Internationale Musik- Festwochen 19! Semaines internationales de Musique Internationale Musik- Festwochen 1959 Semaines internationales de Musique

Luzern - Lucerne 15. August- 10. September Zum Programmheft 1959 «Obwohl dieses Werk, die Krone der ORGANISATION DER oratorischen Musik, überall und in jeder Gestalt wird willkommen INTERNATIONALEN MUSIKFESTW0CHEN geheissen werden, und obwohl der urkundliche Nachweis, dass der Messias in vier und zwanzig Tagen komponiert wurde, sicherlich eine Abbildung des Autographs rechtfertigt: so würde mich solches allein noch nicht dazu veranlasst haben, wenn nicht ein bereits vor­ Ehrenkomitee handenes, aber fehlerhaftes und unwürdiges Facsimile es mir zur Herr Bundesrat Dr. Philipp Etter, Bern, Ehrenpräsident Pflicht gemacht hätte, demselben gegenüber Händels Autograph in Sr. Gnaden Stiftsprobst Mgr. Josef Alois Beck, Luzern seiner wirklichen Gestalt zur Geltung zu bringen ...» — so lesen Herr Regierungsrat Dr. Werner Bühlmann, Schultheiss des Standes wir in der Einleitung der Facsimile-Ausgabe «Das Autograph des Luzern Oratoriums .Messias' von G.F. Händel» die Friedrich Chrysander Herr Nationalrat Dr. h. c. Armin Meili, Präsident der Schweizerischen 1892 in Hamburg für die deutsche Händelgesellschaft herausgab. Verkehrszentrale, Zürich Die hitzige Polemik gegen ebendasselbe «fehlerhafte und unwürdige Herr Stadtpräsident Paul Kopp, Präsident des Verkehrsvereins Luzern Facsimile» (es erschien 1868 in London), welche dieser Einleitung über Seiten folgt, interessiert uns heute allerdings weniger als die hervorragende Wiedergabe des Originalmanuscriptes zum «Messias». Organisationskomitee Wir haben einige Seiten des «Autographs» aus der Hand Georg Fried­ Herr Dr. Walter Strebi, Advokat, Präsident, Luzern rich Händels als grafischen Schmuck dieses Programmheftes ver­ Frl. Hortense Bührle, Zürich wendet, nebst einigen andern Darstellungen und Dokumenten aus Herr Werner Burri, Architekt, Luzern dem Leben dieses Schöpfers des Oratoriums, dessen Todestag sich Herr Otto Dreyer, Architekt, Luzern am 14. April dieses Jahres zum 200. Male jährte. Luzerns Beitrag Herr Dr. Paul Erni, Direktor der CIBA AG., zum «Händel-Jahr» besteht vor allem in der Aufführung des Ora­ Herr Dr. Heinrich W. Hotz, Arzt, Luzern toriums «Der Messias» durch das Philharmonia Orchestra of Eng­ Herr Paul Kopp, Stadtpräsident von Luzern land, den Philharmonia Choir London und hervorragende Solisten Herr Werner Kopp, Direktor der Schweiz. Volksbank, Luzern unter der Leitung von Sir Thomas Beecham. Sie bildet den markan­ Herr Josef Rings, Hotelier, Luzern ten Schlusstein unter die Reihe der festlichen Veranstaltungen des diesjährigen Luzerner Musiksommers, dessen Gewicht das dies­ Künstlerischer Mitarbeiter: Herr Walter Schulthess, Leiter der jährige Programmheft noch betonen möchte. Dabei sind wir uns der Konzert-Gesellschaft Zürich Fragwürdigkeit durchaus bewusst, die darin liegt, grosse Geister der Administrative Leitung: Herr Dr. Othmar Fries, Verkehrsdirektor, Vergangenheit nach den Zentenarien ihrer Geburts- und Todestage Luzern zu würdigen. Wenn aber nach dieser herrschenden Uebung ein gros­ ser Komponist wie G.F. Händel in den letzten Monaten so oft mit Gelegenheitswerken gefeiert und in Erinnerung gerufen wurde, so Schweizerisches Festspielorchester ist es wohl verdienstlich, auch sein gültigstes Hauptwerk neu zu Schweizerischer Musikerverband: Herr Alfons Dallo, Zentralpräsident, vermitteln und in einer aus dem Geiste von Händels Wirkungskreis Zürich erwachsenden Nachschöpfung zu erleben. Herr Eric Guignard, Beauftragter für das Festspielorchester, Zürich Kurz sei an dieser Stelle eines Mannes gedacht, der dreizehnmal die Internationalen Musik-Festwochen Luzern durch alle organisa­ Philharmonia Orchestra of England torischen Fährnisse gelenkt und vom Frühling 1946 als Verkehrs­ Mr. Walter Legge, Gründer und künstlerischer Leiter, London direktor von Luzern deren administrative Leitung innegehabt hat, Miss Jane Withers, Managing Director, London bis der Tod am 21. Februar dieses Jahres im Alter von erst 57 auf einer Reise in London dem unermüdlichen Organisator ewige Ruhe gebot: Dr. Eduard Schütz, der übrigens von Jugend auf eine echte Sekretariat Beziehung zur Musik gepflegt hat, hat durch seine administrative Offizielles Verkehrsbureau, Schweizerhofquai 4, Luzern Arbeit während Jahren eine wesentliche Voraussetzung geschaffen, Telefon (041) 2 52 22/23 um dem Musikfreund einen völlig ungetrübten Genuss zu sichern, und dafür wissen ihm alle jene Dank, die von 1946 bis 1958 die Barvorverkauf: Ab 23. Juli 1959, im Kunsthaus Luzern, IMF-Konzerte besuchten. R. p. 2 Telefon (041) 2 82 12 FESTSPIELKALENDER SCHWEIZERISCHES F E S T S P I E L O R C H E S T E R 1959

August Seite Ferenc Fricsay 15. 19.30 1. Symphoniekonzert Yehudi Menuhin Kunsthaus 11 16. 19.30 Klavierabend Arthur Rubinstein Kunsthaus 13

18. 20.00 «Leocadia» München Stadttheater 23 Wolfg. Schneiderhan 18. 20.00 Sonatenabend Kunsthaus 15 Carl Seemann Violine Cello Fagott Carlo Maria Giulini Antonio Tusa, Solo Henri Bouchet, Solo 19. 20.00 II. Symphoniekonzert Kunsthaus 17 Lorand Fenyves, Konzertm. Nathan Milstein Rudolf Brenner, Solo Henri Honegger, Solo Raymond Castellon Curt Conzelmann, Solo David Altyzer 20. 20.00 «Leocadia» München Stadttheater 23 Theo Stehle, Solo Reginald Giddy Kontrafagott 20. 20.00 Kammerkonzert 1 Enrico Mainardi Kunsthaus 19 Jean von Arx Eric Guignard Max Frei Joseph Keilberth Giuseppe Baumgartner Robert Hunziker 21. 20.00 Ein Deutsches Requiem Jesuitenkirche 25 Agnes Giebel Pierrette Briquet Gabrielle Montandon Horn 22. 19.30 Ein Deutsches Requiem Dietr. Fischer-Dieskau Kunsthaus 25 Richard Cerutti Wilfried Reitz Gerhard Görmer, Solo «Kammerspiele» Marcel Deblue Gilbert Rossi 22. 20.00 «Leocadia» München Stadttheater 23 Kurt Hanke, Solo Ernst Egli Giocondo de Signori Werner Fanghänel 23. 20.45 Mozart-Serenaden Löwendenkmal 31 Felix Forrer Gerhard Patriasz 24. 20.45 Maria Stader Franz Gellert Kontrabass «Kammerspiele» Anne-Marie Gründer Hans Fryba, Solo 24. 20.00 «Leocadia» München Stadttheater 23 Wagnertuben Walter Henrich Hermann Voerkel, Solo Umberto Bacelli Irmgard Seefried Xavier Herrmann Ludwig Ammon 25. 20.00 Liederabend Erik Werba Kunsthaus 34 Cesare Esposito Olivier Jaques Joachim Gut Erich Fink Jules Joubert Francis Marcellin 26. 20.00 «Leocadia» München Stadttheater 23 Otto Würsch Peter Kallenberger Hans Renidear 26. 20.00 Ernest Ansermet Theodor Kleinmann Angelo Viale III. Symphoniekonzert Wilhelm Backhaus Kunsthaus 35 Trompete x Kurt Lamprecht Friedrich Widmer 28. 17.30 Orgelkonzert Marcel Dupre Hofkirche 38 Brenton Langbein Louis Duquenoy, Solo Fridolin Frei, Solo 28. 20.00 Kammerkonzert II Heribert Lauer Irmgard Seefried Kunsthaus 39 Piccolo Ernst Wasser Lovro von Matacic Ulrich Lehmann Erich Padun 29. 19.30 IV. Symphoniekonzert Kunsthaus 41 Armin Lutz Wolfg. Schneiderhan Posaune Albert Michaud Herbert von Karajan Flöte Toni Hostettler, Solo 31. 20.00 V. Symphoniekonzert Glenn Gould Kunsthaus 47 Karl Neracher André Jaunet, Solo Pierre Fournier Luise Schlatter Bruno Gutknecht Erich Padun Curt Wandke September Rosmarin Schulthess Jean Soldan 1. 20.00 Kammermusikabend Quartetto Italiano Kursaal 50 Bruno Straumann Regula Staub Basstuba Rafael Kubelik Magda Tölössy 2. 20.00 VI. Symphoniekonzert Kunsthaus 53 Edouard Gros Claudio Arrau Andrée Wachsmuth Oboe 3. 20.00 Liederabend Simon Zahner Lisa Della Casa Kunsthaus 55 Egon Parolari, Solo Pauke 4. 17.30 Orgelkonzert M. G. Förstemann Hofkirche 58 Walter Huwiler Fritz Schiesser Bratsche Edouard Meylan 5. 19.30 VII. Symphoniekonzert Otto Klemperer Robert Lüthi, Solo Geza Anda Kunsthaus 59 Schlagzeug Max Lesueur, Solo Annemarie Jung Englischhorn Willy Blaser Rosmarie Stucki Herbert Brügger Edouard Meylan 6. 19.30 Schweizer Kammermusik Verkehrshaus 63 Jean-Pierre Buvelot Eberhard Glamsch Franz Josef Hirt Urs Herdi Peter Rybar Jakob Derrer Klarinette Otto Klemperer Franz Hirschfeld 8. 20.00 VIII. Symphoniekonzert Rolf Kubli, Solo Clara Haskil Kunsthaus 65 André Jacot Harfe Karl Fanghänel Sir Thomas Beecham Willy Kunz Emmy Hürlimann, Solo Gaston Morel Elisab. Schwarzkopf Daniel Reichel Noelle Rothenbühler 10. 19.30 Der Messias Christa Ludwig Kunsthaus 71 Walter Rühle Nicolai Gedda Bassklarinette Donald Bell Tatjana Schibier Klavier Walter Wydler Gaston Morel Rudolf Am Bach Wir möchten den Freunden der Luzerner Festwochen das Programm für 1960 frühzeitig zustellen. Bitte geben Sie Ihre Adresse an der Abendkasse oder beim Sekretariat an, sofern wir sie nicht Saxophon Celesta schon besitzen. 4 Hans Ackermann Urs Voegeli PHILHARMONIA ORCHESTRA OF ENGLAND FESTIVAL STRINGS LUCERNE Gründer und künstlerischer Leiter: Walter Legge, London Gründer und künstlerische Leiter: Prof. Wolfgang Schneiderhan und Managing Director: Jane B. Withers, London Rudolf Baumgartner

Violine Cello Rudolf Baumgartner Claude Starck Walfried Baur Konrad Haesler I. Violine Cello Fagott Walter Dorr Hugh Bean Raymond Clark Cecil James Gerhart Hetzel Kontrabass Bela Dekany John Holmes Vernon Elliott Willi Horvath Hermann Voerkel Hans Geiger Eldon Fox Ronald Waller Mechtild Löwer Kenneth Moore Tom Hill Brigitte Seeger Cembalo und Orgel Jessie Hinchliffe Peter Beavan Christa Zecherle Eduard Kaufmann Marie Wilson Norina Semino Kontrafagott Ernest Scott Peter Hailing Vernon Elliott Bratsche Horn James Soutter Dennis Nesbitt Martin Fischer Umberto Bacelli Norman Chapple Dorothy Browning Jürgen Schmidt Cesare Esposito Charles Verney Nelson Cooke Horn Desmond Bradley Alan Civil Lorraine Du Vai Denzil Floyd Donald Stewart Kontrabass James Brown Albert Pievsky James E. Merrett Alfred Cursue Desmond Heath Geoffrey Clark Edmund Chapman Gerald Brooks Adrian Cruft Frank Fuller Trompete COLLEGIUM MUSICUM ZÜRICH Gordon Pearce II. Violine Richard Walton Künstlerischer Leiter: Dr. Paul Sacher Cyril MacArthur David Wise Horace Barker Herbert Howarth Felix Kok Jack Mackintosh Donald Weekes William Monro Violine Kontrabass Flöte Jean Le Fevre Brenton Langbein Hans Renidear Gareth Morris Posaune Kathleen Sturdy Verena Brockmann Hermann Voerkel Arthur Ackroyd Alfred Flaszynski Ernest Rutledge Curt Conzelmann Edward Walker Arthur Wilson Alfred Davis Margrit Essek Flöte Pierrette Galeone Vreni Howald André Jaunet Lotte Kraft Ursula Burkhard George Lauland Piccolo Bass-Posaune Heribert Lauer Henriette Canter Arthur Ackroyd Raymond Premru Gillian Eastwood Paul Neumann Oboe Michael Rennie Lore Spoerri André Raoult Barry Wilde Oboe Rosmarin Schulthess Michel Piguet Tuba Sidney Sutcliffe Marta Stierli Clement Lawton Stanley Smith Heidi Sturzenegger Klarinette John Wilson Peter Newbury Else Stüssi Hans Rudolf Stalder Bratsche Karl Fanghänel Herbert Downes Bratsche Englischhorn Pauke Fagott Bernard Davis Ottavio Corti Peter Newbury James Bradshaw Willi Burger Albert Cayzer Franz Hirschfeld Max Frei Roy Patten Robert Lüthi Max Gilbert Klarinette Hedwig Schoop Schlagzeug Horn Stephen Deak Bernard Walton Frederick Harmer Gerhard Görmer Christopher Wellington Archibald Jacob John Cave Cello Gerhard Patriasz Nancie Brown Wilfred Hambleton Vincent Howard Eric Guignard Quintin Ballardie Robert Hunziker Trompete Anne Wolfe Bassklarinette Harfe Wilfried Reitz Louis Duquénoy Lindo Southworth Wilfred Hambleton Renata Scheffel-Stein 7 Giocondo de Signori Fridolin Frei Rechts: Georg Friedrich Händel, zeitgenössischer Stich nach dem Bildnis von T. Hudson 1749.

Unten: Seite aus 5 »Das Autograph des Oratoriums herausgegeben vc>n Friedrich Chrysaner», Hamburg ,Messias' — für die deutsche Händelgesellschaft 1892 — Universitätsbibliothek Basel. Ä s I. SYMPHONIEKONZERT

Kunsthaus

Samstag, 15. August 1959, 19.30 Uhr

X. Schweizerisches Festspielorchester

Leitung: FERENC FRICSAY

Solist: YEHUDI MENUHIN Violine

Yehudi Menuhin

Programm

BELA BARTOK

Musik für Saiteninstrumente, Schlagzeug und Celesta (1936) Andante tranquillo Allegro Adagio Allegro molto

LUDWIG VAN BEETHOVEN

Konzert für Violine und Orchester D-dur op. 61 Allegro ma non troppo Larghetto Rondo

Ferenc Fricsay Geboren 1914 in Ungarn. Studien an der Budapester Musikhoch­ II. Symphonie D-dur op. 73 schule bei Bela Bartók und Zoltán Kodaly. 1933/44 Konzert- und Operndirigent in Allegro non troppo Szeged. 1945 Ruf an die Staatsoper Budapest, 1946 an die Wiener Oper und 1947 an die Salzburger Festspiele. 1948-52 Chefdirigent der Städtischen Oper Berlin, 1948—54 Adagio non troppo auch des RIAS-Symphonieorchesters Berlin. 1956—58 Generalmusikdirektor der Bayri­ Allegretto grazioso schen Staatsoper München. Dirigierte in Luzern 1952, 1954, 1956 und 1958. Lebt am Allegro con spirito Bodensee.

