im Appenzeller und Patienten wurden ihr von - Rorschach (1884-1922). Briefwechsel. Verlag eine Aufsatzsammlung mit Dr. med. Ludwig Binswanger Bern 2004. Beiträgen aus Geschichte, (1881-1966), dem Leiter des Zur Autorin: Iris Blum ist wissenschaftliche Psychologie und Kunstgeschichte. Bellevue Nobelsanatoriums in Archivarin im Staatsarchiv Appenzell Kreuzungen, zugewiesen. Florie¬ Ausserrhoden. 57.