Erinnerungen an Alfred Kerr

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Erinnerungen an Alfred Kerr Ursula Homann Erinnerungen an Alfred Kerr Aus Anlass seines 140. Geburtstags Anfang des vorigen Jahrhunderts erregten in Berlin zwei Theaterkritiker großes Aufsehen: die beiden Kontrahenten Herbert Ihering (1888–1977) und Alfred Kerr (1867–1948). Wäh- rend Ihering die Bühne als eine »Waffe« verstand, sah Kerr in ihr ein Medium der Selbster- kenntnis und Aufklärung und betrachtete die Werkzeuge des biblischen Königs, »Schleuder und Harfe«, als Symbole für den Rezensenten. »Ich fordre vom wahren Kritiker: er gebe die Kritik des Hasses und der Liebe, temperiert durch historische Gerechtigkeit«, erklärte Kerr. Schon 1906 galt er als die »ernsthafteste Erscheinung« der Berliner Theaterkritik. Die einen wie Hans Mayer, Frank Hirschberg und Ernst Robert Curtius rühmten ihn emphatisch und behaupteten, Kerr habe neue Maßstäbe für das europäische Drama gesetzt. Andere da- gegen wie Georg Strauss und Gottfried Scheuffler nannten ihn den »selbstherrlichsten Kri- tiker einer verfallenen Epoche« oder sprachen wie Hermann Sudermann mit Blick auf Kerrs populäre Wirkung von einer »Verwahrlosung der Theaterkritik«. Das Publikum jedoch liebte den umstrittenen Kritiker wegen seines kämpferischen, wit- zigen und artistisch eigenwilligen Stils und seiner hinreißenden und ungerechten Fehden mit Herbert Ihering, Maximilian Harden und Karl Kraus. Kraus schalt Kerr eine »Feuille- tonschlampe«, dessen »Stil die letzten Zuckungen des sterbenden Feuilletonismus« darstel- le. Kerr wiederum bezeichnete Kraus als »Zwanzigpfennig-Aufguss von Oscar Wilde«, als »Nietzscherl«, der an »doppelter Epigonorrhöe« leide. Viele stellten vor allem Kerrs Eitel- keit heraus, die, laut Marcel Reich-Ranicki, der »Motor seines Schreibens« gewesen sei, wobei er gleichzeitig »den Selbstgenuss zum Stilprinzip« erhoben habe. Hans Sahl schreibt in seinen »Memoiren eines Moralisten«: »Alfred Kerr war geistreich, genießerisch, subjektiv, von Fall zu Fall urteilend, ein Impressionist, für den die Kritik eine Nachdichtung des Theaterabends war, er liebte die Illusion, den schönen Schein, das Augen- und Gedankenfest. Der Schauspieler sollte sich ganz . im Sinne Reinhardts und der natu- ralistischen Schule mit der Rolle, die er spielte, identifizieren. Er sollte vergessen, dass er ein Schauspieler war . .« »Kerr stand«, berichten andere, »bevor der Vorhang aufging, neben seinem Sitz in der ers- ten Reihe und zeigte sich. Er trug einen altmodischen Gehrock und einen Vatermörder und hatte ein gestutztes Bärtchen, das ihm wie ein Aperçu auf dem Mund lag«. Die Berliner vergötterten ihren Alfred Kerr geradezu, nicht nur wegen seiner unterhaltsa- men Zwistigkeiten, sondern auch wegen seines Sprachstils. Seine Sammelbände mit Thea- terkritiken erreichten höhere Auflagen als die Romane seiner Zeit. Viele Menschen lasen Theodor Wolffs Berliner »Tageblatt« nur seinetwegen. Denn statt langwieriger Analysen akademischen Zuschnitts setzte Kerr auf thesenhaft knappe Formulierungen, Wortspiele, Metaphern und Assoziationen. Enthusiastisch oder aggressiv und verletzend gab er radikal ichbezogene Eindrücke wieder, so dass seine Ausdruckweise nicht selten als »impressionis- tisch« und »manieristisch« eingestuft wurde. 