Yehudi Menubin Geboren 1917 in New York. Unterricht bei Adolf Busch und George Enesco. Lebt abwechselnd in San Franzisco und Gstaad und konzertiert in der ganzen Welt. Förderer vor allem der zeitgenössischen Musik. Spielte in Luzern Während der Vorträge bleiben die Türen des 1946, 1947 und 1957. 10 11 Konzertsaales geschlossen. Sur la «Musique pour cordes, percussion et celesta» de Béla Bartok KLAVIERABEND Le titre résume la formation instrumentale: deux orchestres à cor­ Kunsthaus des, piano, harpe, celesta, xylophone, batterie et enfin timbales Sonntag, 16. August 1959, 19.30 Uhr (avec pédales pour permettre glissandi et gammes rapides). Cette partition est un chef-d’œuvre parce que des éléments aussi disparates que les chromatismes de douze sons, les données folk­ ARTHUR RUBINSTEIN loriques, l'harmonisation diatonique, l’orchestration linéaire et la palette impressioniste s’y trouve coordonnés dans une combinaison homogène dont l’action sur l’auditeur est fascinante. Programm Serge. Moreux Dans son livre sur Bartok, Editeurs Richard-Masse, 1955 LUDWIG VAN BEETHOVEN Die II. Symphonie von Brahms — seine «Pastorale» Zwischen der Sonate f-moll op. 57 «Appassionata» 1876 vollendeten I. Symphonie in c-moll, an der Brahms sechzehn Allegro assai Jahre gearbeitet hatte, und der schon im Herbst des Jahres 1877 Andante vollendeten II. Symphonie in D-dur, herrscht ein ähnliches Verhält­ Finale nis wie zwischen Beethovens V. und VI. Symphonie. Nachdem sich Arthur Rubinstein Beethoven jahrelang mit der mächtigen Symphonie in c-moll be­ FRANZ SCHUBERT schäftigt hatte, empfand er das Bedürfnis, ein unbeschwertes Werk 2 Impromptus aus op. 90 der gleichen Gattung zu schreiben, das die heroischen Empfindungen abklingen lässt. — Aehnlich steht es auch mit der von tiefem Natur­ FREDERIC CHOPIN gefühl beseelten, sonnigen II. Symphonie von Brahms. Fantasie f-moll op. 49 Der Gesamtcharakter des Werkes spiegelt sich auch in dessen 6 Etuden Instrumentation. Sie ist zarter, durchsichtiger und überwiegend heller als in der I. Symphonie; den pastoralen Flöten, Oboen und Klari­ netten fällt eine besonders wichtige Rolle zu. Immerhin verzichtet MAURICE RAVEL Brahms auch nicht auf das schwere Rüstzeug der Posaunen und Forlane (Tombeau de Couperin) Basstuba, denen er in den Ecksätzen bald düster-geisterhafte, bald mächtig-kraftvolle Wirkungen abgewinnt. CLAUDE DEBUSSY Dem fast von südlicher Romantik erfüllten Einleitungssatz ist auch Poissons d’or in der D-dur-Symphonie schon im ersten Takt ein Gedanke nach Hommage ä Rameau Art eines Mottos vorangestellt. Obwohl er in allen Teilen des Satzes La plus que lente auftaucht, eignet ihm doch — dem ganzen Charakter des Stückes entsprechend — nicht jene Beharrlichkeit, ja Unentrinnbarkeit, wie HEITOR VILLA-LOBOS dem Motto im ersten Satz der I. Symphonie. — Das sich anschlies­ 0 Pröle do Bebe sende ernst-grüblerische Adagio bildet das retardierende Moment a) Mulatinha vor dem heiter-bukolischen Spiel des dritten Satzes. Dieses zier­ b) Pobresinha c) Polichinelle liche Allegretto ist in der Form eines Rondos gehalten, das aus drei

Ritornellen und zwei Episoden besteht. Die erste Episode bringt eine ENRIQUE GRANADOS Variation des Ritornells; die an ungarische Weisen anklingende Maja y el Ruisenor (Goyescas) zweite Episode aber ist wieder eine Art Umkehrung der ersten

Episode. — Glückatmende Zuversicht spricht aus dem breit dahin­ FRANZ LISZT strömenden Finale. Stärkere Kontraste sind hier vermieden. Selbst Mephisto-Walzer der knappe Mittelteil enthält keine wirkliche Durchführung, sondern in der Hauptsache eine lyrische Episode, welche aus der Umbildung Arthur Rubinstein Geboren 1889 in Warschau. Ausbildung in Polen, Deutsch­ Konzertflügel Steinway & Sons des ersten Taktes gewonnen ist. Die verkürzte Reprise führt zu einer land und Frankreich. Lebt in Paris und aus dem Hause Hug & Co., Luzern (Alleinvertretung) New York. Spielt alljährlich in allen kraftvoll emporsteigenden, in dionysischen Jubel ausklingenden Coda. grossen Musikzentren Europas und Ame­ Karl Geiringer rikas. Trat 1956, 1957 und 1958 in Luzern Während der Vorträge bleiben die Türen des In seiner Brahms-Biographie, Verlag R. M. Rohrer, Wien 1935 12 auf. Konzertsaales geschlossen. SONATEN ABEND

Kunsthaus

Dienstag, 18. August 1959, 20.00 Uhr

Ausführende: W 0 L F GANG SCHNEIDE n't) AN

Violine

CARL SEEMANN Klavier

Wolfgang Schneiderhan Carl Seemann Programm

IGOR STRAWINSKY Duo concertant (1932) Cantilene - Eclogue I - Eclogue II - Gigue - Dithyrambe

BELA BARTOK II. Sonate (1922/23) Molto moderato Allegretto

WOLFGANG AMADEUS MOZART Sonate F-dur KV 376 Allegro Andante Rondo: Allegro grazioso

LUDWIG VAN BEETHOVEN Sonate G-dur op. 96 Allegro moderato Adagio espressivo Wolfgang Schneiderhan Geboren 1915 in Wien. 1926, nach Unterricht bei Sevcik und Scherzo: Allegro Winkler, erste Europa-Tournée. 1928 Auszeichnung mit der Schubert-Medaille. 1932 Poco allegretto - Allegro erster Konzertmeister der Wiener Symphoniker, 1937 der Wiener Philharmoniker. Gründer und Führer des Schneiderhan-Quartetts 1937—1951. 1939—1950 Professor an der Musikhochschule Wien. Leitet seit 1948 als Nachfolger von Carl Flesch und Georg Kulenkampff die Meisterkurse für Violine am Konservatorium Luzern, seit 1949 regel­ mässiger Solist der Musikfestwochen. Gründete 1956 die Festival Strings Lucerne. Konzertflügel Steinway & Sons Carl Seemann Geboren 1910 in Bremen. Studierte in Leipzig. Zuerst als Organist, aus dem Hause Hug & Co., Luzern (Alleinvertretung) ab 1936 ausschliesslich als Pianist tätig. Seit 1946 Professor an der Staatlichen Hochschule für Musik in Freiburg/Br. Solist aller grossen Orchester Europas. 1958 Während der Vorträge bieiben die Türen des erste Tournée in Nord-Amerika. Spielte in Luzern erstmals 1956. Konzertsaales geschlossen. II. SYMPHONIEKONZERT

Kunsthaus

Mittwoch, 19. August 1959, 20.00 Uhr

Schweizerisches Festspielorchester

Leitung: CARLO MARIA GIULINI

Solist: NATHAN MILSTEIN Violine

Programm

JOHANNES BRAHMS Carlo Maria Giulini Nathan Milstein Tragische Ouvertüre op. 81

ANTONIN DVORAK Konzert für Violine und Orchester a-moll op. 53 Allegro ma non troppo Adagio ma non troppo Finale: Allegro giocoso ma non troppo

ILDEBRANDO PIZZETTI Vorspiel zu «La Fedra» (1915)

MODEST MOUSSORGSKY - MAURICE RAVEL Bilder einer Ausstellung Promenade Gnomus Promenade Il vecchio castello Promenade Tuileries, disputes d'enfants après jeu Bydlo Promenade Ballet des poussins dans leurs coques Samuel Goldenberg et Schmuyle Promenade Limoges, le marché Carlo Maria Giulini Geboren 1914. Studien an der Accademia Santa Cecilia in Rom. Catacombae, cum mortuis in lingua 1946 Dirigent der Radiotelevisione Italiano (RAI), 1950 des Radioorchesters Mailand mortua und seit 1952 an der Scala Milano. Gastdirigent der grossen Orchester Europas und Amerikas. Dirigierte in Luzern erstmals 1957. Baba-Yaga La Grande Porte de Kiev Nathan Milstein Geboren 1904 in Odessa. Studien bei L. von Auer in Petersburg. Verliess Russland zusammen mit Horowitz. Lebt in New York. Widmet sich aus­ schliesslich der internationalen Konzerttätigkeit. Spielte in Luzern 1949, 1950, 1953, Während der Vorträge bleiben die Türen des 1955 und 1957. 16 17 Konzertsaales geschlossen. Eine Ouvertüre zu Goethes «Faust»? Die Vermutung, dass die KAMMERKONZERT I «Tragische Ouvertüre» einmal eine «Faust»-Ouvertüre war oder wer­ Kunsthaus den sollte, liegt zu nahe, um sich ohne weiteres von der Hand weisen zu lassen. Sicher ist, dass Brahms gerade im Winter von 1880 auf 1881 Donnerstag, 20. August 1959, 20.00 Uhr infolge einer Anfrage des Burgtheaterdirektors Dingelstedt viel über Goethes «Faust» nachdachte. Und die Ouvertüre widerspricht ihrem Festival Strings Lucerne musikalischen Gehalt nach durchaus nicht unserer Hypothese. Ge­ Leader: Rudolf Baumgartner rade ihr allgemeiner tiefernster, «tragischer» Charakter wäre be­ Solist: ENRICO MAINARDI Violoncello zeichnend für die Art, wie Brahms sich seiner künstlerischen Anlage gemäss zu einem derartigen Problem gestellt hätte. Programm Max Kalbeck Im dritten Band seiner grossen Brahms-Biographie, Berlin 1910 HENRY PURCELL Suite für Streichorchester «The married Beau» «Bilder einer Ausstellung» Die 1874 entstandenen zehn Stücke Ouvertüre - Siow Air - Hornpipe - Air - entsprechen einer Bildersammlung des kurz vorher verstorbenen, mit Hornpipe - Jig - Trumpet Air - March - Enrico Mainardi Mussorgski befreundeten Architekten Victor Hartmann und sind durch Hornpipe on a ground Zwischenspiele, «Promenades», miteinander verbunden, in denen der ANTONIO VIVALDI Komponist sich selbst schildert. Wir sehen ihn in der Ausstellung Konzert für Violoncello und Streich­ promenieren, wobei ein scharf umrissenes Thema in freier Varia­ orchester G-dur tionenform mit fast ständigem Taktwechsel sein Umherwandern Allegro charakterisiert. — Die zehn Bilder sind folgende: «Gnomus»: ein Largo auf krummen Beinen dahinwackelnder Zwerg, durch groteske Sprünge Allegro und Schleifer in der Musik tonmalerisch dargestellt. — «Das alte JOHAN HELMICH ROMAN Schloss»: Der hinreissende Gesang eines Minnesängers, mit aller­ Symphonie e-moll hand seltsamen Harmonien. — «Tuileries»: Streit spielender Kinder Allegro staccato - Larghetto im Tuileriengarten, ein Schaukeln auf Akkorden, mit impressioni­ Allegro assai stischen Pinselstrichen hingeworfen. — «Bydlo»: polnischer Ochsen­ Allegro wagen, eine ungefüge, kraftvolle Musik. — «Ballett der Küchlein in ihren Eierschalen»: ein regelrechtes kleines Scherzo mit Trio. — GIUSEPPE TARTINI «Samuel Goldenberg und Schmuyle»: zwei polnische Juden, der eine Konzert für Violoncello und Streich­ reich, infolgedessen langsam, behäbig; der andere arm, kreischend orchester A-dur und gestikulierend. Schliesslich reden beide, jeder in seiner Art, Allegro gleichzeitig aufeinander los, ein Stück voll schlagendsten Witzes Larghetto und kecksten Humors. — «Der Marktplatz von Limoges»: Gezänk Allegro assai der Marktweiber, ein kapriziöses Scherzo mit Sforzato-Akzenten. — PETER MIEG «Katakomben»: Selbstdarstellung Hartmanns, der beim Licht einer Toccata - Arioso - Gigue * Laterne die Katakomben von Paris durchsucht. Dazu im Manuskript für Streichorchester (1959) die Bemerkung Mussorgskis: «Der schöpferische Geist des verstor­ BOHUSLAV MARJINU benen Hartmann führt mich zu den Schädeln und ruft sie an, — die Drei rhythmische Etüden Schädel beginnen im Innern sanft zu glühen.» — «Hütte der Baba Die «Drei rhythmischen Etüden» von Bohuslav Yaga», einer Hexe des russischen Volksmärchens: phantastisch, Martinu wurden von Gerhart Hetzel nach den Angaben des Komponisten für Streichorchester dämonisch. — «Das grosse Tor von Kiew»: Im altrussischen Stil. Enrico Mainardi Geboren 1897 in Mai­ eingerichtet. land. Studierte bei seinem Vater, später Ein majestätischer Es-dur-Hymnus, episch breit entworfen. Zwischen­ bei Hugo Becker. Seit 1910 konzertieren­ Neupert-Cembalo durch mystische kirchliche Harmonien in der Art der hinter der der Künstler. Auch als Dirigent und Kom­ ponist tätig. Lebt in Rom. Leiter der aus dem Hause Hug & Co., Luzern (Alleinvertretung) Szene erklingenden Mönchschöre des «Boris». Meisterkurse an der Accademia di Santa * = Uraufführung Kurt von Wolfurt Cecilia in Rom und am Konservatorium in Luzern. Seit 1949 ständiger Gast der In seiner Mussorgski-Biographie, Deutsche Verlagsanstalt, Berlin 1927 18 Während der Vorträge bleiben die Türen des Musikfestwochen. Konzertsaales geschlossen. Rechts: Das Geburtshaus Georg Friedrich Händels .. in Halle an der Saale (*23. Februar 1685) — Holz­ schnitt aus dem 19. Jahrhundert.

