Der Ring Des Nibelungen
Total Page:16
File Type:pdf, Size:1020Kb
Bild: Mats Bäcker Karlstad/Schweden: Text: Klaus Billand Der Ring des Nibelungen Das Rheingold und Die Walküre – Premiere 18./20.4.2011 Was einigen großen Häusern in Europa der- reits seit 1982 Chef am Haus und sorgt da- Bereits nach den ersten beiden Aben- zeit nicht gerade leicht fällt, eine komplette mit seit langem für - auch finanziell - abge- den kann man sagen, dass sich das gute Ver- Neuinszenierung von Richard Wagners Te- sicherte Kontinuität. Die Kosten, auch die hältnis und der kollegiale Geist, ein solches tralogie „Der Ring des Nibelungen“, gera- der „Ring“-Produktion, werden 50 zu 50 Mammut-Projekt in einem so speziellen Um- de auch im Hinblick auf das Jubiläumsjahr vom Land Schweden und Wermland/Karl- feld auf die Beine zu stellen, in einem be- 2013 auf die Beine zu stellen, gelingt hier im stad übernommen. Man kommt ohne Spon- merkenswerten Ergebnis niederschlägt. Es Norden Europas der ebenso kleinen wie fei- soren aus. Wo kann man das heute schon ist klar, dass man hier, weit ab vom Wag- nen Wermland Opera in Karlstad, am Nordu- sagen?! Bang hat in dem schwedischen Re- nerschen Mainstream, nicht mit einer wei- fer des Vänernsees, in einem Streich. Man gisseur Wilhelm Carlsson einen künstleri- teren Neudeutung bzw. thematischen Ein- kann es eigentlich kaum glauben: An diesem schen Mitstreiter gefunden, der am Haus engung im Sinne des sog. Regietheaters auf- am Ufer des Flusses Klarälven frei stehenden bereits in der 2. Hälfte der 1990er Jahre warten wollte und konnte. Das hätte auch Opernhaus mit nicht einmal 400 Plätzen, Wagner-Werke inszenierte, den „Fliegen- nicht der Werkauffassung des Regisseurs ent- welches bereits 1893 erbaut wurde und wo den Holländer“ und „Tristan und Isolde“, sprochen. Wie Wilhelm Carlsson, der vom sich 1975 die Wermland Opera etablierte, hat sowie 2007 den „Parsifal“ in der kreuzschif- Theater kommt und eine Professur für dra- man vor 2,5 Jahren entschieden, den ganzen figen Domkirche (Domkyrka) in der Stadt- matische Sänger-Gestaltung an der Stock- „Ring“ zu machen - und das gleich fünf Mal mitte, als das Opernhaus wegen Umbauar- holmer Opernakademie hat, den Rezen- hintereinander bis Mitte Juli. Der Rezensent beiten geschlossen war. Der Rezensent be- senten wissen ließ, fasziniert ihn an Wag- meint sich zu erinnern, dass das legendäre richtete im Merker über diese denkwürdige ner seine passionierte Art, tief in die Men- Teatro Colón in Buenos Aires - mit einer fast Produktion, die von dem deutschen Abba- schen zu blicken - sein Versuch, in die See- zehnfachen Platzkapazität - den bisherigen do-Schüler und ehemaligen Bratschisten der le, Gefühle, Empathie und das Liebesemp- Rekord an „Ring“-Aufführungen in einer Berliner Philharmoniker, Henrik Schäfer, finden der Personen vorzudringen. „Wagner Saison mit sechs Zyklen im Jahre 1967 hält. musikalisch geleitet wurde. Zwischen diesen wusste alles darüber!