177 Unbarmherzig verfuhr Kerr mit einigen seiner Zeitgenossen. Bert Brecht beispielsweise verspottete er als begabten »Ragoutkoch«. Als Lyriker zeige jener zwar große Begabung, doch seien seine Fähigkeiten als Dramatiker begrenzt. Brecht hat ihn daraufhin, in nicht un- berechtigter Notwehr, einen »nach Trüffeln schnüffelnden Five-o-clock-tea-Plauderer« ge- nannt. Als Kerr aber Brechts Stück »Happy end« das Motto zudachte: »Happy entlehnt«, ka- pitulierten sogar seine Gegner. Mit Thomas Mann lag Alfred Kerr ebenfalls ständig im Clinch. Dieser wies ihn mit Schärfe zurecht und merkte einmal an: »Dass Herr Kerr mich blöde findet, geht nicht ganz mit rechten Dingen zu . .« Als Kerr in einer Ausgabe der »Neuen Rundschau« vom »mittleren Roman-Boßlern« sprach, wusste Thomas Mann sofort, dass er gemeint war und fühlte sich durch diese Bemerkung »Tage lang sehr übel«. Ganz un- terschiedlich hat Kerr die Dramatiker seiner Zeit gemustert, mit Spott und Ironie, ange- strengt und anerkennend, voller Hochachtung und mitunter wie ein Liebhaber. Zudem war er ein eifriger Förderer des naturalistischen, symbolistischen und expressio- nistischen Theaters und ein Wegbereiter der Dramen von Henrik Ibsen, Georg Bernard Shaw und Ödon von Horvath auf deutschen Bühnen, insbesondere von Gerhart Hauptmann seit der Uraufführung seines Stücks »Vor Sonnenuntergang«. Er unterstützte ferner Frank We- dekind, Georg Hirschfeld, Ernst Toller, Robert Musil und setzte sich für die Wiederauffüh- rungen der Dramen Hebbels ein. Große Namen bedeuteten ihm nichts, tradierter Respekt war ihm widerwärtig, Einschüchterung durch Prominenz ein Fremdwort, einerlei ob sie Klassiker waren und Friedrich Schiller oder William Shakespeare hießen. Er müsse sein Empfinden äußern und nicht die »Gefühle verstorbener Oberlehrer«, sagte er. Eines Tages saß Kerr im Romanischen Café. Alle anderen hatten sich schon verabschiedet. Ihm gegen- über befand sich nur noch Curt Goetz, dessen Theaterstück »Die tote Tante« er gerade gna- denlos verrissen hatte. Längere Zeit fiel kein einziges Wort. Schließlich fragte Goetz dro- hend: »Ich benutze die günstige Gelegenheit, Sie zu fragen, ob es Ihnen schon aufgefallen ist, dass ich seit Wochen keinen einzigen Satz mit ihnen gesprochen habe?« »Das ist mir auf- gefallen«, bestätigte Kerr, »und ich wollte gerade die günstige Gelegenheit benutzen, Ihnen dafür zu danken!« Alfred Kerr äußerte sich indes nicht nur über Theateraufführungen, sondern als kritischer Chronist seiner Zeit und aufgeschlossener Beobachter fremden Alltagslebens auch zu poli- tisch-gesellschaftlichen Ereignissen. Mit spitzer Feder wetterte er über die Engstirnigkeit der wilhelminischen Gesellschaft, kritisierte Justiz und Militarismus und polarisierte die Avantgarde ebenso wie die Reaktion. Im Grunde schrieb er über alles, was ihn interessierte: über Kaiser und Kunst, über Adel und Elend, über Klein- und Großkriminelle, über ritterli- che Reitgesellschaften und hinterste Hinterhöfe. Er verfasste Gerichtsreportagen und Kriti- ken, Porträts und Analysen und besuchte sowohl Bismarck als auch den »Mafiaboss« von Neukölln. Seine Väter waren Heine und Börne, an deren Gräbern er in Paris stand. Er schrieb so