Oben: Seite aus «Das Autograph des Oratoriums SCHAUSPIELAUFFÜHRUNGEN IM STADTTHEATER LUZERN

Dienstag, den 18. August 1959, 20.00 Uhr Donnerstag, den 20. August 1959, 20.00 Uhr Samstag, den 22. August 1959, 20.00 Uhr Montag, den 24. August 1959, 20.00 Uhr Mittwoch, den 26. August 1959, 20.00 Uhr

Gastspiel der Müncher Kammerspiele

LEOCADIA

Komödie in 5 Bildern von Jean Anouilh Deutsch von Helma Flessa Inszenierung August Everding Regieassistenz: Dieter Munck Bühnenbild: Jörg Zimmermann Musik: Hermann Thieme Technische Einrichtung: Hanns Zimmermann

Personen: Amanda...... Christa Keller Der Prinz ...... Karl Michael Vogler Die Herzogin, seine Tante...... Maria Nicklisch Baron Hector...... Horst Tappert Der Oberkellner...... Herbert Bötticher Kammerdiener...... Ernst Otto Fuhrmann Taxichauffeur...... Wolfgang Reichmann Jean Anouilh (geboren 1910) ist der meistgespielte französische Eisverkäufer ...... Joseph Harris Dramatiker der Gegenwart und einer der Repräsentanten des mo­ Der Wirt von Sainte-Anne-du-Pouldu Peter Paul dernen Theaters. Seine ersten Theaterversuche unternahm er als Der Büchsenspanner der Herzogin Gerd Baltus Sekretär von Louis Jouvet; entscheidendes Erlebnis war die Auf­ Richard Beek Kellner...... führung des «Siegfried» von Giraudoux 1928 unter Jouvet. Den Will von Deek Hermann Fuchs Frühwerken der Dreissigerjahre, die bereits bemerkenswerte Erfolge Die Zigeunermusik Christoph Mayer hatten, folgten die «Pièces noires», in denen zum Teil antike Sagen­ in der «Schönen Donau» stoffe in modernem Gewände neu gefasst wurden, und die «Pièces Wilfried Schröpfer Laurentius Miller roses», zu denen auch das 1939 entstandene Stück «Leocadia» ge­ Piccolo...... hört. Typisch ist die bei Anouilh häufige Beschwörung einer schon völlig verfallenen Adelswelt, deren Hauptvertreter in Illusionen lebt und einem jener vom Dichter immer wieder gestalteten Mädchen Pause nach dem 3. Bild entgegentritt, die die frische Unschuld der Natur und Sinnlichkeit besitzen, sich aber durch die Verstrickung in die illusionäre Welt unglücklich machen. Eine grosse Rolle: die Herzogin. — Seit «Leocadia» schrieb Anouilh ein gutes Dutzend weiterer erfolgreicher Inspektion: Paul Baschwitz und bedeutender dramatische Werke. 22 23 Souffleuse: Margarethe Johndorff EIN DEUTSCHES REQUIEM

Freitag, 21. August 1959, 20.00 Uhr

Jesuitenkirche

Samstag, 22. August 1959, 19.30 Uhr

Kunsthaus

Schweizerisches Festspielorchester

Luzerner Festwochenchor

(einstudiert von Albert Jenny) Agnes Giebel Dietrich Fischer-Dieskau Joseph Keilberth

Leitung: JOSEPH KEILBERTH

Solisten: AGNES GIEBEL

Sopran

DIETRICH FISCHER-DIESKAU

Bariton

Joseph Keilberth Geboren 1908 in Karlsruhe. Studium an der dortigen Musikhoch­ schule. 1935 Generalmusikdirektor am Badischen Landtheater Karlsruhe. 1940 Leiter des Deutschen Philharmonischen Orchesters Prag. Nach Kriegsende Generalmusik­ direktor der Staatsoper Dresden. Seit 1951 Leiter des Philharmonischen Orchesters Hamburg (bis 1958) und der Bamberger Symphoniker. Ab 1958 Generalmusikdirektor der Staatsoper München. Dirigierte in Luzern 1957 und 1958.

Agnes Giebel geboren in Heerlen, Holland, Gesangs-Studien in Berlin, begann Programm ihre Karriere 1950 als Bach-Sängerin beim Sender RIAS und als Solistin in den Konzerten und Tourneen des Leipziger Thomaner Chores. Konzertiert heute in allen Ländern Europas. Lebt in Köln. Singt zum ersten Mal an den IMFL.

Dietrich Fischer-Dieskau Geboren 1925 in Berlin. Studium an der Berliner Musik­ hochschule. Nahm als Soldat am Italien-Feldzug teil und setzte seine Ausbildung JOHANNES BRAHMS nach der Entlassung aus italienischer Kriegsgefangenschaft fort. Kam 1948 als erster lyrischer Bariton an die Städtische Oper Berlin und trat gleichzeitig erstmals als Liedersänger in Leipzig auf. 1950 Engagement an die Mailänder Scala, sang an­ Ein deutsches Requiem schliessend in allen bedeutenden Musikzentren. Debütierte 1955 in New York und ist nach Worten der Heiligen Schrift seit 1956 regelmässiger Gast in Luzern. Lebt in Berlin. 24 25 für Soli, Chor und Orchester, op. 45 des vom Dämon seines Genies gequälten grossen Romantikers, und schliesslich der plötzliche Tod der so sehr geliebten Mutter in dem jungen Menschen auslösten, der Brahms doch damals noch war. Er hat es selbst Joachim gegenüber betont, wie eng für ihn das «Deutsche Requiem» mit dem Gedanken an Robert Schumann ver­ bunden sei. Aber als bewusste Uebernahme eines Arbeitvorhabens, zu dem die fortschreitende Verdüsterung seines Geistes Schumann nicht mehr habe kommen lassen, wird man sich das ebensowenig vorstellen dürfen, wie man dem Tod der Mutter — äusser bei dem eingeschobenen V. Satz mit dem Sopransolo — diese Bedeutung Die Rolle des «Deutschen Requiems» im Schaffen von Brahms Das «Deutsche Requiem» ist in vielfacher Hinsicht Mitte des gesamten zuerkennen wird. Schaffens von Brahms, geistig-künstlerisches Zentrum, von dem eine Sicher kann man in einzelnen Fällen die Entstehung gewisser Werke erstaunliche Ausstrahlungskraft ausgeht in alle Bezirke seines viel­ von Brahms auf ein solches auslösendes Moment zurückführen; bei schichtigen Lebenswerkes. Brahms hat das wohl selbst gefühlt und dem «Deutschen Requiem» aber scheint mir das verfehlt. Die eine für ihn höchst bezeichnende Konsequenz daraus gezogen, als menschlich-seelischen und allgemein geistigen Grundlagen, in denen es um die Opus-Zahl für das neue Werk ging: 45 soll es bekommen, das Werk wurzelt, aus denen es herauswächst, sind so vielschichtig, auch 48 steht zur Wahl; um jeden Preis aber will er die Jubiläums­ und zudem so tief innerlich mit dem Wesen des Menschen Brahms zahl 50 vermieden wissen. verknüpft, dass es eine dem Gegenstand einfach nicht angemessene Man wird dem «Deutschen Requiem» nie gerecht werden können, Betrachtungsweise wäre, wollte man nach einer konkreten Veran­ wenn man es von anderen Werken her interpretiert als eine Stei­ lassung suchen, die ihm dieses Werk abnötigte. Einem Menschen, gerung, so wie etwa die IV. Symphonie über die anderen hinausführt. der randvoll mit menschlicher Skepsis, resignierend, verbittert, und Aber man darf es sehr wohl sehen als das zentrale Werk seines schmerzerfüllt im lebendigen, pulsierenden Leben «abseits» stehend, Schaffens, das mit den frühesten Werken zusammenhängt, das die einmal sagte: «Das Leben raubt einem mehr als der Tod!», und der in Detmold gesammelte und im «Begräbnisgesang», im «Ave Maria», nun eine tiefinnige Trauermusjk schreibt denen, «die da Leid tragen, im XIII. Psalm zunächst genutzte Erfahrung, vor allem die mit dem denn sie sollen getröstet werden». Oratorienchor, ebenso verwertet und — freilich ganz gewaltig — Das Lebensgefühl von Brahms war vorherrschend tragisch. «Ihnen ausweitet, wie seine ersten Orchester-Erfahrungen in den beiden brauche ich wohl nicht zu sagen, dass ich innerlich nie lache», Serenaden und im Ersten Klavierkonzert. — Aber nicht nur nach meinte er einmal zu Rudolph von Leyen. Angesichts einer so ernsten, rückwärts lassen sich vom «Deutschen Requiem» aus die vielfältig­ ja düsteren Lebensauffassung, in der auch ein gutes Teil Verbitte­ sten Beziehungen aufzeigen; vor allem auch nach vorwärts reichen rung steckt, kann es eben nicht viel mehr als eine Aeusserlichkeit die Ausstrahlungen des Werkes ... Und nur dem erschliesst sich sein, nach einem äusseren Anlass für die Konzeption eines derarti­ der ganze späte, schon selbst vom nahen Tode gezeichnete Brahms gen Werkes zu suchen. — Was aber, so muss man sich andererseits mit all seiner Herbheit und strengen Grösse in den vier «Ernsten fragen, muss dieser Mensch an tiefer Erfahrung des Leids schon Gesängen» ganz, der ihn zuvor in der tiefen Menschenliebe, die sich durchgemacht haben, wenn er eines der einsamsten, verinnerlich- den Leidenden zuwendet, in seinem «Deutschen Requiem» kennen­ testen Werke der musikalischen Weltliteratur schrieb zu einer Zeit, gelernt hat. da man seinem Lebensalter nach eher seine künstlerische Sturm­ Man hat die Entstehung des «Deutschen Requiems» in Zusammen­ und Drang-Periode erwarten sollte ... hang gebracht mit dem Tod zweier, Brahms besonders nahestehen­ Darin unterscheidet sich das «Deutsche Requiem» von Brahms grund­ der Menschen: dem Robert Schumanns im Sommer 1856 und dem sätzlich von allen anderen gleichartigen Kompositionen: es hat nicht seiner Mutter im Februar 1865. Sicher hängen beide Ereignisse, die nur deutschen Text statt des lateinischen, sondern es verzichtet Brahms zutiefst erschütterten, mit der Grundkonzeption des «Deut­ überhaupt auf die Worte der Liturgie und stellt lediglich von Brahms schen Requiems» zusammen. Wirklich auslösende Funktion zur Pla­ selbst frei ausgewählte Bibelstellen zusammen. Dabei wird in einer nung des Werkes darf man dagegen wohl beiden nicht zumessen. Weise, die echter Brahms ist, der ganze Charakter des Requiems Damit soll natürlich in keiner Weise bestritten werden, wie innig das verändert: aus der «Missa pro defunctis», der Messfeier für die Wesen des grossen Werkes verknüpft ist mit den tiefen Erschütte­ Seele des Verstorbenen, wird bei ihm eine Musik zum Tröste derer, rungen, welche gerade die geistige Umnachtung Schumanns, sein die nun trauern und ihr Leid tragen. Siegfried Kross Tod in völliger Auflösung seines Geistes, das Miterleben und Mitleiden In seinem Buch «Die Chorwerke von Johannes Brahms», Max Hesses Verlag, Berlin 1958 mit der erst hochverehrten, dann leidenschaftlich geliebten Gattin 26 27 20 Jahre Luzerner Festwochenchor 1938 hob der damalige Luzer­ stro schimpft! Nicht im Uebereifer zu früh oder im Schrecken sogar ner Stadtpräsident Dr. Jakob Zimmerli die Internationalen Musik­ falsch einsetzen!» Aber o Wunderi Toscanini schimpfte nicht nur festwochen aus der Taufe. Dem gleichen Mann ist auch die Ent­ nicht, sondern zeigte sich von der Einstudierung des Werkes gerade­ stehung des Luzerner Festwochenchores zu danken, womit einem zu hochbefriedigt, was in der sukzessiven Aufhellung seiner anfäng­ Wunsche Arturo Toscaninis nach grossen Choraufführungen inner­ lich ziemlich düsteren Miene deutlich und beglückend zum Ausdruck halb der Musikfestwochen entsprochen werden konnte. Dieser Chor kam. So gediehen denn die beiden Aufführungen des Verdi-«Re- sollte aus den besten gesanglichen Kräften Luzerns gebildet werden quiems» in der Jesuitenkirche mit den hervorragenden Solisten und und «den vokalen Beitrag Luzerns an seine Musikfestwochen» dar­ dem ausgesuchten Orchester zu grandiosen Höhepunkten der da­ stellen. Mit der Zusammenstellung und vorbereitenden Leitung dieses maligen Festwochen und leiteten die seither nur durch den Krieg «Toscanini-Chores», wie er damals spontan genannt wurde, beauf­ unterbrochene Tradition hochstehender Choraufführungen in Luzerns tragte der Stadtpräsident den Unterzeichneten. Unverweilt erging die festlichen Musiksommern ein. In den gloriosen Abschluss jener Einladung an das singende Luzern, so dass man schon im Winter Festkonzerte donnerten indes schon die ersten Detonationen des 1938/39 mit den Aufnahmeprüfungen beginnen konnte. Der Zu­ beginnenden Zweiten Weltkrieges. Trotzdem trat der Festwochenchor drang war enorm, denn niemand wollte sich die einzigartige Chance, am 13. November 1939 mit optimistischem Durchhaltewillen zur unter dem berühmten Maestro singen zu dürfen, entgehen lassen. ersten Probe der für 1940 vorgesehenen «Missa solemnis» von («Lisa della Casa aus Burgdorf äussert den Wunsch, mitzusingen. Beethoven zusammen. Aber die Dissonanz der Zeit war stärker, die Einladen?», steht in den Anmeldenotizen jener Zeit!). Der hohe Festwochen von 1940 konnten nicht durchgeführt werden, und damit Prozentsatz von Stimmschönheit und Musikalität, der sich aus der wurde auch die weitere Abhaltung der Chorproben vorläufig gegen­ Auslese ergab, rechtfertigte nicht nur die Bezeichnung «Elite-Chor», standslos. Das bereits einstudierte «Kyrie» der «Missa» musste zu­ sondern liess auch für das Gelingen der gestellten Aufgabe: zwei­ sammen mit dem «Introitus» des Verdi-Requiems dem 1940 dahin­ malige Aufführung des «Requiems» von G. Verdi unter Toscanini, das geschiedenen Stadtpräsidenten Dr. Zimmerli als letzter Gruss ins Beste erhoffen. Die Administration des Chores war denkbar einfach. Grab gesungen werden. Oberst Hans Hellmüller war Präsident, und eine kleine Equipe von Die Musikfestwochen der kriegerfüllten Jahre 1941 und 1942 stan­ Funktionären besorgte die Präsenzkontrolle, die Musikalienverwal­ den im Zeichen des Mailänder Scala-Orchesters. Der Festwochen­ tung und die Bereitstellung des Saales. Als «Flügel-Adjutantin» chor trat dabei nicht in Aktion. Im Herbst 1942 wurde mit den regel­ waltete von Anfang an mit unvergleichlicher Zuverlässigkeit Frl. mässigen Proben für die «Missa solemnis» (die Aufführung war Carl Annie Engelberger. Schuricht anvertraut worden) wiederbegonnen. Schuricht übernahm So konnten am 27. Februar 1939 die Proben mit einem Chor von nach meiner Erkrankung im Juli 1943 mit heroischem Einsatz die 250 Mitwirkenden im kleinen Kunsthaussaal beginnen. Oberst Hell­ restlichen Problem im Sinne letzter Perfektionierung und brachte müller hielt mit militärischer Unerbittlichkeit auf lückenlosen Besuch das Werk, wiederum als Höhepunkt der Festwochenkonzerte jenes und Disziplin. Bald hatte das präzise Schliessen der Türen um 20.20 Jahres, zweimal zu viel bewunderter Aufführung. — Im April 1944 Uhr klar gemacht, dass die «geheiligte Chortradition des Nach­ setzten die Proben ein für das «Te Deum» von Anton Bruckner, tröpfelns» hier keine Geltung hatte. Die Proben selbst waren ge­ welche, von Volkmar Andreae grosszügig ergänzt, zu Aufführungen tragen von der Begeisterung für eine höchsten Einsatz fordernde von echt sakraler Weihe reiften. Aufgabe, und so wuchs das herrliche Werk in unermüdlicher Arbeit In der Folge übernahm Musikdirektor Albert Jenny den Festwochen­ langsam heran. chor. Er erfüllt diese nicht durchwegs dankbare Aufgabe bis heute Daneben war auch noch der allerdings kurze Chorsatz zur II. Sym­ mit dem restlosen Einsatz seiner gediegenen Musikerpersönlichkeit phonie von Gustav Mahler zu studieren, deren Interpretation Bruno und weiss die sich immer neu stellenden Projekte und Probleme mit Walter im gleichen Festwochenprogramm zugedacht war. So nahte seiner unbeirrbaren Arbeits- und Werktreue stets zu reellen Resul­ der Sommer und damit der mit fast lampenfiebriger Spannung er­ taten zu formen. Neben ihm wirkt heute noch wie eh und je Frl. wartete Augenblick, da Toscanini und Walter kommen sollten, um Annie Engelberger als nie versagende Assistentin am Flügel. die entscheidende Expertise über unsere Chorarbeit abzunehmen. Zwanzig Jahre besteht nun dieser Festwochenchor. Der imponierende Leider verhinderten die tragischen Ereignisse jenes Sommers in Elan der ersten Jahre hat naturgemäss einer immer wieder neu zu Bruno Walters Familie Expertise und Aufführung der Mahlerschen bestehenden Bewährung Platz gemacht. Immer aber blieb und bleibt Symphonie. Maestro Toscanini hingegen erschien am 10. August vor das Ziel das unveränderliche: «Wenn Festwochenstadt, dann ein dem in höchster Alarmstufe harrenden Chor, dem bestimmt die eigener Chor — wenn ein eigener Chor, dann eine Elite — wenn kurz vorher verlesenen «Kriegsartikel» noch in den Ohren klangen, eine Elite, dann unbedingte Höchstleistung». besonders das beschwörende «Nicht nervös werden, wenn der Mae­ 28 29 Dr. h. c. J. B. Hilber MOZART-SERENADEN