“ sagt Carlsson mit dem An ihnen war damals auch eine berühmte drei Protagonisten des Karlstader Opern- Ton absoluter Bewunderung für die Treff- Schwedin beteiligt, Birgit Nilsson... geschehens ergab sich damals eine frucht- sicherheit des Dichterkomponisten, emoti- Manches erinnert hier in Karlstad aber bare Zusammenarbeit, wie man an der ho- onale Höhen und Tiefen zu erkennen, dra- auch an das mit 650 Plätzen nur wenig grö- hen Qualität und Professionalität des „Par- matisch auszuloten und umzusetzen und sie ßere Teatro Amazonas am Rio Negro in Ma- sifal“ feststellen konnte. Diese führte auch musikalisch zu charakterisieren. Dabei hält naus, gerade mal zwei Jahre später erbaut, dazu, dass Schäfer vom Orchester eingela- Carlsson es für besonders bemerkenswert, und wo man mit einem ähnlichen Pionier- den wurde, den Posten des Chefdirigenten dass Wagner nach den Widersprüchen zwi- geist, wie ihn der norwegische Opernchef zu übernehmen. Seither ist er etwa ein hal- schen Gut und Böse in den Charakteren von Karlstad, Ole Wiggo Bang, in einem bes Jahr in Karlstad und leitet mindestens forscht, anstatt einfach den Guten dem Bö- Gespräch mit dem Rezensenten an den Tag eine Opernproduktion und mehrere Kon- sen gegenüberzustellen. Ein bekanntes Bei- legt, von 2002-2005 ebenfalls den ganzen zerte. Er übernahm nun auch die musikali- spiel dafür ist ja Wotan, der auch ein Teil „Ring“ inszenierte. Bang, selbst Dirigent sche Leitung des „Ring“. des Alberich in sich trägt. und zuletzt in Göteborg engagiert, ist be- 24 Wagneriaani http://www.suomenwagnerseura.org/wagneriaani/ Bild: Mats Bäcker Bild: Mats Bäcker Und genau diese Schwerpunktsetzung ist im Karlstader „Ring“ zu erleben. Mit einer intensiven Personenregie in einem relativ ein- fachen, aber von Peter Lundquist sehr ef- fektvoll gestalteten und von Torkel Blomk- vist nuancen- und fantasiereich ausgeleuch- teten Bühnenbild entwickelt sich das Musik- drama gewissermaßen aus den Akteuren her- aus, werden ihre Sehnsüchte, Begierden, Ab- gründe und Emotionen in einer selten so in- tensiv erlebten Intensität offenbar. Die von Ann-Mari Anttila geschmackvoll und ein- fallsreich gestalteten Kostüme, die zu wei- ten Teilen einen Gegenwartsbezug herstel- len, fügen sich in dieses Konzept ebenso har- monisch ein wie die fein auf die Charaktere abgestimmte Maske durch Ulrika Nilsson. Ein großer, von der Spielfläche bis an den Schnürboden reichender schwarzer Zylinder bildet den äußeren Rahmen des Bühnenbil- des. Er lässt sich in geschlossenem Zustand auf Treppenstiegen von vorn bespielen, öff- net sich aber in der Regel immer wieder lang- sam und bildet dann im Hintergrund eine Projektionsfläche für stets stimmig zum je- weiligen Geschehen passende Licht- und sti- lisierte Videoprojektionen. Aus diesem bis- weilen auch transparent durchscheinenden Rundhorizont treten immer wieder plastische Bühnenelemente hervor, wie ein angedeu- tetes Walhall, eine Rampe für Akteure, die aus der Tiefe in die Bühne eintreten, oder Treppenstufen, über die man sie nach hin- ten verlassen kann. Manchmal gibt er eine für das kleine Haus enorme Bühnentiefe frei, die man mit einem Anbau im letzten Jahr ge- schaffen hat. Sehr beeindruckend fährt bei- spielsweise die Hundinghütte mit der Welt- Sieglinde (Susanna Levonen) und Siegmund (Jan Kyhle). esche in der Mitte aus mystischem Dunkel langsam in den Vordergrund. Dieser wird in Natalie Hernborg (Woglinde), Anneli Lind- ze in der „Walküre“. Rickard Söderberg ver- allen