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Fundort Wien 13/2010 Berichte zur Archäologie 13/10 Fundort Wien Berichte zur Archäologie 13/2010 Fundort Wien 13, 2010. – Urheberrechtlich geschützt, Keine unerlaubte Vervielfältigung gestattet. © Museen der Stadt Wien – Stadtarchäologie Vorwort Neben dem Alltagsgeschäft der MitarbeiterInnen der Stadtarchäologie Wien – und im Jahr 2009 waren dies flächenmäßig besonders große Grabungen wie auf den Aspanggründen oder die Untersuchungen auf dem ehemaligen Asper- ner Flugfeld – ist es ein schwieriges Unterfangen, wissenschaftliche Beiträge zu verfassen und die Aufarbeitung des Gefundenen kontinuierlich weiter zu betrei- ben. Nicht zuletzt, da der Sektor der Öffentlichkeitsarbeit in den letzten Jahren enorm gewachsen ist. Ausstellungen, Vorträge und Populärpublikationen sind ebenso gefragt wie die effiziente Nutzung der Neuen Medien und jede Form der Pressearbeit. Umso mehr freut es uns, wieder einen sehr reichhaltigen Jahres- bericht präsentieren zu können. Er enthält diesmal neben einem historischen Überblick zur Stadtentwicklung Wiens im 18./19. Jahrhundert und einem Nachtrag zu neuzeitlicher Keramik vom Michaelerplatz, der Einblick in die Koch- und Tafelsitten des gehobenen Bürgerhaushaltes in unmittelbarer Nähe des Kaiserhofes gibt, vor allem Berichte ganz aktueller Grabungen. In der Feuerwehrzentrale Am Hof ermöglichten mehrjährige Umbauarbeiten die Erforschung des römischen Lagermauerbereiches mit seiner wechselnden Nutzung, zudem trat ein mächtiger mittelalterlicher Graben zutage und es konnte ein Haus des ehemaligen jüdischen Viertels dokumentiert werden. Die Bergung einiger Bestattungen anlässlich des Einbaus eines Aufzugs- schachtes in der Zollergasse im 7. Bezirk führte zu umfassenden Recherchen vor allem in den Kirchenakten, um die wenig bekannte Geschichte des St. Ulri- cher Friedhofs aufzurollen. Der anthropologische Befund enthält Hinweise auf eine hohe Kindersterblichkeit, was generell als Anzeichen für schlechte hygie- nische, sozioökonomische und medizinische Lebensbedingungen gewertet wird, wie sie vielleicht in der von Handwerksbetrieben und frühindustriellen Ge- werben geprägten Vorstadt in der Barockzeit herrschten. Die noch laufenden Ausgrabungen auf dem Gelände des ehemaligen Aspang- bahnhofes im 3. Bezirk lieferten bislang vor allem Details zur Entwicklung der Transport- und Verkehrswege im Zeitalter des industriellen und technischen Aufschwungs Wiens, denn hier folgte auf das Großbauprojekt des Wiener Neu- städter Kanals die mit diesem konkurrierende Anlage einer Eisenbahn, die Wien unter Nutzung bereits existierender Bahnstrecken in den Durchgangsländern mit Saloniki verbinden sollte. 2 Fundort Wien 13, 2010. – Urheberrechtlich geschützt, Keine unerlaubte Vervielfältigung gestattet. © Museen der Stadt Wien – Stadtarchäologie Inhalt Inhaltsverzeichnis Fundort Wien 13, 2010. Berichte zur Archäologie Aufsätze Fundchronik 4 Ingrid Mader 222 Übersichtskarte Wien vor dem Fall der Mauern – Ein Überblick 224 Grabungsberichte 2009 20 Martin Penz 252 Tagungsberichte Eine Siedlungsgrube der späten Glockenbe- 257 MitarbeiterInnenverzeichnis cherkultur aus Wien 3, Rennweg 16 (Vorbe- 259 Namenskürzel