Löwendenkmal

Sonntag, 23. August 1959, 20.45 Uhr

Montag, 24. August 1959, 20.45 Uhr

Collegium Musicum Zürich

Leitung: PAUL SACHER

Solistin: MARIA STADER Sopran

Paul Sacher Maria Stader

Programm

WOLFGANG AMADEUS MOZART

Serenade Nr. 3 D-dur KV 185 (167a) (erster Teil) Allegro assai Andante Allegro Menuett

Arien des Aminta aus der Oper «Il Rè Pastore» KV 208 «Aer tranquillo e dì sereni» «L’amerò, sarò costante» Solo-Violine: Brenton Langbein

Serenade Nr. 3 D-dur KV 185 (167a) (zweiter Teil) Andante grazioso Paul Sacher Geboren 1906 in Basel. Als Dirigent Schüler von Felix Weingartner. Menuett Gründer des Basler Kammerorchesters (1926) und der Schola Cantorum Basiliensis (1933). Leiter des Collegium Musicum Zürich seit seinem Bestehen (1942) und seit Adagio - Allegro assai 1944 Dirigent der Serenaden des Collegiums bei den Musikfestwochen in Luzern. Gastspiele in den wichtigsten Musikzentren Europas. Lebt in Pratteln bei Basel. Ehrendoktor der Universität Basel. Rezitativ und Arie der Ilia Maria Stader Geboren in Budapest. Studierte bei Ilona Durigo (Zürich), Maria aus der Oper «Idomeneo» KV 366 Arrangi-Lombardi (Milano) und Therese Schnabel (New York). Wurde 1939 als «Solitudini amiche - Zeffiretti Trägerin des ersten Preises beim Genfer Musikwettbewerb bekannt. Seither steiler Aufstieg als Oratorien- und Liedersängerin, Gastspiele in allen grossen Musik­ lusinghieri» städten Europas, 1956 erste Tournée in Amerika. 1950 durch die Stadt Salzburg mit der Lilly Lehmann-Medaille ausgezeichnet. Sang in Luzern 1946, 1947, 1949, 1951, 30 - 1954, 1956 und 1958. Lebt in Zürich. 31 Marsch D-dur KV 335 Nr. 1 Oben: Brief aus der Hand von «George Frideric Handel» (1719) — aus K. Geigy-Hagenbach «Album von Handschriften berühmter Persönlichkeiten», Basel 1925.

Links: Zwei Seiten aus «Das Autograph des Oratoriums ,Messias'». GOETHE-LIEDERABEND III. SYMPHONIEKONZERT Kunsthaus Kunsthaus Dienstag, 25. August 1959, 20.00 Uhr Mittwoch, 26. August 1959, 20.00 Uhr

IRMGARD SEEFRIED Sopran Am Flügel: Erik Werba Schweizerisches Festspielorchester Leitung: ERNEST ANSERMET

Programm Solist: WILHELM BACKHAUS Klavier

Lieder nach Texten von Johann Wolfgang von Goethe Programm LUDWIG VAN BEETHOVEN Lieder des Klärchens aus «Egmont» CARL MARIA VON WEBER Irmgard Seefried Ernest Ansermet Die Trommel gerühret Ouvertüre zur Oper «Euryanthe» Freudvoll und leidvoll Wonne der Wehmut JOHANNES BRAHMS WOLFGANG AMADEUS MOZART Konzert für Klavier und Orchester Das Veilchen Nr. 2 B-dur op. 83 Allegro non troppo ROBERT SCHUMANN Allegro appassionato Lied der Suleika Andante Wie mit innigstem Behagen AHegretto grazioso FRANZ SCHUBERT Lieder der Suleika Was bedeutet die Bewegung Ach um deine feuchten Schwingen FRANK MARTIN

HUGO WOLF Konzert für 7 Blasinstrumente, Pauken, Schlagzeug und Streichorchester (1949) Lieder der Mignon Heiss mich nicht reden Allegro Nur wer die Sehnsucht kennt Adagietto So lasst mich scheinen Allegro vivace Kennst du das Land Wilhelm Backhaus Flöte: André Jaunet HUGO WOLF Oboe: Egon Parolari Die Bekehrte Klarinette: Rolf Kubli Anakreons Grab Fagott: Henri Bouchet Blumengruss Horn: Gerhard Görmer Trompete: Louis Duquénoy Irmgard Seefried Geboren in Deutschland Frühling übers Jahr Musikalische Ausbildung durch den Vater, Posaune: Tony Hostettler dann am Konservatorium Augsburg. Wurde FRANZ SCHUBERT 1940 von Herbert von Karajan an das Opernhaus Aachen verpflichtet. Trat 1943 Heidenröslein PAUL DUKAS unter Karl Böhm in das Ensemble der Der König von Thule La Péri, Poème dansé (1911) Staatsoper Wien ein, der sie heute noch angehört. Nach Kriegsende Gastspiele an Ganymed der Mailänder Scala, an der Covent Gar­ Gretchen am Spinnrad den Opera London und an der Metropoli­ Bösendorfer Konzertflügel aus dem tan Opera New York (1950). Seit 1946 Konzertflügel Steinway & Sons Pianohaus Jecklin, Zürich (Alleinvertretung) regelmässiger Gast der Salzburger Fest­ aus dem Hause Hug & Co., Luzern (Alleinvertretung) spiele und seit 1955 der Luzerner Musik­ festwochen. Verheiratet mit Wolfgang Während der Vorträge bleiben die Türen des Während der Vorträge bleiben die Türen des Schneiderhan. Konzertsaales geschlossen. 35 Konzertsaales geschlossen. Ouvertüre zu «Euryanthe» Die Ouvertüre ist ein glanzvolles, aus instruments solistes. Au début, chacun à son tour, ils apportent ces Themen der Oper gearbeitetes Meisterstück und gibt ein Bild des éléments, puis c'est un dialogue où chacun parle son propre langage. treuen, unerschütterlichen Liebesbundes Euryanthes und Adolars, Vers la fin de ce mouvement, alors que les cordes reprennent une der sich trotz aller Irrungen siegreich behauptet. Nachdem die glanz­ mélodie dite tout d’abord par le trombone, les instruments aigus vollen Passagen der Einleitungstakte sofort das für die ganze Oper redisent, en broderie, ce qu'ils avaient exposé chacun au début. charakteristische Grundkolorit heldenhafter Ritterlichkeit betont ha­ Le second mouvement repose tout entier sur un battement régulier ben, erklingt fest das Hauptthema Adolars «Ich bau auf Gott und à deux temps qui sert d'accompagnement à des éléments mélodiques meine Euryanth’l» Das von überströmender Zärtlichkeit erfüllte Sei­ tantôt sereins et tantôt sombres ou violents. Une phrase lyrique tenthema ist Adolars Arie vor Euryanthens Nahen entnommen. Die exposée d’abord par le basson dans son extrême aigu est reprise à ihrem beseligenden Liebesbund drohende Gefahr deuten die Geister­ la fin par le trombone dans une conclusion d'une noble douceur. musik des Largo und ein düsteres zweistimmiges Fugato an, die La troisième mouvement, à part quelques exceptions, ne présente vorübergehend die Liebesthemen zu verdrängen suchen, um schliess­ plus guère les solistes individuellement, mais les fait entendre en lich aber machtlos an ihnen zu zerschellen. Julius Kapp groupes. C'est une danse vive à trois temps que vient couper, après In seiner Weber-Biographie, Max Hesses Verlag, Berlin 1944 un important solo de timbales, un grand épisode à deux temps. De très loin surgit un rythme de marche qui s'amplifie peu à peu jusqu'à gagner tout l'orchestre. Au plein de son développement éclate à nouveau la mélodie exposée par le basson et le trombone dans le second mouvement. Puis le rythme revient insensiblement aux trois temps du début et, après une poursuite de la flûte et de la A propos de mon «Concerto pour sept instruments à vent et orchestre» clarinette, celle-ci introduit une sorte de chanson populaire qui C’est à la demande de la «Bernische Musikgesellschaft» que ce amène la conclusion dans un accelerando brillant. Frank Martin concerto a été écrit au début de 1949. Mon intention a été d’y faire Dans les «Mitteilungen des Basler Kammerorchesters» No. 37 du 2 décembre 1950 valoir les qualités des divers solistes à vent de l’orchestre sympho­ nique ainsi que leur virtuosité; je ne leur ai, en effet, pas ménagé les difficultés techniques afin qu’ils y puissent briller. Le timbalier même y doit montrer son adresse. Mais j’ai cherché surtout à mettre en valeur les qualités sonores, techniques et expressives propres à ces instruments si différents par leur mode d'émission du son et Le Poème dansé «La Péri» «La Péri» est un poème chorégra­ par leur mécanisme. phique dédié à Mlle Trouhanova qui l'interpréta à la première re­ Le premier mouvement, surtout, est caractéristique à cet égard: présentation donnée à Paris en avril 1912 au Théâtre du Châtelet. ici chaque élément musical est lié particulièrement à l’un des Il retrace les épisodes d'une légende orientale où Alexandre le Grand, sous le nom d'Iskender, à la recherche de l'immortalité, trouve aux confins du monde la Péri endormie, une fleur de lotus à la main. Le prince ravit cette fleur à la fée, qui, ainsi privée, ne peut plus prétendre remonter vers la lumière d'Ormuz. Aussi use-t-elle de coquetteries pour la reconquérir. Elle danse et éveille ainsi le désir dans le cœur du ravisseur, qui finit par lui rendre l’objet de son larcin. La Péri disparaît et Iskender, demeuré seul, sent appro­ cher sa fin. Le lotus était un gage de vie éternelle. — «Au lieu de l’influence tout extérieure et superficielle des brillants poèmes symphoniques de Balakirew ou de Rimsky-Korsakow qu'on voulut y relever», note M. G. Samazeuilh, «c’est bien plutôt l'assimilation Ernest Ansermet Geboren 1883 in Vevey. Ursprünglich Mathematiklehrer. Gründer intelligente de la conception si nouvelle des rapports de la musique des Orchestre de la Suisse romande (1917) und seither dessen Chefdirigent. Zahl­ reiche Konzerte als Gastdirigent in Europa und Amerika. Dirigierte in Luzern bereits et de la danse dans la deuxième version de la scène du Venusberg 1938, 1939, 1943, 1945 bis 1947, 1951, 1955 bis 1958. Lebt in Genf. dans «Tannhâuser» de Wagner qui caractérise ce divertissement Wilhelm Backhaus Geboren 1884 in Leipzig. Ausbildung am Leipziger Konservatorium supérieur, où se complut la fantaisie d’un grand musicien.» und bei Eugène d'Albert. Lebt seit 1932 in Lugano als Bürger dieser Stadt. Spielte in allen Musikzentren Europas, Amerikas und Australiens. War in Luzern 1943, 1948, Marcel Sénéchaud 1950, 1953 und 1958 zu hören. 36 37 Dans son livre «Concerts symphoniques», Editions Jean Marguerat, Lausanne, 1947 ORGELKONZERT KAMMERKONZERT II Kunsthaus Hofkirche Freitag, 28. August 1959, 20.00 Uhr Freitag, 28. August 1959, 17.30 Uhr Festival Strings Lucerne Leader: Rudolf Baumgartner Solistin: IRMGARD SEEFRIED Sopran

MARCEL DUPRE Programm

GEORG FRIEDRICH HÄNDEL Concerto grosso h-moll op. 6 Nr. 12 Largo - Allegro Aria Largo - Allegro

Programm GEORG FRIEDRICH HÄNDEL Rudolf Baumgartner Rezitative und Arien der Cleopatra aus «Julius Cäsar» «So raubt ein einz’ger Tag - Weine nur, JOHANN SEBASTIAN BACH klage nur» «Sie töten ihn, oh Himmel - Breite aus Präludium und Fuge Es-dur die starken Hände» Fantasie G-dur JOSEPH HAYDN Divertimento Es-dur «Das Echo» Adagio Allegro NICOLAS CLERAMBAULT Menuett Adagio Grand plein-jeu et Fugue Presto Für die Aufführung des Divertimento in Es-dur «Das Echo» von Joseph Haydn wurde von Dr. Anthony van Hoboken die italienische und französische Erstausgabe freundlicherweise zur Verfügung gestellt.

Präludium, Fuge und Variation JOSEPH HAYDN Cantilena pro Adventu «Ein’ Magd, ein’ Dienerin» (Hörner: Umberto Bacelli und Cesare Esposito) FELIX M EN D E LSS O H N-B A R T H O L D Y Symphonie X e-moll für Streichorchester * Triptyque Adagio - Allegro Chaconne Fuga Musette Rudolf Baumgartner Geb. 1917 in Zürich. Marcel Dupre Geboren 1885 in Rouen. Violinstudien bei Stefi Geyer, Carl Flesch Andante Ab 1897 Organist in seiner Vaterstadt. Dithyrambe und Wolfgang Schneiderhan. Als Kon­ 1926 Professor am Conservatoire National zertmeister in verschiedenen Kammer­ Allegro molto de musique in Paris. 1934 Nachfolger von orchestern tätig; seit einigen Jahren Barock-Orgelpositiv Charles Widor als Organist an der Kirche vielfältige solistische Aufgaben. Lehrer aus der Sammlung Anton Achermann, Luzern St-Sulpice, Paris. 1954-1957 Direktor des Improvisation über ein gegebenes Thema einer Ausbildungs- und Kammermusik- Neupert-Cembalo Conservatoire National. Bereiste als Klasse am Luzerner Konservatorium; seit aus dem Hause Hug & Co., Luzern (Alleinvertretung) Konzertorganist die meisten Staaten Eu­ 1950 Assistent Wolfgang Schneiderhans ropas und Amerikas. Spielte in Luzern bei den Meisterkursen in Salzburg und * = Schweizerische Erstaufführung 1945, 1947, 1949, 1952, 1954-1958. Lebt Luzern. Besonderer Kenner und Heraus­ Während, der Vorträge bleiben die Türen des 38 geber von Werken der Barockliteratur. Konzertsaales geschlossen. Die schweizerische Erstaufführung der Sinfonia X für Streicher von Felix Mendels­ IV. SYMPHONIEKONZERT sohn-Bartholdy erfolgt mit Genehmigung der Deutschen Staatsbibliothek in Berlin und der Internationalen Felix-Mendelssohn-Gesellschaft in Basel. Die Revision Kunsthaus der Partitur besorgte Mathieu Lange, Direktor der Sing-Akademie zu Berlin. Samstag, 29. August 1959, 19.30 Uhr

Goethe stellte den jungen Mendelssohn über den jungen Mozart — er hatte beide in seinem langen Leben kennen gelernt — und meinte zu Zelter: «Was aber Dein Schüler jetzt schon leistet, mag sich zum damaligen Mozart verhalten, wie die ausgebildete Sprache eines Er­ Schweizerisches Festspielorchester wachsenen zu dem Lallen eines Kindes.» Leitung: LOVRO VON MATACIC Goethe hatte nicht übertrieben: die Kompositionen des jungen Men­ delssohn sind um vieles reifer als die des gleichaltrigen Mozart. Solist: WOLFGANG SCHNEIDERHAN Erstaunlich bleibt nur, dass diese Werke mehr als hundert Jahre Violine lang ein unbeachtetes Dasein in der Deutschen Staatsbibliothek zu Berlin fristeten. Zu ihrer Entstehungszeit erregten sie beträchtliches Aufsehen. Der Liederkomponist Wilhelm Speyer schrieb am 19. November 1824 aus Berlin an den Geiger Louis Spohr: «In einem Konzert von Karl Ar­ nold hörte ich eine Sinfonie von dem kleinen Felix Mendelssohn, die mich zur Bewunderung hinriss. Dieser Junge ist eine Erscheinung, wie sie die Natur nur selten hervorbringt. Diese seine dreizehnte Programm Sinfonie (später als erste Sinfonie op. 11 erschienen) ist so trefflich, dass sie den ersten Meistern zugeschrieben werden dürfte. Phantasie, Originalität, Symmetrie der Formen, ausgezeichnete Melodien, gepaart mit der strengen Schreibart, dem reinsten Satz und kontrapunktischer JOHANNES BRAHMS Kunst. So hörte ich bei ihm zu Hause ein Doppelkonzert für zwei Klaviere, Quartette, Sonaten usw., lauter Meisterstücke». Das gleiche Konzert für Violine und Orchester D-dur lässt sich von der zehnten, im Jahre 1823 komponierten Sinfonie op. 77 Allegro non troppo sagen, die jetzt in Luzern zur schweizerischen Erstaufführung gelangt, Adagio nachdem sie in einer Matinée der Internationalen Felix-Mendelssohn- Allegro giocoso ma non troppo vivace Gesellschaft in Berlin, am 1. Februar 1959, von Mitgliedern des Ber­ liner Philharmonischen Orchesters unter Mathieu Langes Leitung zur öffentlichen Uraufführung gebracht und ihrer gänzlichen Vergessen­ heit entrissen worden ist.