Szenen von einer holzgetäfelten, nahe- fors (Wellgunde) und Jeanette Goldstein fügt als Loge zwar über genügend tenorale zu runden Plattform beherrscht, die sich dre- (Flosshilde). Marcus Jupither, schon als Al- Kraft, kann aber die Stimme nicht immer hen und muschelartig öffnen lässt. Sie gibt berich von Riga und Stockholm bekannt und sauber intonieren. Manches klingt etwas ver- u.a. das Rheingold frei, und auf ihr finden zuletzt Holländer am Salzburger Landesthe- quollen, und es gibt Textprobleme. Darstel- wie auf einem mittelalterlichen Thing-Platz ater, ist ein hier zunächst noch etwas unge- lerisch kann er die treibende Rolle des Feu- alle zentralen Auseinandersetzungen statt. pflegter Junge im offenen roten Hemd von ergottes glaubhaft umsetzen. Anne Bolstad Sie dient bisweilen auch als Projektionsflä- nebenan. Später, im Besitz des Ringes, wird hat als Freia Höhenprobleme, spielt die Par- che - so erscheint hier Alberich als Riesen- er mit Glatze und Lederrock den Sklavent- tie aber sehr beherzt und agil. Anders Lars- schlange. Mit diesem zentralen Bühnenbil- reiber darstellen. Jupither zeigt alle Höhen son hat als Donner mehr Durchschlagskraft delement bewirkt das Regieteam immer wie- und Tiefen, durch die der Albe geht - sei- als Kaj Hagstrand mit den paar Zeilen des der schnell, bei entsprechender Beleuchtung ne Entmachtung und völlige Verzweiflung Froh. Ein weiterer Höhepunkt ist der Auf- aber auch fast unmerklich, wesentliche Ver- beim Verlust des Ringes gehören zu den Hö- tritt von Maria Streijffert als Erda aus der änderungen der Szene und spielt selbstre- hepunkten des Abends. Er hat mit seinem Tiefe, die mit einem wohlklingenden Alt dend alle Bildwechsel im „Rheingold“ bei kräftigen Bariton auch die gewisse Boshaf- großen Zauber entfacht. Jonas Duran macht offenem Vorhang. Dieses Bühnenbildkon- tigkeit für die Rolle. Im Verlaufe des Abends mit einem kurzen aber kraftvollen Auftritt zept ist ein Meisterbeispiel dafür, wie man machte sich allerdings eine Erkältung bemerk- als Mime gespannt auf den Zwerg im „Sieg- mit begrenzten Mitteln an einem kleinen bar, die ihn etwas beeinträchtigte. Fredrick fried“. Beide Riesen, Andreas Franzen als Haus einen ebenso ernsthaften wie optisch Zetterström ist ein klangvoller und äußerst Fasolt und Johan Schinkler als Fafner, hin- anspruchsvollen „Ring“ zeigen kann. wortdeutlich singender „Rheingold“-Wotan, terlassen einen starken Eindruck - Franzen Schon das 1. Bild des „Rheingold“ übt der die Rolle intelligent gestaltet und, eben- als heller und gut geführter Bass und Schin- durch eine grünes Licht im Trockeneisne- falls mit Glatze, gewissermaßen die andere kler mit mehr Tiefe und Ausdruck, beide ab- bel emittierende Laser-Kanone faszinierende Seite des Alberich darstellt. Ivonne Fuchs solut wortdeutlich. Fafner ist ein Arm zur Bildwirkungen des Spiels der Rheintöchter ist nicht nur eine attraktive Fricka, sie singt Keule gewachsen, mit der er seinen Bru- mit Alberich aus. Die Optik weckt Erinne- die Partie auch mit einem exzellent artikulie- der ungewöhnlich drastisch ins Jenseits be- rungen an eine ähnliche Gestaltung durch renden hellen Mezzo bei bester Diktion. Die fördert. Gut gelöst ist die Goldaufwiegung