richt) 259 Abkürzungsverzeichnis 261 Abbildungsnachweis 32 Sigrid Czeika 261 Inserentenverzeichnis Pferde aus der Jungsteinzeit. Endneolithische 261 Impressum Tierreste vom Rennweg 16, Wien 3 50 Martin Mosser Befunde im Legionslager Vindobona. Teil V: Das Intervallum an der westlichen Lagermauer – Vorbericht zu den Grabungen Am Hof in den Jahren 2008/09 76 Rita Chinelli Gegen den Bösen Blick …–Ein Goldamulett aus Wien 1, Am Hof 104 Martin Mosser/Theresia Pantzer Ein römischer Altar im Wiener Augustinerklos- ter 114 Michaela Binder/Heike Krause Der ehemalige Friedhof zu St. Ulrich in Wien- Neubau. Ausgrabung Zollergasse 32 146 Michaela Müller Vom Wiener Neustädter Kanal zum Aspang- bahnhof. Ausgrabungen in Wien 3, Aspang- gründe Jupiteraltar des Pomponius Respectus (Foto: O. Harl) Apothekenabgabegefäße (Foto: R. Kalten- 158 Alice Kaltenberger berger-Löffler) Neuzeitliche Keramikfunde aus den Gra- bungen Wien 1, Michaelerplatz (1990/1991) – Teil 2 Kurzzitat: FWien 13, 2010 Die Deutsche Bibliothek – CIP-Einheitsaufnahme Fundort Wien : Berichte zur Archäologie / hrsg. von Museen der Stadt Wien – Stadtarchäologie Erscheint jährlich – Aufnahme nach 1 (1998) kart.: EUR 34,– (Einzelbd.) 1(1998)– 3 Fundort Wien 13, 2010. – Urheberrechtlich geschützt, Keine unerlaubte Vervielfältigung gestattet. © Museen der Stadt Wien – Stadtarchäologie Aufsätze I. Mader, Wien vor dem Fall der Mauern Wien vor dem Fall der Mauern – Ein Überblick Ingrid Mader Einleitung In den letzten Jahren ergaben sich gleich mehrere Möglichkeiten, Teilbereiche der Stadtbefestigung Wiens auch archäologisch zu untersuchen.1 Ergänzend dazu versucht dieser Beitrag einen Überblick über die Entwicklung der Stadt, unter besonderer Berücksichtigung ihrer Befestigungsanlagen, vom beginnen- 1 Siehe dazu zusammenfassend und mit den 18. bis zur Mitte des 19. Jahrhunderts zu geben. Die Darstellung erfolgt Literatur zu den Ausgrabungen H. Krause/G. aus drei Blickwinkeln, um das Spannungsfeld, innerhalb dessen sich die Stadt Reichhalter/I. Gaisbauer/I. Mader/S. Sakl- verändert hat, aufzuzeigen: mit Fokus auf die politisch sozialen Veränderungen, Oberthaler/Ch. Ranseder, Mauern um Wien. Die Stadtbefestigung von 1529 bis 1857. WA auf die militärischen Erwägungen und auf die Eindrücke Reisender bzw. Stadt- 6 (Wien 2009). fremder. 2 Zum Festungsbau im Osten des Habs- burgerreiches siehe R. Rill, Die Festung als Die Befestigungsanlagen von Wien hatten sich während der zweimonatigen Baustelle im 18. Jahrhundert. In: H. Hepp- Zweiten Türkenbelagerung im Jahr 1683 bewährt. Die Stadt galt als sicher ner/Zs. Barbarics-Hermanik (Hrsg.), Türken- und avancierte in der Folge zur Haupt- und Residenzstadt sowie zum Verwal- angst und Festungsbau. Wirklichkeit und My- thos. Neue Forsch. ostmittel- und südosteuro- tungszentrum des Habsburgerreiches. Damit verbunden war die Entfaltung der päisch. Gesch. 1 (Frankfurt/Main, Wien 2009) Stadt über ihre Mauern hinaus (Abb. 1). 143–174. 3 S. Békési, Erneuerung und Erinnerung der Stadt. WGBl 58/3, 2003, 177 und E. Lich- Die Entwicklung Wiens im 18. Jahrhundert tenberger, Die Wiener Altstadt. Von der mittel- Nachdem die unmittelbare Kriegsgefahr durch die Türken nach 1683 gebannt alterlichen Bürgerstadt zur City (Wien 1977) worden war, konnte sich das Habsburgerreich als Großmacht manifestieren. 