Max F. Schneider, Sekretär der Internationalen Felix-Mendelssohn-Gesellschaft, Basel. ANTON BRUCKNER

IX. Symphonie d-moll Lovro von Matacic Geboren 1899 in Susak (Kroatien). Sängerknabe an der (Original-Fassung) Wiener Hofmusikkapelle. Studien an der Dem lieben Gott gewidmet Staatlichen Hochschule für Musik in Feierlich - Misterioso Wien. 1924 Operndirigent an der Staats­ oper Belgrad. 1932 Leiter der Kroatischen Scherzo Staatsoper Zagreb. 1937 Generalmusik­ Adagio (Langsam feierlich) direktor von Belgrad. 1942 Staatsoper Wien. Nach Kriegsende wieder in Jugo­ slawien. Seit 1954 bei allen grossen Opernhäusern und Orchestern als Gast­ dirigent tätig. Dirigiert 1959 zum ersten Während der Vorträge bleiben die Türen des 40 Mal in Luzern. Konzertsaales geschlossen. Das Wesen von Bruckners Neunter Symphonie «In te Domine speravi: non confundar in aeternuml» («Auf Dich, Herr, habe ich gehofft: ich werde nicht zuschanden in Ewigkeit!») Dies das Motto über der Neunten Symphonie wie über dem «Tedeum» Anton Bruckners. Das Leitmotiv seines Lebens und Wirkens. In der Neunten steht er noch im Kampf mit den Mächten der Finsternis, gegen ihre letzten Umklammerungsversuche. Im «Tedeum» ist dieser Kampf sieghaft herrlich, unzerstörbar ausgetragen. Wer die ganze Neunte mit den musikantischen Maßstäben der Vierten, Fünften und Siebenten misst, mag von ihrer ganz anders gearteten Klangwelt überrascht, vielleicht sogar enttäuscht sein. Er entdeckt nur episodenhaft den Glanz, die Fülle, die suggestive Kraft Bruck- nerischer Klänge. Die Neunte ist das Bild des alten Kämpfers, der Brahms und die Krise unserer Zeit Brahms ist der erste grosse den Erdenstaub schon halb hinter sich hat. In sich gewandt, ver­ Musiker, der sich verteidigen musste, um das zu bleiben, was er sunken in eine höhere Welt des Geistes. Das letzte Bildnis eines war — was seinen Vorgängern bis zu Wagner noch selbstverständ­ genialen Mannes, die ehrfürchtig verklärten Züge eines Mystikers. lich, von der Gunst der Zeiten getragen, in den Schoss fiel. Damit Der Welt bereits abgestorben, in das Schauen der Gottheit ver­ wurde er, der seiner Zeit zuinnerst entgegentreten musste, nur um sunken. Die choralhafte Brücke der Fünften ist abgebrochen. Der bewusst das tun zu können, was früheren Geschlechtern selbstver­ Brückenbauer steht selber schon am jenseitigen Ufer. ständlich war: den Menschen in den Mittelpunkt aller Kunst und Wer den Werdegang Bruckners in seinem Lebenswerk nicht kennt, Kunstübung zu stellen — den Menschen, der immer neu und doch steht ratlos vor der Neunten. Er bleibt draussen vor jenem ehrwür­ immer derselbe ist. Denn nicht Entwicklung der Materie — der Har­ digen gotischen Dom, dessen weite Hallen geheimnisvolles Dämmer­ monik, Rhythmik, usw. — ist Sinn der Geschichte, sondern der licht durchflutet und durch dessen farbige Scheiben die Sonnen­ Ausdruckswille derer, die sich dieser Materie erst bedienen. Nicht strahlen brechen und mild das Halbdunkel aufhellen. Nur ab und der Grad der «Kühnheit», der Neuheit des Gesagten vom entwick­ zu dröhnen die Fanfaren des dämonischen Kampfes durchs Portal lungsgeschichtlichen Standpunkt, sondern der Grad der inneren Not­ des Heiligtums. Ein heiliges Erschauern vor der Enthüllung letzter wendigkeit, der Menschlichkeit, der Ausdrucksgewalt ist Maßstab Geheimnisse, die freudvoll-qualvolle Stimmung an der Pforte des für die Bedeutung eines Kunstwerks. Todes, die Ahnung von Erfüllung und Vollendung — das ist das So erlebt Brahms als erster die Krise der Zeit, indem er nicht als Wesen dieser Neunten. ihr Objekt in ihr steckenbleibt, sondern sich ihr entgegenstellt. Hier Und doch ist die Neunte nicht das Werk eines Müden mit den von Reaktion zu sprechen, ist falsch; er war ein moderner Mensch Spuren des Kräftezerfalls, nicht das Produkt einer musikantischen und blieb es zeitlebens. Auch da, wo er die Einheit des Ganz- Agonie. Wohl ist sie nicht mehr aus kraftstrotzender Natur, sondern Menschlichen nicht preisgab, ja — wie wir heute sehen — gerade aus völlig geläutertem Geist geboren. Nicht der Schwanengesang da besonders. eines Sterbenden, sondern der Auftakt zu neuem Leben. Die Auf­ So ist seine Kunst schlicht und menschlich geblieben. Er vermochte erstehung aus dem zerfallenden Körper in die Regionen der Freiheit, es, durchaus einfach, durchaus natürlich und doch ganz er selbst Erlösung, Verklärung. zu bleiben. Seine Kunst hat — als die des letzten deutschen Musikers Es war dem greisen Meister nicht vergönnt, die Neunte zu vollenden. neben Wagner — Weltgeltung erlangt, obwohl oder gerade weil sie Und doch ist sie, wie Schuberts h-moll-Symphonie, unvollendet voll­ völlig deutsch und ausserdem kompromisslos war. Er ist heute in endet. Wozu noch ein Finale nach dem verklärten Adagio, das wie einer Reihe von Ländern einer der meistgespielten Komponisten Moses’ Seherblick von Nebo ins Gelobte Land anmutet, nur der geworden. Wie sich selbst, so hat er seine Kunst frei und unberührt üblichen Form zuliebe? Hermann Odermatt zu halten gewusst von der Krise, die das europäische Geistesleben In seiner Einführung in die neun Symphonien Bruckners, Appollo-Verlag, Zürich seit etwa fünfzig Jahren heimsucht, und die sich auf musikalischem Gebiete vor allem durch die tiefgehende Entfremdung zwischen Pu­ blikum und schöpferischem Musiker ausspricht. Eine Krise, die über­ wunden werden muss, soll ein lebendiges Musikleben weiterbestehen. Wilhelm Furtwängler Schluss des gleichnamigen Aufsatzes vom Jahre 1934 42 43

V. SYMPHONIEKONZERT

Kunsthaus

Montag, 31. August 1959, 20.00 Uhr

Philharmonia Orchestra of England

Leitung: HERBERT VON KARAJAN

Solisten: PIERRE FOURNIER Violoncello

GLENN GOULD Klavier

Glenn Gould Pierre Fournier Herbert von Karajan Programm

GEORG FRIEDRICH HÄNDEL Wassermusik (arr. von Hamilton Harty) Allegro Air: Andante un poco allegretto Bourrée: Vivace Horn-Pipe: Delicato ma con molto brio Andante - Andante espressivo Allegro deciso

JOHANN SEBASTIAN BACH Konzert für Klavier und Streichorchester d-moll Allegro Adagio Allegro Herbert von Karajan Geboren 1908 in Salzburg. Studien am dortigen Mozarteum. 1927 Dirigent am Stadttheater Ulm. 1935 Generalmusikdirektor in Aachen. 1941—1944 Leiter der Preussischen Staatskapelle in Berlin. Nach dem Kriege Konzertdirigent der Gesellschaft der Musikfreunde in Wien sowie Opernchef der Mailänder Scala und Gast der Bayreuther Festspiele. Zahlreiche Konzertreisen in Europa und Uebersee. Bis vor wenigen Jahren einer der Hauptdirigenten des Philharmonia Orchestra of England. Seit 1957 Leiter der Salzburger Festspiele und der Staatsoper Wien; ab 1955 RICHARD STRAUSS als Nachfolger Furtwänglers an der Spitze der Berliner Philharmoniker. Seit 1948 regelmässig Dirigent von Konzerten in Luzern. Don Quixote Fantastische Variationen über ein Thema Glenn Gould Geboren 1932 in Toronto (Kanada). Studien am dortigen Royal Con­ ritterlichen Charakters servatory of Music und bei Alberto Guerrero. 1947 erstes Auftreten mit Orchester, anschliessend erste Konzertreisen durch den nordamerikanischen Kontinent. Begrün­ für grosses Orchester op. 35 der und Direktor der New Music Associates von Toronto und Gastdozent an der Universität seiner Heimatstadt. Erstes europäisches Gastspiel im Rahmen der Salz­ Solocello: Pierre Fournier burger Festspiele 1958. 1959 erstes Auftreten in Luzern.

Pierre Fournier Geboren 1906 in Paris. Studien am dortigen Conservatoire National bei Paul Bazelaire und André Hekking. Begann seine Konzerttätigkeit 1930. 1937 Konzertflügel Steinway & Sons Dozent an der Ecole Normale. 1941—1949 Professor am Conservatoire in Paris. aus dem Hause Hug & Co., Luzern (Alleinvertretung) Nach dem Kriege ausgedehnte Konzertreisen in Europa und Uebersee. Lebt in Genf. Spielte in Luzern 1950, 1952, 1954, 1956 und 1958. 46 47 Während der Vorträge bleiben die Türen des Konzertsaales geschlossen. Händel in unserer Zeit Jede selbständige Epoche der Musikge­ Symphonisches Kaleidoskop der menschlichen Tragikomik Bei dem schichte macht sich ihr eigenes Bild von den grossen Meistern der Entwurf zu «Don Quixote» erkannte Strauss sogleich, dass hier mit Vergangenheit. Unserer Gegenwart wird man einst, wie ich hoffe, die der Sonatenform ebensowenig auszurichten wäre wie bei «Also Wiedergewinnung des «ganzen Händel», fern jeder ungerechten Be­ sprach Zarathustra». Denn eine sonatengemässe Durchführung war vorzugung einiger weniger Werke, als Verdienst zurechnen. Sie ist deshalb nicht möglich, weil der Träger des Gegenthemas — die das Ergebnis einer dreissigjährigen kameradschaftlichen Zusammen­ schöne Dulzinea — nur als Phantom in der Phantasie des Trägers arbeit von Musikern und Musikhistorikern. Sie ist aber zugleich des Hauptthemas lebt. Jedes neue Abenteuer entfernt den Helden keine historisierende «Händel-Renaissance», sondern eine Neube­ immer weiter von seinem realen, seinem körperlichen Wesen. Dem­ sinnung auf die echte Menschlichkeit der Händelschen Musik, die entsprechend musste das Hauptthema immer neue Varianten er­ überzeitlich ist. Ihrer waren trotz geringer Werkkenntnis sich Goethe fahren, damit diese Transformation sinnfällig werden konnte. — So und seine Zeitgenossen bereits bewusst. Herder aber trifft 1802 in wurde die Form der Variation als das diesem Sujet einzig adäquate seiner «Adrastea» den Kern, die wahre Humanität dieser Musik. musikalische Korrelat erkannt und das Werk als «Phantastische Va­ «Wer sie hört», so sagt er, «der wird über sich, aus sich hinaus­ riationen über ein Thema ritterlichen Charakters für grosses Orche­ gezogen; nicht etwa nur in einem Spiegel erblickt er — er empfindet ster ausgeführt. Das Orchester enthält dreifache Holzbläser und unmittelbar, wenn man so kühn reden darf, die Ethik und Metaphysik Kontrafagott, in den Blechbläsern sechs Hörner, Tenor- und Bass­ seines menschlichen Daseins; wozu wir geboren wurden, was wir tuba, beim Schlagwerk Tamburin und eine Windmaschine. — Ge­ sein sollen, wie alles vielartig zusammenstimme, und nach dem gliedert ist das Werk in «Introduzione, Tema con variazioni e härtesten Kampf im liebevollen Zwist sich harmonisch auflöse.» — Finale». Die absichtlich in italienischer Sprache gegebenen Titel Das gilt auch heute nochl Joseph Müller-Blattau entsprechen der eigentümlichen, gleichsam archaisierenden Patina, Im Händel-Sonderheft der Zeitschrift «Musica», Kassel-Basel. Januar 1959 mit der die Tonsprache überzogen wurde. Introduzione: Don Quixote verliert über der Lektüre der Ritter­ romane seinen Verstand und beschliesst, selbst fahrender Ritter zu werden. Die Themengruppe des Helden (Solovioloncello) charakteri­ siert «ritterlich und galant» den vollendeten Grandseigneur, den chevaleresken Galan, den Menschen voll inneren Widerspruchs, der das Nächstliegende nicht auf geradem Wege, sondern auf Umwegen Zu Händels «Wassermusik» Früher hiess es, ein Fest auf der Themse zu erreichen sucht. Die Themengruppe des Dieners Sancho Pansa im August 1715, an welchem der König sich sehr an Händels Musik (Bassklarinette, Tenortuba und Solobratsche) porträtiert das Be­ ergötzte, sei die Ursache seiner Wiederaufnahme in Gnaden beim häbige und Behende, die Geschwätzigkeit und Verschlagenheit des König gewesen. Auf Grund einer authentischen Zeitungsnotiz vom einfachen Bauernburschen. — Vom Beginn der zehn Variationen an Juli 1717 über ein solches Fest wurde diese Versöhnung später aber übernimmt das Solovioloncello den Part des Don Quixote, die Solo­ erst in dieses Jahr verlegt. Heute ist man eher der Auffassung, dass bratsche den des Sancho Pansa. — Finale: Don Quixote, in seine Händel wahrscheinlich wenigstens zweimal solche Serenadenmusik ländliche Umgebung zurückversetzt, geniesst den Rest seines Lebens geschrieben habe, so dass also doch an der ursprünglich ins Jahr in geruhsamen Erinnerungen an seine Heldenfahrten. Noch einmal 1715 verlegten Anekdote etwas Wahres sein könnte. — Jedenfalls schweift er in die Tiefe seiner Wahnvorstellungen, noch einmal zie­ hat Händel 1740 rund zwanzig Suiten-Sätze unter dem Titel «Water hen die Gebilde seiner Phantasie an seinem brechenden Blick vor­ music» zusammengestellt, wobei es sich vielleicht um eine Zusam­ über. Dabei vergeht aller Schmerz, verstummt jedes Klagen. Der menfassung aus mehreren solchen Gelegenheitsmusiken handelte. «Widerspruch» zwischen Schein und Sein löst sich auf . . . Feinster Geschmack, wohlüberlegte Zusammenstellung der Sätze, Mit der in dieser, seiner sublimsten und sogar mystisch angehauch­ sorgfältige Charakterisierung ihrer Eigenart durch Tempo, Melodik, ten Tondichtung sich vollendenden Kunst des vielfädigen Verspin­ Rhythmus, Instrumentalbesetzung usw. verband sich mit leicht ver­ nens der Motivgewebe, bei dem die Grenzen zwischen Traum und ständlichem und oft doch geistvollem Unterhaltungston. Beliebt Wirklichkeit sich verwischen, mit der kammermusikalischen Fein­ war vor allem eine Mischung von eigentlichen Tanzsätzen mit Stük- heit der Instrumentation sowie mit der pittoresk-bizarren Rhythmik ken «absoluter» Musik, in erster Linie langsamen Sätzen, wobei aber hat Strauss im «Don Quixote» das symphonische Kaleidoskop der auch energische Fugen vorkommen konnten und das Ganze durch menschlichen Tragikomik geschaffen. Otto Erhardt eine formal sehr konzentrierte Ouvertüre eröffnet wurde. In seinem Buch «Richard Strauss», Verlag Otto Walter, Olten 1953 A.-E. Cherbuliez In seinem Buch «Georg Friedrich Händel», Verlag Otto Walter, Olten 1949 48 49 KAMMERMUSIKABEND «Symphonische Metamorphosen über Themen von C. M. von Weber» Soll man es dem Einfluss der neuen Umgebung (dem Aufenthalt in Kursaal (Theatersaal) Amerika) zuschreiben, dass Hindemith in seinen von einer staunens­ Dienstag, 1. September 1959, 20.00 Uhr werten Beweglichkeit der symphonischen Verarbeitungstechnik und einer noch staunenswerteren Virtuosität der Orchesterbehandlung Kunde gebenden «Metamorphosen» (1943) es darauf abzusehen scheint, den Hörer auf die schlagkräftigste Weise zu unterhalten? Jedenfalls hat er kaum je frischer und spontaner musiziert und Quartetto Italiano sich den elementaren Wirkungen des Klanges williger hingegeben als in dem auf eine ganz und gar unkonventionelle Art humorvollen PAOLO BORCIANI 1. Violine ersten Satz und dem eine phantastisch-exotische Klangwelt erschaf­ ELISA PEGREFFI 2. Violine fenden «Turandot»-Scherzo des zweiten, das die Bläser virtuos in PIERO FARULLI Viola den Vordergrund treten und Schlagzeug und Glocken höchst inter­ FRANCO ROSSI Violoncello essante Rollen spielen lässt. Von grossem Reiz ist die Entmateriali­ sierung und Spiritualisierung eines Weberschen Romanzengedankens in dem von einer zarten Flöte überhauchten Andantino, mitreissend die kontrapunktische Durchführung des von echt romantischen Hörnerthemen durchklungenen, kraftvoll durchpulsten Finalmarsches Programm . . . Die «Metamorphosen» sind ein Werk, das dem «Kenner» und dem «Liebhaber» gleichviel zu bieten hat, weil es seine meisterliche GAETANO DONIZETTI polyphone Satztechnik hinter einer fast burschikosen Aufgeknöpft- heit zu verstecken weiss. Willi Schuh Streichquartett f-moll Nr. 7 1946 in der «Neuen Zürcher Zeitung» Agitatissimo Adagio ma non troppo Presto Beethovens Viertes Klavierkonzert Das Konzert in G-dur, op. 58, Marcia lugubre wurde sehr wahrscheinlich gegen Ende des Jahres 1806 vollendet. Zu Beethovens Lebzeiten erklang es nur zweimal; beide Male über­ nahm der Komponist selber den Solopart. Ganz gegen alle alther­