klug und so unabhängig wie sie, aber noch frecher, noch unbestechlicher und noch poin- tierter. Nicht selten entging er nur knapp einer Majestätsbeleidigung. Geboren wurde Alfred Kerr als Alfred Kempner am 25. Dezember 1867 in Breslau als Spross einer wohlhabenden jüdisch-bürgerlichen Familie. Sein Vater Emanuel Kempner besaß eine florierende Weinstube im Zentrum – gegenüber dem Stadttheater. Vielleicht ist dort Alfreds Liebe zum Theater erwacht. Nach dem Besuch des Gymnasiums studierte er in Breslau und in Berlin, wo er sich 1887 niederließ. Promoviert hat er in Halle/Saale 1894 über Clemens von Brentanos »Jugenddichtungen«. Schon als Student in Berlin hatte Kerr Kontakte zum Kreis um die »Freie Bühne« geknüpft und erste publizistische Erfolge in der Berliner Presse erzielt. Doch der eigentliche literarische Durchbruch zum viel gefei- 178 Ursula Homann erten, hoch angesehenen deutschen Literatur- und Kunstkritiker gelang ihm mit seinen »Briefen aus Berlin«, die Sonntag für Sonntag in der »Breslauer Zeitung« erschienen und deren Lesern das Leben in der Reichshauptstadt nahe brachten. In dieser Zeit änderte er seinen Familienamen Kempner in Kerr, um der Vermutung zu entgehen, er sei mit dem »schlesischen Schwan« Friederike Kempner verwandt, der Autorin berühmt-berüchtigter Lyrik. Kerr schrieb später für zahlreiche andere Zeitungen und Zeitschriften und gründete 1910 mit Paul Cassirer und Wilhelm Herzog die Theaterzeitschrift »Pan«, für die auch Kurt Tu- cholsky, Frank Wedekind, Heinrich Mann und Robert Walser Beiträge lieferten. Vierzig Jahre lang, von 1893 bis 1933, hat Alfred Kerr das deutsche Theater aufmerksam betrachtet, bewertet und »gesagt, was zu sagen ist«. Von Sudermann bis Skowronnek haben das viele zu spüren bekommen. Geheiratet hat er erst mit fünfzig Jahren. Seine erste Frau starb nach dreimonatiger Ehe. Nach anderthalb Jahren heiratete er die zweiundzwanzigjährige Musikerin Julia Weißmann. »Das neue Leben hieß Julia und Jugend.« Zwei Kinder stammen aus dieser Ehe, Michael und Anna-Judith. Michael war später Richter in England und wurde von der Königin zum Ritter geschlagen, Judith wurde eine erfolgreiche Kinderbuchautorin. Bekannt wurde sie bei uns vor allem durch ihr Buch »Als Hitler das rosa Kaninchen stahl«, in dem sie über ihre Kindheit im Exil berichtet. Seit nahezu dreißig Jahren ist es für die meisten der acht- bis drei- zehnjährigen deutschen Kinder einer der ersten literarischen Kontakte mit einer Zeit, die nur noch ihre Großeltern erlebt haben. Doch wie stand Alfred Kerr zum Judentum? Die Kempners waren assimilierte Juden und hielten dennoch Distanz zur christlichen Umwelt. Kerr fand die »ewige Sonderung« sei »un- nütz«. Für überflüssig oder gar falsch hielt er sie dennoch nicht. Anders als manch einer sei- ner schreibenden Zeitgenossen wie etwa Karl Kraus, Alfred Döblin oder Kurt Tucholsky (die übrigens alle viel jünger waren) dachte er nicht daran, zum Christentum überzutreten. Im Gegenteil: obwohl ihm jüdische Traditionen offenbar wenig bedeuteten, beteuerte er nicht ohne Trotz, dass er »die Herkunft von diesem Fabelvolk immer als etwas Beglückendes ge- fühlt« habe. Energisch wandte er sich gegen jeden »feigen Vertusch-,
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