107–113. 4 Etwa WStLA, Alte Registratur, 1.2.1. Die türkischen Streitkräfte wurden nach Osten zurückgedrängt. Der Kriegs- 2 A2.1770.12/1770 vom 9.1. 1770: Der Bürger- schauplatz verlagerte sich vermehrt nach Südosteuropa. meister der Stadt Wien informiert die Regie- Durch territoriale Zugewinne im Südosten rückte Wien vom ehemaligen Grenz- rung über die Absicht, die Baulinie des Herren Martin Edlen von Sensel erworbenen Hauses gebiet ins Zentrum des Reiches. Damit verbunden war neben einem vermehr- zu begradigen. Beigelegt sind fünf Pläne, die ten Zuzug von Menschen aus allen Teilen des Reiches, angezogen v. a. durch dieses Vorhaben illustrieren. den wirtschaftlichen Aufschwung, auch die Konsolidierung der Verwaltung in 5 F. Czeike, Historisches Lexikon Wien 42 (Wien 2004) 344 s. v. Nagel Joseph Anton. der Residenzstadt. Dies hatte maßgebliche Veränderungen im Stadtbild zur 6 Békési (Anm. 3) Anm. 30; F. Czeike, His- Folge: Man trachtete die Ämter und Behördenstellen möglichst in repräsentati- torisches Lexikon Wien 32 (Wien 2004) 278 f. ven Gebäuden unterzubringen. Die benötigten Gebäude brauchten viel Raum. s. v. Huber-Plan. WStLA, Alte Registratur, Be- richt 428 vom 17.11. 1768 und Bericht 215 Dieser wurde einerseits dadurch geschaffen, indem man bestehende Adelspa- vom 23. Mai 1769, in dem die Beauftragung läste ankaufte und adaptierte. Andererseits wurden die auf das Mittelalter zu- Hubers festgehalten ist. rückgehenden typischen Streifenparzellen zu einer größeren Einheit zusam- 7 F. Baltzarek/A. Hoffmann/H. Stekl, Wirt- schaft und Gesellschaft der Wiener Stadter- mengefügt. Aber auch größere Parzellen wurden zu noch größeren zusam- weiterung. Die Wiener Ringstraße 5 (Wiesba- mengefasst.3 Berichte aus den Jahren 1769 und 1770 lassen erkennen, dass den 1975) 74; H. Bobek/E. Lichtenberger, verschiedene Überlegungen angestellt wurden, die Stadt innerhalb der Befesti- Wien. Bauliche Gestalt und Entwicklung seit der Mitte des 19. Jahrhunderts. Schr. Komm. gungsmauern von ihrer mittelalterlichen Beengtheit zu befreien: Gelegentlich Raumforsch. Österr. Akad. Wiss. 1 (Graz et al. wurde über die Einführung einer neuen Häuserfrontlinie beratschlagt, einer 1966) 23–26. 8 K. Ph. K. von Reitzenstein, Reise nach Neuordnung der Gassenplanung und die Anlegung von durchgängigen Wegen 4 Wien (1795) 79 ff. am Glacis. Im Zusammenhang mit dem Veränderungs- und Gestaltungswillen 9 Lichtenberger (Anm. 3) Fig. 18. des Kaiserhauses ist die Beauftragung von Joseph Anton Nagel (1717–um 10 Gemeinderathe der Stadt Wien (Hrsg.), Wien 1848–1888. Denkschrift zum 2. Decem- 1804) zu sehen, einen Plan der Stadt Wien und ihrer Vorstädte zu verfassen, 5 ber 1888. II. Bd., Abschnitt III: Die bauliche den er ab 1770 erarbeitete. Dieser diente mutmaßlich dem Zeitgenossen Jo- 4 Fundort Wien 13, 2010. – Urheberrechtlich geschützt, Keine unerlaubte Vervielfältigung gestattet. © Museen der Stadt Wien – Stadtarchäologie I. Mader, Wien vor dem Fall der Mauern Aufsätze Abb. 1: Vogelschau auf Wien und Umgebung vor der Zweiten Türkenbelagerung 1683 von Folbert van Alten-Allen, Kupferstich 1686. (nach