ROBERT SCHUMANN gebrachte Tradition beginnt das Klavier allein den ersten Satz, das blumenhaft-zarte Thema gleichsam den Streichern anbietend, die Streichquartett A-dur op. 41 Nr. 3 es dann zart und farbig weiterspinnen und allmählich das gewohnte, Andante espressivo - Allegro molto dem Solo vorangehende Tutti entwickeln. Das Ineinandergreifen von moderato Solo und Tutti ist wahrhaft genial durchgeführt; das Klavier wird zum Assai agitato führenden Orchesterinstrument. — «In dem wehmutgetränkten An­ Adagio molto dante sind die Begriffe von Solo und Tutti tatsächlich ganz aufge­ Finale: Allegro molto vivace hoben und ist — wohl zum ersten Male überhaupt — das Klavier im Wechselspiel mit dem Orchester (lediglich Streicher) als Träger des eigentlichen Ausdrucks zum Siege geführt. Keine Kombination von Bläsern wäre imstande, seine Rolle zu ersetzen bei dem Vortrag MAURICE RAVEL der schlichten Harmonien, die so intensiv zum Herzen sprechen, wie vielleicht nichts, was vordem geschrieben ist.» (Riemann.) Streichquartett F-dur (1902/03) Ueberraschend beginnt dann der dritte Satz unterdominantisch, also Allegro moderato - Très doux in C-Dur, und wendet sich nach wenigen Takten zur Haupttonart. Assez vif - Très rythmé Weit schwingt dieses abschliessende Rondo aus, Fröhlichkeit und Très lent innigste Empfindung vereinigend und bei allen Steigerungen nie Vif et agité jene Durchsichtigkeit und Grazie verlassend, die es uns so lieb und einmalig machen. Willy Hess Während der Vorträge bleiben die Türen des Konzertsaales geschlossen. 50 51 In seinem Buch «Beethoven», Büchergilde Gutenberg, Zürich 1956 VI. SYMPHONIEKONZERT

Kunsthaus

Mittwoch, 2. September 1959, 20.00 Uhr

Philharmonia Orchestra of England

Leitung: RAFAEL KUBELIK

Solist: CLAUDIO ARRAU Klavier

Programm Rafael Kubelik Claudio Arrau

PAUL HINDEMITH Symphonische Metamorphosen über Themen von Carl Maria von Weber (1943) Allegro Turandot: Scherzo Andantino Marsch

LUDWIG VAN BEETHOVEN Konzert für Klavier und Orchester Nr. 4 G-dur op. 56 Allegro moderato Andante con moto Rondo: Vivace

ANTONIN DVORAK V. Symphonie e-moll op. 95 «Aus der Neuen Welt» Adagio - Allegro molto Largo Scherzo: Molto vivace Rafael Kubelik Geboren 1914 in der Tschechoslowakei als Sohn des Violin-Virtuosen Jan Kubelik. Debütierte 1933 als Dirigent in Prag. 1936-1939 und 1943-1948 Leiter der Allegro con fuoco Tschechischen Philharmonie. 1939-1941 Opernchef in Brünn. Seit 1938 Dirigent aller grossen europäischen Orchester. 1951—1953 Leiter des Chicago Symphony Or­ chestra, 1954 des Covent Garden Opera House in London. Lebt in Luzern. Dirigierte in Luzern 1948, 1950, 1953, 1954, 1955 und 1957. Während der Vorträge bleiben die Türen de Konzertsaales geschlossen. Claudio Arrau Geboren 1903 in Chile. Studierte beim Liszt-Schüler Martin Krause. Inhaber des Liszt- und Ibach-Preises. Konzertierte seit 1925 in allen wichtigen Musik­ zentren der Alten und der Neuen Welt. Lebt in New York. Spielt 1959 in Luzern zum Konzertflügel Steinway & Sons ersten Mal. 52 53 aus dem Hause Hug & Co., Luzern (Alleinvertretung) Nationales und Legendäres in der Symphonie «Aus der Neuen Welt» LIEDERABEND In dieser Symphonie ist es von besonderem Reiz, dass die beiden Kunsthaus nationalen Elemente, das amerikanische und das tschechische, deut­ Donnerstag, 3. September 1959, 20.00 Uhr lich erkennbar sind und sogar eine gewisse Verwandtschaft zeigen. Ein anderer Einfluss muss aber noch speziell hervorgehoben werden: der Longfellows und seiner Dichtung «The Song of Hiawatha», in die alte indianische Legenden verwoben sind. Hiawatha ist Natio­ LISA DELLA CASA Sopran nalheld und Erlöser der Indianer. Er befreit sein Volk von dem Zauber finsterer Dämonen, lehrt es Ackerbau und Bilderschrift und Am Flügel: Peter Ronnefeld gibt ihm das Gesetz der Güte und Liebe. Er sieht die Ankunft der Weissen voraus und sucht bei den Seinen Verständnis für sie zu wecken. Als er seine Sendung beendet glaubt, verschwindet er in den geheimnisvollen Wäldern, aus denen er gekommen ist. — Dvorak, Programm der das Gedicht in einer tschechischen Uebersetzung kennenlernte, wurde gefesselt von der Würde der amerikanischen Legende und FRANZ SCHUBERT von den Schilderungen der amerikanischen Landschaft. Lisa Della Casa An den Mond In drei Wochen, vom 10. Januar 1893 an, waren die Skizzen der Du bist die Ruh ersten drei Sätze beendet; den vierten begann er allerdings erst Suleika II zu formen, als die Partitur dieser drei scl]on niedergeschrieben war. Am 24. Mai wurde das Ganze fertig. Den Namen «Aus der ROBERT SCHUMANN Neuen Welt» bekam die Symphonie erst Mitte November. Dvorak Ich hab im Traum geweinet selbst bezeichnete sie in einem Brief als eines seiner besten Wenn ich früh in den Garten geh Werke — vielleicht ein wenig unter dem Einfluss der triumphalen JOHANNES BRAHMS Erfolge (Uraufführung am 16. Dezember 1893 in der Carnegie Hall in New York, unter Leitung von Arthur Seidl). Der Erfolg ist dieser Feldeinsamkeit «amerikanischen» Symphonie treu geblieben: sie ist eines der meist­ Der Jäger Von ewiger Liebe gespielten Stücke der symphonischen Literatur, und insbesondere in Amerika gibt es kein Orchester, das sie nicht Jahr für Jahr auf­ MAURICE RAVEL führen würde. Chanson française Kennzeichnend für das Werk ist seine geniale Einfachheit (als Chanson italienne Ganzes betrachtet) und seine leicht zu erfassende Einheit: jeder Chanson espagnole spätere Satz übernimmt an richtiger Stelle die Hauptthemen des vorangehenden, doch ohne «programmatische Bedeutung». Die Ge­ nialität eines Urmusikers reagiert auf das Erlebnis der Neuen RICHARD STRAUSS Welt, der Großstadt und einer gewaltigen fremden Natur. Dazu kommt die Sehnsucht nach der geliebten alten Heimat, der gerade Der Stern Ich wollt ein Sträusslein binden diese Symphonie fortwährend — und vor allem im vierten Satz —• Seitdem dein Aug’ in meines schaute ihre Grüsse sendet. Otakar Sourek An die Nacht In seinem Buch «Dvorak, Leben und Werk», deutsche Bearbeitung von Paul Stefan, Verlag Rolf Passer, Wien 1935 Morgen Waldeinsamkeit Befreit Hat’s gesagt, bleibt’s nicht dabei Lisa Della Casa Geboren in Burgdorf. Erstes Bühnen-Engagement am Stadtthea­ ter Zürich. Folgte nach dem Kriege Ein­ ladungen der Münchner und der Wiener Staatsoper, ist seit einigen Jahren regel­ Während der Vorträge bleiben die Türen des mässig an den Bayreuther und Salzburger Konzertsaales geschlossen. eien sowie an der Metropolitan Opera New York tätig. Sang in Luzern Konzertflügel Steinway & Sons 54 schon 1957 und 1958. aus dem Hause Hug & Co., Luzern (Alleinvertretung) Rechts: Bildnis von Georg Friedrich Händel, von of the King's Music Library». Part I. The Handel Philippe Mercier aus «British Museum Catalogue Manuscripts, London 1927.

Unten: Seite aus «Das Autograph des Oratoriums .Messias’» (anschliessend an Seite 44). VI I. SYMPHON I EKONZERT ORGELKONZERT Kunsthaus Hofkirche Samstag, 5. September 1959, 19.30 Uhr Freitag, 4. September 1959, 17.30 Uhr

Philharmonia Orchestra of England MARTIN GÜNTHER FÖRSTEMANN Leitung: OTTO KLEMPERER

Solist: GEZA ANDA Klavier

Programm

Geza Anda

JOHANN PACHELBEL Programm

Ciacona f-moll

PETER J. TSCHAIKOWSKY

DIETRICH BUXTEHUDE Ouvertüre 1812, op. 49

Präludium und Fuge F-dur Konzert für Klavier und Orchester b-moll op. 23 Allegro non troppo e molto maestoso GEORG FRIEDRICH HÄNDEL Andante semplice Konzert d-moll op. 7 Nr. 4 Allegro con fuoco (für Orgel allein eingerichtet von M. G. Förstemann) Adagio Allegro Largo Allegro VI. Symphonie h-moll op. 74 «Pathétique» Adagio - Allegro non troppo

JOHANN SEBASTIAN BACH Allegro con grazia Allegro molto vivace Präludium und Fuge A-dur Finale: Adagio lamentoso Präludium und Fuge D-dur Choral-Vorspiel Martin Günther Förstemann Geboren «Liebster Jesu, wir sind hier» Geza Anda Geboren 1921 in Ungarn. 1908 in Nordhausen (Harz). Schon als Schüler von Ernst von Dohnanyi. Kon­ Kind erblindet. Nach Absolvierung des Choral-Aria zertiert seit 1939 als Konzertpianist in Gymnasiums Orgelstudium bei Günther «Wohl mir, dass ich Jesum habe» Europa und seit 1955 auch in Nord­ Ramin und Karl Straube in Leipzig. 1934 amerika. Lebt in Zürich. Trat in Luzern Konzertflügel Steinway & Sons Organist in Magdeburg. Seit 1951 Leiter 1953, 1955, 1956 und 1958 auf. aus dem Hause Hug & Co., Luzern (Alleinvertretung) der Meisterklasse der Staatlichen Musik­ hochschule in Hamburg. Konzertreisen in den meisten europäischen Ländern. Lebt MAX REGER in Hamburg. Spielt zum ersten Mal in Während der Vorträge bleiben die Türen des Luzern. Fantasie und Fuge über B-A-C-H op. 46 59 Konzertsaales geschlossen. Das Programm der Symphonie Pathétique Im Februar 1893 schrieb Tschaikowsky an seinen Neffen: «Während der Reise entwarf ich den Plan für eine neue Symphonie. Diesmal wird es eine Programm- Symphonie sein, ihr Programm soll aber für jedermann stets ein Rätsel bleiben. Mögen sie sich nur den Kopf darüber zerbrechen! Das Programm ist durch und durch subjektiv; als ich es in meinem Geist formte, habe ich immer wieder bitterlich geweint.» Die Symphonie wurde im August 1893 vollendet und am 28. Oktober Enttäuschung beim ersten Vorspielen Im Dezember 1874 verfasste uraufgeführt. Obwohl sie nur als Symphonie in h-moll bezeichnet ich ein Klavierkonzert. Da ich kein Pianist bin, so erachtete ich es wurde, scheint damals schon in Petersburg das Gerücht von ihrem für notwendig, einen Virtuosen zu befragen, was an meinem Konzert geheimen Programm verbreitet worden zu sein. Tschaikowsky hatte in technischer Hinsicht unausführbar, undankbar oder wirkungslos den Gedanken, sie «Programm-Symphonie» zu nennen, aufgegeben. wäre. Ich brauchte einen strengen, gleichzeitig aber auch einen mir «Warum .Programm-Symphonie', sagte er, «wenn ich das Programm freundschaftlich gesinnten Kritiker.— Da Nikolaus Rubinstein nicht nicht mitteile?» — Am Abend nach dem Konzert fand ihn sein nur der beste Pianist Moskaus, sondern auch im allgemeinen ein Bruder Modest, bei dem er wohnte, noch über einen Titel nach­ ausgezeichneter Musiker ist, da ich ausserdem sicher war, dass er sinnend. Modest schlug vor, das Werk «Tragische Symphonie» zu es mir sehr Übelnehmen würde, wenn ich ihn übergangen und das nennen, aber der Komponist nahm davon keine Notiz. Modest be­ Klavierkonzert einem anderen gezeigt hätte, so entschloss ich mich richtet: «Ich verliess das Zimmer, ehe Peter einen Entschluss ge­ denn, ihn zu bitten, mein Konzert anzuhören und seine Bemerkungen fasst hatte. Plötzlich fiel mir der Titel .Pathétique' ein. Ich ging ins in bezug auf den Solopart zu machen. Es war am Weihnachtsabend Zimmer zurück — dies alles steht so deutlich vor mir, als ob es im Jahre 1874. gestern passiert wäre — und erzählte Peter meinen Einfall. Er rief: Ich hatte den ersten Satz durchgespielt. Nicht ein Wort, nicht eine .Herrlich, Modi, bravo, Pathétique!’, und in meiner Gegenwart schrieb Bemerkung! — Wenn Sie wüssten, in welch dummer Lage man sich er den Titel nieder, den.das Werk seither trägt.» befindet, wenn man einem Freunde eine eigenhändig zubereitete Aber, obgleich das Manuskript sofort mit jenem Titel an den Verleger Speise vorsetzt und dieser Freund sie isst und — schweigt! — gesandt wurde, änderte Tschaikowsky schon am nächsten Tag seinen Das beredte Schweigen Rubinsteins hatte eine sehr vielsagende Entschluss und schrieb dem Verleger, dass die Symphonie einfach Bedeutung. Es sagte mir gleichsam: «Lieber Freund, wie kann ich als «Nr. 6» veröffentlicht werden sollte. — Der Name «Pathétique» von den Details reden, wenn mir die Komposition als Ganzes zu­ wurde aber bekannt und trug vielleicht sehr dazu bei, die Symphonie wider ist?» — Ich nahm meine ganze Geduld zusammen und spielte volkstümlich zu machen. Seit aber Modest in seinem Buch über den das Konzert zu Ende. Wiederum Schweigen! — «Nun?», fragte ich Bruder das geheime Programm der Symphonie erwähnt hatte, haben und stand auf. Da entsprang dem Munde Rubinsteins ein gewaltiger scharfsinnige Köpfe nicht aufgehört, darüber zu grübeln . . . Redestrom. Erst sprach er ruhig, allmählich aber steigerte sich Allen Spekulationen wird aber ein Ende gemacht durch eine eigen­ seine Leidenschaftlichkeit und endlich glich er dem blitzeschleu­ händige Notiz Tschaikowskys, die vor einigen Jahren in seinem dernden Zeus. — Ich entfernte mich schweigend und ging nach ehemaligen Heim in Klin aufgefunden wurde. Mit Bleistift hatte der oben. Vor Aufregung und Zorn konnte ich kein Wort sprechen. Komponist die folgenden Worte hingekritzelt: «Der letzte Sinn des Bald darauf kam Rubinstein zu mir herauf und rief mich, als er Planes zur Symphonie ist Leben. Erster Satz: Stürmische Leiden­ merkte, dass ich sehr niedergeschlagen war, in ein entlegenes schaft, Vertrauen, Drang nach Tätigkeit. Muss kurz sein. (Finale: Zimmer. Dort wiederholte er, dass mein Konzert unmöglich sei, Tod — Ergebnis des Zusammenbruchs). — Zweiter Satz: Liebe. — wies auf viele Stellen hin, die einer gründlichen Umarbeitung be­ Dritter Satz: Enttäuschungen. — Vierter Satz: Am Schluss Abster­ dürften, und fügte hinzu, dass er, sollten diese Aenderungen bis zu ben (auch kurz).»— Auch wenn zugegeben werden muss, dass diese einem bestimmten Termin fertig sein, mein Konzert öffentlich spielen knappe Notiz nicht ganz mit der Endfassung der «Pathétique» über­ wolle. — «Nicht eine einzige Note werde ich abändern!», antwortete einstimmt, kann kaum ein Zweifel bestehen, dass hier der ursprüng­ ich, «und ich werde das Konzert in dem Zustand in Druck geben, liche Plan und damit die Lösung des Rätsels gegeben ist. in dem es sich jetzt befindet!» Das habe ich dann auch wirklich Gerald Abraham 9etan. Peter lljitsch Tschaikowsky In seinem Buch «Ueber russische Musik», Amerbach-Verlag, Basel 1947 Am 21. Januar 1878 an Nadeshda Philaretowna von Meck. - Es muss aber darauf hin­ gewiesen werden, dass der Komponist die kritischen Bemerkungen Rubinsteins später doch beherzigte und den Klavierpart fünfzehn Jahre später gründlich umarbeitete. In der neuen Fassung ist das Konzert in b-moll eines der beliebtesten und meist­ gespielten Klavierkonzerte der neueren Zeit geworden. 60 61 SCHWEIZER KAMMERMUSIK Verkehrshaus, Konzertsaal (Lidostrasse) Sonntag, 6. September 1959, 19.30 Uhr

Ausführende:

ANNEMARIE JUNG Sopran ROSMARIE STUCKI Klavier FRANZ JOSEF HIRT Klavier PETER RYBAR Violine

Programm

Werke von

Annemarie Jung Rosmarie Stucki Toccata et Variations pour piano (1916)

Sept pièces brèves pour piano (1919/20) Le cahier romand, 5 pièces pour piano (1921/23)

Deuxième Sonate pour piano et violon (1919) Allegro cantabile Larghetto Vivace assai

Hommage à Ravel (1915) Hommage à Roussel (1928) Prélude, Arioso et Fughette sur le nom de Bach (1933) Franz Josef Hirt Peter Rybar Trois Poèmes de Claudel, pour piano

Annemarie Jung Geboren in Zürich, studierte Violine am Konservatorium Zürich et chant (1940) (Stefi Geyer), dann Gesangsstudium bei Margherita Perras. Konzertierte seit 1952 in Sieste der Schweiz, Türkei, Belgien, Griechenland, Oesterreich, Italien, Deutschland, Israel, Le Delphinium Holland. Lebt in Luzern. Sang an den Internat. Musik-Festwochen in Luzern 1956. Le Rendez-vous Rosmarie Stucki Geboren in Bern. Studien am Konservatorium Bern bei Franz Josef Hirt und Edwin Fischer. Lebt in Bern und ist am dortigen Konservatorium tätig. Konzertreisen in verschiedene Länder Europas. Spielte an den Internationalen Musik- Petit cours de morale, Festwochen in Luzern bereits 1946. extrait de «Suzanne et le Pacifique» Franz Josef Hirt Geboren 1899 in Luzern. Studierte am Konservatorium Basel, dann de Jean Giraudoux bei Egon Petri in Berlin und Alfred Cortot in Paris. Seit 1924 Konzertpianist und seit pour piano et chant (1941) 1930 Leiter der Ausbildungsklasse am Konservatorium Bern sowie Professeur délégué de l'Ecole Normal de musique in Paris. Spielte an den Internationalen Musik-Fest­ wochen in Luzern 1944, 1946 und 1956. Partita pour deux pianos (1940) Peter Rybar Geboren 1913 in Wien. Studierte am Staatlichen Konservatorium in Prag und bei Carl Flesch. Konzertreisen durch verschiedene Länder Europas. Seit Konzertflügel Steinway & Sons 1938 in Winterthur. Konzertmeister des Winterthurer Stadtorchesters und Leiter der aus dem Hause Hug & Co., Luzern (Alleinvertretung) Ausbildungsklasse an der Musikschule Winterthur. Spielte in Luzern als Konzert­ meister des Schweizerischen Festspielorchesters und als Primgeiger des Winterthurer Während der Vorträge bleiben die Türen des Streichquartetts. 62 63 Konzertsaales geschlossen. VIII. SYMPHONIEKONZERT

Kunsthaus

Dienstag, 8. September 1959, 20.00 Uhr

Philharmonia Orchestra of England

Leitung: OTTO KLEMPERER

Solistin: CLARA HASKIL Klavier

Otto Klemperer

Programm

WOLFGANG AMADEUS MOZART

Serenata notturna D-dur KV 239 Marcia: Maestoso Menuetto: Trio Rondeau: Allegretto

Konzert für Klavier und Orchester d-moll KV 466 Allegro Romance Rondo: Allegro assai

Symphonie C-dur KV 551 «Jupiter-Symphonie» Allegro vivace Andante cantabile Menuetto: Allegretto Molto allegro Otto Klemperer Geboren 1885 in Breslau. Studien am Hochschen Konservatorium in Frankfurt/Main, dann bei Kwast und Pfitzner in Berlin. 1906 Dirigent am Deutschen Theater in Prag, dann an den Theatern in Hamburg, Wiesbaden,’ Berlin. Lebte von 1933-1945 in Los Angeles. Konzertreisen mit den berühmtesten Orchestern der Welt. Während der Vorträge bleiben die Türen des Domizil seit 4 Jahren in Zürich. Dirigierte in Luzern 1955 und 1958. Konzertsaales geschlossen.

Clara Haskil Geboren in Rumänien. Studierte bei Richard Robert in Wien und Alfred Cortot in Paris. Mit 14 Jahren erster Preis am Conservatoire National in Paris. Zahlreiche Konzertreisen allein oder als Partnerin von Ysaye, Casals und Grumiaux. Konzertflügel Steinway & Sons Lebt seit 1936 in der Schweiz. Spielte in Luzern 1952, 1954, 1955, 1957 und 1958. 64 65 aus dem Hause Hug & Co., Luzern (Alleinvertretung) Die «Serenata notturna» vom Januar 1776 für zwei konzertierende Die «Kunststücke» im Aufbau der Jupiter-Symphonie Wer kann sa­ Violinen, Viola und Kontrabass als «Concertino» und Streichorche­ gen, ob nun der Meister all das hier Aufgedeckte bewusst ge­ ster mit Pauken als «Concerto grosso» ist eines der bezauberndsten schrieben hat? — Der künstlerische Geist gestaltet in sich eine Frühwerke Mozarts, nach Klang und Melodik, und man hat gar kein «Vorform des zu schaffenden Wirklichen». Meister Eckehart nennt Verlangen nach Ergänzung der drei Sätze: eine Marcia in «majestä­ das die «vorgehenden Bilder». Diese sind dem schöpferischen Geist tischem» Tempo, ein Menuett mit Trio für das Concertino allein und das Mass, an das er sich im Schaffen mit heissem Bemühen hält. ein Rondo mit zierlichem, französisierendem Thema. In diesem Das Mass erfordert das Messen; das Messen aber das Planen. Dass Rondo gibt es zwei Intermezzi: ein kurzes Adagio im steifsten aber trotz Planens und Messens die Musik «nescientis se numerare Menuettschritt, das wie eine Einleitung anmutet zum zweiten, einem animi» sei, dafür steht Talent und Gnade da. — Dass ein Brief nach bäurischen, ganz primitiven Allegro. Beide sind Fremdkörper und vorhergehender Ueberlegung geschrieben wird, setzen wir voraus. sicherlich Zitate, die dem Salzburger Auditorium bekannt waren — Dass ein Hausbau nach einem Grundriss aufgeführt wird, wissen wir. wenn wir sie zu deuten wüssten, wüssten wir auch genaueren Be­ Dass ein Drama sehr eingehend disponiert wird, lebt gleichfalls scheid über die Bestimmung des Werkes. Alfred Einstein in unserer Erfahrung. Dass einem Bild ein Urbild zugrunde liegt, In seiner Mozart-Biographie, Bermann-Fischer-Verlag, Stockholm 1947 gibt uns die Möglichkeit, es beurteilen zu können. Je musikalischer ein Kunstwerk ist, das heisst aus sich selbst heraus zu begreifen ist, desto mehr braucht es vor seiner Nieder­ schrift Erwägung und Ueberlegung. Wie aber all die Pläne über­ wunden, das heisst erfüllt werden, ist abhängig von der schöpfe­ rischen Kraft, die ihnen gegenübersteht. «Mein seliger Vater hat Le Concerto en ré-mineur — une symphonie dialoguée Avec ce alles nach tiefem Nachsinnen geschrieben», sagte C. Ph. E. Bach. concerto (achevé le 10 février 1785) s’ouvre une nouvelle série Und die Skizzenbücher Beethovens sind ein konsternierender Be­ d'œuvres sur lesquelles on ne saurait trop porter l’attention. Il s’agit weis für die Mühen, «Schauen und Geschautes» einzufangen. — d’un domaine où les progrès du génie de Mozart ont fait, à peu Derjenige, der anerkennt, dass die Themen der Jupiter-Symphonie près dès le début, des pas que l’on attribue aux géants; et, de plus, Mozarts aus einem einzigen Cantus firmus kommen und dieser also nous vaudrions que l’on considérât ce domaine du même regard que der eigentliche Urgrund des Werkes sei, der hat sich auch über­ celui qui nous fait découvrir les horizons de la Symphonie. Disons- legt, dass die Erfindung der Themen selbstverständlich ein Akt der le maintenant et hardiment: ces grands concertos de Mozart sont de Willkür ist. Wie diese sich aber vereint mit den Kräften der Phanta­ véritables symphonies, ce sont des symphonies dialoguées où il sie und der Organisation, ist eigentlich das Erstaunliche, das wir nous semble entendre, voir le maître lui-même, se réservant le bei Mozart nicht suchten. Weil alles so natürlich fliesst, ist die rôle du principal interprète, commencer puis interrompre, poursuivre Kunst bei ihm so verschwiegen. et conduire, en le variant sans cesse, le sublime, ou délicieux, le Bislang wurde an der Jupiter-Symphonie das Finale als die grosse toujours émouvant dialogue! Kunst und als eminentes Kunststück angesehen und gewertet. Wenn Les ressources infinies de l'orchestre de Mozart sont mises en wir aber der Konstruktion des Finales gegenüberstellen die Gesamt­ action avec le même luxe et la même fertilité d’invention, sinon la konstruktion der Symphonie und bemerken, wie über Sätze hinweg même vigueur contrapontique, que dans les œuvres symphoniques. noch Bau-Griffe des ersten Satzes wie Bau-Erinnerungen im vierten Il nous paraît donc impossible de considérer ces grandes œuvres, Satz auftauchen: also dass Wille und Wirkungen symbolhaft gleich­ qui comptent parmi les plus importantes et les plus riches de Mo­ sam über Zeiten und Epochen hinweg beobachtet werden, dann zart, sous l'angle unique de virtuosité, alors que les plus belles macht man sich einen Begriff von Konzeption, Konstruktion und ressources de son génie s’y trouvent dépensées avec une largeur et Komposition. Johann Nepomuk David une variété tellement somptueuses ou imprévues, que nous en de­ In seiner Studie über die thematisch-melodischen Zusammenhänge in der Jupiter- meurons bouche bée! Que l’un de ces premiers rôles de soliste Symphonie. Deuerlichsche Verlagsbuchhandlung, Göttingen 1953 dans le concerto soient tracés par la plume d'un Bach ou d’un Beethoven (entre tant d'autres maîtres!) voilà ce dont nous nous contenterons fort aisément; mais tout en reconnaissant qu'aucun d’entre eux, ne nous a donné avec une telle profusion, d’aussi mer­ veilleux bouquets de fleurs, et d’un parfum aussi enivrant. Georges de Salnt-Foix Dans son «Essai de biographie critique» sur Mozart, tome IV, imprimé par Desclée, De Brouwer et Oie., Bruges 1939 66 67 Rechts: Bildnis G. F. Händels, gezeichnet und ge­ stochen von Landon, nach dem Bildnis von T.Hudson 1749 (vgl. Seite 9).

Unten: Seite aus «Das Autograph des Oratoriums ,Messias'». DER MESSIAS

Kunsthaus

Donnerstag, 10. September 1959,19.30 Uhr

Philharmonia Orchestra of England

Philharmonia Choir London

Leitung: SIR THOMAS BEECHAM

Solisten: ELISABETH SCHWARZKOPF Sopran

Elisabeth Schwarzkopf Christa Ludwig Sir Thomas Beecham CHRISTA LUDWIG Alt

NICOLAI GEDDA Tenor

DONALD BELL Bass

Programm

GEORG FRIEDRICH HÄNDEL Nicolai Gedda Donald Bell

Elisabeth Schwarzkopf Geboren in Jarotschin (Posen). Studierte bei Maria Ivogün. Der Messias 1945 Mitglied der Wiener Staatsoper, nachher Liederabende und Opern-Gastspiele in Oratorium für Soli, Chor und Orchester aller Welt, vor allem an der Scala Milano, Covent Garden Opera London, San Fran­ cisco und Chicago Opera. Verheiratet mit Walter Legge, dem Gründer und Chef des Philharmonia Orchestra of England. Lebt in London. Trat in Luzern 1947, 1948, 1950 bis 1956 und 1958 auf.

Christa Ludwig Geboren in Berlin. 1946 erstmals an der Frankfurter Oper. 1952 Darmstadt, 1954 Hannover und Hamburg. Seit 1955 Mitglied der Staatsoper Wien. Gastierte an allen grossen Bühnen Deutschlands und Italiens. Konzerte in den meisten Ländern Europas. 1959 zum ersten Male Gast der Metropolitan Opera in New York. Tritt erstmals in Luzern auf.

Nicolai Gedda Geboren in Stockholm. Debütierte 1952 an der Königlichen Oper Sir Thomas Beecham Geboren 1879 in Stockholm, gastierte dann an der Pariser Oper, Scala Milano, Staatsoper Wien; Lancashire. 1902 Dirigent einer engli­ Neupert-Cembalo Konzerte in allen Ländern Europas, seit 1957 auch in Nord-Amerika. Sang 1953 erst­ schen Operngesellschaft, gründete 1905 aus dem Hause Hug & Co., Luzern (Alleinvertretung) mals in Luzern. in London sein erstes Orchester, 1909 das Beecham-Orchester und bereist seit Donald Bell Geboren 1934 in Vancouver (Kanada). Studierte an der Royal School 1911 die ganze Welt. War zuletzt Leiter of Music in London, 1955 in Berlin bei Weissenborn und an der Städtischen Oper des Royal Philharmonie Orchestra. Lebt (Carl Ebert). Konzertsänger seit 1956. 1958 zum ersten Mal an den Bayreuther Fest­ heute an der Riviera. Dirigiert zum er­ Während der Vorträge bleiben die Türen des spielen. Konzertreisen in Deutschland, England und Canada. Singt erstmals in Luzern. 70 sten Mal in Luzern. Konzertsaales geschlossen. Seele, die hohe Zukunft der Gläubigen und der Kirche ... Das Oratorium durchläuft die Zustände des Gemeindebewusstseins, die sich auf die Hauptmomente der Geschichte Jesu, sofern diese den religiösen Glauben konstituieren, beziehen. Das religiöse Bewusst­ sein verhält sich zu diesen Hauptmomenten nachfühlend. Man könnte sich denken, dass diese Musik eine äussere Aufführung begleitete, dass die Stimmen der Gemeinde die Geburtsstätte, das Die Welt Händels Wie alle Grossen des Geistes hat auch Händel Kreuz, usw. in Idealfiguren umständen. Dann würde, was Händel sich eine Welt geschaffen, die sein eigen war, unvergleichlich und beabsichtigt, erst klar zum Bewusstsein kommen. — Hierdurch ist unwiederholbar, eine Welt, in der jeder einzelnen Schöpfung — wie nun die Form in mehrfacher Hinsicht bedingt. Die Gliederung ist, den Gestirnen im All — ihre eigene, besondere Bedeutung zukommt. dass Rezitativ, Arie und Chor der Regel nach zusammengehören. Zwei Kraftsphären haben zusammengewirkt, um dieses Weltbild so Sie bilden meist eine Gruppe, die durch Pausen vom Folgenden ge­ eigentümlich zu gestalten. Einmal die äussere Umgebung, in die trennt werden muss. Da nun das Verhältnis zum Gegenstand Ver­ Händel vom Schicksal gestellt wurde, mit der Gesamtheit ihrer stehen, sonach Nachbilden ist, so wird in demselben der Vorgang, geistigen, künstlerischen, gesellschaftlichen Besonderheiten. Und auf den das Verhalten sich bezieht, wie in einer Vision lebendig, und dann die triebhaft von innen herausbrechende Natur seines ureigenen hierauf beruht es, dass an dem lyrischen Ausdruck dies visionäre geistigen Menschentums, bestehend in einer einzigartigen Färbung Erblicken, dies Herausholen des Gemütsgehalts aus dem Vorgang und Stärke des Gemüts und Charakters. Von diesen beiden Tatbe­ sich anschliesst. So entsteht die Möglichkeit, religiöse Innerlichkeit ständen ist der zweite irrational. Keine noch so feine psycholo­ in einem Grade auszusprechen, wie dies in keinem anderen Werke gische Analyse wird wagen wollen, ihr Senkblei bis in die letzten Händels der Fall ist. Wilhelm Dilthey Tiefen der Künstlerseele hinabzulassen. Auch bei Händel nicht. In dem Nachlassband «Von deutscher Dichtung und Musik», Welche Konstellationen der Urkräfte stattfanden, um den Hallenser Verlag Vandenhoek und Rupprecht, Göttingen 1932 Chirurgensohn gerade zu einem Händel werden zu lassen, das bleibt mit dem Schleier der Mystik zugedeckt, also rätselhaft. Und was in diesem Manne vorging, als er sich hinsetzte, den «Messias» zu schreiben, das lässt sich ebenfalls nicht erforschen, sondern nur Bericht von der Uraufführung Am vergangenen Dienstag (13. April ahnend erfassen. Arnold Schering 1742) wurde Mr. Händels geistliches grosses Oratorium «Der Mes­ Beginn einer Hallischen Universitätsfestrede, abgedruckt im Händel-Jahrbuch 1932 sias» in der neuen Musikhalle in Fishamble Street aufgeführt. Die besten Kunstrichter geben zu, es handle sich um das vollendetste Werk der Musik. Worte fehlen, um den erlesenen Genuss zu be­ schreiben, den das Werk der dicht gedrängten bewundernden Hörer­ Händels «Messias» — eine neue religiöse Kunstform Händel schaft bereitete. Das Erhabene, das Grossartige und das Zarte, auf schafft im «Messias» eine eigene lyrisch-dramatische Form. Er die erhebendsten, majestätischsten und rührendsten Textworte gesetzt, gruppiert Bibel-Stellen unter den drei Momenten des christlichen wirkten zusammen, das entzückte Ohr und Herz hinzureissen und zu Bewusstseins, die nacheinander im Leben Jesu hervortreten. Das bezaubern. Die Gerechtigkeit für Mr. Händel gebietet es, dass die erste ist die Verkündigung des Erlösers im alten Testament, die Welt erfahren sollte, wie edelmütig er den finanziellen Ertrag aus Ankündigung seiner Geburt bei den Hirten und das religiöse Be­ diesem grossartigen Oratorium zur gleichmässigen Verteilung hin­ wusstsein von der Bedeutung der Geburt. Das zweite Moment liegt gab an die Gesellschaft zur Unterstützung Gefangener, an die Chari- im Leiden, dem Tod und der Auferstehung Christi. Auch hier bildet table Infirmary und an Mercer’s Hospital, die sich in ewiger Dank­ den Abschluss der Triumph Christi über die Welt. Das dritte Moment barkeit seines Namens erinnern werden. Und die Gerechtigkeit ge­ liegt darin, dass der Erlöser seinen Gläubigen das ewige Leben bietet auch festzustellen, dass die Mitglieder beider Chöre und die mitteilt, und auch hier ist es schliesslich das Bewusstsein der Solisten, welche sämtliche ihre Partien zur Bewunderung vortrugen, Gemeinde von ihrer herrlichen Zukunft, die durch Christus verbürgt nach demselben uneigennützigen Prinzip handelten, allein belohnt ist, mit dem dieser Teil endigt. durch den verdienten Beifall des Publikums und durch die bewusste Diesem Zusammenhang entspricht die Unterordnung aller in den Freude, ein solch nützliches und umfassendes Liebeswerk gefördert geschichtlichen Vorgängen und in dem Verlauf der Religiosität des zu haben. Mehr als 700 Hörer waren in dem Saale anwesend, und Christen auftretenden Stimmungen unter das Siegesbewusstsein der die eingenommene Summe belief sich auf ungefähr 400 Pfund gläubigen Gemeinde und ihren Gegenstand in der Herrschaft Gottes, Sterling. der alles in seiner Hand hält, — die Erlösung, das Schicksal der 72 73 In «Faulkner’s Jt I», Dublir MEI STER KURSE KUNSTMUSEUM LUZERN 2. August bis 11. Oktober 1959

Im Rahmen der Internationalen Musikfestwochen 1959 werden in Moderne Wandmalerei der Schweiz Verbindung mit dem Konservatorium Luzern Meisterkurse veran­ Täglich geöffnet 10—12 und 2—5 Uhr. staltet in den Fächern: Violine, Cello und Gesang. Die Kurse finden im Konservatorium auf Dreilinden statt. Sie stehen allen Künstlern Der Expressionismus, der Fauvismus und die abstrakten Richtungen und Musikstudierenden offen, welche die nötige Reife besitzen, um mit ihrem Drang nach Flächigkeit, Monumentalität und Distanzwir­ mit Aussicht auf Erfolg ihre Studien bei einem der Meister, die als kung waren die Wegbereiter einer neuen Wandkunst. Die moderne Lehrer wirken, fortsetzen zu können. Meisterkurse vermitteln die Architektur mit ihren grossen, ungebrochenen Mauerflächen kommt Möglichkeit eines persönlichen, für die weitere künstlerische Ent­ dieser Tendenz wie nie zuvor entgegen. Heute entsteht bei uns kaum wicklung wertvollen Kontaktes mit den Kursleitern und bieten Ge­ eine Kirche, ein Staatsbau oder ein Schulhaus ohne Wandgemälde, legenheit zu gemeinsamer Aussprache. Mosaik oder Sgraffito.—Unsere Ausstellung bietet einen Querschnitt Alle Kurse werden in der Regel mit einer konzertmässigen Schluss­ durch die schweizerische Wandmalerei der letzten zwanzig Jahre. veranstaltung im Konservatorium abgeschlossen. Aus dem ganzen Lande trug eine Kommission Entwürfe, Ausführungs- Auskunft erteilt das Sekretariat des Konservatoriums, Dreilinden­ Kartons, transportable Fresken und Mosaiken, Situationsfotos und str. 82, Luzern, Telefon 6 12 33 Pläne zusammen, die durch eine Jury nochmals gesichtet wurden, Neben dem Grundprinzip der Qualität galt die Absicht, alle heute vorhandenen Strömungen herauszuarbeiten. So hiess es, aus den Eröffnung der Meisterkurse durch Professor Wolfgang Schneiderhan: rund hundert Künstlern, die bei uns Wandmalereien schufen, die Sonntag, 16. August, 10.30 Uhr, im Konservatorium. hervorstechendsten auszuwählen und aus ihrem Oeuvre das zu zei­ Es spricht und spielt: Prof. W. Schneiderhan gen, was in einem Museumsraum zeigbar ist. — Die Ausstellung kann als reiner Kunstgenuss hingenommen werden. Sie ist aber zu­ Wolfgang Schneiderhan: Violine 14.-30. August gleich auch Einführung in Wesen und Technik der Wandgestaltung Professor Schneiderhan unterrichtet in Zusammenarbeit mit seinem überhaupt. Und sie regt an, die Werke dieser Art draussen an den Assistenten Rudolf Baumgartner Studierende, die sich über Konzert­ Bauten aufzusuchen. Deshalb ist dem Katalog auch ein Verzeichnis reife ausweisen. Hörer sind nur für die ganze Kursdauer zugelassen. der wichtigsten modernen Wandgemälde der Schweiz beigegeben. Schlusskonzert im Konservatorium: Sonntag, 30. August, 20.15 Uhr. GALERIE ROSENGART LUZERN Meister des 20. Jahrhunderts Enrico Mainardi: Cello 18. August bis 4. September. Mai bis September 1959 10-12 und 15-18 Uhr, Sonntags geschlossen. Professor Mainardi erteilt vor versammelten Kursteilnehmern Lek­ (Haldenstrasse 11) tionen für künstlerisch fortgeschrittene Cellisten, für Cellisten und Pianisten im Sonatenspiel, sowie Ensembleunterricht für Trio- und RICHARD WAGNER-MUSEUM TRIBSCHEN/LUZERN Quartettspiel. Sammlung alter Musikinstrumente Wohnsitz Richard Wagners 1866—1872 Schlusskonzert im Konservatorium: Geöffnet: Werktags: 9—12, 14—18 Uhr; Sonntags: 10.30—12, 14—17 Uhr. (Autobuslinie 7, Haltestelle Wartegg - Motorboote DGV) Freitag, 4. September, 20.15 Uhr.

CASINO KURSAAL LUZERN Franziska Martienssen und Paul Lohmann: Gesang, 10.—29. August Ausstellung moderner Graphik Die Teilnehmer erhalten 10 Einzellektionen einschliesslich einer ein­ 5.-26. August 1959, täglich 15-22 Uhr gehenden Stimmdiagnose. Stilbildungsunterricht in gemeinschaftlicher (organisiert von Galerie Rosengart, Luzern, und A. & G. De May, Paris/Lausanne). Konzertklasse. Hörer sind nur für die ganze Dauer des Kurses zu­ gelassen. Der Nachmittagsunterricht findet ohne Hospitanten statt. HOFGALERIE LUZERN Die Zahl der Teilnehmer ist beschränkt. Antiquitäten und alte Schweizer Holzmasken Barock-Orgelpositiv aus der Sammlung Anton Achermann Schlusskonzert im Konservatorium: täglich geöffnet 9-12, 14-18, 20-22 Uhr. Donnerstag, 27. August, 20.15 Uhr. 74 75 (Löwenstrasse 6, bei der Hofkirche) KINO MODERNE Pilatusstrasse 21

1 .-7. August CARMEN JONES von Otto Preminger Musik von Georges Bizet JEAN RENOIR-Wochen: 8.-14. August LES BAS-FONDS (1936), mit Louis Jouvet, Jean Gabin, Suzy Prim 15.-17. August THE RIVER (1950), mit Patricia Walter, Adrienne Corri, Radha 18. und 19. August FRENCH-CANCAN (1954), mit Jean Gabin, Françoise Arnoul 20. und 21. August ELENA ET LES HOMMES (1956), mit Ingrid Berg­ man, Jean Marais, Mel Ferrer CHARLIE CHAPLIN 70jährig: 22.-28. August THE GREAT DICTATOR (1940)

Ab 29. August LUNA DE MIEL, Tanzfilm von Michael Powell; mit Antonia, Ludmilla Tscherina, Anthony Steel. Musik von de Falla und Theodorakis; es dirigiert Sir Thomas Beecham (Schweiz. Erstaufführung).

MATINÉES vom 8. und 29. August, 17.30 Uhr: LE BOURGEOIS GENTILHOMME de Molière Le 1er spectacle filmé de la Comédie Française MATINÉE vorn 15. August, 17.30 Uhr: CRIN BLANC, d’Albert Lamorisse UNE PARTIE DE CAMPAGNE de Jean Renoir MATINÉE vorn 22. August, 17.30 Uhr: LE VIEUX CHARLOT (1915) de Chaplin, avec «Chariot joue Carmen» MATINÉE vorn 9. und 16. August, 10.40 Uhr: UNSTERBLICHER MOZART MATINÉE vom 23. August, 10.40 Uhr: PETER PAUL RUBENS, von Paul Haesaerts. Im Vorprogramm: FERDINAND HODLER MATINÉE vom 30. August, 10.40 Uhr: LES PINGOUINS IMPERIAUX, von Fred Oran LES NOCES DE SABLE, von André Svoboda Commenté par Jean Cocteau

Programmänderungen vorbehalten

Herausgeber: Komitee der Internationalen Musikfestwochen Luzern Redaktion : Dr. Roland Petermann, Dr. Othmar Fries, Luzern Textmitarbeiter: Dr. Willi Reich, Zürich Gestaltung und Druck: Schill & Cie., Luzern 76